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Staats- und Europarecht III EU-Recht und Europapolitik Dr. Peter Becker

Staats- und Europarecht III Europarecht.pdf · Erläuterung zum Drei-Säulen-Modell des Vertrags von Maastricht 1. Es entsteht ein Verfassungsverbund der „Europäischen Union“

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Staats- und Europarecht III

EU-Recht und Europapolitik

Dr. Peter Becker

Ausgangspunkt: Nach dem Modulhandbuch sollen durch die Veranstaltung folgende fachliche und methodische Kompetenzen erworben werden:

Die Studierenden sind in der Lage, den historischen und politischen Prozess der Entwicklung der EU zu

verstehen, die Organisationsstruktur der EU zu erkennen, die vertraglichen Grundlagen der EU sowie den Rechtssetzungsprozess in

der EU zu erklären sowie die Bedeutung der verschiedenen Rechtsquellen einzuschätzen,

die EU-Grundrechte und EU-Grundfreiheiten sowie ihr Verhältnis zum nationalen Recht erklären und anwenden zu können,

die Bedeutung der Lobbyarbeit in der EU zu verstehen und bewerten zu können, insbesondere die Arbeit des Informationsbüros Mecklenburg-Vorpommern bei der EU

Themenübersicht I. Verbindungen von Staaten und Integrationsprozesse

II. Entstehung und Entwicklung der EU

III. Grundlagen der Übertragung von Hoheitsrechte

IV. Rechtsquellen des Gemeinschaftsrechts

V. Organisationsstruktur der EU

VI. Rechtssetzungsverfahren in der EU

VII. Verhältnis von Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht

VIII.Charta der Grundrechte der EU

IX. Binnenmarkt und EU-Grundfreiheiten

X. Lobbyismus in der EU

Teil I Verbindungen von Staaten und Integrationsprozesse

Überblick - Verbindungen von Staaten

Völkerrechtliche Verträge Bi- oder multilaterale Absprachen auf abgegrenzten Feldern Lässt die staatliche Souveränität unangetastet Führt zur Verpflichtung, bestimmte Souveränitäts-rechte nicht oder nur in gewisser Weise auszuüben

Typischerweise keine eigene Organe

Beispiele:

Praktisch auf allen Federn möglich, insbesondere aber Wirtschafts- und Freihandelsabkommen, Umweltschutzabkommen,Abrüstungsvereinbarun-gen und dgl.

Supranationale Organisationen

Bundesstaat Einheitsstaat

Institutionalisierung eigene Organe

Partiell rechtsfähig

Bindungswirkung von Beschlüssen nur im Außenverhältnis (völkerrechtlich)

Keine eigenen Souveränitätsrechte

Meist zu politischer Neutralität verpflichtet

Beispiele:

Vereine Nationen

Weltbank

IWF

Europarat

Staatlichkeit des Bundes und der Mitgliedstaaten

Eigene Parlamente und Regierungen auf jeder Ebene

Geteilte Souveränität (jede Ebene übt den Teil der ihr zugewiesenen Staatsgewalt selbständig aus)

Beispiele:

Bundesrepublik Deutschland, Österreich, Schweiz, USA, Indien, Brasilien

Zentralstaat und Provinzen

Provinzen besitzen keine Souveränität und üben nur übertragene Staatsgewalt aus

Teilweise jedoch semiautonom, z.B. durch Wahl des Gouverneurs und von Regionalparlamenten

Beispiele:

Zentral. Einheitsstaaten: Finnland, Island oder Israel

Dezent. Einheitsstaaten: Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Irland

Institutionalisierung eigene Organe

Zweck: Erfüllung bestimmter gemeinsamer Aufgaben bzw. Erreichung von Zielen

meist bestimmte politische Ausrichtung

Rechtsakte der Organisation haben unmittelbare Wirkung im innerstaatlichen Recht. Austritt möglich

Beispiele:

Früher EG

Internationale Organisationen

Staatenverbindungen

BVerfG (Lissabon-Entsch.): EU = Staatenverbund

Rechtsnatur der EU 1. Internationale Rechtspersönlichkeit

-> Völkerrechtssubjekt, Art. 47 EUV, kann völkerrechtliche Verträge abschließen

2. Rechtspersönlichkeit nach nationalem Rechte, § 335 AEUV -> Rechts-, geschäfts- und prozessfähig, außervertragliche Haftung Art. 340 AEUV -> Organe, Behördenunterbau: Körperschaft des öffentlichen Rechts

3. Eigene Rechtssetzungsbefugnis Aber keine originäre Staatsgewalt, sondern nur abgeleitet aus der Staatsgewalt der

Mitgliedsstaaten Keine Kompetenz-Kompetenz (Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung)

4. Kein Staatsgebiet

5. Kein Staatvolk (nur Unionsbürgerschaft)

Staatenverbund zwischen Staatenbund und Bundesstaat

Übergang zum Bundesstaat nach gegenwärtiger Verfassungslage nicht möglich. In Deutschland wäre wg. der Ewigkeitsgarantie in Art. 79 Abs. 3 GG eine neue Verfassung im Wege des Volksentscheid (pouvoir constituant) notwendig nach Art. 146 GG notwendig.

Integrationsprozesse

Wirtschaftlich Politisch

Integration

Freihandel/Kooperationen udgl.

Gemeinsamer Binnenmarkt

Handelserleichterungen State-building Nation-building

Gemeinsame Organe Gemeinsame Politik Eigenes Budget Eigene Rechtssetzung Eigene Währung

Gemeinsame Werte und Überzeugungen Passive und aktive „Citoyenneté“

Teil II Entstehung und Entwicklung der EU

Chronologie: Vorläufermodelle und -gedanken

Ursprünge im Mittelalter:

Europa als Idee des christlichen Abendlandes mit Kaiser und Papst an der Spitze, zunehmender Zerfall der Vorstellung nach dem Aufkommen der Idee von modernen Staaten nach dem Westfälische Frieden von 1648

Nach dem ersten Weltkrieg: Europaplan von A. Briand „Régime d’Union fédérale européenne“ Paneuropäische Bewegung von Graf R. Coudenhove‐Kalergi (Vereinigte Staaten von

Europa nach dem Vorbild der USA)

Nach dem zweiten Weltkrieg 1946: W. Churchills Rede über die „Vereinigten Staaten von Europa“ Pläne von R: Schubert und J. Monnet für eine Montanunion (Schumann Plan:

Vermeidung weiterer kriegerischer Auseinandersetzungen durch wirtschaftliche Integration, die eine Kriegsführung unmöglich macht)

1949: Gründung des Europarats – Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten von 1950 – ständiger Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte seit 1958

Chronologie: Wirtschaftliche Integration - Gründungsverträge und EWG

1951: Gründung der Montanunion (EGKS) : Keimzelle der Europäischen Integration ist die Europäisierung kriegswichtiger Industrien. Mitgliedstaaten: Frankreich, Deutschland, Italien und die Beneluxstaaten (Inkraftgetreten 1952, 2002 in den Anwendungsbereich des EG Vertrages integriert)

1954: Scheitern der Gründung einer Europäischen Politischen Gemeinschaft und einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft

1957: Römischen Verträge (EWG, EAG) Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG) durch die Mitgliedstaaten der Montanunion

1957: Abkommen über gemeinsame Organe für die Europäischen Gemeinschaften

Europäischer Gerichtshof

Beratende Versammlung (heute EU-Parlament)

1965: Fusionsvertrag In einem Fusionsvertrag vom 8. April 1965 wurde beschlossen, die Organe von EWG, EURATOM, EGKS zum 1. Juli 1967 zu fusionieren.

