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INTENDANT NACHO DUATO STAATSBALLETT BERLIN Ausgabe 3 – Spielzeit 2014/2015

Staatsballett Berlin Magazin

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Ausgabe 3 - Spielzeit 2014/2015

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INTENDANT NACHO DUATOSTAATSBALLETT BERLIN

Ausgabe 3 – Spielzeit 2014/2015

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DER SCHRITTMACHERDa schaut Nacho Duato ganz genau hin: Jeden Tag arbeitet der Intendant

des Staatsballetts Berlin mit seinen Tänzerinnen und Tänzern, bis das letzte Detail sitzt und sich der Vorhang für seine drei Premieren in

der Spielzeit 2014/2015 öffnen kann. | Foto: Fernando Marcos

So wird’s gemachtAm Ende sieht man nur die fertige Inszenierung mit finalen Kostümen und großem Bühnen-Make-up. Wie viel Arbeit allerdings nötig ist, damit ein Stück genau so aussieht, und welche Intentionen die Choreogra-phen dabei hatten, dazu kann man jetzt einen sehr bildhaften Einblick nehmen: Die regelmäßigen Making-of-Beiträge des Staatsballetts Berlin machen es möglich. Mit „Giselle“ fing Ende 2014 die neue Podcast-Reihe an. Weiter geht es in dieser Spielzeit mit Podcasts zu „Dornröschen“, „Vielfältigkeit. Formen von Stille und Leere“ und „Duato I Kylián“. Alle erscheinen auf der Website und der Facebook-Seite des Staatsballetts.

Inspiration Kylián Neben Maurice Béjart gilt Jirí Kylián als Mentor und Weggefährte von Nacho Duato. Er war es, der Nacho Duatos choreographisches Talent entdeckte und ihn bereits in jungen Jahren zu einem der Hauschoreogra-phen des Nederlands Dans Theater ernannte. Nun lädt Nacho Duato einige der früheren Tänzerinnen und Tänzer Kyliáns – inzwischen alle jenseits der Vierzig – zu einem Gastspiel mit dem Titel „KylWorks“ ein, einer Auswahl von Kyliáns früheren Arbeiten für das Nederlands Dans Theater III. Das Ganze ist zu sehen am27. und 29. März 2015 in der Staatsoper im Schiller Theater.

Hin und wegPassend zu den drei Nacho-Duato-Premieren in dieser Spielzeit wurde im Januar 2015 das Corps de ballet des Staatsballetts Berlin gleich um ebenso viele junge Neuzugänge ergänzt: die Tänzer Elvis Abazi aus Albanien und Lucio Vidal aus Argentinien, außerdem die Tänzerin Pauline Voisard aus der Schweiz. Dafür verlässt der Solotänzer Leonard Jakovina nun nach 14 Jahren Berlin, um in seiner alten Heimatstadt Zagreb als Ballettdirektor zu arbeiten. Allen gilt ein herzliches: Toi, toi, toi!

PrinzennachwuchsUnter der künstlerischen Leitung des Berliner Kammertänzers Gregor Seyffert beweisen Nachwuchstalente, dass sie das klassisch-akademische Erbe pflegen und zugleich die zeitgenössische Choreographie mitent-wickeln. So auch bei der Aufführung von „Der kleine Prinz“ nach Antoine de Saint-Exupéry, bei der das Pub-likum die Schülerinnen und Schüler der Staatlichen Ballettschule Berlin auf einer faszinierenden Exkursion durch das Universum begleitet. Die Reise auf der Suche nach Freundschaft, Mitmenschlichkeit und Liebe findet statt am 08., 15. und 20. März 2015 in der Staatsoper im Schiller Theater.

Noch näher dran Sie sind regelmäßiger Gast des Staatsballetts Berlin und möchten noch näher dran sein am Geschehen? Dann werden Sie doch ganz offiziell zu einem Freund, Förderer oder Paten. Auf Mitglieder des Freundeskreises warten regelmäßige Veranstaltungen mit der künstlerischen Leitung und den Tänzerinnen und Tänzern des Staatsballetts, Einladungen zu Proben und Premieren-Empfängen und vieles mehr. Mehr Infos: www.staatsballett-berlin.de/freundeskreis oder Tel. 030 34 384 169.

