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SPORTS GOLF JOURNAL 68 AUGUST 2016 DER STAMMGAST SCHLÄGT ZU

sports - Henrik Stenson · Es kann halt nicht jeder liefern wie Henrik Stenson. IG Vom Höhenflug weit entfernt: Die deutschen Starter konnten bei der BMW International Open nur selten

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DErstAMMGAst

sCHLÄGt ZU

s ist schon eine respektable Leistung, Spit-zenkräfte direkt nach einer US Open zu der BMW International Open zu lotsen. Bei dem Major ging es wie immer um viel Ruhm und Ehre, und die zehn Millionen Dollar Preisgeld waren nun auch kein Klacks. Die Verantwort-lichen des deutschen Traditionsturniers mussten erhebliche Überzeugungsarbeit leis-ten, um Profis wie Sergio Garcia (Spanien), Danny Willett (England) oder Henrik Stenson (Schweden) ins Rheinland zu locken. Schließ-lich steigt die Weltklasse nach einem Major ungern in den Flieger zu einem Event mit ei-ner Gesamtausschüttung von zwei Millionen Euro. Die Stars wurden also mit einem Rund-um-Sorglos-Paket während der Turnierwo-che geködert, versüßt durch eine Antrittsgage und/oder einer Zuwendung in Form einer hochmotorisierten Luxuskarosse. So läuft der internationale Profi-Zirkus, und nicht anders.

Stenson, der bei dem bayerischen Auto-mobilkonzern eine Art Sonderstellung inne-hat, ist sich der Vorteile, die ihm und einem kleinen Teil seiner Tour-Kollegen eingeräumt werden, durchaus bewusst. Das Wort »ver-wöhnt« kommt ihm häufiger über die Lippen. Der Schwede mit seinen stattlichen 1,87 Me-ter und den breiten Schultern wurde in Köln wie ein Popstar gefeiert – nicht nur von den Fans. Besonders erstaunlich war es, dass Per-sonen, die schon seit Jahren in die Turnierab-wicklung involviert sind und gerne distanziert auftreten, bei einer Begegnung mit Stenson flugs zu Groupies mutierten. Das überraschte selbst den skandinavischen Stammgast.

GELIEFERT

Der Weltklassespieler hat sich die erhöhte Aufmerksamkeit redlich verdient. Sein Auf-treten ist stets vorbildlich, und, was ihn von der oft launischen Konkurrenz unterscheidet: Er liefert! Stenson beschwert sich nicht über amateurhaftes Zuschauerverhalten, Stenson jammert nicht wegen der Zeitumstellung, Stenson bleibt bei sinnfreien TV-Interviews gelassen, und Stenson meistert auch die teils grotesken »Off the course«-Promotions-Ter-mine bravourös. Ehrensache, wenn man schon fürs Kommen fürstlich entlohnt wird. Doch er brilliert auch in seinem Job, sprich: auf dem Platz. Seit 2011 ist er jährlich in Köln oder München dabei – sein schlechtestes Er-gebnis war 2013 ein zehnter Platz. In den ver-gangenen beiden Jahren musste er sich je-weils mit dem zweiten Platz begnügen, und wer den Vollblutsportler Stenson nur etwas

kennt, dem ist klar, dass ihn knappe Nieder-lagen in Rage versetzen. 2016 reiste er trotz kleiner Blessuren im Knie und im Nacken mit nur einem Ziel an: Sieg.

Für einen Ausnahmekönner wie ihn war die Durststrecke von 18 Monaten ohne Titel (zuletzt im Dezember 2014, DP World Tour Championship) unerträglich. Er setzte sein Vorhaben unter schwierigen Bedingungen in die Tat um. Nach zwei Tagen lag er in geteilter Führung, am dritten Tag hatte er – wie viele andere auch – wegen Dauerregens frei, sodass er am Finaltag gleich 36 Löcher absolvieren musste. Keine einfache Sache für einen 40-Jährigen, den man allgemein als »Iceman« bezeichnet. Was so nicht stimmt: In Wirklich-keit brodelt es in ihm, Stenson ist ein Heiß-sporn. Gerade für ihn war es eine enorme Herausforderung, über zwei Runden an ei-nem Tag die Konzentration oben zu halten und nicht die Geduld zu verlieren.