Gemeinsamer Rat und

Gemeinsame Kommission

Chronologie: Wandel der Organe der Gemeinschaften

EWG EGKS EAG

Europäischer Gerichtshof

Beratende Versammlung

Gemeinsamer Rat

Gemeinsame Kommission

1965 Fusion

Organe Organe Organe

1957: Abkommen über gemeinsame Organe

Europäischer Rechnungshof

1977

Europäisches Parlament

1979 Umwandlung

Chronologie Beginn der politischen Integration - von der EWG zur EG 1973: 1. Erweiterungsrunde – Vereinigtes Königreich, Irland, Dänemark

1977: Europäischer Rechnungshof

1979: Einführung der Direktwahl des Europäischen Parlaments

1981: Erweiterung - Beitritt von Griechenland

1986: Einheitliche Europäische Akte: • Vertragliche Grundlage für die Europäische Politische Zusammenarbeit

(EPZ) außerhalb der Gründungsverträge

• Bedeutender Zuwachs an Kompetenzen – schrittweise Verwirklichung des gemeinsamen Binnenmarktes

1986: 2. Erweiterungsrunde ‐ Beitritt von Spanien, Portugal

Chronologie: Von der EG zur EU – Ausbau der politischen Integration 1992: Unionsvertrag von Maastricht Vertrag über die Europäische Union (EUV) vom 7. 2.1992. Wandel von einer sektoral angelegte Wirtschaftsgemeinschaft zu einer Wertegemeinschaft (Art. 2 EUV a.F)

Drei-Säulen-Model der EU vor dem Vertrag von Lissabon

Maastricht-Urteil des BVerfG, BVerfGE 89, 155, 181ff. „Der Vertrag begründet einen europäischen Staatenverbund, der von den Mitgliedstaaten getragen wird und deren nationale Identität achtet; er betrifft die Mitgliedschaft Deutschlands in supranationalen Organisationen, nicht eine Zugehörigkeit zu einem europäischen Staat. […] Der Unions-Vertrag begründet – wie ausgeführt – einen Staatenverbund zur Verwirklichung einer immer engeren Union der – staatlich organisierten – Völker Europas, keinen sich auf ein europäisches Staatsvolk stützenden Staat. Angesichts dieses Inhalts stellt sich die vom Beschwerdeführer zu 1. aufgeworfene Frage nicht, ob das Grundgesetz eine deutsche Mitgliedschaft in einem europäischen Staat erlaubt oder ausschließt. […] Die Bundesrepublik Deutschland ist somit auch nach dem Inkrafttreten des Unions-Vertrags Mitglied in einem Staatenverbund, dessen Gemeinschaftsgewalt sich von den Mitgliedstaaten ableitet und im deutschen Hoheitsbereich nur kraft des deutschen Rechtsanwendungsbefehls verbindlich wirken kann. Deutschland ist einer der „Herren der Verträge“, die ihre Gebundenheit an den „auf unbegrenzte Zeit“ geschlossenen Unions-Vertrag (Art. Q EUV) mit dem Willen zur langfristigen Mitgliedschaft begründet haben, diese Zugehörigkeit aber letztlich durch einen gegenläufigen Akt auch wieder aufheben könnten. Geltung und Anwendung von Europarecht in Deutschland hängen von dem Rechtsanwendungsbefehl des Zustimmungsgesetzes ab. Deutschland wahrt damit die Qualität eines souveränen Staates aus eigenem Recht und den Status der souveränen Gleichheit mit anderen Staaten i.S. des Art. 2 Nr. 1 der Satzung der Vereinten Nationen […]“

Chronologie: Von der EG zur EU – Ausbau der politischen Integration Erläuterung zum Drei-Säulen-Modell des Vertrags von Maastricht

1. Es entsteht ein Verfassungsverbund der „Europäischen Union“.

Die EWG wird in „Europäische Gemeinschaft“ (EG) umbenannt,

Aus dem EWG-Vertrag wird der EG-Vertrag.

Übergang von einer reinen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) hin zu einer politischen Organisation, die auch für umwelt- und sozialpolitische Fragen zuständig ist

2. Jedoch keine formelle Vereinigung der drei Teilgemeinschaften (EGKS, EAG, EG)

Die Europäische Union wird als Dachorganisation konstruiert.

Neben den drei Gemeinschaften werden zwei weitere Politikbereiche gebildet • Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (Nachfolgeregelung EEA) • Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres umfasste.

Im Kontext mit dem EUV wird 1992 auch Art. 23 ins deutsche Grundgesetz eingefügt.

Chronologie: Erweiterung der EU 1995: Erweiterung auf 15 Mitgliedsstaaten – Beitritt von Schweden, Finnland, Österreich

1997: Vertrag von Amsterdam Reform des institutionellen Systems der Gemeinschaften,

Stärkung des Europäischen Parlaments

behutsame Reformen der gemeinsamen Außen‐ und Sicherheitspolitik

Konzept der „verstärkten Zusammenarbeit“

Wichtige Fragen bleiben jedoch offen, z. B.:

Stimmengewichtung im Rat

Neufestsetzung der Zahl der Kommissionsmitglieder nach der Osterweiterung

1.1.1999: Einführung des EURO in den Ländern der EURO-Zone (Buchgeld)

1.1.2000: allgemeines Zahlungsmittel

Chronologie: Gescheiterter Verfassungsentwurf 2000: Vertrag von Nizza: Reform auf dem kleinstmöglicher Nenner (Widerstand aus Polen): Stärkung des Stimmengewichts der größeren Mitgliedsstaaten, Mehrheitsentscheidungen im Rat; Sicherung der Arbeitsfähigkeit von Parlament und Kommission durch eine Begrenzung der Mitgliederzahl

2000: Feierliche Proklamation der Charta der Grundrechte der EU (zunächst „soft law“, da noch kein verbindlicher Bestandteil des primären Gemeinschaftsrechts)

2000: Erklärung zur Zukunft der Europäischen Union - Versuch einer Europäischen Verfassung 2001: Erklärung von Laeken zur Errichtung eines europäischen Verfassungskonvents, 2001: durch den Europäischen Rat einberufen, 2003: Verfassungsentwurf durch den Konvent 2004: Unterzeichnung des Verfassungsvertrages in Rom – Ratifikation aller Mitgliedstaaten war bis 1. November 2006 geplant,

Entwurf wurde jedoch bei Referenden in Frankreich (Mai 2005) und den Niederlanden (Juni 2005) abgelehnt

Chronologie: EU-Osterweiterung

2004: 4. Erweiterungsrunde: Estland, Litauen, Lettland, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn, Zypern

2007: 5. Erweiterungsrunde: Bulgarien und Rumänien

2007: Reformvertrag von Lissabon (in Kraft getreten zum 1.12.2009)

Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Mastricht-Vertrag)

Ende des komplexen Nebeneinanders von Gemeinschaften und Union durch Verschmelzung zu einer formell einheitlichen Europäischen Union

