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228 Aus dem Antiquariat NF 9 (2011) Nr. 5 Antiquariatsbuchhandel Spurensuche. Exlibris von Antiquaren E s fing mit einem Zufall an. Im April 2010 war ich zur Vorbesichtigung auf einer Auktion in München. Bei der Durch- sicht eines Buchkonvoluts fiel mir ein Exlibris auf. Dargestellt war eine Verkaufsszene in einem Antiquariat. Es war das Exlibris des Buch- und Kunstantiquariats Robert Wölfle in München. Mich interessierte die Frage, ob es weitere Ob- jekte dieser Art gab. Aller Anfang ist schwer, hier galt dies doppelt. Alles musste erst entdeckt und wenn möglich erworben werden. Das Hauptproblem war die Unklarheit, ob ein Exli- bris existierte oder nicht. Bei noch lebenden Kollegen versuchte ich dies durch eine schrift- liche Anfrage zu klären. Nicht immer kamen po- sitive Reaktionen. Manche haben nicht reagiert, wollten auch keine Auskünfte geben, zumal ein Exlibris auch etwas Privates ist. Der größte Teil von Antiquaren hatte zu allen Zeiten kein Exli- bris. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Einer mag darin bestehen, dass viele Kollegen zu den grafischen Künsten nur schwer Zugang finden. Was ist ein Exlibris? Ein Exlibris (lat. »aus den Büchern«) ist ein ge- zeichnetes beziehungsweise gedrucktes Bild. Eine Kleingrafik oder eine Fotografie, eine Art grafischer Bildschmuck. Sie weist darauf hin,

Spurensuche. Exlibris von Antiquaren E - Antiquariat Rieger · Hauptproblem war die Unklarheit, ob ein Exli-bris existierte oder nicht. Bei noch lebenden Kollegen versuchte ich dies

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228 AusdemAntiquariatNF9(2011)Nr.5

Antiquariatsbuchhandel

Spurensuche.ExlibrisvonAntiquaren

EsfingmiteinemZufallan.ImApril2010war ich zur Vorbesichtigung auf einerAuktion in München. Bei der Durch-

sicht einesBuchkonvoluts fielmir einExlibrisauf.DargestelltwareineVerkaufsszeneineinemAntiquariat.EswardasExlibrisdesBuch-undKunstantiquariats Robert Wölfle in München.MichinteressiertedieFrage,obesweitereOb-jekte dieser Art gab. Aller Anfang ist schwer,hiergaltdiesdoppelt.Allesmussteerstentdecktund wenn möglich erworben werden. DasHauptproblemwardieUnklarheit,obeinExli-bris existierte oder nicht. Bei noch lebendenKollegenversuchte ichdiesdurch eine schrift-licheAnfragezuklären.Nichtimmerkamenpo-sitiveReaktionen.Manchehabennichtreagiert,wolltenauchkeineAuskünftegeben,zumaleinExlibrisauchetwasPrivatesist.DergrößteTeilvonAntiquarenhattezuallenZeitenkeinExli-bris. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Einermagdarinbestehen,dassvieleKollegenzudengrafischenKünstennurschwerZugangfinden.

WasisteinExlibris?

EinExlibris(lat.»ausdenBüchern«)isteinge-zeichnetes beziehungsweise gedrucktes Bild.EineKleingrafikodereineFotografie,eineArtgrafischer Bildschmuck. Sie weist darauf hin,

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AusdemAntiquariatNF9(2011)Nr.5 229