TANZNOTIZEN

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FRANCO STELLA: Ich verstehe Ballett als eine Art künstlerischer Gegensprache zur Architektur. Zum einen besteht das Wunder der Architektur darin, die Lasten des menschlichen Hauses, die Gesetze der Natur besiegend, im stabilen Stand über der Erde zu halten. Auf der anderen Seite macht das Ballett die Gefühle durch den instabilen Stand des menschlichen Körpers sichtbar.

JAFFAR CHALABI: Es gibt aber auch Gemeinsamkeiten. Sowohl Architektur als auch Ballett basieren auf Gleichgewicht. Beim Ballett ist das Gleichgewicht temporär und dynamisch, bei der Architektur starr und statisch. Die Dynamik der Bewegung im Raum ist für die zwei Disziplinen essenziell. Letztlich geht es bei beiden um den Raum in Relation zum menschlichen Körper. Ich halte jede kreative Schöpfung für eine Mischung aus einer Vision und der Bewältigung einer konkreten Aufgabenstellung. Egal ob im Theater oder der Architektur. Egal ob das Gebäude reprä-sentativ oder utilitär ist. Der Wiederaufbau des Berliner Stadt-schlosses ist in dieser Hinsicht sicherlich eine Riesenaufgabe.

STELLA: Im Falle des Berliner Schlosses geht der Wiederaufbau eines der prägendsten Bauwerke Berlins zudem mit der Wieder-gewinnung seiner wichtigen inneren und umgebenden Plätze einher. Diese urbane Aufgabe hat einen entscheidenden Einfluss sowohl auf das Zusammenspiel des Neuen mit dem rekonstru-ierten Alten als auch auf die Formensprache der neuen Bauteile selbst. Beabsichtigt und realisiert wird eine Abfolge öffentlicher, miteinander verbundener Stadträume – jeder mit einem unver-wechselbaren architektonischen Charakter – in der Mitte Berlins.

CHALABI: Repräsentative Gebäude müssen ja immer wiederer-kennbar sein und ihre Funktion im Gegensatz zu Privatgebäuden von außen zeigen. Dennoch ist der Gestaltungsgrundsatz „Form follows function“, der sich im frühen 20.Jahrhundert gegen die allzu dekorative Architektur der Ära zuvor richtete, trotz seiner Selbstverständlichkeit überholt und sogar indoktriniert.

STELLA: Die Formel „Form follows function“ versucht, von der Nutzung des Innenraums auch die Form der Volumina und der Fassaden abzuleiten, und ist eher eine Rechtfertigung beliebiger Neuheiten eines Bauwerkes als ein nützliches Instrument für die architektonische Übermittlung seines materiellen und geis-tigen Zweckes. Ich denke, dass die Innenräume in Kenntnis der allgemeinen Eigenschaften entworfen werden sollten und dass die Architektur des Gebäudes seine Identität verständlich kom-munizieren sollte.

CHALABI: Nicht selten stellt sich außerdem die Frage, ob Architektur eine reine Dienstleistung ist oder etwas Höherem dient. Letzteres finde ich wichtig: Architekten hinterlassen einen sichtbaren Stempel, welcher die sozialökonomischen Rahmen-bedingungen der jeweiligen Zeit reflektiert. Andererseits haben Budget und Wünsche des Auftraggebers Einfluss auf die Ent-wurfsarbeit. Die Gefahr besteht natürlich, dass ein Bauprojekt vor lauter Kompromissen misslingt. So etwas kommt aber zum Glück nur selten vor.

STELLA: Ist das anders, wenn Sie ein Bühnenbild entwerfen?