Funktionsweise: Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV ) vom 9.5.2008

Chronologie: Vertrag von Lissabon – die EU in ihrer heutige Form Die wichtige politische Änderungen: 1. Ausweitung der qualifizierten Mehrheitsabstimmung (≠ Regel der doppelten Mehrheit) im Gegensatz zum vorher geltenden Einstimmigkeitsprinzip 2. Einführung von drei Kompetenzkategorien der EU: a) Ausschließliche Zuständigkeit: z.B. Zollunion, gemeinsame Handelspolitik

(aktuell s. TTIP u. CETA-Diskussion und Parlamentsbeteiligung) b) Geteilte Zuständigkeit: z.B. Binnenmarkt, Verkehr, Energie, Umwelt c) Bereich mit Unterstützungs‐, Koordinierungs‐ und Ergänzungsmaßnahmen:

z.B. Schutz und Verbesserung der menschlichen Gesundheit, Industrie, Kultur 3. Verweise auf neue Herausforderungen (etwa Klimawandel und Energiesolidarität) 4. Verstärke Zusammenarbeit 5. Anwendung neuer Opt‐out und Opt‐in‐Bestimmungen Ermöglichung des Ausstiegs aus bestimmten EU‐Beschlüssen -> Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten 6. Einführung des Europäischen Bürgerbegehrens (mind. Eine Million Bürger)

Chronologie: Vertrag von Lissabon vs. Verfassungsentwurf

Streitige Punkte, die im Vergleich zum Verfassungsentwurf verworfen wurden:

Bezeichnung als „Verfassung“, jetzt „bloßer“ Reformvertrag

Symbole, Hymne und Gottesbezug wurde gelöscht, jetzt bloßer Verweis auf „kulturelles, religiöses und humanistisches Erbe Europas“

Volltext der EU‐GR Charta wurde durch Querverweis ersetzt: -> Trotzdem rechtliche Verbindlichkeit mit Ausnahme von Großbritannien und Polen

Kein Verweis auf freien und unverfälschten Wettbewerb: aber Regelung im Protokoll

Lissabon-Urteil des BVerfG (BVerfGE 113, 273 ) „Die verfassungsgebende Gewalt der Deutschen, die sich das Grundgesetz gab, wollte jeder künftigen politischen Entwicklung eine unübersteigbare Grenze setzen. Eine Änderung des Grundgesetzes, durch welche die in Art. 1 und Art. 20 GG niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig (Art. 79 Abs. 3 GG). Mit der sogenannten Ewigkeitsgarantie wird die Verfügung über die Identität der freiheitlichen Verfassungsordnung selbst dem verfassungsändernden Gesetzgeber aus der Hand genommen. Das Grundgesetz setzt damit die souveräne Staatlichkeit Deutschlands nicht nur voraus, sondern garantiert sie auch. […] Das mit dem Zustimmungsgesetz erfasste Vertragswerk macht das bestehende Verbundprinzip im System verantwortlicher Hoheitsrechtsübertragung unter Fortbestand der Souveränität der Mitgliedstaaten deutlich und genügt damit verfassungsrechtlichen Anforderungen. Der Vertrag von Lissabon macht erstmals das bestehende Recht jedes Mitgliedstaates zum Austritt aus der Europäischen Union im Primärrecht sichtbar (Art. 50 EUV-Lissabon). Dieses Austrittsrecht unterstreicht die Souveränität der Mitgliedstaaten und zeigt ebenfalls, dass mit dem derzeitigen Entwicklungsstand der Europäischen Union die Grenze zum Staat im Sinne des Völkerrechts nicht überschritten ist (vgl. Jouanjan, Monodisziplinäre Stellungnahmen, in: Kreis, Der Beitrag der Wissenschaften zur künftigen Verfassung der EU, 2003, S. 12). Kann ein Mitgliedstaat aufgrund einer selbstverantworteten Entscheidung austreten, ist der europäische Integrationsprozess nicht unumkehrbar. Die Mitgliedschaft der Bundesrepublik Deutschland hängt vielmehr von ihrem dauerhaften und fortbestehenden Willen ab, der Europäischen Union anzugehören. Die rechtlichen Grenzen dieses Willens richten sich nach dem Grundgesetz.“

Lissabon-Begleitgesetze

Problem:

Durch die Rechtssetzungsbefugnisse der EU (insbesondere bei Mehrheitsentscheidungen) können die Befugnisse des Bundestags und der Länder ausgehöhlt werden. Das Lindauer Abkommen bzgl. Bund-Länder-Kooperation wird dem nicht gerecht. Außerdem wurden vom BVerfG in der Mastricht-Entscheidung hohe Anforderungen an die Parlamentsmitwirkung gestellt.

Gesetzliche Regelungen: 1. Gesetz über die Wahrnehmung der Integrationsverantwortung des Bundestages und des

Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union

2. Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union

3. Gesetz über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union

EU heute Die wichtigsten Prinzipien:

• Prinzip der Supranationalität Supranationalität bedeutet, dass die Staaten Teile ihrer nationalen Souveränität abgeben und auf europäischer Ebene gemeinsam ausüben.

• Europäische Union als Rechtsgemeinschaft Die Europäische Union kann unmittelbar Gesetze (sogenannte Verordnungen) erlassen oder Vorgaben ("Richtlinien") machen, die die Staaten dann in nationales Recht umsetzen müssen.

• Grundsatz der Subsidiarität Eine Entscheidung soll so weit unten wie möglich getroffen werden. Auf europäischer Ebene soll nur entschieden werden, wenn deutlich ist, dass die EU den Sachverhalt besser regeln kann als die Nationalstaaten oder darunter liegende regionale Ebenen. Die Kompetenz-Kompetenz (=Vollmacht, darüber zu entscheiden, welche Ebene sich für eine Frage zuständig ist) liegt bei den Mitgliedstaaten.

• Grundsatz der degressiven Proportionalität Kleine Staaten haben (gemessen an der Bevölkerungszahl) mehr Gewicht als große. Beispiel: Ein Europaabgeordneter aus Malta steht für ca. 80.000 Menschen, ein Europaabgeordneter aus Deutschland für 800.000.

Wiederholungfragen 1. Lag die Kernidee zu eine europäischen Gemeinschaft in der

Verbesserung der Wirtschaftsbeziehungen der Mitgliedsstaaten?

2. In welche wesentlichen Schritte der Integration haben die Mitgliedsstaaten der EU bisher durchlaufen?

3. Wo liegt das größte Hindernis auf dem Weg zur EU-Integration?

4. In welchen drei wichtigen vertraglichen Etappen hat sich die EU in ihrer heutigen Form herausgebildet?

5. Sind die „Vereinigten Staaten von Europa“ als Bundesstaat nach den Bestimmungen des Grundgesetzes möglich?

6. Welchen rechtlichen Charakter hat die EU und hat sie eine Verfassung?

7. Hat die Unionsbürgerschaft (vgl. Art. 20 AEUV) eher symbolische oder auch staatsrechtliche Bedeutung?

Teil III Grundlagen der Übertragung von Hoheitsrechte

Der Integrationsprozess wirft in Bezug auf die Übertragung von Staatsgewalt u.a. folgende Probleme auf: 1. Ist die Übertragung von Staatsgewalt auf eine supranationale Organisation (EU) überhaupt zulässig

2. Geteilte Staatsgewalt im Föderalstaat a) Zuständigkeit des Bundes?

b) Rolle der Länder?