Antiquariat Robert Wölfle, München

Antiquariatsbuchhandel

wemdasBuchgehörtundauswelcherBiblio-thekesstammte.EsisteinBesitzeignerzeichen(Bucheignerzeichnen). Oftmals hat es nebendemNamendesBucheigners,der eineEinzel-person,InstitutionoderGesellschaftseinkann,zusätzlichdenHinweis»Exlibris«,»AusderBi-bliothek«, »AusderHandbücherei«oder auchnur»DiesesBuchgehört«.Siesollendaranerin-nern,esandierechtmäßigenBesitzerzurückzugeben.DasExlibrisistfastsoaltwiederBuch-druck.ErsteExlibrisdürftenausderDürer-Zeitstammen, bekannt ist die »Igel-Darstellung«eines JohannKnabensberg (Hans Igler), ge-nannt Igler, um 1480. Genaueres lässt sichnur schwer belegen. Im Laufe der Jahrhun-dertehatessichvomEigentumsnachweiszureigenständigen Kunstform gewandelt. DerHandelmitExlibrisunterliegteigenenGeset-zen und grenzt sich vom antiquarischenHandel mit Büchern und Grafiken ab. Be-liebteSammelgebietesind:Exlibrisvor1650,Berufsdarstellungen (Arzt und Rechtsan-walt), Erotik, Freimaurerei, Heraldik, Kat-zen, Landschaften und Städte, MementoMori (Totentanz), und bestimmte Künstler(z. B. Hans Bastanier, Ludwig Hohlwein,Max Klinger, Emil Orlik, Max Slevogt undHeinrichVogeler).

ImweitestenSinnesindSignaturen,StempelundBuchhändlermarkenauchExlibris,dennsiebefindensichalle inBüchernundverratenunsetwasüberdieHerkunftdesBuchesundüberdenVorbesitzer.DieBuchhändlermarke istaufdereinenSeitezunächstnureinkleinerAdres-senaufkleber,dermeistauszweiTeilenbestand.Einem Auszeichnungsfeld, das in der RegelweißwarundwiederumineinoderzweiUnter-felder aufgeteilt wurde. Hier konnte mit Blei-stiftderVerkaufspreisundeineLager-undIn-ventarisierungsnummeroderauchverschlüsselteinEinkaufscodeeingetragenwerden.Dieande-re Hälfte war das eigentliche Adressfeld, daseingeklebt imBuchsichtbarzurückblieb.BeimVerkauf wurde die weiße Hälfte abgetrennt,quasi als Eigenbeleg für das Kassenbuch desHändlers,währenddiezweiteHälftealseinge-

klebte›Erinnerung‹andenneuenKäuferüber-ging.SchondurchdiesenVorgangwirddeutlich,dassdieVerbreitungvonBuchhändlermarkeninenormenAuflagenhöhengeschehenist.ImEx-librisdrückt sichhingegen etwasvonderPer-sönlichkeitdesEigners,aberauchdesKünstlersaus. Das Stereotype der Buchhändlermarkenwird hier durch eine künstlerische Gestaltungaufgehoben. So gesehen ist jedes Exlibris einUnikat, auch wenn es mehrfach hergestelltwurde. Unter Signaturen versteht man hand-schriftlicheBelege,diesich inBüchernausder

ArbeitsbibliothekdesAntiquarsbefinden.DerKollege Walter Alicke (1938–2003) hatte dieseAngewohnheit. Der Exlibris-Stempel ist ko-stengünstigundkommtalsTintenstempeloderBlindprägestempelvor.UnterdenaktivenKol-legen verwendet Tobias Wimbauer (geb. 1976)einenExlibrisTintenstempel.Vonmirnichtbe-rücksichtigtwerdenweitere›Spuren‹wieLogos,Reklamemarken,Siegelmarken,Signetsundan-dereKleingrafiken.

Erscheinungsformen

Grundsätzlich lassen sich vier Hauptgruppenunterscheiden. Sogenannte»Geschäftsexlibris«,oftmitZusätzenwie»Antiquariat« oder»AusderHandbibliothek«versehen.PrivateExlibris

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Leopold Alfred Baer, Frankfurt am Main bzw.