CHALABI: Bei meiner Zusammenarbeit mit Nacho Duato, bei-spielsweise bei „Vielfältigkeit. Formen von Stille und Leere“, wurden natürlich auch Kompromisse getroffen, die eher als gegenseitiges Verstehen zu bezeichnen sind, das bei der Zusam-menarbeit mit anderen Künstlern unabdingbar ist. Nacho Duato als Choreograph beziehungsweise Intendant und ich als Büh-nenbildner lassen etwas Neues auf einer gemeinsamen Basis entstehen: der Musik. Die sich bewegende Faltenkonstruktion, welche beim Bühnenbild von „Vielfältigkeit. Formen von Stille und Leere“ zum Einsatz kommt, ist auch als bildliche Metapher für das Barocke und die begleitende Musik von Johann Sebas-tian Bach, als deren musikalische Verdichtung zu verstehen.

STELLA: Für die Kooperation mit den anderen Künsten sind die Räume für die Ausstellungen sowie für die Veranstaltungen als „feste Bühne“ gedacht, jeder nach eigenem Zweck und Ort gestaltet und technisch gemäß den hohen Ansprüchen unserer

Zeit ausgestattet. Zum Beispiel haben die weite Halle der Agora oder der großzügige Außenraum des Schlüterhofs – die auch als Orte für musi-kalische, dramatische oder tänzerische Auffüh-rungen gedacht sind – den Charakter eines Thea-ters, wobei die rekonstruierten Schlossportale an eine antike Bühnenwand erinnern, während die auf den anderen drei Seiten vorgesetzten Gale-rien wie Zuschauerlogen anmuten. Hier kann ich mir Tanzaufführungen sehr gut vorstellen.

CHALABI: Ich schätze den interdisziplinären Austausch in meinem Schaffen sehr. Seit circa 15 Jahren bin ich dual tätig, als Architekt und Bühnenbildner. Das hält mich wach! Ich lebe und arbeite in Wien, reise aber ständig zu Projekten in verschiedene Länder, von Berlin bis in die Verei-nigten Arabischen Emirate. Dort wird übrigens in letzter Zeit – bei allem Prunk nach außen – das Thema Nachhaltigkeit immer präsenter. Weltweit ist Nachhaltigkeit in der Architektur heutzutage ja fast Standard. Wobei sustainability sicher nicht sustainability sicher nicht sustainabilitynur im energetischen Sinne zu verstehen ist: Die Ästhetik und Ökonomie eines Bauprojekts sollten ebenfalls immer nachhaltig angelegt sein.

STELLA: Ich stelle mir eine Architektur vor, de-ren Form, von der Nachhaltigkeit der Materialien unterstützt, immer als modern wahrgenommen werden kann. Also eine Architektur, die eine Vielfalt von Umnutzungen und technischen Aus-rüstungen der Innenräume im Laufe der Zeit er-möglicht, ohne ihr urbanes Gesicht umgestalten zu müssen.

CHALABI: Flexibilität, Anpassung und Weiter-entwicklung sollte es in der Architektur und im Theater immer geben. Ich freue mich sehr, dass es in Berlin eine verkleinerte, völlig überarbeitete und an das Haus angepasste Bühne von „Vielfäl-tigkeit. Formen von Stille und Leere“ geben wird. Ich würde mich freuen, wenn Sie sich diese mal anschauen, Herr Stella.

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Dynamische Synergien: Links der italienische Architekt Franco Stella. Zur Rechten sein Kol-lege Jaffar Chalabi. Er hat das Bühnenbild für „Vielfältigkeit. Formen von Stille und Leere“ entworfen. | Fotos: Franco Stella, Jaffar Chalabi

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In Nacho Duatos zweiteiliger Hommage an Johann Sebastian Bach werden die Tänzer zur Partitur, verwandeln sich in Noten und Instrumente. Den berühmten Komponisten selbst verkörpert in einer Schlüsselszene der Solotänzer Michael Banzhaf: Mit einem Bogen spielt er auf seinem „Cello“, das von Giuliana Bottino getanzt wird. Die vielschichtigen Bewegungen dieses Bogens hat der Medienkünstler Rainer Kohlberger während einer Probe von oben aufgezeichnet und zum Linienkunstwerk abstrahiert. Auf der Bühne ist Duatos Choreographie „Vielfältigkeit. Formen von Stille und Leere“ ab dem 14. März 2015 in der Komischen Oper Berlin zu sehen.

