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WAS ERWARTET SIE IN DIESER AUSGABE? SPÄTLESE www.magazin-spätlese.net DAS MAGAZIN FÜR AUFGEWECKTE SENIORINNEN Die neue Ausgabe des Senioren- Magazins „Spätlese” ist online unter: www.magazin-spätlese.net verfügbar. Die Leserinnen und Leser kön- nen sich auf interessante und lesenswerte Themen freuen. Die ehrenamtlichen Autoren haben sich auch in dieser Ausgabe be- müht, für jeden Geschmack et- was anzubieten. Gleichzeitig möchten wir allen Leserinnen und Lesern ein Fro- hes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr wün- schen. Für Ihre Treue bedanken sich die Redaktion und alle Au- toren recht herzlich. Tag der Regional- und Heimatge- schichte, Thema:“Zur Kirchenge- schichte von Marzahn-Hellersdorf“ Mit der IGA-Seilbahn übers Wuhle- tal schweben ICE 4 vorgestellt IFA: Ein Staubsauger, der mal keinen Lärm macht Die 27. Berliner Märchentage „erwachen“ So viel Luther steckt im Weih- nachtsfest -und warum der Tannen- baum nicht dazu gehört Ein stimmungsvoller Abend „…up Plattdütsch“ Zur Geschichte der Feuer- bestattung Die wechselvolle Geschichte der Finckensteinallee 63 – Teil II Uganda – eine Runde rum, Teil I Die nächste Grippewelle kommt bestimmt Nächtliche Muskelkrämpfe Bei den Dichtern gestöbert… Die Feuerwalze November Negativer - positiver Tag Es wird kalt Am Rande erlebt Jahreswende Herbstleuchten Wie wichtig ist die Freundschaft im Leben? Herkules Stadtführer: „Polnisches Berlin“ Ausgabe November - Dezember 2016 22 Jahre Inhalt der Ausgabe Christa-Dorit Pohle berichtet über ein Randerlebnis und über die Freundschaft. Ursula A. Kolbe berichtet über die IFA, fuhr mit der IGA-Seilbahn, besuchte eine Veranstaltung in MV und schreibt über die Berliner Märchentage. Waltraud Käß be- schäftigt sich mit der Kadetten- anstalt, dem Tag der Regional- und Heimatgeschichte und stö- berte bei den Dichtern. Rudolf Winterfeldt erinnert sich an ein Erlebnis bei einem Wald- brand. Verschiedene Autoren be- richten über eine Reise nach Uganda, über die Geschichte der Feuerbestattung und über den Herbst. www.magazin-spätlese.net 2 2 3 4 5 7 8 9 10 12 14 14 15 16 17 17 18 18 19 20 20 21 23

SPÄTLESE · Ausgabe November - Dezember 2016 22 Jahre Inhalt der Ausgabe Christa-Dorit Pohle berichtet ... ter der Nr. 0171-1960 056 oder per Mail unter w ebmas - [email protected]

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W A S E R W A R T E T S I E I N D I E S E R A U S G A B E ?

SPÄTLESE www.magazin-spätlese.net

DA S M A GA Z IN FÜ R A U FG E W E CK T E S EN I OR I N N E N

Die neue Ausgabe des Senioren-Magazins „Spätlese” ist onlineunter:www.magazin-spätlese.netverfügbar.

Die Leserinnen und Leser kön-nen sich auf interessante undlesenswerte Themen freuen. Dieehrenamtlichen Autoren habensich auch in dieser Ausgabe be-müht, für jeden Geschmack et-was anzubieten.

Gleichzeitig möchten wir allenLeserinnen und Lesern ein Fro-hes Weihnachtsfest und einenguten Rutsch ins neue Jahr wün-schen. Für Ihre Treue bedankensich die Redaktion und alle Au-toren recht herzlich.

Tag der Regional- und Heimatge-schichte, Thema:“Zur Kirchenge-schichte von Marzahn-Hellersdorf“

Mit der IGA-Seilbahn übers Wuhle-tal schweben

ICE 4 vorgestellt

IFA: Ein Staubsauger, der malkeinen Lärm macht

Die 27. Berliner Märchentage„erwachen“

So viel Luther steckt im Weih-nachtsfest -und warum der Tannen-baum nicht dazu gehört

Ein stimmungsvoller Abend „…upPlattdütsch“

Zur Geschichte der Feuer-bestattung

Die wechselvolle Geschichte derFinckensteinallee 63 – Teil II

Uganda – eine Runde rum, Teil I

Die nächste Grippewelle kommtbestimmt

Nächtliche Muskelkrämpfe

Bei den Dichtern gestöbert…

Die Feuerwalze

November

Negativer - positiver Tag

Es wird kalt

Am Rande erlebt

Jahreswende

Herbstleuchten

Wie wichtig ist die Freundschaft imLeben?

Herkules

Stadtführer: „Polnisches Berlin“

Ausgabe November - Dezember 2016 22Jahre

Inhalt der Ausgabe

Christa- Dorit P ohle berichtetüber ein Randerlebnis und überdie Freundschaft.

Ursula A. Kolbe berichtet über dieIFA, fuhr mit der IGA-Seilbahn,besuchte eine Veranstaltung inMV und schreibt über die BerlinerMärchentage. Waltraud Käß be-schäftigt sich mit der Kadetten-anstalt, dem Tag der Regional-und Heimatgeschichte und stö-berte bei den Dichtern.

Rudolf Winterfeldt erinnert sichan ein Erlebnis bei einem Wald-brand. Verschiedene Autoren be-richten über eine Reise nachUganda, über die Geschichte derFeuerbestattung und über denHerbst.

www.magazin-spätlese.net

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T A G D E R R E G I O N A L - U N D H E I M A T G E S C H I C H T ET H E M A : “ Z U R K I R C H E N G E S C H I C H T E V O N M A R Z A H N - H E L L E R S D O R F “von Waltraud Käß

TH E MA : A U S D E M B E Z IR K

Wir von der Redaktion „Spätlese“ möch-ten unsere Leser darüber informieren,dass der Heimatverein Marzahn-Hellersdorf e.V. in Zusammenarbeit mitdem Bezirksmuseum auch in diesemJahr den Tag der Regional- und Heimat-geschichte durchführen wird.Die Veranstaltung wird am 5. November2016 in der Zeit zwischen 10.00-16.00Uhr in der Jesuskirche Kaulsdorf, gele-

gen im Dorfkern auf dem Angerin Alt-Kaulsdorf, durchgeführt.Der Eintritt ist frei und in derMittagspause gibt es die Mög-lichkeit, einen kleinen Imbisseinzunehmen. Für die Organisa-toren wäre es hilfreich, wennsich interessierte Besucher un-ter der Nr. 0171-1960 056 oderp e r M a i l u n t e r w e b m a s -ter@h eimat ve rein- m ar zah n. deanmelden würden.Auf dem Programm stehen sehrinteressante Vorträge u.a. zufolgenden Themen:4 Reformation in Brandenburg4 Die Marzahner Kirchenunion

von 1832/354 Der Pfarrer Adalbert Hose-

mann4 S a n k t M a r t i n Ka u ls d o r f -

Mahlsdorf – die erste katholi-sche Kirche nach der Refor-

mation4 Die evangelische Kirche und

das NS-Regime4 Der staatliche Umgang mit

den Kirchen in den 1950-erJahren

4 Das Pfarrerehepaar Gundulaund Anselm Tietsch

4 D i e e v a n g e l i s c h eKirchengemeinde Hellersdorfin den 1980-1990-er Jahren

Darüber hinaus besteht dieMöglichkeit, auch das Turmmu-seum mit Darstellungen zur his-torischen Kirchengeschichte zubesichtigen. Ein aufschlussrei-ches Kapitel Heimatgeschichtewird hier dargeboten, welchesso noch nicht bearbeitet wurde.Über die Veranstaltung werdenwir in d er A usgabe Janu-ar/Februar 2017 berichten.

Bild: Waltraud Käß

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M I T D E R I G A - S E I L B A H N Ü B E R S W U H L E T A L S C H W E B E Nvon Ursula A. Kolbe

TH E MA : A U S D EM B E Z IR K

Bild: Hans-Jürgen Kolbe

Die Zeit rückt immer näher. Unter demMotto „Ein MEHR an Farben“ wird Ber-lin nächstes Jahr in Marzahn-Hellersdorf Austragungsort des größtenGartenfestivals Deutschlands werden.Dann lädt vom 13. April bis 15. Oktober2017 die erste Berliner InternationaleGartenschau an 186 Tagen in eine bisdahin entstehende wunderschöne Park-landschaft um die Gärten der Welt undden Kienbergpark ein. Zu einem span-nenden Erlebnis war schon die ersteProbefahrt mit der künftigen IGA-Seilbahn geworden. An der Station„IGA-Auftakt“ gegenüber der U-Bahn-Station Neue Grottkauer Straße derLinie U5 (ab BVG-Fahrplanwechsel11.Dezember 2016: Kienberg - Gärtender Welt) ging es los, um in 300 MeterHöhe auf einer 1,5 km langen Streckebarrierefrei über das rund 100 Hektargroße Ausstellungsgelände zu schwe-ben. Von dieser U-Bahnstation hat manübrigens eine nahtlose Anbindung indie Innenstadt bis zum S- und U-Bahnhof Alexanderplatz. Wir schweben

über das Wuhletal. Unteruns die Wasser- und The-mengärten der IGA, habendas viele Grün von Marzahnund Hellersdorf vor Augen,umrahmt von den Hoch-hauskulissen im Hinter-grund. In den 65 Gondelnkönnen bis zu 3.000 Passa-giere die pro Stunde undRichtung befördert werden,aus der Vogelperspektiveall diese Eindrücke aufnehmen,kommen auf den 102 Meter ho-hen Gipfel des Kienbergs undnach einem Zwischenstopp ander Seilbahn-Station Wolken-hain dann hinunter in die Gär-ten der Welt. Bei diesem Pro-jekt handelt es sich um das der-zeit größte urbane Seilbahnvor-haben in Deutschland.IGA-Ticket Vorverkauf in vollemGangeDie Weihnachtszeit naht, wiewär’s auch mit einem IGA-Ticket

als Präsent für den Gabentisch?Denn der Vorverkauf über dieI GA - I n te rn et- S ei te ww w. ig a-berlin-2017.de sowie an ausge-wäh lten Kassen der Grün-Parkanlagen ist schon in vollemGange. Demnächst können IGA-Eintrittskarten auch in den Kun-denzentren der S-Bahn und derBVG sowie an weiteren Vorver-kaufsstellen in Berlin und Bran-denburg erworben werden. Eineregelmäßig aktualisierte Liste

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mit Vorverkaufsstellen und deren IGA-Sortiment finden Sie unter www.iga-b e r l i n -2017.de/service/vorverkaufsstellen.Das Besondere: In allen Kartenpreisensind die Panoramafahrten mit der Seil-bahn bereits enthalten. Die IGA-Tageskarte für Erwachsene kostet 20 Eu-ro. Ermäßigt 18 Euro, für Kinder bis zusechs Jahren kostenlos. Kinder und Ju-gendliche bis 17 Jahren zahlen fünf Euroam Tag. Den vergünstigten Eintritt von 10Euro am Tag erhalten Berliner mit gerin-gem Einkommen unter Vorlage des„berlinpasses“. Die IGA-Dauerkarte fürErwachsene kostet 90 Euro und wird miteinem Lichtbild versehen (Sie werden ander Kasse fotografiert). Wenn Sie GrünBerlin-Jahreskartenbesitzer sind, profi-tieren Sie sogar vom Grün-Berlin-Sondertarif mit einem Rabatt von 40 Eu-ro. Der Preisvorteil gilt sowohl für die2016er als auch für die 2017er Jahres-karte von Grün Berlin. Werktätige undSpätaktive können den Tag ab 17 Uhr aufder Gartenausstellung ausklingen lassen:Das Abendticket für 10 Euro berechtigtzum einmaligen Eintritt und gilt von Sonn-tag bis Donnerstag.Seilbahn-Kabine „auf Deutschland-Tour“

Schon jetzt im Vorfeld soll eine„Roadshow“ das inmitten der Großstadtentstehende Festival der internationalenGarten- und Landschaftskunst Neugierdeauf eine neue Parklandschaft zum Erkun-den, Verweilen und Erleben wecken. Woauch zeitgenössische Gärten aus fünfKontinenten, weitläufige Wiesen, Wasser-gärten und Waldwege, ein spektakuläresAussichtswerk mit Sichtachsen zum Fern-sehturm und ins Berliner Umland, Open-Air-Konzerte auf einer Freilichtbühne zuunvergesslichen Erlebnissen einladen.Die von der Berliner Agentur Team Bern-

stein inszenierte Ausstellungs-Kabine ist mit einem gläsernenBoden ausgestattet, unter derein Film den Überflug über dasIGA-Gelände aus rund 25 MeterHöhe täuschend echt simuliert.Die Panoramafahrt führt hinaufauf den rund 100 Meter hohenGipfel des Kienbergs und nacheinem Zwischenstopp an derSeilbahn-Station „Wolkenhain“weiter bis in die Gärten derWelt. Dies alles verspricht eineungewöhnliche Erfahrung in derStadt, wie es sonst eigentlichnur in den Bergen zu erleben ist.Die Seilbahn-Kabine reist u. a.von Berlin nach Dresden undnach Hamburg. Den Auftakt hat-te im September schon die In-notrans - Messe für Verkehrs-technik in Berlin gegeben. Da-nach reiste sie zum Tag derDeutschen Einheit nach Dresdenund kehrte dann pünktlich zumIGA-Herbstfest am 16. Oktoberin die Gärten der Welt zurück.Sie wird auf öffentlichen Plätzenim Rahmen von Stadtfesten,Konzerten und Festivals Haltmachen, wo sie zum Einsteigenund simulierten Mitfahren ein-lädt. 2017 geht es dann auf Tourin den Harz, an die Ostsee unddurch das Land Brandenburg.Auch der Countdown zur IGA-Werbekampagne hat begonnen.Startschuss für die Werbung mitGesichtern der Großstadt undberlintypischen Motiven war ander Marzahner Bockwindmühle.Krönender Abschluss der Gärtender Welt-Saison 2016Der krönende Abschluss der

Garten-Saison für dieses Jahrwar das Herbstfest am 16. Okto-ber – mit geführten Touren überdie Baustelle, Aktionen, Infosund Gesprächen zu Planungenund Projekten der IGA sowie An-geboten für Familien und mehr.Jetzt laufen in den Gärten derWelt die letzten Umbaumaßnah-men und landesarchitektoni-schen Aufgaben für die Interna-tionale Gartenausstellung. Am13. April 2017 fällt der Start-schuss für die IGA. Dann schwe-ben auch nach fast 60 Jahrenwieder Gondeln über BerlinerBoden. So wie damals 1957 zurInternationalen Bauausstellungauf einer 1,4 km langen Trassevom Bahnhof Zoo zum SchlossBellevue. Noch ein Wort zumBauherren und Betreiber derIGA-Seilbahn, der LEITNER AG.Die Seilbahnsysteme von LEIT-NER ropeways sind weltweit imEinsatz und erfüllen unter-schiedliche Aufgaben mit nach-haltigem Erfolg. Sie bringenMenschen zu touristischen Se-henswürdigkeiten und helfen, imurbanen Bereich Verkehrsprob-leme zu lösen. Das aus Südtirolstammende Unternehmen inves-tierte 14 Millionen Euro in dasurbane, umweltfreundliche undbarrierefreie Verkehrsmittel .LEITNER-Aufsichtsrats-präsidentMichael Seeber ist überzeugtdavon, dass die IGA-Seilbahneinen wichtigen Beitrag zum Er-folg dieser IGA in Berlin leistenkann. Auch nach ihrem Ende sollsie weiter betrieben werden, vor-erst für weitere drei Jahre.