3. Umfang der Übertragung von Staatsgewalt a) Aushöhlung der Staatsorganisationsgrundsätze und der Grundrechte?

b) Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG?

c) Innerstaatlicher Umgang mit Kompetenzüberschreitung von EU – Stellen?

Exkurs: Verbandskompetenz bei völkerrechtlichen Verträge Art. 32 GG vs. Art. 30 GG: • Für auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung steht den Bund die

Gesetzgebungskompetenz (Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 GG) zu und damit auch die Befugnis zum Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen.

• In den Bereichen, in denen der Bund die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit innehat und der Bund von einer Kompetenz Gebrauch gemacht hat, ist der Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen ebenfalls Bundessache.

• In allen anderen Fällen können die Länder völkerrechtliche Verträge abschließen (Art. 32 Abs. 3 GG).

Problem: Auseinanderfallen von Abschluss- und Umsetzungskompetenz zwischen Bund und Ländern Lindauer Abkommen: 1. Bund tritt auch im Bereich des Art. 32 Abs. 3 GG mit umfassender

Vertragsschlusskompetenz für die Länder auf.

2. Betroffene Länder werden vorher beteiligt und müssen ggf. zustimmen.

Mastricht- bzw. Lissabon-Begleitgesetze bzgl. der Besonderheiten EU-Integration aus den EU-Verträge von 1992/2007

EU-Integration – Art. 23 GG 1. Ermächtigung

Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union mit

Übertragung von Hoheitsrecht durch den Bund ist zulässig Voraussetzung: EU muss demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen und dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet sein und einen diesem Grundgesetz im wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleistet

2. Schutzvorkehrungen

Übertragung nur per Gesetz und mit Zustimmung des Bundesrates

Für vertragliche Regelungen, die verfassungsändernde Wirkung haben, gilt Art. 79 Abs. 2 und 3 GG

Klagerecht des Bundestags (Antrag ¼ der Mitglieder!) und Bundesrats zum EuGH wegen Verletzung des Subsidiaritätsgrundsatzes

Frühzeitige und umfassende Unterrichtungspflichten der BR ggü. BT

Umfangreiche Mitwirkungsrechte der Länder (daneben Begleitgesetze s.o.)

Grenzen der Übertragung von Hoheitsrechten, Art. 23 GG

Wirkung der Übertragung von

Hoheitsrechten auf die EU

Anwendungsvorrang des Unionsrecht vor

dem innerstaatlichen Recht

Freistellung der EU bzw. dtschen.

Staatsgewalt von der Bindung des GG

Grenze: Verfassungsidentität (Art. 79 Abs. 3 GG)

Kontrolldichte des BVerfG

Identitätskontrolle

Verletzung unantastbarer Grundsätze des GG durch deutschen Gesetzgeber oder EU

• Menschenwürde (Art. 1 GG)

• Demokratie, Rechts-, Sozial- oder Bundesstaatsprinzip (Art. 20 GG)

Ultra vires Kontrolle

Sind EU-Maßnahmen vom Integrationsprogramm des Art. 23 Abs. 2 GG und damit vom Anwendungsvorrang des EU-Rechts gedeckt

• „offensichtliche“ Kompetenz-überschreitungen der EU-Stellen

Integrationsverantwortung deutscher Stellen („Schutzpflicht“) Verletzung, wenn 1. keine Schutzmaßnahmen getroffen, 2. getroffene

Maßnahmen offensichtlich ungeeignet oder völlig unzulänglich, 3. wenn sie erheblich hinter dem Schutzziel zurückbleiben

Besprechungsfall – Grenzen der Übertragung von Hoheitsgewalt

Am 26.7.2012 kündigte EZB-Präsident Mario Draghi an, die EZB werde „innerhalb ihres Mandates alles Erforderliche tun, um den Euro zu erhalten“. Diese Aussage wurde allgemein als Andeutung des Ankaufs von Staatsanleihen gewertet. Am 2.8.2012 gab er bekannt, die EZB erwäge neuerliche Interventionen an den Staatsanleihenmärkten und könne sich überdies andere unkonventionelle Maßnahmen vorstellen. Am 6. 9.2012 hat der EZB-Rat in der Folge das Outright Monetary Transactions Programm beschlossen (OMT-Beschluss). In Deutschland wurde die Auffassung vertreten, die dass OMTs nicht vom Mandat der Europäischen Zentralbank gedeckt seien, weil sie sich „nicht mehr als währungspolitische, sondern als überwiegend wirtschaftspolitische Maßnahme darstellten“ und insoweit ein Verstoß gegen Art. 119 und Art. 127 Abs. 1 und Abs. 2 AEUV vorliege. Ferner sei das Programm als mit dem in Art. 123 AEUV verankerten Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung unvereinbar. Damit seien die Rechte des Deutschen Bundestages und letztlich das Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 2 GG) verletzt. Deutsche Verfassungsorgane, Behörden und Gerichte – auch die Deutsche Bundesbank – dürfe deshalb nicht an der kompetenzüberschreitenden Handlung nicht mitwirken dürften. Kann das BVerfG darüber entscheiden, ob das Verhalten der EZB rechtmäßig ist und kann es deutschen Stellen eine Mitwirkung an dem Programm verbieten?

Outright Monetary Transactions (OMT) Als Outright Monetary Transactions (OMTs) (wörtlich: vorbehaltlose geldpolitische Geschäfte) bezeichnet man ein von der Europäischen Zentralbank (EZB) angekündigtes Instrument, unter dem das Eurosystem in vorab unbeschränktem Ausmaß Ankäufe kurzfristiger Anleihen von Staaten im Euro-Währungsgebiet durchführen kann. Bislang (Stand: Juni 2016) wurde noch von keinem Staat ein OMT-Programm in Anspruch genommen, das heißt, es sind auch noch keine Staatsanleihenkäufe als OMTs erfolgt. Es wird jedoch allgemein davon ausgegangen, dass bereits die bloße Ankündigung in der Vergangenheit eine beruhigende bzw. zinssenkende Wirkung auf die Finanzmärkte ausgeübt hat.

Die Zielsetzung von OMTs besteht nach Aussage der EZB insbesondere darin, die ordnungsgemäße geldpolitische Transmission und die Einheitlichkeit der Geldpolitik sicherzustellen. Während der Eurokrise hatte die EZB immer wieder Schwierigkeiten, durch Änderung ihrer Leitzinsen die Zinssätze im Euroraum zu beeinflussen. Dieser so genannte Transmissionsmechanismus funktionierte nur in manchen Staaten, in anderen war er in erheblichem Maße blockiert. Die EZB führte diese Blockade zu einem gewichtigen Teil auf übersteigerte Risikobewertungen von Anlegern in Bezug auf die Staatstitel einzelner Länder zurück. Ein umfassender Aufkauf solcher Anleihen durch die nationalen Zentralbanken der Eurozone könnte in diesem Umfeld nach Meinung der Bank zu einer Entspannung führen und auf diese Weise den Transmissionsmechanismus in den betroffenen Staaten wieder aktivieren, was zugleich die Einheitlichkeit der Geldpolitik wiederherstellen würde. (Quelle: Wikipedia)

Teil IV Rechtsquellen des Gemeinschaftsrechts

Besprechungsfall zur Einführung: EU und Bieterschutz Die EU hat 1994 ein Agreement on Government Procurement mit 13 Staaten der WHO abgeschlossen. Das Abkommen sollte innerhalb der Vertragsstaaten eine diskriminierungsfreie, transparente und rechtsstaatliche Vergabe von öffentlichen Aufträgen gewährleisten, sofern der Auftragswert einen bestimmten Schwellenwert („Special Drawing Rights“) übersteigt.