Paris

Antiquariatsbuchhandel

vonAntiquaren,aufdenennurderNamesteht.Ferner»Luxusexlibris«fürAntiquare,diemeistüberhaupt nicht in Bücher eingeklebt wurden,sonderneherinkleinenAuflagen,signiertvomKünstler,nummeriertetc.›gesammelt‹und›ge-tauscht‹wurden.HierfehlthäufigauchderTer-minus Exlibris. Meist waren diese AntiquareMitglieder einer Exlibrisvereinigung, wo diese»Tauschtradition« heute noch gepflegt wird.Und zuletzt eine recht kuriose Erscheinung,das»Provenienzexlibris«.EsisteineArtWerbe-exlibris und wurde zu reinen Propaganda-zwecken hergestellt, um auf eine bedeutendeProvenienz einer Büchersammlung oder eines

Vorbesitzersaufmerksamzumachenundsomitfür eine Bibliothek zu werben. Der Heidel-berger Antiquar Ernst Carlebach (1838–1923)pflegtedieseTradition.

Die Gestaltung eines Exlibris stellt an denKünstlereineHerausforderungdar.ErhatnurwenigRaumfüreinegrafischeUmsetzungzurVerfügung. Ferner müssen Wünsche, Eigen-heiten und Schriftzüge des Auftraggebers be-rücksichtigtwerden.Meistwerdendreibisfünfzeichnerische Vorentwürfe angefertigt, aus de-nen sich der Kunde einen Favoriten aussucht.DieEntscheidung,inwelcherDrucktechnikdasExlibris entsteht, liegtmeistbeimKünstler.EsgibtGrafiker,dievorwiegendmitRadier-,Stahl-stich-oderHolzschnitttechnikenarbeiten.An-

derewiederumgestaltennurnochBuchdrucke(Klischee)perComputer.Unterschiedlichwirddie künstlerische Kennzeichnung gehandhabt.Teilweise wird auf einen Namenshinweis oderMonogrammverzichtetodernur aufKunden-wunsch ausdrücklich hinzugefügt. ÄhnlichverhältessichmitDatierungen.DasWeglassendieser Informationen hat den Nachtteil, dassspätere Nachforschungen und Zuordnungenerschwertwerden.

EsgibtauskünstlerischerSichtkeineinheit-lichesErscheinungsbild.Vieleherzeigtsicheinebunte Stilmischung verschiedener Zeiten undKunstepochen.Oftmalsfindetmaninderbild-lichen Darstellung einen direkten beruflichenBezug: Bücherstapel, Ladengeschäft (Innen-und Außenansicht), Porträtdarstellungen (rea-listischoderalsKarikatur),aberauchHinweiseauf fachliche Spezialisierungen oder private(familiäre)Verbindungen.

Problemkreise

MeineSuchebeginntmitHilfevonSuchmaschi-nen. Diese sind auf sprachlich klare Vorgabenangewiesen. Unterschieden werden weder dieKonjugation eines Wortes noch unterschied-liche Rechtschreibformen. Ob man »Exlibris«oder»Ex-libris«schreibt,istzunächstegal,hataber durchaus Einfluss auf das Suchergebnis.VonausländischenSuchprogrammenwird»Ex-libris« inzwischen zwar akzeptiert, kommt imEnglischen jedoch auch unter Begriffen wie»Bookplate«oder»BookTradeLabel«vor;wo-beihieroftmals(auch)dieBuchhändlermarkengemeintsind.

EinweiteresProblembestehtdarin,dassderBegriffExlibrisinderdeutschenSprachevielfäl-tigverwendetwird:Computerprogramme,An-tiquariatsbuchhandlungenundzahlreicheBuch-titel führen diesen Begriff ebenfalls. Exlibrishaben keine Titelbeschreibung. Der VerkäufervergibtdurchseineBeschreibungdesObjekteseher einen subjektiven ›Titel‹. Das kann eben-falls zu kuriosen Funden oder, wie meist, zu

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Drei Berliner Firmen: Martin Breslauer, Kauf-haus des Westens und Max Harrwitz

