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indiekino BERL MAGAZIN DER UNABHÄNGIGEN BERLINER LICHTSPIELHÄUSER LIKE FATHER, LIKE SON Vom Vatersein D THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE Restauriert und der Zensur entrissen D PHOENIX Mit geschlossenen Augen D HELI Im Blickfeld der Drogenmafia D SCHÖNEFELD BOULEVARD Erste Flieger und erste Liebe D MAPS TO THE STARS Boulevard der Durchgeknallten D ABRIR PUERTAS Y VENTANAS Offene Türen und Fenster D UNDER THE SKIN Killermaschine, Gnade und Entfremdung D SONG FROM THE FOREST Zweierlei Dschungel D DER ANSTÄNDIGE Psychologie der Gewalt D MR. MAY UND DAS FLÜSTERN DER EWIGKEIT Einsamer Thunfisch im Regen D MIT GANZER KRAFT Im Rollstuhl zum „Iron Man“ D DER JUNGE SIYAR Auf dem Weg nach Europa D 07 D SEPTEMBER 2014 PHOENIX - START AM 25.9.2014

INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

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Das Magazin der unabhängigen Berliner Lichtspielhäuser. Filmkritiken, Features, Highlights.

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Page 1: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

indiekinoBERLINMAGAZIN DER UNABHÄNGIGEN BERLINER LICHTSPIELHÄUSER

LIKE FATHER, LIKE SON Vom Vatersein D THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE Restauriert und der Zensur entrissen D PHOENIX Mit geschlossenen Augen D HELI Im Blickfeld der Drogenmafia D SCHÖNEFELD BOULEVARD Erste Flieger und erste Liebe D MAPS TO THE STARS Boulevard der Durchgeknallten D ABRIR PUERTAS Y VENTANAS Offene Türen und Fenster D UNDER THE SKIN Killermaschine, Gnade und Entfremdung D SONG FROM THE FOREST Zweierlei Dschungel D DER ANSTÄNDIGE Psychologie der Gewalt D MR. MAY UND DAS FLÜSTERN DER EWIGKEIT Einsamer Thunfisch im Regen D MIT GANZER KRAFT Im Rollstuhl zum „Iron Man“ D DER JUNGE SIYAR Auf dem Weg nach Europa

D 07 D SEPTEMBER 2014

PHOENIX - START AM 25.9.2014

Page 2: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

EIN FILM VON ubErtO PasOLINI

»Einer jener Filme, die sich uns ins Herz einprägen wie ein Lächeln!« TAGESWOCHE

»Ein grandioser Film, berührend und bittersüß, mit subtilem Humor … Eddie Marsan ist fantastisch!« SENTIERI DEL CINEMA

»Ein Geschenk, ein Glücksfall fürs Kino ... Wunderschön!« KINO.DE

»Eddie Marsan Performance ist unwiderstehlich!« SCREEN INTERNATIONAL

IPREMIO ORIZZONTBESTE REGIE

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Page 3: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

SEPTEMBER 2014 D 3 D

EDITORIALVor einigen Monaten gründete sich eine Facebook-Gruppe mit dem

Namen „UNDER THE SKIN im deutschen Kino, jetzt“. Was zunächst

wie eine Fan-Aktion aussah, wurde bald zu einem Rundumschlag gegen

die deutsche Filmproduktions-, Kino-, Festival- und Verleihbranche. Die

deutschen Filme seien zu Tode gefördert, die Verleiher trauten sich

nichts mehr, die Festivals zerstörten die Verleihlandschaft, die Kinos

spielten alle das gleiche. Vor allem bringe Senator Film den vielgelobten

Science-Fiction-Film UNDER THE SKIN nicht ins Kino, sondern nur auf

BluRay und DVD heraus. Nun kommt der Film doch ins Kino, fast gleich-

zeitig mit dem BluRay-Start. Zunächst ohne deutsche Synchro und Unter-

titel. In Berlin gibt es den ersten Filmstart, der auf eine Zuschauerinitia-

tive zurückgeht im b-ware! ladenkino und im fsk-Kino am Oranienplatz zu

sehen. Die Debatten über Kinos, Festivals, Verleiher und Filmproduktio-

nen werden weiter gehen. Für die Diversität der Kinolandschaft kann es

nur von Vorteil sein, wenn mehr gestritten wird. Unser September-Heft

ist jedenfalls so divers, wie es eben geht. Die Wiederaufführung von THE

TEXAS CHAINSAW MASSACRE ist uns so wichtig wie Hirokazu Kore-edas

sensible Familiengeschichte LIKE FATHER, LIKE SON und Christian Pet-

zolds Abrechnung mit dem deutschen Vergangenheitsbewältigungskino

PHOENIX. LIKE FATHER, LIKE SON zeigen wir übrigens auch in unserer

zweiten INDIEKINO-Preview, die am 10.9. im fsk-Kino am Oranienplatz

stattfindet. Es gibt wieder Freikarten zu gewinnen (Näheres auf Seite 4).

Viel Spaß beim Lesen und viel Spaß im Kino,

Ihre/Eure INDIEKINO BERLIN Redaktion

04 MAGAZIN

08 VOM VATERSEIN: LIKE FATHER, LIKE SON

12 RESTAURIERT UND DER ZENSUR ENTRISSEN: THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE

14 „DAS ALTE BEKOMMT MAN NIE WIEDER SO GANZ HIN“: PHOENIX

24 INDIEKINOS: FSK-KINO AM ORANIENPLATZ

34 KINDERFILME

36 KINOHIGHLIGHTS

44 KINOADRESSEN, IMPRESSUM ABONNEMENT

46 NACHBILD

23 Abrir puertas y ventanas

16 Amma & Appa

20 Der Anständige

31 At Home – Sto Spiti

31 Gemma Bovery

18 Heli

21 I Origins - Im Auge des

Ursprungs

18 Der Junge Siyar

28 Kings of Kallstadt

08 Like Father, Like Son

17 Maps to the Stars

30 Mit ganzer Kraft

28 A Most Wanted Man

NEU IM KINO27 Mr. May oder das Flüstern

der Ewigkeit

14 Phoenix

19 Schönefeld Boulevard

30 Shirley – Visionen der

Realität

16 Song from the Forest

21 Spirit Berlin

27 Supermensch – wer ist

Shep Gordon?

12 The Texas Chainsaw

Massacre

22 Töchter

29 Under the Skin

22 A World Not Ours

32 Feuerwerk am hellichten

Tage

32 Jimmy’s Hall

32 Die Karte meiner Träume

33 Kathedralen der Kultur

33 Welcome Goodbye

32 Wie der Wind sich hebt

33 Wir sind die Neuen

WEITER IM KINOEIN FILM VON ubErtO PasOLINI

»Einer jener Filme, die sich uns ins Herz einprägen wie ein Lächeln!« TAGESWOCHE

»Ein grandioser Film, berührend und bittersüß, mit subtilem Humor … Eddie Marsan ist fantastisch!« SENTIERI DEL CINEMA

»Ein Geschenk, ein Glücksfall fürs Kino ... Wunderschön!« KINO.DE

»Eddie Marsan Performance ist unwiderstehlich!« SCREEN INTERNATIONAL

IPREMIO ORIZZONTBESTE REGIE

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30 Shirley – Visionen der Realität

DIE INDIEKINOS D ACUD KINO D B-WARE!LADENKINO D BALI KINO D BUNDES-PLATZ KINO D EISZEIT KINO D EVA-LICHTSPIELE D FILMKUNST66 D FILM-RAUSCHPALAST D FSK-KINO AM ORANIENPLATZ D HACKESCHE HÖFE KINO D SPUTNIK KINO AM SÜDSTERN D TILSITER LICHTSPIELE D UNION FILMTHEATER D XENON KINO D ZUKUNFT D FLK FRIEDRICHSHAGEN D FLK HASENHEIDE D FLK INSEL D FLK POMPEJI D FLK „UMSONST & DRAUSSEN“ IM FILMRAUSCHPALAST

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D 4 D SEPTEMBER 2014

INDIEMAGAZIN

INDIEKINO PREVIEW #2: LIKE FATHER, LIKE SONNiemand dreht so schöne Erwachsenenfilme mit Kindern wie Hirokazu Kore-eda. Wir freuen uns außerordentlich, dass

wir den zärtlichen, nachdenklichen, bezaubernden LIKE FATHER, LIKE SON in unserer zweiten INDIEKINO-Preview vor

Kinostart präsentieren können. Die beiden Jungen Keita und Ryusei wurden bei der Geburt vertauscht. Sechs Jahre

später fliegt der Irrtum auf und die beiden Familien stehen vor der Frage, ob sie ihre Kinder zurück tauschen sollen, ob

es wichtiger ist, biologisch verwandt zu sein, oder sechs Lebensjahre miteinander geteilt zu haben. „100% der Eltern

entschließen sich zum Tausch“ sagt der betreuende Arzt. Aber ist es wirklich so einfach? Soll Keita auf einmal ohne

Klavierstunden aufwachsen und Ryusei ohne Geschwister und beide ohne die geliebten und vertrauten Erwachsenen?

Und wie steht es um die Eltern? Was bedeutet es, wenn ein Vater sagt und denkt „mein Sohn“?

Die Preview LIKE FATHER, LIKE SON findet am 10.9. um 20 Uhr in Kooperation mit dem Film Kino Text Verleih und dem

fsk-Kino im fsk-Kino am Oranienplatz statt. Wer eine Freikarte ergattern möchte, schreibt uns bis Montag, den 8.9. eine

Mail an [email protected]. Stichwort: LIKE FATHER, LIKE SON

HOCHWERTIGE FILMFACHBÜCHER, VERFASST VON SACHKUNDIGEN AUTOREN verspricht der neu gegründete Mühlbeyer Filmbuchverlag, hinter dem selbst

ein sachkundiger Autor steckt: der Filmjournalist Harald Mühlbeyer schreibt unter anderem für epd Film, ray, cinefacts.de, Titanic und

demnächst auch für INDIEKINO. Mühlbeyer hat es sich zur Aufgabe

gemacht, Cineasten mit Hintergrundwissen zu versorgen. In den

ersten Veröffentlichungen des Verlages befragt Henriette Nagel

Zeitreisefilme auf ihre zugrundeliegenden physiktheoretischen

Modelle hin, Moritz Rosenthal stellt kompakt Gendertheorien zum

Horrorfilm vor, und Andreas Köhnemann untersucht die ästheti-

schen und dramaturgischen »Verqueerungen«, die sich ergeben,

wenn sich im Film nicht ein Liebespaar, sondern ein Liebestrio

findet. Weiterhin sind in Arbeit: Jonas Manuel Cußler über mögli-

che rassistische Implikationen in Walt-Disney-Animationsfilmen,

Julius Pöhnert über Inhalte und Ästhetik der Filme von Rosa von

Praunheim und Franz Stadler und Manfred Hobsch über „Die Kunst

der Filmkomödie“. www.muehlbeyer-verlag.blogspot.de

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SEPTEMBER 2014 D 5 D

INDIEMAGAZIN

„ICH BIN HYPOCHONDER“, gibt Rosa von Praunheim freimütig zu. In seinem neuen Doku-

mentarfilm begleitet der unerschrockene Filmemacher sich

selbst bei seinen Besuchen bei Geistheilern, Gesundbetern

und Schamanen, die ihn von Asthma,

Kopfschmerzen, Reizblase, grünem

Star und Polypen befreien sollen. Er

besucht ein Seminar von Dr. Zhi Gang

Sha, berühmt für seine Seelenopera-

tionen, ist begeistert vom Pflanzen-

kundler Wolf-Dieter Storl, und sucht

Rosina Sonnenschmidt auf, die eine

Humortherapie anbietet. Er macht eine

Rückführung in seine früheren Leben und findet heraus, dass er

einst ein großer starker Baum war. Am 20. September um 15.30

Uhr stellt von Praunheim seinen Film AUF DER SUCHE NACH

HEILERN – ICH BIN EIN HYPOCHONDER im Bundesplatzkino

persönlich vor. Nach dem Screening lädt der Verleih zu „einem

kleinen Schlagabtausch zwischen dem Regisseur und einigen

Protagonisten“ ein.

ROCKABILLY PARTY + FILMVORFÜHRUNGIn Friedrichshagen findet am 12. September um

22.30 Uhr die nächste Rockabilly Party statt. Zur

Einstimmung läuft um 20 Uhr die Musical-Verfil-

mung JERSEY BOYS von Clint Eastwood. Der Film

erzählt die Geschichte der Band „Four Seasons“

von denen Hits wie Walk Like a Man und Rag Doll

stammen. In den 50ern gründen die Teenager

Frankie Casteluccio, der sich später Frankie Vallie

nennt, Tommy DeVito, Nick Massi und Bob Gau-

dio eine Band und stürmen in Kürze die Charts.

Doch innere Streitigkeiten, Mafiaverbindungen

und Geldsorgen sorgen für Schwierigkeiten, die

aus den vier verschiedenen Perspektiven der

Bandmitglieder erzählt werden.

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D 6 D SEPTEMBER 2014

INDIEMAGAZIN

DER BAUHAUS-FOTOGRAF: LUCIEN HERVÉ Geboren wurde der

Fotograf und Kommunist Lucien Hervé als László Elkán 1910

in Ungarn, seit den frühen 30er Jahren lebte er in Paris und

arbeitete in der Modebranche. Im zweiten Weltkrieg kämpfte

er in der französischen Armee. 1949 erhielt Hervé den Auf-

trag, Le Corbusiers „Cité Radieuse“ in Marseille zu dokumen-

tieren. Er schickte Le Corbusier die 650 Fotos und bekam

folgende Antwort: „Sie haben die Seele eines Architekten,

und Sie verstehen etwas davon, Architektur zu betrach-

ten. Werden Sie mein Fotograf.“ Neben den Gebäuden Le

Corbusiers hat Hervé auch Werke von Alvar Aalto, Marcel

Breuer, Oscar Niemeyer oder Jean Prouvé fotografiert. Gerrit

Messiaens Dokumentarfilm LUCIEN HERVÉ – FOTOGRAF

WIDER WILLEN ist am 28. September um 15.30 Uhr einmalig

im Bundesplatz Kino zu sehen

DAS CITY WEDDING ERWACHT ZU NEUEM LEBENIn den 60er Jahren wurde das jetzige City-Kino Wedding zunächst

als Mehrzwecksaal des deutsch-französischen Jugend- und Kultur-

zentrums „Centre Français de Berlin“ gebaut. Bis 1992 hatten nur

französische Soldaten und deren Angehörige Zutritt. 1996 wurde eine

feste Leinwand eingebaut und 10 Jahre lang führte das City Wedding

ein normales Kinoleben, bis es der Konkurrenz von Alhambra und

Cinestar Tegel unterlag und schließen musste. Jetzt wird ein zarter

Neuanfang gestartet. Ab Oktober soll das Retro-Design-Schmuck-

stück jedes zweite Wochenende bespielt werden. Die feierliche

Wiedereröffnung findet am 13. und 14. September statt.

www.facebook.com/citykinowedding

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SEPTEMBER 2014 D 7 D

INDIEMAGAZIN

LIEBESTRIOS BEI KREUZBERG LIEST Am Mittwoch, den 3. September um 20.30 Uhr trifft man sich

im Sputnik Kino in Kreuzberg nach der Sommerpause wieder zum monatli-

chen Lesetermin. Unter dem Motto „Nicht immer der Anfang vom Ende“ geht

es um Chaos, Eifersucht, Machtspiele, wenige Gewinner und viele Verlierer.

Katharina Florian und Jana Kühn stellen außergewöhnliche Dreiecksgeschich-

ten von Simone de Beauvoir, Madeleine Bourdouxhe, Romain Gary und Olga

Grjasnowa vor. Die Lieblingsentdeckungen der beiden werden für die Gäste

live vertont von Alexandra Maria Johannknecht und Matthias Scheliga.

WHISKY & EVIL MUSICÜber den Dächern Kreuzbergs, in der Kinobar des

Sputnik Kinos, lädt “Slowlands” am 26. September

ab 21 Uhr erneut zu gutem Whisky und böser Musik

ein: „We kindly invite you to another splendid night

of good whisky and evil music at Sputnik Kino Bar –

Berlin’s highest cinema. More than 30 different kinds

of liquid gold await you – most of which you won’t find

anywhere else in Berlin – accompanied by slow-deep-

complex music in chatting-friendly volume that sets

just the right atmosphere.” Es gibt natürlich auch

alkoholfreie Getränke.

ShirleyvisionEn DER REalitÄt

ab 18. september im b-ware!ladenkino, Eva, Filmkunst 66, FsK und neues Babylon

Der Maler Edward Hopper in 13 Bildern

Regie: Gustav Deutsch

Mehr Information unter:www.rendezvous-filmverleih.de

Page 8: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

D 8 D SEPTEMBER 2014

Der japanische Regisseur Hirokazu KORE-EDA (*1962 in Tokyo) arbeitet wir kaum ein anderer mit Kinderdarstellern. In NOBODY KNOWS

(2004) erzählte er nach einer wahren Begebenheit von vier Kindern, die eines Tages von ihrer Mutter verlassen werden und ganz alleine versu-

chen, ein normales Leben weiter zu leben. Yūya Yagira, der den zwölfjährigen Akira spielt und im Film die Elternrolle für seine jungen Geschwis-

ter übernimmt, wurde als jüngster Schauspieler in der Geschichte von Cannes ausgezeichnet. STILL WALKING (2008) fängt zartfühlend die

Beziehungen in einer Familie ein, die einmal im Jahr zusammen kommt, um den Tod des ältesten Sohnes, der vor 15 Jahren bei einem Badeunfall ums

Leben kam, zu begehen und in I WISH (2011) träumen zwei Brüder, die bei ihren geschiedenen Eltern in verschiedenen Städten aufwachsen, von einer

Wiedervereinigung der Familie. Um die komplexen Bindungen innerhalb von Familien geht es auch in Kore-edas neuestem Film LIKE FATHER. LIKE SON

(Besprechung auf der nächsten Seite). Thomas Abeltshauser hat in Cannes mit dem freundlichen Regisseur über seine Arbeit mit Kindern und seine

Gefühle als Vater gesprochen.

INDIEFEATURE

LIKE FATHER, LIKE SONInterview mit Hirokazu Kore-eda

Page 9: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

SEPTEMBER 2014 D 9 D

INDIEKINO BERLIN: Herr Kore-eda, würden Sie widersprechen, wenn man

Ihren neuen Film LIKE FATHER, LIKE SON als eine Kritik an der japani-

schen Klassengesellschaft und ihrem Männerbild sieht?

Hirokazu Kore-eda: So denke ich nicht über meine Filme nach und so

konzipiere ich sie auch nicht. Aber wenn Sie so wollen, repräsentiert die

Hauptfigur Ryota die männliche Dominanz in der Gesellschaft, er trifft die

Entscheidungen und seine Frau hat sich seiner Meinung zu fügen. Warum

verhält er sich so? Weil es sein Vater auch schon so getan hat. Zugleich

will er sich der Autorität seines eigenen Vaters entziehen und seine eige-

nen Entscheidungen treffen, doch dabei wiederholt er nur dessen Verhal-

ten, vor allem gegenüber seiner Frau und seinem Kind.

Sie zeigen zwei sehr unterschiedliche Familien, eine aus der oberen Mit-

telschicht, eine aus der Arbeiterklasse ...

Es gibt sicher ökonomische Unterschiede zwischen ihnen, aber mir ging

es bei der Gegenüberstellung um etwas anderes. Die weniger wohlha-

bende Familie lebt in einem traditionellen japanischen Haus mit Garten,

hat fünf Kinder, sie sind alle sehr eingebunden in ihr Umfeld, während das

reichere Ehepaar ein Einzelkind hat und viel isolierter lebt, auch wenn

sie eine schöne Wohnung in einem teuren Viertel haben. Diesen sozialen

Unterschied wollte ich zeigen.

Geht es Ihnen dabei auch um den Unterschied zwischen einer eher tradi-

tionell japanischen Lebensweise und der modernen, westlich orientierten?

Die Lebensräume der beiden Familien spielen eine wichtige Rolle, das

Haus auf dem Land und die Stadtwohnung, und wir haben sie mit gro-

ßem Aufwand gesucht und ausgestattet. Das Landhaus stammt aus der

Shōwa-Zeit, der „Ära des erleuchteten Friedens“ als Kaiser Hirohito im

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D 10 D SEPTEMBER 2014

INDIEFEATURE

20. Jahrhundert regierte, deren zweite Hälfte nach Ende des Zweiten Welt-

kriegs eine Blütezeit Japans war. Die Architektur des Hauses und auch die

Familienstrukturen sollten diese Phase widerspiegeln. Hier existiert noch

eine Großfamilie, in der mehrere Generationen ein sehr enges Verhältnis

zueinander haben. Die andere Familie repräsentiert die moderne japani-

sche Kleinfamilie, die lediglich aus Vater, Mutter und Einzelkind besteht

und in einer schönen Wohnung lebt, dabei aber sehr isoliert ist. Mein

Leben entspricht dem der zweiten Familie. Ich wohne mit meiner Frau

und unserer Tochter ganz ähnlich. Wenn man in einer der Großstädte wie

Tokyo lebt, ist ein anderes Leben auch kaum möglich, weil schlicht der

Platz fehlt. Aber mir geht es um keinen sozialen Kommentar, ich habe

mir von meinem eigenen Leben ausgehend, die Frage gestellt, was einen

eigentlich zum Vater macht.

Können Sie das genauer erläutern? Was hat Sie daran interessiert?

Seit vor sechs Jahren unsere Tochter zur Welt kam, stelle ich mir die

Frage: was verbindet mich als Vater mit meinem Kind? Die Blutsbande

oder die Zeit, die wir zusammen verbringen? Biologie oder Erziehung?