Zu Umsetzung dieses Abkommens bestand die EU gegenüber den Mitgliedsstaaten auf die Einführung eines effektiven Bieterrechtschutzes, der dem Bieter einen Anspruch auf ordnungsgemäßes Verfahren i.S. eines subjektiven Rechts einräumte (kartellrechtliche Lösung).

Deutschland hielt vertragswidriger aber am bisherigen Ansatz fest, wonach übergangene Bieter die Verletzung von Vorschriften des Vergabeverfahrens nicht rügen, sondern nur Schadenersatz verlangen konnten (haushaltrechtliche Lösung).

Die EU-Kommission sah dieses Verfahren als unzureichend an.

Frage:

Warum war es für die EU – im Gegensatz zur EU-VO 261/2004 über Fluggastrecht - nicht praktikabel, einen Rechtsakt zu erlassen, der Bietern in Deutschland ein direktes Klagerecht gegen die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften einräumt?

Überblick

Gemeinschaftsrecht

Primärrecht Sekundärrecht

Verfassungsrecht der EU

= die von den Mitgliedsstaaten als Verfassungsgeber geschlossene Verträge, d.h. EUV und AEUV, EU GR Charta

Materielle Grundlagen der EU - Gemeinsame

Werte - Wirtschafts-

verfassung Vgl. Art. 2 EUV

Kompetenz-bestimmungen

für den Erlass von Sekundärrecht

Vgl. Art. 2 ff.; 288 AEUV

Grundlegende Bestimmungen über die Organe

Vgl. Art. EUV

Abgeleitetes Unionsrecht

Verordnungen Beschlüsse Richtlinien

Empfehlungen und Stellungnahmen

Art. 288 AEUV

Primärrecht

1. Quellen des Primärrechts:

a) Gründungsverträge der Europäischen Gemeinschaften

(EUV und AEUV = „Verträge“ Art. 1 Abs. 3) einschl. Anhänge und Protokolle (Bestandteil der Verträge, Art. 51 EUV)

b) Ungeschriebenes Recht

Vor allem die Allgemeinen Rechtsgrundsätze, die der EuGH entwickelt hat, um Lücken im geschriebenen Recht zu schließen.

-> Vergleich der Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten, um ein Grundtatbestand übereinstimmender Prinzipien „herauszufiltern“

Primärrecht 2. Grundsatz der unmittelbare Geltung des Primärrechts a) Völkerrechtlicher Grundsatz: Völkerrechtliche Verträge haben grds. nur Bindungswirkung zwischen den Staaten aber nicht den Staatsangehörigen (-> Transformationsgesetz erforderlich)

b) Besonderheit der EU-Verträge: Durch die Abtretung von Souveränitätsrechten an die EU ist Recht entstanden, das für die Angehörigen der vertragsschließenden Mitgliedstaaten unmittelbar gilt. (erstmals EuGH Rs. 36/63, Slg. 1963, 3/S. 24 „Van Gend& Loos“)

c) Einschränkung: Unmittelbare Geltung nur, wenn die jeweilige Bestimmung des primären Unionsrechts „rechtlich vollkommen“ ist, d.h.

unbedingt (d. h. vor allem vom Umsetzungswillen des Mitgliedstaates unabhängig) und

hinreichend bestimmt (auch ohne konkretisierenden Umsetzungsakt vollzugsfähig)

d) Beispiele: Vor allem Grundfreiheiten, wie Niederlassungsfreiheit und freien Verkehrs von Waren, Personen, Dienstleistungen

Sekundärrecht 1. Rechtscharakter Sekundärrecht ist Recht, das auf durch Ermächtigung in den Verträgen (Primärrecht) von EU-Organen aufgrund eines besonderen Kompetenztitel (Prinzip der Einzelermächtigung) erlassen wurde. Ähnlich wie bei Satzungen von Selbstverwaltungskörperschaften beruht es also auf übertragener (abgeleiteter) Souveränität der Mitgliedsstaaten. Problem: Vorrang vor nationalem Recht? -> Sicht des Völkerrechts und Verfassungsrechts (Art. 23 GG)? (EuGH: Im Kollisionsfall wird das entgegenstehende nationale Recht nicht ungültig, sondern bleibt in Kraft und kann auf Fälle, in denen keine Kollision besteht – z.B. weil das Unionsrecht sie gar nicht erfasst – weiter angewendet werden; BVerfG: Brückentheorie, ultra-vires-Kontrolle)

2. Formen des EU-Sekundärrechts EU-Organe können folgende Rechtsakten erlassen (vgl. Art. 288 AEUV): a) Verordnungen b) Richtlinien c) Beschlüsse d) Empfehlungen und Stellungnahmen

Sekundärrecht

a) Verordnungen

Nach Art. 288 AEUV hat die Verordnung allgemeine Geltung.

Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Die Verordnung kommt allgemeine Geltung zu, also abstrakt generelle Wirkung

-> Sie sind mit einem Gesetz im materiellen Sinne vergleichbar.

Um ihre Wirkung zu entfalten, bedarf die Verordnung keiner Transformation oder Inkorporation in das Rechtssystem der Mitgliedstaaten.

Beispiel:

Sekundärrecht

b) Richtlinien Bei Richtlinien sieht das das Unionsrecht ein zweistufiges Verfahren der Rechtsetzung vor.

Stufe 1:

Richtlinie richten sich an die Mitgliedstaat.

Sie ist hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich.

Wahl der Form und der Mittel wird den innerstaatlichen Stellen.

Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um das in der Richtlinie festgelegte Ziel zu verwirklichen.

Stufe 2:

Umsetzung in national Recht -> gegenüber dem Bürger verbindlich

Beispiel:

Diverse Vergaberichtlinien -> Umsetzung im GWB

Sonderproblem: Fehlende RL-Umsetzung - „effet utile“ 1. Unmittelbar anwendbare Richtlinien Der EuGH hat eine unmittelbare Wirkung von Richtlinien inzwischen unter folgenden Voraussetzungen anerkannt:

a) Keine frist- bzw. ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinie

b) Die Richtlinie ist inhaltlich unbedingt (die Richtlinie darf nicht vom Umsetzungswillen des Mitgliedstaats und dem Entscheidungs-ermessen anderer Entscheidungsträger abhängig sein)

c) Die Richtlinie bedarf hinreichend genauer Regelungen (Rechtsnormqualität der Richtlinie)

2. Keine unmittelbare Anwendbarkeit Ggf. Schadensersatz ggü. Mitgliedsstaat (Amtshaftung)

Erfolgreiche Verfahren gegen Deutschland:

-> Brasserie „Pecheuer“ (Reinheitsgebot); Reiserichtline

Sekundärrecht

c) Beschlüsse

Nach Art. 288 AEUV sind Beschlüsse in allen ihren Teilen verbindlich.