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einem unbefriedigenden Ergebnis führen. AlsBeispiel sei hier nur das Exlibris von Karl W.Hiersemann erwähnt, das ich in einer Online-Auktion fand. Hier wurde der Verkaufsartikelderartdilettantischbeschrieben,dassichihnfastübersehenhätte.Es las sichwie folgt: »ÄltererMann schreibend vor Manuskript«. Auf demangefügtenMiniaturscanwarderNameHierse-mann zu lesen, in der Beschreibung fehlte er.MitdiesemBeispielzeigtsicheinweiteresPro-blemmeinerArbeit:AngeboteneObjektewer-denunvollständigoderderartoberflächlichbe-schrieben, dass eine schnelle Verbindung zumAntiquariatfastunmöglicherscheint.

Nach meinem Kenntnisstand gibt es zumeinem Thema keine umfassende PublikationindeutscherSprache.BekanntistdieArbeitvonFritzFunke›ExlibrisausdemBuch-undBiblio-thekswesen‹ (Leipzig 1966), die aber lediglicheinAntiquariats-Exlibrisverzeichnet.Ichkonn-te weder auf Spezialsammlungen noch auf einentsprechendes Verzeichnis zurückgreifen. Ichwusste, ich suche die ›Nadel im Heuhaufen‹,abergabesüberhaupteine›Nadel‹?DieseFragekann man inzwischen mit ja beantworten. Esgibt inzwischen sogar recht viele ›Nadeln‹,gefundenwerdenmüssensietrotzdem.

So steht für die kommenden Jahre dieSichtungdergroßendeutschenExlibris-Samm-lungen in Bibliotheken an. Die größte Samm-

lungbesitztdasGutenberg-MuseuminMainz.ZahlreicheSchenkungen,darunter1963dieum-fangreiche Sammlung des Chemikers WillyTropp (1884–1972), trugenzumWachstumdesgrafischesBestandsbei. InzwischenbesitztdasGutenberg-Museumetwa100.000Exlibris vonmehrals7.000Künstlern.DasMuseumSchlossBurgk wurde 1981 als ›Nationales Exlibris-ZentrumderDDR‹gegründet.Hierbefindetsichdie Sammlung Paul Heinicke (1874–1965), seit1904 Mitglied des Leipziger BibliophilenAbends. Inzwischen umfasst die Sammlungmehrals75.000Blätter.DieDeutscheNational-bibliothek inLeipzigverwaltet imBestandder

Grafischen Sammlung eine Exlibrisabteilungmitcirca10.000Blatt,dieausunterschiedlichenProvenienzenstammenundüberwiegenduner-schlossen sind. Sie sind entweder geografischund/oder nach Künstlern geordnet aufgestellt.Zu einem Teilbestand von 5.000 Blatt gibt eseinenZettelkatalogderEigner,derkeine sach-lichenZugriffenachAntiquarenoderAntiqua-riaten erlaubt. Hierin integriert ist die Samm-lungvonRaymundSchmidt(1869–1946).

Wer sich mit Exlibris von Antiquaren be-schäftigt,kanndiesnichtohneBerücksichtigungderEntwicklungvonBibliophilieundAntiqua-riatsbuchhandeltun.EinenHandelmitantiqua-rischenBüchernimheutigenSinnedürfteesinDeutschland erst seit Beginn des 19. Jahrhun-

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Alfred Dultz, München, und

Klaus Schubert, Mannheim

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dertsgeben.DieBlütezeitdesAntiquariatsbe-ginntinderzweitenHälftedes19.Jahrhundertsmit Geschäftsgründungen großer Weltfirmenwie1864LudwigRosenthalinFellheim(späterMünchen), 1872 Harrassowitz in Leipzig und1885Hiersemann,ebenfallsinLeipzig.Etwaab1890 erlebtederAntiquariatsbuchhandel einenAufschwung.BedingtwurdedieseEntwicklungdurch Faktoren wie: Technische Modernisie-rungen in der Buchherstellung, Urbanisierungder Städte mit Schaffung einer neuen Laden-und Geschäftsstruktur, Gründung von Biblio-theken und Universitäten weltweit, Gewerbe-