Werde ich durch die Erkenntnis, dass ich mein Blut weitergegeben habe,

zum Vater? Oder sehe ich mich nicht als richtiger Vater, weil ich aufgrund

meines Berufs so eingebunden bin, dass ich nicht genug Zeit mit ihr ver-

bringe? Mütter würden sich diese Fragen nie stellen, weil sie von Anfang

an ein viel engeres Verhältnis haben. Das Kind wächst im Leib der Mutter,

sie bringt es zur Welt. Väter sind automatisch ein bisschen abseits. Ich

konnte das auch bei meiner Frau beobachten, die sich wie von selbst

unserer Tochter annahm, während ich mich an meine neue Rolle als Vater

erst langsam gewöhnen musste. Dieses Dilemma, auch die Vorwürfe an

mich selbst, wollte ich zum Thema eines Films machen.

Warum haben Sie aus dem Kind im Film einen Jungen gemacht?

Weil mich genau diese Vater-Sohn-Beziehung interessiert hat, die noch

einmal ganz anders funktioniert. Es geht zwar um zwei Familien, aber

mein Fokus liegt auf dem Mann und wie er zum Vater wird.

Ryota ist nicht nur Vater, sondern auch selbst Sohn, der zu seinem Vater

eine sehr distanzierte Beziehung hat. Reflektieren Sie damit auch ihre

eigenen Familienverhältnisse?

Es fällt mir schwer, meinen Vater zu kritisieren, aber ich will meiner Toch-

ter ein besserer Vater sein als er mir gegenüber war. Er war nicht in der

Lage, mit Kindern nett umzugehen, er war immer irgendwie abwesend.

Ich habe kaum wirkliche Erinnerungen an ihn in meiner Kindheit. Das

Erschreckende ist, dass ich ihm heute doch manchmal sehr ähnlich bin

und ich Dinge tue, die ich an ihm nicht mochte. Aber zu meiner Verteidi-

gung muss ich sagen, dass ich es zumindest reflektiere.

Wie entstand die Idee der bei der Geburt vertauschten Kinder? Basiert die

Geschichte auf einem realen Fall, ist sie ein Märchen? Sie erinnert auch

an Salman Rushdies Roman „Mitternachtskinder“...

Die Handlung selbst ist erfunden, aber sie basiert auf keiner Fiktion. Diese

Verwechslungen passierten in den Siebzigern, den Babyboomjahren in

Japan, gar nicht so selten. Das Interessante war, dass die Eltern, wenn sie

es nach Jahren herausgefunden haben, sich fast alle für die Blutsverwandt-

schaft entschieden haben und nicht für das Kind, das sie jahrelang als ihr

eigenes großgezogen haben. Ich fand nur einen Fall, bei dem beide Familien

ihre Kinder nicht zurückgetauscht haben, sondern sich stattdessen dazu

entschieden, die Kinder nicht aus dem Umfeld zu reißen, in dem sie auf-

wuchsen, und dafür einander regelmäßig zu besuchen. Das erschien mir

sehr viel humaner und weniger egoistisch. Sie sagen nicht einfach: das ist

nicht mehr mein Kind, weil es nicht meine DNA hat. Und ich bin mir nicht

sicher, wie Eltern heute reagieren würden. Die Blutsverwandtschaft ist noch

immer sehr wichtig in Japan, Adoptionen sind kaum verbreitet.

Haben Sie sich auch gefragt, wie Sie selbst reagieren würden?

Ich habe mit meiner Frau darüber gesprochen und sie hat gesagt: ‚Wenn

man sechs Jahre lang ein Kind großgezogen hat, wie kann man es dann

aufgeben? Das ist unmöglich!’ Aber ich habe mich als Vater umgekehrt

gefragt: wenn man weiß, dass das biologische Kind in einer anderen Fami-

lie aufwächst, kann man das einfach ignorieren? Ich habe darauf nicht

wirklich eine Antwort.

Sie arbeiten in Ihren Filmen immer wieder mit Kindern zusammen, die

herausragende Darstellungen liefern. Yûya Yagira etwa, der 12-jährige

Hauptdarsteller von NOBODY KNOWS, wurde 2004 in Cannes als jüngster

Schauspieler aller Zeiten mit dem Darstellerpreis ausgezeichnet. Haben

Sie eine bestimmte Methode, was ist Ihr Geheimnis?

Seit NOBODY KNOWS gebe ich den Kindern keine Drehbücher mehr. Ich

erkläre ihnen einfach eine Szene, etwa worüber sie sich mit ihrem Film-

vater unterhalten sollen und lasse sie dann spielen. So gehe ich schon

Page 11: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

SEPTEMBER 2014 D 11 D

INDIEFEATURE

When Keito is six years old, his parents are informed that he was switched at birth with another baby whose name is Ryusei. Both families now are con-fronted with the question if they want to swap their children.

Start am 25.09.2014

¢ b-ware! ladenkino OMU ab Oktober¢ Eiszeit Kino DF ¢ filmkunst 66 DF ¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU

Originaltitel: Soshite chichi ni naru D Japan 2013 D 120 min D R: Hirokazu Kore-eda D B: Hirokazu Kore-eda D K: Mikiya Takimoto D S: Hirokazu Kore-eda D D: Yôko Maki, Masaharu Fukuyama, Machiko Ono, Lily Franky D V: Film Kino Text

LIKE FATHER, LIKE SONVom Vatersein

Als Keito sechs Jahre alt ist, erfahren seine Mittelschichts-Eltern, dass er

bei der Geburt vertauscht wurde. Ihr „richtiger“ Sohn ist bislang in der

Familie eines kleinen Ladenbesitzers zusammen mit vier Geschwistern

aufgewachsen. Beide Familien stehen auf einmal vor der Frage, ob sie

die Kinder, die sie bislang für Ihre Kinder hielten, weiter aufziehen oder

austauschen sollen. Die Familien beschließen, einander kennen zu lernen

und gemeinsame Zeit zu verbringen, damit die Jungen, denen die Eltern

die Wahrheit zunächst verschweigen, sich langsam an die neue Familie

gewöhnen können. Präzise und mitfühlend beschreibt und beobachtet

LIKE FATHER, LIKE SON diesen herzzerreißenden Annäherungsprozess, in

dem es keine richtigen und keine falschen Entscheidungen gibt. Während

LIKE FATHER, LIKE SON alle Personen, besonders auch die Kinder, die

in fast allen Kore-eda Filmen eine wichtige Rolle spielen, im Blick hat,

ist er letzten Endes vor allem ein Film über das Vatersein. Zentrum der

Erzählung ist Ryota, Keitos Vater, ein hart arbeitender und erfolgreicher

Architekt, und der genaue Gegensatz des unambitionierten aber auch

sehr liebevollen Elektrohändlers Yudai. Ryota hat Pläne für seinen Sohn,

in denen Klavierstunden und die richtige Schule eine wichtige Rolle spie-

len. Als er erfährt, dass der verträumte Keito gar nicht sein leibliches Kind

ist, scheint auf einmal Vieles Sinn zu machen. Es ist vor allem Ryota, der

sich mit seinen Ideen vom Vatersein und seinen tatsächlichen Vatergefüh-

len auseinandersetzen muss. D Hendrike Bake

beim Casting vor. Und Kinder lieben diese Art des Schauspielens. Meine

andere Methode ist etwas komplizierter. Es ist gar nicht so einfach, Kin-

dern natürliche Gesten und Gesichtsausdrücke zu entlocken. Dazu nutze

ich die erwachsenen Schauspieler, etwa die Mutter im Film, die vor der

Kamera etwas tut, auf das die Kinder dann spontan reagieren. Sie wird

dann in dem Moment wie zu einer zweiten Regisseurin innerhalb der

Szene, sie kontrolliert die Emotionen der Kinder. Diesmal war die Situ-

ation etwas anders, denn die Hauptfigur hat ja eine gewisse Distanz zu

seinem Sohn, deswegen habe ich sie auch außerhalb des Drehs voneinan-

der ferngehalten. Der Vater der Großfamilie dagegen spielte auch in den

Drehpausen mit den Jungen. Das sind so meine Tricks, um vor der Kamera

möglichst natürliche und wahrhaftige Emotionen zu erreichen.

Wenn Sie in LIKE FATHER, LIKE SON eher eine persönliche Auseinander-

setzung, als eine kulturelle oder spezifisch japanische sehen, glauben Sie,

dass der Film auch in anderen Gesellschaften räsoniert? Welche Reaktio-

nen hatten Sie in anderen Ländern?

Ich habe überall sehr positive Reaktionen erlebt. Der Film wirkt wie ein

Auslöser, nach dem Film über die eigene Familie zu sprechen. All diese

Menschen kommen aus ganz unterschiedlichen Kulturen und Religio-

nen, aber überall löst der Film Gesprächsbedarf aus. Das freut mich

sehr.

Welches Verhältnis haben Sie zu Ihren Filmkindern nach den Dreharbei-

ten? Fühlen Sie eine gewisse Verantwortung?

Wir telefonieren und treffen uns auch regelmäßig. Und mit einigen trinke

ich auch, denn sie sind inzwischen erwachsen. Mir ist es wichtig, dass sie

die Dreharbeiten als gute Erfahrung in Erinnerung behalten. Für einige

war es ein einmaliges Abenteuer, andere wollen ernsthaft Schauspieler

werden. Das unterstütze ich gerne und stehe mit Hilfe und Rat zur Seite.

Sind Ihre Filme so etwas wie Ihre Kinder?

Manche sind mir näher als andere. Dieser hier ist sicher mein persönlichs-

ter. Aber auch STILL WALKING ist mir sehr wichtig, nicht nur weil ich mich

stark in die Hauptfigur hineinprojiziert hatte und es um das Leben meiner

Mutter ging, sondern auch weil er in einer Zeit entstand, als meine Mutter

verstarb und ich selbst Vater wurde. Das sind mir die wichtigsten Filme,

aber man soll ja keins seiner Kinder bevorzugen ...

D Das Gespräch führte Thomas Abeltshauser

TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE

Page 12: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

Dunkelheit. Scharren. Aufblitzende Bilder zeigen verweste Körperteile.

August 1973. Das Radio berichtet von Grabschändungen in Texas. Die

Toten werden zu bizarren Figuren arrangiert. In einem alten Bus fahren

fünf junge Leute aufs Land. Sally und ihr Bruder Franklin, der im Rollstuhl

sitzt, Sallys Freund Jerry und das Pärchen Kirk und Pam. Nachdem sie

überprüft haben, ob das Grab ihres Großvaters unversehrt ist, suchen sie

dessen altes Haus. Unterwegs nehmen sie einen seltsamen Anhalter mit,

der ihnen von Entlassungen beim nahegelegenen Schlachthof erzählt,

schließlich sich selbst und Franklin verletzt und aus dem Bus geworfen

wird. An einer Tankstelle gibt es kein Benzin mehr und der Tankwart rät

ihnen davon ab, zum Haus weiter zu fahren – die Leute in der Umgebung

seien nicht freundlich zu Fremden. Kirk und Pam versuchen dennoch, im

Nachbarhaus der verfallenen Villa nach Benzin zu fragen. Auf Kirks Klop-

fen antwortet niemand. Er geht langsam den Flur hinunter. Eine Tür wird

aufgerissen. Ein riesiger Mann mit einer scheußlichen Maske und einer

Schlachterschürze erschlägt Kirk mit einem Schlachterhammer. Kirks

Beine zucken. Leatherface zieht die Leiche hinter die Tür. Die Tür schlägt

zu. Das Massaker beginnt.

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ist eigentlich eindeu-

tig: “Eine Zensur findet nicht statt”. Das heißt natürlich nicht, dass keine

Zensur stattfindet. Über 30 Jahre lang war THE TEXAS CHAINSAW MAS-

SACRE, einer der wichtigsten Klassiker des Horrorfilms, in Deutschland

verboten. Ob das New Yorker Museum of Modern Art den Film schon in

den 80er Jahren ankaufte, ob Kritiker flammende Verteidigungen des Films

schrieben, nichts konnte die strenge deutsche Zensur erweichen. Denn

Tobe Hoopers Klassiker war nicht nur indiziert, sondern nach §131 StGB

beschlagnahmt, wegen „Gewaltverherrlichung“. Der Paragraf ist seit der

massenhaften Verbreitung von VHS-Video - dem ersten demokratischen

Medium, bei dem Zuschauer selbst bestimmen konnten, was sie sehen

wollten - zur Hauptwaffe der Moralwächter im Kampf gegen sogenannte

„Gewaltvideos“ geworden. Der letzte beschlagnahmte Film in diesem Jahr

war MANIAC, das Remake eines ebenfalls beschlagnahmten Klassikers

aus den frühen 80er Jahren. Der Wortlaut des Paragrafen wurde je nach

Bedarf des Zensors angepasst. Zunächst erlaubte er, Schriften zu verbie-

ten, „die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen

Menschen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlo-

sung solcher Gewalttätigkeiten“ darstellten. Der Paragraf, zuerst 1973 vor

allem zum Schutz gegen neonazistische Propaganda eingeführt, wurde

1985 zum ersten Mal verschärft. Seitdem sind auch Filme verboten, die

Gewalt in einer Art zeigen, „die das Grausame oder Unmenschliche des

Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt“. Das

bezog sich auf Horrorfilme und war so dehnbar, dass sich beinahe jede

INDIEFEATURE

THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE (1974)Restauriert und der Zensur entrissen

Page 13: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

SEPTEMBER 2014 D 13 D

This classic horror film has been banned from German screens for dec-ades. Now Leatherface is back from his exile to clandestine screenings, smuggled DVDs and torrent-down-loads in a glorious, restored 4k-digital cinema print.

Gewaltdarstellung damit verbieten ließ. Schließlich verletzt Grausamkeit

an Menschen immer die Menschenwürde. Der Artikel erklärt also eigent-

lich, dass jede fiktionale Darstellung von Grausamkeit in Deutschland ver-

boten ist, es sei denn, der Zensor findet sie geschmackvoll genug oder

hat gerade Urlaub.

Ganz reichte es immer noch nicht, denn nicht alle Filmverleiher ließen

sich diese Bevormundung bieten. Eine Beschlagnahmung kann nur durch

eine aufwendige, kosten- und zeitintensive Zivilklage wieder aufgeho-

ben werden, wobei jederzeit das Risiko einer erneuten Beschlagnahme

durch ein anderes Gericht besteht, wie der Prokino-Filmverleih erfahren

musste, der seit 1984 versuchte, Sam Raimis THE EVIL DEAD (dt. TANZ

DER TEUFEL) aus den Fängen der Justiz zu befreien. 1992 bekam der

Verleih vorläufig recht, und auch noch bei ein paar späteren Prozessen,

aber beschlagnahmt ist Raimis Film trotz Spezialeffekten, die offensicht-

lich auf Knetgummi-Animationen beruhen, immer noch. Weil die Proki-

no-Anwälte argumentierten, in EVIL DEAD gäbe es keine Grausamkeit

gegen Menschen, schließlich würden nur Dämonen getötet, wurde der

Paragraf noch einmal erweitert. Seit 2002 ist auch die Darstellung von

Gewalt gegenüber „menschenähnlichen Wesen“ verboten. Eigentlich sind

die Anwendungen des Paragrafen aber längst schon keine Farce mehr,

sondern ein Skandal. Die Zeit wäre eigentlich reif für eine umfassende

Studie der politischen und ästhetisch-philosophischen Implikationen der

Zensurpraxis, aber bisher ist mir keine bekannt.

Immerhin gibt es immer noch Firmen, die sich gegen die Zensur wehren.

Für Rettung des TEXAS CHAINSAW MASSACRE ist der kleine Vertrieb

Turbine Medien verantwortlich, der seit 2008 gegen die Beschlagnahme

gekämpft hat, und endlich Erfolg hatte. Der im letzten Jahr gegründete

genossenschaftliche Filmverleih Drop-Out Cinema bringt nun die restau-

rierte digitale 4k-Fassung in die Kinos, und zwar eben nicht in die großen

Multiplexe, die mit Horror-Franchises wie der reaktionären SAW-Reihe

ihr Geld verdienen, sondern in kleinere Independent-Kinos, kommunale

Programmkinos und Filmclubs, die Partner und zum Teil Genossen von

Drop-Out sind.

THE TEXAS CHAINSAW MASSCRE gilt als einer der ersten sogenannten

„Splatter“-Filme – ein dummer Begriff, der Filme mit blutigen Spezial-

effekten aus der Genretradition ausgrenzen soll. Im TEXAS CHAINSAW

MASSACRE sind tatsächlich nicht mehr Splatterszenen zu sehen als in

irgendeinem HARRY POTTER-Film oder in den HERR DER RINGE-Verfil-

mungen von Peter Jackson. Einmal schneidet sich Leatherface mit der

Kettensäge ins Bein, und ein Effekt zeigt die Wunde, das war´s. Aber

Tobe Hooper erweckt durch seine Schnitttechnik, durch originelle Kame-

raeinstellungen, eine grandios-bizarre Ausstattung, ein immer wieder

rasant beschleunigtes und dann wieder psychedelisch verlangsamtes

Erzähltempo, den Eindruck, als würde man mehr brachiale Gewalt sehen,

als es wirklich der Fall ist. In der restaurierten Fassung ist besonders die

Tonmischung beeindruckend. Tobe Hooper und Wayne Bell mischten die-

getische und nicht-diegetische Klänge, um ein Gefühl entsetzlicher Bedro-

hung zu schaffen. Die Basis sind pochende, stampfende, analoge Synthe-

sizer, ähnlich dem, was die Industrial-Pioniere Throbbing Gristle später

produzieren sollten: kaum noch tonal gebundener Krach mit einem bru-

talen Rhythmus. In einer Szene, in der Pam und Kirk sich dem Haus der

mörderischen Sawyer-Familie nähern, geht das Wummern eines Strom-

generators in den Mix ein, das Kreischen der Kettensäge, Knochen knir-

schen, man meint Schreie zu hören, Blechdosen klappern. Purer, immer

lauter werdender Terror, der in alptraumhaften Szenen gipfeln wird. Einer

der besten Horrorfilme aller Zeiten ist endlich wieder da zu sehen, wo das

Genre erfunden wurde, und wo es auch hingehört. D Tom Dorow

Start am 04.09.2014

¢ b-ware! ladenkino OMU

¢ Filmrauschpalast OMU

INDIEFEATURE

USA 1974 D 81 min D R: Tobe Hooper D B: Tobe Hooper D K: Daniel Pearl D D: Marilyn Burns, Paul A. Partain, Edwin Neal D V: Drop-Out Cinema

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Page 14: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

D 14 D SEPTEMBER 2014

„Das Alte bekommt man nie wieder so ganz hin“

Deutschland 2014 D 98 min. D R: Christian Petzold D B: Christian Petzold D K: Hans Fromm

D D: Nina Hoss, Ronald Zehrfeld, Michael Maertens D V: Piffl Medien GmbH

In Christian Petzolds neuem Film PHOENIX sind Nina Hoss und Ronald

Zehrfeld wie schon in BARBARA ein Liebespaar, diesmal ein ehemaliges.

Der Film spielt in Deutschland, Berlin, unmittelbar nach dem zweiten

Weltkrieg. Die Jüdin Nelly kehrt schwer verletzt aus dem Konzentrations-

lager zurück. Ihre Freundin Lene, die als Vertreterin der Jewish Agency

arbeitet, betreut sie, bringt sie, fast komplett in Verbandszeug verhüllt,

ins Krankenhaus, besorgt eine gemeinsame Wohnung und arbeitet an der

Wiederbeschaffung von Nellys Vermögen. Nur wenn Nelly sie nach ihrem

Ehemann Johnny fragt, blockt sie ab. „Über Johnny rede ich nicht.“ Für

Lene ist klar, dass Johnny Nelly verraten hat. Die Vergangenheit ist ver-

brannt, deutsche Lieder will Lene nie wieder hören. Für Lene gibt es nur

den Weg in eine andere Zukunft, im Ausland, in Palästina.

An diesem Punkt ist Nelly noch lange nicht. Christian Petzold zeigt sie

als eine Frau, die langsam ins Leben zurücktaumelt, und die verzwei-

felt möchte, das alles so ist, wie sie es verlassen hat, das irgendetwas

Bestand hat. Als allererstes muss sie ihr Gesicht wiederbekommen, das

völlig zerstört ist. Der Schönheitschirurg möchte ihr lieber ein anderes

Gesicht geben, denn „das alte bekommt man nie wieder so ganz hin“.

Aber Nelly besteht darauf. Das alte Gesicht. Das alte Leben. Sobald sie

wieder laufen kann, macht sie sich auf die Suche nach Johnny. Wie eine

Wiedergängerin von Jack Nicholson in Polanskis Farb-Noir CHINATOWN

stolpert sie mit einem entstellenden Nasenverband durch die Schlag-

schatten der Trümmerhaufen und die Nachtclubs der Stadt.

Als sie Johnny, von Zehrfeld als sichtlich gut ernährter, windiger kleiner

Schieber gespielt, tatsächlich in einem amerikanischen Club als Kellner

findet, erkennt der sie nicht wieder. Aber er sieht eine Ähnlichkeit zu sei-

ner Frau und schlägt Nelly einen Deal vor: sie gibt sich als seine aus den

Lagern zurück gekehrte Frau aus und zusammen kassieren sie die Erb-

schaft. Nelly lässt sich auf den Deal ein. Mit Johnny übt sie, wie Nelly zu

schreiben, wie Nelly zu laufen und wie Nelly auszusehen. Doch egal, wie

nahe sie sich dabei kommen und wie offensichtlich die Anzeichen sind,

das Nelly diejenige ist, die sie darstellen soll, Johnny erkennt sie nicht.