I C E 4 V O R G E S T E L L T von Edelgard Richter

TH E MA : P O LI T IK , W I RT S C H AF T , S OZ I AL E S

Pünktlich rollte er auf Gleis 2 des BerlinerHauptbahnhofs ein: Der ICE 4. Dr. RüdigerGrube, Vorstandsvorsitzender der Deut-schen Bahn (DB), und AlexanderDobrindt, Bundesminister für Verkehr unddigitale Infrastruktur, präsentierten am14. September 2016 den neuen ICE 4 derÖffentlichkeit.„Der ICE 4 startet eine neue Ära. Er istdas Rückgrat unseres zukünftigen Fern-

verkehrskonzepts. Bis 2030werden wir unser Fernverkehrs-angebot um 25 Prozent aus-bauen und mehr Städte undRegionen miteinander verbin-den.“, erklärte Dr. Grube inAnwesenheit von Berthold Hu-ber, DB-Vorstand Verkehr undTransport, sowie Birgit Bohle,Vorstandsvorsitzende DB Fern-

verkehr AG, und Dr. RolandBusch, Mitglied des Vorstandsder Siemens AG. Tatsächlichverfügt der neu konzipierte Zugüber mehr Sitzplätze pro Wag-gon, ohne dass die Beinfreiheiteingeschränkt wird. Mehr Platzgibt es auch für Koffer und Ta-schen in der Nähe der Sitzplät-ze, die nicht mehr in den obe-

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ren Staufächern untergebracht werdenkönnen, denn die meisten Reisendenwollen ihr Gepäck im Auge behalten. Biszu acht Fahrräder können mitgenommenwerden, was in den bisherigen ICE nichtder Fall war. Dafür ist jedoch eine kos-tenpflichtige Reservierung erforderlich.Des weiteren verfügt der ICE 4 über vierRollstuhlplätze, die über zwei Hublifte

erreicht werden können. Es gibteinen Familienwagen für Reisen-de mit Kindern und einen Ruhe-wagen, in dem die Benutzungvon Handys und Smartphonesnicht gestattet ist. Die Klimaan-lage wurde mit zwei getrenntenKreisläufen versehen, so dass esin Zukunft nicht mehr zu einemTotalausfall kommen kann. Sieist ausgelegt für einen Bereichvon minus 25 Grad bis plus 45Grad Celsius. Der ICE 4 wirdetwas langsamer als seine Vor-gänger durch die Lande fahren,kann aber eine Höchstgeschwin-digkeit von 250 km/h erreichen.Beim Generalunternehmen Sie-mens, das mit Bombardier zu-sammenarbeitet, hat die Deut-sche Bahn in einer ersten Tran-che 130 Züge bestellt. Der Auf-

trag umfasst ein Volumen vonrund 5,3 Milliarden Euro und istdie größte Investition in der Ge-schichte Bahn für Fahrzeuge.Bevor der ICE 4 im Dezember2017 im regulären Betrieb ein-gesetzt wird, geht dem einemehrmonatige Einführungspha-se voran um unter realenEinsatzbedingungen die Zuver-lässigkeit der Technik und derSysteme zu prüfen. Deshalb wer-den zwei ICE 4-Züge ab Spät-herbst 2016 auf der StreckeHamburg- H an nover- Nürnberg-München vereinzelt eingesetztIm Jahr darauf kommen dannweitere Strecken hinzu und essoll Berlin, das Ruhrgebiet undZiele in der Schweiz und in Ös-terreich angefahren werden.

Bild: Bernd Kasper / pixelio.de

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I F A : E I N S T A U B S A U G E R , D E R M A L K E I N E N L Ä R M M A C H Tvon Ursula A. Kolbe

TH E MA : P O LI T IK , W I RT S C H AF T , S OZ I AL E S

Bild: Messe Berlin GmbH

Auf der diesjährigen InternationalenFunkausstellung (IFA) in den Messehal-len unter dem Berliner Funkturm bliebMiele buchstäblich auf dem Teppich.Der breit aufgestellte Produzent vonHausgeräten wie Herden, Staubsau-gern, Backöfen oder Wäschetrocknerstellte ein wichtiges Messe-Highlightvor – persönlich fühlte ich mich daschon angesprochen. Und zwar ging esum den Blizzard CX1, einen beutellosenStaubsauger. Dieser sei kraftvoll, leiseund bietet überlegenen Bedienkomfort,hob Dr. Markus Miele, Geschäftsführen-der Gesellschafter, heraus. Vor allembei der hygienischen Entleerung setzeder Blizzard neue Maßstäbe. Es klingeschon ein wenig paradox, sagte er beider Präsentation, dass sich überall aufder Welt Menschen um die Feinstaubbe-lastung der Luft sorgten. Doch dieS taubw olke b eim Entleeren von„BaglessVacs“ scheine deren Nutzernwenig auszumachen. Ebenso die oft mä-ßige Saugleistung und den hohen Ge-r ä u s c h p e g e l h e r k ö m m l i c h e r„Beutelloser“. Ja, der Geräuschpegel,der Rasenmäher lässt grüßen… Dieseund weitere bauartbedingten Schwä-chen gehören nun der Vergangenheitan, so die Botschaft. Die hohe Reini-gungsleistung bei zugleich unaufdringli-

chem Betriebsgeräusch (!)werde durch besondersströmungsgünstige Luftfüh-rung erreicht. Eine deutli-che geringere Verbreitungvon Feinstaub sei dadurchsichergestellt, dass beimBlizzard nur die grobenSchmutzpartikel im Behäl-ter landen. Preis ab 319Euro. Nur eines von vielenMesse-Neuheiten in 2016.Denn mehr Aussteller und Inno-vationen denn je stimmen Han-del und Industrie außerordent-lich positiv. Erstmals präsen-tierten auf der IFA 1.823 Aus-steller (+13%) auf einer vermie-teten Ausstellungsfläche von158.000 (+5%) Quadratmeternihre neuesten Produkte. Miteinem erwarteten Ordervolumenvon 4,5 Mrd. Euro und 240.000Besuchern endete die weltweitbedeutendste Messe für Consu-mer und Home Electronics. Esgab zwar einen Ausstellerre-kord, doch die Besucherzahlenkonnten nicht gesteigert wer-den. Mit 240.000 Besuchernwaren 5.000 weniger als 2015in die Messehallen gekommen.

IFA Keynotes smarter denn jeVon der smarten Küche, über dasvernetzte Auto bis hin zu virtuel-len Realitäten und IoT – die Per-sönlichkeiten der IFA Keynotes2016 sind die Treiber der digita-len Evolution wie Revolution.BSH-Chef Dr. Karsten Ottenbergpräsentierte den Küchenelf My-kie. Ein niedlicher Roboter, derbald auf dem Küchentisch ste-hen und gute Ratschläge gebenkönnte. 2017 soll er in die Kü-chenwirklichkeit überführt wer-den, um von anderen vernetztenHausgeräten und den Menschenzu lernen. Mit `meconnect Con-cierge Service‘, `Motion Sea-t i n g ‘ , ` C o m m u n i t y -

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basedParking‘ und `smart readytodrop’stellte Dr. Dieter Zetsche, Vorstands-vorsitzender der Daimler AG und LeiterMercedes-Benz Cars, das Auto als Qua-lity Time Machine vor. Mit diesen Funk-tionen könne die Zeit im Auto auch zumArbeiten genutzt werden. Für Mark Pa-permaster, CTO von AMD ist VirtualReality der logische Fortschritt einerEntwicklung, die sich vom Radio übersFernsehen bis hin zu Computern unddigitaler Vernetzung vollzogen hat. Wasnun bevorstehe, sei der „Pfad zu wahrervirtueller Präsenz“. Das Internet derDinge (IoT) revolutioniert bereits denAlltag. Das belegte auch IBM WatsonIoT Managerin Harriet Green mit zahl-reichen Beispielen in ihrer Keynote.Green hatte Olli mit auf die Bühne ge-bracht, ein fahrerloses Auto in Klein-busgröße mit Elektroantrieb und zwölfSitzplätzen.Segment Smart Hoe erfolgreich etab-liertDer neue Ausstellungsbereich SmartHome erfreute sich großer Beliebtheitbei Besuchern und Medien. Auf 3.000Quadratmetern präsentierten über 40Aussteller aus 15 Ländern ihre neues-ten Produkte und Services rund um in-telligente Haussteuerung, beispielswei-se beim Licht, der Raumtemperaturoder Heizung, Energie-Management,Sicherheitssysteme, drahtlose Übertra-gungstechniken, Zugangskontrolle oderdie Einbindung von Robotern.IFA Tec Watch setzt neue MaßstäbeMehr als 70 Start Ups und 100 Unter-nehmen, Forschungsinstitute, Universi-täten und Verbände zeigten währendder Messetage, wohin die Reise geht:Das Zuhause der Zukunft, z. B. was sichin Forschungslaboren, in den Ideen-schmieden junger Startups, Unis, In-dustrieorganisationen und innovativenUnternehmen zur Marktreife entwi-ckelt. Top-Trendthemen wie SmartesWohnen, Virtual Reality, UHD und Star-

tups waren dabei große Publi-kumsmagneten.Neue Barrieren durch moderneHausgeräteAuch bei Waschmaschine, Ra-dio oder Backofen sind Sensor-tasten und Touchscreens aufdem Vormarsch. Der technischeFortschritt hat jedoch seineSchattenseiten: Immer mehrGeräte der Haushalts- und Un-terhaltungselektronik sind fürblinde und sehbehinderte Men-schen nicht bedienbar. Für siewird die Neuanschaffung einesbarrierefrei nutzbaren Elektro-gerätes zum Hindernislauf.Der Deutsche Blinden- und Seh-b e h i n d e r t e n v e r b a n d e . V .(DBSV) und die Bundesarbeits-gemeinschaft der Senioren-Organisation e. V. (BAGSO) hat-ten deshalb auf der IFA eineSonderausstellung organisiertsowie eine Fachveranstaltungzum Thema „Nutzbarkeit undBarrierefreiheit von Haushalts-und Unterhaltungselektronik.„Früher gab es Dreh- undDruckknöpfe, Kipp- und Schie-b e s c h a l t e r “ , s a g t D B S V -Präsidentin Renate Reymann.„Die waren leicht zu finden,beim Einstellen hörte ich dasDrehen und Einrasten, unddann wusste ich, ob die Wasch-maschine mit 60 oder 90 Gradwäscht.“ Moderne Sensortas-ten, Menüs und berührungs-empfindliche Flächen bzw.Touchscreens setzen dagegenallein auf den Sehsinn und sindinzwischen auch bei den Kü-chen- und Wohnzimmerhelfernder Mittelklasse Standard. Zuerwähnen ist hier, dass Unter-nehmen wie Miele, Samsung,Bosch und Siemens ihre barrie-

refreien Produkte präsentierthaben. Bedenken wir: Mit demdemografischen Wandel steigtdie Zahl von Menschen mit Be-hinderungen und dauerhaftenoder zeitweiligen Einschrän-kungen. In Deutschland lebenderzeit nach aktuellen Schät-zungen etwa sieben bis zehnMillionen Menschen mit einergravierenden Augenerkrankungund oft schwerwiegenden Fol-gen. Übrigens erhält diese The-matik neue Brisanz, denn aufeuropäischer Ebene liegt dererste Entwurf einer Richtliniezur Regelung der Konformitätbezüglich der Barrierefreiheitvon Waren und Dienstleistun-gen auf dem Europäischen Bin-nenmarkt vor. Die entsprechen-den Anforderungen müssendann von allen Herstellern um-gesetzt und auch von allenHändlern beachtet werden.Unterwww.elektrogeräte.dbsv.org istdas Anforderungspapier„Sehbehinderten- und blinden-gerechte Gestaltung von Haus-halts- und Unterhaltungselekt-ronik zu finden.Reif für die IFA war bereits imfünften Jahr das Motto derzweistündigen Touren für tech-nikbegeisterte Senioren. DieGuided Tour 60+ informiertewiederum über die aktuellstenProdukte und innovativen An-wendungen der Consumer undHome Electronics: Von neues-ten Fernsehern über Tabletsund intelligente Hörgeräte hinzu digitalen Gesundheitsmana-gern, auch smarte Rollatorenwaren dabei.