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Sie entwirft die 150 opulenten Roben und Kostüme für die Staats-ballett-Premiere „Dornröschen“ – und kleidet sich ganz minimalis-tisch: Angelina Atlagic trägt Schwarz-Weiß. Schwarze Strickjacke, schwarze Jeans, weiße Details bei der Bluse; ihr Outfit erinnert an Karl Lagerfeld. Gerade steckt sie das hellrosa Tutu an Prinzessin Aurora zurecht, der Ersten Solotänzerin Iana Salenko. Atlagic ist so zierlich, als sei sie Tänzerin gewesen – dabei hat sie früher Volley-ball gespielt.

Mittlerweile ist ihr Spielfeld die Kostümabteilung der Deutschen Oper Berlin – unter anderem, Atlagic wird international gebucht. Das akute Problem: An der Taille werfe das Kostüm Falten, moniert sie. Kostüm-Projektleiterin Susan Kohlmorgen und die anwesenden Gewandmeisterinnen diskutieren, was helfen könnte. Fazit: Bis zur nächsten Anprobe wird das Tutu-Oberteil neu vernäht. Nicht in der Deutschen Oper, sondern in den Kostümwerkstätten des Bühnen-service Berlin.

Der liegt circa zehn Kilometer entfernt zwischen dem Club Berghain und einem Baumarkt. Wo früher die Zeitung „Neues Deutschland“ produziert wurde, lassen seit vier Jahren das Staatsballett Berlin, aber auch Berliner Opern- und Theaterhäuser ihre Bühnenbilder und Kostüme fertigen, inklusive Hüten und Schuhen. Ein Gebäude mit 25.000 Quadratmetern Gesamtfläche und aufwändig entkernt: Fast technokratisch wirkt der Komplex im Kontrast zu den ver-spielten Teilen, die hier entstehen. Erst hinter den großen Glastüren der Kostümwerkstätten geht es wuselig-kreativ zu.

Rainer Gawenda ist als Werkstattleiter der Kostümwerkstätten beim Bühnenservice verantwortlich für jährlich 4.000 Kostümteile, her-gestellt für rund 90 häuserübergreifende Stücke. Etwa 100 Mitar-beiterinnen und Mitarbeiter stehen ihm zur Verfügung, meist hoch spezialisierte Schneiderinnen. Bei der Kreation federführend sind sechs Gewandmeisterinnen. Vier von ihnen verwandeln derzeit die „Dornröschen“-Skizzen von Atlagic in dreidimensionale Kostüme. Gawenda zeigt auf ein Prinzenkostüm: Gerade werden die Spitzen-garnituren am Halsausschnitt des glänzenden hellgrünen Gehrocks vernäht.

Immer wieder reist Atlagic aus ihrem Belgrader Studio an, um die Fortschritte unter die Lupe zu nehmen und sich mit den Projekt-leitern zu besprechen. Anfang 2014 brachte sie erste Entwürfe zu Papier, die sogenannten Figurinen. Atlagic hat schon die Kostüme

Spitzen, Garne und viel Goldbordüre: Für die Premiere von Nacho Duatos „Dornröschen“ am Staatsballett Berlin arbeiten die Kostümwerkstätten fast ein Jahr lang an den rund 150 Kostümen. Ein Blick hinter die Kulissen

IM GOLDRAUSCHfür Nacho Duatos „Dornröschen“-Inszenierung am Mikhailovsky-Theater in St. Petersburg kreiert und sich von historischen Aufführungen inspirieren lassen; ehemalige russische Tänzerinnen hatten ihr sogar Bücher mit alten Zeichnungen und Fotos gebracht. Für die Berliner Aufführung wurde jedoch aufwändig modifiziert und modernisiert, weswegen Atlagic, Kohlmorgen und Gawenda von einer Neuentwicklung sprechen: detailverliebter, die Farben gedeckter. Atlagic nennt ihre Kollektion „eine Mischung aus Barock und Minimalismus“. Mehr Golddekor gibt es selbst im Schloss Sanssouci nicht. Überall ornamentale Applikationen im Stil alter Metallfadenstickereien, Blu-menranken auf Seide, sogar an den Stiefeln.