Christian Petzold hat erzählt, dass er sich im Vorfeld von PHOENIX viel

mit dem kürzlich verstorbenen Harun Farocki, der auch am Drehbuch

INDIEFEATURE

Page 15: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

SEPTEMBER 2014 D 15 D

PHOENIX

mitarbeitete, über das deutsche Nachkriegskino und das Fehlen von

Genre im deutschen Film unterhalten hat. PHOENIX sieht sich tatsäch-

lich wie der Versuch einen solchen deutschen Nachkriegs-Genre-Film

nun doch zu drehen. Der Film ist altmodisches, metaphorisches Kino.

Die Anfangsszenen, in denen Nelly mit Gesichtsverband durchs Kran-

kenhaus wandert, erinnern an Georges Franjus‘ Albtraum-Klassiker LES

YEUX SANS VISAGE, die Straßenszenen, durch die sie später stolpert,

scheinen geradezu absichtlich bühnenhaft konstruiert und kontrastreich

ausgeleuchtet. Die Geschichte, eine Noir-Geschichte, die vom Roman „Le

retour des cendres“ von Hubert Monteilhet inspiriert wurde, der auch

die Vorlage für Hitchcocks VERTIGO lieferte, ist bestes B-Movie Material.

Eine Frau und ein Mann erkennen einander nicht, weil sie einander im

Grunde nicht erkennen wollen. Weil die Wahrheit, wenn man ihr in die

Augen sehen würde, die Kraft hätte, alles zu ändern und zu zerstören. Weil

Nelly ihre Liebe aufgeben müsste und Johnny sein bequemes, opportunis-

tisches Leben nicht weiterführen könnte.

Das ist der Punkt, an dem Petzolds Film interessanterweise hakt. Dass

Johnny Nelly tatsächlich nicht erkennt, ist psychologisch kaum glaubhaft. Die

Geschichte, die Petzold erzählen will, funktioniert aber nur, wenn man akzep-

tiert, dass Johnny Nelly nicht erkennt, was, anders gesagt natürlich bedeutet,

dass sie nicht so richtig funktioniert. Noch anders betrachtet, passt es aller-

dings wieder ganz gut, dass der Zuschauer den Film als in sich brüchig erlebt.

Ursprünglich sollte die erste Szene von PHOENIX auf einer Kreuzung im

Wald spielen und ein Foto der Shoa Foundation nachstellen. Die Szene

wurde gedreht aber nicht verwendet: „… es ging nicht. Das Nachstellen

des Schreckens, die Kinematographie in und um Auschwitz – als würden

wir sagen: Jetzt ist es Zeit, jetzt fassen wir das alles als Erzählung zusam-

men, jetzt wird es eine Ordnung.“ (Christian Petzold). Mit der Fiktionalität

seiner Geschichte und der in den Film eingeschriebenen Brüchigkeit stellt

PHOENIX eine Antithese zum neuen deutschen, Ordnung schaffenden

Historienfilm von DER UNTERGANG bis zu UNSERE MÜTTER, UNSERE

VÄTER dar. Diesen Filmen, die bei aller Quellentreue und bei aller behaup-

teten Komplexität Geschichte letzten Endes in einer tröstlichen Erzählung

strukturieren und damit verarbeitbar machen, stellt Petzold nun einen

Film entgegen, in dem es im Kern um die Unmöglichkeit und um die Unge-

hörigkeit einer solchen Erzählung geht. D Hendrike Bake

Germany 1945. Holocaust survivor Nelly returns heavily disfigured to Berlin and searches for her husband. When she finds him he doesn’t recog-nize her but proposes a deal: Nelly is to pretend that she is his wife so that they can claim her inheritance.

Start am 25.09.2014

¢ Bundesplatz Kino¢ Eiszeit Kino¢ fsk-Kino am Oranienplatz¢ Hackesche Höfe Kino

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Page 16: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

D 16 D SEPTEMBER 2014

INDIEKRITIKEN

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The Bavarian direktor Franzi and her Indian co-director Jay are a couple. Both of their parents absolutely hate the idea. A documentary about inter-cultural relationships and family.

Start am 4.9.2014

¢ b-ware! ladenkino ab ca. 25.9.¢ Hackesche Höfe Kino

For three decades Louis Sardo has been living with the Bayaka people in Central Africa. He loves their music, of which he has made hundreds of recordings. Documentary.

Start am 11.9.2014

¢ b-ware! ladenkino OMU ¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU

AMMA & APPALiebe zwischen Bayern und Indien

„I first saw his art and then his heart“, so erklärt Franzi, die Regisseu-

rin, wie sie sich in Jay, den Co-Regisseur, verliebt hat. So schön, so ein-

fach könnte die Liebe sein: die Kunst des anderen, das Herz des ande-

ren sehen, berührt sein, zueinander finden. In diesem Fall werden dabei

allerdings kulturelle Grenzen überschritten, und das löst bei den betrof-

fenen Eltern des Paares Stress aus. „Als Du Dich für eine Liebesheirat

entschieden hast, haben wir alles verloren“, wirft Jays Mutter, auf Tamil

„Amma“, ihrem Sohn vor. Ihr ist klar, dass die potentielle Schwieger-

tochter aus Bayern kaum der indischen Tradition entsprechen, zu ihnen

ziehen und die Versorgung im Alter übernehmen wird. Ammas Anklage

klingt aus westlicher Perspektive melodramatisch und auch ungerecht.

Der Film AMMA & APPA ist jedoch weder gefühlsduselig noch parteiisch,

sondern erfasst sehr genau die unaufhebbar scheinenden Widersprüche

zwischen den verschiedenen Lebensentwürfen seiner Protagonisten. Die

beiden jungen Liebenden nutzen das Mittel des Dokumentarfilms, um der

Infragestellung durch ihre ehemaligen Erziehungsberechtigten zu begeg-

nen. Dabei erfahren sie überraschende Dinge: Amma wollte nie heiraten

und sträubte sich jahrelang gegen den Wunsch ihrer Eltern nach einer

arrangierten Ehe. Und die Eltern Schönenberger gestehen, dass ihre Ehe

nicht auf Verliebtsein, sondern auf Vernunft gegründet wurde. Auf einmal

nähern sich die Welten derart an, dass Franzi von dem Verdacht beschli-

chen wird, die Tamilen könnten die Bayern von Indien sein: konservativ,

alltagsrassistisch, freundlich und eigenwillig. Herausgekommen ist ein

Werk, das in seiner offenherzigen Art gelegentlich von einer schmerzhaf-

ten Härte gezeichnet ist, aber nicht zuletzt dadurch auch viele komische

Momente zu bieten hat. D Anna Stemmler

Deutschland 2014 D 89 min D R: Franziska Schönenberger D B: Franziska Schönenberger, Jayakrishnan Subramanian D K: Minsu Park D S: Robert Vakily D V: Zorro Filmverleih

Deutschland 2013 D 97 min D R: Michael Obert D B: Michael Obert D K: Siri Klug D S: Wiebke Grundler D V: Real Fiction

SONG FROM THE FORESTZweierlei Dschungel

Der einsame weiße Mann, der barfuß in dem Fluss Mumbongo in der Zent-

ralafrikanischen Republik steht und den Lauten des Regenwaldes lauscht,

ist kein Dokumentarfilmer im Auftrag des WWF oder BBC. Louis Sardo

lebt seit drei Jahrzehnten beim Volk der Bakaya, er spricht ihre Sprache

und hat einen hier geborenen Sohn. Und doch ist der weiße Mann auch

immer ein Gast in der Gemeinde der Bayaka.

Die Dokumentation SONG FROM THE FOREST erzählt Sardos Geschichte.

Mitte der Siebziger reist der US-Amerikaner in die Zentralafrikanische

Republik, nicht nur um die Musik der Bayaka in Tonaufnahmen festzu-

halten – im Laufe seines Lebens sollen es mehrere hundert werden –

sondern auch, um den Zwängen der westlichen Gesellschaft zu entflie-

hen. Was dem amerikanischen Transzendentalisten Henry David Thoreau

während seines zweijährigen Einsiedlerdaseins in Wäldern nahe Boston

zum Fluch wurde, ist für Sardo ein Segen: ein Leben der Einsamkeit inmit-

ten der Natur. Der Reisejournalist Michael Obert begleitet Sardo bei sei-

nen tagtäglichen Aktivitäten im Dorf der Bayaka und auch auf einer Reise

nach New York, auf die er seinen 13-jährigen Sohn Samedi mitnimmt.

In intimen Aufnahmen von Sardo fängt Obert den Aufprall zweier Kultu-

ren ein. Auch in dieser technokratisierten Welt ist Sardo letztlich nur ein

Fremder, ein Gast.

Am beeindruckendsten ist Oberts Film, wenn er vollkommen auf Wörter

verzichtet und sich auf Bilder und Klänge beschränkt: wenn Sardo in den

Straßen New Yorks die Musik der Bayaka hört und später den Lärm der

Millionenmetropole bei seiner Rückkehr in Afrika nicht aus den Ohren

kriegt, sind keine Worte mehr vonnöten, um seine Existenz zwischen den

Kulturen klarzumachen. D David Herger

Page 17: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

SEPTEMBER 2014 D 17 D

INDIEKRITIKEN

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David Cronenberg delivers a highly entertaining and grim satire on Hollywood craziness involving neurotic filmstars, 13-year-old celebrities with a history of drug abuse and rehab, fire starters, TV psychologists, ghosts and other abominations.

Start am 11.9.2014

¢ b-ware! ladenkino OMU ab Oktober¢ Eiszeit Kino OMU ¢ Eva Lichtspiele DF + OMU ¢ filmkunst 66 DF ¢ Hackesche Höfe Kino OMU

Deutschland/Kanada/Frankreich/USA 2014 D 111 min D R: David Cronenberg D B: Bruce Wagner D K: Peter Suschitzky D S: Ronald Sanders D M: Howard Shore D D: John Cusack, Julianne Moore, Olivia Williams, Robert Pattinson, Mia Wasikowska, Sarah Gadon D V: MFA+ Filmdistribution

MAPS TO THE STARSBoulevard der Durchgeknallten

Die alternde Schauspielerin Havana Segrand sieht sich einen Film ihrer

ungleich berühmteren Mutter Clarice Taggart an. Es ist eine Liebesszene,

aber der Text, den Clarice spricht, stammt aus einem Gedicht des franzö-

sischen Surrealisten Paul Elouard:

„Auf meine Schulhefte

Auf mein Pult und die Bäume

Auf den Sand auf den Schnee

Schreib ich deinen Namen

(…)

Auf jeden sich schenkenden Leib

Auf die Stirn meiner Freunde

Auf jede gereichte Hand

Schreib ich deinen Namen“.

Erst am Ende des Films, nachdem das Gedicht von verschiedenen Perso-

nen wiederholt wurde, wird der Name enthüllt: Freiheit.

MAPS TO THE STARS wirkt selbst ein wenig wie ein Befreiungsschlag

von David Cronenberg, der mit COSMOPOLIS zuletzt eine extrem bissige

Satire auf den Finanzkapitalismus abgeliefert hatte, die an den Kino-

kassen aber ähnlich floppte wie die Aktie der Lehmann Brothers in der

Finanzkrise (Budget 20 Mio. $, Einnahmen in den USA: 740.000 $). Cro-

nenbergs nur mäßig gelungenem Freud vs. Jung-Drama A DANGEROUS

METHOD erging es nicht wesentlich besser. MAPS TO THE STARS tritt

nun so infernalisch unterhaltsam und zugleich bösartig vergiftet auf, als

hätte sich Cronenberg vorgenommen, sämtliche lang geschmiedeten

Waffen in die Waagschale zu werfen, und einen der furiosesten Filme über

Hollywood zu drehen, den die Welt je gesehen hat. Cronenberg bezeich-

net seinen Film als eine Art „postmodernen Boulevard der Dämmerung“

und außer Billy Wilders SUNSET BOULEVARD und David Lynchs MUL-

HOLLAND DRIVE hält auch tatsächlich wenig mit diesem Feuerwerk der

abgründigen Bosheit mit.

In etwa geschieht folgendes: Havana Segrand (Julianne Moore) will unbe-

dingt im Remake des Films die Hauptrolle spielen, der einst ihre Mutter

zur Legende machte. Der Geist ihrer Mutter verspottet sie dafür gele-

gentlich am Pool. Ihre Neurosen – und natürlich den Geist – will sie sich

vom Körpertherapie- Guru und Fernsehpsychologen Stafford Weiss (John

Cusack) exorzieren lassen. Dessen Frau Christina managet den 12-jähri-

gen Sohn Benjie (Evan Bird), einen Kinderstar, der mit der Fernsehserie

„Bad Babysitter“ berühmt wurde, nun aber bereits eine Drogenkarriere

und einen Entzug hinter sich hat, und nur unter Vorbehalt eine neue

Rolle erhält, bei der er obendrein bald von einem noch jüngeren Kinder-

star aus dem Rampenlicht verdrängt zu werden droht. Nun taucht auch

noch Agatha (Mia Wasikowska) in Los Angeles auf, die Tochter der Fami-

lie Weiss, die einige Jahre in der Psychiatrie verbracht hat, weil sie den

Familiensitz angezündet hatte. Der Gedanke, dass hier irgendetwas gut

ausgehen könnte, kommt gar nicht erst auf. Die Spannung entsteht aus

den Wendungen und Enthüllungen, die von einer bizarren Katastrophe zur

nächsten führen.

Der Olymp der Stars ist prall gefüllt mit totaler Durchgeknallheit von

mythischen Dimensionen, die Cronenberg mit diabolischem Vergnügen

ausspielen lässt. Julianne Moore schenkt sich wieder einmal nichts in

ihrem Portrait der verlogenen Giftspritze Havana, die lieblich lächelnd

über Leichen geht, immer mit dem Gestus totaler Schnöseligkeit, die

Anspruch auf absolute Liebe und höchste Ehrungen erhebt. Evan Bird ver-

sieht den fiesen, einsamen und abgrundtief verdorbenen kleinen Star mit

einer so wundervollen Mischung aus Gemeinheit und Verzweiflung, dass

man ihn beinahe schon wieder ein bisschen lieb haben könnte, wenn er

nicht so ein Kotzbrocken wäre. John Cusack ist die personifizierte Wider-

lichkeit esoterischer Selbsthilfegurus und Mia Wasikowska gibt einmal

mehr das scheinbar nette, leicht verstrahlte Mädchen, deren dunkle Seite

sich erst allmählich enthüllt. D Tom Dorow

Page 18: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

D 18 D SEPTEMBER 2014

INDIEKRITIKEN

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Heli is a young Mexican factory worker, who barely manages to take care of his wife and child, his father and his twelve-year-old sister Estela and by a fatal mistake becomes involved with the mafia.

Start am 18.9.2014

¢ b-ware! ladenkino OMU ab 25.9.¢ Eiszeit Kino OMU Preview am 12.9.¢ Filmrauschpalast OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU ¢ Sputnik Kino am Südstern OMU

When Siyar’s sister Nemin elopes with her lover, the 16-year-old sets out to find and kill her in order to restore the family’s “honour”. But the journey from Iraq to Istanbul and finally Norway changes his outlook on life and he begins to question his convictions.

Start am 11.9.2014

¢ b-ware! ladenkino OMU ¢ Eiszeit Kino DF

Mexiko 2013 D 105 min D R: Amat Escalante D B: Amat Escalante, Gabriel Reyes D K: Lorenzo Hagerman D S: Natalia López D D: Armando Espitia, Linda González, Juan Eduardo Palacios, Andrea Vergara D V: temperclayfilm

Originaltitel: Før snøen faller D Deutschland/Norwegen/Irak 2013 D 105 min D R: Hisham Zaman D B: Hisham Zaman, Kjell Ola Dahl D K: Marius Matzow Gulbrandsen D S: Sverrir Kristjánsson D M: David Reyes D D: Nazmi Kirik, Suzan Ilir, Billey Demirtas, Eva Medusa Gühne, Jin Musa D V: Dualfilm Verleih

HELIIm Blickfeld der Drogenmafia

Unmissverständlich schickt Amat Escalantes dritter Film HELI, der 2013

in Cannes mit dem Preis für die beste Regie ausgezeichnet wurde, seine

Botschaft voraus. Im Prolog des Films werden zwei misshandelte Männer

auf einem Pick-Up durch eine vom Staub überlagerte Stadt gekarrt. In

der nächsten Einstellung hängt einer der beiden mit heruntergelassener

Hose an einem Brückengeländer. Ein Bild, das im heutigen Mexiko wohl

kein unbekanntes ist und nur das erste in einem Drogendrama, das ohne

Sentimentalität den grausamen Alltag eines entlegenen Kaffs in seine

Mitte rückt.

Hier lebt Heli, ein junger Fabrikarbeiter, der sich zusammen mit seiner

Frau und dem gemeinsamen Kind, seinem Vater und seiner zwölfjährigen

Schwester Estela mehr schlecht als recht durchkämpft. In langen, ein-

dringlichen Einstellungen entfaltet der Filmemacher das Leben der Fami-

lie, das zwischen Fabrikschichten und Langeweile mäandert. Nur ab und

an bricht Escalante diese inszenatorische Ruhe auf und ersetzt sie durch

surreal anmutende Bilder, etwa wenn Estelas Freund sie vor wüstenhafter

Kulisse immer wieder hochhebt, um seine Oberarme zu trainieren.

Durch eine Dummheit von Estelas Freund gerät die Familie ins Blickfeld

der Drogenmafia. Was nun folgt, ist eine Tortur. Escalante zeigt keine

Scheu, die Gräueltaten und Brutalitäten der Drogenkartelle in Szene zu

setzen. Manche Ereignisse wiederum lässt er nur erahnen, zum Beispiel

wenn Estela aus Rache entführt wird und nicht nur Heli, sondern auch

die Zuschauer über ihr Schicksal im Dunkeln bleiben. Die grausamen

Momente flicht Escalante nahtlos in seine hypnotische Betrachtung die-

ser äußerst verrohten Welt ein, einer Welt, in der der Einzelne nichts mehr

bezwecken kann und ein normales Leben aussichtslos scheint. D Eileen

Reukauf

DER JUNGE SIYARAuf dem Weg nach Europa

Der Regisseur von DER JUNGE SIYAR, Hisham Zaman, wanderte als

Jugendlicher wie sein Protagonist vom kurdischen Irak über Istanbul nach

Norwegen. In seinem beeindruckenden Langfilmdebut versetzt er die

eigene autobiographische Migrationsgeschichte in den aktuellen Kontext

radikaler europäischer Abschottung gegen Einwanderer.

Siyar (Taher Abdullah Taher) ist in kurdischen Klanstrukturen verhaf-

tet. Als alleiniger männlicher Erbe willigt er in die Heirat seiner älteren

Schwester Nemin (Baher Özen) mit dem Sohn eines Stammesführers ein.

Doch Nemin flüchtet mit ihrem Geliebten nach Istanbul und setzt damit

die „Ehre“ der Familie aufs Spiel. Der 16-jährige Siyar reist ihr in die Mega-

lopole hinterher, um sie zu finden und umzubringen. Als er erfährt, dass

sie mittlerweile in Norwegen lebt, folgt er ihr weiter. Auf seiner Reise lernt

er das burschikose kurdisch-türkische Straßenmädchen Evin (Suzan Ilir)

kennen. Zusammen fahren sie gen Westen, wo sie an den Toren Europas

vom schrecklich guten Birol Ünel (GEGEN DIE WAND) in der Rolle eines

Grenzpolizisten abgefangen und von Ervins in Berlin lebendem Vater Miro

(Ahmet Zirek) abgewiesen werden. Zwischen beiden Protagonisten entwi-

ckelt sich eine innige Freundschaft. Die Reise verändert Siyar. Zwischen

ihm und Evin entwickelt sich eine innige Freundschaft und umso mehr

Siyar in Gefahr ist, sich zu verlieben, umso mehr gerät er in Konflikt mit

seinen Überzeugungen. Er beginnt, seine bisherigen Wertvorstellungen

und Ziele zu überdenken. D Raphaël Rück

Page 19: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

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A coming-of-age-film about the shy outsider Cindy, who hangs around the unfinished Berlin airport until she falls in love with the Finnish engineer Leif.

Start am 14.8.2014

¢ Bundesplatz Kino¢ Hackesche Höfe Kino

SCHÖNEFELD BOULEVARDErste Flieger und erste Liebe

Lange, weite Rollfelder, Vogelschwärme, ein Zaun – und dahinter die glei-

che Leere und Ödnis bei der vom Leben ausgeschlossenen Cindy (Julia

Jendroßek). Mit ihrem Freund Danny (Daniel Sträßer), der ebenso Außen-

seiter ist wie sie, verbringt sie die Abende auf dem Gelände des nicht fertig

werdenden BER oder auf dem Friedhof im Vorort Schönefeld. Sie ist pum-

melig, steht kurz vor dem Abitur und keiner der Klassenkameraden und

-kameradinnen meint es gut mit ihr. Zufällig trifft sie auf den finnischen

Ingenieur Leif (Jani Volanen) und nach und nach erwacht Lebensfreude

in ihr. Der Zuschauer beobachtet sie beim ersten Verliebtsein, bei den

ersten Schminkversuchen, dem ersten Liebeskummer, den ersten Drogen

und der ersten Begegnung mit dem Tod. Bis zu diesem Punkt benötigt der

Coming-of-Age-Film aber einen langen Weg: Ebenso wie man erst auf den

zweiten Blick Leben auf dem scheinbar leeren Flughafen entdeckt, muss

auch Cindy erst genauer hinsehen, bis sie Leben in sich spürt. Während

sie zu Anfang lethargisch und tapsig ist, begreift sie sich immer mehr als

Protagonistin ihres eigenen Lebens. In gleicher Weise wandelt sich der

Flughafen von einer Kulisse zu einer Figur innerhalb des Films.

