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Sport-Theorie-Skript Oberstufe Wörtliche Zusammenfassung folgenden Büchern: Friedrich, W.: Optimales Sportwissen. Spitta Verlag, Balingen 2007 Friedmann, K.: Fit sein durch Ausdauer und Kraft. Promos Verlag, Pfullingen 2002 Beide Bücher sind in der Schule vorhanden und können ausgeliehen werden. 1

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Sport-Theorie-Skript Oberstufe

Wörtliche Zusammenfassung folgenden Büchern:

Friedrich, W.: Optimales Sportwissen. Spitta Verlag, Balingen 2007 Friedmann, K.: Fit sein durch Ausdauer und Kraft. Promos Verlag, Pfullingen

2002 Beide Bücher sind in der Schule vorhanden und können ausgeliehen werden.

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Inhaltsverzeichnis Sport-Theorie-Skript Oberstufe................................................................................................................................ 1 Inhaltsverzeichnis .................................................................................................................................................... 2 1  ................................................................................................................................. 3 Biologische Grundlagen

1.1  ................................................................................................................................ 3 Bewegungsapparat1.2  ............................................................................................................ 4 Energiebereitstellung im Muskel1.3  ........................................................................................................................... 9 Herz-Kreislauf-System

2  ........................................................................................................................................................ 11 Training2.1  ........................................................................................................ 11 Ziele und Bereiche des Trainings2.2  ..................................................................................... 13 Allgemeine Gesetzmäßigkeiten des Trainings

3  ...................................................................................................................................................... 17 Ausdauer3.1  ...................................................................................................................................... 17 Ausdauerarten3.2  .................................................................................................................................. 18 Ausdauertraining3.3  .......................................................................................................... 19 Methodik des Ausdauertrainings3.4  ......................................................................... 22 Möglichkeiten zur Steuerung der Belastungsintensität3.5  .................... 23 Anpassungen des Stoffwechsels und des Herz-Kreislauf-Systems, Trainingswirkungen

4  ............................................................................................................................................................. 25 Kraft4.1  .............................................................................................................................. 25 Wozu Krafttraining?4.2  .................................................................................... 26 Aufbau und Funktionen eines Skelettsmuskels4.3  ...................................................... 30 Welche Kraftfähigkeiten sind für Gesundheit und Fitness wichtig?4.4  .......................................................................................................................................... 32 Krafttraining4.5  ............................................................................... 35 Ausgewählte Sportarten und ihre Kraftfähigkeiten

5  ................................................................................................................................................... 37 Aufwärmen5.1  .............................................................................. 37 Prinzipien für die Gestaltung einer Aufwärmphase5.2  ................................................................................................................... 37 Wirkung des Aufwärmens:

6  .................................................................................................................................................... 38 Abwärmen6.1  ..................................................................................................................... 38 Wirkung des Abwärmens

7  ....................................................................................................................................... 39 Dehnen/ Streching7.1  .............................................................................................................................. 39 Ziele des Dehnens:7.2  .......................................................................................... 39 Was passiert bei einseitigen Belastungen?7.3  ....................................................................................................................................... 40 Wie Dehnen?7.4  ............................................................................... 41 Welche Effekte ergeben sich durch das Dehnen?7.5  ......................................................................................... 42 Was muss beim Dehnen beachtet werden?7.6  ..................................................................................................................................... 42 Wann dehnen?

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1 Biologische Grundlagen

1.1 Bewegungsapparat Praxisbeispiel: Beim Sporttreiben spielt die menschliche Muskulatur durch die Bewegungsmöglichkeiten, die sie dem Sportler erschließt, und ihre spezifische Anpassungserscheinungen eine zentrale Rolle. Die Muskulatur erlaubt einem Ringeturner den sog. Kreuzhang, lässt einen Weltklassesprinter auf 100m unter 10 Sekunden sprinten oder ermöglicht es dem Menschen, Triathlonbelastungen auf sich zu nehmen. Der Volleyballspieler setzt bei einem gelungenen Lob gezielt seine Muskulatur ein, genau wie der Handballspieler beim präzisen Sprungwurf aufs Tor, der Basketballspieler beim Korbwurf oder ein Tischtennis- bzw. Tennisspieler beim gefühlvollen Vorhand-Topspin.

1.1.1 Arten des Muskelgewebes und Aufbau des Skelettmuskelgewebes Es werden drei Arten des Muskelgewebes unterschieden: glattes Muskelgewebe Herzmuskelgewebe Skelettmuskelgewebe Der Skelettmuskel, welcher im Sport die zentrale Rolle spielt, setzt sich zu 70-80% aus Wasser, zu 15-20% aus Eiweiß und zu 3-4% aus Elektrolyten zusammen, wobei sich diese Relationen während des Wachstums verändern können und von der jeweiligen ernährungsform, vor allem aber von der regelmäßigen körperlichen Belastung (Sport) und vom Trainingszustand, mit beeinflusst werden. Beim hoch ausdauertrainierten Sportler spielen sich unter Belastung ca. 90-95% des gesamten Stoffwechsels in der Muskulatur ab.

Skelettmuskelfasern(B) sind die kleinste zelluläre Einheit eines Muskels. Sie werden zu einem Muskelfaserbündel (A) zusammengefasst: diese kann man mit bloßem Auge erkennen (0,1 mm). Viele Muskelfaserbündel bilden einen Muskel. In der Skelettmuskulatur wird die Kraft, die für Bewegungen notwendig ist, durch Kontraktion entwickelt. Das Sarkomer (D) ist die kleinste kontraktile Einheit einer Muskelfaser. Tausende hintereinandergeschaltete Sarkomere bilden eine Myofibrille (C). Während der Kontraktion verkürzen sich die Sarkomere. die dünnen Aktinfilamente werden unter Energieverbrauch (Spaltung von ATP) zwischen die dicken Mysoinfilamente gezogen: Gleittheorie der Muskelkontraktion Ein Sarkomer kann sich etwa um 1 um (1 Millionstel Meter) verkürzen; um eine Muskelverkürzung von 1 cm zu erreichen, müssen sich also etwa 10.000 hintereinanderliegende Sarkomere einer Myofibrille gleichzeitig kontrahieren. Die Kraftentwicklung ist umso höher, je mehr Myofibrillen an der Aktion beteiligt sind. Abb. 1: Feinstruktur eines Muskels (nach Blum/Friedmann 1997)

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1.2 Energiebereitstellung im Muskel Gesamtsituation: Für die oben beschrieben Gleittheorie ist das Myosinfilament auf Energie in der Form des ATP (Adenosintriphosphat) angewiesen, welches als einziger direkter Energiespeicher in allen lebenden Zellen vorhanden ist. Es besteht aus der Base Adenin, dem Zuckermolekül Ribose und drei energiereichen Phosphat-gruppen. Organismen sind auf die kontinuierliche Nachlieferung der Energie angewiesen. Ausgangsstoffe für die Energiebereitstellung sind die Nährstoffe Kohlenhydrate, Fette und Eiweiß. Lediglich aus diesen drei Nährstoffen kann Energie gewonnen werden. ATP wird beim Kontraktionsvorgang verbraucht; es wird eine Phosphatgruppe abgespalten und es entsteht Adenosindiphosphat (ADP). Die Muskelzelle muss ATP selbst wieder synthetisieren. Auch alle anderen Zellen gewinnen ihre Energie durch Spaltung von ATP. Da ATP auf Grund seiner Säurewirkung nicht gespeichert werden kann, hat ein Mensch von 70kg Köpergewicht aktuell nur einen Vorrat von etwa 7g ATP in seinem Körper. Die pro Tag benötigte ATP-Menge beträgt jedoch schon ohne besondere körperliche Betätigung ca. 70kg ATP (Vorratsmenge x 10 000). Die Zellen unseres Körpers müssen daher ATP ständig neu synthetisieren. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten für die Muskelzelle ATP herzustellen. Auf welchem Weg Muskelzellen ATP gewinnen, hängt primär von der Belastungsintensität ab. Der Grund liegt in der Unterschiedlichen Geschwindigkeit, mit welcher die einzelnen Energiebereitstellungswege ATP nachbilden können. Die ATP-Bildungsrate aus Fetten (D) ist am geringsten. Die Bildungsgeschwindigkeit verdoppelt sich jeweils bei den folgenden Bildungsarten ATP aus Kohlenhydraten mit Sauerstoff (C), aus Kohlenhydraten ohne Sauerstoff (B) und zuletzt aus dem ATP/KP- Speicher (A). Je nach Belastungsdauer entscheidet auch die Größe der Energiespeicher über die Art der Energiebereitstellung. Der ATP/KP-Speicher reicht bei hoher Belastungsintensität nur für wenige Sekunden. Der Kohlehydratspeicher reicht ohne besondere körperliche Belastung etwa für einen halben Tag (Tagesbedarf ca. 10 000kJ) und bei Belastungsintensitäten wie sie z.B. im Marathonlauf auftreten für eine bis zwei Stunden (ca. halbe Marathonstrecke). Der Fettspeicher ist im Normalfall eine fast unerschöpfliche Energiequelle; bei normaler körperlicher Belastung reicht er etwa für drei Wochen. Die Energiegewinnungswege lassen sich in zwei Gruppen einteilen: ATP-Bildung mit Sauerstoff (aerob) und ATP-Bildung ohne Sauerstoff (anaerob).

1.2.1 Anaerobe Energiegewinnung

1.2.1.1 Anaerob-alaktazid (A) Jede Muskelzelle hat einen kleinen Vorrat an energiereichen Phosphaten, hpts. Kreatinphosphat (KP); durch Spaltung dieser Phosphate wird ATP synthetisiert. Diese Reaktionen brauchen keinen Sauerstoff (anaerob) und es wird keine Milchsäure gebildet (alaktazid1). Die ATP-Nachbildung verläuft verzögerungsfrei und liefert soviel Energie wie der Muskel maximal verbrauchen kann. Bei einem 100m-Lauf z.B. ist in der Laufmuskulatur diese maximale Energiebereitstellung erforderlich, doch der ATP/KP-Speicher ist so klein, dass er schon nach ca. 7sec vollständig aufgebraucht wäre. Aus diesem Grund wird schon kurz nach dem Start die Energiegewinnung aus Kohlenhydraten aktiviert.

1.2.1.2 Anaerob-laktazide Energiegewinnung aus Kohlenhydraten (B) Wird eine hochintensive Belastung länger als 7 Sekunden mit maximaler Muskelkontraktion aufrecht erhalten, „schaltet“ der Organismus auf den Abbau von Kohlenhydraten (Glukose, Glykogen2) um. Hierbei werden die Kohlenhydrate über zahlreiche Zwischenschritte schließlich bis zum Charakteristikum dieser Energiebereitstellungsform, dem Laktat ohne Verwendung von Sauerstoff abgebaut. Dieser Vorgang der Energiebereitstellung wird als Glukose bezeichnet. Die Muskelzelle kann aus dem Glykogenspeicher ohne Sauerstoff (anaerob) pro Zeiteinheit etwa doppelt so viel Energie gewinnen als mit Sauerstoff. Dabei wird als Endprodukt jedoch Milchsäure gebildet (laktazid). Da die Milchsäure zu einer Übersäuerung der Muskelzellen und des Blutes führt und die Enzyme dadurch immer weniger arbeiten können, kommt die ATP-Bildung bald zum Stillstand. Man ermüdet sehr schnell und muss die Belastung schließlich abbrechen. Die Energiegewinnung ist sehr unökonomisch, da für gleiche ATP-Mengen 19-mal mehr Glukose verbraucht wird als beim aeroben Abbau (siehe 2.2.2).

1 Laktat: Salz der Milchsäure

2 Glykogen: Speicherform der Glukose

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Praxisbeispiel: Bei hohen Belastungsintensitäten wie bei einem 100m-, 200m- oder 400m-Lauf wird diese Art der Energiegewinnung schon nach wenigen Sekunden benötigt. Die Übersäuerung der Muskulatur in den Oberschenkeln ist deutlich spürbar; die Laufgeschwindigkeit kann nicht mehr gehalten werden. Bei erschöpfenden Anstrengungen mit einer Belastungsdauer von etwa einer Minute wird der anaerob-laktazide Stoffwechsel ausgereizt; mit einem Anteil von maximal rund 70 % an der Gesamtenergieproduktion wird ein Höhepunkt etwa 45 Sekunden nach Beginn der harten zusätzlichen körperlichen Belastung erreicht. Im Spitzenbereich werden bei Auslastung des anaerob-laktaziden Stoffwechsels Laktatkonzentrationen bis zu 25 mmol/Liter im Blut gemessen; in dieser Hinsicht Untrainierte erreichen 7-8 mmol/l. Der Abbau der Milchsäure im Herzmuskel, in der Leber und in der weniger belasteten Muskulatur verläuft relativ langsam. In ca. 15 Minuten wird der Laktatspiegel jeweils um die Hälfte gesenkt. Der Abbau von Milchsäure ist nur mit Hilfe von Sauerstoff über die aerobe Energiegewinnung möglich. Hier wird deutlich, wie wichtig eine gut funktionierende aerobe Energiegewinnung (allgemeine Ausdauerfähigkeit, Grundlagenausdauer) für die Erholungsfähigkeit nach intensiven Belastungen ist.

1.2.2 Aerobe Energiegewinnung

1.2.2.1 Aerobe Energiegewinnung aus Kohlenhydraten (C) Diese Energiegewinnung wird immer dann genutzt, wenn die relativ geringe ATP-Bildungsrate den Energiebedarf decken kann. Leistungsbegrenzend ist dabei das Sauerstoffangebot für die Muskelzelle, d.h. Herz-Kreislauf-System und Atmung müssen für ausreichende Sauerstoffzufuhr sorgen. Entsprechende Belastungsintensitäten sind typisch für längeres Laufen, Radfahren, Schwimmen oder Skilanglauf. Diese Energiegewinnung hat den Vorteil, dass keine Milchsäure gebildet wird und die Endprodukte Kohlendioxid (CO2) und Wasser (H2O) ausgeschieden werden können. Die Funktionsfähigkeit der Enzyme wird deshalb nur wenig beeinträchtigt. Da gleichzeitig die Energieausbeute aus den Kohlenhydraten beim Abbau mit Sauerstoff 19-mal höher ist als ohne Sauerstoff, können Belastungen mit dieser Intensität relativ lange und ohne allzu große Ermüdung durchgehalten werden. Bei Belastungen über 90min reichen die Kohlenhydrate in der Regel allerdings nicht mehr aus, so dass die Muskelzellen ihre Energiezufuhr zunehmend aus dem Abbau von Fetten gewinnen müssen.

1.2.2.2 Aerobe Energiegewinnung aus Fetten (D) Die Energiegewinnung aus Fetten ist nur mit Sauerstoff möglich (aerob). Die Fette werden zunächst in Fettsäuren zerlegt und dann nach weiteren Abbauschritten in den Stoffwechsel des Glukoseabbaus eingeschleust. Die Energiegewinnung aus Fetten hat jedoch zwei entscheidende Nachteile, die sie nur begrenzt nutzbar machen: Für die Bildung gleicher ATP-Mengen braucht die Muskelzelle etwa 16% mehr Sauerstoff als bei aerober

Energiegewinnung aus Kohlenhydraten. Stehen nur noch Fette zur Verfügung, muss das Herz-Kreislauf-System bei gleicher Belastung deutlich mehr leisten.

Die pro Zeiteinheit bereitgestellte Energiemenge ist etwa nur halb so groß wie bei der aeroben Energiegewinnung aus Kohlenhydraten, d.h. sind die Glykogenvorräte erschöpft und stehen nur noch Fette zur Verfügung, dann muss die Belastungsintensität deutlich reduziert werden.

So lange die Glykogenvorräte nicht erschöpft sind, beträgt aus diesen Gründen der Anteil der Fettsäuren an der Energiebereitstellung auch bei geringen Belastungsintensitäten maximal 50%. Da auch bei Normalgewicht der Fettspeicher relativ groß ist, sind Fette im Sport eine unerschöpfliche Energiequelle; sie haben eine große Bedeutung für sportliche Belastungen mit langer Belastungszeit (über 2 Stunden).