Hunderte von Garnen, nach Farben sortiert; die Gewandmeisterinnen mit Metermaß um den Hals; Perlen und Swarovski-Steine, die von Kostümmale-rinnen einzeln geklebt werden, etwa auf die Tutudecke; Kleiderstangen voll prachtvoller Unikate aus Tüll, Federn und Spitze – als sei man in ein Pariser Haute-Couture-Atelier geraten. Wobei die Kostümherstellung ungleich kom-plizierter ist als die einer individuellen Robe für die reiche Dame. Gawenda erklärt: „Gerade Balletttänzerinnen und -tänzer bewegen sich auf der Bühne enorm. Die Stoffe müssen deshalb bei allen optischen Finessen extrem be-lastbar und flexibel sein. Da darf nichts reißen.“ Atlagic betont den Komfort-faktor: „Alle von mir entworfenen Kostüme müssen so bequem sein, dass ich sie selbst tragen würde.“

Damit die Produktion der Kleider perfekt läuft, braucht der Bühnenservice das richtige Werkzeug, etwa robuste Industrienähmaschinen, spezielle Knopf-lochmaschinen und riesige Bügelanlagen mit integriertem Heizluftkessel. Ein jahrzehntealtes Relikt ist die Fixierpresse: Sie stabilisiert leichte Textilien mit schweren Unterstoffen. Fertige Kostüme hängen an Kleiderstangen im Flur zur Abholung parat; ein Kurier beliefert zweimal täglich alle Ensembles. Damit ja keine Deadline vergessen wird, prangen die Premierentermine aller Häuser an den Wänden der Schneidereien, in der Kostümmalerei, bei den Modisten und Schuhmachern – auch der 13. Februar für „Dornröschen“.

Die Kostüme für „Duato I Kylián“ mit Premiere am 14. Mai sind bereits in der Entwurfsphase. Im Vergleich zu „Dornröschen“, sagt Atlagic, seien sie „pures Understatement“. Für seine erste Kreation für das Staatsballett Berlin wünschte sich der Intendant etwas Reduziertes. Atlagic, die Duato seit zehn Jahren kennt, schätzt sein Proportionsgefühl. Gemeinsam finden sie stets einen Weg, wie die Kostüme die Choreographie unterstützen, nicht mit ihr konkurrieren – egal ob die Ausstattung nun schlicht oder schmuckvoll wird. Für Gawenda hingegen ist die Sache klar: „Besucher von Theater oder Ballett lieben ausladende Kostüme.“ Steckt schließlich auch jede Menge Arbeit dahinter, wie nach diesem Tag einmal mehr deutlich wird.

Fotos: Figurinen: A

ngelina Atlagic,

Imagefoto: Yan R

evazov, K

ostümfotos: R

elja Mirkovic , Julia S

telzner, B

ackstagefotos: Josefine Schum

meck

Page 6: Staatsballett Berlin Magazin

06. Januar 2015

EIN TAGMIT …GENTIAN DODA

07.00 Uhr„Die deutschen Tage beginnen so früh“, sagt Gentian Doda, nicht ohne zu seuf-zen. In Spanien, wo er jahrelang mit seiner Frau und seiner Tochter gelebt hat, ist erst um 9 Uhr Schulbeginn. In Berlin bringt der gebürtige Albaner seine Tochter schon um Viertel vor acht in die deutsch-spanische Grundschule in Char-lottenburg. Danach trinkt er unterwegs noch einen Kaffee, bevor er gegen halb zehn in Turnschuhen und Jogginghose in seinem Büro am Staatsballett Berlin eintrifft. Viele Jahre schon arbeitet er mit Intendant Nacho Duato zusammen. Seit Beginn der Spielzeit ist er Erster Ballettmeister des Staatsballetts.