freiheit, Reichsgründung, immensen Bevöl-kerungsanstieg bei gleichzeitig verbessertenBedingungen für Alphabetisierung und Schul-bildungundletztendlicheinemBildungsbürger-tum,daseinwachsendesInteressefürBibliophi-leentwickelte.Undsomageswenigerstaunen,dassdieDeutscheExlibrisGesellschaft1891inBerlin unter dem Namen ›Exlibris-Verein zuBerlin‹ gegründet wurde. Inspiriert durch dieJugendstilbewegung entstand eine Exlibriskul-tur.JetztgaltesnichtmehrnurExlibrisinBü-cherzukleben.Siewurdengesammelt,getauschtund als selbständiges, kleines Kunstwerk be-trachtet. Alleine im deutschsprachigen Raumwarenzwischen1890und1930ungefähr3.500bis4.000KünstleraufdiesemGebietaktiv.Manschätzt die Zahl der in dieser Zeit gedruckten

Exlibris auf über 200.000 Exemplare. Es gabeine regelrechte Exlibrisbewegung, die breitenZuspruchbeiSammlern,VerlegernundKünst-lern fand.DieseEuphoriedürfte sich auchaufAntiquare verbreitet haben. Das bisher ältesteExlibriseinesBerufskollegen,das ichnachwei-senkonnte, stammteausdemJahr1899.Es istdas schöne Jugendstil-Exlibris von EphraimMoseLilienfürMartinBreslauer.

MeineStudiedokumentiertinersterLiniedieFirmengeschichte eines Berufsstands. Hier istdas entsprechendeExlibrisderAusgangspunktzuweiterenNachforschungen.Bemerkenswert

ist vielleichtnochdieTatsache,dasses sich oftmalsum Firmen han-delt,dieansonstennicht mehr be-kannt wären. SoistdasExlibrisei-neArtWegweiserzu einer Lebens-spur geworden.Die Exlibrisfor-schung hingegenhat sich fast im-meraufdiekünst-lerischen Hinter-

gründe dieser Kleingrafiken konzentriert undseltenaufdieGeschichtederEigner.Beimiristdiesgenauumgekehrt.

Das größte Problem ist, wie bereits gesagt,das Auffinden der entsprechenden Objekte.FastgleichzeitigmüssenBeweiseermitteltwer-den, die bezeugen, dass dies wirklich ein Ex-libris einesAntiquarsundnicht einesNamen-vetters ist. Bei derart schlechter Quellenlage,wie sie in diesem Berufsstand vorhanden ist,kanndiesschwierigsein.

Zunächst wollte ich mein Projekt aufdeutschsprachige Kollegen beschränken. Dieswarauchnaheliegend,weilhierderZugangzuetwaigen Hintergrundinformationen am ein-fachstenerschien.DadurchwürdenaberdieEr-gebnisse stark eingeschränkt werden. Da das

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Antiquariatsbuchhandel

Themaohnehinkomplex istund ich immerhinschon54Exlibrisnachweisenkonnte,werdeichdeninternationalenAnsatzfortsetzen.