Sind sie an bestimmte Adressaten gerichtet, so sind sie nur für diese verbindlich.

Im Gegensatz zur abstrakten Regelung der Verordnung trifft der Beschluss eine konkrete Regelung für den Einzelfall.

-> Beschlüsse sind deshalb nach deutschem Recht mit einem Verwaltungsakt vergleichbar.

Beispiel: Wettbewerbsrecht, Genehmigung von Fusionen Aber auch Ernennungen, Entscheidungen im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, Internationaler Verträge und bei vereinfachter Änderungen der Verträge

Sekundärrecht

d) Empfehlungen und Stellungnahmen Empfehlungen und Stellungnahmen sind unverbindlich.

Sie können jedoch auch rechtlich erheblich sein.

Beispiele:

Stellungnahmen als Prozessvoraussetzung im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 258 AEUV

Empfehlungen bei der Verletzung fundamentaler Grundsätze durch Mitgliedsstaaten (Art. 7 EUV)

Grundsatz der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit - Art. 5 EUV

Gleicher Gedanke wie bei konkurrierender Gesetzgebung des Bundes Art. 72 GG:

1. Prinzip der Subsidiarität (Art. 5 Abs. 3 EUV)

Die Union wird in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten

weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr

wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind.

2. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Maßnahmen der Union dürfen inhaltlich und formal nicht über das zur Erreichung der Ziele der Verträge erforderliche Maß hinausgehen (Art. 5 Abs. 4 EUV).

Wiederholungsfrage 1. Worin unterscheiden sich Primär- und Sekundärrecht?

2. Ist der Satz „Die Mitgliedsstaaten sind der Herr der Verträge“ in der EU uneingeschränkt richtig?

3. Welche Theorien gibt es zum Geltungsvorrang der EU-Rechts?

4. Welche in Formen von Rechtsakten kann die EU handeln?

5. Worin besteht der Unterschied zwischen EU-Verordnungen und Richtlinien?

6. Unter welchen Voraussetzungen kommt EU-Richtlinien unmittelbare Geltung zu?

7. Welchem Vorstellung wolle die Grundsätze von der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen?

Teil V Organisationsstruktur der EU - die Organe

Überblick - Die Organe nach Art. 13 ff. EUV Problem:

EU ist eine rechtsfähig Körperschaft (Art. 47 EUV) und braucht Organe um ihre Rechte und Pflichten wahrzunehmen. Sie ist aber nicht souverän und verfügt (nach Auff. des BVerfG) nur über eine abgeleitete Hoheitsgewalt.

Folge:

Alle drei Staatsgewalten unterliegen daher Einschränkungen, weshalb sich die EU-Organe von Staatsorganen auf nationaler Ebene unterscheiden. 1. Das Europäische Parlament: Art. 14 EUV, 223 ff. AEUV -> Legislativorgan

2. Der Europäische Rat: Art. 15 EUV, Art. 235 ff. AEUV -> rein politisches Organ

3. Der Rat (Ministerrat): Art. 16 EUV, 237 ff AEUV -> Legislativorgan

4. Europäische Kommission: Art. 17 EUV, 244 ff. AEUV -> Exekutivorgan

5. Gerichtshof der Europäischen Union Art. 19 EUV, 251 ff AEUV -> Judikative

6. Rechnungshof: Art. 285 f. AEUV -> Hilfsorgan des Parlaments

7. Europäische Zentralbank: Art. 282 ff. AEUV -> Sonderstellung, unabhängig

EU-Parlament: Art. 14 EUV, 223 ff. AEUV Sitz:

Straßburg

Direkte Repräsentation Das europäische Parlament setzt sich aus Vertretern der Unionsbürger zusammen (Art. 14 Abs. 2 EUV)

Mitglieder (seit 2014) max. 750 zuzüglich eines Präsidenten

Zusammensetzung bzgl. Mitgliedstaaten: Die Bürger sind im Europäischen Parlament wie folgt vertreten: degressiv proportional mindestens jedoch mit sechs Mitgliedern je Mitgliedstaat kein Mitgliedstaat erhält mehr als 96 Sitze

Wahlverfahren Nach nationalem Recht, aber allgem. Grundsätze nach Art. 223 AEUV Legislaturperiode: 5 Jahre

Aufgaben des EU-Parlaments

1. Gesetzgebung • Wirkt nach Art. 293ff. AEUV am Rechtsetzungsverfahren i.d.R. gemeinsam und

gleichberechtigt mit dem Rat mit (Art. 294 AEUV, ordentliches Gesetzgebungsverfahren)

• Kein eigenes Initiativrecht, kann allerdings die Kommission zu Initiativen auffordern

2. Haushaltsbefugnisse (gemeinsam mit dem Rat)

3. Politische Kontrolle und Beratung u.a. durch Wahl des Präsidenten der Kommission (Art. 17 Abs. 7 EUV) Zustimmung zur Ernennung der Kommission als Kollegialgremium (Art. 17 Abs. 7 UAbs. 3 EUV) ggf. Misstrauensantrag nach Art. 234 AEUV gegenüber der Kommission (-> Zwang

zum Rücktritt) Entlastung der Kommission bzgl. der Haushaltsführung (Art. 319 Abs. 1 AEUV) Untersuchungsausschuss (Art. 226 AEUV) Nichtigkeitsklage nach Art. 263 Abs. 2 AEUV („abstrakte Normenkontrolle“)

Zusammensetzung des EU-Parlaments (Wahlen 2014)

Insgesamt 751 Sitze

Der Europäische Rat 1. Mitglieder (Art. 15 Abs. 2 S. 1 EUV8)

Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Präsident des Europäischen Rates Präsidenten der Kommission Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik nimmt teil, ohne selbst

Mitglied zu sein

Der Rat tagt zweimal pro Halbjahr („EU-Gipfel“), Art. 15 Abs. 3 S. 1 EUV 2. Ratspräsident (Art. 15 Abs. 5 EUV ) • Wahl mit qualifizierter Mehrheit für eine Amtszeit von 2 ½ Jahren,

Wiederwahl möglich • er darf kein einzelstaatliches Amt ausüben (Art. 15 Abs. 6 EUV am Ende). Aufgaben der Ratspräsidenten (Art. 16 Abs. 6 EUV): • Vorsitz im Europäischen Rat • Wahrnehmung der Außenvertretung der Union im Bereich der

Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (unbeschadet der Befugnisse des Hohen Vertreters der EU für Außen- und Sicherheitspolitik)

Der Europäische Rat 3. Aufgaben Wahrnehmung der politischen Gesamtleitung durch erforderliche Impulse, Zielvorstellungen und Prioritäten, keine Gesetzgebung 1) Beschließt bestimmter Änderungen der Verträge im Zusammenwirken mit dem

Europäischen Parlament im vereinfachten Verfahren (Art. 48 Abs. 6 und 7 EUV).

2) Trifft personalpolitischer Entscheidungen, nämlich Nominierung des Kommissionspräsidenten (Art. 17 Abs. 7 EUV), Ernennung der Mitglieder des Direktoriums der EZB (Art. 283 Abs. 2 AEUV) und Ernennung des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (Art. 18

Abs. 1 EUV).

3) legt Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik fest und führt sie durch (zusammen mit dem Rat), Art. 24 Abs. 1 und Abs. 2 S. 2 EUV.