D I E 2 7 . B E R L I N E R M Ä R C H E N T A G E „ E R W A C H E N “von Ursula A. Kolbe

TH E MA : K U LT U R, K U N ST , W IS S E N S CH A FT

Märchen – ob selbst lesen, vorlesenoder im TV sehen, Kinderaugen leuch-ten, auch Erwachsene werden wiederklein und Träume groß. Und oft sindMärchen und Geschichten auch Wurzeln

der Literatur. Vielschichtig,tiefgründig. Die diesjährigen27. Berliner Märchentage ste-h e n u n t e r d e m M o t t o„Dornröschen erwacht…!“ Im

Mittelpunkt dabei die Heldin-nen aus Märchen und Sagen.Verbreitet steht das Bild vonMädchen und Frauen einer pas-siven, hilflosen Schönheit, die

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von einem männlichen Helden errettetwird. Dabei ist das Motiv der aktiv han-delnden Frau, die zum Beispiel ihrenMann rettet oder selbstbestimmt den zugewinnen versucht, den sie selbst heira-ten will, oder die an der Spitze einesHeeres reitet, die mit List und Klugheitihr eigenes und ihres Volkes Schicksalin die Hand nimmt, viel häufiger in denMärchen und Geschichten vertreten, alsdies im Bewusstsein der Gesellschaftverankert ist. In vielen weiblichen Mär-chen- und Sagengestalten spiegeln sichSchicksalsfrauen alter Religionen wi-der. Das Matriarchat war die Zeit derKulte der „Großen Mutter“, der Frucht-barkeits- und Muttergottheiten. Doch imVerlauf der Christianisierung wurde die-se Vielschichtigkeit zerstört, die lichtevon der dunklen Seite getrennt. Die kul-tischen Feste wurden zum Hexensabbat.Für die jetzigen Berliner Märchentagevon MÄRCHENLAND, Deutsches Zentrumfür Märchenkultur, öffnen Bibliothe-ken, Buchhandlungen, Schulen, Kon-zert- und Theaterhäuser, öffentlicheVerwaltungen und Botschaften vom 3.bis 20. November 2016 ihre Türen. ObKönigin, Walküre oder Prinzessin; obFee, Nixe oder Elfe; ob Kräuterfrau, Ma-gierin oder Hexe; ob Magd, Bauerntoch-ter oder Jägerin – während des Festivalswandeln wir auf den Spuren märchen-hafter Frauenfiguren aus Literatur,Kunst, Politik und Wirtschaft und schla-gen Brücken bis in die Gegenwart – zuden Powerfrauen, Super- und WonderWomen! Die Veranstaltungsreihe hatviele Facetten:Politiker erzählen Märchen2008 initiierte MÄRCHENLAND in Ko-operation mit der Stiftung Brandenbur-ger Tor Märchenstunden der besonderenArt. In der Reihe Politiker erzählen Mär-chen schenken Staatsmänner und- frau-en eine Stunde ihrer Zeit an Schulklas-

sen und lesen Märchen aus allerWelt. Dabei geht es um Mär-chen, die einen Bezug zum Berufbzw. zum politischen Ressortdes jeweiligen Gastes herstel-len. Anschließend besteht dieGelegenheit, Fragen zu stellenund herauszufinden, wie Politikgemacht wird. Die Kinder verlie-ren ihre Scheu vor den politi-schen Entscheidern und werdenangeregt, über aktuelle Ereig-nisse nachzudenken und Lösun-gen zu suchen.MÄRWERTSTUNDEIn dieser Reihe lädt Märchen-land erfolgreiche Unternehme-rInnen zu einem Wertschöp-fungsprozess der besonderen Artein. Märchen beflügeln diePhantasie. Sie ist die Grundlagefür alle Ideen, für Fortschrittund Entwicklung. ErfolgreicheUnternehmer lesen ein Märchenvor und erzählen anschließend,welche Werte ihr unternehmeri-sches Handeln prägen, welcheErfahrungen ihre Karriere beein-flusst haben und wie sie ihr„Erfolgsrezept“ fanden. Dannwird gemeinsam darüber disku-tiert, welche Werte Gesellschaftund Wirtschaft bestimmen soll-t e n . D i e MÄ RW E R TS T U N D Emöchte dem Publikum Mut ma-chen, innovativ zu sein und Wi-derstände zu überwinden. Sieregt zur Ausprägung von Ziel-strebigkeit und Durchhaltever-mögen an.Botschaften und Vertretungenöffnen für SchulklassenSeit 1990 öffnen sich in diesenRepräsentanzen Türen und Her-zen für fremde Kulturen. DieMärchentage sollen der Völker-verständigung dienen und diekulturelle Bildung von Kindernund Jugendlichen fördern. JedesJahr stellt Märchenland im Rah-men des weltgrößten Märchen-festivals eine Region dieser Erdevor und unterstützt damit dasöffentliche Interesse an den Le-bensweisen, Traditionen undGeschichten fremder Völker.Angehörige der Vertretungenoder Künstler aus dem jeweili-gen Land widmen eine Stunde

ihrer Zeit interessierten Schü-lern und zeigen, was das Lebenin ihrer Heimat besondersmacht. Die Schulklassen erfah-ren, wie das Land entstandenist und die die Menschen dortleben. Teil der Veranstaltungensind stets landestypische Mär-chen oder Erzählungen. Denndie Mythen des Landes tragendie Kultur und das Selbstver-ständnis eines Volkes in sich.Märchenreise mit ProminentenMärchen sind ja für Kinder dieerste Berührung mit Literatur.Sie fördern das kindliche Inte-resse am Lesen, unterstützendie Entwicklung des Sprachver-mögens und vermitteln so auchWerte und Normen, die für dasZusammenleben in einer fried-lichen Gemeinschaft Voraus-setzung sind. Ein Stück Bil-dungsform abseits des norma-len Unterrichts also. Und inte-ressant allemal. Seit vielenJahren erhält das Märchenlanddafür prominente Unterstüt-zung. Schauspieler, Moderato-ren, Musiker und andere Per-sönlichkeiten des öffentlichenLebens nehmen sich die Zeit,ihren kleinen Fans Märchenvorzulesen, über die Moral derGeschichten zu sprechen, ih-nen einen Einblick in ihr aufre-gendes Leben zu geben.Initiiert wurde dieses ProjektMärchenreise mit Prominentenin Zusammenarbeit mit Ge-sicht zeigen! Aktion weltoffe-nes Deutschland e. V.Ehrenpreis „Die GOLDENEERBSE“Mit diesem Preis würdigt MÄR-CHENLAND Menschen, die mitsozialem und kulturellem Enga-gement Hoffnung schenken,gegen die Missstände unsererGesellschaft ankämpfen unddie Welt Tag für Tag ein biss-chen besser machen.Die GOLDENE ERBSE ist einSymbol für Sensibilität. Dasfeinfühlige Gespür für die oftkleinen, unscheinbaren, aberwesentlichen Dinge des Lebenszeichnet die Märchenheldenunserer Zeit aus.

Bild: Cathrin Bach / Deutsches Museum fürMärchenkultur

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S O V I E L L U T H E R S T E C K T I M W E I H N A C H T S F E S T- U N D W A R U M D E R T A N N E N B A U M N I C H T D A Z U G E H Ö R Tvon Kathrin Wöhler

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Der kleine Wunsch jedes Menschen istder Wunsch nach Glück. Doch nebenden vielen Sorgen der Welt scheint es

oft in weiter Ferne zu ver-schwinden. Hunger, Krankheit,Armut, Krieg, Missbrauch, Ge-

walt und Rassismus sind Übel,denen Einhalt geboten werdenmuss.

Martin Luther (1483 – 1546) kann manvieles in die Schuhe schieben: Er hatalte Traditionen rings um das Weih-nachtsfest in Frage gestellt, umgedeu-tet und neue etabliert. Zum Beispieltauschte er Nikolaus gegen das Christ-kind aus. Aber mit Sicherheit geht dergeschmückte Tannenbaum nicht aufseine Kappe. Auch wenn sich weltweitAbbildungen verbreiteten, die ihn undseine Familie vor einem prächtigenChrist baum zeigen. Elke S trau-chenbruch, die Autorin des Buches„Luthers Weihnachten“ stellt heraus,wie viel von Luther tatsächlich in unse-rem heutigen Weihnachtsfest steckt.Das FastenDer wochenlange Verzicht auf Fleisch,Milch und Eier war dem Reformator einDorn im Auge. Seinerzeit fasteten dieMenschen 40 Tage lang bis zum 6. Janu-ar – natürlich mit Unterbrechung am25. und 26. Dezember –, um GottesGnade zu erhalten. Luther aber lehnteden strafenden, richtenden Gott ab. „Ersah ihn als Erlösender und Heilbringer,der kein Fasten von den Menschen ver-langte“, erklärt Elke Strauchenbruch.Zwar hielt der Reformator am Fastenfest und erwartete es in gewissem Maßauch von seinen Kindern. „Aber dabeiging es ihm um die Gesundheit und dar-um, dass dieser Verzicht die Freude aufdas Fest und eine reiche Tafel steiger-te“, erzählt die Autorin.Die HeiligenDie Geburt Jesu – und damit die Nachtvom 24. auf den 25. Dezember – schienLuther als einziger Grund zur Freude.Nicht der Nikolaus, nicht Maria und Jo-sef, nicht die Heiligen Drei Könige soll-ten gefeiert und schon gar nicht dieKinder ständig beschenkt werden.„Luther war regelrecht gegen die Vereh-rung der Heiligen. Nach seiner Meinungwurden sie geschaffen, um zwischenden Menschen und einem strafendenGott zu vermitteln. Diese Vermittler sahLuther als überflüssig an.“ Dafür setztesich der Reformator sein ganzes Leben

lang ein.Das Krippenspiel und derErlöserDas Weihnachtsfest wur-de im 16. Jahrhundert imWesentlichen in den Kir-chen gefeiert. Die Men-schen trafen sich dortund trugen stundenlangGebetsverse vor: über denSündenfall und die Ver-treibung aus dem Para-dies bis hin zur GeburtChristi. Dann tanzten alle umdie Krippe. Gemütlich war dastrotzdem nicht: Kerzen koste-ten ein Vermögen, Heizungenfehlten.Luther hingegen rückte dieGeburt des Erlösers in den Mit-telpunkt, auch in den seinerPredigten, erzählt Elke Strau-chenbruch, die in Wittenbergals Stadtführerin arbeitet.„Seine Kinder mussten die Ge-schichte von Maria lernen, diehochschwanger mit Josef inBethlehem umherirrte, ohneHilfe, ohne Quartier.“ Siespielten das Krippenspiel inder warmen Stube der Luthersin ihrem Wittenberger Wohn-haus nach. Das Fasten, dasLernen, die Vorbereitung desEssens und die Einkäufe aufdem Weihnachtsmarkt solltenin den Kindern die Vorfreudeauf die Geburt Christi und dieGeschenke wecken.Die NächstenliebeGottes Gebot der Nächstenlie-be war den Luthers nahe. Erhatte wie seine Frau Katharinaviele Jahre im Kloster ver-bracht. Sein Haus war vollerKinder, doch zusätzlich nahmdas Paar Waisen auf, mittello-se Familienangehörige undStudenten. Und auch den Mäg-den und Gesellen des Hauses

sollte es gut gehen. DieseNächstenliebe predigte er flam-mend in den Kirchen und be-scherte so nicht nur der Stadt-kirche viele Spenden, die fürdie bitter Armen aufgewendetwurden.Das WeihnachtsliedSeinem Kind Margarete, diemitten im Advent 1534 geborenwurde und die neben ihmschlief, während er arbeitete,schrieb er das Lied „Vom Him-mel hoch, da komm ich her“. Eserzä hlt d ie Weihnachtsge-schichte und wurde im HauseLuther oft gesungen. Lutherverband damit die Hoffnung,das Lied möge die Vorstellungvom erlösenden, guten Gott zuallen tragen, die es singen.Hochzeiten im DezemberWährend der langen Nächte imDezember wurden allerhandGeistergeschichten erzählt. Dakam das wilde Heer durch dieD u n k e l h e i t g e r i t t e n o d e rKnecht Ruprecht, der BischofNikolaus half, böse Kinder inden Sack zu stecken. Die Men-schen verbarrikadierten sich,räucherten die Ställe aus – unddesinfizierten sie ganz neben-bei – und scheuten, sich trauenzu lassen. „Eine Hochzeit wäh-rend dieser Nächte konntenicht glücklich enden“, erzählt

Bild: Stiftung Luthergedenkstätte in Sachsen-Anhalt

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Elke Strauchenbruch. Luther hielt dasfür Aberglauben, verbot den Mägdenderartiges Getuschel und reiste unbeirrtzu Hochzeiten, um mit den Paaren zufeiern.Der WeihnachtsmannEinen Weihnachtsmann gab es nicht.Die Geschenke brachte der Heilige And-reas oder der Heilige Nikolaus nachts indie Häuser oder warf sie durch den Ka-min. Luther gefiel dieser Gedanke, aberer lehnte es ab, dass ein böse dreinbli-ckender Mann der Gabenbringer seinsoll, vor dem die Kinder sich fürchten.Bei Luthers brachte fortan das Christ-kind die Gaben, ging von Dach zu Dachund warf sie in die Schornsteine.„Deshalb haben die Kinder ihre Mäntelvor dem Kamin ausgebreitet.“Der WeihnachtsbaumTatsächlich findet sich keine Schrift,die davon erzählt, dass die Luthers ei-nen Weihnachtsbaum aufgestellt hät-ten. Obwohl Freunde und Befürwortervieles von dem, was der Reformator pre-digte oder bei Tisch berichtete, auf-schrieben. „Es könnte höchstens sein“,

lenkt Elke Strauchenbruch ein,„dass der Raum mit Barbara-zweigen geschmückt war.“ Je-nem Brauch, bei dem am 4. De-zember (Barbaratag) Kirsch-zweige geschnitten und zum Blü-hen gebracht werden. Erst im19. Jahrhundert dichteten dieMenschen Luther einen Tannen-baum an. Er passte einfach gutin dessen reformatorische Ge-danken, schreibt die Autorin inihrem Buch: „Im Weihnachts-baum verbinden sich alte Sittenund Bräuche mit Luthers Vorstel-lung, das Christkind möge imMittelpunkt der weihnachtlichenGottesdienste und privaten Fei-ern stehen. Der grüne Baum istein Symbol ewigen Lebens, wiees der Heiland schenkt.“... und wie er in Luthers StubekamDer Baum etablierte sich in Mit-teldeutschland. So auch in Thü-ringen, wo Lutheraner eine Er-ziehungsanstalt für Waisenkna-

ben errichtet hatten. Sie woll-ten den Kindern im Geiste desReformators ein unbeschwer-tes Fest bereiten: mit demChristkind als Geschenk Gottesund der Erinnerung an Luther,der mit seiner Feier in der Fa-milie die Grundlagen diesesFestes gelegt hatte. Um Geldfür den Stift zu sammeln,brachte einer der Lehrer einBüchlein heraus, erzählt ElkeS t r a u c h e n b r u c h . E s h i e ß„Adam und Christus oder derChristbaum in M. Luthers Kin-derstube“ und erschien 1843.Es wurde durch einen Stich desKupferstechers Carl AugustSchwerdgeburth berühmt: Erzeigt Luther und seine Familiein ihrer Wohnstube unter demChristbaum. Immer wieder neuaufgelegt, trug das Buch dieseGeschichte in die Welt, dennLutheraner gab es inzwischenauf vielen Kontinenten.

Bild: Christian Lietzmann / Landesvertretung MV

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E I N S T I M M U N G S V O L L E R A B E N D „ … U P P L A T T D Ü T S C H “von Ursula A. Kolbe

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„Wo die Ostseewellen trecken an denStrand…dor is mine Heimat, dor bin icktu Hus…“klangvoll schmettert der Ros-tocker Shantychor seine Lieder in denSaal der Landesvertretung Mecklen-burg-Vorpommern in Berlin und schlägtdamit gleich den Bogen zum „Abend …up Plattdütsch“. Anlass war der alljähr-liche „Europäische Tag der Sprachen“,dessen Anliegen ist, die sprachlicheund kulturelle Vielfalt Europas zu pfle-gen und zu unterstützen. Die Bevoll-mächtigte des Landes beim Bund, Dr.Pirko Kristin Zinnow, gestand einlei-

tend ihre plattdeutschen Kennt-nisse zwar als eher „nen betenlütten“ ein, sie konnte jedochdarauf verweisen, dass Nieder-d e u t s c h i n M e c k l e n b u r g -Vorpommern eine anerkannteRegionalsprache sei. Seit Jahr-hunderten prägt diese die kultu-relle Identität zwischen Meerund Seen des Landes. „Die gro-ße weite Welt, Weltoffenheitund Heimat, regionale Spracheund Kultur“, so Dr. Zinnow,„sind keine unvereinbaren Ge-gensätze, sondern gehören zu-sammen. Regionale Besonder-heiten machen attraktiv und bin-den diejenigen, die schon dasind, ebenso wie diejenigen, diekommen und eine neue Heimatsuchen.“ Und sie hat Recht,wenn sie aufgreift, dass Heimatdas Beste ist, was ein Menschmitnehmen kann von zu Hause.Sprache ist Heimat. In Mecklen-burg-Vorpommern ist HeimatPlattdeutsch, wobei es im 19.

