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Brandenburg Ministerium des Innern Nr. 2/2001 ermessung 2 Staatsverwaltung der Geodäsie, Kartographie und des Katasters in der Tschechischen Republik 3 Verfassungen, Verwaltungen, Vermessung 15 Die Entwicklung der geodätischen Grundlagen für die Kartographie und die Kartenwerke 1810 - 1945 26 140 Jahre Grundsteuerreform - Am 21. Mai 1861 wurde das Gesetz betreffend die anderweite Regelung der Grundsteuer verkündet 50 Mitteilungen 56 Historisches Gemeindeverzeichnis++Neue Ausbildungs- und Prüfungsordnung++Große Staatsprüfung++ Novellierung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung++ Aus der Rechtsprechung++Bodenreformgrundstücke++ 10 Jahre Landesvermessungsamt++ Buchbesprechungen 68 2001

Staatsverwaltung der Geodäsie, Kartographie und des ... · ermessung Brandenburg - 3 - Aufgaben und Struktur des Ressorts Das Tschechische Amt für Landesvermes-sung und Kataster

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Brandenburg

Ministerium des Innern

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01

ermessung

2Staatsverwaltung der Geodäsie, Kartographie unddes Katasters in der Tschechischen Republik 3

Verfassungen, Verwaltungen, Vermessung 15

Die Entwicklung der geodätischen Grundlagen fürdie Kartographie und die Kartenwerke 1810 - 1945 26

140 Jahre Grundsteuerreform - Am 21. Mai 1861wurde das Gesetz betreffend die anderweiteRegelung der Grundsteuer verkündet 50

Mitteilungen 56

Historisches Gemeindeverzeichnis++Neue Ausbildungs-und Prüfungsordnung++Große Staatsprüfung++Novellierung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung++Aus der Rechtsprechung++Bodenreformgrundstücke++10 Jahre Landesvermessungsamt++

Buchbesprechungen 6820 01

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Ministerium des Innerndes Landes BrandenburgHenning-von-Tresckow-Str. 9-1314467 Potsdam

Schriftleitung:Ministerialrat Heinrich Tilly

Redaktion:Beate Ehlers (Bodenordnung,

Grundstücksbewertung)Manfred Oswald (Liegenschaftskataster)Bernd Sorge (Landesvermessung)

Lektorat:Michaela Gora

Layout:Landesvermessungsamt Brandenburg

Redaktionsschluss:31.07.2001

Herstellung und Vertrieb:Landesvermessungsamt BrandenburgHeinrich-Mann-Allee 10314473 Potsdam

Telefon: (03 31) 88 44 - 2 23E-Mail: [email protected]

Impressum

ermessungBrandenburg

Nr. 2/2001

6. Jahrgang

ermessung Brandenburg erscheintzweimal jährlich und ist zum Abonne-mentspreis von DM 5,00 (+ Porto undVerpackung) beim Landesvermes-sungsamt Brandenburg zu beziehen.

Namentlich gekennzeichnete Bei-träge geben nicht unbedingt dieMeinung des Herausgebers wieder.

ISSN 1430-7650

In dieser Ausgabe liegt das Inhalts-verzeichnis und Autorenverzeichnisder Jahre 1996 bis 2001 bei.

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- 1 - ermessung Brandenburg

Geobasisdaten nur eine kommunaleAngelegenheit?

Die Arena der öffentlichen Meinung wird von Zeit zu Zeit durch Kämpfe zwi-schen Land und Kommunen um Kompetenzen beherrscht. Ist der Kampfstilbesonders ritterlich, handelt es sich mit Sicherheit um Fragen der Vermes-sung. Das Streitross der Kommunen prangt in solchen Fällen in den schönenFarben von achtzehn Wappen der Landkreise und kreisfreien Städte. Der Ritterhat die schimmernde Wehr des Grundgesetzes und der Kommunalverfassungangelegt, gehärtet durch Urteile des Landesverfassungsgerichts. Da muss derLandesvertreter schon recht mutig sein, will er diesem kampferprobten Geg-ner gegenübertreten. Denn außer der Sonderaufsicht und der Lanze der Ver-nunft bleibt ihm nichts, womit er den Kampf zu bestehen hoffen kann.

Warum dieses Bild von den zwei so unterschiedlich gerüsteten Rittern? Weilin der Arena Klarheit herrschen sollte: Landesvermessung und Liegenschafts-kataster sind ihrer Natur nach staatliche Aufgaben. Sie müssen das gesamteLandesgebiet lückenlos erfassen und in einheitlicher Form darstellen. DieKommunen und das Land haben die gemeinsame Verpflichtung, diese Nach-weise nach einheitlichen technischen und rechtlichen Gesichtspunkten auf-zubauen und weiterzuentwickeln. Dabei ist die trennende Sichtweise zwischenLiegenschaftskataster und Landesvermessung nicht mehr zeitgemäß.

Die künftigen Geobasisinformationen werden durch das Amtlich Topogra-phisch-Kartographische Informationssystem, durch Angaben des Grundbuchsund des Liegenschaftskatasters verkörpert. Erhebung, Aufbereitung und Nut-zung von Geobasisdaten müssen integrativ auf Landes- und kommunaler Ebe-ne erfolgen. Wirtschaftsunternehmen nutzen Geodaten für Standortentschei-dungen, optimieren damit ihre Logistiksysteme, verbessern Kundenserviceund Dienstleistungen. Dieses Nutzungsangebot darf nicht an Kreisgrenzen auf-hören, ansonsten könnte es den Eindruck vermitteln, dass die Erde eine Scheibesei und das Vermessungsamt nur Einsicht in die preußische Generalstabskar-te gewähre.

Heinrich Tilly

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- 2 - Nr. 2/2001

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- 3 - ermessung Brandenburg

Aufgaben und Struktur desRessortsDas Tschechische Amt für Landesvermes-sung und Kataster (TALK) verkörpert einautonomes Ressort der Staatsverwaltung,welches für folgende Aufgaben verantwort-lich ist:$ Die vollständige Katasterverwaltung

(einschließlich der Rechtsbeziehungenzu den Liegenschaften, d.h. die Funkti-on des ehemaligen Grundbuchs),

$ die Fortführung und Erneuerung derLage-, Höhen- und Schwerenetze in derTschechischen Republik,

$ die großmaßstäbige Aufnahme (Katas-terkarten und abgeleitete Staatskarte1 : 5 000),

$ die mittelmaßstäbige Aufnahme(Grundkarte der Tschechischen Repu-blik 1 : 10 000, 1 : 25 000, 1 : 50 000,1 : 100 000, 1 : 200 000),

$ die Schaffung der Fundamentalen Basisder geographischen Daten (ZABAGED),

$ die Vermessung und Dokumentation derStaatsgrenzen,

$ die Entwicklung und Fortführung desInformationssystems für Landesvermes-sung und Kataster in der TschechischenRepublik,

$ die Standardisierung der geographischenNamen sowie

$ die Koordinierung der Forschung undinternationalen Zusammenarbeit im Be-reich Geodäsie, Kartographie und Katas-ter.

Das Tschechische Amt für Landesver-messung und Kataster hat seinen eigenenPosten im Staatshaushalt. Die Gesamtaus-gaben betragen etwa 58 Millionen € im Jah-re 2001. Die Anzahl der Angestellten be-trägt etwa 5 700.

Tschechisches Amt für Landesver-messung und Kataster

Das Tschechische Amt für Landesvermes-sung und Kataster ist ein selbstständiges Or-

Jirí Šíma

Staatsverwaltung der Geodäsie, Kartographieund des Katastersin der Tschechischen Republik

Der Artikel behandelt die Hauptaufgaben und die Struktur des selbststän-digen Ressorts der Geodäsie und Kartographie (d. h. der Landesvermes-sung) und des Liegenschaftskatasters in der Tschechischen Republik. DieTätigkeit der Katasterämter und des Landesvermessungsamtes trägt be-deutend zur Rechtssicherheit von Eigentümern der Liegenschaften und zurEntwicklung des Liegenschaftsmarkts bei. Die Staatsorgane der Landes-vermessung und des Katasters gestalten wirksame Elemente der nationa-len geographischen Infrastruktur, bieten geographische Daten an und pfle-gen einen modernen geodätischen räumlichen Rahmen des Staates.

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gan der Staatsverwaltung für Landesver-messung und Kataster in der TschechischenRepublik. Sein Amtsitz befindet sich inPrag 8 in der Gasse Pod sídlištem 9. DerPräsident des TALK wird von der Regie-rung ernannt und dem Ministerpräsidentenunterstellt.

Er ist zugleich seit 1991 Mitglied desCERCO (Comité Européen des Respons-ables de la Cartographie Officielle, jetztEuroGeographics).

Im Jahr 2000 hatte dasTALK 70 Angestellte. SechsAbteilungen des TALK über-wachen die ökonomischenund technischen Tätigkeitender 77 Katasterämter, der 7Vermessungs- und Katas-terinspektorate, des Landes-vermessungsamtes und desForschungsinstituts für Geo-däsie, Topographie und Kar-tographie. Ein Bericht überdie Ausgaben, Einnahmenund die technischen Er-

gebnisse wird jährlich dem Parlament vomPräsidenten des TALK vorgetragen. ImJahre 2000 wurden etwa 20% der Ausga-ben durch Einnahmen aus verkauftenDienstleistungen und Gebührenmarken re-finanziert.

KatasterämterDie Katasterverwaltung wird von 77 Katas-terämtern in den Bezirken und von 35 Au-ßenstellen in den größeren Städten ausge-

Abb. 1: Das Ressort TALK

Vermessungs- undKatasterinspektorate (7)

Tschechisches Amt für Landesvermessung und Kataster (TALK)

Landes-vermessungsamt

Kataster-ämter (77)

Forschungsinstitutfür Geodäsie, Topographie

und Kartographie

Abb. 2: Tschechisches Amt für Landesvermessung und Kataster

MANAGEMENT-ABTEILUNG

AUFSICHTS-ABTEILUNG

ABTEILUNGDER

ÖKONOMIE

PERSONALABTEILUNG

PRÄSIDENT

SEKRETARIATDES

PRÄSIDENTEN

VIZEPRÄSIDENT

BERATUNGS-AUSSCHUSS

ABTEILUNGDER

INFORMATIK

ABTEILUNGDER LEGISLATIVEUND METHODIKDES KATASTERS

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- 5 - ermessung Brandenburg

übt (es handelt sich um etwa 5 200 Ange-stellte und 80% der Tätigkeiten im Berei-che des TALK). Seit 1993 wurden die Ka-tasterämter mit der Entscheidung und Aus-führung der Eintragungen von Eigentums-und den übrigen zu den Liegenschaften ge-hörigen Rechten betraut.

Die Hauptaufgaben der Katasterämter sind:$ Die Entscheidungen über Eintragungen

von Eigentumsrechten an Liegenschaf-ten in das Kataster,

$ die Eintragungen von Beschlüssen an-derer Staatsorgane und von Gerichten,

$ die Ausgabe von Daten über einzelneGrundstücke und Eigentümer,

$ die Massenausgabe von Katasterdatenfür öffentliche Zwecke und

$ die Laufenthaltung der Katasterkarten.Die andauernde Zunahme der Kataster-

arbeiten kann man dem Vergleich derDienstleistungen und der Anzahl der An-gestellten der Jahre 1993 – 2000 aus derfolgenden Tabelle 1 entnehmen:

Vermessungs- und Kataster-inspektorateSieben Vermessungs- und Katasterinspek-torate mit insgesamt 90 Angestellten über-wachen die im Rahmen der Staatsverwal-tung ausgeübten Tätigkeiten der Kataster-

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Abb. 3: Katasterämter in der Tschechischen Republik

Jahr 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

Eintragungen der 214672 262354 266500 312860 416 243 437243 437243 418633Eigentumsrechte

Datenausgabe 690349 718913 797 908 918229 1013384 1202407 1202407 1268088aus dem Kataster

Anzahl der 4354 4745 5256 5363 5346 5 304 5 208 5 165Angestellten

Tabelle 1: Aufgabenerledigung und Personal der Katasterämter

Katasterämter des II. Typen

Außenstellen

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ämter, der privaten Gesellschaften und deröffentlich bestellten Vermessungsinge-nieure.

Die Hauptaufgaben der Vermessungs-und Katasterinspektorate sind:$ Die Überwachung der Einrichtung und

Fortführung des Katasters,$ die Überwachung der Übernahme von

Ergebnissen der für das Kataster und zurHerstellung des Staatskartenwerks be-stimmten Vermessungen,

$ Berichte für das TALK mit Vorschlägenzur Beseitigung von Fehlern, welchewährend der Kontrolle und Aufsichtfestgestellt wurden,

$ die Entscheidung über Beschwerden überEntschlüsse der Katasterämter in Bezugauf die Beseitigung von Fehlern und Ein-wänden bei neuen Katastervermessungen,Missstände im Kataster und wegen sol-cher Missstände ausgesetzter Geldbußen,

$ Vorbereitung der öffentlichen Bestel-lung von privaten Vermessungsinge-nieuren,

$ die Verhandlungen über Verletzungender Ordnung im Bereich des Vermes-sungswesens (im Sinne des Vermes-sungsgesetzes).

Die Vermessungs- und Katasterinspek-torate erfüllen auch andere Aufgaben imBereich der Vermessung, die sich aus an-deren Vorschriften ergeben, oder ihnenvom TALK anvertraut sind (z.B. Entschei-dungen über Beschwerden gegen Kataster-ämter in Verfahrensangelegenheiten oderBeschlüsse über Einträge in das Kataster,Einspruchsverfahren usw.).

LandesvermessungsamtDie Fortführung und Erneuerung der geo-dätischen Grundlagen, die mittel- undkleinmaßstäbige amtliche Aufnahme, dieSchaffung der Fundamentalen Basis dergeographischen Daten (ZABAGED) unddie Vermessung und Dokumentation derStaatsgrenzen werden überwiegend vomLandesvermessungsamt durchgeführt (400Angestellte).

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Abb. 4: Vermessungs- und Katasterinspektorate

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Das Landesvermessungsamt hat seinenAmtsitz in Prag 8 in der Gasse Pod sídli-štem 9. Die Abteilung für Kartographie undPolygraphie befindet sich in Sedlcany,70 km südlich von Prag.

Das Landesvermessungsamt pflegt fol-gende Anzahl Festpunkte (Stand Dezem-ber 2000):

1 143 Punkte des GPS-Netzes (EUREF,Punkte der nullten und niedrigerenOrdnung),

28 797 trigonometrische Punkte (der ers-ten bis fünften Ordnung),

81 644 Nivellementspunkte (derersten bis dritten Ord-nung),

463 gravimetrische Punkte(davon 9 absolute Punkte,sowie Punkte der nullten,ersten und zweiten Ord-nung).

Datenbasen enthalten Positions-und Beschreibungsdaten von allenLage-, Höhen- und Schwerefest-punkten, die beim Landesvermes-sungsamt zur Verfügung stehen.Das Landesvermessungsamt istauch Verwalter der Zentralbasisder geographischen Daten(ZABAGED).

Forschungsinstitut fürGeodäsie, Topographieund Kartographie

Das Forschungsinstitut für Geo-däsie, Topographie und Kartogra-phie in Zdiby bei Prag mit 50 An-gestellten dient als Forschungs-und Entwicklungszentrum. DasForschungsinstitut pflegt dieGrundlagenforschung im Ver-messungswesen, nimmt Anteil anProjekten der internationalen wis-

senschaftlichen Zusammenarbeit und unter-stützt das Informationssystem der Landes-vermessung und des Katasters, Technolo-gien der Ingenieurvermessung und metro-logische Dienste. Das Informationscenterbeinhaltet die Bibliothekdienste, gibt spe-zielle Publikationen heraus und bestellt Bil-dungsunternehmen für Angestellte undFachbereiche außerhalb der Verwaltung.

Das Forschungsinstitut für Geodäsie,Topographie und Kartographie (VÚGTK)befindet sich in Zdiby 98 im Bezirk Prag-Ost.

VERKAUFS-ABTEILUNG

SEKRETARIATDER KOMMISSION

FÜR GEOGRA-PHISCHE NAMEN

ÖKONOMISCHEABTEILUNG

ADMINISTRATIVEABTEILUNG

ZENTRALARCHIVDER LANDESVER-

MESSUNG UNDDES KATASTERS

AUFSICHTS-GRUPPE

LOGISTISCHEABTEILUNG

STELLVERTRETENDERDIREKTOR

ABTEILUNG FÜRKARTOGRAPHIE

UNDPOLYGRAPHIE

ABTEILUNG DERFUNDAMENTALEN

BASIS DERGEOGRAPHISCHENDATEN (ZABAGED)

ABTEILUNGDER ZENTRALENDATENBANKEN

TRIANGULATIONS-ABTEILUNG

ABTEILUNGNIVELLEMENT

UND GRAVIMETRIE

DIREKTOR

Abb. 5: Das Landesvermessungsamt

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- 8 - Nr. 2/2001

Tätigkeiten und Dienste des VÚGTK:

$ Erarbeitung der digitalen Karten undHerstellung von digitalen Katasterkar-ten; Verkauf von Software für geogra-phische Informationssysteme und Ver-anstaltung von Schulungskursen.

$ Bibliothek für Landesvermessung undKataster. Der Katalog der Bibliothekund die bibliographische Datenbank ist24 Stunden täglich im online-Betriebunter der Internet-Adresse http://www.vugtk.cz/-tinweb erreichbar. Mankann Fernsuchen einsetzen und Publika-tionen bestellen. Kurse und Seminare imBereich Vermessungswesen und Katas-ter werden organisiert.

$ Theoretische und angewandte For-schung in der Geodäsie; Wissenschaft-liche Gesichtspunkte der geodätischenGrundlagen und des Schwerefelds derErde.

$ Ein experimentelles Arbeitsfeld befindetsich am Geodätischen Observatorium

Pecný in Ondrejov bei Prag. Dort wirdForschung in der Geodynamik mit Hil-fe von Methoden der Satellitengeodäsie,ständigen GPS-Beobachtungen, gravi-metrischen und astronomischen Beob-achtungen, der ständigen Station des In-ternationalen GPS-Dienstes (IGS), dergravimetrischen Gezeitenstation und desgravimetrischen Laboratoriums betrie-ben.

$ Staatliches Zentrum für Metrologie mitKalibrierung von Vermessungsinstru-menten und Vermessungseinrichtungen;Umsetzung der ISO- und CEN-Normen.Es werden Kurse in Metrologie, Norma-lisierung und Kalibrierung durchgeführt.Es werden Beratungen und Gutachtenfür den Bereich der Ingenieurgeodäsieangeboten.

Erneuerung der geodätischenFestpunktnetze

ETRS89

Die Vervollständigung des ETRS89 basiert

Abb. 6: Forschungsinstitut für Geodäsie, Topographie und Kartographie

STAATLICHESZENTRUM

FÜR METROLOGIE,INGENIEUR-GEODÄSIE

ÖKONOMISCHEABTEILUNG

DIREKTOR

SEKRETARIAT

GEODÄSIE UNDGEODYNAMIK

GEOGRAPHISCHEINFORMATIONS-SYSTEME UND

KATASTER

INFORMATIONS-CENTER

WISSENSCHAFTLICHERBEIRAT

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- 9 - ermessung Brandenburg

auf mehreren in den Jahren 1991 - 1994durchgeführten GPS-Beobachtungskampa-gnen, nämlich:$ EUREF-CS/H/91, die vom damaligen

Institut für Angewandte Geodäsie inFrankfurt am Main organisiert wurde. Eswurden 3 Punkte in der TschechischenRepublik, 3 in der Slowakei und 5 inUngarn gemessen. Die Beobachtungenwurden im Referenzsystem ETRF-89ausgewertet.

$ CS-NULRAD-92, ein nationales Netzder nullten Ordnung als erste Verdich-tungsstufe von EUREF, das vom Lan-desvermessungsamt Prag und dem For-schungsinstitut für Geodäsie, Topogra-phie und Kataster organisiert wurde mit10 Punkten in der Tschechischen Repu-

blik und 9 Punkten in der Slowakei. DieMessungen wurden in EUREF-89 aus-gewertet unter Einbeziehung von 6 fes-ten EUREF-Punkten in beiden obenge-nannten Staaten und einigen zusätzli-chen IGS Stationen.

$ CS-BRD-93 – Anschlussmessungen zwi-schen Tschechien und Deutschland mit6 Punkten in der Tschechischen Republik.

Nationales GPS Grundnetz DOPNUL– zweite Netzverdichtung von EUREF

Die DOPNUL-Kampagne wurde vom Lan-desvermessungsamt organisiert und wäh-rend der Jahre 1994 – 1995 verwirklicht.Es wurden insgesamt Koordinaten von 176trigonometrischen Punkten im SystemETRF-89 mit Hilfe von GPS in 8 Beobach-

Abb. 7: Anordnung der Stationen von ERTS89

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tungskampagnen bestimmt und im For-schungsinstitut für Geodäsie, Topographieund Kartographie mit Hilfe von BERNE-SE 3.5 und VUGNET Software bearbeitet.Eine weitere Verdichtung von DOPNULwurde im Jahre 1995 begonnen und wirdmit der Bestimmung von etwa 4 000 Fest-punkten im Jahre 2006 beendet werden.

Zweite Verwirklichung von ETRS89– das System S-JTSK/95

Aufgrund der Koordinaten von 176 Statio-nen des Nationalen Referenznetzes in denSystemen ETRF-89 und S42/83 sind etwa29 000 trigonometrische Punkte durch dieTransformation vom S42/83 in das ETRF-89 System neu berechnet worden. Dadurchstrebte man ein verbessertes System für diezivilen Unterlagen der großmaßstäbigenKarten im üblichen KoordinatensystemSJTSK/95 an. Die Koordinaten wurden mitlinearen Raum- und ebenen Transformatio-nen aus dem “alten” JTSK- System abge-leitet.

Nationales Geodynamisches Netzder Tschechischen Republik –GEODYN, örtliche geodynamischeNetze

Das GEODYN-Netz besteht aus 32 Punk-ten. Die meisten davon sind Nivellements-punkte mit einer speziellen tief eingebrach-ten Festlegung. Seit Frühling 1995 wurdenvier wiederkehrende GPS-Beobachtungs-kampagnen in diesem Netz durchgeführt.Während der Jahre 1995 – 1997 wurdenalle dazu gehörenden Punkte neu einnivel-liert und von 1996 – 1998 mit genauen re-lativen Schweremessungen mit Anschlüs-sen an absolute Schwerestationen angebun-den. Das GEODYN dient als Referenzrah-men für vier Überwachungsnetze, die inTschechien vorhanden sind.

Staatliche Kartenwerke in analogerForm

In Übereinstimmung mit dem Gesetz Nr.200/1994 über die Landesvermessung, istdas Tschechische Amt für Landesvermes-sung und Kataster für die Zusammenfüh-rung, Erneuerung, Herausgabe, den Druckund die Verbreitung des Staatlichen Grund-kartenwerks und einiger thematischerStaatskartenwerke verantwortlich. Diesebedecken das ganze Gebiet der Tschechi-schen Republik. Der Regierungserlass Nr.116/1965 hat die für den zivilen Gebrauchbestimmten Staatskartenwerke in folgenderWeise definiert:

Großmaßstäbige Kartenwerke

$ Katasterkarten in den Maßstäben1 : 1 000, 1 : 2 000, 1 : 2 880, 1 : 5 000,

$ Abgeleitete Staatskarte 1 : 5 000(16 000 Kartenblätter)

Mittelmaßstäbige Grundkarten

$ Grundkarte der Tschechischen Republik1 : 10 000 (4 573 Kartenblätter), neueAusgabe durchschnittlich nach 8,5 Jah-ren,

$ Grundkarte der Tschechischen Republik1 : 25 000 (787 Kartenblätter), eine neueAusgabe erfolgt entsprechend der Er-neuerung der Grundkarten 1 : 10 000,

$ Grundkarte der Tschechischen Republik1 : 50 000 (217 Kartenblätter), neueAusgabe in regulären Zeitabständen von5 Jahren,

$ Grundkarte der Tschechischen Republik1 : 100 000 (64 Kartenblätter), eine neueAusgabe erfolgt entsprechend der Er-neuerung der Grundkarten 1 : 50 000,

$ Grundkarte der Tschechischen Republik1 : 200 000 (19 Kartenblätter), eine neueAusgabe erfolgt entsprechend der Er-neuerung der Grundkarten 1 : 100 000.