4) stellt eine schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung der Grundwerte durch einen Mitgliedstaat nach Art. 6 Abs. 1 EUV (Art. 7 Abs. 2 EUV).

5) Ist „Revisionsinstanz“ im Gesetzgebungsverfahren (Art. 48 Abs. 2 AEUV, Art. 82 Abs. 3 AEUV).

Entscheidungen werden im Konsensprinzip getroffen

Rat der Europäischen Union („Ministerrat“) 1. Grundlage: Art. 16 EUV und Art. 237 – 243 AEUV

Ein Vertreter pro Mitgliedstaat auf Ministerebene, wechselnde Zusammensetzung (-> zuständiger Minister) deshalb auch „Ministerrat“

Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ und „Auswärtige Angelegenheiten“ Ansonsten Festlegung der Formation durch GO des Rates

2. Ratspräsidentschaft Rotationssystem, alle 6 Monate ein anderer Mitgliedsstaat

3. Entscheidungsverfahren

a) Abstimmungsmehrheit (sog. doppelt-qualifizierte Mehrheit) Mindestens 55% der Mitglieder des Rates wenigstens 15 Mitgliedstaaten, deren Bevölkerung 65% der Bevölkerung der Union

ausmachen (in bestimmten Ausnahmefällen 72 %)

b) Sperrminorität (kann das Zustandekommen eines Beschlusses verhindern) mindestens vier Mitgliedstaaten, deren Einwohnerzahl 35% der Bevölkerung der Union

ausmachen.

c) „Ioannina-Klausel“ Hinauszögerung des Beschlusses des Rates zum Schutz einer Minderheit ohne

Sperrminorität.

4. Der Rat tagt gemäß Art. 16 Abs. 8 EUV öffentlich.

Aufgaben und Befugnisse des (Minister)Rats Hauptrechtssetzungsorgan der Union gemeinsam mit dem Parlament (Art. 16 Abs. 1

EUV)

Aufstellung des Haushaltsplans gemeinsam mit dem Parlament (Art. 314 AEUV).

Mitwirkung bei Grundentscheidungen wie Vertragsänderungen, Beitritten oder Austritten ist (s. Art. 48 Abs. 2 S. 3; Art. 49 Abs. 1 S. 3; Art. 50 Abs. 2 S. 4 EUV)

Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten (Art. 121 Abs. 1 AEUV)

Ausübung der Außenkompetenz der Union z.B. durch den Abschluss völkerrechtlicher Verträge mit Drittstaaten (Art. 218 Abs. 2-9 AEUV).

Initiativrecht: Befugnis, die Kommission zum Tätigwerden aufzufordern (Art. 241 AEUV)

Kontrollfunktionen: z.B. Rechnungshof um Stellungnahmen zu bestimmten Vorgängen bitten (Art. 287 Abs. 4 AEUV).

Kreationsbefugnisse: u.a. Ernennung der Mitglieder des Rechnungshofes (Art. 286 Abs. 2 UAbs. 1 S. 2 AEUV), des Wirtschafts- und Sozialausschusses (Art. 301 UAbs. 2 AEUV) und des Ausschusses der Regionen (Art. 305 Abs. 2 AEUV)

Kommission (Sitz in Brüssel) 1. Grundlagen Art. 17 EUV, Art. 244-250 AEUV:

2. Zusammensetzung: Präsident der Kommission (Art. 17 Abs. 6 EUV) Mitglieder (Kommissare) Hoher Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (Art. 18 EUV)

3. Zahl der Kommissionsmitglieder: Insgesamt zwei Drittel der Zahl der Mitgliedstaaten Rotationsprinzip nach Art. 244 AEUV

4. Wahl (Art. 17 Abs. 7 EUV): Vorschlag des Europäischen Rats (mit qualifizierter Mehrheit, Art. …) Wahl durch EU-Parlament

5. Amtszeit: 5 Jahre (Art. 17 Abs. 3 EUV), Neubesetzung nach Art. 246 AEUV

6. Amtspflichten (Art. 245 AEUV):

7. Amtsenthebung: Auf Antrag des Rats oder der Kommission durch EUGH

Mitglieder der Kommission

Ressortprinzip:

Jedem Kommissionsmitglied ist ein bestimmter Sachbereich übertragen, in dem er die maßgeblichen Kommissionsbeschlüsse vorbereitet (vgl. Art. 248 AEUV).

Aber: Gemeinsamer Verwaltungsunterbau durch Generaldirektionen

Zuständigkeitsaufteilung durch den Kommissionspräsidenten (Art. 248 AEUV)

Aufgaben der Kommission (Art. 17 Abs. 1 EUV)

Initiativfunktion Kontrollfunktion Exekutivfunktion

Die Kommission fördert die allgemeinen Interessen der Union und ergreift geeignete Initiativen zu diesem Zweck.

Sie sorgt für die Anwendung der Verträge sowie der von den Organen kraft der Verträge erlassenen Maßnahmen.

Sie überwacht die Anwendung des Unionsrechts unter der Kontrolle des Gerichtshofs der Europäischen Union.

Sie führt den Haushaltsplan aus und verwaltet die Programme.

Sie übt nach Maßgabe der Verträge Koordinierungs-, Exekutiv- und Verwaltungs-funktionen aus.

Außer in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und den übrigen in den Verträgen vorgesehenen Fällen nimmt sie die Vertretung der Union nach außen wahr.

Sie leitet die jährliche und die mehrjährige Programmplanung der Union mit dem Ziel ein, interinstitutionelle Vereinbarungen zu erreichen.

Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik

„EU-Außenminister“: Hoher Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik

Ernennung:

Durch den Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit (Art. 18 Abs. 1 EUV) mit Zustimmung des Kommissionspräsidenten.

Aufgaben:

Leitet die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Union (Art. 18 Abs. 2 EUV).

Trägt durch seine Vorschläge zur Festlegung dieser Politik bei und führt sie im Auftrag des Rates durch.

Handelt ebenso im Bereich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Führt den Vorsitz im Rat „auswärtige Angelegenheiten“ (Art. 18 Abs. 3 EUV)

Ist einer der Vizepräsidenten der Kommission (Art. 18 Abs. 4 S. 1 EUV)

Merke: Außen- und Sicherheitspolitik ist noch eine vorwiegend nationale Angelegenheit (Sonderregelungen in Titel V EUV)

Europäischer Gerichtshof - Übersicht Sitz: Luxemburg

Aufgabe (Art. 19 EUV): Der EuGH gewährleistet,

dass EU-Recht in allen EU-Mitgliedsländern auf die gleiche Weise angewendet wird und sorgt dafür,

dass Länder und EU-Institutionen das EU-Recht einhalten.

Folge: EuGH ist sowohl Verfassungs-, Verwaltungs- und Zivilgericht

Verfahren vor dem EuGH:

1. Vertragsverletzungsverfahren (Art. 258 AEUV) -> Umsetzung des Unionsrechts durch Mitgliedsstaaten

2. Nichtigkeitsklage (Art. 263 AEUV)-> Fehlverhalten von EU-Organen beim Erlass von Rechtsakten

3. Untätigkeitsklage (Art. 265 AEUV) -> Verstoß der EU-Organe gegen Handlungspflichten

4. Schadensersatzklage (Art. 268 AEUV) -> wenn Handlung/Untätigkeit der EU zu Schaden führt

5. Vorabentscheidungsverfahren (Art. 267 AEUV) -> Nationale Gerichte können (letztinstanzliche Gerichte müssen) dem EuGH Fragen hinsichtlich der Auslegung des Rechts der Europäischen Union vorlegen (vergleichbar mit konkrete Normenkontrolle zum BVerfG, Art. 100 GG).