Jahrhundert ernsthaft Bemü-hungen gab, dies abzuschaf-fen. Aber dann kamen die gro-ßen deutschen Dichter – FritzReuter und John Brinkman.Weithin bekannt der Spruch vonFritz Reuter, der sagte, als derliebe Gott die Welt erschaffenhabe, finge er bei Mecklenburgan. Heute in der Gegenwart:Bernd Blumhagen von der Nie-derdeutschen Bühne Neubran-denburg, ein engagiertes Ama-teurtheater seit 75 Jahren undganz dem Erbe der Werke desDichters und SchriftstellersFritz Reuters verpflichtet, lasan diesem Abend als histori-scher Literat Fritz Reuter die„Urgeschicht von Meckelborg“.Die Spannung hielt an, als diez i e r l i c h e , au s d ru c k s s ta r k eSchauspielerin Petra Schwaan-Nandke die Gäste aus Politik,Gesellschaft und Wissenschaftmit auf „Mudder Möllersch‘Reis na Berlin“ nahm. Sie lebte

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das Plattdeutsche so intensiv, so leben-dig, als wäre es ihr schon in die Wiegegelegt worden. Und die Landessiegerdes Plattdeutschen Wettbewerbes, die„Plattsnackers“ Julia Steinführer undVanessa Möhring, Schülerinnen derReuterstädter Gesamtschule Stavenha-gen, brachten das gekonnt in den Sket-chen „De verflixte Schriewerie“,„Kläusings Sündagsvergnaügen“ und„Jeder brekt en’n“ auf die Bühne. Sinn-bildlich wird der Hinweis von Dr. Zinnowauf den ehemaligen Ministerpräsiden-ten Mecklenburg-Vorpommerns, HaraldRingstorff, ein echter Plattsnacker, derdem Plattdeutschen eine besondereWärme attestierte. Es sei warmherzig,humorig und selbst in der Beschimp-fung, befand er, hinterlässt es einenSchmerz, den man aushalten kann. Ja,eine Sprache – jung und lebendig. Eben-falls aus der Reuterstädter Gesamt-schule Stavenhagen war SchulleiterLutz Trautmann in die Landesvertretunggekommen. Moderator Leif Tennemannvon NDR1 Radio MV, geborener Rüga-ner, wohnhaft in Schwerin und mit Au-genzwinkern bekundend, nach dem drit-ten Bier auch ein „Plattsnacker zusein“, kurzweilig durch den Abend führ-te, sprach mit ihm über den Beitrag derSchulen zur Sicherung des Plattdeut-schen im Allgemeinen und das platt-deutsche Abitur in Stavenhagen im Be-sonderen. Das sogenannte „Platinum“,das nur an sechs Standorten im Landangeboten werden soll, gehört ab die-sem Jahr zu den großen Herausforde-rungen am Gymnasium Stavenhagen.Grundlage für die Entscheidung des Bil-dungsministeriums dafür war die dazuan der Schule erarbeitete Konzeption.Eine zusätzliche Lehrerstelle wurde be-willigt; jährlich stehen Mittel für ver-schiedene niederdeutsche Projekte zur

Verfügung. Auch aus dem Ge-spräch mit der Vorsitzendendes Heimatverbandes Meck-lenburg-Vorpommern, Dr. Clau-dia Nenz, die mehr als zweiJahrzehnte engagiert das Fritz-Reuter-L iteratur- museum inStavenhagen leitete und vonihr u. a. das Buch „Theater umFritz Reuter / Die Werke Reu-ters in der deutschsprachigenTheater- und Filmrezeption“schrieb, wurde das große En-gagement für Pflege und Erhaltdes Plattdeutschen als un-trennbarer Teil des Wirkensdes Heimatvereins deutlich.Eine weitere Facette im vielge-staltigen Mosaik der europäi-schen Staaten als Zeichen un-serer reichen kulturellen undsprachlichen Diversität. Auchein Ausdruck dafür, dassM e c k l e n b u r g - V o r p o m m e r nschon früh die EuropäischeCharta der Regional- oder Min-derheitensprachen ratifiziertund sich verpflichtet hat, dasNiederdeutsche als Regional-sprache zu bewahren und zufördern. Geschätzt 2,6 Millio-nen Menschen sprechen imAlltag plattdeutsch. Laut desBremer Instituts für Nieder-deutsche Sprache (INS) Bre-men verstehen in Mecklen-burg-Vorpommern mehr alszwei Drittel der Bevölkerungplattdeutsch. Auch mit 21 Pro-zent aktiven Plattsprechernsteht das Land gut da. Und 85Prozent der Befragten in Meck-lenburg-Vorpommern sind da-für, dass mehr für das Platt-deutsch getan werden sollte.

So hat die Landesregierung des-halb mit einem neuen Landes-programm ein umfangreichesMaßnahmenpaket zur Förderungdes niederdeutschen Spracher-werbs und der Sprachverwen-dung geschnürt. Zu dessen Um-setzung stehen bis 2020 Mittelvon insgesamt 7,5 Millionen Eu-ro bereit. Künftig wird es Nieder-deutsch als reguläres Unter-richtsfach – wenn gewünscht biszum Abitur – geben. Erzieher undLehrer können sich in Nieder-deutsch fortbilden lassen. UndKitas und Schulen, die sich be-sonders für die niederdeutscheSprachförderung engagieren,werden dabei mit Material un-terstützt und mit einem qualifi-zierten Siegel ausgezeichnet. Sostimmungsvoll der Abend durchden Rostocker Shantychor „Luvund Lee“ eingeläutet wurde, somitreißend gab der Warnemün-der Frauenchor „Sing man tau“den Auftakt zum ungezwungenenA u s k l a n g b e i S n a c k u n dPlausch. Wozu „Luv und Lee“dann auch noch einmal ihreStimmen erklingen ließen. Las-sen Sie mich zum Schluss aufeine CD verweisen, auf der es u.a. heißt: „Mehr un mehr Min-schen, de in’n Noorden tuhuussünd, wüllt de RegionalspraakPlatt lehren. ‚Platt – dat Lehr-book‘ is en spraakkurs, de sikjüst an junge Minschen richt, degeern nee’e Spraken lehrt, un demehr weten wüllt vun de twetespraak in Norddüütschland.“ –Eine ganze Menge verstehe ichja, aber dann….

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Z U R G E S C H I C H T E D E R F E U E R B E S T A T T U N Gvon Tristan Micke

TH E MA : K U LT U R , K U N ST , W IS S E N S CH A FT

Europa stattgefunden haben.Die Asche der Toten wurde anLand oder in Gewässern ver-streut oder in Gefäßen aufbe-wahrt. Das Christentum lehn-te aber die Feuerbestattungwegen der wörtlich ausgeleg-ten "Auferstehung der Toten"Jahrhunderte lang ab. Karl der

Große sah darin einen heidni-schen Brauch und untersagtemit dem Edikt von Paderbornim Jahre 785 bei Todesstrafedie Leichenverbrennung. Endedes 18. Jahrhunderts, mit derErkennung von hygienischenProblemen, die mit der Erdbe-stattung verbunden sind und

Die Einäscherung von Leichen wird Feu-erbestattung oder Kremation genannt.In unserem Kulturkreis erfolgt die Lei-chenverbrennung in Krematorien unddie Beisetzung der Asche in Urnen. DieFeuerbestattung war und ist in vielenKulturen üblich. Es wird angenommen,dass die ersten Feuerbestattungen be-reits vor 3.000 Jahren vor allem auch in

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der Platznot auf den innerstädtischenFriedhöfen, wurden wieder Forderungennach der Feuerbestattung laut. Unter-stützt von Ärzten, forderten Arbeiterver-bände und die aufstrebende Sozialde-mokratie diese kostengünstigere undhygienischere Bestattungsart. Am 10.Dezember 1878 ging in Gotha das erstedeutsche Krematorium in Betrieb. Einzweites wurde 1891 in Heidelberg eröff-net. 1905 erfolgte die Gründung desVerbands "Freidenker für Feuerbestat-tung" und weiterer Vereine, die eineandere Bestattungskultur als die christ-liche wollten. Privatfriedhöfe ermöglich-ten die Beisetzung der Urnen. Angehöri-gen der römisch-katholischen Kirchewurde die Mitgliedschaft in solchen Ver-bänden und Vereinen jedoch durchPapst Leo XIII. verboten, der die Feuer-bestattung als "barbarische Sitte" be-zeichnete. Verstorbene dieses Glau-bens, die dennoch eingeäschert wurden,durften nicht kirchlich bestattet wer-den. Dieses Verbot im katholischen Kir-chenrecht wurde erst 1964 aufgehoben.Auch die evangelische Kirche war zu-nächst gegen die Feuerbestattung, tole-riert diese jedoch seit Ende des 19. /Anfang des 20. Jahrhunderts. Die ortho-doxe Kirche lehnt sie bis heute ab. ImJudentum und im Islam ist die Einäsche-rung von Leichen grundsätzlich verbo-ten. In Preußen wurde 1911 die Feuer-bestattung eingeführt. Deshalb began-nen auf dem Gelände des im gleichenJahr entstandenen Friedhofs in Baum-schulenweg die Bauarbeiten für ein Kre-matorium. Das Krematorium Baumschu-lenweg wurde am 20. Juni 1913 in Be-trieb genommen und war nach dem 1912eröffneten Krematorium Wedding das

zweite im Berliner Raum.Das Feuerbestattungsgesetzvom 15. Mai 1934 stellteErd- und Feuerbestattungenin Deutschland gleich. Umeventuelle Tötungsverbre-chen noch vor der Einäsche-rung der Leichen aufzude-cken, erfolgt in deutschenKrematorien eine zweite Lei-chenschau durch einenAmtsarzt oder Rechtsmedi-ziner. Ein dem Verbren-nungsvorgang beigegebener feu-erfester Schamottestein mitNummer ermöglicht die eindeuti-ge Zuordnung der Asche. Heutenimmt die Zahl der kostengüns-tigeren Feuerbestattungen inDeutschland und in ganz Europazu. Auch bei Urnengräbern gibtes eine Vielzahl von Gestal-tungsmöglichkeiten. In Deutsch-land besteht aber weitgehenddie Pflicht zur Beisetzung derAsche auf einem Friedhof, wodie Urnen in der Erde beigesetztwerden oder in Nischen einerUrnenwand in einem Kolumbari-um (Urnenhalle) stehen. In eini-gen Bundesländern (u. a. Berlin)können die Urnen auf dafür vor-gesehenen Flächen auf denFriedhöfen anonym beigesetztwerden. Bei der Seebestattungwird die wasserlösliche Urne vonBord eines Schiffes im Meer ver-senkt. Relativ neu ist die Urnen-bestattung im Wurzelbereich vonBäumen, in sogenannten Fried-wäldern. Die moderne Technikbietet noch weitere Möglichkei-

ten für den Verbleib der Ascheeines lieben Menschen: Ausdem Kohlenstoff der Aschekann ein Diamant gezüchtetwerden, den man an einer Ketteoder an einem Ring ständig beisich tragen kann. Ausnahmen,und von Normalsterbl ichennicht zu bezahlen, sind symboli-sche Bestattungen im Weltall,wie die des Astronomen undImpaktforschers Eugene Sho-maker, von dessen Asche weni-ge Gramm mit der Sonde"Lunar Prospector" auf denMond verbracht worden sind.Ebenso die Bestattung des1997 verstorbenen amerikani-sche Astronomen Clyde Tom-baugh, der am 18. Februar1930 den Zwergplaneten Plutoentdeckt hatte. Seine Aschebefindet sich an Bord der Welt-raumsonde "News Horizons",die im Juli 2015 den von ihmentdeckten Himmelskörper pas-siert hatte und nun auf demWeg in die Unendlichkeit ist.

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D I E W E C H S E L V O L L E G E S C H I C H T E D E R F I N C K E N S T E I N A L L E E 6 3– T E I L I Ivon Waltraud Käß

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schichte nimmt ihren weiterenVerlauf. Während in der Haupt-k a d e t t e n a n s t a l t B e r l i n -Lichterfelde der Offiziersnach-wuchs für Kaiser und Vaterlandgedrillt wurde, erklärte Öster-reich-Ungarn am 28.7. 1914Serbien den Krieg. Vorausgegan-gen war das Attentat auf denösterreichischen Thronfolger am

28. Juni 1914. Am 1. August1914 erklärte der deutscheKaiser den Eintritt Deutsch-lands in den Krieg. Die kaiserli-chen Truppen überfielen Frank-reich. Die Zöglinge der HKAwaren sehr jung, zwischen 14 –17 Jahre alt, die Ausbildungwar hart. Jeden Tag wurde einstraffes Programm absolviert.

Bild: Ikar. us / Wikipedia

Sie erinnern sich? Teil I der Geschichteendete mit dem Tod des Begründersdieses Berliner Ortsteils v. Carstenn-Lichterfelde. Auf dem Land, welches erdem preußischen Staat bzw. dem Kai-ser geschenkt hatte, stand nun die Ka-dettenanstalt in voller Pracht. DerOrtsteil Lichterfelde erlebte eine ra-sante Entwicklung, so wie der Begrün-der sich dies vorgestellt hatte. Die Ge-

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TH E MA : B E RL I NE R O R TE