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1.2.3 Belastungsintensität und Zusammenwirken der Energiegewinnungswege Die einzelnen Energiegewinnungswege laufe in den Muskelzellen immer parallel ab; wie hoch der jeweilige Anteil an der Energiebereitstellung ist, wird zunächst durch die Belastungsintensität bestimmt. Mit relativ einfachen Testverfahren kann man den Anteil der anaerob-laktaziden Energiegewinnung an der Gesamtenergiebereiststellung in Abhängigkeit von der Belastungsintensität ermitteln: Die Versuchsperson läuft auf einem Laufband bei vorgegebenen Geschwindigkeiten. Die Laufgeschwindigkeit wird dabei alle drei Minuten um 2km/h erhöht. Die erste Belastungsstufe lag bei dem in Abbildung 2 dargestellten Test bei 6km/h. Am Ende jeder Belastungsstufe wird durch Blutentnahme am Ohrläppchen die Laktatkonzentration im Blut gemessen. Um gleichzeitig auch die Auslastung des Herz-Kreislauf-Systems festzustellen, wird parallel die Herzfrequenz registriert. In Abbildung 2 ist die Untersuchung von zwei Schülerinnen dargestellt, die unterschiedlich gut ausdauertrainiert sind. Bei gleicher Laufgeschwindigkeit (gleicher Belastungsintensität) hat die Tennisspielerin vor allem im oberen Belastungsbereich einen deutlich höheren Laktatspiegel; sie musste den Test auf Grund von starker Übersäuerung bei 15km/h abbrechen. Die Mittelstreckenläuferin hingegen konnte selbst bei 18km/h noch gut 3 Minuten durchlaufen, ihre aerobe Energiebereitstellung hat also eine deutlich höhere Kapazität als die der Tennisspielerin. Unabhängig von diesen Unterschieden steigt bei beiden die Laktatkurve erst langsam und dann immer schneller an. Dieser Kurvenverlauf lässt sich auf jeweils vergleichbare Stoffwechselsituationen zurückführen, die bei den beiden Läuferinnen jedoch bei unterschiedlichen Laufgeschwindigkeiten eintreten. Diese Stoffwechselsituationen können folgendermaßen charakterisiert werden:

Abb. 2: Veränderung von Laktatspiegel und Herzfrequenz bei ansteigender Belastung auf dem Laufband. Aerobe Schwelle: Sie ist allgemein festgesetzt auf 2mmol3 Laktat pro Liter Blut. Bei allen Belastungsintensitäten, bei denen der Laktatspiegel unterhalb dieses Wertes bleibt, erfolgt die Energiegewinnung fast ausschließlich aerob (siehe Prozesse (C) und (D)); der Laktatspiegel bleibt in der Nähe des Ruhewertes. Der Anteil der Fettsäuren an der Energiebereitstellung liegt bei etwa 50%. Ab dieser Schwelle kann die benötigte Energie nur durch zusätzliche Energiegewinnung aus dem anaerob-laktaziden Stoffwechsel bereitgestellt werden; der Laktatspiegel beginnt langsam zu steigen. Die Tennisspielerin erreicht diese Schwelle schon bei einer Laufgeschwindigkeit von 6km/h, die Mittelstreckenläuferin erst bei 11km/h.

3 1Mol Laktat = 90g, 2mmol Laktat = 180mg

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Aerob-anaerober Übergangsbereich: Dieser Belastungsbereich liegt zwischen der aeroben und anaeroben Schwelle. Der Anteil der anaerob-laktaziden Energiegewinnung nimmt mit steigender Belastungsintensität zwar zu, jedoch stehen Laktatbildung und Laktatabbau im Gleichgewicht, so dass der Laktatspiegel bei gleichbleibender Belastungsintensität konstant bleibt. Anaerobe Schwelle: Sie ist allgemeinfestgesetzt auf 4mmol Laktat pro Liter Blut. Bei Belastungsintensitäten an dieser Schwelle liegt ein maximales Laktatgleichgewicht vor, d.h. Laktatbildung und Laktatabbau stehen gerade noch im Gleichgewicht: maximales steady state. Die Sauerstoffmenge die aufgenommen werden kann, reicht gerade aus, um den Gesamtenergiebedarf zu decken. Die Tennisspielerin erreicht diese Grenzsituation bei 11 km/h, die Mittelstreckenläuferin bei 14,5 km/h. Höhere Belastungsintensitäten erfordern eine verstärkte anaerobe-laktazide Energiegewinnung. Der Laktatspiegel steigt auch bei konstanter Belastungsintensität stetig an. Es kommt zur schnellen Ermüdung durch Übersäuerung und zum Abbruch der Belastung. Der stetige Anstieg der Laktatkurven zeigt, dass die Übergänge zwischen den einzelnen Belastungsintensitäten fließend sind und dass die Anteile der einzelnen Energiebereitstellungswege an der Gesamtenergiebereitstellung kontinuierlich mit der Belastungsintensität ändern. Unterschiede im Kurvenverlauf, die bessere aerobe Ausdauerleistungsfähigkeit der Mittelstreckenläuferin, sind auf Anpassungen des Stoffwechsels und des Herz-Kreislauf-Systems zurückzuführen (Sieh Kapitel 4.5).

1.2.4 Bedeutung in der Praxis Jede einzelne Sportart oder Disziplin weist ein spezifisches Energieanforderungsprofil auf. Durch sportmedizinische Untersuchungen und Tests kann man dieses Profil für jede Sportart oder Disziplin relativ genau bestimmen bzw. analysieren. Es dient im Training unter anderem als Anhaltspunkt für die Gestaltung von Konditionstrainings. Abbildung 3 wie man eine Milchsäure-Herzfrequenz-Kurve in verschiedene Trainingsformen übertragen kann. Für die praktische Durchführung sollte der Sportler wissen, in welchem Pulsfrequenzbereich das jeweilige Training stattfinden muss. Mit Hilfe einer Pulsuhr kann er dann mit der entsprechenden Intensität laufen.

Abb 3: Herzfrequenz-Laktat-Kurve, aus der Trainingsformen abgeleitet werden (Janssen 2003)

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In vielen Sportarten/Disziplinen sind die Anforderungen nicht nur auf eine Energiebereitstellungsform beschränkt, sondern es kommen Mischformen vor, was Abbildung 4 veranschaulicht.

Abb. 4: Anteil der Energie liefernden Prozesse an der Energiebereitstellung bei maximaler körperlicher Belastung von unterschiedlicher Dauer (Weineck 2004)

Praxisbeispiele: Ein Fußballspieler benötigt alle Energiebereitstellungsarten. Er muss im Spiel ca. 10-14 km im Lauftempo zurücklegen können, wozu er eine gut entwickelte aerobe Grundlagenausdauer als Voraussetzung benötigt. Hier ist entsprechend die aerobe Energiebereitstellung wichtig. Er legt von den 10-14 km ungefähr 1-11% im Sprint zurück, wofür er entweder bei sehr kurzen Sprints (ca. 1-10 m) die anaerob-alaktazide und für längere Sprints (>30 m) die anaerob-laktazide Energiebereitstellung verantwortlich sind. Für Sprünge und Kopfbälle benötigt der Spieler die anaerob-laktazide Energiebereitstellung. Gleiches gilt grob gesagt auch für Handball- und Basketballspieler. Die Ballwechsel im Volleyball sind anaerob-alaktazid, die Spieldauer beträgt brutto zwischen ca. 45 min und 120 min. es werden mittlere Laktatwerte von ca. 1,5-2,5 mmol/l gefunden. Die anaerob-laktazide Energiebereitstellung kommt im Volleyball nicht vor. Ein Tischtennisspieler benötigt als Basis eine gut entwickelte aerobe Grundlagenausdauer, da Einzelspiele eventuell bis 45 Minuten, einschließlich der Pausen, dauern können. Die Ballwechsel sind mit durchschnittlich ca. 2-5 Sekunden sehr kurz und werden energetisch über die anaerob-alaktazide Energiebereitstellung abgedeckt. Die anaerobe-laktazide Energiebereitstellung spielt im Tischtennis keine Rolle.

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1.3 Herz-Kreislauf-System Werden bei sportlichen Aktivitäten wie Laufen, Rad fahren, Schwimmen oder Skilanglauf große Muskelgruppen beansprucht, dann kommt es schon in den ersten Minuten der Belastung zu starken Veränderungen der Organdurchblutung (siehe Abbildung 5) Die Durchblutung der Muskulatur kann dabei lokal bis um das 20fache erhöht werden. Nur so können die Muskelzellen über längere Zeit ausreichend Energie gewinnen. Die Energiebereitstellung wird im wesentlichen von zwei Bereichen bestimmt:

Der Leistungsfähigkeit der Energiegewinnungswege in der Muskelzelle (siehe 2.2) Der Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislaufsystems einschließlich der Atmung:

- Zufuhr der Stoffe zur Energiegewinnung (Glukose, Fettsäuren, Sauerstoff) - Abtransport der Endprodukte Kohlendioxid, Wasser und Milchsäure.

Abb. 5: Organdurchblutung und leistungsbestimmende Faktoren bei körperlicher Belastung

1.3.1 Kenngrößen der Herzfunktion Je nach Intensität der sportlichen Belastung muss das Herz mehr oder weniger große Auswurfleistungen vollbringen. Wenn der Mensch intensiv Sport treibt, benötigen die Muskeln z.B. mehr Sauerstoff zur Energieproduktion, und den muss der Herzmuskel entsprechend „herbeipumpen“. Definition Herzfrequenz: Die Anzahl der rhythmischen Kontraktionen, also die Anzahl der Herzschläge pro Minute, wird als Herzfrequenz bezeichnet. Sie beträgt beim Untrainierten in Ruhe etwa 60-90 Schläge pro Minute. Bei Belastungen im Sport kann die Herzfrequenz beim Untrainierten etwa im das Dreifache ansteigen und Werte über 200 Schläge pro Minute erreichen. Bei Kindern und Jugendlichen sind Belastungsherzfrequenzen bis zu 220 Schlägen pro Minute möglich.

Jeder Mensch hat seinen eigenen Ruhe- bzw. Maximalpuls. Die HF stellt eine repräsentative Messgröße zur Beurteilung der Beanspruchung des Herz-Kreislauf-Systems dar. Sie reagiert schnell auf Veränderungen der muskulären Belastung. Am empfindlichsten reagiert die HF auf Geschwindigkeitsveränderungen!

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Definition: RUHE-HERZFREQUENZ RUHEPULS / FRÜHPULS Die Herzfrequenz in Ruhe gibt an wie hoch die Basisherzfrequenz in körperlicher Ruhe ist. Die Messung des Ruhepulses sollte im Liegen (unmittelbar nach dem Aufwachen) erfolgen. Der Ruhepuls ist ein objektiver Maßstab für die Leistungsfähigkeit unseres Herzens und damit für unseren Trainingszustand. Die Herzfrequenz in Ruhe ist ein Indikator für Krankheiten wie auch für übermäßiges Training. Kontinuierliche, sinnvolle körperliche Beanspruchungen in ausdauerorientierten Sportarten führen zu einer Senkung des Ruhepulses. Frauen haben (bedingt durch kleinere Herzgrößen) einen höheren Ruhepuls. Definition: MAXIMAL - HERZFREQUENZ MAXIMALPULS Die maximale Herzfrequenz gibt an, wie schnell das Herz bei entsprechend körperlicher Belastung maximal schlagen kann. Die maximal erreichbare Herzfrequenz ist abhängig vom Lebensalter, dem Geschlecht und der Leistungsfähigkeit. Kinder und Frauen neigen zu höheren HFmax-Werten. Die HF max ist eine Spitzenbelastung, die beim Training möglichst nicht überschritten werden sollte. Formeln zur Maximalen Herzfrequenz (HF max) für den allgemeinen Fitness- und Gesundheitsbereich

220 - Lebensalter (LA)

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2 Training

2.1 Ziele und Bereiche des Trainings Das folgende Schaubild zeigt unter welchen unterschiedlichen Zielsetzungen Training stattfinden kann.

Abb.6: Ziele des Trainings Zudem findet Training in unterschiedlichen Bereichen statt.

Abb.7: Bereiche des Trainings Training findet also mit unterschiedlichen Zielsetzungen und auf unterschiedlichen Ebenen bzw. in unterschiedlichen Bereichen (Leistungsniveaus) statt. Unabhängig von Zielsetzung und Niveau liegen Trainingsprozesse immer einige typische für das Training charakteristische Merkmale zu Grunde. Definition von Training: Training ist die geplante und systematische Realisation von Maßnahmen (Trainingsinhalte und –methoden) zur nachhaltigen Erreichung von Trainingszielen im Sport.

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Diese Definition beinhaltet die wesentlichen Bestandteile des Trainings: Planmäßigkeit: Wenn ein im vornherein festgelegtes Vorgehen nach trainingswissenschaftlichen und

erfahrungspraktischen Erkenntnissen eingehalten wird. (Trainingsplan, -ziele, - methoden, -inhalte, -aufbau, -organisation)

Systematik: Beachtung der in Wechselwirkung stehenden Bedingungen und Prozesse die die Leistungsfähigkeit eines Sportlers beeinflussen. (Kennen und Beachtung des Systems)

Trainingsziele: Gezieltes Arbeiten an z.B. Verbesserung einer Technik, konditioneller Fähigkeiten, Entspannungstechniken etc.

Trainingsinhalte und –methoden: Sämtliche praktische Maßnahmen die zur Erreichung des Trainingsziels erforderlich sind, sind Trainingsinhalte. Bei der Art der Vermittlung von Trainingsinhalten spricht man von Trainingsmethoden.

Training ist ein sehr komplexer Handlungsprozess der darauf ausgerichtet ist, angemessene

Wirkung auf alle leistungsrelevanten Merkmale des Sportlers zu erzielen.

Die sportliche Leistungsfähigkeit hängt zum einen von den personeninternen Bedingungen und von den Bedingungen ab, die die jeweilige Sportart vom Sportler fordert.

Abb.8: Schema personeninterner Bedingungen sportlicher Leistungen und Erfolge (Weineck 2004 a)

Abb.9: Vereinfachtes Strukturmodell der Komponenten der Sportlichen Leistungsfähigkeit (Weineck 2004 a)

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Nur wenn der Sportler/ Trainer das Anforderungsprofil einer Sportart/ Disziplin sehr genau kennt, können die personeninterne Bedingungen dahingegen geprüft werden und genau das geübt und trainiert werden wo es noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt. (Kondition, psychische Fähigkeiten, etc.)

2.2 Allgemeine Gesetzmäßigkeiten des Trainings

2.2.1 Qualitätsgesetz (Physiologisches Gesetz) Prinzip der richtigen Belastungszusammensetzung

Spezifische Reize bewirken spezifische Anpassungsreaktionen.

Das bedeutet, dass der Körper durch bestimmte Anpassungsreaktionen nach einer Belastung in der Lage ist bei einer erneuten Belastung besser diesen speziellen Anforderungen gewachsen zu sein. So bilden sich z.B. beim Reckturnen Schwielen an den Händen, durch kurze intensive Belastungsformen wird die Kraft gesteigert und durch lange weniger intensive Belastungsformen wird die Ausdauer verbessert. Die Art des Reizes bestimmt somit eindeutig die Form der Anpassung. Die Spezifität eines Trainingsreizes wird durch vier Belastungskomponenten bestimmt:

Intensität: Kennzeichnet die Belastungsanforderung (Anstrengungsgrad) in Bezug auf die Maximale Leistungsfähigkeit. Sie wird deshalb oft in % der Maximalleistung angegeben. Oft werden auch absolute Größen für die Festlegung der Intensität wie z.B. Geschwindigkeit(Zeit), Herzfrequenz, Laktatwert, Gewicht oder Sprunghöhe benutzt.