SCHÖNEFELD BOULEVARD ist der erste Kinofilm, der den BER-Flugha-

fen als Schauplatz einsetzt. Für Regisseurin Enders wird er zum Sinn-

bild, eines unter vielen in ihrem achten Film, der die Entwicklung eines

Mädchens zur jungen Frau zeigt. Und so wie am Ende ein aufsteigendes

Flugzeug zu sehen ist, das Hoffnung darauf macht, dass der Flughafen

doch irgendwann fertiggestellt ist, so macht sich auch Cindy auf den Weg

in eine neue Zukunft, indem sie den Zuschauer auf einer weiten Straße

verlässt und er ihr hinterher sieht. D Franziska Gleininger

Deutschland 2013 D R: Sylke Enders D B: Sylke Enders D K: Benedict Neuenfels D D: Julia Jendroßek, Daniel Sträßer, Uwe Preuss D V: Farbfilm

AB 18. SEPTEMBER IM KINO

Der Junge

SiyarEin Film von

SiyarEin Film von

SiyarHISHAM ZAMAN

Die Suche nach seiner Schwester führt ihn quer durch Europa.Er soll sie töten. Für die Ehre der Familie.

Ab 11. September im Kino!

SiyarSiyarein kurdischesRoadmovie

Page 20: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

D 20 D SEPTEMBER 2014

INDIEKRITIKEN

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Start am 18.9.2014

¢ b-ware! ladenkino¢ Bundesplatz Kino¢ Eiszeit Kino

Heinrich Himmler was a central figure in the Nazi terror apparatus and a key architect of the “Final Solution”. Using personal testimonies from the Himmler family, THE DECENT ONE reconstructs the worldview of an ideo-logically convinced perpetrator.

Deutschland 2014 D 92 min D R: Vanessa Lapa D B: Vanessa Lapa D S: Sharon Brook D D: Tobias Moretti, Sophie Rois, Florentin Groll D V: Salzgeber & Company MedienDER ANSTÄNDIGE

Psychologie der Gewalt

Heinrich Himmler, NSDAP-Mitglied der ersten Stunde, später Reichsfüh-

rer der SS, in den letzten Jahren des NS-Regimes auch dessen Innen-

minister, war eine der zentralen Figuren in der Gewaltpolitik der Nazis,

insbesondere der Shoah. In DAS HIMMLER PROJEKT, Romuald Karmakars

Dokumentarfilm von 2000, spricht Manfred Zapatka Himmlers berühm-

teste Rede, die dieser 1943 unter Geheimhaltung vor SS Offizieren in

Posen/Poznań gehalten hatte. Die Rede, deren Besonderheit ist, dass

sich hier eine Nazi-Führungspersönlichkeit offen und glorifizierend über

den systematischen Mord an den europäischen Juden äußert, wird von

Zapatka dabei vor einem schlichten Studiohintergrund in betont nüchter-

nem Gestus vorgetragen. Die ästhetische Wirkung von Karmakars Film

lag im markanten Kontrast zum seit den 90ern grassierenden Geschichts-

fernsehen Guido Knopps. In seiner Konzentration auf den Text der Rede

versetzt Karmakars Film das Publikum in die Lage, die Arbeit der Kontex-

tualisierung und Interpretation selbst leisten zu müssen.

Vanessa Lapas Film DER ANSTÄNDIGE geht in der Beschäftigung mit

Himmler einen fast diametral entgegengesetzten Weg. Der Film stützt

sich zu weiten Teilen auf private Selbstzeugnisse Himmlers und seiner

Familie. Die Provenienz dieser Sammlung ist eine Geschichte für sich.

Soweit das rekonstruierbar ist, stammen die Dokumente aus dem Privat-

safe in Himmlers Haus in Gmünd, wo sie von amerikanischen Soldaten

entdeckt und vorschriftswidrig nicht an die entsprechenden Dienststellen

weitergegeben wurden. Sie gelangten in eine israelische Privatsammlung

und wurden Vanessa Lapas Vater überlassen, verbunden mit dem Auftrag,

sie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Eine vergleichbare

Überlieferung privater Zeugnisse gibt es von keinem anderen prominen-

tem Täter der Massenvernichtung.

Die Tagebücher und Briefe werden im Film von Tobias Moretti (Himmler)

Sophie Rois (Himmlers Frau Margarethe), Morettis Tochter (Himmlers

Tochter Gudrun) und anderen nicht so sehr gesprochen, denn als Rollen

bewohnt. Auf der Bildebene ist der Film eine „Found Footage“-Montage,

die sich auf das Resultat einer intensiven und langjährigen Archivrecher-

che stützt, und private wie offizielle Filme und Fotografien der Himmlers

mit darüber hinausgehendem zeitgenössischem Bildmaterial verwebt.

Als Geschichtsschreibung mit audiovisuellen Mitteln ist der Film schon

allein für diese Aspekte der Recherche und Quellenproduktion bemerkens-

wert, seine Ambitionen gehen aber weit darüber hinaus. DER ANSTÄN-

DIGE bedient sich der Techniken des Geschichtsfernsehens, stellt diese

aber in den Dienst eines Erkenntnisinteresses. Die Montage und digitale

Bearbeitung des Archivmaterials, seine akustische Aufladung durch

Geräuschkulissen, die das meist tonlose Archivmaterial mehrdimensional

werden lassen, die komplexe Montage aus Bild, Ton und Text, zeichnen die

Entwicklung einer Person nach, die über den Weg zur Gewalt mit sich und

ihrer Zeit ins Reine kommt. Der Film führt Alltagsmomente der Weima-

rer Republik und ihrer politischen Auseinandersetzungen mit Briefen und

Tagebuchreflexionen zusammen, in denen Himmler sich Sorgen um seine

Männlichkeit macht, die ursächlich mit einem virulenten Antisemitismus

und einer bizarren Homophobie verbunden sind. Einmal verdeutlicht die

Montage drastisch, dass Himmler während einer Besichtigung der Ver-

nichtungsstätten mit der Besorgung von Weihnachstgeschenken für sein

geliebtes Püppi beschäftigt war. In seinen stärksten Momenten erlaubt

das komplexe Gewebe des Films einen Blick, der die Widersprüchlichkeit

und den Wahn einer „Weltanschauung“ erkennen lässt, gleichzeitig aber

deutlich macht, wie Himmler selbst in einer beständigen Bewegung gegen

jeden Zweifel liegt. Darauf zielt schließlich der Anstand ab, von dem der

Film seinen Titel hat. Heinrich Himmler erscheint nicht als von einer tech-

nokratischen Amoral gelenkt, sondern als zur Überzeugung gekommener

Vernichtungstäter, dem die „Ausrottung“ Quintessenz der Moral eines

nach außen abgedichteten Weltbildes geworden ist. D Sebastian Markt

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SEPTEMBER 2014 D 21 D

INDIEKRITIKEN

TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE

Deutschland 2014 D 84 min D R: Kordula Hildebrandt D B: Kordula Hildebrandt D K: Daniel Goede D D: Stephan Ziller, Simone Geißler D V: Kinostar

Originaltitel: I Origins D USA 2014 D 113 min D R: Mike Cahill D B: Mike Cahill D K: Markus Förderer D S: Mike Cahill D M: Will Bates, Phil Mossman D D: Michael Pitt, Archie Panjabi, Astrid Berges-Frisbey, Brit Marling, Steven Yeun D V: Twentieth Century Fox

SPIRIT BERLINAuf Sinnsuche in der Hauptstadt

Stephan sagt „also eigentlich ist Berlin keine spirituelle Stadt für mich“.

Sheikh Eşref Efendi dagegen nennt Berlin die „spirituelle Hauptstadt

Europas“. In ihrem Dokumentarfilm SPIRIT BERLIN schickt Regisseurin

Kordula Hildebrandt den angehenden Schauspieler Stephan Ziller auf

Sinnsuche durch die unzähligen, teils nur aus wenigen Mitgliedern beste-

henden Glaubensgemeinschaften, spirituellen WGs, Kirchen und Ashrams

Berlins. Stephan probiert Yoga und Shotokan Karate, dreht mit Sufis

Kreise, singt mit der Taizé Segensgemeinschaft und chanted im Berliner

Friedenszentrum. Er besucht verschiedene Körpermedien, macht eine

Klangmeditation und steht stundenlang in einem dunklen Raum auf der

Suche nach der inneren Stille. Ob Stephan, der im Film seinen wirklichen

Namen trägt, auch tatsächlich selbst auf der Suche ist, wie der Film sug-

geriert, bleibt dabei etwas unklar. Die Liebesgeschichte zu Simone, die er

im Yogakurs bei den Partnerübungen kennenlernt, scheint auf jeden Fall

inszeniert. Zunächst begleitet Simone Stephan eine Weile, auch zu einem

Tantra-Workshop, dann nimmt sie, genervt von Stephans Unentschlos-

senheit, wieder mehr Abstand. Die kleine Rahmenhandlung hält die Fülle

der unterschiedlichen Glaubensvorstellungen, die der Film streift ohne

sie zu vertiefen, lose zusammen. Es ergibt sich ein kaleidoskopisches

Bild, das Spiritualität vor allem als Körper- und Gemeinschaftserfahrung

beschreibt. Da wird gesungen, getanzt, geschrien, gekuschelt, miteinan-

der gelebt und, immer wieder, miteinander gegessen. Eine Hommage an

Berlin als Ort, an der jeder „Verrückte“ sein Plätzchen findet und fast jede

Lebensform „normal“ ist. D Hendrike Bake

I ORIGINS – IM AUGE DES URSPRUNGSPhilosophischer Science-Fiction

Die großen Werke des Science-Fiction-Films nutzen das Genre immer

auch als Reflektionsfläche für philosophische und theologische Fragestel-

lungen. Regisseur Mike Cahill hat bereits mit seinem Vorgängerfilm ANO-

THER EARTH Diskurse über Schuld, kosmisches Schicksal und Wieder-

kehr aufgegriffen. Dort verhilft eine Frau, die schuldig am Tod der Familie

eines Komponisten war, diesem zu einer Reise auf eine zweite Erde, auf

der seine Familie noch am Leben ist. In I ORIGINS nutzt Cahill das Genre,

um Fragestellungen der Evolutionstheorie und Wiedergeburt in einem

sorgfältig konstruierten Fallbeispiel zu entwickeln: Der junge Akademiker

Ian Gray (Michael Pitt) verliebt sich in die Augen des Models Sofi (Astrid

Bergès-Frisbey) und geht eine intensive Beziehung mit der expressiven

Frau ein. Während er sich mit seiner Laborassistentin Karen (Brit Mar-

ling) auf die Suche nach einem „Ur-Auge“ in der Evolutionskette begibt,

stirbt Sofi durch einen Unfall. Jahre später entdeckt der Forscher in einer

Datenbank den Augenscan eines indischen Mädchens, dessen Iris exakt

mit der seiner ehemaligen Geliebten übereinstimmt. So sieht sich Ian mit

möglichen wissenschaftlichen Beweisen für eine universelle menschliche

Verbundenheit durch Seelenwanderung konfrontiert, und muss sich der

Auseinandersetzung mit spirituellen Fragen stellen. In Indien macht er

sich auf die Suche nach den Augen seiner verlorenen Liebe.

Mike Cahill inszeniert I ORIGINS nach einer akribisch vorbereiteten Ver-

suchsanordnung, und begegnet der großen Menschheitsfrage mit extre-

mer filmischer Stilisierung. Seine entschlossene Konsequenz macht den

Film letztendlich ebenso streitbar wie bereichernd. D Jens Mayer

In Kordula Hildebrandts documentary a young actor explores Berlins spiritual communities, trying to find meaning in his life.

Start am 25.9.2014

¢ b-ware! ladenkino¢ Sputnik Kino am Südstern

In Mike Cahill’s philosophical science fiction film the geneticist Ian Gray believes that he has found scientific proof for the existence of reincarnation.

Start am 25.9.2014

¢ b-ware! ladenkino OMU ab Oktober¢ Sputnik Kino am Südstern DF + OMU

SEPTEMBER 2014 D 21 D

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D 22 D SEPTEMBER 2014

INDIEKRITIKEN

TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE

Agnes, a 60-year old teacher from a small town near Frankfurt, has come to Berlin to find her missing daughter. Lost in sadness she wanders the streets of the city until she meets Ines who is herself a runaway.

Start am 11.9.2014

¢ fsk-Kino am Oranienplatz¢ Hackesche Höfe Kino

Palestinian director Mahdi Fleifel returns to the Palestinian refugee camp Ain El-Helweh in South Lebanon during the FIFA World Cup and weeds through his immense film and video archive of daily Palestinian life in the camp.

Start am 18.9.2014

¢ Eiszeit Kino OMU

Dänemark/Großbritannien/Libanon 2012 D 93 min D R: Mahdi Fleifel D B: Mahdi Fleifel D K: Mahdi Fleifel D S: Mahdi Fleifel D M: Jon Opstad D V: mec film

Deutschland 2013 D 92 min D R: Maria Speth D B: Reinhold Vorschneider D K: Reinhold Vorschneider D S: Gergana Voigt, Maria Speth D D: Fabian Hinrichs, Irina Potapenko, Hiroki Mano, Hermann Beyer, Corinna Kirchhoff, Lars Mikkelsen, Kathleen Morgeneyer, Dzamilja Anastasia Sjöström D V: Peripher Filmverleih

TÖCHTERRhapsodie in Grau

In Maria Speths IN DEN TAG HINEIN hatte Berlin die Farbe der blauen

Stunde, ein wie hinterleuchtetes Blau, das den Gemütszustand seiner

jungen, verpeilten Protagonisten widerspiegelte. Romantisch verträumt,

aber auch melancholisch-traurig bewegten sich Sabine Timoteo und

Hiroki Mano in einer nächtlichen Zwischenwelt jenseits des Alltags. In

Speths jüngstem Film TÖCHTER ist Berlin Novembergrau und zugig wie

der Hauptbahnhof, es riecht aus den Bildern förmlich nach kaltem nas-

sen Hund. Nur einmal, für einen kurzen Moment kommt nicht direkt die

Sonne raus, aber das Einheitslicht scheint ein wenig heller. Wieder ist

die Stadt Seelenlandschaft. Diesmal von Agnes, einer um die 60jährigen

hessischen Lehrerin, die nach Berlin gekommen ist, um nach ihrer ver-

schwundenen Tochter Lydia zu suchen. Die Polizei hat Lydias Ausweis bei

einer Leiche gefunden, aber die Tote ist nicht Lydia. So bewegt sich Agnes

nun durch die Stadt und sucht ziellos nach ihrer Tochter, vor allem aber

versucht sie, durch den Tag zu kommen, ohne zusammen zu brechen.

Corinna Kirchhof spielt Agnes eindringlich als eine Frau, die jetzt, wo sie

an dem Ort ist, an dem ihre Tochter sein könnte, ihren Kummer keine

Sekunde vergessen kann, aber mit aller Kraft die Fassade wahrt. Die

Haare sehen immer aus wie frisch frisiert, die Augen blicken nach innen

und sehen ihre Umgebung kaum. Einmal lässt sie sich gehen, trinkt in

einer Allerweltsbar bis die Anspannung sich löst. Auf der Heimfahrt zum

Hotel fährt sie ein junges Mädchen an, das plötzlich aus den parkenden

Autos vor ihren Mietwagen läuft. Ines (Kathleen Morgeneyer) lebt auf der

Straße, malt ein bisschen, nimmt sich, was sie haben will und hängt sich

einfach an Agnes. Die lässt es wie wehrlos geschehen und kümmert sich,

ein wenig zumindest. D Hendrike Bake

A WORLD NOT OURSWM im Flüchtlingslager

Alle vier Jahre wird das palästinensische Flüchtlingslager Ain el-Helweh im

Süd-Libanon zum Mittelpunkt der Welt, zumindest für Mahdi Fleifel, der

dort einen Teil seiner Kindheit verbrachte. Denn bei jeder Fußball-Welt-

meisterschaft werden die in dem Lager lebenden Palästinenser zu Deut-

schen, Italienern und Brasilianern und vergessen für ein paar Wochen in

welcher Situation sie leben und wer sie eigentlich sind.

Seit über 60 Jahren leben in Ain el-Helweh mehr als 70.000 Menschen auf

einem Quadratkilometer zusammengepfercht. Der seit Jahren in Däne-

mark lebende Regisseur Mahdi Fleifel kehrt alle paar Jahre in seine alte

Heimat zurück und filmt dabei ohne Unterlass alles, was ihm vor die Linse

kommt. Unter Verwendung von Videoaufnahmen seines Vaters aus den

Achtziger- und Neunzigerjahren und seiner eigenen, die bis in die letz-

ten Jahre reichen, kreiert Fleifel ein ebenso sensibles wie humorvolles

Porträt seiner Familie und Freunde und ihrer täglichen Konflikte. Unge-

wöhnlich spielerisch verortet Fleifel in seinem Filmtagebuch Archivbilder

politischer Ereignisse wie Jassir Arafats folgenschweren Handschlag mit

Yitzhak Rabin 1993 in Washington.

Der Film erzählt nicht zuletzt von Mahdi Fleifels langjährigem Freund Abu

Eyad, ein schillernder und zugleich tief pessimistischer Charakter, dessen

Wut und Enttäuschung gegenüber seiner ausweglosen Lebenslage nicht

so sehr dem Staat Israel, sondern seinem eigenen Land gelten, das zu

lange tatenlos blieb und seine Bürger vergaß. Während Fleifel in dieser

Welt, die in Wahrheit weder die seine noch die der Flüchtlinge ist, kom-

men und gehen kann, wie es ihm gefällt, bleibt Abu Eyad letztlich nur der

Entschluss zur Flucht in eine ungewisse Zukunft. D David Herger

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After the death of their grandmother, three Argentinian sisters come to terms with life on their own in this mellow film about a generation shaped by experiences of exile.

Start am 25.9.2014

¢ b-ware! ladenkino OMU ¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU

Schweiz/Argentinien 2011 D 99 min D R: Milagros Mumenthaler D B: Milagros Mumenthaler D K: Martín Frías D S: Gion-Reto Killias D D: María Canale, Martina Juncadella, Ailín Salas, Julián Tello D V: One Filmverleih

ABRIR PUERTAS Y VENTANASOffene Türen und Fenster

ABRIR PUERTAS Y VENTANAS ist ein Film, der von Licht, Musik, zurück-

haltenden Stimmungen und vorsichtigen Entwicklungen lebt. Er beginnt

im Sommer und endet im nächsten Frühling. Das Wetter spielt eine wich-

tige Rolle, die Hitze, der Regen, der Moment, in dem es kühl wird. Drei

Schwestern leben gemeinsam im Haus ihrer Großmutter, die vor kurzem

verstorben ist. Marina, die älteste, geht zur Uni, bezahlt die Rechnungen

und hält den Laden so gut es eben geht am Laufen. Sofia, die mittlere,

interessiert sich anscheinend zunächst für ihre Garderobe, durchsucht

Schubladen und zickt ihre Schwestern öfters an. Sie hat mehr Geld als

sie haben sollte. Violetta, die jüngste, geht noch zur Schule, aber ob sie

dort wirklich erscheint, ist unsicher. Meistens liegt sie in Slip und T-Shirt

auf dem Sofa herum.

Einmal sitzen die Schwestern nebeneinander auf dem Sofa. Violetta legt

„Back to stay“ von Bridget St. John auf, aus der Plattensammlung der

Großmutter. Marina und Sofia singen leise mit: „And though you say you’ll

journey to some foreign land/I’ll remember you, yes, and I’ll be true to

your memory/And there’s no need for you to cry”. Violetta schaut in eine

andere Richtung und weint. Die Szene ist auch eine Vorahnung darauf,

dass Violetta später plötzlich abreisen wird und einen Zettel auf dem

Küchentisch hinterlassen wird, auf dem steht, sie sei „sehr weit weg“.

Regisseurin Milagros Mumenthaler hat eine argentinische Generationser-

fahrung verfilmt: Die Eltern flohen vor dem faschistischen Militärregime,

viele junge Argentinier wuchsen bei den Großeltern auf. Ihr Film ist wie

ein langes Zögern zwischen Abfahren und Ankommen, Bewahren und

Ausräumen, Neid und Zärtlichkeit – so sanft wie sein Soundtrack, auf

dem neben dem argentinischen Folkmusiker Fran Gayo auch ein Song

von Linda Perhacs zu hören ist, der leisesten Psychedelikerin der Popge-

schichte. D Tom Dorow

I ORIGINS

/FoxKino/FoxSearchlightDE

Z_IOrigins_AZ_IndiekinoBerlin.indd 1 15.08.14 12:57

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FSK-KINO AM ORANIENPLATZ

INDIEKINOS

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FSK-KINO AM ORANIENPLATZ

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D 26 D SEPTEMBER 2014

INDIEKRITIKEN

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Das fsk-Kino eröffnete 1988 in der Wiener Straße in den Räumen des

heutigen Rock ’n’ Roll-Clubs Wild at Heart. Das fsk-Kollektiv zeigte schon

damals eine Filmauswahl, die seiner Zeit so weit voraus war, dass sie

immer ein bisschen unzeitgemäß wirkte. Französische Avantgarde aus-

gerechnet in Kreuzberg, wo sonst vor allem Rabaukenkino und politische

Dokumentarfilme liefen? Wie sollte das gut gehen? Es ging aber gut, weil

es im fsk-Kino fantastische Filme zu entdecken gab. 1994 zog das Kino

an seinen jetzigen Standort in ein eigenhändig renoviertes, ehemaliges

Möbelgeschäft am Oranienplatz. Betritt man das Kino, fällt zunächst

dessen zweckmäßige Gestaltung auf: helle Beleuchtung, viele Filminfor-

mationen, Glas und Metall, zum Neubau passende grau-blaue Farben,

ausgezeichnete Vorführtechnik. Hinter der zunächst nüchtern scheinen-

den Oberfläche befindet sich ein Ort großer Filmleidenschaft. Seit seiner

Gründung arbeitet das fsk-Kino als Kollektiv zusammen, dem derzeit 5

Personen angehören. Gemeinsam werden Filme ausgewählt und Pro-

gramme kuratiert.