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Nach dem Frühsport kam die Morgenan-dacht. Danach begann der Schulunter-richt. Das Fach Militärwissenschaften,versteht sich, nahm wohl einen beson-deren Rang ein. Die Fächer Mathema-tik, Geographie, Geschichte, Deutsch,Französisch, Latein und Physik runde-ten das Unterrichtsprogramm ab, esentsprach der Schulausbildung an ei-nem Realgymnasium, welches mit demAbitur abgeschlossen werden konnte.Gleichermaßen konnte am Ende derAusbildung das Offiziersexamen abge-legt werden. So wurden seit 1878 meh-rere Generationen von Spitzenoffizierenfür das Heer oder die Kaiserliche Mari-ne ausgebildet. Sehr bekannt wurdenz.B. die Namen Walther v. Brauchitsch,Hermann Göring, Erich Ludendorff, Has-so v. Manteuffel oder Manfred Freiherrv. Richthofen. Im Jahre 1918 endete der1. Weltkrieg mit dem Versailler Frie-densvertrag. Das Ende des Krieges be-deutete gleichzeitig das Ende der kai-serlichen Monarchie. Die Bedingungen,denen das besiegte Deutschland sichnach dem Ende der mörderischen Kämp-fe, da denke ich nur an die Giftgasein-sätze an der Westfront, unterwerfenmusste, wurden im Versailler Vertraggeregelt. U.a. wurde festgeschrieben,dass Deutschland noch maximal 100000 Armeeangehörige haben durfte,einschließlich der Zahl von 4000 Offi-zieren. Die allgemeine Wehrpflicht durf-te es nicht mehr geben. Da die Hauptka-dettenanstalt die maßgebliche militäri-sche Ausbildungsstätte für den Offi-ziersnachwuchs war, verlor sie nun ihreDaseinsberechtigung. Am 9. März 1920wurde sie geschlossen. Nun stand dieFrage im Raum, wie dieses riesige En-semble einer zivilen Nutzung zugeführtwerden sollte. Es gab unterschiedlicheVorstellungen, u.a. unterbreitete dasReichskolonialamt den Vorschlag, das1919 gegründete Reichsarchiv dort un-terzubringen. Allerdings hatte die Ge-meinde Berlin-Lichterfelde andere Vor-stellungen. Sie sprachen sich für dieUmwandlung der HKA in eine zivile Er-ziehungsanstalt aus und stellten diesenAntrag auch an die Staatsregierung,dem stattgegeben wurde. Das lag insbe-sondere im Interesse der noch verblie-benen ehemaligen Kadetten. Sie konn-ten damit ihre schulische Ausbildungbis zum Abitur abschließen. Das jedochging nicht ohne Konflikte ab. Schon bei

der Eröffnungsfeier derStaatlichen Bildungsan-stalt (Stabila) am 5. Mai1920 revoltierten die ehe-maligen Kadetten. So ver-suchten sie z. B. die neug e h i s s t e s c h w a r z - r o t -goldene Flagge zu entfer-nen. Sie benahmen sichauch danach noch „sehrmilitärisch“, führten eigen-ständige Exzerzierübungendurch, revoltierten gegendie Neubelegung der Stuben.Der erste Schulleiter der Sta-bila, Oberstudienrat Dr. Kar-sen nahm daraufhin nach dreiMonaten seinen Hut. Die Schü-lerzahlen der Stabila sankenbeständig, mit Beginn desSchuljahres 1922/23 lag dieSchülerzahl erheblich unter500 Personen. Viele Gebäudestanden leer, viele begehrlicheBlicke anderer Institutionenrichteten sich auf deren Bele-gung. Im März 1933 wurde imAuftrag von Adolf Hitler dieStabswache Berlin mit 117ausgewählten SS-Männern ein-gerichtet. Ende April 1933w i r d s i e a l s „ S S -Sonderkommando Berlin“ be-zeichnet und zieht in eines derGebäude der ehemaligen HKAein. Die Staatliche Bildungs-anstalt muss den neuen Herrenweichen. Im Heft 2 der Blätterder Stabila, die inzwischennach ihrem letzten Direktorbenannt Hans-Richert-Schuleheißt, wurde der Vorgang sobeschrieben:“ Mitte Juni 1933stand endgültig fest, dass dieGebä ude der preußischenHochschule für Leibesübungenund des Lehrerseminars inSpandau für die StaatlicheBildungsanstalt ausersehenwaren. Am 27.7. 1933 fand inder feierlich geschmücktenAnstaltskirche in Lichterfeldeein schlichter Abschiedsgot-tesdienst statt. Am letztenSchultag sah der Feldmar-schallsaal die Jugend derHans-Richtert-Schule mit ihrenLehrern zum letzten Mal in sei-nen Räumen.“ Am 9. Novem-

ber 1933 wurden 835 SS-Männer auf Adolf Hitler verei-digt. Diese Einheit erhielt denNamen „Leibstandarte“ und wur-de ab 13. April 1934 offiziell als„Leibstandarte SS Adolf Hitler“bezeichnet. Bis 1935 wuchs sieauf etwa 3000 Mann an. Die Ge-bäude der ehemaligen HKA wur-den nun den Nutzungsbedingun-gen der SS entsprechend ausge-baut, umgebaut und erweitert.Das Eingangstor zur Kasernewurde mit zwei überlebensgro-ß e n S o l d a t e n f i g u r e n , d e n„ ew igen Rottenführern“ ge-schmückt. Die alte Turnhalle derHKA wurde abgerissen. An ihrerStelle wurde im Jahre 1938 einemoderne Schwimmhalle für diekörperliche Ertüchtigung der SS-Männer eingeweiht. Sie wurdeauch nach dem Krieg weiterhingenutzt, inzwischen ist sie nachumfangreicher Sanierung wiederzugänglich. An der Niederschla-gung des so genannten „Röhm-Putsch“ waren vor allem dieGreifkommandos aus der Kaser-ne von Lichterfelde beteiligt.Heinz Höhn spricht in seinemBuch „Mordsache Röhm“ davon,dass es im Zuge der Nieder-schlagung 17 namentlich be-kannte Tote geben soll, die aufdem Gelände der ehemaligenHKA am 30.6./1.7.1934 er-schossen wurden. Wie wir wis-sen, dauerte das TausendjährigeReich nicht ewig. Siegreichesowjetische Truppen waren inihrem Verteidigungskampf bisnach Berlin gekommen. Im April1945 eroberten sowjetische Ver-bände vom Süden, aus RichtungTeltow kommend, das Gelände

Bild: IWaltraud Käß

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der ehemaligen HKA. Im Heft 3-5/1985d e r e v a n g e l i s c h e n J o h a n n e s -Kirchgemeinde Berlin-Lichterfelde be-schreibt Rudolf Möller seine Erinnerun-gen um den 22. April 1945 herumso:“Recht bezeichnend ist das Abrückengroßer Teile der SS aus der Hitler-Kaserne, in Lastwagen und vielen klei-nen Personenwagen, vollgestaut mit

Hausrat und Proviant, begebensich Chargierte mit ihrem Fami-lienanhang auf die Reise. Am28. April wogt der Kampf dannund wann in Hörweite. Bomber-verbände fliegen über uns hin-weg. Die russische Artillerie istsehr aktiv.“ Die sowjetischenTruppen blieben bis zum 2. Juli

1945 Herren des Geländes undder Gebäude, die bei den Kämp-fen z.T. stark zerstört wurden.

Wie es weiter geht? Das erfah-ren sie in der nächsten AusgabeJanuar/Februar 2017.

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U G A N D A – E I N E R U N D E R U M , T E I L Ivon Rays E. Tannthe

TH E MA : N A TU R , T O U R IS M U S

Schuluniform kaufen. Späterverlangen weiterführendenSchulen Schulgeld. Sehr mo-dern ist, dass die Leute ihreeigene Handynummer alsKontonummer registrierenlassen können. Sie erhalteneine PIN und können damitalles Nötige bezahlen. Paulüberweist zum Beispiel sei-ner Oma regelmäßig Beträ-ge. Früher fuhr er mit dem Busumständlich zu ihrem Dorf, umihr das Geld zu bringen. Plötz-lich erwischte uns in der Tro-ckenzeit ein heftiger tropischerRegen, wir waren damit gleichgeduscht. Unterwegs hielten wiran der Ziwa Rhino Ranch. DasN a s h o r n a u f zu c h t s - P r o g r a m m„Rhino Fund Uganda“ hat zumZiel, wieder Breitmaul Nashör-ner im Land anzusiedeln. DasNashorn Männchen wurde ausOrlando (Amerika) und dasWeibchen aus Kenia besorgt. Siehaben sich im Laufe der Jahregut vermehrt und es gibt 17 Nas-hörner im 70 qkm großen Ge-biet. Wir standen Obama gegen-über, einem Sohn des NashornPärchens. Dieser ist 2500 kgschwer und kann 45 km/hschnell flitzen, das sieht manihm gar nicht an...In einem schönen Camp direktam weißen Nil im Murchison Na-tionalpark schmatzten nachtsvor dem Zelt Nilpferde. Mank ö n n t e a u c h M o n s t e r -Rasenmäher dazu sagen. Sierupfen ca. 50kg Gras, sie sinddie ganze Nacht damit beschäf-tigt. So ein Männchen kann bis3500kg wiegen, für einen Vege-

t a r i e r z i e m l i ch v i e l! E i n„ H ippopotamus amphibius“bringt mehr als ein Nashorn aufdie Waage. Sechs Uhr Frühs-tück und Stromausfall, eineetwas ungünstige Konstellati-on: viel zu früh zum Nachden-ken und stockduster. Die TasseTee lässt sich gut mit dem neu-en Wunder der Technik aus-leuchten: dem Smartphone.Wir überquerten den weißen Nilmit einer übervollen Fähre."War da nich mal was...", mansollte besser nicht so vieleNachrichten lesen. Dann ver-drängten wir in die letzte Eckeunseres Hinterkopfes Berichteüber diverse Fährunglücke. Amanderen Ufer gab es dreisteDiebe. Anubis Paviane klautenLunchpakete aus dem Jeep un-vorsichtiger Touris. Lässig lie-ßen sie sich ihre Beute schme-cken. Die Infotafeln zu Hand-granaten und Tretminen warennicht ganz so Vertrauen einflö-ßend. Auf der Pirsch im Murchi-son Nationalpark begegnetenuns haufenweise Hornträger,selbst ein Einhorn war dabei:Ein niedliches Oribi, das einstim Kampf ein Horn verlor. In der

Bild: Rays E. Tannthe

"Mein Gorillaaa hat ne Villa im Zo-oo..." Nein, die ganzen Affen im Berli-ner Zoo waren nicht ausreichend. Wirwollten die Berggorillas in ihrer natürli-chen Umgebung in Uganda besuchen.Zuerst musste man geimpft werden,Visa besorgen, Malaria Tablettenschlucken, viel zu früh aufstehen undeinige Meilen düsen. Zehn Stundenspäter in Entebbe. Nun sind wir also inUganda, der "Perle Afrikas" nach Aus-sage von Winston Churchill. Lassen wiruns überraschen. Der Reiseleiter Paulberichtete, dass er vor ein paar Jahrenin Berlin war. Im März bei minus sechsGrad „wie hält man so was aus“, es warihm eindeutig zu kalt! Die Rundreisebegann. Wir kamen durch die quirligenStädte Entebbe und Kampala. Die Leu-te gingen herausgeputzt in Sonntags-kleidung zum Gottesdienst. Ganz schönbunt das Ganze. In Kampala, derHauptstadt Ugandas, leben offiziell 1,7Mio EW, inoffiziell sind es doppelt soviele. An einer Eisenbahnlinie herrsch-te ein unfassbares Marktgewimmel.Eigentlich müssen die Händler zu denGleisen 15 Meter Abstand halten. Dochwer sich daran hält, verkauft nicht viel.Auf den Straßen gibt es bei kleinen Un-fallschäden ein unkompliziertesTauschgeschäft. Kaputte Lampe gegenintakte Lampe vom Unfallverursacher,es wird an Ort und Stelle ausgebaut.Unterwegs tauschten wir 250$ in838.000 Ugandische Schilling um. Soschnell erhält man ein richtig dickesAngeber-Portemonnaie. Auf dem Wegzum Murchison Nationalpark fuhren wiran üppiger Vegetation vorbei. Daherleben die Leute zu 80 % von Landwirt-schaft (Kaffee, Tabak, Kakao, Rosenusw.). Viele Kinder sind unterwegs. DieGrundschule dauert sieben Jahre undist kostenfrei, Eltern müssen nur die

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schönen üppigen Vegetation standenLeberwurstbäume (sausage tree), riesi-ge Fächerpalmen und Schirmakazienherum. Zwischendrin begegneten unsregelmäßig die üblich Verdächtigen(Elefanten, Büffel- und Antilopenher-den, putzige Warzenschweine). Paulkannte sich bestens aus und erzähltepassende Geschichten. Woher er so gutdeutsch kann: er wählte in der weiter-führenden Schule zuerst Französisch,stellte erschreckt fest, dass alles an-ders ausgesprochen als geschriebenwird. Das gefiel ihm gar nicht und erwechselte zu Deutsch. Das ist bis heutedie beste Entscheidung seines Lebens.Später als Reiseleiter erfuhr er erfreut,dass weitere Länder potentieller Touris-ten deutsch sprechen: Österreicher,Schweizer und Luxemburger. Damit hater genug zu tun und ist sehr gut ge-bucht. Der tägliche Umgang mit derS p r a c h e t r a i n i e r t . A b e n d s z u m„Sundowner“ schipperten wir mit einemMiniboot auf dem weißen Nil. Roman-tisch. Und zu viele kitschige Sonnenun-tergangsfotos. Aber dafür ganz südeuro-päisch mit Käsehäppchen, Oliven undWein. Abends konnte man auf der Pinn-wand des Camps eintragen, welche Tie-re wo gesichtet wurden:4 Kuhantilope (Hartebeest), sie gilt

als ziemlich dumm, vergisst nach5 0 m w a r u m e s ü b e r h a u p tlosrannte

4 Rothschild Giraffe, sehr schöne Tieremit weißen Strümpfen

4 K a f f e r n b ü f f e l , O r i b i G a z e l l e(Bleichböckchen)

4 Uganda Kobs (Moorantilope) ist dasWappentier, sowie auf dem Geld-schein, im Präsidentenpalast und imParlament abgebildet

4 S avannen Elefanten, S chwarz-flügeltrappe, Kronenkranich (Tierauf der Fahne)

4 Kaffern Hornrabe, sehr interessanteTiere im Sozialverhalten

4 O r n i t h o l o g e n H e r z e n w ü r d e nhöher schlagen: wir sahen den sehrseltenen Schuhschnabel

4 Bienenfresser, schön bunt undknuffig

4 African Jacana, Webervögel, die mitden vielen Nestern an einem Baum

4 Sporngänse, Nilgänse, Weiße Kuhrei-her saßen dekorativ auf den Nilpfer-den

4 Sporn Kiebitze, Schlangenhalsvogel,

Klaffschnabel4 Weißrückengeier, Sperber-

geier4 Defossa Wasserböcke, Hu-

saren-affen, Pillendreher( Dungb eet le) , W eiß kop fSeeadler, Schreiseeadler

4 Nilkrokodil, Goliath Reiher,Siedleragame

4 Lustig tippelnde Warzen-s c h w e i n e , T ü p f e l h y ä n e ,Riedscharbe, Pied Kingfis-her (Eisvogel) und viele wei-tere