Dichte (Pause): Bei nicht kontinuierlichen Belastungsreizen wie z. B. bei einem Circuittraining, ist die Pause zwischen den einzelnen Belastungen von entscheidender Bedeutung für die Belastungsdosierung. Die höhere Reizdichte(kürzere Pausen) bewirkt bei gleicher Intensität und Dauer der Einzelbelastungen eine Erhöhung der Belastungsdosierung, da die Erholungszeit kürzer ist.

Dauer: In der Trainingspraxis bezieht sich die Reizdauer entweder auf die Einwirkungszeit des Einzelreizes (Zeitdauer, Strecke) oder auf die Reizserie (Anzahl der Wiederholungen).

Umfang: Hiermit wird die Summe aller Einzelreize einer Trainingseinheit wie z. B. Summe der Wiederholungen in den Serien, zurückgelegte Gesamtstrecke, Summe der bewegten Gewichte oder Gesamtübungszeit angegeben.

Wie wir beim Ausdauertraining und beim Krafttraining sehen werden, ist die Intensität die entscheidende Größe für die spezifische Wirkung eines Trainingsreizes. Die anderen Belastungskomponenten müssen dann auf die vorgegebene Intensität abgestimmt werden Diese spezifische Zusammensetzung des Belastungsgefüges nennt man auch das Prinzip der richtigen Belastungszusammensetzung.

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2.2.2 Homöostase, Superkompensation Prinzip der optimalen Relation von Belastung und Erholung

.2.2 Homöostase, Superkompensation Prinzip der optimalen Relation von Belastung und Erholung

Zwischen Belastung und Anpassungsreaktion des Körpers besteht ein dynamisches Gleichgewicht (Homöostase). Die durch erhöhte Belastung ausgelöste Wiederherstellungsprozesse verbessern das Leistungsniveau über den Ausgangswert hinaus (Superkompensation).

Die Superkompensation ist die Grundlage für die Verbesserung der Leistungsfähigkeit.

Abb.10: Verlauf von Belastungs- und Anpassungsreaktion

Ist die Pause bis zum nächsten Belastungsreiz zu lang, bildet sich aufgrund der Homöostase das Leistungsniveau wieder zurück: negative Anpassung. Z. B. bilden sich Schwielen ohne Reckturnen oder ähnliche Belastungen wieder zurück. Die Geschwindigkeit von Wiederherstellung und Superkompensation ist abhängig vom Trainingszustand (Leistungsniveau), der Belastungsart und der Lebensweise. Bei mittelmäßigem Trainingszustand werden für das Erreichen der höchsten Superkompensation nach Ende der Belastung, beim Krafttraining etwa 72 Stunden (ca. 3 Tage) und beim Ausdauertraining etwa 36 Stunden (ca. 1,5 Tage), benötigt. Bei Untrainierten braucht es länger, bei Hochleistungssportlern können sich diese Zeiten teilweise halbieren. Durch verschiedene Maßnahmen wie z. B. spezielle Ernährung, ausreichend Schlaf, aktiver Erholung (dynamische Muskelarbeit, Auslaufen), Massage können Erholung und Superkompensation beschleunigt werden.

Das Absinken des Leistungsniveaus nach Erreichen der Superkompensation ist von verschiedenen Faktoren beispielsweise von der Höhe und Schnelligkeit der aufgebauten Leistungsfähigkeit abhängig. Im Allgemeinen lässt sich jedoch sagen, dass die Zeit für das Absinken auf das Ausgangsniveau etwa der Zeit zum Erreichen der Superkompensation entspricht.

Abb.11: Entwicklung des Leistungsniveaus in Abhängigkeit von der Pausenlänge

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2.2.3 Reizschwellengesetz Prinzip des trainingswirksamen Reizes

Eine Superkompensation wird nur dann erreicht, wenn eine kritische Reizschwelle überschritten wird.

Regelmäßige Belastungsreize sind nur dann wirksam, wenn die für eine Superkompensation notwendige Reizschwelle erreicht wird. Liegt die Belastung unter der Reizschwelle erfolgt keine Verbesserung des Leistungsniveaus.

Für eine wirksame Belastungsdosierung müssen die Belastungskomponenten aufeinander abgestimmt sein. Diese wichtige Regel für den Aufbau einer Trainingseinheit nennt man das Prinzip des trainingswirksamen Reizes. Unterschiedliche Trainingsmethoden haben jeweils ein charakteristisches Belastungsgefüge.

Die Zusammensetzung eines Belastungsgefüges wird vor allem durch die Intensität und den Umfang bestimmt. Um Über- oder Unterbelastung zu vermeiden, müssen sich diese beiden Komponenten umgekehrt proportional verhalten: Bei hoher Intensität muss der Umfang gering sein, bei geringer Intensität hingegen kann die Reizschwelle nur durch einen hohen Umfang erreicht werden.

Zu hohe Belastungsdosierungen führen entweder zu direkten Schädigungen (z. B. Kreislaufkollaps, Muskelfaserriss) oder langfristig zu einem Absinken des Leistungsniveaus (Übertraining). Wir besitzen allerdings Schutzmechanismen, die in der Regel eine direkte Schädigung durch Überlastung verhindern. (Von der Natur eingerichtete Notfallreserve)

2.2.4 Trainierbarkeit, Leistungsfähigkeit Die Trainierbarkeit ist abhängig von Alter und Geschlecht.

Im Kindes- und Jugendalter sind hohe Kraftbelastungen und anaerobe Ausdauerbelastungen von hoher Intensität unphysiologisch. Da der Bewegungsapparat noch nicht voll entwickelt ist, können extreme Kraftleistungen schnell zu Verletzungen führen. Beim Ausdauertraining sollte bis zum Abschluss der Pubertät die Belastungsintensität vorwiegend im aeroben Bereich liegen, da die Fähigkeit des Stoffwechsels, auf anaerobem Weg Energie bereit zu stellen, erst wenig entwickelt ist.

Mit etwa 30 Jahren beginnt der altersbedingte Abfall des Leistungsvermögens. Hier ist es besonders wichtig, durch regelmäßige Belastung die Funktionsfähigkeit der Organsysteme zu erhalten. Die Trainierbarkeit nimmt zwar ständig ab, doch ist vor allem die Ausdauer bis ins hohe Alter gut trainierbar.

Die im Bereich von Kraft- und Schnelligkeitsleistungen unterschiedliche Trainierbarkeit und Leistungen von Mann und Frau beruht in erster Linie auf der Wirkung der Sexualhormone. Die Unterschiede werden in der Pubertät verstärkt und verringern sich im Laufe des Lebens wieder.

Abb.12:Trainierbarkeit der Muskulatur Abb. 13:Leistungsfähigkeit in Abhängigkeit von Alter und Training

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Mit zunehmendem Alter wird regelmäßiges Bewegungstraining immer wichtiger. Körperliches Training ist bislang die einzige wissenschaftlich gesicherte Maßnahme, den altersbedingten Leistungseinbußen von Herz, Kreislauf, Atmung, Stoffwechsel, Immunabwehr, Skelettmuskulatur und Nervensystem entgegenzuwirken.

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3 Ausdauer

Definition Ausdauer: Unter Ausdauer versteht man die psychische und physische Ermüdungswiderstandsfähigkeit des Sportlers. Sie schließt die Erholungsfähigkeit mit ein.

Ermüdungs-widerstandsfähigkeit

Regenerations-fähigkeit

Ausdauer Abb.14:Strukturierungskriterien der Ausdauer:

3.1 Ausdauerarten Im Bereich der allgemeinen Ausdauer gibt es die Einteilung in Kurzzeit-, Mittelzeit und Langzeitausdauer. In der Kurzzeitausdauer (KZA) werden aerobe und anaerobe Formen unterschieden. Die Energiebereitstellung erfolgt bei Ausdauerbelastungen zwischen 45 Sekunden und 2 Minuten überwiegend durch die aerobe Energiebereitstellung. In der Leichtathletik entspricht dies dem 400m- und dem 800m Lauf. Die anaerobe Kurzzeitausdauer liegt zwischen 10 und 45 Sekunden. Sie wird auch häufig als Sprint- oder Schnelligkeitsausdauer (SA) bezeichnet. Die Mittelzeitausdauer (MZA) stellt den Abschnitt dar, bei dem die aerobe Energiebereitstellung immer mehr dominiert. In der Leichtathletik sind dies die Läufe ab 1000m bis hin zum 3000m Hindernislauf. Die Langzeitausdauer (LZA) beinhaltet schließlich alle Belastungen, die länger als 10 Minuten dauern, und deren Energiebereitstellung fast ausschließlich aerober Art ist. Die Langzeitausdauer wird aufgrund unterschiedlicher Stoffwechselanforderungen noch in die Bereiche LZA I, II, III und IV unterteilt.

Abb. 15: Die verschiedenen Ausdauerfähigkeiten im Zusammenhang mit Energiebereitstellung, Belastungsumfang und Belastungsintensität (SA: Sprintausdauer, KZA: Kurzzeitausdauer, MZA: Mittelzeitausdauer, LZA: Langzeitausdauer, nach Weinecke 2004)) Ausdauerart Wettkampfzeiten

Sprint- und Schnelligkeitsausdauer (SA) Kurzzeitausdauer (KZA) Mittelzeitausdauer (MZA) Langzeitausdauer (LZA) LZA I LZA II LZA III LZA IV

10 – 20 Sekunden 20 Sekunden – 2 Minuten 2 – 10 Minuten 10 Minuten bis mehrere Stunden 10 – 35 Minuten …35 Minuten – 1 ½ Stunden 1 ½ – 6 Stunden über 6 Stunden

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Die unterschiedlichen Langzeitausdauerarten und ihre Anforderungen an den Stoffwechsel im Organismus Langzeitausdauerart Stoffwechselanforderungen LZA I (10 – 35 Minuten) Überwiegend Kohlehydratstoffwechsel LZA II (35 Minuten – 1 ½ Stunden) Hier werden sowohl Kohlehydrate als auch Fette in

einem zeitabhängigen dynamischen Mischungsverhältnis zur Energiegewinnung herangezogen

LZA III (1 ½ - 6 Stunden) In der Regel dominiert noch der Glukosestoffwechsel Nach ca. 1 ½ Stunden dominiert der Fettstoffwechsel in der Energiebereitstellung Es werden dabei immer weniger Kohlenhydrate verbrannt

LZA IV (über 6 Stunden) Hier dominiert der Fettstoffwechsel in der Energiebereitstellung

Grundlagenausdauer ist die sportartenunabhängige Ermüdungswiderstandsfähigkeit bei Langzeitbelastungen unter dem Einsatz große Muskelgruppen (mehr als 1/7 der Skelettmuskulatur). Die Belastungsintensität reicht bis zur aeroben Schwelle, die Energiegewinnung ist ausschließlich aerob (LZA). Wichtig ist zu beachten, dass vor allem in vielen Spielsportarten die Ausdauer nicht maximal, sondern entsprechend den Anforderungen in der Sportart optimal entwickelt werden muss. Bei Sportspielen dominieren meist azyklische Bewegungen und so kann nicht automatisch die Wettkampfdauer z. B. 90 Minuten eines Fußballspiels in den Bereich der Langzeitausdauer II übertragen werden. Die Spieler laufen nämlich nicht die 90 Minuten in einem konstanten Tempo den Platz auf und ab, sondern ein Fußballspiel wird dominiert von Tempowechseln und aktionsreicheren und –ärmeren Spielsituationen für den einzelnen Spieler (azyklische Belastung). Die azyklische oder auch spezifische Ausdauer wird durch das Betreiben der Sportart selbst trainiert. Die Spezifische Ausdauer sichert die Belastung in der Sportart selbst ab, sodass der Spieler entsprechend häufig schnelle kraftvolle Aktionen durchführen kann. Je nach Belastungsintensität und -dauer muss die Energiebereitstellung unterschiedlich erfolgen. Sie wird ergänzt durch das Grundlagenausdauertraining (allgemeine Ausdauer). Die Grundlagenausdauer trägt ganz wesentlich zur Regenerationsfähigkeit der Spieler bei und zwar bereits während des Spiels und nicht nur danach. Die Spielausdauer bei den Sportspielen besteht demnach die Ausdauer aus zwei Komponenten.

Abb.16: Komponenten der Spielausdauer Von der Allgemeinen anaeroben Ausdauer spricht man, wenn die Belastungsintensität über der anaeroben Schwelle liegt. Die Energiegewinnung in vorwiegend anaerob-laktazid. Es entsteht ein erhebliches Sauerstoffdefizit (Sauerstoffschuld). Das bedeutet, dass die Sauerstoffmenge, die während der Belastung für eine rein aerobe Energiegewinnung fehlt nach Beendigung der Belastung in der Erholungsphase aufgenommen werden muss.

3.2 Ausdauertraining Eine entscheidende Frage ist die nach Trainingsmitteln, durch die die Ausdauerleistungsfähigkeit konkret verbessert werden kann.

3.2.1 Ziele des Ausdauertrainings: Im Wettkampfsport besteht das Ziel darin, Trainings- und Wettkampfbelastungen energetisch vorzubereiten und abzusichern, die einzelnen Funktionssysteme dafür optimal auszuprägen. Im Freizeit- und Gesundheitssport soll mit Hilfe des Ausdauertrainings die Funktion des Herz-Kreislauf-Systems verbessert und damit die Gesundheit und Wohlbefinden verbessert werden. Um die allgemeine aerobe Ausdauer zu trainieren bieten sich grundsätzlich folgende Sportarten bzw. Disziplinen an: Laufen, Radfahren, Schwimmen, Inlineskating, Walking, Nordic Walking, Skilanglauf, Rudern, Aquajogging, Aerobic.

Spielausdauer

Allgemeine Grundlagenausdauer

Spezifische Ausdauer

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3.2.2 Kurzcharakteristik von Ausdauersportarten: Der Vorteil des Mountainbike- oder Rennradfahrens besteht darin, dass die Gelenkbelastung im Vergleich zum Laufen deutlich reduziert ist. Für die Entwicklung der Grundlagenausdauer genügen geringe bis mittlere Belastungsintensitäten im Bereich der aeroben Schwelle. Die Trittfrequenz sollt bei etwa 80 – 110 Umdrehungen pro Minute liegen. Der zeitliche Umfang sollte ca. 1 – 3 Stunden betragen. Das sehr populäre Inlineskating empfiehlt sich auf folgenden Grundlagen:

Die Stoßbelastungen auf den passiven Bewegungsapparat (vor allem Gelenke) sind gering.

Die Beinmuskulatur (vor allem im Knie- und Sprunggelenk) wird entsprechend gekräftigt.

Becken- und Rumpfmuskulatur werden gekräftigt.

Die Gesamtkörperkoordination (Gleichgewicht/ Kopplung) wird geschult.

Das Training sollte nach der Fahrtspielmethode durchgeführt werden bei einem Belastungsumfang von ca. 45 – 90 Minuten. Die Belastungsintensität variiert entsprechend der Fahrtspielmethode (siehe Methodik des Ausdauertrainings)

Ausdauernd schwimmen zu können ist stark technikabhängig. Als Schwimmtechnik ist das Freistilschwimmen zu empfehlen. Der gesamte Bewegungsapparat wird äußerst schonend belastet. Die Beanspruchung vom Herz-Kreislauf-System, Muskulatur und Atmungssystem kann relativ hoch sein. Die Belastungsintensität sollte im geringen bis mittleren Bereich bei einem Umfang von 30 – 60 Minuten liegen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, eine Ausdauergymnastik mit Musik, also Aerobic, zu machen. Aerobic kann zur Entwicklung und Erhaltung einer insgesamt guten aeroben Leistungsfähigkeit beitragen. Step-Aerobic schult vor allem die Kraftausdauer der Athleten. Die individuelle Steuerung ist sehr schwer, da es meist in Gruppen stattfindet. Für die Motivation kann es wünschenswert sein, mit Freunden oder in der Gruppe zu trainieren. Die individuelle Steuerung ist dann zwar etwas beeinträchtigt, aber die Freude und der Spaß, etwas gemeinsam zu machen, kann dies mehr als kompensieren.