09.30 UhrDodas erste Proben sind an diesem Dienstag für 12.30 Uhr angesetzt. Vorher bespricht er sich in der Regel mit dem Intendanten. Gemeinsam diskutieren sie den Tagesablauf und kommende Aufführungen. Wenn Doda morgens allein ist, schaut er sich Aufnahmen aus den vorhergehenden Proben noch einmal genau an, um später an jenen Sequenzen zu arbeiten, die noch nicht reibungslos laufen.

12.30 UhrMit einem Dutzend Tänzern probt Doda den „Violinenpart“ der Choreographie „Vielfältigkeit. Formen von Stille und Leere“: Dabei hantieren die Tänzer mit dünnen Stöcken, die wie ein Violinenbogen, aber auch wie ein Schwert einge-setzt werden. Gentian Doda ist seit seinem 18. Lebensjahr als professioneller Tänzer aktiv, davon acht Jahre als Solotänzer unter Nacho Duato in Madrid. Heute leitet der 37-Jährige die Proben anderer Tänzer. Den Pulli hat er bald ausgezogen. Das gelbe Longsleeve darunter bewegt sich nun mit jeder seiner stürmischen Armbewegungen mit.

14.00 UhrDas komplette Ensemble freut sich jetzt auf die Mittagspause, Gentian Doda freut sich auf ein wenig Ruhe. Gern sitzt er zwar mit den Kolleginnen und Kolle-gen zusammen oder mit Nacho Duato in dessen Büro – ums Essen geht es ihm aber weniger. „Mir reicht tagsüber eine Kleinigkeit“, sagt er. „Ich esse nicht, weil es an der Zeit ist, sondern wenn ich Hunger habe.“

15.00 UhrDie nächste Probe steht an: „Dornröschen“, ebenfalls eine Duato-Choreographie. In den kommenden drei Stunden werden gleich zwei Parts probiert: „Edelsteine“ und „Gold“. Die Choreographie ist bereits einstudiert. Nun feilt Doda mit den Tänzerinnen und Tänzern am Stil, an jedem noch so kleinen Detail der Cho-reographie, etwa an der Haltung einer Hand. Er weiß genau, wie Nacho Duatos Werke entstehen und was dieser sich bei den Gruppenszenen, den Pas de deux und bei jeder einzelnen Bewegung einer Figur gedacht hat. Die anderen Ballett-meister arbeiten mit ihm zusammen. Hin und wieder schaut Nacho Duato vorbei und wirft einen prüfenden Blick auf die Probe.

18.30 UhrFeierabend! Manchmal geht Doda jetzt noch mit Duato oder anderen Kollegen etwas essen, heute möchte er jedoch nach Hause zu seiner Tochter. Seine Frau, ebenfalls eine ehemalige Tänzerin, ist diese Woche beruflich in Saarbrücken tätig. Früh ins Bett geht Doda deswegen nicht. Unter anderem weil er gerade als Freelance-Choreograph an einer eigenen Produktion arbeitet, die er im April in Rotterdam präsentiert.

DAS IST DUATO

Ab Februar 2015 heißt es am Staatsballett Berlin endlich: Das ist Duato. Präsentiert werden Choreographien des neuen Inten- danten Nacho Duato, die unterschiedlicher nicht sein könnten

DORNRÖSCHENNacho Duato ist besonders für seine modernen Choreographien be-kannt. Der Staatsballett-Intendant weiß aber auch mit klassischen Inszenierungen zu begeistern – seine St. Petersburger Interpretation von „Dornröschen“ ist das beste Beispiel. Den romantischen Geist des berühmten Balletts übersetzt Duato in bezaubernd frische Bilder und beweist mit Humor und Musikalität, wie zeitgemäß die 1890 uraufge-führte Ballettkomposition sein kann.