Der CampChef verarztete erstmal meine geschwollene Hand.Ein garstiges Insekt hatte zu-gestochen. Und von den Bies-tern gibt es hier eine ganzeMenge. Wahrscheinlich war eseine Tsetsefliege (so fies wieeine Bremse), jedenfalls hates ordentlich gezwickt. Diehier lebenden Tsetsefliegensollen NICHT die Schlafkrank-heit übertragen, wir hoffen es.Mit Eddie rauschten wir zweiS t u nd e n i n s e i n e m A l u-Bötchen über den weißen Nil.Statt eines einfachen Trans-ports wurde es zu einer um-fangreichen Bootssafari. Eddiewar eifrig und hielt an jedemKrokodil, Hippo, Wasserbüffel,Eisvogel und Co. In der Nähedes Murchison Wasserfallsholte uns ein Ranger ab. Alleindarf man und wollen wir auchnicht durch den dichten Waldspazieren. Es war definitiv keinausgetretener Touristenpfad,denn es kam uns gar niemandentgegen. Im Boot hatten wirunsere Wasserflaschen verges-sen. Und natürlich war heuteder heißeste Tag. Während derWanderung bekamen wir soviel Durst wie eine ganze HerdeBergziegen. Mit Durchhaltepa-rolen stapften wir den Glitzer-weg (mineralische Gesteine)mehr als eine Stunde auf undab. Es gab tolle Aussichts-punkte und es beruhigte sehr,dass der tosende Wasserfallimmer näher kam. Der weißeNil verengt sich an dieser Stel-le auf sieben Meter und stürztin einer Höhe von 43m herun-

ter. Noch nie haben wir den er-frischenden Wassernebel einesWasserfalls so gut genießenkönnen. (Alter Trick: „nüscht zutrinken mitnehmen“)Der zweite Wasserfall namensFreiheit, entstand bei einem-Hochwasser 1962. Das warzugleich das Jahr der Unabhän-gigkeit Ugandas vom British Em-pire. Winston Churchill ließ hiereinst die preiswerteste Brückeder Welt für 10 Pfund bauen.Lange hielt sie nicht, es sind nurBrückenreste zu sehen. Am Was-serfall mit eingebautem Regen-bogen, begegnete uns eine Mäd-chenschu lklasse mit flotterSchuluniform. Der Lehrer batmich um ein Klassenfoto. Nach-dem sie sich zu langweilig auf-stellten, forderte ich sie auf, fürdas zweite und dritte Foto aufKommando die Arme hoch zustrecken und in die die Luft zuspringen. Das ließen sie sichnicht zweimal sagen. Ein Gejubelbrach aus und es wurden sehrdynamische Aufnahmen. Die Mä-dels waren hoch motiviert, siewären vermutlich in den Wasser-fall gesprungen, wenn ich es ge-sagt hätte...Paul holte uns mit Wasserfla-schen ab! Er weiß eben, wasdoofe Touris wie wir dringendbenötigten. Mit Wasserfallhin-tergrund wurde hier 1951 eineSzene des US-Klassikers "AfrikaQueen" mit Humphrey Bogart (erbekam dafür den Oscar) und Ka-tharine Hepburn (sie bekam kei-nen Oscar) gedreht. Der ganzeFilm entstand in Uganda, daraufsind sie immer noch stolz. DerFilm erhielt etliche Auszeichnun-gen, ggf. ein Grund, die alte Ka-melle vielleicht doch mal aufNetflix zu sehen:4 Platz 17 der 100 besten Filme

aller Zeiten4 Platz 14 der 100 besten Lie-

bes-filme aller Zeiten4 Rang 48 der 100 am meisten

inspirierenden Filme aller Zei-ten

Paul war im Filmrausch und er-zählte, dass man in DVD Shopsalle beliebigen Filme für kleines

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Geld kaufen kann, ausschließlich Raub-kopien. Das interessiert hier nieman-den. Für die Shopbetreiber ist es einsehr einträgliches Geschäft. Paul be-richtete, dass im Botanischen Garten inEntebbe Tarzan mit Johnny Weißmüllergedreht wurde. Wir lasen bei Wiki-Offline nach: Er war der bekanntesteTarzan aller Zeiten. Johann Peter Weiß-müller stammt ursprünglich aus Öster-reich, er war auch Schwimmer, Olympia-sieger und nahm an diversen Jodelwett-bewerben teil. Diese dienten als Grund-lage für den von ihm kreierten Tarzan-

schrei. Hätte ich das mal liebernicht vorgelesen. Mist, wie er-klärt man einem Uganda Einwoh-ner "Jodeln" und das, ohne sichzu blamieren. Ich gab laut unddeutlich eine Hörprobe zum Bes-ten und es klang schrecklich.Zumindest war es eine mutigeFeldstudie. Paul will nun nie-mals zur Alm. Dort wohnen ver-meintlich Irre. Falls es heuteAbend WLAN gibt, google ich ihmeine Profi-Jodel-Audiodatei zurRehabilitation. Ich denke über

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D I E N Ä C H S T E G R I P P E W E L L E K O M M T B E S T I M M Tvon Edelgard Richter

TH E MA : G E SU N DH E I T

nisch Kranke oder Berufstäti-ge mit Kontakt zu vielen an-deren Menschen. Impfungensind zum Beispiel beim Haus-arzt oder in den Gesundheits-ämtern möglich. Kosten fürd i e G r i p p es c h u t z i mp f u n gübernehmen die Krankenkas-sen entsprechend der Emp-fehlungen der S tä ndigenImpfkommission (Stiko) beimRobert-Koch-Institut. Gene-rell hilft ein starkes Immunsys-tem gegen Grippe und Erkältun-gen. Bestens bewährt habensich dafür viel Bewegung an derfr isc h e n Lu ft, aus rei ch endSchlaf, ausgewogene Ernährungund regelmäßige Wechseldu-schen oder Saunagänge. Außer-dem sollte man versuchen, sichwährend der Erkältungszeit von

großen Menschengruppen fernzu halten und sich regelmäßigdie Hände zu waschen, um dieVirenzahl zu senken. Antibioti-ka helfen bei Viruserkrankun-gen nicht, sondern lediglichbei bakteriellen Infektionen.

Bild: Martin Büdenbender / pixelio.de

Noch ist es nicht zu spät für eine Grip-peschutzimpfung. Normalerweise be-ginnt die Grippewelle im Januar. Wersich jetzt impfen lässt, gibt seinemKörper noch Zeit, damit sich die schüt-zende Wirkung des Impfstoffs entfaltenkann, die sich innerhalb von 10 bis 14Tagen aufbaut. Wie wichtig ein guterSchutz vor den Influenzaviren ist, lässtsich an den Daten zur Arbeitsunfähig-keit von Berufstätigen ablesen. Sie zei-gen, dass für den Anstieg der Fehlzei-ten im Jahr 2015 vor allem eine starkeGrippewelle verantwortlich war. Bun-desweit fehlten Berufstätige wegenAtemwegserkrankungen im Durch-schnitt gut einen halben Tag länger alsim Jahr zuvor. Das entsprach einemZuwachs von 26,3 Prozent. Besondersratsam ist eine Grippeschutzimpfungfür Risikogruppen. Dazu gehören etwaältere Menschen, Schwangere, chro-

N Ä C H T L I C H E M U S K E L K R Ä M P F Evon Edelgard Richter

TH E MA : G E SU N DH E I T

Gerade ältere Menschen trifft es: Ganzplötzlich mitten in der Nacht holenschmerzhafte Muskelkrämpfe sie ausdem Schlaf! Von den über 60jährigenist etwa ein Drittel davon betroffen.Das sind bundesweit etwa 7,5 MillionenMenschen. Bei den über 80jährigen istmit etwa 2,4 Millionen rund die Hälftebetroffen. Die Krämpfe selbst bietenwenig Grund zur Sorge, solange sie nurgelegentlich auftreten. Dann kann man

sich gut selbst Linderung ver-schaffen: So hilft es, die Mus-keln des betroffenen Unter-schenkels zu dehnen. „Um dieMuskulatur zu dehnen, einfachdie Zehen Richtung Kopf ziehenund dabei die Ferse in den Bo-den drücken“, empfiehlt Dr. Ur-sula Marschall, Leitende Medi-zinerin der Barmer GEK.Auch eine leichte Massage kann

die Schmerzen lindern, die vonunten nach oben durchgeführtwerden sollte. Durch Schwitzenverloren gegangene Salze kön-nen durch ein Glas Wasser oderSaft mit einer Prise Kochsalzwieder aufgefüllt werden. Hilf-reich sind auch Stretchingü-bungen oder ein Fußbad vord e m Z u b e t t g e h e n .„ Muskelkrämpfe im Unter-

einen Jodelkurs nach, fallsman wieder in solch eine Situ-ation gerät. Wir hatten wiedereine umfangreiche Tierlistegeschützter und glücklicherNationalparkbewohner.

Teil II folgt in der nächstenSpätlese Ausgabe

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schenkel können viele Ursachen haben.Ein gestörter Elektrolyt- und Wasser-haushalt gehört ebenso dazu wie ver-schiedene Krankheiten. Auch Medika-mente und Vergiftungen können zu denKrämpfen führen“, erläuterte Dr. Mar-schall. Generell sollte man ärztlicheHilfe holen, wenn Krämpfe häufig,mehrfach in der Nacht oder auch amTag auftreten und stark schmerzen. DerArzt kann dann entscheiden, ob zumBeispiel eine Behandlung mit Arzneimit-teln in Frage kommt und wie die Thera-pie überwacht werden muss. So ist inder Medizin von dem Wirkstoff Chininbekannt, dass er als vorbeugende Hilfe

gegen die nächtlichen Mus-kelkrämpfe gefährliche Ne-benwirkungen wie etwaHerzrhythmusstörungen ha-ben kann. „Es ist gut undrichtig, dass seit über ei-nem Jahr Chinin für die Pro-phylaxe nächtlicher Muskel-krämpfe ärztlich verordnetwerden muss und somitnicht mehr frei verkäuflichin den Apotheken verfügbarist“, so Marschall. Allein mvergangenen Jahr hatten lautBarmer GEK Arzneimittelreportrund 11.500 Versicherte der

Bild: Dirk Kruse / pixelio.de

B E I D E N D I C H T E R N G E S T Ö B E R T …von Waltraud Käß

TH E MA : K U RZ G ES C H I C HT E N , G E D I C HT E

Bild: Sven Richter/www.pixelio.de

Der Winter

Die Pelzkappe voll mit schneeigenTupfen,behäng‘ ìch die Bäume mit hellemKristall.Ich bringe die Weihnacht und bringeden Schnupfen,Silvester und Halsweh undKarneval.Ich komme mit Schlitten aus Nordund Nord-Ost.Gestatten Sie: Winter,Mit Vornamen: Frost

(Mascha Kalèko)

Mascha Kalèko – der Neuen Sachlichkeitzugeordnete Dichterin. Geboren wurde sieam 7. Juni 1907 in Chrzanòw/Polen. Ge-storben ist sie am 21. Januar 1975 in Zü-rich/Schweiz. Ab 1918 lebte sie einige Jah-re in Berlin, im Scheunenviertel der Span-dauer Vorstadt, in der Grenadierstraße 17.Seit dem Jahre 2005 gibt es im Berliner Be-zirk Marzahn-Hellersdorf einen Mascha-Kalèko-Park. In seiner Nähe befinden sichdie Schönwalder Straße, die AnnaburgerStraße, die Adele-Sandrock-Straße, dieSchwarzheider Straße und die BranitzerStraße.

Ach ja: Vergessen Sie nicht die Grippe-schutzimpfung. Die nächste Grippewellekommt bestimmt.

Kasse eine solche Verordnungerhalten.

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D I E F E U E R W A L Z Evon Rudolf Winterfeldt

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freies unbewachsenes Gelän-de lag. Bis dahin mussten wirnun abwarten. Als es zu däm-mern begann, drehte sichaber plötzlich der Wind. DerWaldbrand änderte nun auchseine Richtung und lief inRichtung des Dorfes, alsodirekt auf uns zu. Die Evaku-ierung des Kinderheimeswurde durchgeführt und alleanderen Bewohner über dieSituation informiert.Ich selbst aber wollte sicher ge-hen und die genaue Richtungder Brandentwicklung feststel-len. Ich fuhr also mit meinemEinsatzfahrzeug, entgegen derWeisung, in das NVA-Geländeund suchte praktisch direkt denBrandherd. Rauchwolken zogenja bereits seit der Winddrehungin unsere Richtung. Um besserbeobachten zu können, verließich den Wagen. Da hörte ich dasRauschen und Knistern bereitsauf mich zukommen. Im gleichenAugenblick wirbelte Staub undDreck um mich herum auf. Ichlief, so schnell ich konnte, zumFahrzeug um diese Hölle zu ver-lassen. Aber es war zu spät. Ummich herum war es stockdunkleNacht. Selbst die Autoschein-werfer du rchd ran g en dieseWand nicht. Mir blieb keine an-dere Wahl, ich musste, im PKWsitzend, das Geschehen übermich ergehen lassen. Über Funkhatte ich natürlich den Einsatz-kräften die Situation und auchmeinen ungefähren Standorterläutert und die nötigen Wei-sungen erteilt. Dann war dieFeuerwalze über mir. Man kanndas Gefühl in diesem Momentnicht beschreiben. Es rauschtewie bei einem Orkan, alles wasvorher auf dem Waldboden lag,war in der Luft. Die Flammenzogen in den Baumwipfeln übermich hinweg. Ich kann nicht sa-gen, dass ich Angst hatte, aberrecht mulmig war mir schon in

meinem Auto zumute. Nunmuss ich erläutern, dass es beiWaldbränden verschiedene Ar-ten gibt. Da gibt es den Wald-bodenbrand. In diesem Fallbrennen der Waldboden undniedrige Sträucher. Dann gibtes den Wipfelbrand. Dabeibrennen nur die Baumwipfelund es brennt nicht am Boden.Das ist besonders in Kiefern-wälder der Fall. Da ja die Hitzenach oben steigt, ist bei einemWipfelbrand die Entzündungdes Bodens meistens unwahr-scheinlich. Es gibt aber auchden Fall, dass es unten undoben brennt. Dann ist die Be-kämpfung am schwersten. Ichsaß also in meinem Auto undhoffte darauf, dass der Wald-boden und damit auch meinFahrzeug kein Feuer fing. Aberes ist alles gut gegangen. Soschnell wie die Feuerwalze ge-kommen war, so schnell war siewieder weg. Zum Glück aberwar sie nicht direkt in Richtungdes Dorfes gelaufen. Wir konn-ten also für diesen Momentaufatmen. Für mich allerdingswar es eine Erfahrung mitSchweißperlen auf der Stirn.Ich hatte erlebt, wie schnellman bei einem Waldbrand inGefahr geraten kann. Bestätigtwurde dabei aber auch meinWissen, das ein Wipfelbrandam Boden wenig Schaden an-richtet.

Bild: Wilhelmine Wulff / pixelio.de

In dem Kreisgebiet, für das ich als Lei-ter der Feuerwehr verantwortlich war,lag ein riesengroßer Schießplatz fürPanzer und schwere Waffen der NVA(Nationale Volksarmee der DDR). Indiesem ca. 100 km2 Gebiet lagen auchgrößere Waldflächen. Das betraf auchinsbesondere die Grenzgebiete zumübrigen Kreisgebiet, die mit fast un-durchdringlichem Kiefernwald bewach-sen waren. Das war so gewollt, damitman nicht ohne weiteres auf dasSchießgelände gelangen konnte.Im Frühjahr ist die Waldbrandgefahrbesonders hoch, weil in dieser Jahres-zeit oft große Trockenheit herrscht undneue Triebe an den Kiefern sprießen,die, wegen des Harzgehaltes, beson-ders gut brennen. Eines Tages wurdemir gegen 16.00 Uhr ein Waldbrand ineben diesem Gelände gemeldet. Dieersten Feuerwehren waren alarmiertund ich begab mich mit meinem Dienst-fahrzeug vor Ort. Von weitem konnteman die Rauchfahne mit der typischschwarzgrauen Färbung für Waldbrändeerkennen. Auf der Karte orientierte ichmich und markierte ungefähr denBrandort. Dabei stellte ich fest, dass inunmittelbarer Nähe, direkt am Wald-rand, ein Dorf lag. In diesem Ort befandsich auch ein Kinderheim. Aus derWindrichtung ergab sich aber keineGefahr für diesen Ort. Sollte sich derWind aber drehen, dann könnte eineEvakuierung notwendig werden.Vor Ort angekommen, veranlasste ichmit der Leiterin des Kinderheimes dieVorbereitung einer Evakuierung. DieBewohner des Ortes hatten sich schonorganisiert und ihre Gartenschläucheusw. in Bereitschaft gelegt. Was nunaber den Waldbrand selbst betraf, warer nicht konkret auszumachen. DieEinsatzkräfte konnten in dieses Di-ckicht nicht eindringen und wir durftenauch das NVA-Gelände, wegen der vor-handenen Blindgänger, nicht betreten.So befahl ich, dass das Schießplatzge-lände am Waldrand entlang als An-griffslinie auszubauen war. Ich gingdavon aus, dass sich der Waldbrand inW indric htung im S chie ßge lände„totläuft“, weil in dieser Richtung ein

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N O V E M B E Rvon Rela Ferenz

TH E MA : K U RZ G ES C H I C HT E N , G E D I C HT E

Bild: Rosel Eckstein

Einmal ist alt besser als neu.Ich bin auch nicht mehr einwandfrei.Komm, wir kratzen den Sommer zusammenund schwatzen dabei.