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Mittelmaßstäbige Karten derGebietsteile

$ Karte der Bezirke der Tschechischen Re-publik 1 : 100 000 (69 Kartenblätter),

$ Karte der Kreise der Tschechischen Re-publik 1 : 200 000 (13 Kartenblätter).

Kleinmaßstäbige Karten derTschechischen Republik

$ Tschechische Republik 1 : 500 000(105 x 68,5 cm),

$ Tschechische Republik 1 : 1 000 000(55 x 37 cm).

Thematische Staatskartenwerke

$ Anordnung der trigonometrischen Punk-te und Festpunkte niederer Ordnung1 : 50 000,

$ Karten des Nivellementsnetzes 1 : 50 000, 1 : 500 000,

$ Karte der Hauptsiedlungseinheiten inder Tschechischen Republik 1 : 50 000,

$ Grundkarte der Wasserverwaltung in derTschechischen Republik 1 : 50 000,

$ Straßenkarten der Tschechischen Repu-blik 1 : 50 000, 1 : 200 000.

Andere amtliche Karten

$ Karten der Verwaltungseinteilung1 : 2 000 000, 1 : 500 000, 1 : 200 000,

$ Kartenblattverteilung des Grundkarten-werks 1 : 2 000 000, 1 : 500 000.

Fundamentale Basisder geographischen Daten(ZABAGED)ZABAGED ist ein digitales Landschafts-modell der Tschechischen Republik in vek-torieller Form (ZABAGED/1) und als Da-teien im Rasterformat (ZABAGED/2). Sei-ne Raumkomponente mit den beigefügtentopologischen Beziehungen wurde durchAbtastung, Vektorisierung und interaktive

Druckaufbereitung der erneuerten Blätterder Grundkarte im Maßstab 1 : 10 000 ab-geleitet. Die Attribute enthalten Deskripto-ren und andere Informationen über 102Objekttypen, die in 63 thematischenSchichten in die Datenbank eingegliedertwurden. Die Genauigkeit in der Lage än-dert sich je nach Objektgruppe (1 - 10 m),in der Höhe nach der Geländeneigung, derÜbersichtlichkeit des Geländes und der an-gewandten Aufnahmetechnologie (1,5 -6 m).

ZABAGED/1 arbeitet unter MicroStati-on Graphical Environment (IntergraphMGE) und ORACLE Relational Data Base.Graphische Daten werden als vektorielleDateien von der Grundlagezeichnung(192 kB je Kartenblatt) und der 2D- oder3D-Höhenlinienzeichnung (282 kB je Kar-tenblatt) im DGN-Format geliefert (siehewww.megrin.org/gddd). Die volle Bede-ckung des Gebiets der Tschechischen Re-publik wird in diesem Jahr beendet.

ZABAGED/2 sind Rasterdateien der ab-getasteten Druckfolien für eine fünffarbi-ge Grundkarte der Tschechischen Republik1 : 10 000, wobei die Version A dieschwarz-weiße Druckunterlage (400 dpi)und die Version B die digitale farbige Kartevon 200 dpi ist.

Beide Dateiarten werden jährlich für einSechstel des Staatsgebiets erneuert.ZABAGED/2 steht seit 1995 im vollenUmfang zur Verfügung.

Digitales LiegenschaftskatasterDas Tschechische Amt für Landesvermes-sung und Kataster hat entsprechend des Re-gierungserlasses Nr. 312/1993 eine voll-ständige Digitalisierung der Beschrei-bungsinformationen des Liegenschaftska-tasters bis 1998 vorgenommen. Die Trans-formation und Erneuerung aller bestehen-

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den Katasterkarten in die digitale Form sollbis 2006 erfolgen.

Die Dateien der Beschreibungsinforma-tion enthielten am Ende des Jahres 2000$ 14 376 037 Flurstücke und Gebäude-

parzellen,$ 7 059 117 Flurstücke jener Eigentü-

mer, die während der kom-munistischen Kollektivie-rung in große Geländeblö-cke zusammengeführt wur-den,

$ 7 102 579 Eigentümer und Miteigen-tümer,

$ 4 160 591 Eigentumsblätter,$ 13 648 365 Bodenauswertungen zur

sogenannten Bonitätklassi-fizierung.

Alle bestehende Katasterdaten wurden inder Zentralen Datenbank gespeichert. Derwachsende Umfang während der Jahre1994 – 2000 kann aus der folgenden Tabel-le 2 entnommen werden:

den dagegen auf etwa 66 000 Katasterkar-ten graphisch dargestellt, deren Fortfüh-rung jedoch im Jahre 1964 beendet wurde.Der Zusammenführungsprozess beider be-stehender Karten in die vektorielle Formerfordert nicht nur die Übereinstimmungbeider Kartenwerke, sondern auch eineanforderungsgemäße Erneuerung und ei-nen Datenvergleich mit der Datei der Be-schreibungsinformationen.

Die Mehrheit der für die rechnergestützteBearbeitung der Beschreibungsinformatio-nen des Katasters festgelegten Kapazitätenwurde seit 1999 auf diese Aufgabe konzen-triert. Im Dezember 2000 waren etwa 13%der Kartenblätter der digitalen Katasterkar-te vorhanden.

Die Vervollkommnung des Kataster-infomationssystemsAm 12. November 1997 hat die tschechi-sche Regierung die Errichtung eines inte-grierten Informationssystems des Katasters(1998 – 2000) mit ihrem Erlass Nr. 708/

Zentrale Datenbank 31.Dez.1994 31.Dez.1996 31.Dez.1998 31.Dez.2000

Gesamtzahl der Einträge (Mill.) 38,1 53,5 78,4 90,2

Daten über Flurstücke (Mill.) 15,5 18,9 21,1 21,4

Daten über Eigentümer (Mill.) 16,0 16,9 18,0 18,9

Zusätzliche Daten (Mill.) 6,6 17,7 39,3 49,9

Tabelle 2: Daten der Zentralen Datenbank

1997 bewilligt. Dieses ambitiöse Projektkann viele Schwachstellen des bestehendenInformationssystems des Liegenschaftska-tasters beseitigen. Es soll ein integriertesSystem für die Rechts- und Verwaltungs-daten des Katasters (Dateien der Beschrei-bungsinformationen) und die Eigentums-grenzen auf den Katasterkarten bereitge-stellt werden. Andere bedeutsame Ziele desProjekts sind eine höhere Sicherheit bei derBearbeitung, leichtere Anwendungsmög-

Seit 1997 haben sich die Katasterämterauf die Umstellung der Katasterkarten indie digitale Form konzentriert. Diese Auf-gabe hat sich als sehr kompliziert erwiesenwegen der nicht ausreichenden Homogeni-tät des Maßstabs, der kartographischen Ab-bildung und des Inhalts der bestehendenKarten. Es existieren etwa 61 000 groß-maßstäbige Karten, welche mehr Nut-zungsverhältnisse als Eigentumsverhältnis-se abbilden. Private Eigentumsrechte wur-

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lichkeit bei Rechtsveränderungen, dieMöglichkeit sich schnell an Änderungen inder Verwaltungsgliederung der Tschechi-schen Republik anzupassen und ein unmit-telbarer automatisierter Zugriff auf die Ka-tasterdaten.

Dabei wird die verteilte Bereitstellungder primären Daten beibehalten und dieNetzkapazität so festgelegt, dass Nachfra-gen und Suchen über das ganze Staatsge-biet ermöglicht werden. Mit elektronischenMitteln (Intranet, Internet) soll das SystemKatasterdaten von 112 Ortsnetzen (LAN)in den Katasterämtern und Außenstellen indie Zentrale Datenbank in Prag mit Hilfedes großräumigen Netzes (WAN CUZK)einspeisen und hierauf den Zugriff der inFrage kommenden Nutzer (z.B. Organe derStaatsverwaltung, Gemeinden, Gerichte,Polizei, Notare, Agenturen mit Liegen-schaften, beauftragte Vermessungsinge-nieure usw.) mit Hilfe von Internet (seit Juli2001) ermöglichen.

Zusammenarbeit mit dem privatenSektorDie Tätigkeit von privaten Vermessungs-ingenieuren in Tschechien wurde währendder zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahr-hunderts völlig unterdrückt. Die Messun-gen wurden fast ausschließlich laut demföderalen Gesetz Nr. 46/1971 von Staats-organisationen ausgeführt. Nach der sanf-ten Revolution von 1989 hat sich die Lageauf der Grundlage des Gesetzes Nr. 105/1990 über die private Unternehmenstätig-keit der Bürger grundsätzlich geändert. Esfehlten jedoch zunächst die nötigen Rechts-grundlagen für eine Abtrennung des priva-ten Sektors von der Staatsverwaltung imBereich der Vermessung und des Katasters.Durch eine Verfügung des ehemaligenTschechischen Amtes für Geodäsie undKartographie wurde den privaten Unter-nehmern die Anfertigung von Teilungsplä-nen und die Durchführung von Grenzab-steckungen für Katasterzwecke bewilligt.

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Abb. 8: Vernetzung der Informationssysteme

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Jahr 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000Anzahl der Teilungspläne 83,5 134,7 112,3 106,8 118,0 126,6 115,8 118,2und Grenzabsteckungen(Angabe in Tausend)

Tabelle 3: Anzahl der Teilungspläne und Grenzabsteckungen

Diese Tätigkeiten machen etwa 90% allerArbeiten der privaten Firmen und beauf-tragten Vermessungsingenieure (siehe Ta-belle 3) aus.

Das Gesetz Nr. 359/1992 über Organeder Landesvermessung und des Katastershat die Kompetenzverteilung zwischen denneu errichteten Organen der Staatsverwal-tung und dem Privatsektor festgelegt. DasGesetz Nr. 200/1994 über die Landesver-messung und das Kataster regelt, dass Ver-messungstätigkeiten nur von Personen aus-geführt werden dürfen, die dafür im vollenAusmaß qualifiziert sind, d.h. von Privat-personen, die ein Universitäts- oder Hoch-schulstudium in Geodäsie und Kartogra-phie absolviert haben und über eine ent-sprechende praktische Erfahrung verfügen.

Das Gesetz Nr. 200/1994 über die Lan-desvermessung und das Kataster hat auchfestgelegt, dass Ergebnisse der Vermes-sungstätigkeiten, die zur Einrichtung undFortführung des Katasters, für geodätischeGrundlagen und zur Herstellung der staat-

lichen Kartenwerke dienen sollen (wieauch für Vermessungsarbeiten im Bau- undTransportwesen) von einem öffentlich be-stellten Vermessungsingenieur beglaubigtwerden müssen.

Das Tschechische Amt für Landesver-messung und Kataster beaufsichtigt die öf-fentliche Bestellung der Vermessungsinge-nieure und prüft, ob diese Personen über einabgeschlossenes Universitätsstudium undeine fünfjährige praktische Tätigkeit im Ver-messungswesen verfügen. Bis zum Jahr2000 wurden 1 960 Vermessungsingenieu-re öffentlich bestellt und etwa 500 Privat-firmen in das Kommerzregister eingetragen.

Der jährliche Umsatz des privaten Sektorsim Vermessungswesen der TschechischenRepublik beträgt über 40 Millionen €.

Übersetzung: Jan Rambousek, Prag

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Heinrich Tilly

Verfassungen, Verwaltungen, VermessungVom Grenzzeichen zur Geoinformation*)

*) Überarbeitete Fassung eines Vortrags, INTERGEO®, Berlin 2000

Die Geschichte des Vermessungswesens umfasst mehr als die Geschichteeiner wissenschaftlichen Disziplin. Möglichkeiten der Ingenieurwissen-schaften beeinflussen wechselseitig gesellschafts- und ordnungspolitischeEntwicklungen. Das Eigentumssicherungssystem - als Spiegelbild rechts-politischer Ansprüche - ist dafür ein prägnantes Beispiel.

Garantie des Eigentums

Einer der geistigen Vorreiter der französi-schen Revolution war Rousseau. 1762 er-schien sein Buch „Der Gesellschaftsver-trag“. Schon die ersten Sätze des Buchesklingen wie eine Fanfare: „Der Mensch istfrei geboren und überall liegt er in Ketten.Einer hält sich für den Herrn der anderenund bleibt doch mehr Sklave als sie.“ Undnun stellt Rousseau eine Frage: „Wie istdieser Wandel zustande gekommen? Ichweiß es nicht ...“ Sieben Jahre zuvor hatteRousseau noch eine Antwort auf diese Fra-ge: Es war das Privateigentum.

In seinem 1755 erschienenen Diskursüber den Ursprung der Ungleichheit unterden Menschen beginnt er im zweiten Teil:„Der erste, der ein Stück Land eingezäunthatte, und dreist sagte: das ist mein und soeinfältige Leute fand, die das glaubten, derist der wahre Begründer der bürgerlichenGesellschaft gewesen. Wie viele Verbre-chen, Kriege, Morde, Leiden und Schre-cken würde einer dem Menschenge-schlecht erspart haben, hätte er die Pfähleherausgerissen oder den Graben zugeschüt-tet und seinesgleichen zugerufen:

Hört ja nicht auf diesen Betrüger. Ihr seidverloren, wenn ihr vergesst, dass die Früch-te allen gehören und die Erde niemandem.“So Rousseau 1755. Sieben Jahre später hatRousseau gelernt und einsehen müssen, dasssich das Privateigentum nur schwer abschaf-fen lässt. Zu stark waren die Widerstände.So musste wenigstens die Rechtmäßigkeitund damit auch die Garantie des Eigentumswiederhergestellt werden. Rousseau hat sichmit seiner Philosophie der direkten Demokra-tie nicht durchgesetzt. Zum Glück werdenjetzt die Liegenschaftskatasterfachleute sa-gen, denn das war zu radikal und wäre es sogekommen, dann hätte sich eine gesamteFachdisziplin nicht entwickeln können.

Aber auch die Gesellschafts- und Rechts-geschichte hat in den letzten 250 Jahrenimmer deutlicher gezeigt, dass das Eigen-tum ein elementares Grundrecht ist, das ineinem inneren Zusammenhang mit der Ga-rantie der persönlichen Freiheit steht. Ih-ren Durchbruch erzielten die Individual-rechte in der amerikanischen Verfassungvon 1787. In ihr wurde die Unverletzlich-keit der wirtschaftlichen Privatsphäre, desBesitzes und des Eigentums garantiert.

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Die Geschichte der Verfassung, desVerwaltungsrechts und dieAuswirkung auf die Verwaltung

Die Verfassungen in der Geschichte habenwesentlich den Charakter des Verwaltungs-rechts und der Verwaltung bestimmt. Diein der Verfassung zum Ausdruck kommen-den Entscheidungen über den Staat, überseine Aufgaben und seine Kompetenzensowie über sein Verhältnis zu den Bürgernmüssen sich in der Verwaltung niederschla-gen, wenn sie Wirklichkeit werden sollen.Verwaltung ist gelebte Verfassung, somithat jede Verfassungsepoche ihren eigenenVerwaltungstyp.

Das Eigentumsrecht in derVerfassungsgeschichte

In Deutschland wie im übrigen westlichenEuropa hat auf der Basis der römischen Ei-gentums-Rechtsauffassung das Privatei-gentum immer unter starkem staatlichenSchutz gestanden. Im Artikel 9 der Preu-ßischen Verfassung wurde festgelegt: „DasEigentum ist unverletzlich. Es kann nur ausGründen des öffentlichen Wohles gegenvorgängige, in dringenden Fällen wenigs-tens vorläufig festzustellende Entschädi-gungen nach Maßgabe des Gesetzes entzo-gen oder beschränkt werden.“ Die LänderWürttemberg, Baden, Sachsen und Bayernlegten diese Eigentumsgarantie in ähnli-cher Weise fest. Die Reichsverfassung von1871 hatte keine vergleichbaren Vorschrif-ten für die Garantie des Eigentums. Einzel-ne Artikel verliehen dem Reich aber dasRecht, Eigentumsbeschränkungen festzu-legen, z.B. die Möglichkeit, Eisenbahnun-ternehmen das Enteignungsrecht zu verlei-hen.

Die in Weimar 1919 beschlossene Reichs-verfassung garantierte wiederum ein Ei-gentumsrecht in Artikel 153: „Das Eigen-

tum wird von der Verfassung gewährleis-tet, sein Inhalt und seine Schranken erge-ben sich aus den Gesetzen. Eine Enteig-nung kann nur zum Wohle der Allgemein-heit und auf gesetzlicher Grundlage vorge-nommen werden.“ Hier wurde die Preußi-sche Eigentumsgarantie übernommen,ebenfalls abgeschwächt, weil sie unter denVorbehalt von Enteignungsgesetzen gestelltwar. Der Absatz 3 des Artikels 153 deute-te auf eine Minderung des Eigentumsrechtshin: „Eigentum verpflichtet. Sein Ge-brauch soll zugleich Dienst sein für das all-gemeine Beste.“ Darin kann der Beginn derSozialpflichtigkeit des Eigentums gesehenwerden.

Der Nationalsozialismus setzte die Wei-marer Verfassung außer Kraft, ohne eineneue Verfassung hervorzubringen. Führer-anweisungen hatten Verfassungsrang undGesetzeskraft. Das dritte Reich hat für sei-ne politischen und militärischen Zweckedie Enteignungsmöglichkeiten der Weima-rer Verfassung kräftig ausgenutzt.

Im Grundgesetz der Bundesrepublikwird die Eigentumsgarantie in Artikel 14wiederholt. Damit wird im Grunde die Ga-rantie des Eigentums der Weimarer Verfas-sung fortgesetzt und zwingend jede Enteig-nung an eine Entschädigung geknüpft. Je-dem Privateigentümer wird ein individuel-les Abwehrrecht gegen willkürliche staat-liche Eingriffe zuerkannt, dessen Grenzenallerdings durch die Sozialpflichtigkeit desEigentums sowie durch die Möglichkeit desGesetzgebers beschränkt werden, generelleAuflagen für das Eigentum zu machen.

Gesetzgebung und Verwaltung liegengleichsam in einem Koordinatensystem derVerfassung und der prägenden Umwelt. So-mit liegt es auf der Hand, dass sich Ver-fassungsumwälzungen auf die Verwaltung

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auswirken aber das geschieht in der Regelnicht sofort, sondern mit zeitlichen Verzö-gerungen, da ihre Konsequenzen für dasVerwaltungsrecht ermittelt und verwirk-licht werden müssen. Soweit eine allgemei-ne Betrachtung. Das soll im Folgenden et-was mehr konkretisiert werden, indem diewesentlichen Epochen der Verwaltungsge-schichte mit der beginnenden Neuzeit be-schrieben werden.

Die Verwaltung im Absolutismus des17. und 18. Jahrhunderts

Im 17. Jahrhundert gelang es den Monar-chen und Fürsten sich in der Auseinander-setzung mit dem Adel aus den Bindungendes Ständerrechts zu lösen, die Staatsge-walt wurde ausgebaut und alle staatlichenBedürfnisse in der Person des Monarchenoder Fürsten vereint. Sie stützten sich inihrer Machtausübung auf das Beamtentumund das stehende Heer. In dieser Zeit nahmdie Verwaltungstätigkeit an Umfang undIntensität erheblich zu. Sie griff nicht nurreglementierend und befehlend in das ge-sellschaftliche und wirtschaftliche Lebenein, sondern auch fördernd und helfend inallen sozialen Belangen. Daher wurde derabsolute Staat in dieser Zeit auch als Wohl-fahrtsstaat oder Polizeistaat bezeichnet,wobei die Polizei den gesamten Bereich derinneren Verwaltung abdeckte. Der Staat indieser Zeit zeichnete sich durch eine um-fassende aber auch rechtlich ungebundeneVerwaltung aus.

Die Verwaltung im liberalen Rechts-staat des 19. Jahrhunderts

Das liberale Bürgertum wandte sich im 19.Jahrhundert gegen die Bevormundung desStaates. So wurde die Reduzierung der staat-lichen Verwaltungstätigkeit auf den Be-reich der Abwehr von Gefahren für die öf-

fentliche Sicherheit und Ordnung gefor-dert. Der private, gesellschaftliche und wirt-schaftliche Bereich sollte dem Prinzip desfreien Wettbewerbs überlassen bleiben.Ausdruck und Höhepunkt dieser Entwick-lung ist die 1869 erlassene Gewerbeord-nung, die die Gewerbefreiheit postulierteund nur wenige durch die Gefahrenabwehrmotivierte Beschränkungen und Eingriffezuließ.

Den Übergang vom Polizeistaat zum li-beralen Rechtsstaat charakterisiert in ein-drucksvoller Weise das sogenannte Kreuz-bergurteil. Hier handelt es sich nicht um diein Berlin erlebten langen Nächte in Kreuz-berg, sondern um das Kreuzbergdenkmal.Dieses wurde 1821 zum Andenken an dieBefreiungskriege am südlichen Ende vonBerlin auf einem Sandhügel erbaut. Nach-dem zum Norden, also in Richtung Stadt,schon alles mit mehrstöckigen Mietskaser-nen zugebaut war, erließ der Polizeipräsi-dent 1879 eine Verordnung, „dass nur nochVillen im Südteil gebaut werden solltenund somit die Aussicht des Denkmals nichtbeeinträchtigt wird“. Aufgrund dieser Ver-ordnung wurde 1881 ein Bauantrag für einvierstöckiges Mietshaus abgelehnt. DerPolizeipräsident sagte, zur öffentlichenOrdnung gehöre alles, was die Interessendes öffentlichen Wohles angeht, also auchdie Sorge für die richtige Wirkung desDenkmals. Nein, sagte das PreußischeOberverwaltungsgericht. Öffentliche Ord-nung heißt nicht, für das öffentliche Wohlzu sorgen. Die Polizei darf nur eingreifen,wenn ein wirklicher Schaden droht. Daswar - in der Rechtsprechung zum Verwal-tungsrecht - die Wende vom absolutisti-schen Wohlfahrtsstaat zum bürgerlichenRechtsstaat. Die Polizei hatte nicht dieAufgabe, für allgemeine Glückseligkeit zusorgen, sondern sollte Gefahren abwehren.

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Die Verwaltung im sozialen Rechts-staat des 20. Jahrhunderts

Der Staat hat auch im 19. Jahrhundert nie-mals völlig auf die Entwicklung der wirt-schaftlichen und sozialen Bereiche ver-zichtet. Nachdem dieses aber in den Jahr-hunderten zuvor eine recht übersichtlicheAngelegenheit war, wurde der Staat imÜbergang vom 19. in das 20. Jahrhundertimmer stärker gefordert. Die zunehmendeIndustrialisierung und Technisierung, dieZusammenballung vieler Menschen aufengem Raum in Großstädten auf der einenSeite, andererseits aber auch die steigendenBedürfnisse und die wachsenden Ansprü-che des Einzelnen forderten die sozialeAktivität des Staates. Die damit begonne-ne Ausweitung und Steigerung der Verwal-tungstätigkeit hat dazu geführt, dass derheutige Staat als „Verwaltungsstaat“ be-zeichnet wird. Einher ging aber auch - unddas darf nicht unerwähnt bleiben - einegroße Aktivität auf dem Gebiet der Gesetz-gebung und der Rechtsprechung, welchedie Verwaltungstätigkeiten leiten und bin-den.