Premiere am 13. Februar 2015 in der Deutschen Oper Berlin. Weitere Vorstellungen am 20. Februar, 06. und 15. März, 03. und 06. April, 28. und 31. Mai sowie am 05. und 07. Juni 2015

VIELFÄLTIGKEIT. FORMEN VON STILLE UND LEEREHinter dem komplexen Titel verbirgt sich eine Hommage an Johann Sebastian Bach. Nacho Duato macht in dieser abendfüllenden Choreographie die vielfältigen Schattierungen von Bachs Kompositio-nen mit den Mitteln des Tanzes sichtbar. So werden Tänzerinnen und Tänzer zur Partitur. Und der Zuschauer wird aufgefordert, mit den Augen zu hören.

Premiere am 14. März 2015 in der Komischen Oper Berlin. Wei-tere Vorstellungen am 18. und 26. März, 02., 18. und 29. April, 05. Mai sowie am 01., 03., 22. und 29. Juni 2015

DUATO | KYLIÁNIn dem dreiteiligen Ballettabend stehen gegenwärtige Fragen des Menschseins im Mittelpunkt: Jirí Kyliáns Stück „Click-Pause-Silence” erforscht, was den Menschen zum Menschen macht, während Nacho Duatos „White Darkness“ die Auswirkungen des Drogenkonsums auf den Menschen zum Thema hat. Worum es aber bei Duatos neuer Kreation mit dem Arbeitstitel „Static Time“ geht, wird erst enthüllt, wenn sich der Vorhang hebt. Die Vorfreude lohnt sich!

Premiere am 14. Mai 2015 in der Staatsoper im Schiller Theater. Weitere Vorstellungen am 20., 22., 23., 25. und 30. Mai sowie am 13. Juni 2015

DUATO | FORSYTHE | GOECKEZu diesem dreiteiligen Ballettabend steuert Nacho Duato die Choreo-graphie „Arcangelo“ bei. In diesem Stück geht es zu den Barock-klängen von Arcangelo Corelli und Alessandro Scarlatti um ein Leben zwischen Himmel und Hölle. Ganz anders William Forsythes „Herman Schmerman“ zum elektronischen Sound von Thom Willems. Heraus-fordernd für die Tänzerinnen und Tänzer ist das Werk von Marco Goecke: Er übersetzt John Adams’ „Guide to Strange Places“ in eine irrwitzige Körpersprache.

19., 23. und 25. April 2015 in der Staatsoper im Schiller Theater

TICKETSERVICE Staatsballett Berlin, KartenserviceBismarckstraße 110, 10625 Berlin

TELEFON 030 20 60 92 630TELEFAX 030 20 35 44 83

E-MAIL [email protected] www.staatsballett-berlin.de

Foto: Fernando Marcos. Es tanzen Elisa Carrillo Cabrera und Mikhail Kaniskin.

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IMPRESSUM HERAUSGEBER Staatsballett Berlin, Richard-Wagner-Str. 10, 10585 Berlin | INTENDANT Nacho Duato | ARTDIRECTION Bernardo Rivavelarde | UMSETZUNG TEMPUS CORPORATE GmbH – Ein Unternehmen des ZEIT Verlags, Askanischer Platz 3, 10963 Berlin, [email protected], Geschäftsführung: Ulrike Teschke, Manuel J. Hartung, Projektleitung: Silke Menzel, Josefine Schummeck (Assistenz), Redaktionsleitung: Julia Stelzner, Textchefin: Bettina Schneuer, Lektorat: Claudia Kühne, Layout: Jessica Sturm-Stammberger | DRUCK Presse-Druck- und Verlags-GmbH, Curt-Frenzel-Straße 2, 86167 Augsburg | FOTOS Fernando Marcos (Cover: Iana Salenko und Mikhail Kaniskin; Backcover: Mikhail Kaniskin und Marian Walter), Angelina Atlagic, Jaffar Chalabi, Rainer Kohlberger, Relja Mirkovic , Yan Revazov, Julia Stelzner, Josefine Schummeck, Franco Stella | REDAKTIONSSCHLUSS 19. Januar 2015 | Änderungen vorbehalten.

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