Gezeigt wird nur, was dem eigenen Filmgeschmack entspricht und der

bewegt sich dezidiert abseits des Mainstreams: „Wir wollen nicht um

jeden Preis Kino machen. Wir wollen in erster Linie Filme zeigen. Filme, die

wir für uns entdecken, die wir für so wichtig halten, dass wir sie unbedingt

unserem Publikum zeigen wollen. Sei es, weil sie formal einzigartig und

gelungen sind, sei es, weil sie wichtige Themen und Inhalte verhandeln.

Das sind in der Regel Filme, die sich einer tradierten Erzählökonomie und

damit meistens auch einer herkömmlichen Verwertungsökonomie entzie-

hen.“ In der Regel sind es darüber hinaus Filme, die visuell überzeugen

und unbedingt auf der Leinwand gesehen werden sollten. Leichten Stoff

sollte man allerdings nicht immer erwarten. Auch das ist Programm. „Wir

wollen uns und unseren Zuschauern etwas zumuten“, sagen die Kino-

macher. Selbstverständlich laufen alle Filme in der Originalfassung (mit

Untertiteln).

Die typische fsk-Kino-Erfahrung geht so: Man sieht dort einen Film von

einem Regisseur oder einer Regisseurin, von der man noch nie gehört

hat, ist begeistert, genervt, verstört oder wütend, hat aber auf jeden Fall

etwas gesehen, was einen nicht unberührt gelassen hat. Ein paar Jahre

später wird klar, dass man zu den wenigen gehörte, die den ersten Film

eines Regiestars gesehen haben. Im fsk-Kino konnte man zuerst die Filme

von u.a. Steve McQueen, Claire Denis, Kelly Reichardt, Ashgar Farhadi,

Atom Egoyan, Abdellatif Kechiche, Christian Petzold, Hirokazu Kore-Eda,

Miranda July, James Benning und den Dardenne-Brüdern sehen. Da den

Programmmachern das deutsche Verleihangebot nicht ausreichte, grün-

deten sie 1997 den programmatisch betitelten „Peripher Filmverleih“,

der seither 66 Filme ins Kino gebracht hat. In den Anfangsjahren lag

der Schwerpunkt von Verleih und Kino vor allem auf französischen Pro-

duktionen und deutschen Filmen der „Berliner Schule“, die ästhetische

und narrative Experimente wagten. In jüngster Zeit haben amerikanische

Independent-Produktionen und das junge rumänische Kino die Aufmerk-

samkeit der Avantgarde-Scouts

geweckt. In der Reihe „New Roma-

nian Cinema“ kann man aktuell fünf

Mal im Jahr rumänischen Filmen und

ihren Machern begegnen.

D Text: Hendrike Bake, Bilder: Marei Wenzel

FSK-KINO AM ORANIENPLATZDie Avantgarde-Scouts

FSK-KINO AM ORANIENPLATZSegitzdamm 2, 10969 BerlinTelefon: 030/614 24 64,Mail: [email protected],www.fsk-kino.deU8, Bus M29/140/N8 Moritzplatz,U1 Kottbusser Tor

INDIEKINOS

Page 27: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

SEPTEMBER 2014 D 27 D

INDIEKRITIKEN

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At heart Mike Myers’ documentary is a loving, humorous homage to the widely unknown and hugely gifted music manager Shep Gordon who managed Alice Cooper and Groucho Marx and invented the “celebrity chef”.

Start am 18.9.2014

¢ b-ware! ladenkino OMU ¢ Filmrauschpalast OMU

John May is a council worker who makes the necessary arrangements for people who die alone. His last case brings him closer to his own passions than ever before.

Start am 4.9.2014

¢ b-ware! ladenkino OMU ab ca. 25.9.¢ Bundesplatz Kino DF + OMU ¢ Eiszeit Kino OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU ¢ Sputnik Kino am Südstern OMU

Originaltitel: Supermensch: The Legend of Shep Gordon D USA 2013 D 85 min D R: Mike Myers, Beth Aala D K: Michael Pruitt-Bruun D S: Joseph Krings D V: Rapid Eye Movies

Originaltitel: Still Life D Italien/Großbritannien 2013 D 87 min D R: Uberto Pasolini D B: Uberto Pasolini D K: Stefano Falivene D S: Gavin Buckley, Tracy Granger D M: Rachel Portman D D: Eddie Marsan, Joanne Froggatt, Karen Drury, Andrew Buchan, David Shaw Parker D V: Piffl Medien GmbH

SUPERMENSCH – WER IST SHEP GORDON?Denkmal für ein Allround-Talent

Heutzutage assoziiert man Alice Cooper wohl leider nur noch mit markt-

schreierischen Saturn-Werbespots. Doch in den 60ern war Cooper der

Wegbereiter jener aufwendigen Konzertshows, die später Ikonen der

Rockmusik wie David Bowie oder Kiss berühmt machen sollten. Wer sich

daran schon nicht mehr erinnern kann, wird wohl auch nicht den „Super-

mensch“ Shep Gordon kennen, den Kopf hinter der Kunstfigur namens

Alice Cooper und zahllosen weiteren Stars der Rock- und Pop-Szene.

Diesem bunten Vogel der Musik- und Filmindustrie widmet Mike Myers,

auch bekannt als „Spion in geheimer Missionarsstellung“ Austin Powers,

die Dokumentation SUPERMENSCH – WER IST SHEP GORDON? Der Titel

ist Programm, ist doch der Star-Manager von solch Größen wie Cooper,

Blondie, Frankie Valley und Teddy Pendergrass (selbst Pink Floyd betreute

er für stolze neun Tage) nur eingefleischten Fans der Musikbranche ein

Begriff. Mitte der 60er verschlägt es Gordon nach L.A., wo der zuge-

dröhnte junge Mann in seinem Motel auf die ebenfalls zugedröhnten Janis

Joplin und Jimi Hendrix trifft, die ihn mit dem noch völlig unbekannten Vin-

cent Furnier bekannt machen, der später zu Alice Cooper wurde. Zusam-

men kreierte das noch heute befreundete Duo die legendären Shows, in

denen schon mal der Kopf eines Huhns oder Coopers selbst über die

Bühne rollte. Später verhalf Gordon auch Hollywood-Größen wie Groucho

Marx zu neuem Ruhm und rief als leidenschaftlicher Gourmier, der auch

schon den Dalai Lama bekochte, das Phänomen „Starkoch“ ins Leben.

Mit seinem Film möchte Myers dem Freund und unglaublichen All-

round-Talent Shep Gordon ein Denkmal setzen, das seine Errungenschaf-

ten in der Geschichte der Rockmusik würdigt. Und das gelingt ihm ganz

tadellos und augenzwinkernd. D David Herger

MR. MAY UND DAS FLÜSTERN DER EWIGKEITEinsamer Thunfisch im Regen

Mr. May ist ein ordentlicher Junggeselle mittleren Alters. Er lebt allein,

deckt sich jeden Abend einen ordentlichen Abendbrottisch und isst eine

Dose Thunfisch, gestürzt, auf der Mitte eines Tellers sorgfältig arrangiert.

Beruflich beschäftigt sich Mr. May mit Menschen, die noch einsamer sind

als er. May ist verantwortlich für die allein Verstorbenen seiner Gemeinde,

deren Angehörigen nicht unmittelbar auffindbar sind. Mr. May ist ein akri-

bischer und sorgfältiger Beamter. Detektivisch sucht er nach Hinweisen

auf das Leben, die Leidenschaften, Freunde und Verwandten der Verstor-

benen, und wenn sich keine Spuren zu Menschen finden lassen, die mit

den Verschiedenen in Beziehung standen, sorgt Mr. May selbst für ein

würdevolles Begräbnis. Er wählt die Musik aus, mal aus den hinterlasse-

nen Platten des Toten, mal aus einem wachsenden Archiv von Trauermu-

sik verschiedener Kulturen, das Mr. May selbst angelegt hat. Er gibt dem

Trauerredner die wenigen Hinweise, die er aus den Wohnungen der Toten

erhalten konnte, auch wenn er selbst der einzige Zuhörer ist.

Dem Bezirksbürgermeister sind Mr. Mays umständliche Aktivitäten ein

Dorn im Auge. Mr. May soll zum Ende des Monats entlassen werden. Er

bittet darum, einen letzten Fall noch auf eigene Kosten abzuschließen: ein

Alkoholiker ist in seinem alten Sessel, der auf der einen Seite nur noch

von einem Bücherstapel gestützt wurde, gestorben.

MR. MAY ist ein humorvoller, melancholischer Film über einen Mann, der

die Leben anderer rekonstruiert und darüber das eigene Leben beinahe

zu vergessen scheint. Dabei ist MR. MAY so etwas wie ein Poet der letzten

Reise, ein Autor vergessener realer Leben. Seine letzte Dichtung führt

ihn näher an eine eigene Leidenschaft als je zuvor. Ein Film für den ver-

nieselten Herbstanfang, einzelne Auflockerungen nicht ausgeschlossen.

D Tom Dorow

Page 28: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

D 28 D SEPTEMBER 2014

INDIEKRITIKEN

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Director Simone Wendel returns to her native Kallstadt (birth town of Donald Trump and Heinz Ketchup) and documents the peculiarities of its inhabitants.

Start am 25.9.2014

¢ Hackesche Höfe Kino

Anton Corbijn’s (CONTROL) adaptation of a thriller by John Le Carré takes place in present-day Hamburg. In his last role Philip Seymour Hoffman plays the leader of a secret German spy unit who investigates a dubious chechen refugee.

Start am 11.9.2014

¢ b-ware! ladenkino OMU ab Oktober¢ filmkunst 66 DF ¢ Hackesche Höfe Kino OMU

KINGS OF KALLSTADTPossierliche Provinzbewohner

Das Volk der Pfälzer nuschelt unverständlich und ist migrationsfreudig.

Pfalzflüchtige wie Emigranten aus den Familien Trump und Heinz berei-

cherten die Welt mit Ketchup, gebackenen Bohnen und Mayo, bzw. Hoch-

häusern und It-Girls und wurden steinreich. Die Ursprünge der Trumps wie

der Heinzes liegen in Kallstadt. Die Regisseurin Simone Wendel, selbst

indigene Kallstadterin, hat nun einen Film gedreht, der die Possierlichkeit

der Kallstadter Lebensweise zeigt, und auch klarmacht, warum manche

Leute partout da weg wollten, um in den USA Gurken einzukochen oder

am Yukon Goldgräber zu füttern.

Simone (deren Nachnamen weglassen werden kann, weil den in Kallstadt

keiner braucht, die kennen sich alle) folgt dem pensionierten Gemeinde-

diener, der zum Harken auf den Friedhof geht, nebenbei Trump-Gräber

sucht und eine neue Leichenhalle plant. Sie folgt der Gemeindeabge-

ordneten Connie zur Gymnastikgruppe, wo indigene Schlangentänze mit

Turnbällen aufgeführt werden. Sie fliegt nach New York und bringt Donald

Trump einen Kuchen, den sie sogar näher zu ihm rüberschiebt, „damit

er ihn schon mal riechen kann“. Dann geht es zurück zu Gesangsverein,

zur Theatergruppe, in der Connie immer die „dabbische Rolle“ spielen

muss. Es könnte noch eine ganze Weile so weitergehen, käme nicht mit

einem Mal „Poschd aus Ameriga“. Die Kallstadter sind auf Veranlassung

von Donald Trump, oder vermutlich eher seines jovialeren Cousins John

Trump, zur Steuben-Parade der Deutsch-Amerikanischen Hurra-Organisa-

tion nach New York eingeladen. Gute Sache, nur die Weinprinzessin hat

keine Lust, sich als Saumagen zu verkleiden. Berliner können hier eine

sehr fremde Welt kennenlernen und werden sich amüsieren, wenn sie

gern Provinzler niedlich finden. Eigentlich ist KINGS OF KALLSTADT aber

mehr was für Pfälzer. D Hannes Stein

A MOST WANTED MANPhilip Seymour Hoffman in seiner letzten Rolle

Mit A MOST WANTED MAN hat Anton Corbijn (CONTROL) einen Spionage-

thriller von John Le Carré verfilmt. Der Film spielt im Hamburg der Gegen-

wart. Im Kern des Konfliktes geht es um russsische, tschetschenische

und arabische Extremisten, um gute Muslime und böse Islamisten und

um deren geheime Finanzquellen. Und trotzdem fühlt man sich zurück-

versetzt in die Hochzeit der „Kalter-Krieg“-Thriller. Schweigsame Männer

mit Geheimnissen verhandeln auf Messers Schneide. Jeder weiß mehr

als er vorgibt und hofft, mehr zu wissen, als sein Gegenüber. Hamburg

funkelt in kaltem stylischem Glanz. Und alle, auch deutsche Frittenbu-

denbesitzer, reden Englisch. Der großartige Philip Seymour Hoffman ist

in seiner letzten Rolle zu sehen und wirkt im Rückblick tatsächlich schon

depressiv, wie gedimmt. Hoffman spielt Günter Bachmann, den Leiter

einer geheimen deutschen Spionageeinheit. Bachmann ist müde, sehr

müde und äußerst misstrauisch. Die Ereignisse seines letzten Einsatzes

haben ihn zermürbt und nun traut er niemandem mehr, nicht einmal den

eigenen Leuten. Als ein mysteriöser russisch-stämmiger Tschetschene in

Hamburg auftaucht und in der muslimischen Gemeinschaft Unterschlupf

findet, wird Bachmann hellhörig. Er ist nicht der Einzige, der sich für Issa

Karpov interessiert. Auch die CIA ist dem jungen Mann auf den Fersen und

versucht fieberhaft zu ergründen, um wen es sich handelt und wann ein

Eingreifen zweckmäßig ist. Ist Karpov ein unschuldiger Immigrant, wie die

junge Menschenrechtsanwältin Annabel Richter glaubt, ist er ein hoch-

gefährlicher Dschihadist, oder ist er ein kleiner Mittelsmann, der als Weg

zu den Geldquellen des Unheils, die der aalglatte Banker Tommy Brue,

gespielt von Willem Dafoe, verwaltet, dienen könnte? In Nebenrollen sind

deutsche Stars wie Nina Hoss und Daniel Brühl zu sehen. D Hendrike Bake

Deutschland D 90 min D R: Simone Wendel D B: Simone Wendel D K: Tom Schneider D S: Mario A. Conte D V: Barnsteiner

Deutschland/USA/Großbritannien 2014 D 121 min D R: Anton Corbijn D B: Andrew Bovell, John le Carré D K: Benoît Delhomme D S: Clare Simpson D M: Herbert Grönemeyer D D: Daniel Brühl, Nina Hoss, Kostja Ullmann, Philip Seymour Hoffman, Willem Dafoe, Rachel McAdams, Martin Wuttke, Rainer Bock, Robin Wright D V: Senator Film Verleih

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SEPTEMBER 2014 D 29 D

INDIEKRITIKEN

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Großbritannien/USA/Schweiz 2013 D 107 min D R: Jonathan Glazer D B: Jonathan Glazer, Walter Campbell D K: Daniel Landin D S: Paul Watts D M: Mica Levi D D: Scarlett Johansson, Krystof Hádek, Paul Brannigan, Jessica Mance, Scott Dymond D V: Senator Film Verleih

UNDER THE SKINKillermaschine, Gnade und Entfremdung

Ein Motorradfahrer schleppt eine leblose Frau aus einem Straßengraben.

In einem weißen Raum schlüpft ihre Doppelgängerin (Scarlett Johansson)

in deren Kleidung. Dann verlässt sie ein Mietshaus in Schottland, steigt

in einen weißen Kleinbus, kauft eine Pelzjacke und Lippenstift und geht

so bewaffnet auf Männerjagd. Sie fragt ausgewählte Passanten nach dem

Weg, forscht aus, wie allein sie sind und nimmt sie in verfallene Buden

mit, in denen sie schwarze Räume entstehen lässt, in denen die Männer

versinken. Nachdem sie einen schwer entstellten jungen Mann verführt

hat, schaut sie lange in einen Spiegel, lässt ihr Opfer wieder frei und flieht.

Vielleicht erprobt sie, ob sie sich der fremden Umgebung anpassen kann,

aber ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte bekommt ihr nicht, und Kuchen

sind im Kino immer ein schlechtes Zeichen. Der Motorradfahrer sitzt ihr

auf den Fersen, das Schicksal ebenso.

Der Plot von UNDER THE SKIN ist recht schlicht, psychologische Erklä-

rungen bleiben aus. Die Inszenierung ist umso raffinierter. Der Stil wech-

selt von einem Kubrick-Zitat am Anfang zu Varianten von Georges Lukas’

Low Budget-Phase – nicht nur die White und Black Rooms, sondern auch

rasante Motorradfahrten erinnern an THX 1138 – dann wieder zu realisti-

schen Bildern von Schottland, die an Andrea Arnolds RED ROAD und FISH

TANK erinnern, in denen ja auch von ihrer Welt entfremdete Personen

durch Sozialbausiedlungen taumelten. Es gibt psychedelische Visionen

von Glasgow, wie aus Gaspar Noés ENTER THE VOID, in dem die Augen

eines Toten die Welt der Lebenden betrachten, oder einen Sturm in schot-

tischen Wäldern wie aus Ang Lees THE ICE STORM. Der elektronische

Soundtrack von Mica Levi ist mindestens ebenso virtuos. Extrem „old

school“ werden am Anfang sogar die ganz frühen elektronischen Sprach-

musikexperimente von John Cage und Hans G. Helms zitiert: Über einem

analogen elektronischen Drone erprobt eine Stimme Konsonanten, dabei

geht sie immer wieder in die elektronische Verfremdung über. Funkgeräu-

sche mischen sich unter, bis nicht mehr klar ist, was Untermalung ist und

was ein Signal sein könnte. Später wird ein Mann an einem Küchenradio

drehen, und der diegetische Ton wirkt so fremd wie der Soundtrack zuvor.

Levi schafft es das erste Mal seit langem, mit einem rein elektronischen

Soundtrack ein Gefühl der Bedrohung auszulösen.

Eines der eindringlichsten Bilder von UNDER THE SKIN ist eine Art Förder-

band im schwarzen Raum, auf dem leuchtend rotes Körpermaterial in ein

weißes Lichtloch transportiert wird. Das sieht beinahe aus wie ein umge-

kehrter Projektionsstrahl im Kino, der nichts als Blut transportiert. Nach

diesem Bild lässt die Killermaschine Gnade walten und wird zu einer ein-

sam durch die Welt stolpernden Figur wie Ingrid Bergmann in Roberto Ros-

selinis STROMBOLI (1949) oder UMBERTO D. im gleichnamigen Film von

Vittorio de Sica (1952). Viel Plot gab es in den Werken des Neorealismus

auch nicht. Es kam vor allem auf den Moment an, an dem die Verbindun-

gen der Protagonisten zur Welt sich auflösten, und ihr Blick die Wirklich-

keit als eine vollkommene Fremdheit erfasste und zugleich eine unendli-

che Traurigkeit erzeugte. Die letzte Verführung und das Blut-Förderband

haben eine ähnliche Funktion wie die berühmte Szene vom Thunfischfang

in STROMBOLI. Was folgt sind Momente des Sehens. Scarlett Johanssons

Alien blickt immer wieder in Spiegel und erkennt doch nur Fremdheit. Sie

scheint sogar den größten Teil ihres Sprachvermögens einzubüßen. Das

schottische Hochland wirkt karg und lebensfeindlich. Es gibt keinen Ort

der Ruhe in einer Welt, die vollkommen fremd geworden ist. Dabei führt in

UNDER THE SKIN eine Entscheidung in diese Fremdheit, von der wir nicht

einmal wissen, ob sie eine moralische ist. Die Begegnung des Alien mit

dem entstellten jungen Mann, der an David Lynchs ELEPHANT MAN erin-

nert, ist deutlich auch als Filmzitat gekennzeichnet. Der Dialog zwischen

Elefantenmensch und Alien erscheint zwar als eine Verführungszene, also

als eine Lüge, aber er drückt eine wahrhaftige Sehnsucht nach Berührung

und Nähe aus, die für Elefantenmensch wie Alien unmöglich sind. Die

Einsamkeit ist immer schon da, wenn sie erkannt wird, ist alles verloren.

Vielleicht ist UNDER THE SKIN wirklich ein Meisterwerk. Jedenfalls gehört

der Film unbedingt ins Kino, und gottlob ist er dort nach langem hin und

her endlich angekommen. D Tom Dorow

An alien disguised as Scarlett Johans-son picks up hitchhikers in Scotland and leads them to their deaths. When she lets a disfigured young man escape, she becomes a fugitive herself.

Start am 22.09.2014

¢ b-ware! ladenkino OV ¢ fsk-Kino Am Oranienplatz OV

22.–24.9.

Page 30: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

D 30 D SEPTEMBER 2014

INDIEKRITIKEN

TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE

Österreich 2013 D 92 min D R: Gustav Deutsch D B: Gustav Deutsch D K: Jerzy Palacz D S: Gustav Deutsch D M: Christian Fennesz D D: Christoph Bach, Elfriede Irrall, Florentin Groll, Stephanie Cumming, Tom Hanslmaier D V: Rendezvous Filmverleih

Originaltitel: De toutes nos forces D Frankreich 2013 D 95 min D R: Nils Tavernier D B: Laurent Bertoni, Pierre Leyssieux, Nils Tavernier D K: Laurent Machuel D S: Yann Malcor D M: Barði Jóhannsson D D: Jacques Gamblin, Alexandra Lamy, Fabien Héraud, Sophie de Fürst, Pablo Pauly, Xavier Mathieu D V: Polyband Medien

In thirteen single take tableaus, SHIRLEY – VISIONS OF REALITY by experimental film maker Gustav Deutsch reimagines thirteen paintings by Edward Hopper. The film explores the spaces that the paintings merely suggest.