3.2.3 Voraussetzungen für das Ausdauertraining: Bei der Trainingsgestaltung gilt es folgende körperliche Voraussetzungen zu beachten:

Trainingszustand

Körpergewicht

Verletzungen

Muskulatur (Anteil langsam und schnell zuckender Fasern)

Im Ausdauertraining ist für „Trainingsanfänger“ besonders wichtig, zunächst die Belastung zu reduzieren; eine zu schnelle Ermüdung oder gar Erschöpfung können sehr demotivierend sein. Bei hohem Körpergewicht oder Verletzungen kann es vor allem beim Laufen zu Fehlbelastungen des Muskel-, Band-, und Stützapparates kommen; hier sollte mit dem Rad oder im Wasser trainiert werden. Menschen mit einem hohen Anteil an langsamen Muskelfasern sollten ihr Ausdauertraining in Sportarten mit langsamen Bewegungsabläufen wie Radfahren, Schwimmen, Skilanglauf oder Inline-Skating durchführen.

3.3 Methodik des Ausdauertrainings Für ein wirksames Training müssen die Belastungskomponenten Intensität, Dauer, Dichte und Umfang sowie die Häufigkeit der Trainingseinheiten aufeinander abgestimmt sein. Es gibt grundsätzlich zwei verschiedene Möglichkeiten der Ausdauertrainingsgestaltung:

Dauermethoden: Die Belastung wird nicht unterbrochen (keine Pause) und die Belastungsintensität reicht maximal bis zur aeroben Schwelle.

Intervallmethoden: Die Belastung wird durch mehrere Pausen mit unvollständiger Erholung unterbrochen, die Belastungsintensität liegt über der anaeroben Schwelle

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3.3.1 Dauermethoden

.3.1 Dauermethoden

3.3.1.1 Kontinuierliche Methoden 3.3.1.1 Kontinuierliche Methoden

Kontinuierliche Dauermethode extensiv intensiv

Intensität aerobe Schwelle aerob-anaerober Übergangsbereich

wesentliche Wirkungen Verbesserung der Herz-Kreislauf-Funktion

Verbesserung der aeroben Energiegewinnung

aus Fetten aus Kohlenhydraten

wesentliches Ziel Gesundheit Fitness Schul-Jugendbereich

3.3.1.2 Fahrtspiel Bei dieser Methode wird die Belastung spielerisch variiert. Die Intensitäten können von ganz niedrig (Erholungsphase) bis fast maximal reichen. Wichtig ist, dass auf eine hohe Belastung (über der anaeroben Schwelle) eine Erholungsphase mit geringer Belastung folgen muss (aerobe Schwelle oder geringer). Es gibt aber keine Belastungspause. Diese Methode eignet sich vor allem für ein Training im abwechslungsreichen Gelände. Sie ist sehr motivierend, erfordert aber ein gutes Belastungsgefühl, damit es nicht zu einer zu starken Übersäuerung kommt. Wesentliche Trainingswirkung ist die Verbesserung der allgemeinen aeroben Ausdauer. Für Anfänger ist diese Methode jedoch nicht geeignet.

Abb. 17: Schema eines Fahrtspiels (nach Blum/ Friedmann 1997)

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3.3.2 Intervallmethoden .3.2 Intervallmethoden Die Intervallmethoden zeichnen sich dadurch aus, dass die Belastung nicht kontinuierlich, sondern intervallartig erfolgt. Die Belastungsintensität liegt dabei grundsätzlich über der anaeroben Schwelle. Zur Verbesserung der aeroben Ausdauer wird die extensive Intervallmethode angewendet, bei der die Belastungsintensität im unteren Belastungsbereich der Intervallmethoden liegt. Sie beträgt bei der extensiven Intervallmethode 60 – 80% im Gegensatz zur intensiven Intervallmethode bei der die Belastungsintensität bei 80 – 90% liegt. In den Pausen zwischen den einzelnen Belastungen wird keine vollständige Erholung abgewartet (unvollständige Erholung). Die Pausenlänge kann stark variieren. Als Orientierungshilfe kann die Herzfrequenz dienen. Nach Erreichen einer Pulsfrequenz von etwa 120 – 140 S/min kann der nächste Bellastungsreiz gesetzt werden.

Die Intervallmethoden zeichnen sich dadurch aus, dass die Belastung nicht kontinuierlich, sondern intervallartig erfolgt. Die Belastungsintensität liegt dabei grundsätzlich über der anaeroben Schwelle. Zur Verbesserung der aeroben Ausdauer wird die extensive Intervallmethode angewendet, bei der die Belastungsintensität im unteren Belastungsbereich der Intervallmethoden liegt. Sie beträgt bei der extensiven Intervallmethode 60 – 80% im Gegensatz zur intensiven Intervallmethode bei der die Belastungsintensität bei 80 – 90% liegt. In den Pausen zwischen den einzelnen Belastungen wird keine vollständige Erholung abgewartet (unvollständige Erholung). Die Pausenlänge kann stark variieren. Als Orientierungshilfe kann die Herzfrequenz dienen. Nach Erreichen einer Pulsfrequenz von etwa 120 – 140 S/min kann der nächste Bellastungsreiz gesetzt werden.

Des Weiteren unterteilt man in KurzzeitDes Weiteren unterteilt man in Kurzzeit- (15-60 sec), Mittelzeit- (1-8 min) und Langzeitintervallmethode (8-15 min).

Da auch die Erholungspausen für das Herz-Kreislauf-System trainingswirksam sind, hat die Kombination von Belastungsphasen und kurzen Pausen mit unvollständiger Erholung bei einer entsprechenden Gesamtbelastungsdauer eine ähnliche Wirkung wie die intensive Dauermethode. Bei höheren Intensitäten und längeren Pausen mit einem insgesamt geringeren Belastungsumfang können Ausdauerfähigkeiten (aerob und anaerob) und Kraftfähigkeiten (Kraftausdauer) gleichzeitig trainiert werden. In der Schule häufig verwendete Trainingsmittel, mit denen man nach der Intervallmethode trainieren kann, sind z. B. das Circuittraining und Aerobic- Programme. Kennzeichnend für das Circuittraining ist die abwechselnde Beanspruchung einzelner Muskelgruppen (Arme, Beine, Rücken- und Bauchmuskulatur). Dadurch wird eine hohe Belastung des Gesamtkörpers erreicht, während sich für die einzelnen Muskelgruppen eine relativ lange Pause ergibt. Im folgenden ist ein Belastungsgefüge eines Lauftrainings und eines Circuittrainings dargestellt, mit welchen vor allem die allgemeine aerobe Ausdauer verbessert werden kann.

Belastungskomponenten Lauftraining

(extensive Intervallmethode)

Circuittraining

(Intervallmethode

Intensität über der anaeroben Schwelle (ANS)

kurze Strecke: deutlich über

ANS

lange Strecke: wenig über

ANS

Belastung der Beinmuskulatur

deutlich über ANS

Dauer ca. 1 – 8 Minuten

(Laufstrecke: ca. 300 – 2000m)

ca. 30 – 50 Sekunden

(an jeder Station)

Pause ca. 1 ½ - 4 Minuten ca. 20 – 40 Sekunden*

Umfang 20 – 4 Wiederholungen 6 – 8 Stationen

mit 2 – 3 Rundgängen

Verbesserung der Herz-Kreislauf-Funktion

Verbesserung der Energiegewinnung aus Kohlenhydraten

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wesentliche Wirkung

aerob aerob und anaerob

*Pausenlänge abhängig von der Belastungsintensität und Trainingszustand

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3.4 Möglichkeiten zur Steuerung der Belastungsintensität Am gebräuchlichsten ist die Intensitätssteuerung über die Herzfrequenz. Am geeignetsten zur Ermittlung der Herzfrequenz sind die in zahlreichen Varianten angebotenen Herzfrequenzmessgeräte. Steht kein solches Gerät zur Verfügung, dann kann die Herzfrequenz am besten über die Pulswelle an der Halsschlagader ermittelt werden. Allerdings ist dies nur am Ende einer Belastung (und damit verbunden mit einer Belastungsunterbrechung) möglich. Die Messung sollte dabei sofort nach Belastungsende über eine Dauer von 10sec durchgeführt werden, da die Herzfrequenz sehr schnell absinkt. Bewährt hat sich bei Pulsmessungen in einer Klasse eine große Zeitnehmeruhr. Jeder misst dabei seine eigene Herzfrequenz! Eine weitere Möglichkeit, die Belastungsintensität im aeroben Bereich zu steuern, bietet die Atmung. Nur wenn Atemfrequenz und Atemtiefe über längere Zeit konstant gehalten werden können, ist der Sauerstoffbedarf gedeckt (ruhige, tiefe Atmung = „Sauerstoffatmung“). Eine hechelnde und flache Atmung deutet auf ein Sauerstoffdefizit und damit auf eine zu hohe Intensität (anaerober Bereich) hin. Als Merkregeln können gelten: 4 Schritt-Atemrhythmus (auf 4 Schritte einatmen, auf 4 Schritte ausatmen)

Belastung an der aeroben Schwelle 3 Schritt-Atemrhythmus Belastung im aeroben Bereich 2 Schritt Atemrhythmus Belastung an der anaeroben Schwelle Aussagekräftig bezüglich der richtigen (optimalen) Trainingsbelastung ist auch das Vermögen „während der Belastung zu sprechen“. Der Slogan Laufen ohne zu schnaufen garantiert automatisch eine Belastung im aeroben Bereich! Das subjektive Belastungsgefühl während und nach dem Training gibt zusätzlich Auskunft über eine richtige (oder falsche) Trainingsbelastung. Man sollte seine „innere Stimme“, also ein gut geschultes und damit sensibel ausgeprägtes Körpergefühl nicht unterschätzen! Beim Ausdauertraining muss berücksichtigt werden, dass die Herzfrequenz auch von der „Tagesform“ (Infekte, Stress) und von zahlreichen äußeren Faktoren (Hitze, Luftfeuchtigkeit, Höhe, Ernährung, Medikamente usw.) beeinflusst wird. Wenn die Belastung als zu anstrengend empfunden wird, sollte man die Intensität reduzieren. Da Laktatmessungen zur Schwellenbestimmung selbst im Leistungssport nur begrenzt durchgeführt werden können, wurden Formeln aufgestellt, um Belastungsintensität und Herzfrequenz in Bezug zueinander zu setzen. Allerdings ist dabei darauf zu achten, dass die maximale Herzfrequenz ab dem zwanzigsten Lebensjahr abnimmt. Als Faustregel gilt beim Laufen:

Maximale Herzfrequenz (Schläge/min) = 220 - Lebensalter

Auf dieser Faustregel basierend lassen sich die Trainings-Herzfrequenzen für ein extensives Ausdauertraining abschätzen. Hollmann stellte für Belastungen im aeroben Bereich eine einfache Faustformel auf:

Trainingspuls (Schläge/min) = 180 – Lebensalter

Neuere Untersuchungen, die auch die Ruhe-Herzfrequenz berücksichtigen, führen zu folgender Formel für relativ untrainierte Personen (zu diesem Personenkreis dürften 90% der Schülerinnen und Schüler gehören):

Trainings-HF (S/min) = Ruhe-HF + (Max. HF – Ruhe-HF)*2/3

(LAGERSTRÖM 1994)

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3.5 Anpassungen des Stoffwechsels und des Herz-Kreislauf-Systems, Trainingswirkungen

.5 Anpassungen des Stoffwechsels und des Herz-Kreislauf-Systems, Trainingswirkungen

Anpassungen der Muskelzelle: - Die Enzymwirkung zum aeroben Abbau von Kohlehydrate wird durch die Zunahme und Vergrößerung der Mitochondrien („Kraftwerke der Zelle“) verstärkt - Die Enzyme zum Abbau der Fette in Fettsäuren werden vermehrt gebildet. Anpassungen des Herz-Kreislauf-Systems: - Die absolute Zahl der Kapillaren pro Muskelfaser und Querschnitt der Kapillaren wird vergrößert und dadurch die Muskeldurchblutung verbessert (Kapillarisierung) - Durch Ausdauertraining kommt es zu einer Herzvergrößerung, dabei werden die Innenräume erweitert und der Herzmuskel wird kräftiger. Dadurch kann sich das Schlagvolumen (Blutmenge, die vom Herz bei einer Kontraktion (Herzschlag) befördert werden kann) im Vergleich zum Untrainierten fast verdoppeln. Die maximale Herzfrequenz kann durch Training kaum gesteigert werden. - Das Blutvolumen nimmt zu. Dadurch kann mehr Sauerstoff transportiert (ca. 30%) und die Übersäuerung durch Milchsäure hinausgezögert werden. Diese Anpassungen bewirken insgesamt eine höhere Kapazität der aeroben Energiegewinnung, so dass die aerob-laktazide Energiegewinnung beim Ausdauertrainierten erst bei höheren Belastungsintensitäten erforderlich wird. Die Vergrößerung des Herzens hat zusätzlich zur Verbesserung der Pumpleistung noch weitere Vorteile: Ökonomische Herzarbeit: Das Schlagvolumen ermöglicht eine geringere Herzfrequenz in Ruhe (Ruhepuls) und bei submaximalen Belastungen. Die Pausen zwischen einzelnen Kontraktionen werden deutlich länger und der Herzmuskel kann besser durchblutet und mit Sauerstoff versorgt werden. Abbau von Milchsäure, Erholungsfähigkeit: Als Schutz vor Ermüdung sind Herzmuskelzellen darauf spezialisiert, ihre Energie unter Sauerstoffverbrauch aus Milchsäure und Fettsäuren zu gewinnen. Ein größeres Herz kann somit zum einen den Anstieg des Laktatspiegels im Blut verzögern und zum anderen durch raschen Abbau der Milchsäure nach der Belastung die Erholung beschleunigen.

Abb. 18: Erholungspuls in Abhängigkeit vom Ruhepuls Abb.19:Herzfrequenz in Alltagssituationen bei unterschiedlichem Trainingszustand

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Diese und weitere Wirkungen eines regelmäßigen Ausdauertrainings sind in folgender Tabelle zusammengefasst. Wirkungen eines regelmäßigen Ausdauertrainings

Herz

Vergrößerung des Herzmuskels Größeres Schlagvolumen Absinken des Ruhe und Belastungspuls Bessere Durchblutung des Herzmuskels Geringere Belastung des Herzens bei gleicher

Leistung Gefäßsystem/ Blut

Größere Blutmenge und höherer Hämoglobingehalt

Bessere Versorgung der Organe und der Muskulatur mit Sauerstoff und Nährstoffen

Günstigere Blutwerte, geringeres Risiko für Arteriosklerose

Bessere Fließeigenschaften und geringere Thromboseneigung

Muskulatur

(Energiestoffwechsel)

Bessere Durchblutung Bessere Sauerstoffaufnahme und Verarbeitung

Leistung

Bessere Ausdauerleistungsfähigkeit Bessere Leistungsfähigkeit in Beruf, Alltag und

Freizeit (Lebensqualität)

Regeneration

Schnelle Erholung nach Belastung (physisch und psychisch)

Risikofaktoren

Vorbeugung gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen Abschwächung von Risikofaktoren: z. B.

Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes, erhöhte Blutfettwerte

Immunsystem

Stärkung des Immunsystems Vorbeugende Wirkung gegen Tumorerkrankungen

Körperform

Reduktion des Körpergewichts bei Übergewicht Betonung der Körperformen durch Abbau der

Fettpolster Psyche Besseres Wohlbefinden, weniger ängstlich,

weniger depressiv Abbau von Stress, geringere Wirkung von Stress Entwicklung von Körperwahrnehmung und

Körperbewusstsein Größere Selbstsicherheit und stärkeres

Selbstbewusstsein

Von der allgemeinen aeroben Ausdauer spricht man, wenn die Belastungsintensität unter der aeroben Schwelle

liegt. Die Energiegewinnung ist vorwiegend aerob. Die aufgenommene Sauerstoffmenge reicht aus, um die

benötigte Energiemenge bereitzustellen ( Sauerstoffgleichgewicht = steady state) (LZA).