ZEHN JAHRE NACH SEINEM ERSTEN SIEG HAT HENRIK STENSON DAS EUROPEAN-TOUR-EVENT ERNEUT GEWONNEN. ENDLICH, DENN DER SCHWEDE GEHÖRT LÄNGST ZUM »BIO«-INVENTAR

BWM International Open 2016

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Erstmals in der Geschichte der European Tour waren Zwillinge gleichzeitig am Start: Jeremy und Yannik Paul von Bundesligist GC Mannheim-Viernheim. Die Top-Amateure und Mitglieder des Golf Team Germany wurden vom Deutschen Golf Verband für das Feld nominiert. Jeremy belegte am Ende den geteilten 56. Platz. Der 22-Jährige ist Mitglied des Golf-Teams der University of Colorado, nach seinem Studium wird er 2017 ins Profi-Lager wechseln.

Jeremy Paul

Yannik Paul

Es klappte, auch dank Gareth Lord. Der routinierte Caddie verwickelte seinen Chef auffallend häufig in Gespräche – ein gelunge-nes Ablenkungsmanöver. Denn in den ent-scheidenden Momenten war Stenson parat, er machte Birdies, wenn möglich, und er ret-tete, wenn nötig. Der Schwede hatte am Schlusstag eigentlich immer die richtige Ant-wort. Nach Paul Azinger (USA), Thomas Bjørn (Dänemark) und Pablo Larrazábal (Spanien) ist er Profi Nummer vier, der die BIO zwei Mal gewinnen konnte. In die Geschichtsbücher trug er sich zudem ein, weil er der erste Spieler ist, dem dieses Kunststück auf zwei verschie-denen Plätzen gelungen ist. »Nach den zwei-ten Plätzen 2014 und 2015 ist das ein süßer Titel«, so Stenson. Garcia und Bernd Wiesber-ger durften mit Platz fünf und sieben ebenfalls ein positives Fazit ziehen. Willett, als Masters-Sieger angereist und BIO-Gewinner 2012, scheiterte am Cut.

DEUTSCHE ACHTERBAHNFAHRT

Bei den deutschen Teilnehmern fiel die Bilanz eher unterschiedlich aus. Die beste Leistung zeigte Challenge-Tour-Spieler Bernd Rittham-mer als 16. Alex Cejka, der seit zwei Jahren wie-der eine feste Größe auf der PGA Tour ist, zeig-te bei seinem Gastspiel im Rheinland als 45. wenig Spektakuläres. Amateur Jeremy Paul durfte sich über den Cut und Rang 56 freuen.

Enttäuschend waren dagegen die Auftrit-te der Lokalgrößen Maximilian Kieffer und Marcel Siem. »Kiwi« rutschte mit fremden Schlägern (sein Material ging auf dem Rück-flug von der US Open verloren) knapp am Cut vorbei. Und Siem? Totalausfall mit elf über Par. Es kann halt nicht jeder liefern wie Henrik Stenson. I G

Vom Höhenflug weit entfernt: Die deutschen Starter konnten bei der BMW International Open nur selten überzeugen. Alex Cejka, der extra aus den USA zum rheinländischen Gastspiel angereist war, agierte unspektakulär. Bernd Ritthammer, der vorwiegend auf der Challenge Tour spielt, überzeugte mit einem 16. Platz. Die Lokalmatadoren Maximilian Kieffer und Marcel Siem zeigten nicht im Ansatz Normalform, beide scheiterten am Cut (im Uhrzeigersinn)

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