Start am 18.9.2014

¢ b-ware! ladenkino¢ Eva Lichtspiele¢ filmkunst 66¢ fsk-Kino am Oranienplatz

When the 17-year-old wheelchair bound Julien discovers the old “Iron Man” trophies of his father Paul, he proposes that they take part together. At first Paul is reluctant but then father and son begin to train.

Start am 4.9.2014

¢ b-ware! ladenkino OMU ab ca. 25.9.¢ Eva Lichtspiele DF ¢ filmkunst 66 DF ¢ Hackesche Höfe Kino OMU

SHIRLEY – VISIONEN DER REALITÄTCinematografische Räume fortgesponnen

SHIRLEY – VISIONS OF REALITY ist der erste Spielfilm des Experimental-

filmers Gustav Deutsch. In dreizehn, jeweils aus einer starren Einstellung

gedrehten Tableaus baut er dreizehn Gemälde von Edward Hopper nach.

Die aufwändig gestalteten Sets (entstanden unter Mitarbeit von Hanna

Schimek, mit der Deutsch in langjähriger Zusammenarbeit verbunden ist)

bewahren den Charakter von Malerei, dehnen aber die suggestive Kraft

von Hoppers Bildern zu cinematografischen Räumen. Was hinter den

raumzeitlichen Rändern der Gemälde und jenseits ihrer Oberfläche zu

liegen scheint, wird hier fortgesponnen.

SHIRLEY – VISIONS OF REALITY ist die Geschichte einer Frau in den 30er

bis 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. In die Szenen, die jeweils am 28.

bzw. 29. August des Entstehungsjahres der jeweiligen Bilder spielen, setzt

Deutsch die Figur der Schauspielerin Shirley. Aus dem Off kommende

innere Monologe führen durch äußere wie innere Krisen und beleben

dabei ein Stück amerikanischer Zeitgeschichte, emblematische Momente

der Wirtschaftskrise, McCarthyismus und der Civil Rights Ära, ebenso wie

Momente von Privatheit.

SHIRLEY – VISIONS OF REALITY ist auch eine komplexe Reflexion über

Hoppers Malerei und über das Verhältnis von Realität und Abbildung. Eine

Vielzahl populärkultureller Bezüge, Musikstücke, Literatur und Kino schei-

nen im Film auf. Deutsch nimmt das Bezugssystem von Hoppers Arbeit,

zu dem vorrangig auch das Kino gehörte, auseinander und setzt es neu

zusammen. Nicht zuletzt an diesem Punkt fügt sich der Film in Deutschs

drei Jahrzehnte umfassendes Werk ein, allen voran seine in den Archiven

der Filmgeschichte wühlenden „Found Footage“-Arbeiten, die auf immer

wieder neue Art versuchen die Welt durch das Kino und seine Geschichte

zu begreifen. D Sebastian Markt

MIT GANZER KRAFTIm Rollstuhl zum „Iron Man“

Wegen spastischer Lähmungen sitzt der 17-jährige Julien im Elektro-Roll-

stuhl. Sein Vater Paul, ein Seilbahnmechaniker, der gerade seinen Job

verloren hat, war früher Triathlet, wusste mit seinem behinderten Sohn

nichts anzufangen und zog sich immer mehr von der Familie zurück. Der

übermäßig behütete Julien träumt von einem eigenständigeren Leben und

sehnt sich nach stärkerem Kontakt zu Paul, der wegen seiner Arbeitslo-

sigkeit ziemlich geknickt herumschleicht. Dann entdeckt Julien die alten

„Iron Man“-Pokale seines Vaters und findet im Internet heraus, dass ein

Amerikaner einmal einen Iron-Man-Wettbewerb mit seinem behinderten

Sohn im Rollstuhl gemeinsam geschafft hat. Er verlangt von Paul, das

Gleiche mit ihm zusammen zu versuchen. Paul ist zuerst entsetzt, lässt

sich aber von Juliens Hartnäckigkeit schließlich überzeugen.

MIT GANZER KRAFT ist weniger ein Behindertendrama als ein Sportfilm.

Vater und Sohn sitzen, nach einer kurzen Phase der Annäherung, mit Kar-

toffelchips vor dem Fernseher und sehen das Finale von ROCKY I. Der

Rest des Films erscheint wie eine Variante dieses Klassikers des „Du hast

keine Chance, also …“-Films. Paul schweißt ein Fahrrad zusammen, Paul

schwimmt mit einem Schlauchboot durch den Bergsee, Paul besorgt einen

Rennrollstuhl. Hartes Training in der Natur, unerwartete Hindernisse,

selbstbestärkender Jubel, wenn beide mit dem Fahrrad oben auf dem Ber-

gkamm angekommen sind. MIT GANZER KRAFT verlangt seinem behin-

derten Protagonisten keine übermenschlichen Leistungen ab, dessen

Vater schon. Aber es geht auch weniger um Juliens körperliche Leistun-

gen, als darum, dass Paul in Juliens festem Willen eine männliche Selbst-

überwindungsgeste erkennt, die Vater und Sohn zusammenschweißt. Das

Finale ist der in spektakulären Bildern festgehaltene Iron-Man-Wettkampf

in Nizza. D Hannes Stein

Page 31: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE

LIKE FATHER, LIKE SONDER NEUE FILM VON KORE-EDA HIROKAZU

PREIS DER JURYFESTIVAL DE CANNES

«Meisterwerk über die Liebe von Eltern zu ihren Kindern.»The Telegraph

AB 25. SEPTEMBER IM KINO

www.was-macht-einen-vater-zum-vater.de

GEMMA BOVERY

Anne Fontaine (TAGE AM STRAND, COCO CHANEL) hat eine „graphic

novel“ von Posy Simmonds verfilmt, die eine sonnig-verspielte Neuinter-

pretation von Flauberts „Madame Bovary“ unternimmt: Weil Gemma

Bovery (Gemma Arterton) ihr bürgerliches Leben in London satt hat,

überredet sie ihren Mann Charles, in der Normandie ein Bauernhaus zu

kaufen. Doch auch dort beginnt sie sich schnell zu langweilen. Ganz im

Gegensatz zu ihrem Nachbarn, dem Bäcker und Flaubert-Kenner Martin

(Fabrice Lucchini), der überzeugt ist, er habe die Inkarnation der Flaubert-

schen Heldin vor sich …

Start am 18.9.2014

¢ b-ware! ladenkino OMU ab Oktober¢ Bundesplatz Kino OMU ¢ Hackesche Höfe Kino DF + OMU

Start am 4.9.2014

¢ fsk-Kino am Oranienplatz

Griechenland/Deutschland 2014 D 103 min D R: Athanasios Karanikolas D D: Maria Kallimani, Marisha Triantafylli-dou, Alexandros Logothetis, Zoi Asimaki, Giannis Tsortekis

AT HOME – STO SPITIDie Haushälterin Nadja arbeitet seit vielen Jahren für eine Familie der

griechischen Oberschicht. Dann erkrankt Nadja, und der Hausherr gerät

wegen der Finanzkrise in Geldschwierigkeiten. Er entlässt Nadja, aber

die hält an der emotionalen Verbundenheit mit der Familie fest. Obwohl

immer deutlicher wird, wo sich Oben von Unten trennt, lässt sich Nadja

nichts anmerken. „Ich habe eine Figur entwickelt, die an selbstlose Liebe

glaubt und sich bewusst dafür entscheidet zu vergeben“ – Athanasios

Karanikolas

Frankreich 2014 D 99 min D R: Anne Fon-taine D B: Anne Fontaine, Pascal Bonitzer D D: Fabrice Luchini, Edith Scob, Elsa Zylberstein, Jason Flemyng, Niels Schneider, Gemma Arterton, Kacey Mottet Klein, Mel Raido

Eine außergewöhnliche Vater-Sohn-Geschichte, inspiriert von wahren Begebenheiten.

H Ü R D E N G I B T E S N U R I M K O P FKRAFT

GANZERMITEIN FILM VON NILS TAVERNIER

AB 04.09.2014 IM KINO www.MitGanzerKraft.de /MitGanzerKraft

„WAS FÜR EINE SCHÖNE LEBENSLEKTION,GETRAGEN VON SCHAUSPIELERN, DIE

EINEN ZU TRÄNEN RÜHREN.“ GALA

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Page 32: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

D 32 D SEPTEMBER 2014 TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE

WIE DER WIND SICH HEBTJapan in den 20er Jahren. Der kleine Jiro träumt: er möchte Flugzeuge

bauen. Doch in die unschuldig wirkenden Landschaften mischen sich bald

Unheil verkündende Stürme. Auch Jiros Träume werden dunkler. Mit WIE

DER WIND SICH HEBT verfilmte Zeichentrick-Großmeister Hayao Miya-

zaki (CHIHIROS REISE) die Lebensgeschichte von Jiro Horikoshi, der im

zweiten Weltkrieg das berüchtigte japanische Kampfflugzeug Model Zero

entwickelte. In Japan ist der Film, sowohl im linken wie im rechten Lager

umstritten. Sehenswert ist er allemal.

JIMMY’S HALLJIMMY’S HALL spielt in Irland 1932, der anglo-irische Krieg ist seit über

zehn Jahren beendet und nach einer Phase des Bürgerkriegs und extre-

men Konservatismus erlebt Irland eine kurze Tauwetterperiode. In dieser

Zeit kehrt der überzeugte Sozialist Jimmy Gralton aus New York an seinen

Geburtsort in County Leitrim im Nordwesten der Insel zurück und öffnet

die Gemeindehalle wieder für Tanzkurse, Bildungsveranstaltungen und

politische Versammlungen. Der Widerstand von Kirche und Landbesitzern

lässt nicht lange auf sich warten.

DIE KARTE MEINER TRÄUMEDIE KARTE MEINER TRÄUME erzählt die Geschichte des hochbegabten

zehnjährigen T. S. Spivet aus Montana, der nichts weniger als das Per-

petuum Mobile, den heiligen Gral der Erfinder, erfunden hat und für eine

Preisvergabe des renommierten Smithsonian Instituts in Washington den

halben nordamerikanischen Kontinent durchquert. Wie immer hat Jean-

Pierre Jeunet wunderbare Einfälle. Seine Figuren weisen ausgefallene

Spleens auf, etwa Dr. Clair, eine militant-feministische Insektenforscherin,

die ihre durchgebrannten Toaster in einem Küchenregal reiht.

¢ b-ware! ladenkino OMU ¢ Acud Kino DF ¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU ¢ Union Filmtheater DF

¢ b-ware! ladenkino OMU 3D¢ Acud Kino DF ¢ Bali Kino DF ¢ Sputnik Kino am Südstern DF + OMU ¢ Union Filmtheater DF

¢ b-ware! ladenkino OMU ¢ Bundesplatz Kino DF + OMU ¢ Eva Lichtspiele DF + OMU ¢ Sputnik Kino DF + OMU

¢ b-ware! ladenkino DF ¢ Acud DF

Originaltitel: Bai ri yan huo D China 2014 D 106 min D R: Diao Yinan D D: Wang Jingchun, Liao Fan, Gwei Lun Mei, Wang Xuebing, Yu Ailei

Originaltitel: The Young and Prodigious Spivet D Kanada/Frankreich 2013 D 105 min D R: Jean-Pierre Jeunet D D: Dominique Pinon, Helena Bonham- Carter, Judy Davis, Callum Keith Rennie, Julian Richings, Robert Maillet, Amber Goldfarb

Frankreich/Irland/Großbritannien 2014 D 109 min D R: Ken Loach D D: Jim Norton, Andrew Scott, Barry Ward, Simone Kirby, Brían F. O’Byrne

Japan 2013 D 127 min D R: Hayao Miyazaki

FEUERWERK AM HELLLICHTEN TAGEIn FEUERWERK AM HELLICHTEN TAGE, dem diesjährigen Berlinale-Ge-

winner, bedient sich Regisseur Diao Yinan eines Mittels, mit dem schon

in den 30er und 40er Jahren in den USA politische Zensur umgangen

werden konnte: Er erzählt einen Film Noir, eine Mordgeschichte, die so

fesselnd ist, dass ihre Sprengkraft von Zensoren, die noch damit beschäf-

tigt sind, sich die Geschichte zu erklären, leicht übersehen werden kann.

Wieviel gesellschaftliche Realität in den komplexen Film einfließt, wird

erst mit einiger Distanz klar.

WEITERINDIEKINO

Page 33: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE

KATHEDRALEN DER KULTURSechs Regisseure porträtieren sechs Kulturtempel. Wim Wenders Film

über die Berliner Philharmonie ist erstaunlich betulich. Michael Glawog-

ger filmt die Russische Nationalbibliothek in St. Petersburg als ein kaf-

kaesk-bürokratisches Grab für Literatur. Michael Madsen zeigt die Haftan-

stalt Halden, Modell für ein modernes Gefängnis, als Repressionsapparat.

Robert Redford singt am Beispiel des Salk Institutes in Kalifornien ein

Loblied auf die Forschung. Margret Olin und Karim Ainouz porträtieren

das Opernhaus in Oslo und das Centre Pompidou in Paris.

WIR SIND DIE NEUENAnna, eine 60jährige Biologin, muss sich eine neue Wohnung in München

suchen. Die neuen Preise kann sie sich nicht leisten, raus aus der Stadt

will sie nicht. Als Lösung erscheint die alte WG. Tatsächlich finden sich

zwei, die auch keine Karriere gemacht haben und wieder zusammen zie-

hen wollen: der engagierte Rechtsanwalt Johannes und Eddi, den eigent-

lich keiner dabei haben wollte. In Aufbruchstimmung ziehen die alten

Freunde in der neuen Wohnung ein und stellen sich gleich mal in der Stu-

denten-WG oben vor.

¢ Sputnik Kino am Südstern, am 9.9. in Anwesenheit der Darsteller

¢ Acud Kino¢ b-ware! ladenkino¢ Eva Lichtspiele ¢ Union Filmtheater¢ Sputnik Kino am Südstern

¢ Bali Kino

Deutschland 2014 D 83 min D R: Nana A.T. Rebhan

Deutschland 2014 D 92 min D R: Ralf Westhoff D D: Patrick Güldenberg, Heiner Lauterbach, Claudia Eisinger, Karoline Schuch, Gisela Schneeberger, Claudia Wittenborn

Deutschland 2014 D 164 min D R: Wim Wenders, Michael Glawogger, Robert Redford, Karim Ainouz, Michael Madsen, Margreth Olin

WELCOME GOODBYEOb enthusiastische Taiwanesinnen, die ganz Europa in nur acht Tagen

scannen, ein mexikanischer Filmemacher, der unbedingt einen Kurzfilm

während seines kurzen Aufenthalts realisieren möchte, oder ein hollän-

discher Schriftsteller, der einen Roman über Berlin schreibt: sie alle und

noch ein paar mehr wollen ihr ganz eigenes Berlin entdecken. WELCOME

GOODBYE versucht die momentan vorherrschenden gesellschaftlichen

Stimmungen einzufangen und zu dokumentieren und geht dabei der Frage

nach: Wem gehört Berlin?

EIN FILM VON VANESSA LAPA

Ab 18. September im Kino www.der-anstaendige.deBundesplatz-Kino · Eiszeit · B-Ware! · Krokodil

DERANSTANDIGE_indie_82x122.indd 1 25.08.14 17:08

Page 34: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

D 34 D SEPTEMBER 2014

AUF DEM WEG ZUR SCHULEFrankreich 2012 D R: Pascal Plisson D 75 min D FSK: oA, empfohlen ab 7

Der preisgekrönte Dokumentar-

film begleitet zehn Kinder in vier

Ländern auf ihrem für westliche

Verhältnisse unvorstellbar schwe-

ren Weg zur Schule. Begleitet von

den guten Wünschen ihrer Eltern

meistern die Kinder gekonnt alle

Hindernisse.

¢ Bali Kino

BELLE & SEBASTIAN (2013)Frankreich 2013 D R: Nicolas Vanier D 94 min D FSK: oA, empfohlen ab 7

Der Waisenjunge Sebastian, der

bei einer Bäckersfrau und einem

Hirten in den französischen

Hochalpen aufwächst, trifft in

den Bergen auf die schneeweiße

Berghündin Belle. Der wilde Hund

und das heimatlose Kind werden

Freunde.

¢ Bali Kino

DER KLEINE NICKFrankreich 2009 D 91 min D R: Laurent Tirard D FSK: oA, empfohlen ab 7

Realfilm-Adaption des berühmten

Comics „Der kleine Nick“ von

Sempé/Goscinny. Frankreich,

Ende der 1950er-Jahre. Die Jungs

einer Pariser Grundschule verfol-

gen das Leben der Erwachsenen

mit großen Augen und missver-

stehen vieles, was um sie herum

geschieht. So glaubt der kleine

Nick, dass er bald ein Brüderchen

bekommt, weil sein Vater plötzlich

viel netter zu seiner Mutter ist …

¢ Bali Kino

DRACHENZÄHMEN LEICHT GEMACHT 2USA 2014 D R: Dean DeBlois D 105 min D FSK: 6, empfohlen ab 9

Die Wikinger auf der Insel Berk

haben sich mit den Drachen, die

einst die Dörfer unsicher mach-

ten, angefreundet. Alles scheint

gut, bis der junge Hicks mit

seinem Drachen Ohnezahn eine

Eishöhle voller wilder Drachen

entdeckt.

¢ b-ware! ladenkino¢ Bali Kino¢ Eva Lichtspiele¢ filmkunst66¢ Union Filmtheater

FLUSSFAHRT MIT HUHNDeutschland 1984 D R: Arend Agthe D 111 min D FSK: 6, empfohlen ab 6

Johanna verbringt während der

Urlaubsreise ihrer Eltern die

Ferien bei ihrem Opa Ewald,

ebenso wie ihr Cousin Robert.

Eines Tages beschließen die

Kinder, gemeinsam mit den Nach-

barsjungen Harald und Alex und

einem braunen Huhn auf einem

alten Kahn auf der Weser in Rich-

tung offenes Meer zu schippern.

¢ Bali Kino

SPATZENKINO: GEHÜPFT WIE GESPRUNGEN45 min D empfohlen ab 4

In drei bunten Kurzfilmen wird

gequakt, gesprungen und

gehopst: Am liebsten isst die

Froschfamilie FLIEGENSUPPE

(Schweden 1999). Doch es sind

keine Ameiseneier mehr im

Haus. Also macht sich Frobi als

Jüngster auf, um welche zu holen.

Im Film HÜPFFROSCH (Russ-

land 2012) springen nicht nur

Frösche, sondern die witzigsten

Fantasie-Gestalten herum.

HERBERT INDIANERFROSCH

(Deutschland 2001) dagegen lang-

weilt der Froschalltag – er träumt

davon, ein richtiger Indianerfrosch

zu werden.

¢ Bali Kino, 16.9., 10 Uhr¢ Eiszeit Kino, 10.9., 10 Uhr¢ Eva Lichtspiele, 18.9., 10 Uhr¢ Union Filmtheater, 11.9., 10 Uhr¢ Xenon Kino, 9.9., 10 Uhr

Vorbestellung unter 030/449 47 50

JANOSCH – KOMM WIR FINDEN EINEN SCHATZ!Deutschland 2012 D 74 min D R: Irina Probost D FSK: oA, empfohlen ab 5

„Komm, wir finden einen Schatz“

beschließen Tiger und Bär, als sie

in einer alten Kiste eine Schatz-

karte finden. Ihnen schließt sich

der Hase Jochen Gummibär an,

der eigentlich nur Freunde finden

will. Los geht’s in ein aufregendes

Abenteuer. Zeichentrick.

¢ b-ware! ladenkino

DAS MAGISCHE HAUSBelgien 2013 D R: Ben Stassen, Jeremy Degruson D 85 min D FSK: oA, empfohlen ab 5

Auf der Flucht vor einem Sturm

findet der kleine Kater Thunder

Unterschlupf in einem Haus.

Zauberer Lawrence und die leb-

hafte Truppe seiner verzauberten

Spielsachen nehmen den neuen

Mitbewohner gerne auf. Doch

nicht alle sind über den Zuwachs

erfreut. Trickfilm.

¢ Acud Kino¢ b-ware! ladenkino

MEIN NACHBAR TOTOROJapan 2010 D 119 min D R: Hayao Miyazaki D FSK: oA, empfohlen ab 8

Die beiden Schwestern Satsuki

und Mei ziehen mit ihrem Vater

aufs Land, um in der Nähe ihrer

Mutter zu sein, die im Kranken-

haus liegt. Auf dem Dorf lernen

sie einen sagenumwobenen

Waldgeist kennen, den großen

Totoro, der ihr Beschützer wird.

Zeichentrick.

¢ Sputnik Kino am Südstern

KINDERFILME A–Z KINDERKINO IM INDIEKINOACUD KINO TÄGLICH 17 Uhr

Sa+So auch 15+16 Uhr

B-WARE! LADENKINO TÄGLICH ab 12 Uhr

BALI KINO DO, FR, SA, SO 16 Uhr

BUNDESPLATZ KINO DO, FR, SA, SO 13.30 Uhr

EISZEIT KINO DO, FR, wechselnde Termine

EVA-LICHTSPIELE DO, FR, SA, SO 13.15 Uhr

FILMKUNST66 DO, FR, SA, SO 15 Uhr

SPUTNIK KINO DO, FR, SA, SO wechselnde Zeiten

TILSITER LICHTSPIELE DO, FR, SA, SO wechselnde Zeiten

UNION FILMTHEATER DO, FR, SA, SO wechselnde Zeiten

XENON KINO wechselnde Termine

ZUKUNFT DO, FR, SA, SO wechselnde Zeiten

Eine aktuelle

Programmübersicht

über alle Kinderfilm-

Termine finden Sie auf

www.indiekino.de

Die Altersempfehlungen orientieren sich in der Regel an den Vorschlägen der Bundeszentrale für politische Bildung/Vision Kino.