Bisherwurdeninsgesamt101Exlibrisvon54Antiquaren beziehungsweise Antiquariaten er-mittelt:AntikvariatHejda&Tucek•Antiqua-riat an der Bundesstraße • Leo Baer • Jens H.Bauer•BourcyundPaulusch•GünterBremer(5)•BernhardH.Breslauer•MartinBreslauer(2)•ErichBürck(2)•ErnstCarlebach•Deuer-lichscheBuchhandlung•AlfredDultz•MichaelEschmann(2)•GeorgEwald•WilliamA.Foyle•ReneGemuseus •HansHarrassowitz •MaxHarrwitz • Paul Hennings • Karl W. Hierse-mann•EmilHirsch•AbrahamHorodisch(22)•KaufhausdesWestens •StephanKellner •V.Klochkov•H.P.Kraus•WilhelmKuhrdt(2)•LouisLamm•ArnulfLiebing•LeoLiepmanns-sohn (2) • R. Loef • Aad van Maanen • EdithMarkert(2)•KarlMarkert(2)•GüntherMet-zeltin • Müller Antiquariat (Bernburg) • JosefMüller • P. J. Nienaber • Leonis S. Olschki •EberhardOtt•H.D.Pfannjr.•TheodorPin-kus•WolfgangRieger•BernardM.Rosenthal•JacquesRosenthal•NorbertRosenthal•KlausSchubert(2)•AlfredSchulz•Schuster&Bufleb• Johan Souverein (15) • Heinrich Staadt •Tobias Wimbauer • Claus Wittal • RobertWölfle.–DieZahlinKlammergibtdieMotiv-varianten an. Es ist nicht ungewöhnlich, dassAntiquare, die Mitglied einer Exlibrisgesell-schaftwaren,mehrereExlibrisbesaßen.

Bisher ermittelte Exlibris nach Ländern ge-ordnet: Deutschland • Großbritannien • Nie-derlande • Österreich • Rußland • Schweiz •Südafrika•Tschechien•Ungarn•USA.

Ausblick

Geplant sind ausführliche Firmenporträts mitAbbildungenderentsprechendenExlibris.Un-abhängigdavonwärenauchzusammenfassendeArbeitendenkbar,die sich auf einen speziellenThemenschwerpunkt konzentrieren, wie zumBeispielAntiquarealsSammler,GrafikundEx-

librisalsHandelsgegenständedesAntiquariats,Exlibris als Geschäftsexlibris, Exlibris alsLuxusexlibris und Sammelgegenstand, ExlibrisalsWerbeträgeroderüberoffeneundversteckteMotive des Antiquariatsbuchhandels im Ex-libris.DienächstenJahrewerdenzeigen,obesgelingt, neben den eigentlichen Exlibris auchgenügend firmengeschichtliches Hintergrund-materialzusammeln.

Mein Projekt ist eine Suche nach ›Bildern‹,die zwischen Buchdeckeln versteckt sind undetwasvonderGeschichtedesAntiquariatsbuch-handelserzählen.EsisteineSuchenachSpurenvonKollegenimwahrstenSinnedesWortes.Essind kleine Gedenksteine aus Papier, die es zufindengilt.Danichtbekanntist,wievieleExli-brisüberhauptexistieren,mussdavonausgegan-gen werden, dass weitere unbekannte Objekteirgendwoschlummern.SchondeshalbkanndievorliegendeArbeitkeineVollständigkeitanstre-ben.SieisteinernsthafterVersuch,sichdieseminteressanten und bisher unerforschten Gebietmit Ausdauer von zehn Jahren zu nähern.DanachwirddasProjekt in schriftlicherFormabgeschlossenwerden,bleibt jedochneuenEr-kenntnissenundBelegenoffen.

Wie sieht das Antiquariat 2020 oder 2030aus? Sammelt der Antiquar dann selbst nochBücher?KlebterindieseseinExlibrisein?Inte-ressiertersichnochtiefgehendgenugfürHin-tergründe eines Sammelgebietes, mit dem erhandelt?Oderwirdimmermehrausschließlichdas InternetalsDatenquelle fürberuflicheRe-cherchenzuRategezogenwerden?MeineAr-beitgehtauchdiesenFragennach.DasSelbst-verständnisdesAntiquarsbefindetsichineinemradikalenWerteumbruch.Ausgehendvoneinergewachsenen Ethik, die sich über Ideale wieIndividualität, Gelehrtentum, HandbibliothekundBibliophilie definierte, unterliegt sieheuteneuen, teilweise recht unklaren Berufsvorstel-lungen. Das Exlibris des Antiquars wirkt hierwieeinFanal aus ›alten‹Zeiten.SobleibtzumSchlussnur(noch)dieFragezuklären,obdiesalleseinStrohfeuervonknapp110Jahrenwar?

MichaelEschmann