In diesem Zusammenhang weise ich aufden von Forsthoff geprägten Begriff der„Daseinsvorsorge“ hin. Die Tätigkeiten desVermessungswesens werden sehr häufigmit diesem Begriff in Verbindung ge-bracht. Forsthoff hat mit seiner 1938 er-schienenen Schrift „Die Verwaltung alsLeistungsträger“ als erster auf die Entwick-lung zur Leistungsverwaltung hingewie-sen. Der Begriff der Daseinsvorsorge ist in-zwischen zum Allgemeingut geworden. Erist aber hinsichtlich seines inhaltlichenUmfangs als auch hinsichtlich seiner juris-tischen Relevanz immer umstritten gewe-sen. Ich habe allerdings den Eindruck, dassdieser Streit mit der jeweiligen Haushalts-lage des Staates korreliert.

Entwicklung der Geodäsie

Nach der bisher doch recht allgemeinengeschichtlichen Betrachtung - die aberschon deutlich den Einfluss auf unsereFachdisziplin zu erkennen gibt - möchte ichnun kurz, gleichermaßen zur Erinnerungund zur Auffrischung, die Entwicklung derGeodäsie, der Landesvermessung und desLiegenschaftskatasters beschreiben. Hiergeht es aber nicht in erster Linie um dieDarstellung der technisch-wissenschaftli-chen Entwicklung, die Ihnen sicherlich ge-läufig ist, sondern um den Versuch einerBeschreibung der Wechselwirkung derRechts- und Gesellschaftsentwicklung ei-nerseits und deren Einfluss auf das Ver-messungswesen andererseits.

Für die Entwicklung der Geodäsie kommtseit dem 19. Jahrhundert ein wichtiger Ein-fluss hinzu. Im Zeitalter der Industrialisie-rung nahmen der Staat und die Wirtschaftimmer mehr die Wissenschaft und die Tech-nik in ihren Dienst. Bisher war das staatli-che Interesse über die wissenschaftlichenGesellschaften und Wissenschaftsakade-mien umgesetzt worden. Dies galt auch fürdie geodätischen und astronomischen Frage-stellungen. Für die Kartographie und die an-gewandte Geodäsie erfolgte die Interessens-wahrnehmung überwiegend über militäri-sche Institutionen. Durch die Industrialisie-rung fand ein deutlicher Einfluss auf diemessenden Wissenschaften statt. Ein Ein-fluss ganz direkter Art, in dem neue produk-tionswirksame Techniken und neue Werk-stoffe auch Fortschritte im Instrumentenbauverursachten. In den Werkstätten der Instru-mentenhersteller kamen bei erhöhten An-sprüchen an Optik und Feinmechanik neuewissenschaftliche Prinzipien zur Anwen-dung. In dieser Zeit wurden der Basismessap-parat, das Revisionspendel, Passageinstru-ment und Repetitionstheodolit entwickelt.

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Es kann kein Zufall sein, dass gerade inden ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhun-derts in Astronomie und Geodäsie gleicher-maßen die Methode der kleinsten Fehler-quadrate und damit das adäquate fehler-theoretische Mittel für messende Wissen-schaften entwickelt wurde. Durch die Me-chanisierung des Messvorgangs war es nunmöglich, die Anzahl der Beobachtungenbeliebig zu erhöhen. Somit wurde über dieZauberformel der Ausgleichungsrechnungder mittlere Fehler immer kleiner.

Wenn nun mal die INTERGEO® in Ber-lin stattfindet, dann ist es naheliegend, zweiNamen zu erwähnen, die mit der Geschich-te der Geodäsie im Berliner Raum unmittel-bar verbunden sind. Zunächst einmal Jo-hann Jacob Baeyer, der in seinem langenschöpferischen Leben die Geodäsie im Ber-liner Raum, in Preußen, in Europa und inder ganzen Welt nachhaltig beeinflusst hat.J. J. Baeyer war ein Verehrer und Freundvon Alexander von Humboldt.

Im Sinne von Humboldt hat er dabei dieGeodäsie stets als Teil der Gesamtheit ge-sehen und sowohl den Erkenntnisaspekt alsauch die praktische Nutzanwendung in derGesellschaft hervorgehoben. Sein Nachfol-ger Friedrich Robert Helmert hat diese Ar-beiten nicht nur fortgesetzt, sondern wis-senschaftlich vertieft und in den interdis-ziplinären geowissenschaftlichen Zusam-menhang gestellt. Ihnen beiden ist es zuverdanken, dass der Raum Berlin/Potsdamin der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundertszu einem Zentrum der Geodäsie wurde. InPotsdam entstand in den Jahren 1889 bis1892 das Geodätische Institut. Vergleichba-re astronomische, meteorologische undgeomagnetische Observatorien gab es zwarschon hier und da, eine solche geodätischeForschungsstelle, ausgestattet mit so vie-len speziellen Messanlagen für Länge,

Winkel, Schwere, astronomische Örter undZeit aber nicht. Die Bezeichnung „Mekkader Geodäten“ entstand und machte welt-weit die Runde.

Heute ist auf dem Telegrafenberg inPotsdam das GeoForschungsZentrum mitrund 500 Mitarbeitern untergebracht. Es istein würdiger Nachfolger des GeodätischenInstituts und hat heute schon nach achtjäh-riger Tätigkeit einen internationalen Na-men.

Geschichte der Landes-vermessung, föderal, zentral

Das von Bismarck gegründete Reich von1871 war seiner Verfassung nach ein Bun-desstaat, bestehend aus 22 Einzelstaaten. DieZuständigkeit für das öffentliche Vermes-sungswesen blieb auch weiterhin bei denLändern. Somit war es auch weiterhin - be-dingt durch die historische Entwicklung -unterschiedlich gestaltet.

Die notwendig gewordene Landestrian-gulation des norddeutschen Raums veran-lasste Preußen, sparsam wie es war, die Zu-ständigkeit für die Landesaufnahme auf dasReich vorzuschlagen. Generalfeldmar-schall Moltke schloss sich diesem Vor-schlag an und verfasste eine Denkschrift.Bismarck lehnte jedoch aus Budgetgrün-den ab; er sah den Widerstand der Ländergegen die Zuschüsse voraus, die diese hier-für dann an das Reich hätten entrichtenmüssen. Es folgte daraufhin als kleine Lö-sung die Gründung der preußischen Lan-desaufnahme im Jahr 1875. Sie wurde vomReichshaushalt getragen, unterstand jedochorganisatorisch und personell dem Chef despreußischen Generalstabs.

Es gibt nur zwei Begebenheiten, bei wel-cher im Kaiserreich auf dem Gebiet des Ver-messungswesens reichseinheitlich vorge-gangen wurde. Moltke forderte ein einheit-

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liches Kartenwerk im Maßstab 1:100 000für das gesamte Reichsgebiet, welchesletztlich dann 1878 durch ein Abkommender Länder Preußen, Sachsen, Bayern undWürttemberg erfüllt wurde.

Kein Berlinbesuch ohne Hinweis auf denNormalhöhenpunkt, der an der Sternwartein Kreuzberg reich verziert als Marke her-gestellt wurde. Der offizielle Normalhö-henpunkt für das Königreich Preußen istnach Kommissionsempfehlung als obliga-torischer Normalnullpunkt eingeführt wor-den. Alle Ministerien stimmten dem zu, nurnicht das Ministerium der geistlichen, Un-terrichts- und Medizinalangelegenheiten.Dieses lehnte durch seinen Vertreter, denPräsidenten des Geodätischen Instituts,Generalleutnant Baeyer, die Einführungab, weil es den Swinemünder Pegel (mittle-res Ostseewasser) favorisierte. Die förmlicheÜbergabe fand dann letztlich zum Geburts-tag des Kaisers am 22. März 1879 statt. Sonach und nach wurden dann sämtlicheHöhenmessungen der deutschen Staaten andas Preußische Normalnull angeschlossen,so dass man auch in diesem Punkt von ei-ner Reichseinheitlichkeit sprechen konnte.

Die Vermessungsbehörden der Länderhatten somit jede für sich ein Vermessungs-wesen eingerichtet und lebten mit diesem.In den frühen Jahrgängen der ZfV tauchenaber immer wieder Veröffentlichungen auf,die eine Reichseinheitlichkeit forderten.Der langjährige Hauptschriftleiter der ZfV,Prof. Jordan, beklagt in mehreren Veröf-fentlichungen das Gewirr von etwa 50 Ko-ordinatensystemen in Deutschland und for-derte ein Geodätisches Reichsamt.

Um dennoch die von allen Seiten ange-strebte Einheitlichkeit in Fachfragen ein-schließlich der Ausbildung zu fördern, wur-de in der Weimarer Republik 1921 unterder Obhut des Reichsministers des Innern

der Beirat für das Vermessungswesen ge-bildet. Der aus Vertretern aller beteiligterdeutscher Staaten gebildete Beirat löste dasseit 51 Jahren bestehende „Central-Direk-torium der Vermessungen im PreußischenStaate“ ab. Dies wurde erforderlich, weilinfolge des Versailler Vertrags die bis da-hin militärisch organisierte Landesaufnah-me zivil weitergeführt werden musste unddie personell stark dezimierte Reichswehrdie Aufgaben der Landesaufnahme über-haupt nicht übernehmen konnte. Der Bei-rat sorgte für die Einführung des Gauß-Krüger-Koordinatensystems und für dieweitere Vereinheitlichung der Geodäti-schen Grundlagen der Landesvermessung.In Preußen wurde das Gauß-Krüger-Koor-dinatensystem 1927 offiziell eingeführt.

Nachdem ab 1933 durch den National-sozialismus das deutsche Reich nach undnach aus einem demokratischen Bundes-staat in einen zentralen Führerstaat umge-wandelt war, wurde auch das Vermes-sungswesen diktatorisch aus der Zuständig-keit der Länder in die des Reiches über-führt. Eines Beirats aus Ländervertreternbedurfte man nicht mehr. Ab 1933 war sei-ne Arbeit ohnehin zum Erliegen gekom-men, er wurde durch eine Verordnung 1935aufgelöst.

Die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg isterlebte Geschichte. Die DDR behielt diegetrennte Aufgabenwahrnehmung bei. DasLiegenschaftskataster war nach Auflösungder Länder bei den Räten der Bezirke an-gesiedelt, die Landesvermessung und dieIngenieurvermessungen bei den volkseige-nen Betrieben, die sich dann ab 1971 zumKombinat für Geodäsie und Kartographievereinten.

Im westlichen Teil Deutschlands war esbei den Beratungen zum Grundgesetz um-stritten, ob das Vermessungswesen in die

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ausschließliche Gesetzgebung des Bundesaufgenommen wird oder nicht. Noch zurdritten Lesung der Gesetzgebungskompe-tenzen im Jahr 1949 wurde eine Eingabedes „Beirats für das Vermessungswesen inder Britischen Zone“ von der SPD vorge-bracht, die das Vermessungswesen in denKatalog der Vorranggesetzgebung aufge-nommen wissen wollte. Diese Eingabewurde aber nicht mehr behandelt. Das Ver-messungswesen fiel in die Zuständigkeitder Länder.

1948 ist die Arbeitsgemeinschaft der Ver-messungsverwaltungen (AdV) gegründetworden. Im Rahmen ihrer Möglichkeitenhat die AdV im Laufe der vergangenen Jahr-zehnte sehr viel dazu beigetragen, bundes-einheitliche Verfahrensfragen einvernehm-lich zu regeln.

Die Preußische Katasterver-waltung - Diener mehrerer HerrenDer Ursprung eines Teils des heutigen Ver-messungswesens ist die preußische Katas-terverwaltung und die königlich preußischeLandesaufnahme. 1931 stellte der damali-ge Finanzminister fest: Die Katasterver-waltung sei mit der Geschichte des preu-ßischen Staats eng verbunden und in ihrseien stets die hervorragenden Eigenschaf-ten des preußischen Beamtentums vertretengewesen. Inwieweit Preußen damals Vor-bild für die anderen Länder war, beantwor-tete der Volksmund aus der damaligen Zeit:Die Preußen machen die Gesetze, dieSchwaben befolgen diese und die Bayernlachen darüber. Kurz zur Erinnerung: 1861erfolgte die Grundsteuerreform. Die Bemü-hungen um eine gerechte Grundsteuer sindauch in diesen Jahren wieder aktuell. Er-neut nehmen die Vermessungsverwaltun-gen in den zur Zeit diskutierten Lösungs-modellen eine Schlüsselposition ein. Dies-

mal ist es nicht das Kataster, sondern essind die Gutachterausschüsse, deren Arbei-ten in den unterschiedlichen Reformmodel-len eine wichtige Rolle spielen. Damalswar der Hintergrund die allgemeine Unzu-friedenheit über die verschiedenartigenunterschiedlich hohen Grundsteuererhe-bungen in den einzelnen Landesteilen.Aber auch vor dem Hintergrund der beab-sichtigten Militärreorganisation sollte dieGrundsteuerreform bereits zum 1.01.1865in Kraft treten.

Für die beiden westlichen Provinzen despreußischen Staates, Rheinland und West-falen, bedeutete das seinerzeit eine Erneue-rung des dort seit dem Abschluss der Ur-messung (1818 - 1834) vorhandenen Grund-steuerkatasters. In den sechs östlichen Pro-vinzen Brandenburg, Sachsen, Schlesien,Posen, Pommern und Preußen (von 1824 -1878 bildeten Ost- und Westpreußen eineProvinz), musste ein solches Kataster neuaufgestellt werden. Fachgerechte und ein-heitliche Neuvermessungen der sechs öst-lichen Provinzen waren zeitlich nicht mög-lich. Dieses ist allgemein bekannt. Durchden Verzicht auf die Vermessung der Ein-zelgrundstücke in den bebauten Teilen derStädte und Dörfer, weil von ihnen keineGrundsteuer, sondern die besondere Ge-bäudesteuer erhoben werden sollte, ent-standen die sogenannten ungetrenntenHofräume, an deren Auflösung heute nochgearbeitet wird.

Der jungen Katasterverwaltung wurdennach 1865 recht bald neue, teilweise sehrumfangreiche Aufgaben zugewiesen:$ Umrechnung der bisherigen Flächenan-

gaben in metrische Werte$ Ab 1872 Bereitstellung der Unterlagen

für die Anlegung des Grundbuchs$ Turnusgemäße Gebäudesteuerrevision$ Mitwirkung bei der alle drei Jahre statt-

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findenden Veranlagung der Ergänzungs-steuer sowie Anlegung umfangreicherKaufpreissammlungen

Im Laufe der Zeit wurden die technischenEntwicklungen in den neuen Verwaltungs-vorschriften aufgegriffen. Die Ergebnisse- insbesondere die Erneuerung des Liegen-schaftskatasters - ließen jedoch zu wün-schen übrig. Die katastertechnischen Ar-beiten mussten immer hinter den Aufgabensteuerlicher Art zurücktreten. So wurde so-gar die regelmäßige Einmessung aller neu-en Gebäude durch die Katasterämter „zurGeschäftsvereinfachung“ im Jahre 1892 ein-geschränkt und 1909 ganz aufgegeben.

Ein wichtiger Einfluss auf das Liegen-schaftskataster hatte die Einrichtung des

Grundbuchs. Es wandelte das Steuerkatas-ter in ein sogenanntes Eigentumskatasterum. In Folge der Verschiedenartigkeit desvor 1900 in Preußen geltenden bürgerli-chen Rechts erfolgte die Einführung desGrundbuchsystems in Preußen nicht in al-len Landesteilen gleichzeitig. Zur Anle-gung der Grundbücher wurden als Unter-lagen alles gesammelt, was in Frage kam:Hypothekenbücher, Schriftstücke sogar Er-klärungen der Beteiligten, Abschriften derFlurbücher und der Gebäudesteuerrollen,welche die Katasterverwaltung zu liefernhatte. Nach ihnen wurden die Grundbücherauf das Kataster zurückgeführt.

Dazu eine Bemerkung: Bei den Angehö-rigen der Vermessungsverwaltungen ist oft

Das im Deutschen Reich bis zum 1.01.1900 geltende Recht. Einzelheiten in: Deutsche Rechts-und Gerichtskarte, Ndr. 1966 (Hg. v. Diethelm Klippel)

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von der Verbindung des Liegenschaftska-tasters mit dem Grundbuch die Rede. Die-ses wird bei den Juristen ganz anders ge-sehen, sie sprechen von einer Verbindungdes Grundbuchs mit dem Kataster. Erstunlängst verglich der Vizepräsident desOberlandesgerichts in Brandenburg aufeiner Fachtagung in Potsdam die beidenEinrichtungen mit einem Vettern-Cousi-nen-Verhältnis und stritt geschwisterlicheVerbindungen ab.

Auch bei der Anlegung der Grundbücherschossen die Preußen nicht so schnell wievielleicht vermutet. Erst 1925 konnte derJustizminister mitteilen, dass für alle Be-zirke des Freistaates Preußen das Grund-buch eingerichtet ist. Aber auch danachfehlte den Grundbüchern in den östlichenProvinzen des Landes vielfach das Funda-ment: Bei den Grundstücken in den immernoch zahlreichen nicht vermessenen Orts-lagen, konnten in die Bestandsverzeichnis-se der Grundbücher keine Flurstücksnum-mern eingetragen werden, auch keine Flä-chengrößen; man hatte sich nur auf Anga-ben der Gebäudesteuerrollen beschränkenmüssen.

Nachdem der Aufbau der Grundbüchermehr oder weniger abgeschlossen war, ka-men in der Weimarer Republik neue Auf-gaben auf die Katasterverwaltung zu. DieInflation zwang den Staat, wieder Grund-steuern zu erheben. Die Veranlagung wur-de einschließlich aller Rechtsmittelverfah-ren den Katasterämtern übertragen. DieWahrnehmung dieser Aufgaben geschahunter der Bezeichnung „Der Vorsitzendedes Grundsteuerausschusses beim Katas-ter- und Vermessungsamt“. Die neuerlicheEinbindung der Katasterverwaltung in dieGrundsteuererhebung brachte umfangrei-che Arbeit, allerdings mit der Folge, dassviele originäre Aufgaben liegengeblieben

sind. Dies führte zu einer Überlastung derKatasterämter in den größeren Städten undauch zu einer entsprechenden Personalver-mehrung.

Rekordhalter in Preußen war übrigensdas Katasteramt Berlin-Mitte: Hier waren20 Vermessungsfachkräfte tätig und zu-sätzlich rund 100 Verwaltungsangestellte,die alle ausschließlich mit der Bearbeitungvon Steuerangelegenheiten befasst waren.Mitte der 30er Jahre wurden der Kataster-verwaltung erneut zusätzliche Aufgabenübertragen:$ Katastertechnische Arbeiten für die Bo-

denschätzung (1935)$ Mitwirkung am Landesgrundkarten-

werk$ Beginn der Arbeiten zur Neuaufstellung

des Katasters mit den Ergebnissen derBodenschätzung (Reichskataster).

Die Kataster- und Vermessungsämter inPreußen blieben weiterhin dem Finanzmi-nisterium unterstellt, das übrigens nach1933 als einziges Ministerium Preußensnicht mit dem entsprechenden Reichsminis-terium verbunden war.

Mit Auflösung des Preußischen Finanz-ministeriums im Jahre 1944 wurden schließ-lich durch eine Verordnung die Katasterbe-hörden aller deutschen Länder mit Wir-kung zum 1. Oktober 1944 zu Reichsbehör-den erklärt. Das bedeutete verwaltungs-rechtlich das Ende der preußischen Katas-terverwaltung also rund 80 Jahre nach ih-rer Gründung.

Funktionswandel durch GIS

Während die Entwicklung der Kataster-und Vermessungsverwaltung überwiegenddurch den Einfluss von Recht und Gesell-schaft bestimmt wurde, dominierte seit1950 mehr der technische Einfluss. Die tech-nischen Möglichkeiten insbesondere die

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Entwicklung der EDV in den letzten Jahr-zehnten bestimmten auch einen Bewusst-seinswandel in der Kataster- und Vermes-sungsverwaltung. Die Daten des Liegen-schaftskatasters sollten nicht nur wenigenklar umrissenen Anwendern dienen, son-dern möglichst vielen, ja man plante auchschon für die Zukunft: Die Daseinsvorsor-ge; der Begriff Mehrzweckkataster entstand.Ich möchte am Beispiel der Geoinformati-onssysteme demonstrieren, wie langsamdie technische Entwicklung begann und wierasant sie sich in den letzten Jahren entwi-ckelte:

$ Von 1955 bis etwa 1975 war diese Zeiteine Zeit der Pioniere, die Lösungswe-ge der Entwickler waren individuell undisoliert. Recht früh fingen die Vermes-sungsbehörden mit der Entwicklung vonKonzepten an (z.B. ALK) und mit derUmstellung von Basisdaten in digitalerForm.

$ In der Zeit von 1970 bis 1985 diente dasGIS zunächst nur als Erfassungswerk-zeug.

$ Die Jahre 1980 bis 1990 kann man alsZeit der Firmen bezeichnen; Es entstehtein GIS-Markt, die Hardware wurde leis-tungsfähig, eine Umstellung von Groß-rechnern auf Workstations findet statt.

$ Die Zeit der Nutzer fing erst Ende der80er Jahre an; GIS entwickelte sichmehr und mehr weg von Universalwerk-zeugen hin zu einem System, das mo-dular aufgebaut war und einen Werk-zeugkasten darstellte, der jeweils an Be-nutzerwünsche angepasst werdenkonnte.

$ Ab Mitte der 90er Jahre begann die Zeitdes offenen Markts; Angebot undNachfrage statt behördlicher Vorgabenund Großprojekte bestimmen jetzt den

Markt sowohl für GIS-Software als auchfür Geodaten.

Folgerung für die Vermessungsverwal-tungen: Nutzerbelange aufgreifen, Geoba-sisdaten definieren, Verfahrensintegrationin standardisierte Techniken.

Fachpolitische Lösungskompetenzist ein knappes Gut

Zum Schluss möchte ich die Gegenwart mitder Feststellung umschreiben, dass fach-politische Problemlösungskompetenz einknappes Gut ist. Ich versuche dieses an-hand von drei Strukturerscheinungen, diegegenwärtig die Gestaltungsfähigkeit derPolitik beeinträchtigen, darzulegen.

Voranschreitende Verrechtlichungdes Lebens

Quantitativ und qualitativ gibt es zur mo-dernen Verrechtlichungstendenz kaum eineAlternative. Nahezu alle Lebensverhältnis-se sind durch rechtliche Regeln geordnet.Eine systematische juristische Disziplin der„Deregulierung“ gibt es nicht. Der Zug zurVerrechtlichung und zur Verfeinerung derRechtsordnung spiegelt sich auch in derRechtsprechung wieder. Kuriose Ausufe-rungen sind hinlänglich bekannt wie z.B.das vor wenigen Jahren in Sachsen gespro-chene Urteil. Hier legte das Gericht denGrenzabstand auf zehntelmillimeter genaufest, eine um Haaresbreite gefällte Entschei-dung. Neben diesen lokalen Erscheinungenist die Verfassungsrechtsprechung natür-lich wesentlich bedeutsamer, da sie in alle„Lebensbereiche“ mit hervorgehobenen Ver-bindlichkeitsanspruch hineinwirkt. Mittler-weile haben wir über 100 Bände der amtli-chen Entscheidungssammlung des Bundes-verfassungsgerichts. Hier finden sich eineFülle von teilweise sehr engmaschigen Vor-gaben für die Gestaltungsaufgaben des Ge-

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setzgebers. Die Logik der Verrechtlichungverschärft sich, weil der Gesetzgeber ver-fassungsrechtliche Vorgaben nicht ohneweiteres ändern kann.

Der Ruf nach dem schlanken Staat

Der Ruf nach dem schlanken Staat, nachder Privatisierung von Staatsaufgaben usw.führt in der Summe dazu, dass das Ver-ständnis für notwendige Staatsaufgabenabnimmt. Der Maßstab für die Qualität despolitischen Handelns reduziert sich bei die-sen Ansätzen nur auf die Wirtschaftsfrage.Die Politik ersetzt dabei immer häufiger dieGemeinwohlorientierung durch ökonomi-sche Effizienz. Damit verliert sie zugleich ihroriginäres Kennzeichen und wird verwech-selbar. Es entsteht das Bild eines weitge-hend staatsfernen auf die Mechanismen derSelbstregulierung gebauten Gemeinwesens.