Was meine Habseligkeiten sind,das Blütenlaub,das noch im Nebelgewand an der Waldrebe hing,und im Garten der Wind,mein Malzeug, mein Augenglas und ein Absinth.

N E G A T I V E R - P O S I T I V E R T A Gvon Wolfgang Prietsch

TH E MA : K U RZ G ES C H I C HT E N , G E D I C HT E

Bild: Wolfgang Prietsch

Dieser Tag ist negativ zu buchen!Es fehlte nicht an Versuchen,ihn sinnvoll und nützlich zu gestalten.Alles misslang heut´. Ließ sich nicht haltenpositives Lebensgefühl.Abschreiben das Heut´! Ob ich will oder nicht will!

Sechzehn Uhr fünf. Mit dem Auto nach Haus.Schnell weg! Aus allem raus!Und frühes Novemberdunkel löscht den Tag aus.

Da ist am Himmel ein roter Schein.Wirkt sofort auf mich ein,packt mich, hält mich fast körperlich fest.Lässtnicht von mir ab.Ich habauf einmal Zeit und fahre rechts ran,öffne das Fenster und halte an.

Da brennt das Firmamentin dieser Hell–Dunkel-Stunde.In weiter Rundekarminrotes Licht.Des Caspar David Friedrich´s Farbengedichtist keine Fiktion.Schon ändert sich die Kompositionund grün kommt auf, lindgrün.Darüber dunkle Wolken zieh´n,violett begrenzt die Ränder.Rechts schräge Lichtbänder,schwefelgelb über dem Schwarz der Bäume

Gefühle, Empfindungen, Träumewerden existent.Den Blick nicht wend´ich von diesem Bild.Niemals gestillt der Hunger nach Licht.Und wird nichtzu viel der Farbsinfonie!Sah wohl nieSchöneres.

Ständiger Wechsel von Farbe und Form.Nicht Monotonie! Keiner Normunterliegt die Veränderung. Es vergeh´nSekunden nur. Ist zu seh´njetzt tiefer über dem Landdas Zentrum des Rot. Es verschwandschon das helle Blau.Des Spätjahres Grauüberzieht langsam das Firmament.Des Tages End´ist nicht mehr weit.Doch ich bin wieder bereitfür den neuen Tag, für neues Tun!Weiß nun:Der Tag war nicht verloren.Neu geborenheut erst im Abendlichtdie Blume Hoffnung.Weiter war nichts.

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E S W I R D K A L Tvon Susanne Danowski

TH E MA : K U RZ G E S C H I C HT E N , G E D I C HT E

Bild: Katharina Wieland Müller / pixelio.de

Der Griff nach der Macht über alles:tötetdie Sucht nach dem schnellen Geld:tötetder Ruf nach dem einzigen Gott:tötetsie töten und zerstören ohne Halten

Der Verlust von Hoffnung:tötetein Sprung aus dem Hochhaus:tötetFlucht vor Krieg und Armut:tötetsterben, weil kein Platz bleibt fürLeben

Sterben wird normal, egalob Menschen, Bienen, Tropenwald.Für Profit ist Morden längst legal,geknebelt wird die Welt und kalt

Doch trotzig regt sich Widerstandder brave Bürger ist verschrecktdem die Ergebenheit längst eingebranntes gilt: erheben oder feig verreckt

A M R A N D E E R L E B Tvon Christa-Dorit Pohle

TH E MA : V E RM I SC H T E S

Bild: S.Hofschlaeger-www.pixelio.de

Eine Fahrt mit der Straßenbahn von 30Minuten Dauer kann auch sehr erlebnis-reich sein. Das stellte ich vor einigenTagen fest, als ich mit der M 6 in Rich-tung Alexanderplatz unterwegs war. Ei-ne junge Frau mit einem ca. 4-jährigenSohn, einem sehr niedlichen, jungenHund auf dem Arm und einem Transport-käfig stiegen ein. Vorher war beruhigteZone im Abteil, aber das änderte sichnun schlagartig. Der sehr unruhigeKnirps wollte nicht neben seiner Muttersitzen bleiben, er suchte sich einenPlatz neben dem Fahrkartenautomaten.Obwohl die Mutter protestierte, begannder Knirps nun auf dem Gestänge, wel-ches den Automaten umgibt, herum zuklettern. Da die Straßenbahn immer malruckelte, war der Knirps in Gefahr, sichzu verletzen. Die Mutter rief den Sohnunzählige Male, nun schon mit etwaslauterer Stimme, zur Ordnung. Das amü-sierte den Knirps sichtlich und spornte

ihn an, weiter zu klettern. Nunbekamen wir anwesendenFahrgäste Herzklopfen, dennder Knirps wäre beinahe beieinem stärkeren Ruck derTram abgestürzt. NachdemKommentare zu hören waren,dass die Mutter doch nun end-lich ihren Sohn zu sich holenmüsste, verlor sie die Nerven.Das vor Aufregung zitternde,junge Hündchen, welches aufihrem Schoß saß, wurde unsanftin den Käfig gesteckt. Dannfolgte ein Sprung zum Sohn, umdiesen am Weiterklettern zu hin-dern. Die Mutter hatte nicht be-merkt, dass ihr Sohn mit einemFuß zwischen den Automatenund die Stange geraten war. Alssie ihn nun gewaltsam runternehmen wollte, hätte er sichbeinahe den Fuß verletzt. Nun

mischten sich einige Fahrgästeein und schimpften mit der Mut-ter. Endlich saß die Frau nunwieder mit dem nun tobendenKnirps auf dem Schoß. Dieserwollte sich wieder auf einen an-deren Platz setzen und brülltewie am Spieß. Der Umklamme-rungsgriff der Mutter wurde stär-ker. Der Knirps brüllte weiter,schlug mit seinen Füßen gegendie Knie seiner Mutter und gab

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J A H R E S W E N D Evon Wolfgang Prietsch

TH E MA : K U RZ G ES C H I C HT E N , G E D I C HT E

Bild: Wolfgang Prietsch

Neuschnee heut früh: Weiß statt Grün.Keine Spur geht hindurch das Tal.Der Himmel winterfahl,und grau ist es vor dem Wald.Leer alles ringsum, tonlos und kalt,die Sonne schläft im Wolkenflaum.Schwarzarmig die Erlen am Saumvom Fluss,der gleichmäßig fließt und weiter mussund nichts davon weiß,dass dies Jahr schon ein Greis,sein Vergeh´nschon abzuseh´n.

Dezemberstille um uns her,tierleer, menschenleer.Schneeträchtig das Firmament,nah schon des Tages Ende,Jahreswendevor der Tür.Auf dem Rückweg sehen wiran einer Baumgruppe mitten im TalHaselnusskätzchen in großer Zahl:Vegetationskontinuität.Niemals zu früh, noch zu spät,Jahresende – Jahresbeginn:Stetigkeit. Des Lebens Sinn:Werden und Vergeh´n.Sogar im Schnee noch sind Blüten zu seh´n!

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ihr einige Backpfeifen. Nun rastete dieMutter aus und wollte den Sohn gewalt-sam festhalten. Da brüllte der Knirps„Du erwürgst mich noch“. Wieder folg-ten Tritte gegen die Knie und Backpfei-fen. Als ein Fahrgast eingreifen wollte,stieg die Frau mit ihrem Anhang aus.Die Fahrgäste tauschten noch ihre Ge-

danken aus zu diesem Vorfall.Ein Herr meinte:“Wenn dieseFrau nicht bald Hilfe in An-spruch nimmt, um das Verhal-ten ihres Sohnes in normaleBahnen zu lenken, kann dassehr böse Folgen haben.“ Nunhatte ich auch mein Fahrziel

erreicht. Aber es ging mir soschnell nicht aus dem Sinn,wie sich diese Mutter gefühlthaben muss, als sie nicht ver-hindern konnte, von diesemkleinen Knirps geschlagen zuwerden.

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H E R B S T L E U C H T E Nvon Susanne Danowski

TH E MA : K U RZ G E S C H I C HT E N , G E D I C HT E

Bild: Wolfgang Dirscherl / pixelio.de

Das alte Jahr ist am Vergehen,die Bäume werden langsam kahl.Nebel ziehen wie Geisterwehen,des Tages Licht ist kalt und fahl.

Wenn Sonnenstrahlen Wolken fressen,die schwer den Blick ins Blau verwehren,lässt sich das Grau in mir vergessen.Die Leichtigkeit will wiederkehren.

Jeder Strahl ins Laub ein Leuchten zündetin purpurrot und goldgelb, grün.Und auch ein kurzer Tag verkündet:das Leben bleibt, stolz und kühn!

W I E W I C H T I G I S T D I E F R E U N D S C H A F T I M L E B E N ?von Christa-Dorit Pohle

TH E MA : V E RM I SC H T E S

Eine extrem wichtige Rolle spielenFreunde in unserem Leben. Oft erken-nen wir das erst, wenn der Kontakt zuFreunden durch einen Umzug abgeris-sen oder wenn durch handfeste Streitig-keiten Freundschaften zu Bruch gingen.Je älter wir werden, desto mehr spürenwir, dass gute Freunde uns Sicherheitgeben, uns stärken und erden und unsdabei helfen können, Probleme zu lö-sen. Wenn es uns gelingt, Freundschaf-ten intensiv zu pflegen, umso mehr pro-fitieren wir davon, dass Freunde Körperund Seele gesund erhalten und uns wieeine zweite Familie zur Seite stehenkönnen. Der Physiker Albert Einsteinsah in einem guten Freund eine Person,die die Melodie unseres Herzens kennt.Der griechische Philosoph Aristotelesschrieb:“Wer an einen guten Freunddenkt, dem erscheinen Berge flacher,Selbstzweifel schwinden und Eiswasserscheint sich zu erwärmen.“ Und Profes-sor Franz Neyer, Psychologe an der UniJena fand heraus: „ Im Laufe des Le-bens nimmt die Zahl der Freunde ab,aber die Qualität der Beziehungen zu.“Es wurde erforscht, dass jemand, derkaum freundschaftl iche Kontaktepflegt, meistens schlechter schläft, öf-ter gestresst ist und ein höheres Risikohat, früher zu sterben. Das Fundamentfür ein festes Freundesband sollten einGefühl von Nähe, Vertrauen und Gleich-gewicht sein. Im Unterschied zu Famili-

enbeziehungen kann Freund-schaft auf Augenhöhe funktio-nieren. Sobald aber nur einerbereit ist, Hilfe und Trost an-zubieten und sich emotionalzu öffnen, sind das leider kei-ne guten Startbedingungen.Laut einer USA-Studie ausdem Jahre 2010 ist Freund-schaft für die Gesundheit min-destens genauso wichtig wiegute Blutdruckwerte oder ei-ne vernünftige Ernährung.Glücklich kann sich schätzen,wer nicht darauf verzichtenmuss, gemeinsam miteinanderzu reden, zu lachen oder ge-meinsame Pläne zu schmieden.Denn unsere grauen Zellen rea-gieren darauf, indem sie zurHochform auflaufen. Aber mitzunehmendem Alter wird manch-mal der Freundeskreis kleiner,und man braucht dann etwasMut, um neue Kontakte zu knüp-fen. Wenn wir nun wissen, wiewichtig es im Leben ist, Freundezur Seite zu haben, fällt es unsvielleicht auch etwas leichter,mal einen einsamen Menschenin unseren Freundeskreis miteinzubeziehen. Wir machen die-sem Menschen damit ein großesGeschenk und fühlen uns glück-lich, weil der Kontakt mit ande-

ren uns auf vielfältige Weise sti-muliert. Eine Freundin von mirhatte vor einiger Zeit ein Erleb-nis, welches sie seelisch sehrbelastete. Sie hatte bei herrli-chem Sonnenschein das Hausverlassen, um zur Straßenbahnzu gehen. Plötzlich wurde sie voneinem alkoholisierten Mann tät-lich angegriffen. Nur weil dieserMann seine Probleme nicht inden Griff bekommt, musste mei-ne Freundin um ihr Leben ban-gen. Um ein solches Erlebnis zuverarbeiten und vergessen zukönnen, braucht man gute Freun-de und deren beruhigenden Zu-spruch. Unser Beistand hat ihrsehr geholfen, den Mut nicht sin-ken zu lassen und körperlicheSchmerzen zu lindern. Ich mussimmer wieder daran denken, wie

Bild: Lichtkunst 73-www.pixelio.de

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H E R K U L E Svon Susanne Danowski

TH E MA : K U RZ G ES C H I C HT E N , G E D I C HT E

Es lebte einmal ein Bürgermeister mitseiner Frau Hilde. Die Bürger der Stadtwaren mit seinen Diensten zufrieden,denn mit ihren Wünschen konnten siestets direkt ins Rathaus kommen undwurden auch gehört. Jeder in der Stadtkannte den Bürgermeister und oft wur-de er auch direkt auf der Straße oder imWirtshaus angesprochen. Das gefielihm nicht immer, aber wenn seine schö-ne junge Frau ihn begleitete, sonnte ersich sichtlich in seiner Beliebtheit undWichtigkeit. Wenn Hilde ihn auf seinemWeg durch die Stadt nicht begleitete,nutzten vor allem die Weibsbilder dieGelegenheit den Bürgermeister anzu-sprechen. Sie baten um die unter-schiedlichsten Gefälligkeiten und zu-nehmend wollten sie in ungewöhnlicherWährung dafür zahlen. Aber die Liebeim Bürgermeisterhaus war jung undgroß. Und so konnte derartiges Ansin-nen den Mann nicht erschüttern. Soging es über viele Jahre. Hilde gebar inder Zeit drei prächtige Kinder und blüh-te nach jeder Niederkunft wieder zu ei-ner Schönheit auf. Aber nichtsdesto-trotz, die Spuren der Zeit zeigten sichauch bei ihr. Der Bürgermeister gingnur noch selten mit Hilde durch dieStadt. Sie hatte ja viel zu tun mit derOrganisation des Haushaltes und derErziehung der Kinder. Und da der Bür-germeister ein Mann war, wurde er mitzunehmendem Alter empfänglicher fürdie Avancen der jüngeren Frauen. Erfreute sich über ein viel versprechendesAugenzwinkern hier, über eine zufälligeBerührung mit einem Frauenzimmerdort. Eines Tages kam ein junges dral-les Weibsbild zu ihm und trug sehr ko-kett ihr Anliegen vor und ließ keinenZweifel daran aufkommen, dass ihr zumErreichen ihrer Vorstellung jedes Mittelrecht war. Der Bürgermeister war ge-blendet von ihrer Jugend, von ihrerKeckheit und flüsternd fragte der Bür-germeister nach Ort und Zeit. Aber diejunge Frau war gewitzt und antwortete:„Du kannst mich in meinem Gemachtreffen am Abend nach der Unterzeich-

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wichtig es ist, einander beizustehen.Denn plötzlich und unerwartet kann

man derjenige sein, der die-sen Beistand selbst braucht.

nung der Besitzurkunde,die mich zur Eigentüme-rin machen wird. Bringdas Dokument mit undich werde dich fürstlichentlohnen.“ Dabei blin-kerte sie ihn verführe-risch an. Der Bürgermeis-ter stöhnte auf, war abervon da an sehr bemüht.Er trug eine Menge Guldenzum Richter, damit dieser zu-gunsten der Bittstellerin ent-schied. Und am Abend desBesitzwechsels schlich ersich, die Papiere in der Hand,in das Haus der Schönen. Diewar hocherfreut und nachdemreichlich gegessen und ge-trunken wurde, genoss er lust-voll die Bezahlung seiner Be-mühungen. In dunkler Nachtschlich er sich dann wiedernach Hause. Nun war er aufden Geschmack gekommen.Und es sprach sich unter denFrauenzimmern schnell her-um, dass die neue Währungimmer öfter Einzug in die Ver-handlungen mit dem Bürger-meister hielt.