Außerdem können sie überprüfen lassen, ob ein europäischer Gesetzgebungsakt gültig ist.

EuGH - Aufbau

Besetzung:

EUGH: 1 Richter aus jedem Mitgliedstaat

Gericht: z.Zt. 40 (ab 2019: 2 Richter aus jedem Mitgliedsstaat)

Gerichtshof (innere Ordnung -> Satzung, Art. 281 AEUV)

Kammern 3-5 Richter

Große Kammer 15 Richter

Plenum Alle Richter

Zust: Amtsenthebungsverfahren

Gericht (erster Instanz)

Große Kammer Einzelrichter

Fachgericht (EuGöD) Seit September 2016 aufgelöst

Erstinstanzliche Zuständigkeit für Nichtigkeits-, Untätigkeits- und Schadensersatzklage und für Dienstrechtsstreitigkeiten (Art. 270, 272 AEUV)

11 Generalanwälte

Keine Zuständigkeit des EuGH im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik und bei mitgliedstaatlichen Polizeimaßnahem (Art. 275, 276 AEUV)

ESZB (Art. 282 I AEUV)

Europäische Zentralbank

EU

EURO Zone Währungsunion

(Maastricht-Vertrag 1992)

Nationale Währungen

EURO System

mit EZB als

Zentralbank

Nationale Zentralbanken

Die Länder der Eurozone

Quelle: worldpress

ESBZ und EZB – Aufgaben und Organisation

I. Aufgaben des ESBZ (Art. 282 Abs. 2 AEUV):

1. Preisstabilität

2. Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik (vgl. dazu auch Art. 119 ff. AEUV)

II. Leitung des ESBZ: EZB

III. Struktur der EZB

EZB

Rat 1. Mitglieder des

Direktoriums 2. Direktoren der EURO

Zentralbanken

Direktorium 1. Präsident 2. Vizepräsident 3. 4 weitere Mitglieder

Wahl auf 8 Jahre durch den Europäischen Rat auf Empfehlung des Rats und Anhörung des Parlaments und des Rats der ZB

Instrumente der EZB

I. Die Offenmarktpolitik (= Hauptrefinanzierungsinstrument):

Die EZB kauft oder verkauft Wertpapiere oder Devisen am ,,offenen“ (=anonymer) Markt.

II. Ständige Fazilitäten:

1. Spitzenrefinanzierungsfazilität: Die Geschäftsbanken beschaffen sich bei der EZB ,,Über-Nacht“ Liquidität gegen Hinterlegung von Sicherheiten.

2. Einlagefazilität: Die Geschäftsbanken legen bei der EZB ,,Über-Nacht“ Geld an.

III. Kreditvergabe im Zuteilungsverfahren:

Kreditvergabe durch die EZB (durch Ausschreibung, Tender), wobei die Laufzeit des Kredites eine Woche beträgt (die Vergabe findet einmal pro Woche statt).

IV. Mindestreservepolitik:

Unter der Mindestreserve versteht man die Verpflichtung der Geschäftsbanken einen bestimmten Prozentsatz der Einlagen ihrer Kunden auf ihrem Girokonto bei der EZB zu halten.

V. Verbot der monetären Staatsfinanzierung Art. 123 Abs. 1 AEUV

1. Kein „Geld drucken“

2. Keine direkten Kredite an Mitgliedsstaaten (vgl. auch OMT Entscheidung des BVerfG)

Nationale Zentralbank Kapitalschlüssel (in %) Eingezahltes Kapital (in €)

1) Mögliche Differenzen in den Summen durch Runden der Zahlen

Nationale Bank van België/Banque Nationale de Belgique (Belgien) 2,4778 268 222 025,17

Deutsche Bundesbank (Deutschland) 17,9973 1 948 208 997,34

Eesti Pank (Estland) 0,1928 20 870 613,63

Banc Ceannais na hÉireann/Central Bank of Ireland (Irland) 1,1607 125 645 857,06

Bank of Greece (Griechenland) 2,0332 220 094 043,74

Banco de España (Spanien) 8,8409 957 028 050,02

Banque de France (Frankreich) 14,1792 1 534 899 402,41

Banca d'Italia (Italien) 12,3108 1 332 644 970,33

Central Bank of Cyprus (Zypern) 0,1513 16 378 235,70

Latvijas Banka (Lettland) 0,2821 30 537 344,94

Lietuvos bankas (Litauen) 0,4132 44 728 929,21

Banque centrale du Luxembourg (Luxemburg) 0,2030 21 974 764,35

Bank Ċentrali ta’ Malta/Central Bank of Malta (Malta) 0,0648 7 014 604,58

De Nederlandsche Bank (Niederlande) 4,0035 433 379 158,03

Oesterreichische Nationalbank (Österreich) 1,9631 212 505 713,78

Banco de Portugal (Portugal) 1,7434 188 723 173,25

Banka Slovenije (Slowenien) 0,3455 37 400 399,43

Národná banka Slovenska (Slowakei) 0,7725 83 623 179,61

Suomen Pankki – Finlands Bank (Finnland) 1,2564 136 005 388,82

Insgesamt 70,3915 7 619 884 851,40

Gesamtkapital EZB (1.1.2015) 10 825 007 069,61 €

Einbezahlte Beiträge der Nationalen Zentralbanken

Teil VI Gesetzgebung in der EU

Gesetzgebungsverfahren in der EU Die EU ist kein Bundesstaat sondern ein Staatenverbund.

stärke Dominanz der Mitgliedstaaten im Vergleich zum Parlament demokratische Defizite bei der Zusammensetzung des Parlaments

Im Vergleich zum Bundestag/Bundesrat sind der Rat und das Parlament i.d.R. gleichberechtigt, teilweise dominiert der Rat

Art. 289 AEUV unterscheidet deshalb zwischen:

Sonstige Rechtssetzungsverfahren (nicht Gesetzgebung i.S.d. AEUV) • Delegierte Rechtsakte (Kommission), Art. 290 AEUV • Durchführungsrechtakte, Art. 291 AEUV

Ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (Art. 289 Abs. 1 AEUV) Einzelheiten in Art. 294 (Gleichberechtigung des Parlaments)

Besondere Gesetzgebungsverfahren (Art. 289 Abs. 2 AEUV) Einzelheiten ergeben sich aus der jeweiligen Rechtsmaterie (Dominanz des Rats)

Ordentliches Gesetzgebungsverfahren nach Art. 294 (Regelfall)

Merke: Das Initiativerecht für die EU-Gesetzgebung liegt bei der Kommission. Das Parlament kann nur ausnahmsweise

(Art. 289 Abs. 4 AEUV) tätig werden. Hingegen besitzt der Rat nach Art. 241

AEUV die Befugnis, die Kommission zum Tätigwerden aufzufordern und kann eine Gesetzgebungsinitiative durch die Kommission auslösen.