INDIEKINDER

Page 35: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

OTTO IST EIN NASHORNDänemark 2013 D R: Kenneth Kainz D 73 min D FSK: oA, empfohlen ab 6

Eines Tages malt der 10-jährige

Topper mit einem Bleistift ein

Nashorn an die Wand. Plötzlich

ist die Zeichnung verschwunden

und ein tonnenschweres Nashorn

steht in seinem Zimmer. Und das

hat Hunger. Animation nach dem

gleichnamigen Kinderbuch von

Ole Lund Kirkegaard.

¢ Bali Kino¢ filmkunst66

PLANES 2 – IMMER IM EINSATZUSA 2014 D R: Roberts Gannaway D 84 min D FSK: oA, empfohlen ab 6

Dusty ist ein weltberühmter

Renn-Flieger. Als er erfährt, dass

sein Motor beschädigt ist und

der Defekt dazu führen könnte,

dass er nie wieder Rennen fliegen

kann, geht das kleine Fugzeug

zur Feuerwehr und hilft bei der

Waldbrandbekämpfung.

¢ Eva Lichtspiele¢ filmkunst66

RICO, OSKAR UND DIE TIEFERSCHATTENDeutschland 2014 D R: Neele Leana Voll-mar D 96 min D FSK: oA, empfohlen ab 8

Auf der Suche nach Fundstücken

trifft der, wie er sich selbst nennt,

tiefbegabte Rico auf den hoch-

begabten Oskar und die beiden

Jungs werden Freunde fürs Leben.

Gemeinsam jagen sie quer durch

Berlin den berüchtigten Entführer

Mister 2000.

¢ Acud Kino¢ Bundesplatz Kino¢ Union Filmtheater

KINDERFILM DES MONATS: UNSER LEBENGroßbritannien 2011 D R: Michael Gunton, Martha Holmes D 85 min D FSK: oA, empfohlen ab 8

Die Kinoversion von UNSER

LEBEN ist aus der zehnteiligen

BBC-Serie „One Life“ entstanden.

In außergewöhnlichen Naturauf-

nahmen zeigt die Dokumentation

unterschiedlichste Tierarten und

deren einfallsreiche Strategien bei

der Bewältigung des Lebens: Auf-

wachsen, Nahrung finden, Schutz

suchen, einen Partner finden,

Jungtiere großziehen.

¢ Bali Kino, 24.9., 10.30 + 14.15¢ Bundesplatz Kino, 30.9., 10 Uhr¢ Eva Lichtspiele, 25.9., 10 + 14.30 Uhr¢ Sputnik Südstern, 27.9. + 28.9.,

14.30 Uhr, 30.9., 10.30 + 15 Uhr¢ Union Filmtheater, 19.9., 10.30 Uhr,

20.9. + 21.9., 13 Uhr¢ Xenon Kino, 13.9. + 14.9., 16 Uhr,

16.9., 10.15 + 15 Uhr Vorbestellung unter: 030/23 55 62 51 oder www.kinderkinobuero.de

DAS WANDELNDE SCHLOSSJapan 1988 D 86 min D R: Hayao Miyazaki D FSK: 6, empfohlen ab 10

Eines Tages wird die junge Hut-

macherin Sophie auf dem Weg in

die Stadt von Soldaten bedrängt.

Ein gut aussehender junger Mann

kommt zu Hilfe, sie verliebt sich

in ihn. Ihr Retter ist jedoch der

berühmt-berüchtigte Zauberer

Hauro. Eine eifersüchtige Hexe

verwandelt Sophie über Nacht in

eine alte Frau. Um sich von dem

Fluch zu befreien, macht sie sich

auf die Suche nach Hauro und

seinem wandelnden Schloss.

¢ Sputnik Kino am Südstern

www.ohnedich-f i lm.de

AZ-IndieKino_82x122.indd 1 14.08.14 10:24

Page 36: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014
Page 37: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

SEPTEMBER 2014 D 37 D

INDIEKINOHIGHLIGHTS

ACUD KINOCONSUMED – IM BAUCH DER BESTIE & CANNED DREAMSDas ACUD KINO zeigt im September zwei Filme, die sich kritisch mit der

Konsumgesellschaft auseinandersetzen. CONSUMED – IM BAUCH DER

BESTIE zeigt die Konsumkultur in Ausschnitten aus historischen und

aktuellen Werbefilmen und in Interviews als kollektive Psychose und den

Verbraucher als von der Marketing-Branche zu inbrünstigem Narzissmus

verdammt. CANNED DREAMS verfolgt den Weg von sieben Zutaten eines

Fertigprodukts aus dem Lebensmittelregal eines finnischen Supermarkts

und spricht mit Arbeitern, die an der Produktion beteiligt waren. Arbei-

ter, die in der ukrainischen Weizenproduktion und in einer französischen

Nudelfabrik arbeiten, an der Produktion portugiesischer Eier beteiligt

sind, oder Olivenöl in Italien herstellen, reden über ihre Lebensträume,

über Wendepunkte ihres Lebens und über Momente, die sie berührt

haben. Beide Filme werden im Rahmen einer Kinotournee zu „Ressour-

ceneffizienz, Kreislaufwirtschaft und nachhaltigem Konsum“ gezeigt und

von ECOMOVE International e.V.präsentiert.

¢ 8.9. um 19 Uhr: CONSUMED – IM BAUCH DER BESTIE¢ 9.9. um 19 Uhr: CANNED DREAMS

Page 38: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

D 38 D SEPTEMBER 2014

INDIEKINOHIGHLIGHTS

HACKESCHE HÖFE KINOFILMPREMIERE: COCAINE UNWRAPPED – FÜR EINE NEUE DROGENPOLITIKDie Friedrich-Ebert-Stiftung lädt am 25. September 2014 ab 20 Uhr zur Deutschlandpremiere des Dokumen-

tarfilms COCAINE UNWRAPPED (80 min, OmU) ins Hackesche Höfe Kino in Berlin und zur anschließenden

Diskussion mit der britischen Regisseurin Rachel Seifert.

COCAINE UNWRAPPED zeigt, dass der jahrzehntelange Krieg gegen Drogen nicht nur gescheitert ist, sondern

auch fatale Nebenwirkungen hat. Der Film schlägt die Brücke vom weitgehend erfolglosen Kampf gegen Anbau

und Produktion von Kokain in Lateinamerika bis hin zur ungebrochenen Nachfrage auf den wichtigsten Absatz-

märkten in den USA und Europa. Dabei wird deutlich, dass es umfangreicherer Strategien bedarf, die auf die

gesamte Wertschöpfungskette zielen und die ökonomische Basis des organisierten Verbrechens aushebeln.

José Carlos Campero, der in

Zusammenarbeit mit anderen

lateinamerikanischen Experten

und mit Unterstützung der FES

Reformvorschläge für eine Dro-

genpolitik entwickelt hat, die

nicht allein auf repressive Mittel

vertraut, wird nach dem Film mit

der Regisseurin Rachel Seifert

diskutieren.

¢ 25. 9. Um 20.00 Uhr, www.hoefekino.de

FSK-KINO AM ORANIENPLATZFILM POLSKA RELOADED: VERKEHRSPOLIZEI Originaltitel: Drogówka, Polen 2013, R: Wojciech Smarzowski, D: Arkadiusz Jakubik, Bartłomiej Topa, Marcin Dorociński, 112 min, OmU

Die Verkehrspolizeieinheit ist eine eingeschworene Mannschaft: starke Männer und eine Frau. Trotz aufreiben-

dem Dienst hat die Mannschaft viel Spaß bei der Arbeit und auch privat trifft man sich gerne. Der Wachtmeister

Król hat eine Affäre mit seiner attraktiven Kollegin Madecka, während sich seine Ehefrau Ewa mit dem stets

liquide scheinenden Lisowski trifft. Als Lisowskis Leichnam gefunden wird, rückt Wachtmeister Król als Haupt-

verdächtiger ins Visier der Ermittler. Er flüchtet und beginnt selbst, der Sache auf den Grund zu gehen, um seine

Unschuld zu beweisen. Dabei ahnt er nicht, auf welche Abgründe er noch stoßen wird.

VERKEHRSPOLIZEI wurde in Polen zum Kinokassenschlager des Jahres 2013 und hat mehr als eine Million

Zuschauer in die Kinos gelockt– sehr zum Unbehagen der dortigen Verkehrspolizei. ¢ 11.9. um 18 Uhr

Page 39: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

SEPTEMBER 2014 D 39 D

DIE FESTIVAL-KOLUMNE: VOM SUCHEN UND FINDENFilme finden ihr Publikum, so die graue Theorie. In der Realität gleicht dieser

Prozess des Findens, der immer ein Suchen voraussetzt, den verschlungenen

Pfaden eines Labyrinths. Das Filmgeschäft sucht seit seinem Bestehen nach der

goldenen Formel, die die Zuschauer wie ferngesteuert an den Kinokassen vorbei

direkt zum Ziel, dem Kinosaal führt. Lange galt dabei die Annahme Superstar

gleich Kassenschlager als wichtigste Richtschnur derer, die entscheiden, wel-

cher Film für das Kino geschaffen ist und welcher mit DVD oder Fernsehen vor-

lieb nehmen muss. Zuletzt sorgte die Diskussion um den von Kritikern gefeierten

UNDER THE SKIN, in dem immerhin Scarlett Johansson die Hauptrolle spielt, für

erhitzte Gemüter unter Cineasten. Ins Kino kommt er trotzdem nicht (nun kommt

er doch, ein bisschen, die Red.). Vertraut der geneigte Betrachter dem Markt, der

in der reinen Lehre des Kapitalismus alles von selbst regelt, bekommt er vor allem eines: Fortsetzungen. Noch und nöcher.

Filmfeste erfanden da ein probates Gegeninstrument: Publikumspreise. Besucher der oft sorgsam kuratierten Filmprogramme stimmen in bester basis-

demokratischer Tradition über das ab, was sie auf der großen Leinwand sehen – und nach strenger, wenn nicht gar notariell beglaubigter Auswertung

der Stimmkarten, steht am Ende ein Siegerfilm. Das Unverfrorene an diesen Publikumspreisträgern ist die Tatsache, dass hierbei oft Filme die Oberhand

haben, denen weder Marketingstrategen noch Kritiker eine Chance geben. Berliner Zuschauer haben vom 3. bis 7. September die Möglichkeit beim

Favourites Film Festival im Filmrauschpalast Moabit diese Quereinsteiger zu suchen und zu finden. Die Festivalmacher haben aus rund 200 überall

auf der Welt vom Publikum ausgezeichneten Werken gewählt und ein Programm erstellt, das keine Rücksicht auf den Markt und seine Gesetze nimmt.

Möge zusammenfinden, was zusammen gehört. www.favouritesfilmfestival.de D Denis Demmerle, www.berliner-filmfestivals.de

BUNDESPLATZ KINOBERLINFILM-MATINEEJeden Sonntagmorgen um 11 Uhr lädt das Bun-

desplatz-Kino zur Berlinfilm-Matinee. Im Septem-

ber wird die legendäre Langzeitdokumentation

BERLIN, ECKE BUNDESPLATZ (1986-2012) von

Detlef Gumm und Hans-Georg Ullrich wieder aufge-

griffen, zunächst mit den Titeln DIE KÖPKE-BANDE

(7.9.), SCHORSTEINFEGERGLÜCK (14.9), DER YIL-

MAZ-CLAN (21.9), und BÄCKEREI IM KIEZ (28.9.)

¢ Immer Sonntags um 11 Uhr, www.bundesplatz-kino.de

FILMKUNST 66MICHAEL VERHOEVEN PRÄSENTIERT LET’S GOMit Michael Verhoven (DIE WEISSE ROSE, DAS SCHRECKLICHE MÄDCHEN) kommt einer der

profiliertesten deutschen Filmemacher ins filmkunst 66, um seinen neuen Fernsehfilm LET’S

GO zu präsentieren. Nach dem autobiografischen Roman „Von zu Hause wird nichts erzählt“

von Laura Waco erzählt Verhoeven die Geschichte der jüdischen Familie Stöger, die nach Ende

des Krieges aus dem Konzentrationslager kommt und in Deutschland bleibt. 1968 kommt ihre

21-jährige Tochter Laura, die in die USA emigriert ist, zur Beerdigung des Vaters zurück nach

Deutschland. Laura bewegt ihre Mutter zu einer Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und

ihren gemeinsamen Erinnerungen. ¢ 21.9. um 20 Uhr

Page 40: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

D 40 D SEPTEMBER 2014

FILMKUNST66IFAB FILM FESTIVAL Mit seinen über 50 Festivals im Jahr bietet Berlin eine der vielfältigsten

Filmfestivallandschaften der Welt, und damit auch allen denkbaren Län-

dern und Sparten ein eigenes Forum, die abseits von Trends und Kinokas-

sen kaum eine Chance auf ein breites öffentliches Publikum hätten. Mit

dem Motto „Focus, dammit!“ haben sich die Veranstalter der International

Film Awards Berlin explizit das Gegenteil von Spezialisierung und Nischen-

denken auf die Fahnen geschrieben. Mit der Veranstaltung, die vom 3.

bis zum 7. September 2014 zum zweiten Mal im Charlottenburger Pro-

grammkino filmkunst66 stattfindet, möchte man sich als einziges Berliner

Independent-Filmfestival durch keinerlei Sparten- oder Genregattungen

einschränken lassen. Dementsprechend divers ist auch das Programm in

diesem Jahr, das 70 Spiel-, Kurz-, Animationsfilme und Dokumentationen

aus über zwanzig Ländern versammelt.

So stehen auf dem Festivalprogramm Produktionen wie die Indepen-

dent-Komödie I PUT A HIT ON YOU, die das kanadische Kreativ-Team

Linsey Stewart und Dane Clark mit einer Crowdfunding-Kampagne ver-

wirklichen konnte und in der es um eine enttäuschte Frau geht, die ihrem

Exfreund durch eine unbedachte Internet-Äußerung einen Auftragskiller

auf den Hals hetzt, und anschließend versucht, ihn vor seinem tödli-

chen Schicksal zu bewahren. Oder Rosa von Praunheims unterhaltsame

„Schamanen“-Dokumentation AUF DER SUCHE NACH HEILERN, in der

sich der hypochondrische Filmemacher dem gegenwärtigen „Heilprakti-

ker“-Hype mit kindlicher Offenheit nähert, und auf diese Weise die oft-

mals bizarren bis ruchlosen Methoden und Veranstaltungen entlarvt –

aber auch interessante und anregende Denkansätze und bemerkenswerte

Persönlichkeiten kennenlernt.

Der französische Bestseller-Autor Marc Dugain hat mit LA MALÉDICTION

D’EDGAR/THE CURSE OF EDGAR seinen gleichnamigen Roman über die

vermeintlichen Verstrickungen des FBI-Gründers Edgar J. Hoover in das

tödliche Schicksal des Kennedy-Clans als schlitzohriges Doku-Drama

adaptiert, das er aus Sicht des Hoover-Adjutanten und Lebensgefährten

Clyde Tolson als Geschichte eines „Odd Couple“ erzählt. Eine gänzliche

andere Stimmung bringt der anarchistische Animationsfilm DICK FIGU-

RES – THE MOVIE ins Festivalprogramm, der auf einer beliebten You-

Tube-Serie von Ed Skudder und Zak Keller basiert. Hier machen sich ein

blaues und ein rotes Strichmännchen auf die Suche nach einem Samurai-

Schwert in Asien und erleben dabei ein rasantes Abenteuer mit einem

Humorverständnis, das an die Serie SOUTH PARK erinnert.

Neben weiteren Spielfilmen sind es vor allem internationale Dokumen-

tarfilme, die zur Fülle des ifab beitragen, zum Beispiel LOVECHILD, die

erschütternde Geschichte eines südkoreanischen Paares, das aufgrund

von Online-Rollenspiel-Sucht sein neugeborenes Baby an Unterernährung

sterben ließ, oder EVERYBODY STREET von Cheryl Dunn, die eine mit-

reißende Hommage an die Ikonen der New Yorker Straßenfotografie und

damit an die Stadt selbst geschaffen hat.

Beim ifab wird jede Aufführung in klassischer Vorführ-Tradition von einem

Kurzfilm eingeleitet, daneben bieten vier Reels in Spielfilmlänge die Mög-

lichkeit, sich einen umfassenderen Eindruck von Shorts aus aller Welt

zu machen und ihre Macher vor Ort kennenzulernen – eine Vielfalt, der

es sich zu stellen lohnt. Ergänzt wird die Veranstaltung von Partys und

Fragerunden mit den Filmemachern, und findet ihren Abschluss mit der

Award-Show am 7. September, bei der Preise für beste Regie, Schauspiel,

Drehbuch und der „Brandenburg Gate Award“ verliehen werden. Schön

auch, dass die Veranstalter und das Festivalkino die Hilfsorganisation

„Pen Paper Peace – Schulen für Haiti“ mit einem Euro pro verkaufter Kino-

karte unterstützen. D Jens Meyer ¢ 3. – 7.9., www.filmawardsberlin.de

INDIEHIGHLIGHTS

Page 41: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

SEPTEMBER 2014 D 41 D

INDIEKINOHIGHLIGHTS

FREILUFTKINO SUPERMENSCH, THE GRADUATE, DER MOND UND ANDERE LIEB-HABERDas Freiluftkino-Saisonende rückt näher und es ist an der Zeit, den Som-

mer mit Stil zu verabschieden. Der Filmrauschpalast lässt es zum Ende

der Open-Air Saison noch einmal krachen. Bei freiem Eintritt gibt es am

Freitag, den 12.9. eine Preview von Mike Myers Doku SUPERMENSCH

– THE LEGEND OF SHEP GORDON (USA 2014, OmU) über den sehr

sympathischen Manager von Alice Cooper, Pink Floyd, Teddy Pendergrass

und Blondie. Tags darauf gibt’s dann Hiphop von Drob Dynamic und den

Anti-Gentrifizierungs-Film MIETREBELLEN. Das Freiluftkino Insel (zu

Gast im Cassiopeia) zeigt am 7.9. noch einmal den Sommerfilm der Som-

merfilme: THE GRADUATE – Die Reifeprüfung (USA 1967, OmU) von

Mike Nichols, und im Freiluftkino Friedrichshagen läuft als letzter Film

am 12.9. DER MOND UND ANDERE LIEBHABER (Deutschland 2008)

von Bernd Böhlich mit der Music von Silly. Endgültiges Saisonende ist

dann einen Tag später mit dem Reisevortrag „Reiseabenteuer: Cuba“. Das

Freiluftkino Hasenheide hat sich bereits am 31.8. in die Winterferien

verabschiedet und das Freiluftkino Pompeji spielt vermutlich wie immer

bis zum ersten Frost durch.

¢ 7.9. Freiluftkino Insel: THE GRADUATE¢ 12.9. Freiluftkino „Umsonst und Draußen“ im Filmrauschpalast: SUPERMENSCH – THE

LEGEND OF SHEP GORDON¢ 12.9. Freiluftkino Friedrichshagen: DER MOND UND ANDERE LIEBHABER

EISZEIT KINOBIKE SMUT – A FILM FESTIVAL OF RADICAL PLEASUREAuf die Idee, Sex und Fahrräder zusammen zu bringen, ist der Hollän-

der Django Reinhardt schon in den siebziger Jahren gekommen: „Life

could be oh so sweet, if I was a bicycle seat“. Die Idee ist spätestens

vor sieben Jahren in die US-Hippie-Hochburg Portland vorgedrungen,

wo der Nacktradfahraktivist, Hardcourt-Fahrradpolospieler, und vom

„Seattle Dead Baby Bike Club“ anerkannte Heilige der „Church of Bicy-

cle Jesus“ das Fahrrad-Porn Festival BIKE SMUT gründete. Gemeinsam

mit Creative Director Poppy Cox präsentiert Reverend Phil nun zum ers-

ten Mal BIKE SMUT in Berlin, ein Festival mit Kurzfilmen über Fahrräder

und Sex, das die Botschaft von „Freude und Befreiung durch Sexualität

und Radfahren“ verbreiten will. Das Programm umfasst Anleitungen zur

Fahrradreparatur, präsentiert von drei weiblichen Mechanikerinnen, eine

heiße Liebesgeschichte zwischen einem Rennrad- und einem Fixiefahrer,

die Gender-, Generationen- und Szenenormen sprengt, Damen, die mit

Pfeil und Bogen vom Fahrrad aus schicke Jungs abschießen und diverse

Schmuddelfantasien über Fahrradmechaniker und Mechanikerinnen.