Hilde bemerkte, dass ihrMann nun sehr oft müde underschöpft nach den langenVerhandlungen zurückkehrteund sogar zu schwach war,das Abendmahl mit ihr einzu-nehmen. Sie sorgte sich umsein Wohlergehen. Sie ver-wöhnte ihn, wo sie nur konnte,aber ihr Mann erlag immerseltener ihrem Liebreiz. Dafürbemerkte sie, dass in be-trächtlichem Maße Guldenausgegeben wurden, aber nurwenig in ihre Geldkassettezurück kam. Das wunderte siesehr, wo doch ihr Gatte uner-müdlich arbeitete. Und einesTages erreichte dann auch

ihren Ohren das Gerücht, dassder Bürgermeister sich von denDamen der Stadt mit Liebes-diensten bezahlen ließ. Dawurde sie sehr zornig und trau-rig, aber sie wusste sich kei-nen Rat. Sie gab sich fortannoch mehr Mühe, ihren Mannabends zu Hause zu halten.Aber für neue verführerischeKleider und teuren Wein fehltees an Gulden im Haus. Und sieertrug es schweigend, wenn ihrMann sich spät auf den Wegmachte, um, herausgeputzt wieein Gockel, seinen Lohn einzu-fordern. In einer der einsamenschlaflosen Nächte im verwais-ten Ehebett erinnerte sie sichihrer alten Tante Florentine,der man magische Fähigkeitennachsagte. Sie wüsste viel-leicht ein Mittel, dass sie trotzallem wieder schlafen könne.Beim nächsten Besuch ihrerkränklichen Mutter, suchte sienun auch deren Schwester auf,die in einem kleinen Häuschentief im Wald wohnen sollte.Niemand hatte sie in den letz-ten Jahren gesehen. Der Weg,den man ihr beschrieben hatte,war beschwerlich und mit Ein-bruch der Dunkelheit klopftesie endlich erschöpft an dieTür. Sie erwartete, dass einealte Frau, gramgebeugt undfaltig, wie es ihre Mutter war,die Tür öffnen würde. Aberdann stand ihr eine prachtvolle

Bild: Jens Haines (Eigenes Werk) Wikimedia

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Erscheinung mit feuerrotem Haar ge-genüber, der man ihr hohes Alter nichtansah.Hilde war beeindruckt und völligsprachlos. Florentine hieß sie freund-lich willkommen. Um ihren Fragen zu-vorzukommen, erklärte sie lachend derverdutzen Bürgermeistergattin: „ImWald und auf den Wiesen wachsen man-nigfaltige Pflänzchen, die ich nutze, umgesund und jung zu bleiben.“ Sie gosseinen blutroten Sud in hohe Tassen undauch Hilde nippte vorsichtig daran.Sogleich spürte sie, wie neue Lebens-kraft durch ihre Adern ran und prompttrank sie ihren Becher in einem Zugaus. Florentine lächelte ihr geheimnis-voll zu und füllte die Tasse erneut.„Aber nun erzähle, was dich nach sovielen Jahren zu mir treibt, mein Kind“Und aus Hilde purzelten die Wörter nurso raus und all ihre Enttäuschung undVerletztheit gleich mit. Danach fühltesie sich schon viel besser und schnelltrank sie noch was von dem roten Ge-bräu.Florentine verschwand indessen in denhinten liegenden Gemächern und kammit einer Phiole, gefüllt mit einem dun-kelgrünen Saft, zurück. Sie setzte sichneben Hilde auf die Bank, legte ihr denArm um die Schulter und wischte ihr miteinem Zipfel ihres weiten Rockes dieTränen aus dem Gesicht. „Hast Du einenNamen für den Lümmel deines Mannes“fragte sie leise die verwunderte Hilde.Diese kicherte nun und flüsterte: „Ja,wir nennen ihn Herkules, aber es ist nunschon so lange her, dass wir ihn ge-meinsam beschworen haben“ und er-neut kullerten Tränen aus ihren Augen.„Ahh, das ist prächtig“ freute sich Flo-rentine „Weine nicht mehr. Nimm diesesFläschchen mit und pass auf, dass esdein Mann nicht findet. Wenn Du dannmeinst, dass Dein Gatte auf Abwegenseine Lust befriedigen will, trinkst Dufröhlich noch ein Glas Wein mit ihm.Vorher tröpfelst du ein wenig von derTinktur in sein Getränk und flüsterst„Herkules“. Du wirst sehen, bald wird erfreudig zu Dir zurückkehren.“Am nächsten Morgen machte sich Hildeein bisschen zweifelnd auf den Heim-weg. Im Rockbund die Phiole mit derTinktur.Zu Hause angekommen bemerkte siebeim Blick in den Spiegel, dass ihr Haar

leicht rot schimmerte.Als sich wenige Tage später ihrMann abends fein ankleidete,wusste sie, dass er wieder malseinen Lohn einfordern ging.Flink tropfte sie drei Töpfchendes grünen Saftes in sein Wein-glas und flüsterte „Herkules“.Der Bürgermeister freute sichüber die anhaltende Arglosig-keit seine Frau, stieß mit ihr anund trank sein Glas in einemZug leer. Dann verließ er dasHaus. Angekommen bei seinerErwählten, der Luise, begannensie sofort mit dem Liebesspiel.Nur sein Lümmel spielte nichtmit. Schlaff hing er herab, alsob ihm das Verlangen seinesMeisters nichts anging. Luisewandte all ihre Verführungs-künste auf, verwöhnte ihn mitflinken Händen. Der Bürger-meister wand sich vor Lust undBegehren, aber sein Freundblieb völlig ungerührt. Als allesnichts half, verließ Luise verär-gert das Bett. „Aber komm mirnun nicht mit Forderungen, ichhabe meinen Teil geleistet“ DerBürgermeister nickte stummund verstaute seinen Versagerwieder in der Hose. Beschämtund bitter enttäuscht schlich ersich nach Hause. Das war ihmnoch nie passiert.Zwei Tage später startete er ei-nen neuen Versuch. Er machtesich fein und Hilde bereitetei h m g e f l i s s e n t l i c h s e i n e nAbendtrank zu, wobei sie beimTröpfeln der geheimen Zugabewieder „Herkules“ flüsterte.Beim Bürgermeister rief das Ge-tuschel seiner Frau Unruhe hin-ter seinem Hosenlatz hervor.Er trank sein Glas leer und zu-versichtlich machte er sich aufden Weg zur Mareike, die ihn fürseine Dienste bezahlen sollte.Aber kaum kamen sie sich nä-her, passierte das gleiche De-saster. Sein Lümmel verweigertesich stur und alles Bemühen vonMareike half nicht, ihn aufzu-richten. Dann versuchte der Bür-germeister verschämt selbst,ihn in die gewünschte Stellung

zu versetzen. Auch das war ver-geblich. Er beschimpfte seinensonst so treuen Begleiter, erzerrt an ihm, er drohte ihm so-gar, aber nichts konnte ihn dazubringen, den Wünschen seinesHerrn gerecht zu werden. Unver-richteter Dinge machte sich die-ser auf den Heimweg. Es war, alshöre er hinter den Mauern seinerStadt das Kichern der jungenFrauen über sein Unvermögen.Als es ihn das gleiche Geschicknoch zweimal passierte, ging esdem Bürgermeister so schlecht,dass er sich, zu Hause angekom-men, nicht mehr von seiner Bett-statt erhob und resümierte, ersei todkrank. So fühlte er sichauch. Hilde kam und war be-sorgt. Sie fragte ihn nach seinemBefinden. Aber er winkte nurschwach ab und drehte sich zurWand. Er würde sterben. Hildeerschrak sehr. Hatte sie ihm ver-sehentlich zu viele von den Trop-fen gegeben? Sie setzte sich aufdie Bettkante und streichelte ihnreuevoll. „Ach Mann wir habenHerkules solange nicht zum Le-ben erweckt. Lass uns noch ein-mal...“ Weiter kam sie mit ihrerAnsprache nicht. Unter der Bett-decke richtete sich der Lümmelihres Mannes zur vollen Größeauf, wie schon so lange nichtmehr. Stramm verlangte er nacheiner warmen weichen Frau. Au-genblicklich flossen dem Bürger-meister die Lebenskräfte wiederzu. Er schlug die Bettdecke zu-rück und überließ Herkules demliebevollen Tun seiner Hilde.Diesmal machte er ihm keineSchande sondern stand „seinenMann“. Als das Ehepaar er-schöpft und zufrieden nebenein-ander lag, schwor der Bürger-meister seiner Hilde, sich niemehr abends aus dem Haus zustehlen, um zu anderen Weibsbil-dern zu gehen. Und nie wiederwürde er einer anderen Währungals Gulden für die Bezahlung sei-ner Dienste zulassen. Denn al-lein seine Frau Hilde hatte dieMacht, seinen Lümmel zum Le-ben zu erwecken. Von da an

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S T A D T F Ü H R E R : „ P O L N I S C H E S B E R L I N “von Ursula A. Kolbe

TH E MA : L I TE R AT U R , BU C H T IP P S

Die Geschichte der Berliner Metropole– sie hat viele Facetten. Eine dieserdurch das Prisma der „Anderen“ zu er-zählen – der hier lebenden Polen – ha-ben sich die Herausgeber Malgorzata A.Quinkenstein und Robert Traba mit demStadtführer „Polnisches Berlin“ ge-stellt.Mit rund 100.000 Personen bilden diepolnischstämmigen Berliner die zweit-größte Migrantengruppe der Haupt-stadt. Im Gegensatz zur türkischstäm-migen Community bleiben sie jedochrelativ unauffällig. Kaum eigene Gast-ronomie oder Einkaufsläden. Wir begeg-nen ihnen täglich im Alltag, aber siefallen nicht auf. Und doch findet manviele Spuren in der Topographie derStadt, ebenso im literarischen und wis-senschaftlichen Erbe.Zeitlich reicht der Stadtführer von denersten polnischen Spuren in Berlin bishin zur Gegenwart. Zumeist unbekannteGeschichten zu Berliner Orten zeigen,welchen Einfluss polnische Migrantenin den vergangenen 300 Jahren auf daskulturelle, soziale und politische Lebender Stadt hatten und heute noch haben.So schreibt Robert Traba im Vorwort:„Wie interessant kann die Erzählungvom Reichstag sein, wenn man die Ge-schichte des Grafen Atanazy Raczynskiin Erinnerung ruft, dem Verfasser derGeschichte der neuen deutschen Kunst(1836). Wie verändert sich doch derBlick auf die Reichskanzlei, wenn wirsie um die Geschichte des Palais Radzi-will und seiner Gründers Fürst Antonergänzen, der den Faust (1830) von Jo-hann Wolfgang von Goethe vertonte.Wie bunt wird das „polnische Berlin“,wenn wir sein Bild um das Mosaik derGrenzgänger erweitern, die seit demEnde des 19. Jahrhundert aus Schle-sien, Masuren, der Kaschubei und denin Ost- und Zentralpolen gelegenen jü-dischen Schtetln in die preußischeHauptstadt kamen. Für die Berliner wa-ren sie meist „Luftmenschen“.Die Mehrzahl dieser Neuankömmlinge

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wohnte die Liebe wieder unter ihremDach. Hilde aber besuchte regelmäßig

Florentine und ihr Haar wurdeimmer röter und röter.

erlag einer Akkumulationin die d ominierendedeutsche Mehrheitsge-sellschaft. Unabhängigvon ihrer Staatsbürger-schaft behielten vieleihre spezifischen familiä-ren Traditionen bei. Wie-der andere engagiertensich in der Bildung einerpolnischen oder auchdeutsch-polnischen ge-sellschaftlich-kulturellenBewegung, deren AusdruckVereine, Kulturinitiativen undimmer zahlreichere W irt -schafts- und Handelsunter-nehmen waren.“Die hier enthaltenen Essayskönnen nicht von allen erzäh-len. Entstanden sind sie imRahmen eines Seminars ander FU Berlin. Die beiden Her-ausgeber versuchten, d ieStadt Berlin durch die Brillederjenigen zu erzählen, dieaus der Fremde hierher ka-men. Sie sollen inspirieren,„polnische Spuren“ und sie inder heutigen Topografie zufinden.Verlag Ferdinand Schöningh,P a d e r b o r nwww.schoeningh.de

TV-Dokumentation geht an denStart: Die Deutschen und diePolenZum ersten Mal in der Ge-schichte Deutschlands undPolens wird ein gemeinsamesFilmprojekt die Geschichteder nachbarschaftlichen Be-ziehungen erzählen und neubeleuchten. Halbtotal Film-produktion aus Wiesbadenkonnte als Partner für die Ko-operation das ZDF, 3sat, TVNaus Polen sowie das Land Hes-sen gewinnen.

Die vierteilige Filmreihe soll imNovember zeitgleich im deut-schen und polnischen Fernse-hen ausgestrahlt werden -pünktlich zum 25. Jahrestagd e r U n t e r z e i c h n u n g d e s"Vertrags zwischen der Bun-desrepublik Deutschland undder Republik Polen über guteNachbarschaft und freund-schaftliche Zusammenarbeit".Mehr Infos, auch zu den Sen-determinen zur Fi lmreihe:http://deutsche-polen.eu.

Bild: Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn

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