Das Training der allgemeinen aeroben Ausdauer

(allgemeines Ausdauertraining) hat ein breites

Wirkungsspektrum. Die Belastungsreize erhalten und

verbessern die Funktionsfähigkeit vieler Organe und

Organsysteme.

Abb.20: Wirkungsspektrum des allgemeinen

Ausdauertrainings

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4 Kraft

4.1 Wozu Krafttraining?

Vermeidung von degenerativen Erkrankungen des Bewegungsapparates Jede Bewegung und jede Körperhaltung erfordert Kraft. Ohne entsprechende Kraftbelastungen kann die Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparates jedoch nicht erhalten werden (Homöostasegesetz). Die Bewegungsanforderungen eines „Durchschnittsalltags“ sind heute so gering und einseitig, dass die zur Erhaltung und Verbesserung der Kraftfähigkeiten erforderliche Reizschwelle oft nicht erreicht wird. Muskel schwächen sich ab und/ oder verkürzen sich. Haltungsschwächen und langfristig auch degenerative Erkrankungen des Haltungs- und Bewegungsapparats sind die Folge. Häufige Erkrankungen sind z. B.: - Wirbelsäulenerkrankungen: Durch abgeschwächte und/oder verkürzte Muskulatur kommt es zu Fehlhaltungen und Fehlbelastungen. Langfristig degenerieren die Bandscheiben, es kommt zum Bandscheibenvorfall. - Arthrosen: Durch Abschwächung und/oder Verkürzung der Muskulatur kommt es zu einseitiger Belastung der Gelenke. Knorpel und Kapsel der Gelenke werden geschädigt. Am häufigsten sind davon Hüft-, Knie- und Zwischenwirbelgelenke betroffen. - Osteoporose: Knochen benötigen zur Erhaltung ihrer Stabilität regelmäßig mechanische Belastungsreise. Fehlende oder zu geringe Krafteinwirkung führt zu einem Abbau der Knochensubstanz, die Knochen werden brüchig. Vor allem Wirbelkörper und Röhrenknochen 11 sind davon betroffen. Die altersbedingte Osteoporose kann durch Krafttraining verringert werden. - Bindegewebeschwäche: Zu geringe mechanische Belastungsreize führen vor allem zu einer Abschwächung der gelenkführenden Bänder. Verringerung der Verletzungsgefahr Im Alltag und auch bei sportlicher Betätigung kommt es immer wieder zu unvorher- sehbaren Störungen von Bewegungsabläufen und Stürzen. Hierbei ist der Bewegungsapparat hohen mechanischen Belastungen ausgesetzt. Muskeln, Bänder und Gelenkstrukturen können verletzt werden. Eine gut ausgebildete Muskulatur kann die hohen Kraftwirkungen auffangen und dadurch den Bewegungsapparat vor Verletzungen schützen. In vielen Sportarten sind aber selbst bei normalen Bewegungsabläufen die Krafteinwirkungen auf den Körper (Rumpf) so gr0ß, dass es zu Verletzungen kommen kann. Als Beispiele seien hier die Landung bei einer Hechtbagger-Abwehr im Volleyball oder die Belastung der Rumpfmuskulatur im Geräteturnen genannt. Kraft als Grundlage sportlicher Leistungen und Fitness Nur mit gut ausgebildeter Muskulatur kann man sich schnellkräftig, ausdauern und geschickt bewegen. Die für eine Sportart oder Disziplin erforderlichen Kraftfähigkeiten müssen jeweils spezifisch trainiert werden., damit die Leistung verbessert werden kann. So ist z.B. in der Leichtathletik bei allen Sprint-, Sprung und Wurfdisziplinen eine gute Schnellkraft, beim Schwimmen, Radfahren oder Rudern eine gute Kraftausdauer und beim Gewichtheben eine hohe Maximalkraft erforderlich. Im Fitnessbereich müssen die einzelnen Kraftfähigkeiten nicht so gezielt trainiert werden. Hier steht eine allgemeine Kräftigung des ganzen Bewegungsapparates im Vordergrund. „Gute Figur“ und Bodybuilding Ziel eines Krafttrainings kann es auch sein, z.B. bei Übergewicht durch Fettabbau das Gewicht zu normalisieren oder umgekehrt bei Untergewicht durch Muskeltraining eine Steigerung des Körpergewichts zu erhalten. Bodybuilding hat das Ziel, die einzelnen Muskeln so zu trainieren, dass der Muskelquerschnitt zunimmt und das Muskelprofil deutlich sichtbar wird. Nach dem Qualitätsgesetz muss sich ein Krafttraining an der entsprechenden Zielsetzung orientieren. Um die unterschiedlichen Trainingsmethoden in ihrer Wirkung verstehen und anwenden zu können, sind einige grundlegende Kenntnisse zum Aufbau und zur Funktion der Skelettmuskeln erforderlich.

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4.2 Aufbau und Funktionen eines Skelettsmuskels Siehe Kapitel 1.1.1

4.2.1 Aufbau der Skelettmuskulatur und Gleittheorie der Muskelkontraktion

Skelettmuskelfasern(B) sind die kleinste zelluläre Einheit eines Muskels. Sie werden zu einem Muskelfaserbündel (A ) zusammengefasst: diese kann man mit bloßem Auge erkennen (0,1 mm). Viele Muskelfaserbündel bilden einen Muskel. In der Skelettmuskulatur wird die Kraft, die für Bewegungen notwendig ist, durch Kontraktion entwickelt. Das Sarkomer (D) ist die kleinste kontraktile Einheit einer Muskelfaser. Tausende hintereinandergeschaltete Sarkomere bilden eine Myofibrille (C). Während der Kontraktion verkürzen sich die Sarkomere. die dünnen Aktinfilamente werden unter Energieverbrauch (Spaltung von STP) zwischen die dicken Myosinfilamente gezogen: Gleittheorie der Muskelkontraktion Ein Sarkomer kann sich etwa um 1 um (1 Millionstel Meter) verkürzen; um eine Muskelverkürzung von 1 cm zu erreichen, müssen sich also etwa 10.000 hintereinander liegende Sarkomere einer Myofibrille gleichzeitig kontrahieren. Die Kraftentwicklung ist um so höher, je mehr Myofibrillen an der Aktion beteiligt sind.

Abb. 21: Feinstruktur eines Muskels (nach Blum/Friedmann 1997)

4.2.2 Beugen und Strecken, intermuskuläre Koordination Ein Muskel kann sich nur aktiv verkürzen, für die Gegenbewegung ist ein zweiter Muskel erforderlich. Somit kann ein Muskel das Gelenk entweder nur beugen oder nur strecken. Verkürzt sich der Beugungsmuskel (Agonist), dann wird der erschlaffte Steckmuskel (Antagonist) passiv gedehnt und umgekehrt. Bei aktiver Streckung werden die Streckmuskeln als Agonisten und die Beugungsmuskeln als Antagonisten bezeichnet. Sind mehrere Muskeln an der Beugung oder Streckung beteiligt, bezeichnet man sie als Synergisten.

Bei fast allen Bewegungen im Alltag und im Sport sind mehrere Gelenke beteiligt. Hierbei müssen viele Muskeln koordiniert zusammenarbeiten. Dieses Zusammenspiel lässt sich trainieren. Durch „Automatisierung“ wird erreicht, dass die antagonistisch arbeitenden Muskeln möglichst wenig die Bewegung hemmen. Abb. 22: Agonisten und der Antagonist bei der Beugung des Ellbogengelenks.

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Das Zusammenspiel der Agonisten (Synergisten) und Antagonisten bezeichnet man als intermuskuläre Koordination. Die Kraftentwicklung und das Zusammenspiel der einzelnen Muskeln funktioniert dann am besten, wenn sich Agonisten und Antagonisten in einem funktionalen Gleichgewicht befinden (muskuläre Balance), d.h. die Muskeln dürfen nicht verkürzt sein und die Gegenspieler sollten etwa gleich viel Kraft entwickeln können.

4.2.3 Motorische Einheit, intramuskuläre Koordination Die Kontraktion einer Muskelfaser wird durch Nervenimpulse ausgelöst. Eine motorische Nervenzelle kontrolliert (innerviert) mehrere Muskelfasern. Die motorische Nervenzelle und die von ihr innervierten Muskelfasern bilden eine motorische Einheit. Je nach Funktion besteht ein Muskel aus mehr oder weniger solcher Einheiten. Augen und Fingermuskeln besitzen z.B. kleine (wenige Muskelfasern pro Neuron) und relativ viele motorische Einheiten. Eine große Zahl kleiner motorischer Einheiten ermöglicht eine gute Abstufbarkeit der Muskelkraft (Feinkoordination).

Abb. 23: Motorische Einheit (aus Blum/Friedmann 1997) Die motorische Einheit gehorcht dem „Alles – oder – Nichts – Gesetz“, d.h. erreicht der Impuls des Motoneurons den Schwellenwert, kann kontrahieren sich alle Muskelfasern der motorischen Einheit. Die Kraftentwicklung in einem Muskel kann also über eine unterschiedliche Zahl gleichzeitig aktiver motorischer Einheiten gesteuert werden. die Aktivierung der einzelnen Motoneurone geschieht entweder direkt durch das Gehirn und/oder reflektorisch über das Rückenmark. Die Koordination der Aktivierung verschiedener motorischer Einheiten des gleichen Muskels bezeichnet man als intramuskuläre Koordination. Verschiedene Schutzeinrichtungen des motorischen Nervensystems verhindern, dass alle motorischen Einheiten eines Muskels gleichzeitig aktiviert werden können. Dadurch kann eine Überlastung des Bewegungsapparates vermieden werden. Durch Drogen (Doping) oder in Gefahrensituationen können die hemmenden Einflüsse ausgehoben werden, so dass eine größere Zahl motorischer Einheiten gleichzeitig eingesetzt werden kann. Von den in einem Muskel vorhandenen Fasern kann der Untrainierte willkürlich nur etwa 14 % - 60 % gleichzeitig aktivieren. Durch intensives Training kann die Zahl der willkürlich gleichzeitig aktivierbaren Fasern deutlich erhöht werden (bis zu 90%). die Zahl der gleichzeitig aktivierbaren motorischen Einheiten wird in starkem Maße auch von der Motivation und Konzentration beeinflusst.

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4.2.4 Arbeitsweisen der Muskulatur Wird ein Muskel innerviert, dann muss die entstehende Muskelspannung nicht unbedingt auch zu einer Verkürzung des Muskels führen. die Längenänderung des Muskels ist abhängig vom Verhältnis der Muskelspannung ( innere Kraft ) zum äußeren Widerstand (äußere Kraft). Es lassen sich folgende Situationen und Arbeitsweisen der Muskulatur unterscheiden:

Abb.24: Arbeitsweisen der Muskulatur In Abbildung 25 sind weitere Beispiele für die unterschiedlichen Arbeitsweisen der Muskulatur dargestellt.

Abb. 25: Arbeitsweisen der Muskulatur (nach Blum/Friedmann 1997 Im Bereich Gesundheit und Fitness sollte man beim Krafttraining vor allem die positiv-dynamische Arbeitsweide bevorzugen. Die können die mechanischen Kräfte, die auf den Muskel einwirken, gut kontrolliert werden. Bei der statischen Arbeitsweise ist dies zwar auch möglich, doch wird durch Dauerkontraktion die Durchblutung der Muskulatur unterbrochen und es kommt zur Bildung von Milchsäure (siehe 2.2). Die kann sich negativ auf die Anpassungsprozesse (Trainingswirkungen) auswirken. Statische Arbeitsweisen werden vor allem bei Verletzungen in der Rehabilitation angewandt. Reine exzentrische Arbeitsweisen kommen beim Krafttraining nur im Hochleitungssport zur Anwendung. Die Intensität liegt dabei über der Maximalkraft, die Verletzungsgefahr ist entsprechend groß. Der Muskel wird dabei entgegen seiner maximalen Kontraktionskraft verlängert. Die meisten sportlichen Bewegungen beruhen auf einer Kombination von nachgebender und überwindender (reaktiver) Arbeitsweise, so muss z.B. die Muskulatur bei allen Lauf-, Hüpf- und Sprungbewegungen reaktiv arbeiten (siehe Abb. 25). Im Gesundheitsbereich ist einspezielles Krafttraining mit reaktiver Arbeitsweise (z.B. Tief-Hoch-Sprünge) nicht erforderlich; zur Verbesserung der sportlichen Leistung kann ein solches Training jedoch sehr effektiv eingesetzt werden. Im Fitnessbereich sollte man darauf achten, dass die hierbei auftretenden Kraftspitzen nicht zu hoch sind (siehe 5.4 Krafttraining).

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4.2.5 Muskelfasertypen Die Kraftentwicklung im Muskel wird nicht nur über die Anzahl der aktiven motorischen Einheiten sondern auch über die Aktivierung unterschiedlicher Muskelfasertypen gesteuert. Man kann die Muskelfasern der Skelettmuskulatur grob in zwei Gruppen einteilen: - Schnell kontrahierende Fasern, auch FT-Fasern ( FT = fast-twitch) oder helle („weiße“) Fasern genannt. - Langsam kontrahierende Fasern, auch ST-Fasern (ST = slow-twitch) oder dunkle („rote“) Fasern genannt. Die dunkelrote Färbung wird durch eine hohe Myoglobinkonzentration4 verursacht. In der Abbildung 26 sind die wichtigsten unterschiedlichen Eigenschaften dieser beiden Muskelfasertypen zusammengestellt.

Abb. 26: Wesentliche Eigenschaften von ST- und FT-Fasern. Alle Muskelfasern einer motorischen Einheit gehören immer zum gleichen Fasertyp. Der Anteil der jeweiligen Fasern in einem Muskel ist größtenteils angeboren und kann durch Training nur in engen Grenzen beeinflusst werden. Der „geborene Langstreckenkäufer“ besitzt mehr langsame, der „geborene Sprinter“ mehr schnelle Muskelfasern.

In Abbildung 27 ist die Fasertypenverteilung bei Hochleistungssportlern in verschiedenen Sportarten dargestellt. Es bestehen große Unterschiede in der Faserverteilung. Die anlagebedingten Unterschiede erden durch das spezifische Training verstärkt.

Abb. 27: Faserverteilung in Abhängigkeit von den motorischen Anforderungen ( nach Blum/Friedmann 1977, 61)

4 Myoglobin: roter Muskelfarbstoff (Sauerstoffspeicher)

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4.3 Welche Kraftfähigkeiten sind für Gesundheit und Fitness wichtig? Die Kräfte, die bei bestimmten Körperhaltungen, Bewegungen oder sportmotorischen Leistungen erforderlich sind, werden im Wesentlichen durch drei Parameter bestimmt: - die erforderliche Krafthöhe - Die Zeit, in welcher diese Krafthöhe erreicht erden muss - Die Zeitdauer, über welche die Kraft benötigt wird. Entsprechend diesen Parametern lässt sich die Kraft in drei verschiedenen Kraftfähigkeiten differenzieren: Maximalkraft (maximale Krafthöhe), Schnellkraft (möglichst schnelle Kraftentwicklung) und Kraftausdauer (möglichst langes Halten der Kraft).

4.3.1 Maximalkraft . Maximalkraft ist die größtmöglichste Kraft, die willkürlich gegen einen widerstand ausgeübt werden kann Bei der Optimierung von sportlichen Leistungen ist die Höhe der erforderlichen Maximalkraft abhängig von der Größe des äußeren Widerstandes, der überwunden werden muss, Je größer dieser Widerstand, desto höher muss die Maximalkraft sein (z.B. Gewichtheben). Die Maximalkraft hat deshalb in den verschiedenen Sportarten eine recht unterschiedliche Bedeutung.