Zunehmende Finanzknappheit

Die finanziellen Spielräume werden nichtzuletzt durch die Staatsverschuldung enger.Der Staat wird - jenseits aller Ideologien -faktisch gezwungen, sein Leistungsangeboteinzuschränken. Der Spielraum für Politiknimmt dadurch in kostenintensiven Berei-chen ab. Zusätzlicher Gestaltungsspielraummuss vor allem durch Einsparung gewon-nen werden. Trotz des sogenannten Diktatsder knappen Kassen bleibt die Entschei-dung, in welchen Bereichen gespart wirdund wo nicht, eminent politisch.

Wir erkennen, dass durch diese aufge-zählten Strukturprobleme die Gestaltungs-fähigkeit der Politik beeinträchtigt wird undsomit auch die fachpolitische Problemlö-sungskompetenz zunehmend ein knappesGut wird. In diesem Sinne habe ich bewusstdie Problembereiche allgemein gehalten

und überlasse es dem Leser, diese mit sei-ner beruflichen Wirklichkeit widerzuspie-geln.

Literaturverzeichnis und Quellen-angabe

Albrecht, Oskar: Der Beirat für das Ver-messungswesen im Deutschen Reich,Bayerische Akademie der Wissenschaf-ten, Reihe E, Heft 21, München, 1984

Bialas, Volker: Die Geodäsie und ihre Ge-schichte – wissenschaftstheoretischeAspekte, Bayerische Akademie derWissenschaften, Reihe E, Heft 22, Mün-chen, 1984

Buschmann, Ernst: „Einst auf dem Potsda-mer Telegrafenberg“, VermessungBrandenburg, 1996, Heft 2, S. 5ff

Hamer, Eberhard, Gebhardt, Reiner:Grund- und Immobilieneigentum in derMarktwirtschaft, Ullstein, Berlin-Frank-furt am Main, 1996

Huber, E.: Dokumente zur deutschen Ver-fassungsgeschichte, Bd. 3, Stuttgart

Krauß, Georg, Harbeck, Rolf: Die Ent-wicklung der Landesaufnahme, Wich-mann, Karlsruhe, 1985

Krüger, Gert, Schnadt, Jörg: Die geodäti-schen Jahrhunderte, Berlin-Branden-burg im Kartenbild, Katalog zur Aus-stellung, hg. v. W. Scharfe u. H. Scheer-schmidt, Staatsbibliothek zu Berlin,2000

Ufer, W.: „Zur Geschichte der preußischenKatasterverwaltung“ NÖV-NRW,1992/1

Wesel, Uwe: Geschichte des Rechts, Beck,München, 1997

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Die Entwicklung der geodätischenGrundlagen für die Kartographie und dieKartenwerke 1810 -1945*

Gert Krüger und Jörg Schnadt

* leicht überarbeitete Fassung des Begleitbands zur Aus-stellung „Berlin-Brandenburg im Kartenbild“ mit freund-licher Genehmigung der Staatsbibliothek Berlin

Eines der Ergebnisse der Landesvermessung sind die Landkarten. Sie wer-den heute entsprechend dem Bedarf hergestellt und sind jedermann zu-gänglich. Das war nicht immer so. Um die Wende des 18. zum 19. Jahr-hundert begann aber eine neue Entwicklung in der Kartographie Preußens.Nicht mehr der Wille des Monarchen und auch nicht mehr die KreativitätEinzelner war für das Entstehen eines Kartenwerkes maßgebend, sondernvor allem der Verwaltungsbedarf. Mit neuen Organisationsformen entwi-ckelte sich eine systematische und konsequent als Staatsaufgabe betrie-bene Kartographie. Dabei wurden auf hohe Genauigkeit ausgerichtete geo-dätische Prinzipien in die Herstellung eingeführt.

Königreich Preußen

Die Anfänge im 18. JahrhundertDie vom Gebiet Brandenburg hergestelltenältesten Karten sind nach Quirin (1954, S.598) „historische Karten“: „... deren Inhaltuns heute ohne Rücksicht auf ihren ur-sprünglichen Zweck lediglich auf Grundihrer Entstehungszeit einen historisch ge-wordenen Zustand ... vor Augen führt“.Dies gilt - streng genommen - auch für alletopographischen Karten, die schon bei ih-rem Erscheinen einen bereits historisch ge-wordenen Zustand des Raums darstellen.Der Beginn der wissenschaftlich fundier-ten und organisatorisch systematischen To-pographischen Kartographie im ehemali-gen Königreich Preußen und dann im Deut-schen Reich schloss - so gesehen - die „his-torische Kartographie“ ab. Für die hier

betrachteten Karten steht auch der Begriff„Altkarten“.

Die Entwicklung der Kartographie einesLandes hängt von vielfältigen Faktoren ab.Neben dem erforderlichen technisch-wis-senschaftlichen Entwicklungsstand zählenzu ihnen u.a. die Motivation der jeweiligenEliten, speziell des Herrschers sowie derBedarf der Verwaltungsbehörden und desMilitärs an Karten. Im hier betrachtetenZeitraum leitete in Brandenburg-Preußen- im Gegensatz z. B. zu den süddeutschenStaaten - nicht der Wille des Monarchenden Beginn intensiver ziviler kartogra-phischer Tätigkeit im o.a. Sinne ein, son-dern vor allem die Einsicht eines Ministers,dass topographische Karten für die Staats-verwaltung von größter Bedeutung sind.Die nach dem erfolgreichen Ende des Sie-benjährigen Krieges 1763 erreichte po-litische Sicherung Brandenburg-Preußensbescherte dem Land eine lange Friedens-zeit, die für umfangreiche topographische

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Aufnahme- und Zeichenarbeiten genutztworden ist.

Die Persönlichkeiten, deren Streben nacheiner zuverlässigen, z. T. auch wissen-schaftlich fundierten kartographischenDarstellung Brandenburg-Preußens her-vortrat, waren der Feldmarschall SamuelReichsgraf v. Schmettau (Vater) 1749/50,der Minister Friedrich Wilhelm Graf v. d.Schulenburg-Kehnert seit seinem Amtsan-tritt 1771 sowie Friedrich Wilhelm KarlGraf v. Schmettau (Sohn) ab 1773/76.

Die Triangulationen Samuel v. Schmet-taus 1749/50 zur Bestimmung einer Län-gengraddistanz in Deutschland nach demVorbild der 1718 abgeschlossenen franzö-sischen Erdbogenmessung mussten wegendes ablehnend reagierenden Königs Fried-rich II. von Preußen im Geheimen erfolgen.Diese Arbeiten zogen Ortslagenkorrektu-ren auf Karten nach sich, die in dem vonder Preußischen Akademie der Wissenschaf-ten herausgegebenen Schulatlas enthaltenwaren. Erst 1776 wurden die Ergebnissedieser ersten preußischen Triangulationveröffentlicht. Die relativ weiträumige Tri-angulation Samuel v. Schmettaus stelltejedoch kein Triangulationsnetz I. Ordnungdar, das Topographen als Basis für die Be-stimmung von Aufnahmepunkten hätte die-nen können. Eine Verdichtung dieses Net-zes scheiterte am Widerstand des Königsund am fehlenden Vermessungspersonal.

Das etwa von 1773 bis 1787 entstande-ne Kartenwerk im Maßstab l : 50000, dasunter Mitwirkung von Friedrich WilhelmKarl Graf v. Schmettau, dem Sohn des Feld-marschalls, entstand, bildet nach Quellen,Umfang und Inhalt den Höhepunkt der vor-amtlichen preußischen Kartographie. Ausdiesem Kartenmaterial wurde auch eineKartenserie im Maßstab l :100 000 für denMinister v. d. Schulenburg-Kehnert an-

gefertigt, der das Kartenwerk im Maßstabl : 50 000 als Instrument für die Staatsver-waltung angeregt und topographische Auf-nahmen dafür in Auftrag gegeben hatte.Obwohl den Kartenwerken noch eineastronomisch-geodätische Grundlage fehl-te, waren die Karten bereits als Gradabtei-lungsblätter konzipiert. Dieses für Bran-denburg und andere Provinzen Preußensflächendeckende Kartenwerk bot zum ers-ten Mal ein zutreffendes und detailliertesBild dieser Territorien. Der Berliner Kar-tograph Daniel Friedrich Sotzmann benutz-te dieses Kartenmaterial im Auftrag derAkademie der Wissenschaften zur Veröf-fentlichung von Übersichtskarten bran-denburgisch-preußischer Gebiete.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts ging inEuropa die Phase zu Ende, in der einzelnePersönlichkeiten methodische Gestaltungund logischen Aufbau des Kartenentwurfsin einer Hand vereinten und auch oft durchselbst ausgeführte Vermessungsarbeitenim Gelände die geodätische Grundlageschufen. Eine neue Zeit benötigte neue Or-ganisationsformen. Für die geodätisch-to-pographischen Landesaufnahmen musstebei fehlendem geeigneten zivilen Personalzum großen Teil auf militärische Kräfte, inPreußen auf Offiziere mit entsprechendenSpezialkenntnissen und zukünftige Gene-ralstabs-Offiziere, zurückgegriffen werden.

Trigonometrische Vermessungen1810 -1812

Die Reformen Preußens gehen mit ihrenWurzeln durchaus teilweise in die Zeit vor1816 zurück. Zu diesen Reformmaßnah-men gehörte auch die Einrichtung des „Kö-niglich Preußischen Statistischen Bu-reaus“, das im Mai 1805 mit dem Auftraggegründet wurde, nicht nur alle bis dahinverstreut geführten staatlichen Statistiken

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zusammenzuführen; es galt auch, zuverläs-sige Flächenwerte zu ermitteln, für derenGrundlagen „specielle Landesvermes-sungen“ vorgenommen werden sollten. DieUmsetzung dieser Ziele zog sich durch dieKriegsereignisse hin, und erst im April1810 erhielt der Artillerie-Hauptmann Tex-tor, der bereits 1796 - 1802 bei den Ver-messungen in Ost- und Westpreußen Er-fahrungen gesammelt hatte, den Auftrag, inBrandenburg und Pommern trigonome-trische Vermessungen durchzuführen.

Diese Vermessungen begannen mit derFestlegung einer Basis an der Oder beiKüstrin, von wo eine Dreieckskette nachWesten über Berlin und Rathenow nachMagdeburg gelegt wurde. Von Rathenowaus führte eine weitere Dreieckskette nachNordwesten in die Prignitz; hier wurde einezweite Kontrollbasis bestimmt. Astronomi-sches Zentrum der Triangulation war diealte Berliner Sternwarte. Aus dem BerichtTextors (Textor 1811), den dieser von sei-nen trigonometrischen Arbeiten 1810 gab,ist deutlich zu entnehmen, dass in Bran-denburg zu dieser Zeit in Bezug auf die Ver-messung - anders als in den süddeutschenLändern - jungfräulicher Boden betretenwurde.

Die Basismessungen erfolgten mittelsMaßstäben anstelle von bisher verwende-ten Messketten. Winkelmessinstrumentewaren Spiegel-Sextanten und ein Cary-scher Theodolit der Berliner Sternwarte,der sich als zuverlässiger erwies als die bis-her verwendeten Winkelmessinstrumente.Insgesamt sind bis 1812 über 100 Dreieckebeobachtet worden, wobei in den meistenFällen alle drei Winkel gemessen wurden.Textor gibt den Horizontalabschlussfehlerbei den Hauptdreiecken mit wenigen Se-kunden, gelegentlich mit 1/2' an, wobei frü-here Messungen ausschließlich mit Sextan-

ten noch einen mittleren Fehler von 2' auf-wiesen. Die mittleren Fehler bei den Ba-sismessungen betrugen nach Textors An-gaben etwa 0,01 Prozent der Streckenlän-ge und übertrafen damit die vorher in Süd-westdeutschland erzielten Genauigkeiten.Textors Angaben über die erzielten Genau-igkeiten hielten später vorgenommenenÜberprüfungen nicht Stand. Die Fehler be-ruhten teilweise auf Unzulänglichkeiten derMessinstrumente, teilweise auf zu großenFehlertoleranzen beim Messen, aber auchauf einem ungenauen Wert der Abplattungdes Erd-Ellipsoids.

Durch Napoleons Feldzug nach Russlandund die danach einsetzenden Befreiungs-kriege fanden die Vermessungen 1812 einvorläufiges Ende; die trigonometrischenArbeiten in Brandenburg blieben zunächstunvollendet.

Die kartographischen und damit auch dievermessungstechnischen Arbeiten warenzu dieser Zeit dem Statistischen Bureau, ei-ner Zivilbehörde, zugeteilt. Um die gestell-ten Aufgaben realisieren zu können, muss-te militärische Hilfe in Anspruch genom-men werden. Die Diskrepanz zwischen denAufgaben des Statistischen Bureaus undseiner Leistungsfähigkeit wurde offenbar.Ohne Unterstützung aus dem vermessungs-technisch erfahrenen, zunächst allerdingssehr kleinen Kreis des Offizierskorps warseinerzeit eine geodätisch abgesicherte Lan-desaufnahme nicht durchführbar. Aus die-ser Konstellation von Wollen und Könnenentwickelte sich nahezu zwangsläufig dieorganisatorische Form der preußischenKartographie in der nachfolgenden Zeit.

Die erste Phase der amtlichenpreußischenKartographie 1816 -1830

Im Zuge der Kriegsereignisse 1812 - 1815

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regte General v. Müffling an, im Sinne derVorarbeiten von Tranchot (Frankreich) dietopographischen Aufnahmen der linksrhei-nischen Gebiete fortzusetzen und die Le-coqsche Karte von Westfalen (1805 - 1814)bis an den Main zu erweitern. Hierzu ent-stand in Koblenz ein Topographisches Bu-reau. Ohne Absprache mit dem Statisti-schen Bureau in Berlin hatte die preußischeArmee in den Westgebieten Preußens dieLandesaufnahme übernommen. Als einzi-ge Institution von staatsweitem Umfangund Gewicht forderte das Militär genaueund zutreffende Informationen durch Kar-ten und war auch in der Lage, derartige In-formationen bereitzustellen.

Auf dem Wiener Kongress 1814/15 wur-den nicht nur die neuen Grenzen der mit-teleuropäischen Staaten in der postnapo-leonischen Ära festgelegt, sondern auchbeschlossen, die Landesaufnahme der östli-chen Teile Preußens ab 1816 unter Leitungund ausschließlicher Beteiligung von mi-litärischem Personal durchzuführen. Demging eine durchgreifende Militärreformvoraus. 1814 gliederte sich das preußische

Kriegs-Ministerium in zwei Departements,wobei das erste, das „Allgemeine Kriegs-Departement“, für rein militärische Fragenzuständig war, während das zweite Depar-tement alle Angelegenheiten bearbeitete,die u.a. mit der Ausbildung der Soldaten,Anfertigung von Karten, Plänen u.ä. zu-sammengingen. Der Direktor dieser Ab-teilung (Generalstab) war General Grol-man, zuständig somit unter anderem für dieLandesaufnahme, die vom StatistischenBureau an den Generalstab überging. DieAufnahmeabteilung des Generalstabs (Lei-ter General v. Müffling) gliederte sich inein „Astronomisch-trigonometrisches Bu-reau“ (Leiter Carl Wilhelm v. Oesfeld) undein „Aufnahme- und Zeichenbureau“ (Lei-ter Carl v. Decker).

Decker veröffentlichte als Erfahrungsbe-richt über seine topographische Aufnah-men während der Befreiungskriege dasBuch „Das militairische Aufnehmen ...’’(Decker 1816), das zunächst als „offiziö-se“ methodische Hilfe für die 1816 begon-nenen topographischen Arbeiten diente.Als erste offizielle Vorschrift für die mili-

tärkartographischen Arbeitenerschienen 1818 „Erläuterun-gen zu den Musterblättern fürdie topographischen Arbeitendes Königlich PreußischenGeneralstabes“ (gleichfallsvon Decker; vgl. Abb. 1), de-nen Anfang 1821 die Müff-lingsche „Instruction für dietopographischen Arbeitendes Königlich PreußischenGeneralstabes“ folgte, in derin Ergänzung der Zeichen-vorschriften von 1818 alleVermessungsangelegenhei-ten behandelt wurden. Ab1822 sind alle Aufnahme-

Abb. 1: Carl v. Decker: Ites Musterblatt für die Topographi-schen Arbeiten des Königl. Preuss. Generalstabs.Gestochen von Jäck. Berlin 1818. Kolor. Kupferstich.Ausschnitt.

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Karten, die Ur-Messtischblätter, nach die-sen beiden Anweisungen einheitlich gestal-tet worden. Die Arbeiten im Osten der Mo-narchie dienten der Aufnahme eines Kar-tenwerks und gleichzeitig der dreijährigenAusbildung der beteiligten Offiziere (Feld-arbeiten im Sommer, theoretischer Unter-richt im Winter), die sich für den Dienst imGeneralstab qualifizieren sollten. DiesesVorgehen bei den topographischen Arbei-ten hatte zur Folge, dass zwar große Gebie-te (ca. 170 000 km2) aufgenommen wurden,aber durch ständig wechselndes Aufnah-mepersonal sowie fehlende Einheitlichkeitund Qualität weniger ein homogenes Kar-tenwerk als ein Landes-Kroki entstand. DieGrundzüge dieses Systems blieben bisnach 1850 für die preußische Militärkar-tographie gültig.

Die Blatteinteilung erfolgte nach der Ko-ordinatenberechnung für die trigonometri-schen Punkte. Parallelen im Abstand voneiner preußischen Meile (ca.7,53 km) zu den beiden Ach-sen des kartesischen Ko-ordinatensystems ergabendie Aufteilung in Aufnahme-sektionen, die „Quadratmei-lenblätter“ des DeckerschenKartenwerks (667 Blätter,Maßstab 1 : 25000; Abb. 2).Dieses Kartenwerk umfasstim weiteren Sinne auch dieaus den Quadratmeilenblät-tern abgeleiteten Großblätterim Maßstab 1 : 25000 sowiedie Verkleinerungen auf denMaßstab l : 50000 (Hand-zeichnungen und Drucke;vgl. Abb. 3) als Gradabtei-lungskarten.

Während für die trigono-metrischen Projekte von

Textor und Oesfeld relativ wenig Personalbenötigt wurde, lag für die topographischeAufnahme eine gänzlich andere Situationvor:

Es fehlten Grundlagen, auf die aufgebautwerden konnte, und es wurde bedeutendmehr geschultes Personal benötigt. Unge-achtet dessen entstand zwischen 1816 und1821 das „Deckersche Kartenwerk“, aller-dings z.T. nur „nach dem Augenmaße“ auf-genommen. Mit dieser Aktion hatte derPreußische Generalstab allerdings einenentscheidenden Schritt zu einer systemati-schen Landesaufnahme getan.

Mit den gleichen Winkelinstrumentenwie bei den Messungen 1810 - 1812 be-gann Oesfeld 1816 mit der Triangulationsüdwestlich von Berlin, wobei er bei Mag-deburg an das 1810 - 1812 beobachtete tri-gonometrische Netz anschloss. Um demtrigonometrischen Unternehmen im Ostender Monarchie eine sichere Grundlage zu

Abb. 2: Carl v. Decker: Quadratmeilenblätter, Maßstab1 : 25 000. Aufgenommen 1816 - 1821. Blatt 199 Pots-dam. Kolor. Handzeichnung. Ausschnitt.

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verschaffen und die weiterhin zweifelhaf-te Länge der Berliner Sternwarte als astro-nomisches Zentrum Preußens definitiv zubestimmen, plante 1816/17 Müffling, dieTranchot-Dreiecke am Niederrhein überGotha und Berlin nach Breslau fortzuset-zen. Dem stimmte der GeneralstabschefGrolman zu. 1817 wurden die Dreiecks-punkte in Brandenburg, Sachsen und Schle-sien ausgewählt. Ein Repetitionstheodolitverbesserte die zu erwartenden Messergeb-nisse.

Da die topographischen Aufnahmen inBrandenburg zu dieser Zeit bereits begon-nen hatten, wurde dort mit der Bestimmungvon Trigonometrischen Punkten II. Ordnungals Grundlage der topographischen Arbei-ten fortgefahren, auch unter Einschluss der1810 - 1812 gemessenen Dreiecke mit ih-rem seinerzeit fragwürdigen astronomi-schen Zentrum Berliner Sternwarte. Bis

Ende 1820 war Brandenburg - bis auf klei-ne Reste - trigonometrisch vermessen, wo-bei beachtet werden muss, dass bei den topo-graphischen Aufnahmen 1816 - 1821 dieKoordinatenkorrektur durch Verbesserungder Genauigkeit des astronomischen Zen-trums Berliner Sternwarte nicht eingegan-gen ist. Mithin kann von einer einheitlichenAufnahme nicht gesprochen werden.

Durch die Triangulationen wurden nurdie Horizontal-Koordinaten festgelegt.Eine durchgehende Ermittlung der Höhen-werte konnte noch nicht erfolgen; es lagenlediglich relativ unzuverlässige barometri-sche Höhenmessungen ausgewählter Punk-te vor. Erst wesentlich später erfolgten geo-metrische Nivellements. Die verwendeteAbplattung des Erd-Ellipsoids betrug wahr-scheinlich 1 : 334, ein Wert, der Anfang des19. Jahrhunderts als allgemein verbindlichgalt. 1821 führte Müffling anhand der Er-

Abb. 3: Carl v. Decker: Umgegend von Berlin... Maßstab 1 : 50 000. Berlin um 1820. BlattVII. Lithographie. Ausschnitt.

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gebnisse der Dreieckskette vom Rhein bisnach Breslau die Abplattung 1 : 310 ein.

Müffling gilt als der Begründer der sys-tematischen Preußischen Militärkartogra-phie. Sein Einfluss führte u. a. zur Einfüh-rung eines neuen Kartennetzentwurfs -leicht abgeändert als „Preußische Poly-eder-Projektion“ bekannt geworden - so-wie zu zuverlässigeren Vermessungsver-fahren und -richtlinien (vgl. die „Instruc-tion“ von 1821). Sein Ziel war, anstelle derin einzelnen Landesteilen bisher vorliegen-den unterschiedlichen geodätischen Unter-lagen und Verfahren einheitliche Arbeits-methoden durchzusetzen und gleichmäßi-ge Arbeitsergebnisse zu erhalten. Anstelleder beim Deckerschen Kartenwerk ange-wandten kartesischen Koordinaten bezeich-nete er alle Trigonometrischen Punkte I. bisIII. Ordnung nur noch durch die geographi-sche Länge und Breite, und diese Wertewurden den Aufnahmetrupps übergeben.Auf jedem Aufnahmeblatt sollten minde-stens drei Trigonometrische Punkte liegen.Er legte wesentlich verschärfte Genauig-keitstoleranzen für die Triangulation fest(Horizontalabschlussfehler Dreiecke I. Ord-nung ≤ 3", II. Ordnung ≤ 20").

Durch die Umstellung der kartesischenauf die geographischen Koordinaten wardie Deckersche Blatteinteilung hinfälliggeworden. Als kartographische Projekti-onseinheit wählte Müffling die Grad-Ab-teilung, bei der jeweils ein l°-Feld der Erd-oberfläche mittels Zentralprojektion ausdem Erdmittelpunkt auf die in der Mitte desl°-Felds tangierende Fläche abgebildetwird. Die projektionsbedingten Verzerrun-gen blieben bei der Preußischen Polyeder-projektion auf die einzelnen Grad-Abtei-lungen beschränkt; es gab keine Fehler-fortpflanzung, allerdings Klaffungen zwi-schen den Grad-Abteilungen (Abb. 4). Der

südliche Grenzparallel und der westlicheRandmeridian bezeichnen die Gradabtei-lung. Da im Maßstab l : 25000 für ein 1°-Feld eine einzelne Kartenfläche zu großgeworden wäre, wurde sie mittels zehn Zei-len („Bande I - X“) und sechs Spalten(„Blatt 1 - 6“) in 60 Aufnahme-Sektionen(Abb. 5) untergliedert. Die sich daraus er-gebende Größe des Aufnahmegebiets fürein Messtischblatt von 10' in der Länge und6' in der Breite ist bis heute in Deutschlandals Kartenformat im Maßstab 1 : 25 000beibehalten worden. Der wichtigste Folge-maßstab in den östlichen Landesteilen -also auch in Brandenburg - war 1:100000,in den westlichen Landesteilen l : 86 400,später 1:80000.