BIKE SMUT findet grundsätzlich nur im Kino statt. Es gibt keine DVDs oder

online Videos, denn BIKE SMUT will durch Porno als kollektive Erfahrung

kreative Energien freisetzen (jeder kann Bike Porn drehen und bei BIKE

SMUT einreichen) und dem gleichmacherischen Porno kommerzieller

Medien einen offenen und queeren Diskurs über Sex und Transportmittel

entgegensetzen. ¢ 6.9. um 22 Uhr, www.bikesmut.com

UNION FILMTHEATERURSULA WERNER LIEST: „IMMER GEHT’S WEITER …“Ursula Werner war seit den siebziger Jahren bis 2009 Ensemble-Mitglied am Maxim-Gorki-Theater. Heute ist sie vor allem

durch ihre Rollen in Andreas Dresens Filmen WOLKE 9 und HALT AUF FREIER STRECKE und aus TV-Produktionen wie der

Kinderserie SCHLOSS EINSTEIN bekannt. In ihrer Autobiografie „Immer geht´s weiter….“ gibt sie humor- und tempera-

mentvoll Auskunft über ihre Arbei am Theater und beim Film und über die Dinge des Lebens, die ihr wichtig sind. ¢ 21.9.

um 10.30 Uhr, www.sonntagslese.de

Page 42: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

D 42 D SEPTEMBER 2014

INDIEHIGHLIGHTS

BUNDESPLATZ KINOFILMHISTORISCHE REIHE: BRAVE SOLDATEN, ROTE MATROSEN – DER ERSTE WELTKRIEG IM FILMAnlässlich des Gedenkens an den Beginn des Ersten Weltkriegs vor 100

Jahren widmet sich die Filmreihe „Brave Soldaten, rote Matrosen“ anhand

von 15 Filmen aus den Beständen der Deutschen Kinemathek und der

DEFA-Stiftung dem Wandel filmischer Darstellungen dieses Krieges. Bei-

spielhaft zeigen die Filme, wie das Ereignis als Stoff immer neuer Kinoerzäh-

lungen und als Folie für politische und existentielle Fragestellungen dient.

Die Vielfalt der Interpretationen steht dabei im Kontext der politischen Sys-

teme, in denen die Filme entstanden sind. Die Filme im September:

WESTFRONT 1918 Deutschland 1930, R: Georg Wilhelm Pabst

WESTFRONT 1918 sorgte als erster

Kriegsfilm, der das Element des

Tons einsetzte, für Furore: Erst-

mals wurde der ohrenbetäubende

Lärm der Front akustisch greifbar.

¢ 7.9. um 15.30

IM WESTEN NICHTS NEUES USA 1929/30, R: Lewis Milestone

Die Erstverfilmung des gleichna-

migen Romans und Weltbestsel-

lers von Erich Maria Remarque.

Der Film wurde 1930 mit dem

Oscar als „Bester Film“ des Jahres

ausgezeichnet. Gezeigt wird die

ungekürzte und rekonstruierte

Fassung. ¢ 14.9. um 15.30

DIE GROSSE ILLU-SION/LA GRANDE ILLUSION Frankreich 1936/37, R: Jean Renoir, OmU

An Hand des Schicksals dreier

französischer Kriegsgefangener

demonstriert Renoir den Wider-

sinn des Krieges. Ein Film über

den Krieg – ganz ohne Schlach-

tenszenen. Gezeigt wird die

deutsch untertitelte, mehrspra-

chige Originalfassung!

¢ 21.9. um 15.30 Uhr

EVA-LICHTSPIELEDER ALTE DEUTSCHE FILMImmer Mittwochs um 15.45 zeigen die Eva-Lichtspiele historische deut-

sche Filme aus den 1920er – 1940er Jahren. Die Reihe wird von Mar-

tin Erlenmeier kuratiert, der auch zu jedem Film eine Einführung hält.

www.eva-lichtspiele.de

MARY Großbritannien/Deutschland 1930. Regie: Alfred Hitchcock. Mit Alfred Abel, Olga Tschechowa, Paul Graetz, Lotte Stein

Kriminalfilm um einen Mord

im Theatermilieu. In London

gedrehte, veränderte deutsche

Version von Hitchcocks frühem

Tonfilm MURDER. ¢ 3.9.

DAS ALTE LIED1945. Regie: Fritz Peter Buch. Mit Winnie Markus, Ernst von Klipstein, Lotte Koch, Grethe Weiser

Spielt im kaiserlichen Alt-Berlin

– nach Motiven aus Fontanes

„Stine“ und „Irrungen Wirrungen“.

¢ 10.9.

KLEINER MANN – GANZ GROSS1938. Regie: Robert A. Stemmle. Mit Viktor de Kowa, Gusti Huber, Hilde von Stolz, Paul Hoffmann

Temperamentvolle Ehekomödie

mit zwei trefflichen Hauptdarstel-

lern. Mit Zeichnungen von E.O.

Plauen. ¢ 17.9.

MADAME HAT AUS-GANGDeutschland /Frankreich 1931. Regie: Wilhelm Thiele. Mit Liane Haid, Hans Brau-sewetter, Hilde Hildebrand, Ernst Dumcke

Musikalische Komödie mit Liane

Haid – seinerzeit der Inbegriff des

„süßen Wiener Mädels, hier aber

im Pariser Gesellschaftsmilieu.

Inszeniert vom Regisseur der

DREI VON DER TANKSTELLE.

Musik: Ralph Erwin. ¢ 24.9.

Page 43: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

SEPTEMBER 2014 D 43 D

INDIEHIGHLIGHTS

BALI KINOFILME UND VERANSTALTUNGEN ZUM WELTFRIEDENSTAGDie Jahresversammlungen der UN-Generalversammlung beginnen traditionell am dritten Dienstag im September. Am 21. September 1981, dem Tag der

damaligen Vollversammlung, verkündete die Generalversammlung: Dieser Tag soll offiziell benannt und gefeiert werden als Weltfriedenstag (Internati-

onal Day of Peace) und soll genützt werden, um die Idee des Friedens sowohl innerhalb der Länder und Völker als auch zwischen ihnen zu beobachten

und zu stärken. Am 30. November 1981 wurde dieser Tag in der UN-Resolution 36/67 zum „International Day of Peace“ erklärt. Er soll

ein Tag des Waffenstillstands und der Gewaltlosigkeit sein. Nach einer Kampagne von Jeremy Gilley und der „Peace One Day“-Organisation verabschie-

dete die UN-Generalversammlung am 7. September 2001 einstimmig die Resolution 55/282. Nach dieser soll der Weltfriedenstag ab 2002 jedes Jahr

weltweit am gleichen Tag, dem 21. September, gefeiert werden. Allerdings findet der Tag bis heute in der Öffentlichkeit relativ wenig Beachtung. In

Zusammenarbeit mit dem Weltfriedensdienst organisiert das Bali Kino vom 18. – 22.9. Veranstaltungen, Filmvorführungen und Diskussionen unter dem

Motto „Friedensarbeit in Zeiten des Krieges“. ¢ 18. – 22.9. www.balikino-berlin.de

Auf dem Programm stehen unter anderem:

FILMVORFÜHRUNG: CIRCLES(Serbien 2013, R: Srdan Golubovic, 112 min)

CIRCLES ist die Hommage an einen Helden, den serbischen Solda-

ten Srdan Aleksić, der 1993 seinen muslimischen Nachbarn vor der

Ermordung durch serbische Soldaten rettete, und dann selbst zu Tode

geprügelt wurde. In Srdan Golubovics Film heißt der Soldat Marko, und

der Film schildert die Auswirkungen seiner Tat und die seiner Mörder

auf das Leben einer Reihe von Menschen, die mittelbar und unmittelbar

daran beteiligt waren.

¢ 18.–19.9. um 18.00 Uhr

DOPPELPROGRAMM: ZUR HÖLLE MIT DEM TEUFELAFRICA:WAR IS BUSINESSDie Dokumentation ZUR HÖLLE MIT DEM TEUFEL (PRAY THE DEVIL

BACK TO HELL, USA 2008, R: Gini Reticker, 62 min) erzählt anhand von

Archivmaterial und Interviews mit den führenden Frauen der liberiani-

schen Friedensbewegung von ihrem mutigen und visionären Widerstand,

der im Jahr 2003 maßgeblich dazu beigetragen hat, Frieden für ihr vom

Bürgerkrieg zerrissenes Land zu erreichen.

AFRICA: WAR IS BUSINESS (Niederlande 2006, R: Frank Vellega, 52

min, OmeU) deckt die Mechanismen der Kriegsindustrie auf und zeigt

wie diese ein Teil des Alltags im Westen sind. Die Dokumentation ent-

hüllt das Wesen eines Systems das nicht von Ländergrenzen aufgehalten

wird. Gleichzeitig sucht der Film nach möglichen Lösungen etwa in einer

internationalen Perspektive und achtsamem Konsumentenverhalten.¢ 20.9. um 18 Uhr

PROJEKTVORSTELLUNG DES WELTFRIEDENS DIENSTES/KURZFILMROLLE Der Weltfriedensdienst stellt aktuelle Projekte in Form von Kurzfilmen

vor, anschließend läuft die Shorts Attack-Kurzfilmrolle KRIEGSSPIELE.

In Zeiten der Erinnerung an Kriegsausbrüche und in Zeiten aktueller

Kriege bringt Shorts Attack im September den Krieg als absurde Gewalt

pointiert auf den Punkt: Historische Auseinandersetzungen treffen auf

aktuelle Zerstörungsstrategien, Animationen auf knallhart unterhaltsame

Realdarstellungen.¢ 20.9. um 20.30 Uhr

FILMVORFÜHRUNG: PEACEMAKERS(USA 2013, R: Rain Rucker, Paul Bloomfield, 66 min, OmU)

In PEACEMAKER treten zwei Männer, die jeder auf die eigene Art Ernst

gemacht haben mit dem „Friedenstiften“, in Dialog: Jeremy Gilley,

britischer Filmemacher, gründete vor vielen Jahren die Non-Profit-Or-

ganisation „Peace One Day“. Sein Einsatz führte 2007 dazu, dass die

UN-Vollversammlung einstimmig beschloss, den 21. September zum

Weltfriedenstag zu erklären und jährlich zu feiern. 2013 wurde der

Weltfriedenstag bereits in 195 Ländern gefeiert. Prem Rawat hat die

Sendereihe „Words of Peace“ (Worte des Friedens) initiiert, die in 40

Ländern in über mehr als 350 Fernsehkanälen ausgestrahlt und in 28

Sprachen übersetzt wird. Prem Rawat spricht dort vom Frieden im

täglichen Leben und von der „People Power“, der inneren Kraft der

Menschen.

¢ 21.9. um 20.30 Uhr, Eintritt frei, Spende erbeten

Page 44: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

FRIEDRICHSHAIN-KREUZBERG

MARZAHN-HELLERSDORFMITTE

SPANDAU

STEGLITZ-ZEHLENDORF

TEMPELHOF-SCHÖNEBERG

CHARLOTTENBURG-WILMERSDORF

NEUKÖLLN TREPTOW-KÖPENICK

REINICKENDORF PANKOW

LICHTENBERG

2

1 9

5 3

4 6

8

11

13

E 7

B 10 C

D 14

15

D 44 D SEPTEMBER 2014

INDIESERVICE

ACUD KINO MITTE 1

Veteranenstr. 21, 10119 Berlin

Telefon: 030/44 35 94 98,

Mail: [email protected], www.acud.de

U8, M1 Rosenthaler Platz, M8/12

Brunnenstr./Invalidenstr., S1/2

Nordbahnhof

B-WARE! LADENKINOFRIEDRICHSHAIN 15

Gaertnerstr. 19, 10245 Berlin

Telefon: 030/63 41 31 15

ladenkino.de

S+U-Bahnhof Frankfurter Allee,

Bus 240 Boxhagener Platz, Tram

13 Wühlischstraße

BALI KINO ZEHLENDORF 2

Teltower Damm 33, 14169 Berlin

Telefon: 030/811 46 78,

www.balikino-berlin.de

S-Bahnhof Zehlendorf

BUNDESPLATZ-KINO WILMERSDORF 3

Bundesplatz 14, 10715 Berlin

Telefon: 030/85 40 60 85,

Mail: [email protected],

www.bundesplatz-kino.de

U9, S 41/42/46, Bus 248/N9

U+S-Bahnhof Bundesplatz

EISZEIT KINO KREUZBERG 4

Zeughofstr. 20, 10997 Berlin

Telefon: 030/611 60 16,

Mail: [email protected],

www.eiszeit-kino.de

U1, M29, N1 Görlitzer Bahnhof

EVA-LICHTSPIELE BERLIN WILMERSDORF 5

Blissestr. 18, 10713 Berlin

Telefon: 030/92 25 53 05,

Mail: [email protected],

www.eva-lichtspiele.de

U7, Bus 101/104/249 Blissestr.

FILMKUNST66 CHARLOTTENBURG 6

Bleibtreustr. 12, 10623 Berlin

Telefon: 030/882 17 53,

Mail: [email protected],

www.filmkunst66.de

S-Bahnhof Savignyplatz

FILMRAUSCH PALASTMOABIT 7

Lehrter Str. 35, 10557 Berlin

Telefon: 030/394 43 44,

Mail: [email protected],

www.filmrausch.de

Hauptbahnhof + 10 min Fußweg,

Bus 123 Kruppstr., Bus M27

Quitzowstr.

FSK-KINO AM ORANIENPLATZ KREUZBERG 8

Segitzdamm 2, 10969 Berlin

Telefon: 030/614 24 64,

Mail: [email protected],

www.fsk-kino.de

U8, Bus M29/140/N8 Moritz-

platz, U1 Kottbusser Tor

HACKESCHE HÖFE KINOMITTE 9

Rosenthaler Str. 40/41,

10178 Berlin

Telefon: 030/283 46 03,

Mail: [email protected],

www.hoefekino.de

S-Bahnhof Hackescher Markt, U8

Weinmeisterstraße

SPUTNIK KINO AM SÜDSTERN KREUZBERG 10

Hasenheide 54, 10967 Berlin

Telefon: 030/694 11 47,

Mail: [email protected],

www.sputnik-kino.de

U7 Südstern, U7/8 Hermannplatz

TILSITER LICHTSPIELE FRIEDRICHSHAIN 11

Richard-Sorge-Str. 25a,

10249 Berlin

Telefon: 030/426 81 29, Mail:

[email protected],

www.tilsiter-lichtspiele.de

U5 Frankfurter Tor, Weber-

wiese, M10 Bersarinplatz,

Straßmannstraße

UNION FILMTHEATERFRIEDRICHSHAGENBölschestr. 69, 12587 Berlin 12

Telefon: 030/6501 3141,

www.kino-union.de

S-Bahnhof Berlin-Friedrichshagen

XENON KINO SCHÖNEBERG 13

Kolonnenstr. 5, 10827 Berlin

Telefon: 030/78 00 15 30,

Mail: [email protected]

S-Bahnhof Julius-Leber-Brücke

ZUKUNFT FRIEDRICHSHAIN 14

Laskerstr. 5, 10245 Berlin

Telefon: 030/426 81 29, Mail:

[email protected],

kino-zukunft.de

S-Bahnhof Ostkreuz

DIE INDIEKINOS

Page 45: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

MARZAHN-HELLERSDORF

TREPTOW-KÖPENICK

A 12

IMPRESSUMHerausgeber:INDIEKINO BERLIN UG (haftungsbeschränkt)Nalepastr. 18–50, 12459 BerlinTelefon: 030 – 209 897 24, [email protected], www.indiekino.de

Geschäftsführung: Hendrike Bake

Redaktion: Hendrike Bake, Thomas Dorow [email protected]

Filmtexte: Hendrike Bake, Thomas Dorow, Franziska Gleininger, David Herger, Sebastian Markt, Jens Mayer, Eileen Reukauf, Raphaël Rück, Hannes Stein

Texte Kinohighlights: INDIEKINO BERLIN und Kinos

Kinofotos: Marei Wenzel

Grafik: Michael Zettler, Zett Media

Anzeigen: [email protected]

Druck: Möller Druck & Verlag GmbH, Berlin

Eine Gewähr für die Richtigkeit der Termine kann nicht übernommen werden. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Ein Nachdruck ist nur mit Genehmigung von Redaktion und Autor und mit Quellenangabe gestattet. Für unverlangt eingesandtes Textmate-rial wird keine Haftung übernommen.

Das INDIEKINO BERLIN Magazin erscheint monatlich in einer Auflage von 15.000 Stück. Das Magazin ist kostenfrei. Verteilung in den Berliner Kinos ACUD Kino, Bali Kino, Bundesplatz Kino, Eiszeit Kino, Eva Lichtspiele, film-kunst66, Filmrauschpalast Moabit, fsk-Kino am Oranienplatz, Hackesche Höfe Kino, Sputnik Kino am Südstern, Tilsiter Lichtspiele, Union Filmtheater, Xenon Kino, Zukunft sowie an weiteren 200 Verteilstellen.

Abonnement: das INDIEKINO BERLIN Magazin kann im PLZ-Bereich 1000 bis 1500 als kostenfreies Abonnement bestellt werden. Es genügt eine Mail mit Ihrer Postadresse an [email protected].

Bildnachweis:Filmbilder: FilmverleiherKinobilder fsk-Kino: INDIEKINO BERLINFoto City-Kino Wedding (S. 6): ZffA BerlinFoto Bikesmut (S. 41): Bikesmut

medienboardBerlin-Brandenburg GmbH

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nter

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D SEPTEMBER 2014

INDIEKINO OPEN-AIRFREILUFTKINO FRIEDRICHSHAGENFRIEDRICHSHAGENHinter dem Kurpark 13, A

12587 Berlin

Telefon: 030/65 01 31 41,

www.freiluftkino-friedrichshagen.de

S-Bahnhof Berlin-Friedrichshagen

FREILUFTKINO HASENHEIDEKREUZBERG B

Im Volkspark Hasenheide,

12049 Berlin

Telefon: 030/283 46 03,

www.freiluftkino-hasenheide.de

U7+U8 Hermannplatz, U8

Boddinstraße

FREILUFTKINO INSEL ZU GAST IM CASSIOPEIAFRIEDRICHSHAIN C

Revaler Straße 99, 10245 Berlin

Telefon: 030/351 224 49,

www.freiluftkino-insel.de,

S/U-Bahnhof Warschauer Straße

FREILUFTKINO POMPEJIFRIEDRICHSHAIN D

Laskerstr. 5, 10245 Berlin

Telefon: 030/426 81 29,

freiluftkino-pompeji.de

S-Bahnhof Ostkreuz

WINDLICHT IM FILMRAUSCH-PALAST: „UMSONST & DRAUSSEN“MOABIT E

Lehrter Str. 35, 10557 Berlin

Telefon: 030/394 43 44,

Mail: [email protected],

www.filmrauschpalast.de

Hauptbahnhof + 10 min Fußweg,

Bus 123 Kruppstraße, Bus M27

Quitzowstraße

INDIESERVICE

ABON

NEM

ENT

Auf W

unsc

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fern

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Page 46: INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014

D 46 D SEPTEMBER 2014

INDIENACHBILD

THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE

VORSCHAU INDIEKINO IM OKTOBER ANDERSON Spitzel in der Poetenszene D LAND DER WUNDER Seltsamkeiten

unter Bienen D 20.000 DAYS ON EARTH Nick Cave-Doku D AM SONNTAG BIST DU TOT Pfarrer James sucht seinen Mörder D DER KREIS Berlinale-Panorama-Publi-

kumspreis-Gewinner D 5 ZIMMER KÜCHE SARG Vampire im Alltag D PRIDE Der eng-

lische Film ist zurück D YALOMS ANLEITUNG ZUM GLÜCKLICHSEIN Der Therapeut

spricht D PRAIA DO FUTURO Strand ohne Meer D WISH I WAS HERE Zach Braff wird

erwachsen D JACK Verloren in Berlin D ARTEHOLIC Udo Kier-Doku D THE CUT Liebe,

Tod und Teufel D DAS SALZ DER ERDE Bilderkino von Wim Wenders und Sebastião

Salgado D DER SAMURAI Indentitätsgemetzel D ZWEI TAGE, EINE NACHT Neues

von den Dardenne-Brüdern

NACHBILDEigentlich wollte ich noch etwas über eine Szene aus dem wundervollen Film ABRIR PUERTAS Y VENTANAS

schreiben. Aber gerade eben meldet die BBC, dass der britische Schauspieler und Regisseur Lord Richard Atten-

borough gestorben ist. Ich schau noch mal nach, wer das war. Ach ja, A CHORUS LINE (1982), GANDHI (1985),

CRY FREEDOM (1987), alles Oscar-Filme. Einige halfen, die Welt zu verändern. Ich finde ein Video mit einem Aus-

schnitt aus THE ANGRY SILENCE (1960), dem ersten Film, in dem Attenborough nicht nur gespielt, sondern den

er auch produziert hat. Er spielt einen Mann, der bei einem inoffiziellen Streik nicht mitmacht. Niemand redet

mehr mit ihm, auch sein kleiner Sohn nicht. Er schlägt die Hände vors Gesicht, wendet sich um. Der Hintergrund

ändert sich in eine Gaststätte. Gelächter. Männer stopfen Futter in sich hinein. Gesichter beginnen zu lachen, die

Kamera fährt näher an Attenborough heran. Panik. Wut, die Kamera beginnt zu kreisen. Die lachenden Gesichter

kommen näher, die Kamera schwankt. Gleich wird Attenborough aufspringen.

Tobe Hooper muss den Film gekannt haben. In THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE gibt es die gleiche Szene,

fast identisch inszeniert. Sally (Marilyn Burns) sitzt an einen Stuhl gefesselt an einem Tisch, um sie herum sitzt

die Sawyer-Familie und lacht, weil Sally gleich von Grandpa geschlachtet werden soll. Dieselben Schnitte, das-

selbe Lachen, dieselbe Panik. Hochkultur und lange verbotener, angeblicher Trash erzählen manchmal mit den

gleichen Mitteln von den gleichen Ängsten: Du bist allein, sie lachen dich alle aus. Marilyn Burns ist ebenfalls im

August 2014 gestorben. Das meldeten Fangoria und Splatting Image. D TD

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DAS AKTUELLE PROGRAMM DER UNABHÄNGIGEN BERLINER LICHTSPIELHÄUSER, TÄGLICH NEUE FILMKRITIKEN UND INFORMATIONEN ZU KINOHIGHLIGHTS, PREMIEREN UND FILMFESTIVALS AUF: WWW.INDIEKINO.DE

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