Abb. 28: Einfluss der Maximalkraft auf die Wettkampfleistung in verschiedenen Sportarten (nach Blum/Friedmann 1997) Im Bereich von Gesundheit und Fitness spielt die Optimierung einer Leistung keine Rolle. Es ist deshalb ausreichend, wenn die Maximalkraft der einzelnen Muskeln so entwickelt ist, dass der Bewegungsapparat vor degenerativen Erkrankungen und Verletzungen geschützt ist. Möchte man seine allgemeine Fitness und seine sportliche Leistungen verbessern, dann ist dies nur auf der Basis einer guten Maximkraft möglich. Die Ausprägung der je nach Sportart erforderlichen Kraftfähigkeiten Schnellkraft und Kraftausdauer wird nämlich in starkem Maße von der Maximalkraft beeinflusst. Die Höhe der erforderlichen Maximalkraft ist sowohl zum Schutz vor degenerativen Erkrankungen und Verletzungen als auch bei vielen sportlichen Aktionen abhängig vom Körpergewicht. Je höher das Körpergewicht, desto besser muss die Maximalkraft ausgeprägt sein. Die Maximalkraft wird hier als Relative Kraft bezeichnet:

Relative Kraft = Maximalkraft/Körpergewicht Leitstungsbestimmende Faktoren der Maximalkraft - Muskelquerschnitt: Je größer der Querschnitt, desto höher ist die Zahl der Elemente Aktin und Myosin. - Intramuskuläre Koordination: Je mehr motorische Einheiten gleichzeitig kontrahiert erden können, desto größer ist die entwickelte Kraft. - Intermuskuläre Koordination: Durch ein gutes Zusammenspiel der Synergisten und Antagonisten kann sich bei einer Bewegung die Kraft der Agonisten optimal entwickeln. Eine Verbesserung der Maximalkraft kann also durch eine Vergrößerung des Muskelquerschnitts und/oder durch die Verbesserung der intra- und intermuskulären Koordination erreicht werden. Soll die relative Kraft gesteigert werden, dann ist es sinnvoll, entweder nur die intra- und intermuskuläre Koordination zu verbessern oder das Körpergewicht zu reduzieren. Wie ist in diesem Zusammenhang das Gewichtmachen im Boxen, Ringen oder Gewichtheben zu verstehen?

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4.3.2 Schnellkraft Schnellkraft ist die Fähigkeit, den eigenen Körper oder ein Gerät mit hoher Geschwindigkeit zu bewegen bzw. Widerstände mit höchstmöglicher Kontraktionsgeschwindigkeit zu überwinden.

Schnellkraft ist also die Fähigkeit, in möglichst kurzer Zeit eine möglichst hohe Kraft zu entwickeln. Für die Gesundheit ist die Schnellkraft ohne Bedeutung, auch für eine allgemeine Fitness spielt sie nur eine geringe Rolle. Sportliche Leistungen werden hingegen häufig von der Schnellkraft bestimmt. Bei de meisten Sportarten bzw. Disziplinen kommt es nämlich darauf an, dem eigenen Körper oder einem Sportgerät eine hohe Geschwindigkeit zu verleihen. Leistungsbestimmend für die Schnellkraft sind folgende Faktoren: Maximalkraft: Je größer die Kraft, um so schneller kann eine bestimmte Masse beschleunigt werden. Intra- und intermuskuläre Koordination zu Beginn der Kontraktion: Je mehr motorische Einheiten direkt

zu Beginn der Kraftentwicklung gleichzeitig aktiviert werden können und je besser die Muskelaktionen aufeinander abgestimmt sind, desto schneller kann sich die Kraft entwickeln.

Zahl der FT-Fasern: Auf Grund der erforderlichen hohen Kontraktiongeschwindigkeit wird die Schnellkraft in starkem Maße von Anteil der FT-Fasern in einen Muskel bestimmt

4.3.3 Kraftausdauer Kraftausdauer ist die Ermüdungswiderstandsfähigkeit bei langandauernden oder sich wiederholenden Kraftleitungen mit überwiegend anaerob-laktazider Energiegewinnung.

Intensive, sich schnell wiederholenden Krafteinsätze, die insgesamt länger als 7 sec dauern, können nur mit Hilfe anaerob-lakazider Energiegewinnung aufrecht erhalten werden. Ab einer Belastungszeit von ca. 2 min beginnt die aerobe Energiegewinnung zu überwiegen. Kraftausdauer ist deshalb für alle Belastungen zwischen 7 sec und 2 min die entscheidende Kraftfähigkeit.

Nur bei Belastungen mit relativ langsamer Bewegungsausführung wie z.B. Rudern, Schwimmen, Eisschnelllauf und Radfahren ist die anaerob-laktazide Energiegewinnung auch noch bei längeren Belastungszeiten (bis ca. 6 min) ein entscheidender leistungsbestimmender Faktor. Da bei diesen Sportarten für die einzelnen Aktionen ein hohes Maß an Kraft erforderlich ist, ist hier die Kraftausdauer bei Belastungen bis 6 min die entscheidende leistungsbestimmende Kraftfähigkeit. Wie lange Kraftleistungen aufrechterhalten oder wiederholt werden können, hängt also vom Kraftniveau und von der Energienachlieferung ab. Leistungsbestimmend für die Kraftausdauer sind somit folgende Faktoren: Maximalkraft und/oder Schnellkraft: Je besser diese Kraftfähigkeiten ausgeprägt sind, um so länger

können spezifische Kraftanforderungen aufrecht erhalten werden, da die Muskulatur bei gleichen Anforderungen insgesamt geringer belastet ist.

Anaerob-laktazide Energiegewinnung: Unabhängig vom Kraftniveau kann ein Muskel nur so gut und so lange kontrahieren, wie eine schnelle Nachlieferung von ATP durch den anaerob-laktaziden Abbau der Kohlenhydrate möglich ist.

Für die Gesundheit hat die Kraftausdauer keine größere Bedeutung, da bei entsprechend ausgeprägter Maximalkraft die Belastungen der Alltagmotorik gut bewältigt werden können. In vielen Berufen und auch in der schule sind die Anforderungen an die Muskulatur jedoch häufig sehr einseitig. Beim sitzen muss oft über Stunden die gleichen Körperhaltung eingenommen werden. Hier kommt es schnell zur Ermüdung bestimmter Muskelgruppen und dadurch langfristig zu Fehlhaltungen und degenerativen Erkrankungen. Kraftausdauertraining, vor allem für die Rumpfmuskulatur, kann dieses Risiko verringen. Im Bereich der Fitness ist die Kraftausdauer eine wichtige Fähigkeit, um zumindest, wie eingangs angesprochen, „mithalten zu können“. viele Belastungen sind gekennzeichnet durch einen Wechsel der Belastungsintensität, typisch ist dies vor allem bei allen Ballspielen. Im Kapitel Ausdauer wurde deutlich, dass es wichtig ist, sich in den Phasen mit geringer Belastungsintensität möglichst schnell erholen zu können. Ebenso wichtig ist es natürlich, dass es in den Phasen intensiver Belastung nicht zur schnellen Erschöpfung kommt. Hier hat die Kraftausdauer eine entscheidende Bedeutung. Bei längeren Belastungen kann die Kraftausdauer um so effektiver eingesetzt werden, je besser die aerobe Ausdauer ausgeprägt ist. Durch die hohe aerobe Kapazität kann die Milchsäurebildung hinausgezögert werden.

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4.4 Krafttraining

4.4.1 Ziele und Voraussetzungen Wie in den vorangegangenen Kapiteln deutlich wurde, sind sowohl die Erhaltung der Gesundheit als auch die Verbesserung der Fitness nur auf der Basis einer gut ausgeprägten Maximalkraft möglich. Primäres Ziel eines Krafttrainings ist deshalb die Verbesserung der Maximalkraft.

Wie in Kapitel 5.3.1 dargestellt, kann die Maximalkraft durch eine Vergrößerung des Muskelquerschnitts und/oder einer Verbesserung der intra- und intermuskulären Koordination verbessert werden. Verbesserung der intramuskulären Koordination Eine effektive Verbesserung der intramuskulären Koordination ist entsprechend den allgemeinen Gesetzmäßigkeiten des Trainings nur durch sehr hohe Belastungsintensitäten ( über 85% der momentanen Maximalkraft ) möglich. Das Risiko für Verletzungen des Bewegungsapparates ist dabei groß. Außerdem kommt es bei diesen Belastungen durch die Pressatmung enormen anstieg des Blutdrucks und die Durchblutung des Herzmuskels, das Gehirn und auch die Muskulatur kann bis auf die Hälfte reduziert werden. dies kann bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems ein erhebliches Gesundheitsrisiko darstellen (z.B. Herz-Rhythmus-Störung, Kollaps). Ein spezifisches Training der intramuskulären Koordination ist aus o.g. Gründen im Gesundheits- und Fitnessbereich nicht sinnvoll. Die entsprechenden Trainingsmethoden sollten nur im Leistungsport oder nah einem längeren intensiven Vorbereitungstraining angewandt werden. Eine schonende, wenn auch nicht so effektive Möglichkeit zur Verbesserung er intramuskulären Koordination sind moderate Hüpf- und Sprungbelastungen. Verbesserung der intermuskulären Koordination Vie Verbesserung der intermuskulären Koordination ist im Gesundheits- und Fitnessbereich kein spezielles Trainingsziel. Das Zusammenspiel der verschiedenen Muskelgruppen wird durch Trainingsübungen, die sich an der Alltagsmotorik und am Bewegungsablauf der entsprechenden sportliche Disziplin orientieren, automatisch mittrainiert. Vergrößerung des Muskelquerschnitts ( Muskelaufbau, Hyperthropie) Die Verbesserung der Maximalkraft durch Vergrößerung des Muskelquerschnitts ist im Gegensatz zum Training der Intramuskulären Koordination mit wesentlich geringeren Intensitäten möglich. Bei Untrainierten liegt die Reizschwelle schon bei 30 – 40 % der Maximalkraft. Muskelaufbautraining zur Vergrößerung des Muskelquerschnitts kann sehr schonend durchgeführt werden und ist für den Gereich Gesundheit und Fitness bestens geeignet.

Wirkungen eines Regelmäßigen Krafttrainings

Muskulatur Kraftzunahme in den trainierten Muskeln, größerer Querschnitt und/oder bessere Koordination

Verringerung der Kraftabnahme in höherem Alter Stütz- und Bewegungsapparat

Höhere Festigkeit und Belastbarkeit von Sehnen, Bändern und Knochen und dadurch geringeres Risiko für Verletzungen und Verschleiß

Verbesserung des muskulären Gleichgewichts und dadurch Vermeidung von Haltungsschäden oder Haltungsfehlern (Rückenbeschwerden).

Vorbeugen gegen Verletzungen bei hohen Belastungen Verringerung der Osteoporose in höherem Lebensalter

Leistung Bessere Kraftfähigkeiten sind eine wichtige Grundlage für fast jede Sportart Ausgleich bei Sportarten mit einseitigen Belastungen

Regeneration Rehabilitation

Schnellere Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit nach Verletzungen (Bänderriss, Knochenbruch etc.)

Verringerung von Beschwerden am Bewegungsapparat (Rückenschmerzen, Gelenkbeschwerden)

Körperform Vergrößerung des Muskelquerschnitts Ausprägung der Muskulatur und Gewebestraffung (Bodyshaping) Betonung der Körperform durch Abbau der Fettpolster (Bodyshaping) Steuerung des Körpergewichts (Zu- oder Abnahme möglich)

Psyche Besseres Wohlbefinden Entwicklung von Körperwahrnehmung und Körperbewußtsein Größere Selbstsicherheit und stärkeres Selbstbewußtsein

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Fast alle in der obigen Tabelle genannten Trainingswirkungen eines Krafttrainings können durch Muskelaufbau-training erreicht werden. Für den Fitnessbereich und zur Verbesserung von sportlichen Leistungen liegt die Reizschwelle für 50% der Maximalkraft. Dadurch werden auch bei langsamer Bewegungsausführung die FT-Fasern verstärkt aktiviert und ihr Querschnitt als Folge des Trainingsreizes vergrößert. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für eine effektive Verbesserung der Schellkraft. Schnellkraft Möchte man als leistungsorientierter Fitnesssportler die Schnellkraft trainieren, dann sollte man darauf achten, dass die Maximalkraft gut ausgeprägt ist. Um das Verletzungsrisiko zu senken und die Effektivität des Trainings zu steigern ist es in jedem Fall sinnvoll, vor einem Schnellaufbautraining ein mehrwöchiges Muskelaufbautraining durchzuführen. Kraftausdauer und Körperformung Das Training der Kraftausdauer muss nicht nur wie oben beschrieben die Verbesserung von Gesundheit und Fitness zum Ziel haben. Durch dien hohen Glykogenverbrauch, bedingt durch die anaerob-lakazide Energiegewinnung (siehe S.19 ) und die hohen Wiederholungszahlen, wird in der Regenerationsphase nach dem Training auch der Fettspeicher als Energiequelle genutzt. Dies kann langfristig zu einer Reduktion des Unterfettgewebes führen. Trainingsanpassungen Wie schon im Kapitel Ausdauer erläutert, kann eine gute Grundlagenausdauer die Effektivität des Krafttrainings verbessern, da Regeneration und Superkompensation beschleunigt und verstärkt werden.

4.4.2 Trainingsmethoden Im Gegensatz zu den Ausdauertrainingsmethoden gibt es im Krafttraining keine Dauerbelastung. Alle Methoden des Krafttrainings arbeiten nach einem ähnlichen Prinzip wie die Intervallmethoden, d.h. auf Grund der relativ hohen Intensität muss die Belastung durch Pausen unterbrochen und mehrmals wiederholt werden, damit die Reizschwelle überschritten wird (siehe Gesetze und Prinzipien 3.2). Entscheidend für die spezifische Wirkung eines Krafttrainings ist die Belastungsintensität. Die unterschiedlichen Arbeitsweisen der Muskulatur und die erforderlichen Belastungsintensitäten haben gezeigt, dass im Bereich von Gesundheit und Fitness vor allem Trainingsmethoden mit positiv-dymaischer Arbeitsweise und möglichst geringer Belastungsintensität sinnvoll sind. Aus diesem Grund werden nur das Muskelaufbautraining zur Verbesserung der Maximalkraft und Methoden zum Training der Kraftausdauer besproche4n. Für weitere Methoden des Krafttrainings muss auf die weiterführende Literatur verwiesen werden.

4.4.2.1 Muskelaufbautraining (MA) Das Muskelaufbautraining ist die Haupttrainingsform eines allgemeinen Krafttrainings im Bereich von Gesundheit und Fitness. Auch die entsprechenden Trainingsprogramme in Fitness-Studios sind nach dieser Methode aufgebaut (siehe Abbildung 29). Bei den Belastungskomponenten des Belastungsgefüges muss folgendes beachtet werden. Belastungsintensität Im Gesundheitsbereich sollte die Intensität bei etwa 40-60% der Maximalkraft liegen. Sie aus Abbildung 26 ersichtlich ist, erden bei Belastungsintensitäten bis 50 % der Maximalkraft und bei langsamer Bewegungsausführung hautsächlich ST-Fasern aktiviert. Möchte man auch die FT-Fasern ansprechen, dann kann man entweder die Intensität auf 30% reduzieren und die Bewegungen schnellst möglich ausführen oder man bleibt bei der langsamen Bewegungsausführung und erhöht die Intensität deutlich über 60 %, so dass auch vermehrt FT-Fasern aktiviert werden. Sowohl die schnelle Bewegungsausführung als auch die höheren Intensitäten sind für Anfänger nicht geeignet. Um das für die entsprechende Belastungsintensität erforderliche Gewicht festlegen zu können, muss man zunächst die Maximalkraft bestimmen. Beim Hantel- und Gerätetraining lässt sich die Maximalkraft dadurch ermitteln, dass man nach dem Aufwärmen und einigen Vortests versucht, soviel Gewicht aufzulegen, dass man gerade eine Wiederholung schafft. Entsprechend der in % vorgegebenen Belastungsintensität lässt sich dann das Trainingsgewicht errechnen. Dieses Verfahren ist aber auf Grund der Verletzungsgefahr für den Bewegungsapparat und der Risiken für das Herz-Kreislauf-System nur für gut trainierte und gesunde Personen und nicht für Anfänger geeignet. Eine andere Möglichkeit, mit deutlich geringerem Risiko das Trainingsgewicht zu ermitteln, besteht darin, dass mit einer gefühlsmäßig mittleren Gewichtsbelastung solange Wiederholungen durchführt, bis sich eine spürbare Ermüdung, jedoch keine Erschöpfung in der Muskulatur bemerkbar macht. Liegt die dabei erreichte Wiederholungszahl zwischen 6 und 12, dann war die Gewichtsvorgabe richtig. Bei geringerer oder höherer Wiederholungszahl sollte das Gewicht verringert bzw. erhöht werden. In der Schule stehen in der Regel keine Krafttrainingsgeräte zur Verfügung und ein Krafttraining muss mit dem eigenen Körpergewicht oder den vorhandenen Sportgeräten durchgeführt werden. Über die Wiederholungszahl kann man aber auch hier das richtige Trainingsgewicht annäherungsweise abschätzen.