Das Relief der Quadratmeilenblätter undihrer Folgekarten wurde - je nach Vermö-gen des Aufnehmenden - mit Lehmann-Schraffen wiedergegeben, wobei die Bö-schungswinkel teilweise zusätzlich durchZahlenwerte gekennzeichnet wurden. Eineexakte Anweisung zur Reliefdarstellungdurch Höhenlinien gab es erst seit 1855.Die Schraffendarstellung blieb in der preu-ßischen Militärkartographie für die Auf-nahmeblätter im Maßstab 1:25000 bisnach 1860 in Gebrauch. Als Vorstufe zur

nach der Abwicklung in die Ebene

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Abb. 4: Preußische Polyederabbildung. Prin-zipskizze.

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Höhenlinie wurden Formlinien mit einge-tragenen Winkelwerten eingeführt, ehe1846 das erste Blatt mit äquidistanten Hö-henlinien entstand. Es dauerte jedoch noch20 Jahre bis zur generellen Umstellung aufHöhenlinien. Die anfänglich noch vorhan-denen Provisorien und Uneinheitlichkeitenim Vermessungs- und Kartenwesen wur-den durch die Maßnahmen Müfflings be-endet. Sein Wirken auf dem mathematisch-geodätischen Sektor der Landesaufnahmesollte bahnbrechend für die Zukunft sein.Zum ersten Mal in der Geschichte der preu-ßischen Kartographie lag eine Konzeptionvor, um eine geodätisch basierte Landes-aufnahme des gesamten Staatsgebiets durch-zuführen. Die systembedingten Schwächenerkannte man seinerzeit zwar, doch Spar-samkeit und Bürokratie verhinderten ihreBeseitigung. Gegenüber der vornapoleoni-

schen Zeit war in Brandenburg-Preußenjedoch der erzielte Fortschritt auf dem Ge-biet der Kartographie derart, dass dieseSchwächen im Verhältnis zum erzieltenFortschritt gering blieben.

Der Öffentlichkeit standen als Zeugnis-se der amtlichen kartographischen Aktivi-täten in Berlin-Brandenburg aus dieser Zeit18 lithographisch vervielfältigte Blättervon Berlin und Umgebung zur Verfügung.Das zentrale Blatt „Berlin“ dieser Serie er-lebte bis zum Anfang der 40er Jahre des 19.Jahrhunderts mehrere Auflagen. Die Ur-Messtischblätter wurden nicht gedruckt.

Die zweite Phase der amtlichenpreußischen Kartographie 1830 -1865

In diesem Zeitabschnitt wurden infolge derErkenntnis, dass die vorliegenden geodäti-schen Arbeiten wegen uneinheitlicher

Abb. 5: Bande-Blatt-Schema. Ur-Messtischblatt (Nr. 1974) 1835. Kolor. Handzeichnung. Aus-schnitt.

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Grundlagen den zeitgenössischen wissen-schaftlichen Ansprüchen nicht standzuhal-ten vermochten, die trigonometrischen Ar-beiten mit verbesserter Technik und verfei-nerten Verfahren durchgeführt bzw. wie-derholt. Hier sind besonders zu nennen:$ 1832 - 1836 Gradmessung in

Ostpreußen durch Fr. W. Bessel undJ. J. Baeyer,

$ 1835 1. HauptnivellementSwinemünde-Berlin,

$ 1842 -1845 Messung derDreieckskette Stettin-Berlin,

$ 1852 -1853 Messung derWeichselkette,

$ 1855 -1856 Messung derVerbindungskette nach Mecklenburg.

Aus den gleichen Gründen wurde dieAufnahme der preußischen Ur-Messtisch-blätter wiederholt, nun jedoch mit verbes-serter Technik (einheitliche Messtischauf-nahme) sowie mit entsprechend vorgebil-

deten Offizieren, die jedoch nach wie vornur für drei Jahre zum TopographischenBureau des Generalstabs abkommandiertwurden. In der Provinz Brandenburg er-folgte diese 2. Aufnahme der Ur-Mess-tischblätter im Wesentlichen 1832 - 1847.

Die preußischen Ur-Messtischblätter(Abb. 5/6) waren unmittelbare Nachfolgerdes Deckerschen Kartenwerks. Auch dieUr-Messtischblätter wurden überwiegendvon Armee-Offizieren bearbeitet. Insge-samt sind seit 1820 bei der Kartenaufnah-me über 650 Offiziere eingesetzt worden,die bis 1876 fast 2 900 Kartenblätter schu-fen. Seit etwa 1850 arbeiteten auch Unter-offiziere (Feuerwerker aus Artillerie-Regi-mentern) - etwa 100 an der Zahl - bei derMesstischblattaufnahme. Sie fertigten 330Kartenblätter. Nach dem Krieg von 1866wurden für die Feldarbeiten zusätzlich In-genieur-Geographen des Generalstabs ein-gesetzt. Sie schufen etwa 140 Kartenblät-

Abb. 6: Ur-Messtischblatt (Nr. 1974) 1848. Kolor. Handzeichnung.

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ter. Viele dieser Kartenbearbeiter rücktenspäter in das zivile Beamtenverhältnis ein.Damit bereitete die Arbeit an den Ur-Mess-tischblättern die Behördenorganisation derspäteren Preußischen Landesaufnahme vor.

In diese Phase fällt auch der erste umfas-sende Versuch, die Müfflingsche „Instruc-tion“ von 1821 zu reformieren. GeneralBaeyer legte 1856 seinen „Entwurf zur Fer-tigung einer guten Karte von den östlichenProvinzen des Preußischen Staates“ vor,dem folgende Hauptgedanken zugrunde la-gen:l. Schaffung einer Einheitskarte für zivi-

le und militärische Zwecke im Maßstabl : 5 000, die allen gegenwärtigen oderkünftigen Ansprüchen genügen undweitere Aufnahmen überflüssig ma-chen sollte;

2. Bildung einer Zentralbehörde für dieLandesvermessung;

3. verbesserte Ausbildung der geodäti-schen Fachkräfte und praktische Hin-weise für die Ausführung der Vermes-sungsarbeiten im weitesten Sinne;

4. generelle Einführung der Theodolitmes-sung bei der Landesaufnahme anstelleKippregel/Distanzlatte.

Der wichtigste Vorschlag von Baeyerwurde - vor allem aus Kostengründen - ab-gelehnt. Anstelle der von Baeyer geforder-ten Einheitskarte erhielt eine zweigleisigeLösung den Vorzug, die eine zivilen Be-dürfnissen entsprechende Katasterkarteund eine vorwiegend für militärische Zwe-cke gedachte topographische Karte vorsah.

Seit etwa 1820 waren amtliche Kartenvon Berlin und Umgebung im Maßstabl : 50 000 erschienen. Amtliche Umge-bungskarten von Berlin in gleichem Maß-stab sind seit dieser Zeit in mehreren Seri-en bis zur Gegenwart veröffentlicht wor-den. Hier sei vor allem auf das wenig be-

kannte Kartenwerk „Topographische Kartedes Landes zunächst um Berlin“ (60 Blät-ter, 1846 ff., 2. Ausgabe 1870 ff.) sowie die„Karte der Umgebung von Berlin in 12 Blät-tern“ (1901, 2. Ausgabe 1922, bis zumKriegsbeginn weitere Ausgaben) hingewie-sen. Dagegen sind die als „Generalstabs-karten“ bezeichneten Blätter der „Topogra-phischen Karte vom östlichen Theile derMonarchie“ im Maßstab l : l00 000 (249Sektionen; später „Topographische Kartevom Preussischen Staate mit Einschlussder Anhaltinischen und ThüringischenLänder“, 601 Sektionen) erst 1841 zur Ver-öffentlichung freigegeben worden (Abb. 7).

Seit etwa 1844/45 kam auch eine Serievon mindestens neun einfarbigen Mess-tischblättern von Berlin und Umgebung alsDruck in den Handel. Prinzipiell jedochwaren die Ur-Messtischblätter weiterhinals Handzeichnungen lediglich für militä-rische und amtliche Zwecke bestimmt.

Die dritte Phase der amtlichenpreußischen Kartographie 1865 -1871

1865 wurde aus der TrigonometrischenAbteilung des Generalstabs ein Büro derLandestriangulation gebildet, dessen Auf-gabe u.a. darin bestand, in den sechs östli-chen Provinzen das trigonometrische Netzso zu verdichten, dass anstelle von zwei bisdrei Punkten je Quadratmeile nun zehn ver-steinte Punkte festgelegt wurden. Als Pro-bearbeit erfolgte 1867 durch das Büro eineTriangulation der Umgebung von Berlin.

Ebenfalls 1865 wurde in Berlin das Zen-tralbüro der Mitteleuropäischen Gradmes-sung gegründet, das als wissenschaftlichesInstitut dem Kultusministerium unterstand.Präsident dieses Zentralbüros wurde Gene-ral Baeyer, der damit sein Ziel erreichte, diewissenschaftlichen Arbeiten der Geodäsievon der militärischen Landesaufnahme zu

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lösen. Auf Empfehlung die-ses Zentralbüros wandte dasBüro der Landestriangulati-on seit 1867 das geometri-sche Nivellement an, nachdem bisher im Bereich desGeneralstabs das trigono-metrische Nivellement üb-lich gewesen war. 1868 -1894 entstand ein ganz Preu-ßen umfassendes Nivelle-mentsnetz.

1870 wurde auf Veranlas-sung Moltkes das Zentral-Direktorium der Vermessun-gen im Preußischen Staateins Leben gerufen, und zwarmit der Aufgabe, alle ver-messungstechnischen Arbei-ten zu koordinieren und da-mit die wirtschaftlichen Be-

Abb. 7: Topographische Karte vom Preußischen Staate... Maßstab 1:100 000. Blatt 184 Pots-dam. Berlin 1843/1858. Kupferstich. Ausschnitt.

Abb. 8: Messtischblatt Nr. 1690 Linum. Berlin 1868/1876.Ausschnitt.

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lange der Fachministerien zu fördern.Durch die Straffung der Organisation undeine Verfeinerung der technischen Metho-den konnte der Anschluss an das Leis-tungsniveau anderer europäischer Staatenerreicht werden. Dieses Central-Direktori-um wurde erst 1921 durch die Schaffung des„Beirats für das Vermessungswesen beimReichsministerium des Innern“ ersetzt.

Erstmals begann 1864 das PreußischeMinisterium für Handel und Wirtschaft mitVorbereitungen zur Herausgabe von Mess-tischblättern wichtiger Landesteile. Mit mi-litärisch bedingten Einschränkungen wur-den ab 1868 einfarbige Blätter (Abb. 8)veröffentlicht, was zuvor wegen geodäti-scher Vorbehalte unterblieben war, nun aberfür zivile Bau- und Planungsmaßnahmennotwendig wurde.

Die preußische Karte im Maßstabl : 100000 wurde 1867 zur Karte von ganzNorddeutschland erweitert.

Deutsches Reich

Die Königlich Preußische Landesauf-nahme im Kaiserreich 1871-1919

Diese Phase der preußischen Kartographiewar geprägt vom fortschreitenden Über-gang zu modernen geodätischen Methodenund zugleich durch den Übergang von derpreußischen zur amtlichen Kartographiedes Deutschen Reichs. Die Reichsgrün-dung 1871 erteilte auch der Landesaufnah-me neue Impulse.

1872 erfolgte in Preußen die Einführungdes metrischen Messsystems, das seitdembei allen geodätisch-kartographischen Ar-beiten Anwendung fand.

Als Ergebnis eingehender Erörterungendes 1870 gegründeten Zentraldirektoriumswurde 1875 die Königlich Preußische Lan-desaufnahme mit der Forderung gegründet,

dass alle für die Landesaufnahme arbei-tenden technischen Zweige des General-stabs durch einen Chef der Landesaufnah-me geleitet werden sollten, welcher untermodernen technisch-wissenschaftlichenBedingungen die Ausführung sämtlicherVermessungs- und Kartenarbeiten des Ge-neralstabs überwachte. Die Landesaufnah-me gliederte sich in die1. Trigonometrische Abteilung,2. Topographische Abteilung,3. Kartographische Abteilung mit der

photographischen Anstalt,4. Photogrammetrische Abteilung (seit

1912).Insgesamt verfügte die Landesaufnahme

über etwa 260 Bedienstete und mehrerehundert gegen Vergütung beschäftigteHilfskräfte. Die Hauptaufgaben der Lan-desaufnahme waren$ die Triangulation des gesamten Staats-

gebiets,$ die geometrischen Nivellements,$ die topographische Aufnahme von

mehr als 11000 km2 jährlich im Maß-stab 1 : 25000,

$ die kartographische Bearbeitung in denMaßstäben l : 25000 und l : 100000sowie

$ Veröffentlichungen im Originalmaß-stab oder in kleineren Maßstäben.

Die Königlich Preußische Landesauf-nahme wurde 1921 als „Reichsamt für Lan-desaufnahme“ weitergeführt. Ihr bedeu-tendster Chef war von 1888 bis 1893 Ge-neral Oskar Schreiber, der umfangreicheErneuerungen, besonders auf dem Gebietder Beobachtungs- und Rechenmethoden,veranlasste.

Das 1877 gegründete Königlich Preußi-sche Geodätische Institut (zugleich Zentral-büro der Europäischen Gradmessung,1886 - 1919 auch Zentralbüro der Interna-

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Abb. 10: Messtischblatt Potsdam Nr. 1974. Berlin 1901/1903. Ausschnitt.

tionalen Erdmessung) pflegte die wissen-schaftliche Geodäsie und führte die für dieEuropäische Gradmessung innerhalb Preu-ßens erforderlichen Arbeiten aus.

1879 wurde der Normal-HöhenpunktSternwarte Berlin (37,000 m über dem Ams-terdamer Pegel als Normal Null) geschaf-fen. Das Geodätische Institut favorisiertejedoch den Swinemünder Pegel (mittleresOstseewasser). Seit 1912 besteht ein neu-er Normal-Höhenpunkt bei Hoppegarten.

Durch eine internationale Vereinbarungist 1883 der seit 1634 bestehende Null-meridian von Ferro (= Hierro, KanarischeInseln = 17° 40' westlich von Greenwich)nach Greenwich, Sternwarte (Großbritan-nien) verlegt worden. In einer Übergangs-phase wurden beide Längenangaben alsBlatteckenwerte auf topographischen Kar-ten verwendet (Abb. 9).

1917 forderte die Oberste Militärische Ver-waltung im Deutschen Reich die Einführungdes Gauß-Krüger-Koordinatensystems.

Von 1877 bis 1915 wurden in Preußen

Abb. 9: Messtischblatt-Nr. 1974 Potsdam.Berlin 1901/1919. Ausschnitt mit denbeiden Koordinatenwerten von Fer-ro und Greenwich. Landesvermes-sungsamt Brandenburg.

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3 307 Blätter im Maßstab l : 25 000 aufge-nommen, kartographisch bearbeitet undherausgegeben (Abb. 10). Die endgültigeFertigstellung der Messtischblätter erfolgtejedoch erst 1931. 1878 beschlossen dieStaaten Preußen, Sachsen, Bayern undWürttemberg die Schaffung eines Reichs-kartenwerks im Maßstab 1: 100 000 in An-lehnung an die preußischen amtlichen Kar-ten gleichen Maßstabs. Die Kartenprojek-tion war polyedrisch, die begrenzendenMeridian- und Parallelkreise bezogen sichauf die Berliner Sternwarte. Jeder der vierStaaten bearbeitete seine vollen Blätterselbstständig, die Grenzblätter der Staat mitdem größten Areal-Anteil. Die Kartenblät-ter wurden einheitlich durchnummeriert.Von den 675 Kartenblättern entfielen 545auf Preußen (Abb. 11). Neben den norma-len einfarbigen Blättern erschienen seit1899 auch dreifarbige Blätter (Abb. 12),seit 1914 auch Großblätter im Umfang vonvier Normalblättern.

Die preußische Vermessung und Karto-graphie hatte den Schwerpunkt ihrer Akti-vitäten aus finanziellen Gründen mehr alsein halbes Jahrhundert auf die Herstellungvon Basiskarten in großen Maßstäben le-gen müssen. Der Übergang zum Kaiser-reich und zur europäischen Großmacht er-zwang die Ausweitung der Kartenproduk-tion auf Übersichtskarten verschiedenerMaßstäbe. So erwarb der preußische Gene-ralstab zunächst 1874 die Reymannsche„Special-Karte von Central-Europa“ (Abb.13), ein vom Plankammerinspektor Rey-mann 1806 begründetes und von ihm bis1837 fortgeführtes Kartenwerk im Maßstab1 : 200 000. Danach übernahm Carl Wil-helm v. Oesfeld die Bearbeitung, ehe dieKarte 1846 an den Verlag Flemming inGlogau verkauft wurde. Das zunächst auf342 Rechteckblätter von 34 cm x 23 cmkonzipierte Kartenwerk mit Schraffendar-stellung erfasste schließlich auf 529 Blät-tern (geplant 796) über 1,1 Millionen km2

Abb. 11: Karte des Deutschen Reichs 1 :100 000. Blatt 293 Potsdam. Berlin 1867/1882. Ein-farbiger Kupferstich. Ausschnitt.

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Abb. 13: Topographische Spezialkarte von Mittel-Europa (Reymannsche Karte). Blatt 278Potsdam. Berlin 1908. Hrsg.: Abt. d. Kgl. Preuß. Landesaufnahme. Kupferstich. Aus-schnitt.

Abb. 12: Karte des Deutschen Reichs 1 :100 000. Blatt 293 Potsdam. Berlin 1901/1906. Drei-farbiger Kupferstich. Ausschnitt.

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von Mitteleuropa. Die Laufendhaltung desKartenwerks endete 1908.

Als Nachfolger der nicht mehr als zeit-gemäß angesehenen Reymannschen Kartewurden auf Vorschlag des Kriegsrats Kau-pert 1888 fast gleichzeitig die „Topogra-phische Übersichtskarte des DeutschenReichs l : 200 000“ (TÜDR 200, 1. Blatt1899) und die „Übersichtskarte von Mittel-europa 1 : 300 000“ (ME 300, ab 1893, Be-zeichnung 1905, l. Blatt 1906) als amtlicheKartenwerke vorbereitet, bearbeitet und her-ausgegeben. Dabei übernahm die TÜDR200 (Abb. 14) die Rolle einer eher zivilen

Reichskarte, während die ME 300 (Abb. 15)als militärische Operationskarte über dasReich hinaus und als eigentliche Fortset-zung der Reymannschen Karte konzipiertwar. Von den 196 geplanten dreifarbigenBlättern der TÜDR 200 lagen bei Kriegs-ende 180 Blätter fertig vor. Die ME 300erschien in ein- und sechsfarbigen Ausga-ben und umfasste 1914 101 Blätter. Im Kriegist dieses Kartenwerk um 143 behelfsmä-ßig bearbeitete Blätter weit nach Westen,Osten und Süden ausgedehnt worden.

Bereits in Vorbereitung auf den l . Welt-krieg 1913 begonnen, wegen der schnellen

Abb. 14: Topographische Übersichtskarte des Deutschen Reichs 1 :200000. Blatt 89 Pots-dam. Berlin 1907. Kolor. Dreifarbenkupferstich. Ausschnitt.

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Abb.15: Übersichtskarte von Mitteleuropa 1 : 300 000. Blatt N 53 Berlin. Berlin 1905/1933.Einfarbige Ausgabe. Ausschnitt.

Abb. 16: Übersichtskarte von Europa und Vorderasien 1 : 800 000. Blatt Berlin (L 13). Berlin1916/1920. Farblithographie. Ausschnitt.

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Herstellung jedoch nicht unbedingt kar-tographisch durchgearbeitet und im We-sentlichen erst ab 1915 ausgeliefert, wur-de die „Übersichtskarte von Europa undVorderasien l : 800 000“ (Abb.16) mit 80fünffarbigen Blättern (Stand 1920) von je-weils 4° Breite x 4° Länge Gebietsumfang.Diese Karte war der Vorläufer der Inter-nationalen Weltkarte l : l Million.

Geodäsie und Kartographie in derWeimarer Republik 1919 -1933

Nach dem l. Weltkrieg erfolgte in Deutsch-land eine grundlegende Änderung der Stel-lung des Militärs in der Gesellschaft. Dieshatte erhebliche Auswirkungen auf Lan-desaufnahme, Kartographie und Geodäsie,die bisher eng mit dem Militärwesen ver-bunden waren. 1919 schied die PreußischeLandesaufnahme aus dem Generalstab ausund wurde als ziviles „Reichsamt für Lan-desaufnahme“ dem Reichsministerium desInnern unterstellt; das militärische Karten-wesen verblieb beim Generalstab.

Ein aus Vertretern aller beteiligten deut-schen Staaten gebildeter „Beirat für Ver-messungswesen“ löste das seit 51 Jahrenbestehende „Central-Direktorium der Ver-messungen im Preußischen Staate“ ab. Dieswurde erforderlich, weil infolge des Ver-sailler Vertrags die bis dahin militärischorganisierte Landesaufnahme zivil weiter-geführt werden musste und die personellstark dezimierte Reichswehr die Aufgabender Landesaufnahme überhaupt nicht über-nehmen konnte. Der Beirat sorgte für dieEinführung des Gauß-Krüger-Koordina-tensystems und für die weitere Vereinheit-lichung der geodätischen Grundlagen derLandesvermessung. In Preußen wurde dasGauß-Krüger-Koordinatensystem 1927 of-fiziell eingeführt.

Zahlreiche kartographische Projekte

konnten infolge von Inflation und Welt-wirtschaftskrise nur teilweise oder über-haupt nicht in Angriff genommen odermussten eingestellt werden.

So schuf der Beirat zwar 1922 - 1925Musterblatt und Zeichenerklärung für dieGrundkarte l : 5 000, doch konnte die Her-stellung durch verschiedene Vermessungs-behörden erfolgen, und zwar lediglich aufKosten des jeweiligen Auftraggebers. VomReichsamt für Landesaufnahme sind zu-nächst 1926 nur zwei Probeblätter herge-stellt worden.

Die bereits kurz vor dem Kriegsausbruch1914 von den deutschen Ländern beschlos-sene Schaffung eines amtlichen Karten-werks im Maßstab l : 50 000 wurde wegendes Kriegs nicht realisiert, doch ist als Be-zeichnung für das Kartenwerk noch 1918„Deutsche Karte 1 : 50 000“ festgelegtworden. Der Beirat erklärte 1923 das Kar-tenwerk zur Ländersache und begann dieErarbeitung eines neuen Musterblatts, das1927 erschien. 1931 erfolgte auf Antragdes Kriegsministeriums die Umstellung desBlattformats: Anstelle von vier Blättern desMaßstabs 1 : 25000 umfasste ein Blatt derDeutschen Karte 1 : 50 000 nun 7 ½ Blät-ter (entsprechend dem Blattformat der Kar-te des Deutschen Reichs l : 100 000). Imgleichen Jahr lagen vom Reichsamt fürLandesaufnahme erst fünf Probeblätter vor.

Die dreifarbige Ausgabe der Karte desDeutschen Reichs im Maßstab l : 100 000wurde 1928 aus wirtschaftlichen Gründeneingestellt. Die Topographische Übersichts-karte des Deutschen Reichs 1 : 200 000 istseit 1927 nicht mehr laufend gehalten wor-den; auch die weitere Vorbereitung dernoch fehlenden Blätter unterblieb.