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Bewegungsausführung Die konzentrische Phase (Kontraktion) sollte langsam bis zügig (Aktivierung der ST-Fasern) und die exzentrische Phase immer langsam durchgeführt werden. Um Muskelverkürzungen zu vermeiden und um eine Kraftzunahme über den ganzen Gelenkwirbelbereich zu erreichen, sollten die Bewegungen möglichst über den ganzen Bewegungsradius ausgeführt werden. Belastungsdauer (Wiederholungen) und Pausen Wie bei der Ermittlung der Belastungsintensität schon deutlich wurde, liegt die Belastungsdauer etwa bei 6 bis 12 Wiederholungen (=Reizserie), die ohne Unterbrechung durchgeführt werden. Danach benötigt die trainierte Muskulatur eine Erholungspause von ca. 2 bis 4 min, damit die Phosphatspeicher wieder aufgefüllt werden können. Je besser die Grundlagenausdauer desto kürzer ist die Erholungszeit . Umfang ( Serien ) Um einen trainingswirksamen Reiz zu erreichen, muss eine Reizserie (6- 12) Wiederholungen mehrmals wiederholt werden. Je nach Intensität und Trainingszustand sollten etwa 4 bis 8 Serien durchgeführt werden. Nach der letzten Serie sollte ein leichtes Gefühl der Erschöpfung in den betreffenden Muskeln spürbar sein. Trainingshäufigkeit Bein Krafttraining ist Erholungszeit bis zum Erreichen de Superkompensation länger als im Ausdauertraining, da der Aufbau der Muskelstrukturen nur langsam verläuft. aus diesem Grund sollte zwischen den Trainingseinheiten eine Pause von 2 bis 3 Tagen liegen. Damit ergibt sich eine Trainingshäufigkeit von 2 bis 3 Trainingseinheiten pro Woche. In Abbildung 29 sind die Belastungskomponenten eines Muskelaufbautrainings zusammenfassend dargestellt. Die Angaben sind Mittelwerte der in der Literatur z.T. voneinander abweichenden Angaben. Muskelaufbautraining Kraftausdauertraining Charakterisierung Geringe – mittlere Intensität

Hohe Wiederholungszahlen Sehr geringe bis mittlere Intensität Sehr hohe Wiederholungszahlen

Belastungsgefüge Training an Stationen Circuittraining Intensität Gesundheit Fitness

40-60% 60-80%

Gesundheit Fitness 20-40% 40-70%

Ca. 30-70% (abhängig von Übungen)

Wiederholungen 12 – 8 10 - 6 25 - 12 Belastungszeit ca. 20-30sec

Umfang/Serien 6 – 4 8 – 6 8 - 4 6 – 12 Stationen, 2 – 4 Rundgänge

Pause Zwischen den Serien 2 – 4 min Zwischen den Stationen: 20-80sec Zwischen den Rundgängen: 2-4min

Wesentliche Wirkung

Zunahme des Muskelquerschnitts Verbesserung der Energiegewinnung (hpts. Anaerob-laktatzid)

Zunahme des Muskelquerschnitts Abb. 29: Muskelaufbautraining und Kraftausdauertraining im Überblick

4.4.2.2 Kraftausdauertraining Für das Training der Kraftausdauer muss das Belastungsgefüge des Muskelaufbautrainings nur insofern verändert werden, als man die Stoffwechselanforderungen an den Muskel durch eine höhere Wiederholungszahl pro Serie verstärkt und/oder die Pausen zwischen den Serien etwas verkürzt. Dazu muss natürlich die Belastungsintensität reduziert werden. In Abbildung 29 sind die Belastungskomponenten wie sie für ein allgemeines Kraftausdauertraining zutreffen zusammengefasst. Ein sehr variables Trainingsmittel für das Training de Kraftausdauer ist das Circuittraining . Anstelle von Wiederholungen pro Serie arbeitet man hier mit Zeitvorgaben. Das hat den Vorteil, dass die Übenden an den einzelnen Situationen die ihrem Leistungsniveau entsprechende Wiederholungszahl selbst bestimmen können. Um die Reizschwelle zu überschreiten, muss jedoch darauf geachtet werden, dass eine Muskelgruppe pro Rundgang mehrmals belastet wird. Mit dem Circuittraining vergleichbare Belastungssituationen lassen sich auch in vielen Sportarten durch sportartspezifische Aktionen zusammenstellen (Basketballcircuit, Handballcircuit, Fußballcuircuit usw.). Das hat den Vorteil, dass gleichzeitig auch die Technik mittrainiert wird (intermuskuläre Koordination). Kraftausdauertraining im Gesundheits- und Fitnessbereich hat den Vorteil, dass es eine schonende Methode ist und dass man gleichzeitig mehrere Ziele ansteuern kann: Zunahme der Muskelquerschnitts (Maximalkraft) und Verbesserung der Energiegewinnung (Kraftausdauer).

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4.4.3 Trainingsplanung und Tipps zum Krafttraining .4.3 Trainingsplanung und Tipps zum Krafttraining Untrainierte sollten vor Beginn des eigentlichen Krafttrainings ein sogenanntes Anpassungs- oder Gewöhnungstraining durchführen. Hierbei sollte man über einen Zeitraum von 2-4 Wochen (1-2-mal Training pro Woche) mit Intensitäten unter 30% trainieren. Das Belastungsgefüge sollte wie folgt gestaltet werden:

Untrainierte sollten vor Beginn des eigentlichen Krafttrainings ein sogenanntes Anpassungs- oder Gewöhnungstraining durchführen. Hierbei sollte man über einen Zeitraum von 2-4 Wochen (1-2-mal Training pro Woche) mit Intensitäten unter 30% trainieren. Das Belastungsgefüge sollte wie folgt gestaltet werden: - Intensität: unter 30 % - Intensität: unter 30 % - Wiederholungen: 15-20 - Wiederholungen: 15-20 - Serien: 3-1 - Serien: 3-1 - Pausen zwischen den Serien 3 – 5 min - Pausen zwischen den Serien 3 – 5 min Mit einem solchen „Einstiegstraining“ lässt sich Muskelkater und frühzeitiger Überbeanspruchen vorbeugen. Außerdem kann man die Trainingsgeräte gefahrlos kennen lernen und ein technisch korrekte Bewegungsausführung trainieren.

Mit einem solchen „Einstiegstraining“ lässt sich Muskelkater und frühzeitiger Überbeanspruchen vorbeugen. Außerdem kann man die Trainingsgeräte gefahrlos kennen lernen und ein technisch korrekte Bewegungsausführung trainieren. Im Folgenden sind noch einige weitere, besonders beim Krafttraining zu beachtende Hinweise zusammengestellt. Im Folgenden sind noch einige weitere, besonders beim Krafttraining zu beachtende Hinweise zusammengestellt. Vor einem Krafttraining muss man sich sorgfältig aufwärmen, nach dem Krafttraining kann durch Lockerungs-

und Dehnübungen die Regeneration beschleunigt und einer Verkürzung der Muskulatur vorgebeugt werden.

Vor einem Krafttraining muss man sich sorgfältig aufwärmen, nach dem Krafttraining kann durch Lockerungs- und Dehnübungen die Regeneration beschleunigt und einer Verkürzung der Muskulatur vorgebeugt werden.

Das subjektive Belastungsempfinden am Ende einer Serie sollte mittel bis schwer aber nicht sehr schwer sein (siehe Ausdauertraining S.31)

Das subjektive Belastungsempfinden am Ende einer Serie sollte mittel bis schwer aber nicht sehr schwer sein (siehe Ausdauertraining S.31)

Die Übungen sollten ruhig und korrekt ausgeführt werden, in den konzentrischen Phasen sollte man

ausatmen und Pressatmung vermeiden. Die Übungen sollten ruhig und korrekt ausgeführt werden, in den konzentrischen Phasen sollte man

ausatmen und Pressatmung vermeiden. In einer Trainingseinheit sollten Agonisten und Antagonisten trainiert werden (muskuläres Gleichgewicht)

In einer Trainingseinheit sollten Agonisten und Antagonisten trainiert werden (muskuläres Gleichgewicht)

Die Pausen zwischen den Serien sollten nicht nur nach der Zeit sondern auch nach dem subjektiven

Belastungsempfinden ausgerichtet werden. Die Pausen zwischen den Serien sollten nicht nur nach der Zeit sondern auch nach dem subjektiven

Belastungsempfinden ausgerichtet werden. Um Zeit zu sparen, kann man Übungen im Wechsel so miteinander kombinieren, dass unterschiedliche

Muskeln beansprucht werden (Prinzip des Circuittrainings). Um Zeit zu sparen, kann man Übungen im Wechsel so miteinander kombinieren, dass unterschiedliche

Muskeln beansprucht werden (Prinzip des Circuittrainings).

4.5 Ausgewählte Sportarten und ihre Kraftfähigkeiten 4.5 Ausgewählte Sportarten und ihre Kraftfähigkeiten

Sportart Sportart MaximalkraftMaximalkraftSchnellkraft/ Schnellkraft/ Sprungkraft Sprungkraft

Kraft- Kraft- ausdauerausdauer

Reaktiv-Reaktiv-kraft kraft

Basketball X X Badminton X Beach- Volleyball

X X

Biathlon X X Diskuswurf X Eisschnell- Lauf

X X

Eishockey X X Fußball X X Gewicht- heben

X

Handball X X Hochsprung X X Judo X X Karate X X Klettern X X Kugelstoßen X X Mountain- Bike

X

Radsport X Rudern X X Skirennen X X X Skispringen X Schwimmen X Tennis X (X) X Tischtennis X X

Volleyball X X

Abb. 30: Ausgewählte Sportarten/ Disziplinen und Gewichtung bzw. Dominanz einzelner Kraftfähigkeiten

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4.5.1 Allround-Krafttrainingsprogramm in einem Fitnessstudio In Abb. 30 ist das Allround-Krafttrainingsprogramm in einem Fitnessstudio bildlich dargestellt.

Abb. 31: Allround-Krafttrainingsprogramm (Boeckh-Behrens u. Buskies 1995)

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5 Aufwärmen Auf- und Abwärmen sollte Bestandteil jedes Trainings- und Wettkampfprozesses sein. Sportler sollten wissen, dass ein gezieltes Aufwärmen die Leistungsfähigkeit verbessert und die Verletzungsgefahr reduziert. Beim aktiven Aufwärmen führt der Sportler mit eigener Muskelkraft Bewegungen und Übungen aus. Unter allgemeinem Aufwärmen versteht man die Maßnahmen, die darauf abzielen, den gesamten Körper sportartunabhängig zu aktivieren. Dies wird durch Übungen erreicht, die zu einer Erwärmung der großen Muskelgruppen führen (z.B. beim Einlaufen). Im speziellen Aufwärmen sind die einzelnen Übungen gezielt auf die Anforderungen einer bestimmten Sportart ausgerichtet und beinhalten auch einfache technische Elemente wie z.B. Dribbel- und Wurfübungen. Meist steht zwischen beiden Bereichen eine enge Verbindung, d.h. allgemeines Aufwärmen ist dem speziellen vorangestellt. Ablauf der Übungen: Erwärmung, evtl. Dehnung (Gerätturnen etc.), sportartspezifische Vorbereitung

5.1 Prinzipien für die Gestaltung einer Aufwärmphase

Aktive Aufwärm- /Bewegungsphase mit dem Ziel, die Körpertemperatur deutlich (um ca. 2-2,5°C) zu erhöhen.

Das allgemeine Aufwärmen geht dem speziellen stets voraus: langsam, schonend, geringe Bewegungsamplituden

Das Aufwärmen richtet sich in Umfang und Intensität nach dem Trainingszustand: je besser der Trainingszustand, desto länger und – am Ende des Aufwärmens – desto intensiver.

Das Aufwärmen ist an die Intensität der geplanten Belastungen anzupassen: je höher die angestrebte Belastung (z.B. im Wettkampf), desto länger die allgemeine aktive Aufwärmphase.

Beim speziellen Aufwärmen sollten die Bewegungen der Wettkampf- bzw. der Trainingsbelastungen berücksichtigt werden.

Ergänzung der aktiven Aufwärmphase durch Abschnitte mentaler Vorbereitung. Die Aufwärmzeit steigt mit zunehmenden Alter und Leistungsstand. Bei kühler Witterung muss länger aufgewärmt werden als bei warmer Umgebungstemperatur. Am Morgen ist länger aufzuwärmen als im weiteren Tagesverlauf. Als Mindestzeit sollte im Schulsport 10 Minuten, im Leistungssport 20 Minuten angesetzt werden. Das Aufwärmen sollte 5-10 Minuten vor Wettkampfbeginn abgeschlossen sein, danach muss der Körper

durch entsprechende Kleidung warm gehalten werden.