Aus der Übersichtskarte von Mitteleuro-pa im Maßstab 1 : 300 000 wurde unterMitwirkung des Deutschen Motorradfah-

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Abb. 17: D. M. Karte 1 :300000. Blatt N 53 Berlin, Berlin 1928. Ausschnitt.

rer-Verbands seit 1924 vom Reichsamt fürLandesaufnahme die „D. M. Karte“ (Deut-sche Motorradfahrer Karte, dann DeutscheMotorfahrer-Karte; Abb. 17) abgeleitet.Von dieser Karte mit rotem Aufdruck derStraßen und Entfernungen sowie straßen-verkehrsrelevanten Kartenrandangabensind bis 1931 51 Blätter erschienen. 1932wurde sie in „Reichs-Auto-Karte“ umbe-nannt. Von einigen Provinzen des Reichs,darunter auch Brandenburg, erschienen Zu-sammendrucke der Übersichtskarte vonMitteleuropa.

Einige Deutschland betreffende Blätterder Übersichtskarte von Europa und Vor-derasien im Maßstab 1 : 800000 sind 1923- 1927 noch nachgeführt worden; dannwurde die Bearbeitung zugunsten der „In-ternationalen Weltkarte“ eingestellt.

Die auf das Reichsgebiet entfallendenfünf Normalblätter der „Internationalen

Weltkarte 1 : l Million“ (IWK) sind 1927 -1931 veröffentlicht worden (Abb. 18). Die-ses für die gesamte Erde einheitlich konzi-pierte Kartenwerk war u.a. 1891 von demdeutschen Geographen Albrecht Penck an-geregt und in seinen Einzelheiten auf Kon-ferenzen in London (1909,1928) und Paris(1913) festgelegt worden.

Geodäsie und Kartographie imDritten Reich 1933 -1945

Die Machtübernahme durch die National-sozialisten leitete in Deutschland einen ri-gorosen Wandel des Vermessungswesensund der Kartographie ein. Durch das bereits1934 erlassene „Gesetz über die Neuord-nung des Vermessungswesens“ wurde dasVermessungswesen Reichsangelegenheitunter Leitung des Ministeriums des Innern.Eine Reichsmessungsordnung sollte einzentral geleitetes, einheitliches und leis-

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tungsfähiges Vermessungswesen ermög-lichen und die bisherigen Sonderentwick-lungen in den Ländern beenden. Karten hat-ten eindeutig Vorrang vor dem Vermes-sungszahlenwerk. Auf allen Leitungsebe-nen wurde strikt das „Führerprinzip“ durch-gesetzt, d.h. Beratungen, Diskussionen,Konsensbildung, Kompromisse und demo-kratische Mehrheitsentscheidungen entfie-len weitgehend. Damit hatte sich der ansich sinnvolle Ansatz einer einheitlichenVermessung und Kartographie selbst adabsurdum gestellt. 1935 wurde der 1933aufgelöste „Deutsche Verein für Ver-messungswesen“ (DVW) mit neuer Sat-zung als „Deutscher Verein für Vermes-

sungswesen im (1934 gegründeten) Natio-nalsozialistischen Bund deutscher Tech-nik“ wieder zugelassen. Neumitglieder desDVW mussten den Arier-Nachweis erbrin-gen. Im gleichen Jahr erfolgte die Auflö-sung des „Beirats für Vermessungswesen“.

1937 wurde als Winkelmaß im Ver-messungsdienst die 400gon Neugradteilungverbindlich eingeführt.

Das Reichsministerium des Innern ver-fügte 1938 durch die Bildung von 14Hauptvermessungsabteilungen (HVA) imDeutschen Reich (Berlin-BrandenburgHVA IV) eine völlige Neuordnung der Ver-messungsverwaltung. Aus diesen Haupt-vermessungsabteilungen gingen nach dem

Abb. 18: Internationale Weltkarte 1 :1 Million. Blatt NN 33 Berlin. Berlin 1930. Ausschnitt.

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2. Weltkrieg die Landesvermessungsämterhervor. Im gleichen Jahr trat Deutschlanderneut der „Internationalen Vereinigungfür Geodäsie“ bei, aus der das Reich seit1918 ausgeschlossen worden war. 1939 er-folgte die Bildung eines „Forschungsbei-rats für Vermessungstechnik und Kartogra-phie“ zur Koordinierung und Förderungaller zukunftsgerichteten geodätischen undkartographischen Aktivitäten. Zwar wurde1940 noch ein Runderlass zum Reichs-punktfeld mit dem Ziel veröffentlicht, eineinheitlich hierarchisch aufgebautesgeodätisches Festpunktfeld mit anspruchs-vollen Genauigkeitskriterien zu errichten;doch die Kriegshandlungen ließen eineRealisierung des angestrebten Ziels eben-sowenig zu, wie auch andere geodätischeund kartographische Vorhaben Deutsch-lands eingestellt werden mussten. Nur nochkriegswichtige geodätische und kartogra-

phische Arbeiten, vor allem die Schaffungder verschiedenen regionalen Ausgabender Deutschen Heereskarte für den Trup-peneinsatz wurden unter hohem Personal-und Materialeinsatz durchgeführt.

1935 wurde erneut ein Vorstoß unter-nommen, die topographische Grundkarte1 : 5 000 (und die Katasterplankarte) alsEinheits- oder Universalkarte - eine Forde-rung von General Baeyer von 1856 - zu ini-tiieren (2. Version des Musterblatts). 1936regelte der „Landesgrundkartenerlaß“ Her-stellung, Laufendhaltung, Vervielfältigungund Vertrieb der „Deutschen Grundkarte1 : 5 000“ auch unter Verwendung vonLuftbildern, und ein Jahr später ist dann dieDeutsche Grundkarte zum Reichskarten-werk erklärt worden. Der Kriegsausbruchverhinderte, dass sich diese Karte allge-mein durchsetzte.

Auch die „Deutsche Karte l : 50 000“

Abb.19: Deutsche Karte 1 : 50 000. Blatt 547 Reppen. Berlin 1927. Ausschnitt. FU Berlin FRKartographie.

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(Abb. 19) ist 1935 zum Reichskartenwerkerklärt worden. Bei Kriegsende lagen je-doch lediglich 29 Blätter im alten und 47Blätter im neuen Blattschnitt vor. Im Ge-gensatz zur Deutschen Grundkarte 1 :5000hat die Deutsche Karte l : 50000 in dieserForm nach 1945 keine Fortsetzung gefun-den.

Nach zehn Jahren wurde zwar 1937 dieBearbeitung der Topographischen Über-sichtskarte des Deutschen Reichs 1 :200000wieder aufgenommen, bei Kriegsende wa-ren aber immer noch elf Blätter nicht fer-tiggestellt. Ungeachtet dessen hat die To-pographie dieser Übersichtskarte einigenwichtigen thematischen Kartenwerken zu-grunde gelegen, so bereits 1913 der „Flie-gerkarte“, später dann der „Karte der Ge-meindegrenzen“, der „Geologischen Über-sichtskarte von Deutschland“ sowie der„Karte der nutzbaren LagerstättenDeutschlands“ - jeweils im Maßstab1 : 200000.

Entwicklung der deutschenKoordinatensysteme

Die Koordinatensysteme der Landesver-messungen sind von grundlegender Bedeu-tung für die Landesaufnahme mit dem Er-gebnis ihrer kartographischen Darstellung.Die Überlegenheit der süddeutschen Lan-desvermessungen über die norddeutschenin der ersten Hälfte des 19. Jahrhundertsberuhte zum größten Teil auf der planmä-ßigen Anlage rechtwinkliger Koordinaten-systeme. In Brandenburg wurde seinerzeitfür die Feldaufnahme kein einheitlichesKoordinatensystem benutzt; es gab ledig-lich „Insellösungen“, die aneinander ge-rückt wurden. Die bereits angewandtengeographischen Koordinaten (Länge, Brei-te) lagen dem praktischen Landmesser zufern. Er benötigte unbedingt rechtwinklige

Koordinaten, und zwar solche, die denÜbergang zwischen der Kleinvermessungund den höheren geodätischen Rechnungenmit geographischen Koordinaten vermittel-ten. Diese Funktion erfüllten die ab 1810in den süddeutschen Staaten eingeführtenSoldner-Systeme. Die rechtwinkligen geo-dätischen Koordinaten auf der gekrümm-ten Erdoberfläche waren französischen Ur-sprungs. Bereits 1734 schuf Cassini dieGrundlagen. In Süddeutschland formtenum 1800 Bohnenberger und etwas späterSoldner rechtwinklige und geographischeKoordinaten ineinander um. Beim Soldner-System nahm man in jedem Land einenPunkt als Nullpunkt und den Meridian die-ses Punkts als Hauptachse. Während dieMeridianachse (Abszisse) beliebig ausge-dehnt werden konnte, durften die daraufrechtwinklig stehenden Ordinaten eine ge-wisse, durch die Verzerrung begrenzteGröße nicht überschreiten. In Preußenwurden gemäß Anweisung der KöniglichPreußischen Landesaufnahme von 1881vierzig Koordinatensysteme nach Soldnerveröffentlicht. Hierbei ist zu bedenken,dass die Trigonometrische Abteilung derLandesaufnahme zwar ein konformes recht-winkliges System über ganz Preußen fürden Zusammenhalt der Triangulierungen I.und II. Ordnung besaß, dass die preußischeKatasterverwaltung jedoch davon unab-hängig die schwerfälligen SoldnerschenKoordinatensysteme verwendete.

Die seit 1820 durch Carl Friedrich Gaußin der Hannoverschen Landesvermessungeingeführten konformen Koordinaten er-fuhren nach allen Richtungen insgesamtgrößere - aber gleiche - Verzerrungen beider Darstellung der gekrümmten Erdober-fläche auf ebenem Kartenbild gegenüberden „natürlichen“ Soldnerschen Koordina-ten, die nach verschiedenen Richtungen ver-

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schiedene große Verzerrungen erfuhren.Erstere wahrten also das Prinzip der Nach-barschaft besser bei der Kartenabbildung.Trotz evidenter Vorteile konnten sich dieGaußschen konformen Koordinaten erstAnfang des 20. Jahrhunderts in der deut-schen Kartographie allgemein durchsetzen.

Die 1881 veröffentlichte Abhandlungüber die konforme Doppelprojektion derPreußischen Landesaufnahme ist mit demNamen des damaligen Chefs der Trigono-metrischen Abteilung der Königlich Preu-ßischen Landesaufnahme, Schreiber, ver-bunden. Bei dieser Kartenprojektion wur-

de ganz Preußen zunächst vom Erd-Ellipsoid auf eine Kugel mit dersphärischen Normalbreite (42° 40')abgebildet und dann zum zweitenMal von der Kugel auf die Ebenenach dem Mercator-Entwurf (An-schlussmeridian 31° Ferro = 13°20' östlich von Greenwich) kon-form übertragen. Hierbei bildeteder Meridian 13° 20' östlich vonGreenwich die x-Achse des preu-ßischen Systems mit einer Ordina-tenausdehnung westlich von ca.540 km, östlich von ca. 620 km.Der Nullpunkt des ebenen Systemsliegt auf dem Anschlussmeridianin der Breite 52° 42' 2,53251"nördliche Breite.

Das in Deutschlands amtlicherKartographie 1927 eingeführteGauß-Krüger-Koordinatensystemmit Streifen von je 3 Längengradenberuht auf einer winkeltreuen quer-achsigen Zylinderabbildung (Abb.20). Bei polständiger Lage des Zy-linders ist diese Abbildung als Mer-cator-Entwurf bekannt. Da die Ver-zerrungen der Abbildung seitwärtsvom Berührungsgroßkreis sehrrasch zunehmen, hat man sie aufdrei Längengrade beschränkt; alledrei Längengrade ist ein neuerquerachsiger Zylindermantel umdas Ellipsoid gelegt zu denken. Innordsüdlicher Richtung findet kei-ne Verzerrung statt.

Abb. 20: Von der Kugel zur Ebene. Gauß-Krüger-Ko-ordinaten. Prinzipskizze

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Die Überführung der in Preußen ur-sprünglich in anderen Projektionen, z. B.Polyederprojektion oder konforme Dop-pelprojektion, neu entworfenen Karten-werke in die Gauß-Krüger-Projektion istmathematisch unbedenklich, weil infolgeder relativ kleinen Ausdehnung der Kar-tenblätter und wegen der verhältnismäßiggeringen seitlichen Ausdehnung der Gauß-Krüger-Projektion die Projektionsunter-schiede im Kartenmaßstab unwirksam sind.

Anmerkung der Redaktion: Der Artikel ist der folgenden Publikati-

on entnommen:Wolfgang Scharfe, Holger Scheer-

schmidt: Berlin-Brandenburg im Karten-bild, Staatsbibliothek zu Berlin, Berlin2000, 248 Seiten, ca. 190 Abbildungen.

Buchhandelsbetrieb: Dr. Ludwig Rei-chert Verlag, Wiesbaden, ISBN 3-89500-200-3; 58,00 DM.

(Siehe auch unter Buchbesprechungen inVermessung Brandenburg, Heft 1/2001).

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Die Ursprünge der GrundsteuerDie Grundsteuer zählt zu den ältesten undwichtigsten Formen der direkten Besteue-rung. Ihre Geschichte ist eng mit der sozia-len und politischen Entwicklung in den ein-zelnen Ländern verbunden und deshalb inihrer Form sehr unterschiedlich.

Die Grundsteuer zielt auf den Ertrag, deraus dem Grund und Boden gewonnen wird,ab. Bereits im Altertum bei den Ägyptern,Griechen und Römern existierte diese Artder Steuerabgabe. Die Römer, die in derAntike eine hohe Kulturstufe erreicht hat-ten, waren die Ersten, bei denen die Steu-erabgaben eine ausgebildete Gestalt annah-men. So sind nachweislich auch Vermes-sungen zum Zwecke der Steuererhebung indieser Zeit ausgeführt worden. Ein Beweis

Christian Brands, Manja Gradtke-Hanzsch und Manuela Olschewski*)

140 Jahre Grundsteuerreform –Am 21. Mai 1861 wurde das Gesetz betreffenddie anderweite Regelung der Grundsteuerverkündet.

Die Grundsteuer als wesentliches Finanzierungsinstrument der Kommu-nen ist dringend reformbedürftig. Die Wertermittlungsstichtage von 1935und 1964 sind keinesfalls mit den heutigen Wertverhältnissen zu recht-fertigen. Durch die gemeinsame Besteuerung des Bodens und der Gebäu-de werden bauliche Investitionen bestraft. Auch müssen Eigentümer, de-ren Grundstücke ungenutzt sind, nur eine geringe Steuer zahlen. DieseMissstände in der gerechten Verteilung der Grundsteuer sollten bei der Er-stellung der Bemessungsgrundlage erneut überdacht werden.140 Jahre sind seit der Grundsteuerreform vergangen – Anlass für einengeschichtlichen Rückblick und einen Ausblick in die Zukunft der Grund-steuer.

dafür ist u.a. die älteste, in Rom aufgefun-dene Vermessungsanweisung aus der Zeit1000 v. Chr.

Ebenfalls die Römer waren ausschlagge-bend für den Grundgedanken, Abgaben aufdeutschem Boden einzuführen. DieseGrundsteuer, in Anlehnung an die Römer,wurde von den Franken, nach deren Herr-schaftsübernahme von den Römern, durchkirchliche und grundherrliche Grundzehn-ten und Grundzinsen abgelöst.

Der lange Weg zu einer gerechtenBesteuerung

Die Vorläufer der heutigen Grundsteuersind jedoch erst im Mittelalter als ein Ge-wirr von vielfältigsten Leistungen und Ab-gaben in Naturalien und Geld zu finden,

*) Gewinner eines Pressewettbewerbs für Vermessungsreferendarinnen/Vermessungsreferendare des Landes Brandenburg und Berlin 2001

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welche sich an den Besitz von Grund undBoden knüpften. Die wohl bekanntesteSteuer aus dieser Zeit ist die „Bede“, diesich von einer Bittsteuer zur Pflichtsteuerentwickelte. Schon damals erhob sie derLandesherr dafür, dass er mit seiner Dienst-mannschaft die Landesverteidigung und denReichsdienst leistete. Für die Steuererhe-bung gab es jedoch kein bestimmtes Prin-zip und System, so dass der Ruf aus der Be-völkerung nach einer gerechten und gleich-mäßigen Besteuerung und die Abschaffungder Privilegierungen immer lauter wurde.

Bestärkt wurden diese Rufe durch diefranzösische Revolution von 1789, wonachdie Regierungen gezwungen waren, die Steu-ern gerechter zu verteilen und die herr-schenden Vorrechte abzuschaffen. Darauf-hin wurde in Preußen durch das KöniglicheEdikt vom 27. Oktober 1810 versprochen,die verschiedenen Grundsteuersysteme dereinzelnen Landesteile zu vereinheitlichen,die Steuern gleichmäßig zu verteilen undsämtliche Grundsteuerbefreiungen aufzu-heben. Dazu trug auch im Wesentlichen diepolitische Lage des preußischen Staates bei,der durch seinen Zusammenbruch (Friedevon Tilsit 1807) gezwungen war, nach neu-en Einnahmequellen zu suchen.

Die Grundsteuerregelung im Sinne desKöniglichen Edikts von 1810 erfolgte je-doch nur in den beiden westlichen Provin-zen Rheinland und Westfalen. Diese Lan-desteile standen unter französischer Herr-schaft und waren dafür bekannt, dass alleSteuerbefreiungen ohne Entschädigungenaufgehoben wurden. Für diese Gebietewurde bereits 1798 ein französischesGrundsteuergesetz verabschiedet, zu des-sen Umsetzung mit der Aufstellung einesGrundsteuerkatasters begonnen wurde.

In den sechs östlichen Provinzen (Preu-ßen, Pommern, Posen, Schlesien, Mark

Brandenburg und Sachsen) konnte dagegender Adel seine steuerlichen Vorteile nochbis 1861 erfolgreich behaupten, da der Wi-derstand der bevorzugten Stände gegen dieAufhebung ihrer Steuerbefreiungen in die-sen Landesteilen sehr groß war.

Somit wurde erst 50 Jahre nach dem Ver-sprechen des Königs die Grundsteuerre-form in Gesamt-Preußen verwirklicht.

Die Einführung der Grundsteuer inPreußen 1861Vor 140 Jahren, am 21. Mai 1861, be-schloss das preußische Abgeordnetenhausnach mehrjährigen parlamentarischen Aus-einandersetzungen (siehe Abb. 1) und nachendlich erreichter Zustimmung der erstenKammer des Herrenhauses die Reformie-rung der Grund- und Gebäudesteuer. Diein den 25 preußischen Regierungsbezirkenbisher geltenden 33 verschiedenen Grund-steuerverfassungen wurden durch den Er-lass dreier einheitlich geltendender undorganisatorisch zusammenhängender Ge-setze abgelöst. Dazu zählten im Einzelnen:$„Das Gesetz betreffend die anderweite

Regelung der Grundsteuer,$das Gesetz betreffend die Einführung ei-

ner allgemeinen Gebäudesteuer, nebstTarif zur Veranlagung der Gebäudesteuer,

$das Gesetz betreffend die für die Aufhe-bung der Grundsteuer-Befreiungen undBevorzugungen zu gewährende Entschä-digung.“

Abb. 1: Auszug aus dem Kommissionsbe-richt vom 25. April 1861

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Die Umsetzung des neuen Grund-steuergesetzes

Die preußische Verwaltung stand nach demErlass dieser Gesetze vor einem riesigenProblem. Die neue Steuer sollte bereits abdem 1. Januar 1865 erstmals erhoben wer-den und die Regierung bestand darauf, dassim Sinne der gerechten Verteilung derGrundsteuer ein Kataster geschaffen undjedes Grundstück einzeln vermessen wer-den sollte.

Die bevorstehenden Arbeiten ergaben sichaus den zu einer Grundsteuer notwendiger-weise gehörenden drei Einzelbestandteilen:$ Steuerobjekt (Parzelle),$ Steuersubjekt (Grundeigentümer) und$ Steuermaßstab (landwirtschaftlicher

Reinertrag).Der Ertrag des einzelnen Grundstücks

hängt von seinen natürlichen und wirt-schaftlichen Ertragsbedingungen und sei-ner Größe ab. Daher musste das neue Grund-steuerkataster die einzelnen Parzellen mit

ihren Flächen, Eigentümern und Erträgensowie der danach zu berechnenden Grund-steuer nachweisen.

Vermessungen nahmen schon damalswie heute viel Geld und Zeit in Anspruch.Aus diesem Grunde wurde festgelegt, dassdie Kosten das Doppelte des Jahresauf-kommens der Grundsteuer, also 20 Millio-nen Taler, nicht übersteigen durften. Inner-halb von dreieinhalb Jahren (1861-1864)sollte unter Zugrundelegung dieses Etatseine Fläche von 275 000 km², acht Mal sogroß wie das heutige Land Brandenburg,vermessen, dem Werte nach geschätzt unddafür ein vollständiges Karten- und Regis-terwerk angelegt werden.

In den westlichen Provinzen Rheinlandund Westfalen bestand bereits seit der Ur-messung von 1818 - 1834 ein Grundsteu-erkataster, welches unter zentraler Leitung(General-Direktion in Münster) eingeführtwurde. Daher konnten die Arbeiten für die-se Landesteile (44 000 km²) auf einen Feld-vergleich reduziert werden. Für die sechsöstlichen Provinzen Preußens hingegenmusste erst eine geeignete Grundlage ge-schaffen werden. Da eine komplette „Neu-vermessung“ des Gebiets mit der Größevon 231 000 km² in der kurzen zur Verfü-gung stehenden Zeit nicht durchführbarwar, wurden alle Besitzer von Flurkarten,Rissen, Plänen, Zeichnungen und ähnli-chen Unterlagen aufgefordert, diese denstaatlichen Stellen zu überlassen. Somitwurde notgedrungen auf ein einheitlichesVermessungswerk verzichtet und auf be-reits vorhandene Unterlagen zurückgegrif-fen. Für immerhin 192 000 km² fanden sichauf diese Weise geeignete Karten, welchedurch Feldvergleich geprüft, ergänzt undfortgeführt wurden. Die verbleibende, kar-tenlose Fläche von ca. 35 000 km² mussteneu vermessen werden.

Abb. 2: § 1 des Gesetzes betreffend die an-derweite Regelung der Grundsteuer

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Größere zeitliche Einsparungen bei deraufwendigen Vermessung wurden durchden Ausschluss der bebauten Grundstückeeinschließlich der Hofräume und Hausgär-ten erreicht. Sie wurden komplett aus derGrundsteuer herausgenommen und einerbesonderen Gebäudesteuer (nach demzweiten Gesetz vom 21. Mai 1861), bezo-gen auf den Mietwert, unterworfen und un-ter dem Sammelbegriff „ungetrennte Hof-räume und Hausgärten“ aufgeführt. DieVermessungen machten daher an den Orts-rändern halt und so entstanden in den Ka-tasterkarten weiße Stellen, die später viel-fach spöttisch als „der dunkle Fleck auf derweißen Weste der preußischen Katasterver-waltung“ bezeichnet wurden.

Natürlich hatte diese Reform enorme Aus-wirkungen auf den Verwaltungsapparat despreußischen Staates. So entstand im Finanz-ministerium eine neue Abteilung, die „Zen-traldirektion zur Regelung der Grund-steuer im Preußischen Staat“, deren erstertechnischer Leiter Friedrich Gustav Gaußwurde. Der Zentraldirektion wurden desWeiteren 4 Generalkommissionen, 23 Be-zirkskommissionen und 302 Veranla-gungskommissionen stufenweise nachge-ordnet. In diesen Kommissionen fanden biszu 3 500 Mitarbeiter mit meist geringen odergar keinen Vorkenntnissen für die anste-henden Arbeiten eine Anstellung.

Innerhalb von knapp 4 Jahren wurde, un-ter Einhaltung des finanziellen Rahmens,das grandiose Gesamtwerk des „einheitli-chen Grundsteuerkatasters für das preußi-sche Staatsgebiet“ vollendet und der Grund-satz Benzenbergs, dass die Hauptsachebeim Kataster sei, dass es fertig werde,uneingeschränkt befolgt. Besonders demausgeprägten Organisationstalent und demfachlichen Wissen von F. G. Gauß ist dasGelingen dieses Werks zu verdanken (sie-

he auch „Zu Lebzeiten Legende, heute na-hezu vergessen? F. G. Gauß“ in Vermes-sung Brandenburg, 2/1999).

Im Vergleich zu anderen Staaten standendie technischen Bestandteile des preußi-schen Vermessungswerks etwas zurück,jedoch erwies sich das entstandene Katas-ter in steuerlicher Hinsicht allen anderen alsweitaus überlegen.

Die Auswirkungen der Grundsteuer-reform auf die Katasterverwaltungen

Für die Erhaltung und Fortschreibung derKatasterdokumente wurde jede Regierungvom Finanzminister 1864 ermächtigt, ei-gens dafür ein Büro einzurichten, aus de-nen ab 1872 die Katasterämter hervorgin-gen. Auf Grund dieser Ermächtigung wur-de die Katasterverwaltung in den östlichenProvinzen Preußens zum 1. Januar 1865 insLeben gerufen. In den beiden westlichenProvinzen hingegen entstanden die Katas-terverwaltungen bereits 30 Jahre früher.

Bei der Aufstellung des Steuerkatastersmusste die Qualität der Messungen zuguns-ten der Schnelligkeit zurücktreten, jedochgenügte diese bis ins 20. Jahrhundert denAnforderungen der Besteuerung von Boden-und Gebäudeertrag, aber nicht den moder-nen Ansprüchen des Liegenschaftskatasters.

Leider konnte sich die preußische Grund-und Gebäudesteuer von 1861 nur 30 Jahrelang als Staatssteuer behaupten, da die maß-gebenden Prinzipien (steuerliche Gleich-heit und Gerechtigkeit) auch im Zuge deraufkommenden Industrialisierung als längstüberholt galten. So musste die Grundsteu-er auch ihre herrschende Stellung im Staats-haushalt auf Grund der wachsenden Bevöl-kerung und dem zunehmenden Wohlstandan die Einkommensteuer, die 1891 einge-führt wurde, abgeben. Daraufhin folgteneinige Reformen, so die Miquell´sche Steu-

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erreform von 1893, wonach der Staat dieSteuern von 1861 auf die Gemeinden über-trug. Als Ersatz wurde zeitgleich vom Staatdas Ergänzungssteuergesetz erlassen unddadurch das Einkommen aus Vermögens-besitz zusätzlich zur Einkommenssteuererfasst. Mit dem Paragraph 9 des Ergän-zungssteuergesetzes wurde der Übergangvom Ertragswert zum gemeinen Wert (Ver-kehrswert) geschaffen. Dieser Verkehrswertstützte sich auf die Kaufpreissammlung,die bereits zur damaligen Zeit bei den Ka-tasterämtern angelegt und geführt wurde.

Die Grundsteuer im gegenwärtigenSpannungsfeldDie Grundsteuer wird heute ebenfalls alsGegenleistung der Bürger für die Leistun-gen der Gemeinde, die nicht schon durchGebühren und Beiträge abgegolten sind, imweitesten Sinne verstanden.

Sie zählt zu den Realsteuern und unter-liegt deshalb der konkurrierenden Gesetz-gebung des Bundes. Da eine gemeinsameBesteuerung von Grund und Boden sowieder damit verbundenen Anlagen (Gebäu-den) erfolgt, hat die Grundsteuer das We-sen einer sogenannten gebundenen Steuer.Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlagewerden die Boden- und Gebäudewerte inEinheitswerten zusammengefasst. DieGrundsteuer ist bundesrechtlich seit 1949im Grundsteuergesetz (GrStG) und die Er-mittlung der Einheitswerte im Bewertungs-gesetz (BewG) geregelt.

Grundlage für die Steuer sind in den al-ten Bundesländern die Einheitswerte nachden Wertverhältnissen vom 1.01.1964. Inden neuen Bundesländern werden dagegendie Einheitswerte vom 1.01.1935 fürGrundstücke bzw. die Ersatzwirtschafts-werte für die Nutzungseinheiten der Land-und Forstwirtschaft angehalten. Ursprüng-

lich war laut BewG eine regelmäßige Neu-bewertung des Grundbesitzes alle 6 Jahrevorgesehen, wozu es aber nie kam. Die Ein-heitswerte entsprechen etwa 10 - 30% dertatsächlichen Verkehrswerte. Das Festhal-ten an kaum noch nachvollziehbaren Wert-verhältnissen bewirkte in den letzten Jah-ren eine verfassungsrechtliche Schieflageder Grundsteuer.

Die Lenkungswirkungen durch die Be-steuerung des Bodens und der Gebäude wi-dersprechen sich gegenseitig. Der Eigen-tümer eines unbebauten Baulandgrund-stücks wird durch die Besteuerung des Bo-dens zur besseren Ausnutzung seinesGrundstücks, demzufolge zum Bauen, an-geregt. Gleichzeitig erhöht sich mit der Be-bauung die Steuerlast auf den Eigentümerund wirkt somit der positiven Lenkungs-wirkung entgegen. Die anhaltende hoheNachfrage nach attraktivem Bauland führtdann eher zur Ausweisung neuer Baugebie-te durch die Gemeinden, als zur Schließungvon Baulücken und der Bebauungsverdich-tung.

Zukünftige Bestrebungen derGrundsteuerentwicklungZiel der angedachten Grundsteuerreformist es, eine neue Bemessungsgrundlage zuerstellen, welche die alten Einheitswerte undMessbeträge ablöst. Die Zuständigkeit derErmittlung der Bemessungsgrundlage solldabei von den Finanzämtern auf die Kom-munen übertragen werden. Weiterhin istangedacht, dass gesamte Ermittlungsver-fahren der Grundsteuer einfacher, transpa-renter und bürgerfreundlicher zu gestalten.

Modellvorschläge aus Politik undWirtschaft

Zwei Modelle für die Bemessung derGrundsteuer stehen zur Zeit hauptsächlich

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zur Diskussion. Beispielsweise wird einereine Bodenwertsteuer in Betracht gezo-gen, welche nur den Grund und Boden er-fasst, die baulichen Anlagen jedoch unbe-rücksichtigt lässt. Dieses Modell könnte zueiner effektiveren Ausnutzung des Grundund Bodens führen und somit das begrenzteNaturgut „Boden“ nachhaltig sichern. DesWeiteren wird ein Kombinationsmodell fa-vorisiert, in dem zusätzlich der Gebäude-wert in standardisierter Form einbezogenwird. Hier liegt der Vorteil bei der Berück-sichtigung der tatsächlichen Ausnutzungdes Grund und Bodens und der nicht allzugroßen Umverteilung der Steuerlast gegen-über dem bisherigen Grundsteuersystem.In beiden Modellen soll der Wert des Bo-dens aus den Bodenrichtwerten abgeleitetwerden, welche von den Gutachterausschüs-sen für Grundstückswerte bereitzustellensind. Im Rahmen der Erbschaftssteuer wer-den diese Werte schon heute der Besteue-rung zugrunde gelegt. Weitere Modellvor-schläge, wie das Flächensteuermodell unddas Flächennutzungssteuermodell sind u.a.in der Veröffentlichung von Michael Rei-denbach (Bodenpolitik und Grundsteuer,Deutsches Institut für Urbanistik, Berlin1999) zu finden.

Erfahrungen aus der Praxis -Ausblick

In unserem Nachbarland, den Niederlan-den, werden die Grundsteuern durch dieGemeinden ermittelt. Grundlage dafür isteine verkehrswertorientierte Besteuerung,die in regelmäßigen Intervallen aktualisiertwird. Für die Ermittlung der Besteuerungs-grundlage wurde ein Modell gewählt, wel-ches sich auf eine Vielzahl von Einzelstich-proben von Werten des Grund und Bodenssowie den Gebäudewerten stützt. Bei derErsterfassung in den Niederlanden wurden

auf Grund ungenügender Kapazitäten derGemeinden auch private Bewertungsbüroseingesetzt.

In Deutschland wäre hier die Gelegen-heit, dass die qualifizierten beliehenen Stel-len gemeinsam mit den Gutachterausschüs-sen dem neuen Grundsteuererhebungssys-tem zuarbeiten.

Abschließend bleibt zu klären: Wie lan-ge müssen wir noch auf die neue Grund-steuerreform warten? – Hoffentlich nichtbis zum Jahre 2011, wenn es dann heißt:„150 Jahre Grundsteuerreform“.

Literaturverzeichnis und Quellen-angabeDosdzol, Wolf-Dietrich: „Bodensteuer und

Verkehrswert/Bodenrichtwert – einBeitrag zur geplanten Grundsteuerre-form“, Vermessung Brandenburg, Nr.1/2000, S. 3 - 8

Gauß, F. G.: Die Gebäudesteuer in Preu-ßen, Kommissionsbericht vom 25.April 1861, Berlin: R. v. Deder Verlag,1917, S. 711

Gesetzessammlung für die KöniglichenPreußischen Staaten 1861, Berlin, S.253

Kurandt, Friedrich: „Zur Erinnerung an dieGründung der preußischen Katasterver-waltung am 1. Januar 1865“, ZfV, Nr.1/1966, S. 1 - 11

Unger, Horst: „Die preußischen Grund-steuergesetze vom 21. Mai 1861 unddas Liegenschaftskataster“, AVN, Nr.5/1961, S. 127 - 132

Ufer, Wolfgang: „Die preußische Grund-steuerreform von 1861 und die Entste-hung der Katasterämter“, AVN, Nr. 10/1987, S. 382 - 389

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MitteilungenMitteilungen

Da nicht nur Daten der Gegenwart von In-teresse sind, sondern auch historische Da-ten, wurde das erstmals vom Landesamt fürDatenverarbeitung und Statistik Branden-burg im Jahr 1997 veröffentlichte histori-sche Gemeindeverzeichnis überarbeitetund um die Jahre 1996 bis 1999 ergänzt.

Diese Veröffentlichung ist für jeden ein-zelnen Landkreis nach Gemeinden erhält-lich. In allen Veröffentlichungen wird eineLandesübersicht zur Bevölkerungsentwick-lung von 1875 bis 1999 mit den kreisfrei-en Städten, den Landkreisen, Planungsre-gionen und dem engeren Verflechtungs-raum Brandenburg-Berlin vorangestellt.

Für die vier kreisfreien Städte des Lan-des Brandenburg erscheint eine komplexeAusgabe.

Folgende Schwerpunkte sind jeweils ent-halten:

$ Für den Zeitraum 1875 bis 1999 sind dieBevölkerungsdaten nach einheitlichemGebietsstand vom 31.12.1999 darge-stellt.

$ Wer die Vergleichbarkeit nicht wünscht,kann die Bevölkerungsentwicklung derGemeinden zum Gebietsstand des je-weiligen Jahres betrachten, d.h. in derjeweils gültigen Gemeindestruktur. Hiersind die zum jeweiligen Stichtag selbst-ständig existierenden Gemeinden ausge-wiesen.

Historisches Gemeindeverzeichnis desLandes Brandenburg 1875 bis 1999

$ Weiterhin werden in zeitlicher Folge dieGemeindegebietsveränderungen, ein-schließlich Namensänderungen darge-stellt, ergänzt um eine Übersicht der Ge-meinden, in denen es in diesem langenZeitraum keine Gebietsveränderungengab.

$ Komplettiert wird jede Veröffentlichungdurch zwei alphabetische Verzeichnisse:$ Ein Verzeichnis der Gemeinden, die

zum Gebietsstand 31.12.1999 nichtmehr als selbstständige Gemeindenbestehen mit dem Hinweis der Ver-änderung bzw. der neuen Gemeinde-zugehörigkeit und

$ Ein Verzeichnis mit den zum Gebiets-stand 31.12.1999 existierenden Ge-meinden.

Die Gesamtausgabe (15 Teile) kostet90,00 DM, kreisfreie Städte sind für 5,00DM und die Landkreise für je 7,50 DMerhältlich.

Zusätzlich gibt es eine Zusammenfas-sung der in den 15 Teilen enthaltenen Ge-meindegebietsveränderungen. Diese ist für16,00 DM erhältlich.

(Landesbetrieb für Datenverarbeitungund Statistik)

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Mitteilungen

Ziel des Vermessungsreferendariats ist es,Führungskräfte für das Vermessungs- undLiegenschaftswesen auszubilden. Weil dieVerwaltungsreform und -optimierung keinenBogen um das Vermessungswesen schlägt,müssen sich die zukünftigen Führungskräf-te bereits in der Ausbildung mit den The-menbereichen Leitungsaufgaben und Wirt-schaftlichkeit stärker auseinandersetzen.Aufbauend auf den Empfehlungen desOberprüfungsamtes in Frankfurt am Mainwurden die Vorschriften zur Ausbildungund Prüfung für den höheren vermessungs-technischen Verwaltungsdienst novelliert.

Die Ausbildungs- und Prüfungsordnungwurde federführend durch das Ministeriumdes Innern gemeinsam mit dem Ministeri-um für Stadtentwicklung, Wohnen und Ver-kehr und dem Ministerium der Finanzenerarbeitet. Damit konnten einheitliche Vor-schriften für die Fachrichtungen Hochbau,Städtebau, Bauingenieurwesen, Maschi-nen- und Elektrotechnik sowie Vermes-sungs- und Liegenschaftswesen geschaffenwerden.

Mit Veröffentlichung der Ausbildungs-und Prüfungsordnung am 30. April 2001finden die neuen Vorschriften bereits fürdie im Mai eingestellten Vermessungsre-ferendare Anwendung. Wichtigste Neue-rung ist die Einführung eines sechsten Prü-fungsfachs “Leitungsaufgaben und Wirt-schaftlichkeit”. Die bisher unter anderemim Fach “Verwaltung und Recht” behan-delten Themen sollen stärker vermittelt undergänzt werden. Dies sind insbesondere:$ Leitungskonzeptionen, -methoden und

-techniken,

$ Personalführung,$ Kommunikationstechniken,$ volks- und betriebswirtschaftliche Un-

tersuchungen.Die Ausbildung im Prüfungsfach “Lei-

tungsaufgaben und Wirtschaftlichkeit” sollsich wie bereits im Fach “AllgemeineRechts- und Verwaltungsgrundlagen” überden gesamten Ausbildungszeitraum vonzwei Jahren erstecken. Die Vermittlung dertheoretischen Kenntnisse soll wie bisher inForm von Seminaren (2 Wochen Rhetorik-und Managementseminar, 4 Wochen All-gemeines Verwaltungsseminar, eintägigeVerwaltungsseminare im Ministerium desInnern) erfolgen, welche den neuen Prüf-stoffen entsprechend angepasst werden.Große Bedeutung bei der praktischen Um-setzung kommt den Ausbildungsstellen(z.B. KVÄ, AFlE, LVermA u.a.) zu. In denAusbildungsabschnitten ist den Vermes-sungsreferendaren Gelegenheit zur Teil-nahme an Sitzungen, Terminen und Ver-handlungen zu geben. Durch diese direkteEinbeziehung kann und muss die theoreti-sche Ausbildung der Seminare in der Pra-xis trainiert werden, um verantwortungsbe-wußte, engagierte sowie sozial und fachlichkompetente Führungskräfte auszubilden.Nun liegt es an der Ausbildungsbehördeund den Ausbildungsstellen, aber auch anden Referendaren, die neuen Vorschriftenmit Leben zu erfüllen.

(Andre Schönitz, MI, Potsdam)

Neue Ausbildungs- und Prüfungsordnung für dasVermessungsreferendariat

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Mitteilungen

“Eine qualifizierte Ausbildung sichert Be-rufschancen”. Dies sagte Innenminister JörgSchönbohm am 20. Juni 2001 bei der Be-grüßung der Mitglieder des Prüfungsaus-schusses Vermessungs- und Liegenschafts-wesen des Oberprüfungsamtes im Innen-ministerium anlässlich der abschließendenmündlichen Prüfung vor dem Ober-prüfungsamt. “Verwaltungen und Unter-nehmen der freien Wirtschaft haben man-ches gemeinsam”, stellte Minister Schön-bohm fest. Dazu gehöre, dass Aufgabendann erfolgreich erledigt werden können,wenn insbesondere die Führungskräfte ent-sprechend hohen Anforderungen gerechtwerden. “Im Industrieland Deutschland seies besonders wichtig, dass Wirtschaft undVerwaltung möglichst gut und reibungslosmiteinander kommunizieren. Führungskräf-te der Verwaltung in Bund , Ländern undKommunen verstünden sich deshalb zu-nehmend als Partner der Wirtschaft undleitsteten damit einen entsprechenden Bei-trag zur Sicherung des WirtschaftsstandortsDeutschland”.

Das in Frankfurt am Main ansässigeOberprüfungsamt für die höheren techni-schen Verwaltungsbeamten hatte seine Ak-tivitäten für drei Tage nach Potsdam insMinisterium des Innern verlegt, um Refe-rendarinnen und Referendaren aus denLändern Berlin, Brandenburg und Nieder-sachsen die Große Staatsprüfung in derFachrichtung Vermessungs- und Liegen-schaftswesen abzunehmen. “Wer diesesExamen besteht, hat erfahrungsgemäß guteAussichten auf eine Karriere in öffentli-chen Verwaltungen, aber auch in der frei-

en Wirtschaft”, betonte InnenministerSchönbohm.

Zusammen mit dem Leiter des Oberprü-fungsamtes, Präsident Dipl.-Ing. Klaus Ne-ven, waren die Mitglieder des Prüfungsaus-schusses Vermessungs- und Liegenschafts-wesen aus ganz Deutschland nach Potsdamgekommen. Das Oberprüfungsamt mit Sitzin Frankfurt am Main ist als gemeinschaft-liches Amt für 14 Bundesländer, den Bundund die kommunalen Spitzenverbände tä-tig. Jährlich legen rd. 300 Referendarinnenund Referendare nach zweijährigem Vor-bereitungsdienst in den verschiedenstenFachrichtungen (Hochbau, Städtebau,Wasserwesen, Straßenwesen, Stadtbauwe-sen, Bahnwesen, Maschinen- und Elektro-technik, Vermessungs- und Liegenschafts-wesen, Wehrtechnik, Luftfahrttechnik,Landespflege und Umwelttechnik/Um-weltschutz) ihre Große Staatsprüfung ab.

Aufbauend auf ein abgeschlossenes Stu-dium an einer Universität oder TechnischenHochschule erwerben die Referendarenach dem zweijährigen Vorbereitungsdienst(= Referendariat) und bestandener Prüfungdie Befähigung für den höheren techni-schen Verwaltungsdienst und sind berech-tigt, die Berufsbezeichnung “Assessor” miteinem die Fachrichtung kennzeichnendenZusatz zu führen.

(Andre Schönitz, MI, Potsdam)

Qualifizierte Ausbildung sichert BerufschancenGroße Staatsprüfung im Ministerium des Innern

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Mitteilungen

Die Novellierung der Ausbildungs- undPrüfungsordnung wurde erforderlich, umeinen neuen Bewertungsmodus der Gesamt-leistung sowie ein neues Besetzungsver-fahren der Prüfungsausschüsse einzufüh-ren. Diese sowie weitere Regelungen fürden Ausbildungs- und Prüfungsablauf wur-den in der Änderungsverordnung vom 9.Mai 2001 (GVBl. II S.178 ) aufgenommen.

Mit der Einführung des neuen Bewer-tungsschlüssels werden die fachprakti-schen Leistungsnachweise, Lehrgangs- undSeminarleistungen der Anwärter sowie dieBeurteilungen der Ausbildungsstellen inder abschließenden Beurteilung des Aus-bildungsleiters zusammengefasst und mit20 % im Gesamtergebnis der Prüfung be-rücksichtigt. Die drei schriftlichen sowiedie mündlichen Leistungsnachweise derLaufbahnprüfung werden zu gleichen Tei-len in einer Prüfungsnote zusammenge-fasst. Diese gehen mit 80 % in das Gesamt-ergebnis der Prüfung ein.

Zur Berücksichtigung der Leistungen ausder fachpraktischen Ausbildung sind dieEinzelbeurteilungen der Ausbildungsstel-len künftig präzise und aussagekräftig zufassen. Sie müssen als Element der Gesamt-leistung objektiv nachvollziehbar bleiben.Hierfür wurde ein neuer Beurteilungsvor-druck sowie Hinweise zur Beurteilung inder Änderungsverordnung aufgenommen.

Es ist zu erwarten, dass der neue Bewer-

tungsmodus für Anwärter und Ausbil-dungsstellen motivationssteigernd wirkt,da bereits die Ausbildungsleistungen direktin das Prüfungsergebnis eingehen.

Für die Anwärter des letzten Jahrgangskamen die o.a. Regelungen bereits zur An-wendung.

Mit Ablauf der ersten Amtszeit des Prü-fungsausschusses wurde im Juni 2001 derneue Prüfungsausschuss zur Abnahme derLaufbahnprüfung der Vermessungsoberin-spektoranwärter bereits nach den neuenRegelungen besetzt. Als Vorsitzender wur-de erneut Herr Manfred Oswald, als Mit-glieder Frau Beate Ehlers (stellvtr. Vorsit-zende), Herr Axel Großelindemann, HerrRalf Strehmel, Herr Heinz-Werner Kahlen-berg und als stellvertretende MitgliederFrau Kirsten Harneid, Frau RoseloreSchwichtenberg, Herr Dietrich Gerickeund Herr Gunter Genau berufen. An die-ser Stelle sei ausdrücklich der Dank an diebisherigen Mitglieder für die erfolgreicheArbeit im Prüfungsausschuss gerichtet.Seit 1996 wurden bereits 30 Vermessungs-oberinspektoranwärter im Land Branden-burg geprüft.

Weiterhin wurde zum 1. Oktober dieAusbildung in der Laufbahn des gehobe-nen kartographischen Verwaltungsdienstesaufgenommen. Die Ausbildung erfolgt mitBlick auf den Fachkräftebedarf insbeson-dere bei der Aufgabenerledigung unter Ein-

Novellierung der Ausbildungs- und Prüfungsordnungund Berufung der Prüfungsausschüsse für dengehobenen vermessungstechnischen und für dengehobenen kartographischen Verwaltungsdienstim Land Brandenburg

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Mitteilungen

satz modernster Technologien und Verfah-ren in der Vermessungs- und Katasterver-waltung. Die Verwaltungsausbildung wirdin den Lehrgängen zur Einführung, Ver-waltung und Kommunikation sowie in denSeminaren zur Rechtsanwendung gemein-sam mit den Vermessungsoberinspektoran-wärtern durchgeführt. Ein wesentlicherTeil der technischen Fachausbildung inLandesvermessung, Kartographie und

Geoinformation erfolgt im Landesvermes-sungsamt. Auch für die Prüfung der Kar-tographenoberinspektoranwärter wird nachder neuen Ausbildungs- und Prüfungsord-nung im Frühjahr 2002 die Berufung eineslandeseigenen Prüfungsausschusses erfol-gen. Die erste Prüfung wird voraussichtlichim September 2002 stattfinden.

(Jürgen Schön, MI, Potsdam)

Als sich in den Jahren 1989 und 1990 in derdamaligen DDR der Übergang von der so-zialistischen Planwirtschaft zur kapitalisti-schen Marktwirtschaft abzeichnete, muss-ten sich die volkseigenen Betriebe auf dieneue Situation einstellen. Dass dabei in Ein-zelfällen rechtliche Bestimmungen übertre-ten wurden, ist nicht immer mit Unkennt-nis zu erklären oder gar zu rechtfertigen.