5.2 Wirkung des Aufwärmens:

Nervensystem: - Beschleunigter Ablauf nervaler Erregungsprozesse; - Anstieg von Reaktions- und Kontraktionsgeschwindigkeit

Herz-Kreislauf-System:

- Steigerung von Herzfrequenz, Blutdruck und Atmung - Vermehrung der Durchblutung der in der Sportart eingesetzten Muskeln

Stoffwechsel:

- Steigerung der Körpertemperatur; Verbesserung der Energiebereitstellungsvorgänge Aktiver Bewegungsapparat:

- Reduzierung der inneren Reibung von Muskeln, Sehnen und Bändern - Reduzierung der Verletzungsgefahr; - Vermehrung der Durchblutung der in der Sportart eingesetzten Muskeln

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Gelenke: - Vermehrung der Produktion von Gelenkschmiere - Dickenzunahme des Gelenkknorpels durch Flüssigkeitseinlagerungen

Sinnesorgane:

- Erhöhung der Aufnahmefähigkeit der verschiedenen Analysatoren Psyche:

- Abbau nervöser Spannungszustände; Steigerung der Motivation

6 Abwärmen Übungen: Lockerung, Entspannung

6.1 Wirkung des Abwärmens Nervensystem: - Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen Sympatikus und Parasympatikus, - Abnahme der Erregung und Anspannung, Einkehrung von Beruhigung. Herz-Kreislauf-System: - Rückkehr von Pulsfrequenz, Blutdruck, Atmung und Temperatur in die Normallage Muskulatur: - Lockerung der ermüdeten und verspannten Muskulatur - Beschleunigung des Abbaus von Stoffwechselprodukten

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7 Dehnen/ Streching

7.1 Ziele des Dehnens: Langfristiges Ziel ist die Erhaltung und Verbesserung der allgemeinen und sportartspezifischen Flexibilität. Kurzfristiges Ziel ist die belastungs- bzw. sportartspezifische Vor- und Nachbereitung als Teilbereich des Aufwärmens bzw. der Entspannung und „Entmüdung“, auch „als „cooling down“ bezeichnet. Mittels Dehnübungen kann der natürliche Bewegungsumfang der Gelenke erhalten bzw. gesteigert werden. Eine Versteifung der Gelenke ist durch den Alterungsprozess bedingt, die Gelenkfunktion kann jedoch auch durch einseitiges Training oder einseitige Belastung beeinträchtigt werden. Ein gezieltes Dehnungstraining sollte deshalb im allgemeinen Fitness- Sport und natürlich im Leistungssport einen festen Standort haben. Im Bereich des Leistungstrainings spielt die Flexibilität je nach Sportart eine unterschiedliche Rolle. In manchen Disziplinen ist sie leistungsbestimmendes Phänomen (z.B. Rhythmische Sportgymnastik, Turnen, Speerwerfen). Beim Aufwärmen gehören Dehnübungen allgemein zum Standardprogramm. Aus heutiger Sicht ist der Effekt des Dehnens dabei nicht mehr unumstritten. Richtig ist, dass die Muskulatur mittels Dehnübungen erwärmt werden kann. Vorgedehnte und erwärmte Muskulatur hat eine verbesserte inter- und intramuskuläre Koordination (= Zusammenspiel zwischen den Muskeln und Zusammenspiel der motorischen Einheiten innerhalb eines Muskels) und geringere innere Reibung (Viskosität) und kann daher mehr Kraft entfalten. Der Effekt einer Muskeltonussenkung (Senkung der Muskelspannung) durch Dehnen ist laut Forschungslage nicht eindeutig nachzuweisen. Dehnung kann auch psychologisch zur mentalen Vorbereitung genutzt werden, da ein entsprechendes Dehnprogramm zum Abbau von Verkrampfung und Nervosität beitragen kann. Auch im Rahmen des „cooling down“ (Abwärmen nach einer Trainingseinheit) spielt das Dehnen eine wichtige Rolle. Dehnübungen können den Erholungsprozess positiv beeinflussen. Begriffsklärung

Flexibilität (allgemeine – spezielle – aktive - passive)

⇓ Gelenkigkeit Beweglichkeit

Flexibilität als Oberbegriff beinhaltet Gelenkigkeit (durch die Struktur der Gelenke vorgegebene Bewegungsweite) und Beweglichkeit (Elastizität der Muskulatur). Man unterscheidet allgemeine und spezielle Flexibilität, aktive und passive Flexibilität. Die allgemeine Flexibilität bezieht sich auf alle wichtigen Bereiche des Körpers, während die spezielle Flexibilität die für eine bestimmte Sportart relevante Flexibilität bedeutet. In der Trainingspraxis hat sich der Begriff Beweglichkeit oder Dehnfähigkeit durchgesetzt.

7.2 Was passiert bei einseitigen Belastungen? Als traditionelle Theorie gilt, dass sich eine intensive Beweglichkeitsschulung auf die Sarkomerstrukturen auswirkt, die Muskulatur mit Spannungsverlust reagiert und damit die Kraftentwicklung beeinträchtigt ist. Dehnungsübungen bewirken angeblich einen so genannten Dehnungsrückstand der kleinsten muskulären Baueinheiten (Sarkomere). Bei entsprechendem Training wird dieser Zustand fixiert, d.h. die Sarkomere werden dauerhaft länger und die Muskeln dadurch abgeschwächt. Ebenso galt bislang, dass das Krafttraining einen Kontraktionsrückstand nach sich zieht und die Sarkomere kürzer werden. Folge sind Muskelverkürzungen und damit eine Einschränkung der Beweglichkeit. Sind demnach um ein Gelenk herum abgeschwächte bzw. verkürzte Muskeln gruppiert, ist das antagonistische Zusammenspiel gestört und man spricht von einer muskulären Dysbalance Einige Bereiche des Bewegungsapparates gelten als für muskuläre Dysbalancen besonders anfällig, andere weniger. Ursache hierfür ist, dass manche Muskelfasertypen (eher Haltearbeit leistende tonische Muskelfasern) eher zur Verkürzung, andere (eher Bewegungsarbeit leistende phasische Muskelfasern) zur Abschwächung neigen. Bei der menschlichen Muskulatur gibt es keine rein tonisch bzw. phasisch reagierenden, sondern es handelt sich um Mischformen, die je nach prozentualen Anteilen als eher tonisch oder eher phasisch kategorisiert werden. Bei überwiegend tonischen Anteilen besteht die Tendenz zur Verkürzung und bei überwiegend phasischen die Tendenz zur Abschwächung. Nachstehend eine Übersicht der nach traditioneller Lehrmeinung zur Verkürzung bzw. zur Abschwächung tendierenden Muskelgruppen:

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Überwiegend tonisch reagierende Muskeln (zur Verkürzung neigend)

Überwiegend phasisch reagierende Muskeln (zur Abschwächung neigend)

Großer Brustmuskel Schulterblattheber Trapezmuskel (absteigender Teil) Armbeuger Rückenstrecker (LWS) Viereckiger Lendenmuskel Kniebeugemuskulatur Lendendarmbeinmuskel

Rautenmuskel Trapezmuskel (aufsteigender Teil) Trapezmuskel (horizontaler Teil) Armstrecker Rückenstrecker (BWS) Bauchmuskulatur (bei einigen Autoren als tonisch eingeordnet!!) Innerer Streckmuskel am Oberschenkel Seitlicher Streckmuskel am Oberschenkel Mittlerer Gesäßmuskel Großer Gesäßmuskel

Das Erscheinungsbild der muskulären Dysbalance wird zwar nach wie vor anerkannt, doch die o. a. Theorien als Erklärung dafür werden nach neuesten Erkenntnissen als strittig angesehen, insbesondere da Forschungsergebnisse vorliegen, die die bisherige Auffassung von der strukturellen Situation der Muskelfaser widerlegen. Die bislang als plastisch geltenden Sarkomere haben nachweislich auch elastische Strukturen, so dass die Theorie des Dehnungs- bzw. Kontraktionsrückstands nicht aufrechterhalten werden kann. Muskuläre Dysbalance als Folge einseitiger Belastungen und Fehlhaltungen gehen zwar mit Veränderungen innerhalb der Muskelfaser einher.

7.3 Wie Dehnen? Für das Dehnen ist es wichtig, die Schutzreflexe der Muskulatur zu berücksichtigen. Der Muskel wird durch zwei Arten von Rezeptoren, Muskel- und Sehnenspindeln, vor Verletzung geschützt. Die Muskelspindeln sitzen parallel angeordnet zwischen den Muskelzellen und sind über den ganzen Muskel verstreut. Sie folgen passiv den Bewegungen der benachbarten Muskelzellen. Werden die Muskelzellen gedehnt, verändert sich also die Muskellänge, so dehnen sich auch die Muskelspindeln. Wird der Muskel zu stark gedehnt, dass das Risiko eines Muskelfaserrisses entsteht, kommt es aufgrund des Signals der Muskelspindeln zu einer reflektorischen Kontraktion. Die Sehnenspindeln geben über die Muskelspannung, den so genannten Muskeltonus, Rückmeldung. Auch hier kommt es bei einer den Muskel oder die Sehne gefährdenden Erhöhung des Tonus zu einer reflektorischen Kontraktion (z.B. Patellasehnenreflex des Kniegelenks). Aufgrund dieser physiologischen Erkenntnis ist beispielsweise das federnde Dehnen in Misskredit geraten. Ein weiterer physiologischer Tatbestand, die so genannte reziproke Hemmung und die postisometrische Hemmung, haben Konsequenzen für die Methoden des Dehnens: Wird der Muskel stark angespannt, so wirkt sich dies sowohl auf ihn selbst wie auch auf seinen Gegenspieler aus, d.h. der Muskeltonus sinkt kurzfristig sowohl im Agonisten wie im Antagonisten und die Empfindlichkeit der Muskel- und Sehnenspindeln ist herabgesetzt. Dadurch kann die Muskulatur besser gedehnt werden, sie setzt einer Dehnung weniger Widerstand entgegen. (Die Tonussenkung ergibt sich laut Lehrmeinung jedoch nur für einen sehr geringen Zeitraum, 2-3 Sekunden!). Nachstehend eine Übersicht über die Methoden des Dehnens Dehnungsmethoden

Dynamisch

Statisch

⇓ federndes Dehnen passives statisches Dehnen neuromuskuläres Dehnen

⇓ Anspannungs-

Entspannungs- Dehnen

Aktiv-statisches Dehnen

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7.3.1 Dynamisches Dehnen Es handelt sich um federnde Bewegungen um den Punkt des stärksten Gelenkausschlages herum. Dies kann mit Hilfe des unmittelbaren Gegenspielers (dynamisch-aktives Dehnen) oder mit Hilfe eines Partners oder der Schwerkraft oder mit Muskeln geschehen, die nicht unmittelbare Gegenspieler der zu dehnenden Muskulatur sind (dynamisch-passives Dehnen). Diese Methode war lange als wenig wirksam verpönt wegen des oben dargestellten Schutzreflexes. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass das federnde Dehnen den statischen Methoden gegenüber gleichwertig, wenn nicht sogar hochwertiger ist, vorausgesetzt, es wird behutsam weich und nicht ruckhaft gefedert. Vor allem beim aktiven federnden Dehnen sieht man Vorteile koordinativer Art, zudem findet im Agonisten (also dem Muskel, der die Dehnung bewirkt) gleichzeitig eine Kräftigung statt. Dosierung des Dehnreizes: In der Dehnposition über ca. 20-30 Sekunden weich federn und diesen Vorgang pro Muskelgruppe mindestens 3-mal wiederholen.

7.3.2 Passives statisches Dehnen (Stretching) Bei dieser Methode wird das Gelenk mittels Schwerkraft oder Partnerhilfe oder Muskeln, die nicht unmittelbare Gegenspieler sind, in die Endstellung gebracht und in dieser Position gehalten, wobei durch bewusste Atmung jegliche Verkrampfung vermieden werden sollte. Dauer der Dehnphase 20-30 Sekunden bei mindestens 3 Wiederholungen pro Muskelgruppe.

7.3.3 Anspannungs-Entspannungs-Dehnen (CHRS = contract, hold, release, stretch)

Auf eine maximale Anspannungsphase des zu dehnenden Muskels, die etwa 3-5 Sekunden gehalten werden sollte, erfolgt eine plötzliche Entspannung und eine anschließende statische Dehnung. Diese Methode nützt die postisometrische Hemmung im zu dehnenden Muskel aus. Dauer der Dehnphase: 20-30 Sekunden, bei mindestens 3 Wiederholungen pro Muskelgruppe.

7.3.4 Aktives statisches Dehnen Der zu dehnende Muskel wird durch Kontraktion seiner Antagonisten (Gegenspieler) aktiv in eine Dehnstellung gebracht. Dadurch wird der Muskel reflektorisch gehemmt (reziproke Hemmung) und setzt dem Dehnreiz weniger Widerstand entgegen. Die Intensität der Dehnung hängt dabei auch von der Kraft des Antagonisten ab. Dauer der Dehnphase: 10-20 Sekunden bei mindestens 3 Wiederholungen pro Muskelgruppe. (Die Angaben zu Intensität, Dauer und Umfang der unterschiedlichen Dehnungsmethoden beruhen auf Erfahrungswerten, es gibt dazu keine wissenschaftlich gesicherten Daten.)

7.4 Welche Effekte ergeben sich durch das Dehnen? Aufgrund neuerer Untersuchungen gilt die ältere Theorie, die davon ausgeht, dass sich die Sarkomerstrukturen durch Dehnen bzw. Kräftigen in ihrer Länge verändern d.h. der Abstand zwischen den Z-Scheiben eines Sarkomers länger bzw. kürzer wird, und die Summation dieser Effekte dann zur Verlängerung bzw. Verkürzung der Muskulatur führt, als überholt. Wie die Erfahrung zeigt, kann mittels der unterschiedlichen Dehntechniken die Bewegungsamplitude in den Gelenken erweitert werden. Hier werden nach den entsprechenden Untersuchungen allen Dehntechniken in etwa gleich gute Effekte zugeschrieben. Für die Erklärung dieser Effekte gibt es jedoch keine eindeutige Begründung, sondern sie beruht derzeit auf drei unterschiedlichen Positionen.

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7.5 Was muss beim Dehnen beachtet werden? Grundsätzlich gilt für alle Dehntechniken: Nur so weit dehnen, dass keine Schmerzen auftreten, d.h. solche Dehnstellungen einnehmen, in denen das Dehngefühl noch angenehm ist. Ein leichtes Ziehen in der Muskulatur ist erlaubt. Man muss ein gutes Körperbewusstsein entwickeln. Bei passivem Dehnen mit Hilfe eines Partners muss behutsam vorgegangen werden und die beiden Partner müssen sich gut verständigen. Wichtig beim Dehnen ist, dass man sich dabei entspannt und eine Pressatmung vermeidet. Die Angaben zur Dosierung beruhen auf Erfahrungswerten. Vor dem Dehnen ist eine angemessene Erwärmung erforderlich.

7.6 Wann dehnen? Dehnübungen dienen der langfristigen Vorbereitung einer sportlichen Betätigung, um die dafür erforderliche Bewegungsweite zu erreichen. Die Dehngymnastik sollte pro Woche 2-3 Mal während mindestens 15 Minuten im Trainingsplan eingeplant sein. Will man die Flexibilität in bestimmten Bereichen gezielt verbessern, so wäre es am besten, täglich zu dehnen. Im Erwärmungsprogramm, also zur unmittelbaren Vorbereitung auf einen Wettkampf, ist ein federndes Dehnen einem intensiven statischen Dehnen gegenüber günstiger, da hiermit koordinative Effekte verbunden sind und die Muskulatur besser gelockert wird. Ob und in welcher Intensität in der Erwärmungsphase gedehnt wird, hängt auch von der sportlichen Disziplin ab. Bei schnellkräftigen Disziplinen ist ein intensives statisches Dehnen z.B. ungünstig wegen des so genannten „Creeping Effektes“, der eine schnellkräftige Kraftentfaltung beeinträchtigt. Am Ende des Wettkampfes oder Trainings gehört ein nicht zu intensives Dehnen nach aktiven Erholungsmaßnahmen wie Auslaufen etc. mit zu den regenerativen Maßnahmen, da es psychisch entspannend wirkt. Große Bedeutung wird dem Dehnen nach dem Krafttraining beigemessen, da es nach der Kräftigung zu Beweglichkeitseinbußen kommt. Diese sollen durch Dehnung ausgeglichen werden. Das Auftreten eines so genannten Kontraktionsrückstands nach dem Krafttraining ist wissenschaftlich jedoch nicht belegt. Frisch verletzte Muskeln dürfen nicht gedehnt werden, solange die Gefahr einer Verschlechterung der Verletzungsfolgen besteht. Quelle: BACH, Institut für Sportwissenschaft Universität Hannover (2005). Literatur: ANDERSON, Stretching, Fulda 1982 FREIWALD, Aufwärmen im Sport, Reinbek 1991 FREIWALD/ENGELHARDT, Beweglichkeit und ihre Einschränkungen. Vor Training und Therapie Faktoren genau analysieren, in: Sport und Medizin, 6,5 327-336 (1996) FÜRST, Titin, ein molekularer Gigant regiert im quergestreiften Muskel, in: Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin 7+8 (1999), 218-222 KLEE, Haltung und muskuläre Balance und Training, Bamberg 1994 PREIBSCH/REICHARDT, Schongymnastik, München 1992 SCHNACK, Intensivstretching und Ausgleichsgymnastik, Köln 1992 SPRING et al, Dehn- und Kräftigungsgymnastik WIEMANN/KLEE; Die Bedeutung von Dehnen und Stretching in der Aufwärmphase vor Höchstleistungen, in: Leistungssport 4, 5-8 (2000) WYDRA, Kurzfristige Effekte verschiedener singulärer Muskeldehnungen, in: Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 1/99, 10-16