Der VEB Tourist Verlag, im folgendenTV genannt, hatte spätestens seit 1989 inverschiedenen Verträgen den Militärkarto-graphischen Dienst (VEB), im folgendenMKD genannt, mit der Herstellung vonKarten beauftragt. Der MKD benutzte alsGrundlage für die Kartenherstellung denbei ihm lagernden Kartenfundus des Minis-teriums für Nationale Verteidigung(MfNV), nämlich die Karten der AusgabeStaat (AS-Karten). Der MKD behauptete,Inhaber aller Rechte an den AS-Karten zusein, und übertrug alle übertragbaren Rech-te an den gelieferten Karten auf den TV.Der TV war in der DDR schon lange imKartengeschäft tätig und folglich sowohlmit dem Urheberrecht der DDR (das dem

der BRD sehr ähnlich war) als auch mit denGeheimhaltungsvorschriften der DDR(wesentlich strenger als der Verwendungs-vorbehalt in den Vermessungsgesetzen derLänder der BRD) vertraut. Er machte sichdennoch die Sichtweise des MKD zu eigenund vertrat die Auffassung, Inhaber allerRechte an den erworbenen Karten zu sein.

Das Land Brandenburg reagiert

Das am 3.10.1990 neu gegründete LandBrandenburg reagierte sehr früh auf diesein seinen Augen rechtswidrige Praxis. Umdie Entscheidungen im späteren Rechts-streit zu verstehen, ist es erforderlich, die-se Vorgeschichte zu kennen. Schon 1990protestierte der Leiter des Aufbaustabs desLandesvermessungsamtes gegen die unbe-fugte Verwendung der AS-Karten und for-derte die Herausgabe und den Stop desVertriebs, bis die Genehmigung vorliegeund die Nutzungsgebühr bezahlt sei. DerTV, inzwischen eine GmbH im Aufbau,berief sich auf seine Verträge mit demMKD, durch die er alle erforderlichenRechte erhalten habe. Als die Verhandlun-

Aus der Rechtsprechung: Tourist Verlag -Das Ende einer unendlichen Geschichte

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- 61 - ermessung Brandenburg

Mitteilungen

gen in den Jahren 1990 bis 1992 zu keinemErgebnis führten und rechtliche Schritteunausweichlich schienen, übergab das in-zwischen gegründete Landesvermessungs-amt den Vorgang im Oktober 1992 zur Ent-scheidung an das Ministerium des Innern(MI). Nach eingehender Prüfung unter-nahm das Landesvermessungsamt auf An-raten des MI im März 1995 erneut den Ver-such einer gütlichen Einigung. Die TVGmbH war inzwischen in der Fink-Küm-merly +Frey Verwaltungsgesellschaft mbHaufgegangen. Diese ließ durch ihren Rechts-vertreter alle Ansprüche zurückweisen.Daraufhin entschied sich das Land Anfang1996, den Klageweg zu beschreiten. Vorder Klageerhebung machte der Rechtsan-walt noch einmal im März 1996 die An-sprüche direkt geltend, was die Gegensei-te erneut durch Anwaltsschreiben zurück-wies. Mitte 1997 erhob der RechtsanwaltKlage, die das Gericht jedoch aus forma-len Gründen - es fehlte die Bezifferung desStreitwerts - der Beklagten nicht zustellte.Im Dezember 1999 wurde eine neue Kla-ge eingereicht. Die Verlagsgruppe Fink-Kümmerly +Frey VerwaltungsgesellschaftmbH war inzwischen in der Verlagsgrup-pe J. Fink GmbH & Co. KG aufgegangen.

Der Rechtsweg

Die Klage stützt sich auf das Urheberrecht.Sie begründet, dass das Land BrandenburgInhaber aller Rechte an den topographi-schen Kartenwerken der DDR ist - soweitdas Gebiet des Landes betroffen ist. Denndie Karten wurden in der DDR vom VEBKombinat Geodäsie und Kartographie alsnachgeordnetem Betrieb des Innenministe-riums hergestellt. Die Rechte sind beimKombinat entstanden und auf das Ministe-

rium des Innern übertragen worden. DieAufgabe ist durch den Einigungsvertragauf das Land übergegangen, zusammen mitdem betroffenen Verwaltungsvermögen,und dazu gehören die Karten mit allen ih-ren Rechten. Die Klage weist an einem Kar-tenprodukt der Beklagten nach, dass diesauf der Grundlage der betreffenden AS-Karten hergestellt wurde. Die Klage wirdals sogenannte Stufenklage erhoben. Dasheißt, der Kläger verlangt „zunächst Aus-kunft über Art und Umfang der Vervielfäl-tigung und Verbreitung des Kartenmateri-als, um sodann seine sich hieraus ergeben-den Zahlungsansprüche zu beziffern“ (Zi-tat aus der Klageschrift).

Das Urteil des LG Potsdam weist die Kla-ge ab mit der Begründung, eventuelle An-sprüche des Klägers seien durch die - ausSicht der Beklagten - langfristige Untätig-keit des Klägers verwirkt. Es legt den Zeit-raum von 1990 bis 2000 zugrunde. Bei die-ser Begründung erübrigt sich eine rechtlichePrüfung mit Blick auf das Urheberrecht.

In der Berufungsverhandlung lässt dasBrandenburgische OLG erkennen, dass esder Argumentation des Klägers, dass er In-haber der Rechte an den AS-Karten sei,folgen werde. Dagegen sah sich das Ge-richt nicht in der Lage, den Ausführungender Beklagten zu folgen. Insbesondere derEinrede, eventuelle Rechtsansprüche seiendurch Zeitablauf und Untätigkeit des Klä-gers verwirkt, trat es mit der Ansicht ent-gegen, dass das Land trotz zögerlichen Vor-gehens nie durch aktives Handeln den Ver-zicht auf seine Ansprüche zum Ausdruckgebracht habe. Das Gericht schätzt es al-lerdings als schwierig ein, von der Beklag-ten zuverlässige Auskunft über die erfolg-te Nutzung zu erhalten. (Nach Bekunden

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Mitteilungen

der Beklagten ist der Geschäftsbetrieb indiesem Bereich inzwischen eingestellt, dieMitarbeiter entlassen, die Kartenunterlagenzum wesentlichen Teil vernichtet). Daherschließen die Parteien auf Vorschlag desGerichts den folgenden Vergleich:$ Die Beklagte zahlt zur Abgeltung aller

Ansprüche 50.000 DM an das klagendeLand.

$ Die Beklagte trägt die Kosten des Rechts-streits und des Vergleichs.

Fazit

Der Anspruch des Landes, Inhaber derRechte an den AS-Karten zu sein, wurdevom Gericht anerkannt, jedoch nichtschriftlich fixiert. Dagegen steht die Ein-

rede der Verwirkung, da das Land bei derVerfolgung seiner Forderung zeitlicheLücken von zweieinhalb und von dreiein-halb Jahren hat entstehen lassen. Da aberdas Land nie durch irgendein Verhaltenden Eindruck erweckt hat, dass es auf dieVerfolgung seiner Forderung verzichte, hatdas Gericht die Einrede nicht gelten lassen.Ob in einem entsprechenden Rechtsstreit ineinem anderen Land das Gericht den Ver-wirkungstatbestand ebenso werten würde,muss danach beurteilt werden, welcheSchritte das jeweilige Land in den letztenJahren zur Verfolgung der eigenen Ansprü-che unternommen hat.

(Winfried Zöllner, MI, Potsdam)

Durch das 2. Vermögensrechtsänderungs-gesetz hatte im Jahre 1992 der Gesetzge-ber in das Wiedervereinigungsrecht beson-dere Vorschriften über die Abwicklung derBodenreform (Art. 233 §§ 11 bis 16 EGB-GB) eingefügt. Betroffen waren hiervonGrundstücke, die am 15. März 1990 imGrundbuch mit einem Bodenreformver-merk gekennzeichnet waren. Auch wennder Bodenreformvermerk später gelöschtwurde, unterliegt das Grundstück weiter-hin den Bodenreformabwicklungsvor-schriften.

Mit den Bodenreformabwicklungsvor-schriften hat der Gesetzgeber u.a. einerseitsdas Eigentum der im Grundbuch eingetra-genen Eigentümer bzw. ihrer Erben aner-kannt und gleichzeitig geregelt, unter wel-chen Voraussetzungen das Eigentum mit

Bodenreformgrundstücke nach dem3. Oktober 2000

dem Ehegatten des im Grundbuch alleineingetragenen Eigentümers zu teilen ist.Andererseits hat der Gesetzgeber aber auchbestimmt, wann sogenannte Besserberech-tigte (oftmals der Landesfiskus, aber auchPrivatpersonen) das Eigentum an dem Bo-denreformgrundstück von dem im Grund-buch eingetragenen Eigentümer bzw. vondessen Erben unentgeltlich herausfordernkonnten. Dies war grundsätzlich dann derFall, wenn dem Besserberechtigten bekanntwurde, dass der Eigentümer nicht zutei-lungsfähig (d.h. nicht LPG-Mitglied undnicht bis zum Ablauf des 15. März 1990 inder DDR-Land-, Forst- und Nahrungsgü-terwirtschaft tätig oder vor diesem Stich-tag mindestens 10 Jahre dort beschäftigtgewesen) war. Hatte der Bodenreformei-gentümer vor dem Herausgabeverlangen

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Mitteilungen

des Besserberechtigten das Bodenreform-grundstück entgeltlich veräußert, bestan-den keine Besonderheiten mehr für den Er-werber. Vom Veräußerer konnte der Bes-serberechtigte jedoch in diesen Fällengrundsätzlich das erzielte Veräußerungs-entgelt fordern.

Am Beispiel des Landes Brandenburg alsBesserberechtigtem und in Zahlen darge-stellt, hatte das Land Brandenburg bis Mai2000 von ca. 5 000 Bodenreformeigentü-mern bzw. deren Erben insgesamt 7 000 haehemaliges Bodenreformland übertragenerhalten. Bei diesem übertragenen Boden-reformland handelte es sich zu 95% umland- und forstwirtschaftlich genutzte Flä-chen. In 963 Fällen wurden vom LandBrandenburg ersatzweise Zahlungsansprü-che durchgesetzt.

Die vorgenannte Rechtslage hat sich am3. Oktober 2000 entscheidend geändert,denn gem. Art. 233 § 14 EGBGB verjähr-ten an diesem Tag die Ansprüche des Bes-serberechtigten. Auch nicht zuteilungsfä-hige Eigentümer von Bodenreformgrund-stücken bzw. deren Erben, die bis zu die-sem Tage die Ansprüche des Besserberech-tigten nicht erfüllt haben, können damit ihrBodenreformeigentum oder ihr erzieltes Ver-äußerungsentgelt endgültig behalten. Fürsie ist ihr Bodenreformeigentum damit abdem 3. Oktober 2000 wirtschaftlich vollnutzbar.

Dies gilt jedoch dann nicht, wenn derBesserberechtigte zur Sicherung seiner An-sprüche zuvor verjährungsverzögerndeRechtsmaßnahmen (insbesondere Klage-einreichung bei Gericht) ergriffen hat. Indiesem Fall verjähren die Ansprüche desBesserberechtigten erst nach Klärung desEinzelfalls.

Am 3. Oktober 2000 sind jedoch nichtalle Besonderheiten für Bodenreform-grundstücke weggefallen. So besteht z.B.auch nach dem 3. Oktober 2000 weiterhinder etwaige hälftige Eigentumsanspruchdes Ehegatten des Bodenreformeigentü-mers (vgl. Art. 233 § 11 Abs. 5 EGBGB)oder der Eigentumsanspruch des Mitnut-zers gem. Art. 233 § 12 Abs. 5 EGBGB. Mit-nutzer ist derjenige, dem auf einem Boden-reformgrundstück Wohnraum zur selbst-ständigen, gleichberechtigten und nicht nurvorübergehenden Nutzung zugewiesenwurde.

Aus diesem Grunde sollten sich auchnach dem 3. Oktober 2000 Bodenreform-eigentümer vom Notar die besondereRechtslage erläutern lassen und vor jederVerfügung über Bodenreformgrundstücke(z. B. durch Kauf, Schenkung oder Grund-pfandrechtsbestellung) den Notar vorsorg-lich auf die Bodenreformeigenschaft desGrundstücks hinweisen.

(Notarkammer Brandenburg)

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Mitteilungen

DVW-Veranstaltungen 2001/2002Vortrag (Ort, Termin, Referent)

Exkursion zur Frauenkirche Dresden (Dresden, 1.09.2001, Dr. Weber, Treffpunkt: 11.00 Uhr vor Ort - individuelle Anreise -)

Zum Stand der Bodensteuerreform aus bodenpolitischer Sicht(Potsdam, 6.09.2001, Prof. Kleiber, Bundesministerium für Verkehr, Bau- undWohnungswesen )

Facility Management in der öffentlichen Verwaltung (Berlin, 13.09.2001, Dr. Runge, Bauakademie Berlin)

85. Deutscher Geodätentag - INTERGEO® -(Köln, 19.-21.09.2001)

Exkursion zum Tagebau Jänschwalde(Jänschwalde, 24.09.2001, Frank Hoffmann, Treffpunkt: 15.00 Uhr Tagebau Jänsch-walde - individuelle Anreise -)

Automatisierung bei geodätischen Instrumenten(Cottbus, 8.10.2001, Prof. Deumlich, Dresden)

Wirtschaftliche Verfahren für die Facility Management (FM) - Datenerfassung(Berlin, 18.10.2001, Rietdorf, TU Berlin)

Der Studiengang Vermessungswesen an der Fachhochschule Neubrandenburg -Ein Erfahrungsbericht(Potsdam, 25.10.2001, Prof. Rebenstorf, FH Neubrandenburg)

Fragen des Eigentums bei der Landschaftsplanung (Cottbus, 5.11.2001, Fr. Prof. Daldrop-Weidmann, BTU Cottbus)

Führung durch den Bibliotheksneubau des Deutschen Technikmuseums Berlin(Berlin, 8.11.2001, Dipl.-Bibl. Curtius)

Photogrammetrisches Thema(Berlin, 15.11.2001)

Die Landesvermessung im Wandel, aktuelle Aspekte der Grundlagenvermessungin Mecklenburg-Vorpommern (Potsdam, 22.11.2001, Kleinfeldt, LVermA MV)

Potentiale künstliche Intelligenz in der Geodäsie(Cottbus, 3.12.2001, Fr. Dr. Heine, BTU Cottbus)

Nutzung von Geodaten aus der Sicht der Bundesregierung(Berlin, 16.01.2002, Parl. Staatssekretär Körper, MdB, Berlin)

Photogrammetrisches Thema (Berlin, 21.02.2002)

Das Kataster in der Tschechischen Republik(Berlin, 14.03.2002, Ing. Slaboch, Csc. Direktor des Forschungsinstituts für Geodäsie,Topographie und Kartographie, Tschechische Republik)

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Mitteilungen

Aus Anlass des zehnten Jahrestages der Er-richtung des LandesvermessungsamtesBrandenburg fand neben einer Pressekon-ferenz am 13. März 2001 zur Inbetriebnah-me aller brandenburgischen SAPOS®-Re-ferenzstationen im Mai in den DienstortenFrankfurt (Oder) und Potsdam jeweils einTag der offenen Tür statt. Ziel sollte es sein,die Aufgaben des Amtes als Dienstleis-tungsbehörde auch einer breiten Öffent-lichkeit bekannt zu machen und zu zeigen,dass eine Behörde nicht langweilig und„verstaubt“ sein muss.

Genau zehn Jahre nach Verabschiedungdes Errichtungserlasses zum Aufbau des

Landesvermessungsamtes Brandenburgnahm Innenminister Schönbohm mit einemsymbolischen Knopfdruck die 21 branden-burgischen Referenzstationen des Satelliten-positionierungsdienstes der deutschen Lan-desvermessung (SAPOS®) offiziell in Be-trieb. “Damit bleibt das brandenburgischeLandesvermessungsamt seinem Ruf, eineinnovative Behörde zu sein, weiterhin treu”,sagte der Minister zur Einführung. DurchKorrekturdaten, die von den Referenzsta-tionen ermittelt und ausgesandt werden,wird die Genauigkeit von GPS um ein Viel-faches gesteigert. Diese Korrekturdaten wer-den mittels Rundfunk, Funk oder Telefon

zur Verfügung gestellt. Dies-bezüglich besteht mit demUKW-Sender Antenne Bran-denburg eine Kooperation.Brandenburg ist das ersteBundesland, das die GPS-Daten-Abgabe über das Inter-net realisiert. Abhängig vomgerätetechnischen Aufwandauf der Seite des Nutzers kön-nen sofort vor Ort Positionie-rungsgenauigkeiten im Me-ter- und sogar im Zentimeter-bereich erzielt werden.

10 Jahre Landesvermessungsamt Brandenburg

Innenminister Schönbohm startet neues Satellitenmesssystem

Veranstaltungsort und -beginn:

TU Berlin, Hörsaal BH 1058 der Technischen Universität Berlin (Ostflügel), Straße des17. Juni 135, Beginn: 17.00 Uhr

GFZ Potsdam, Seminarraum H1 des GeoForschungsZentrum, Telegrafenberg,Beginn: 17.00 Uhr

TU Cottbus, Seminarraum 130 der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus,Karl-Marx-Straße 17, Beginn: 16.00 Uhr

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Mitteilungen

Im Bereich Öffentlichkeitsarbeit wurdenin Zusammenarbeit mit allen Dezernatendes Amtes die Tage der offenen Tür an denDienstorten Frankfurt(Oder) und Potsdamvorbereitet. Unter dem Motto „SchauenSie uns in die Karten“ wurden über 300Einladungen an Verwaltungen, Schulenund Universitäten, Partner aus der Wirt-schaft und die Presse gesandt. In Frankfurt(Oder) stellten Messtrupps ihre Messfahr-zeuge mit den modernen Instrumenten imHof des Landesvermessungsamtes auf, imZentralen Kartenlager wurde ein Wegdurch die langen Regalreihen gekennzeich-net und die Mitarbeiter der Mikrofilmstel-le/Zentrales Rissarchiv standen für prakti-sche Erläuterungen bereit. Im Verkaufs-raum konnten sich die Besucher an zweiComputern mit dem Internetangebot desAmtes bzw. mit Bodenrichtwertkarten undTopographischen Karten auf CD-ROMvertraut machen. Die ersten Gäste warenLehrer aus einem Oberstufenzentrum in

Frankfurt (Oder). Sie wollten sich über dieAufgaben des Amtes informieren. EineRedakteurin der Märkischen Oderzeitungdokumentierte in Wort und Bild das regeInteresse der zahlreichen Besucher. AlsFazit konnte am Abend festgestellt werden,dass sich der Aufwand gelohnt hatte. Au-ßerdem war die Veranstaltung in Frankfurt(Oder) eine sehr gute Generalprobe für denerwarteten Ansturm am Dienstort Potsdam.Bereits im Vorfeld hatten sich zwei Grund-schulklassen und mehrere Gruppen ausOberstufenzentren, von Fachhochschulenund Universitäten in Potsdam angemeldet.Alle Gäste wurden von leitenden Mitarbei-tern der Abteilung Geodaten- und Graphik-service persönlich begrüßt. Jeder erhielt einInformationsblatt zur besseren Orientie-rung und wurde nach seinen Wünschen undVorstellungen befragt, sodass er dann ziel-gerichtet betreut werden konnte.

Auf dem Hof präsentierte die AbteilungGrundlagenvermessung ihre moderne Mess-technik und -ausrüstung. Die Hauptattrakti-on war die Körperhöhenmessung mit ei-nem Geodimeter. Großer Andrang herrsch-te auch bei der Luftbildauswertung und Bild-verarbeitung sowie bei der graphischen Aus-gabe. Neben der Erläuterung der unter-schiedlichen Methoden in der Geschichteund in der Perspektive der Kartenherstel-lung interessierten sich viele Besucher fürdas Kartenarchiv und die Ausbildung derKartographen. Insgesamt gab es Vorfüh-rungen zu über 20 unterschiedlichen Fach-themen. Von der Möglichkeit Informations-material mitzunehmen wurde ausreichendGebrauch gemacht. Gleichzeitig wurdenüber 200 aktuelle Karten darunter der druck-frische Stadtplan von Potsdam verkauft.Nachmittags nutzten auch viele Mitarbei-Der Berufsnachwuchs von morgen

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Mitteilungen

ter den Tag der offenen Tür zum gegensei-tigem Erfahrungsaustausch.

In den Abendnachrichten des ORB liefzur Hauptsendezeit ein informativer Bei-trag über die Aufgaben des Landesvermes-sungsamtes aus Anlass seines zehnjährigenBestehens. Die Auswertung der Gästelisteergab eine vielschichtige Zusammenset-zung der Besucher. Über 350 Gäste, dar-unter auch Polen, waren gekommen. NebenSchülern, Studenten, Mitarbeitern aus an-deren Ämtern, Öffentlich bestellten Ver-messungsingenieuren waren auch Anwoh-

ner aus der Nachbarschaft des Amtes zuGast. Langjährige Geschäftspartner undKunden nutzten diese Gelegenheit nichtnur zur Besichtigung des Amtes, sondernauch zur weiteren Vertiefung der Bezie-hungen und zum intensiven Erfahrungsaus-tausch. Zusammenfassend kann gesagtwerden, dass der Tag der offenen Tür einErfolg für das Landesvermessungsamt warund auf vielfachen Wunsch der Besucherbestimmt wiederholt wird.

(Thomas Gernhardt, LVermA)

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Buchbesprechungen

Louise van Swaaij, Jean Klare

Mein Atlas der ErlebnisweltenGebundene Ausgabe - 94 Seiten,Frankfurt: Eichborn Verlag, 2001,DM 19,80 ISBN: 3-8218-3713-6

Fälschlicherweise wird “Fantasie” häufignur unseren Jüngsten zu Gute gehalten.Wer als Erwachsener das Bedürfnis ver-spürt, sich eine eigene Welt im Kleinenauszudenken und zum Leben zu erwecken,wird zumeist belächelt. Modelleisenbahnerkönnen ein Lied davon singen. Viele Bü-cher verdanken jedoch einen Großteil ih-res Erfolgs auch bei den sogenannten Er-wachsenen dem Umstand, dass sie unsereFantasie beflügeln und uns in unbekannteWelten entführen. Tolkiens Mittelerde aus“Der Herr der Ringe” ist ein prominentesBeispiel, welches sogar eigene Kartenwer-ke und einen Atlas (“Historischer Atlas vonMittelerde”) nach sich zog. In jüngerer Zeitwäre Walter Moers mit “Die 13 1/2 Lebendes Käptn Blaubär” zu nennen. Die Stei-gerung – eigene Welten zu entwerfen – warbislang dem Spielebereich für den Heim-computer vorbehalten: “SimCity” oder“Siedler” fesseln, da sie uns Welten nichtnur erbauen, sondern uns zugleich unsereFehlplanungen und die Folgen “erleben”lassen.

Konsequenter Weise hat der Eichborn-verlag das Thema “Erlebniswelten” aufge-griffen und in zwei ungewöhnlichen Buch-projekten umgesetzt. Im vorliegendenBand “Mein Atlas der Erlebniswelten” ha-ben die beiden niederländischen Designer

van Swaaij und Klare zwölf Karten entwor-fen. Die Karten gibt es jeweils in einer be-reits fertig gestalteten Version und alsBlankokarte zum Selbstgestalten für unse-re persönlichen Entdeckungsreisen. Hierlassen sich mit einer Schablone die wich-tigsten Piktogramme einfügen. Doch es gehtbei Leibe nicht einfach darum, Fantasie-Karten um Städte und Wege zu ergänzen.Vielmehr geht es letztendlich um eigeneEmotions-Landschaften in die wir z. B.“Berge von Arbeit”, “Oasen der Ruhe”oder auch nur “Katze füttern” eintragen undin Bezug zueinander setzen. Wer sich aufdas Experiment einlässt und darüber nach-denkt, ob “Liebe” in seiner Erlebniswelt einBerg, eine Burg, oder vielleicht ein Flussist, der findet sich als Kartograph unverse-hens an einer Küste wieder, die bekannterscheint und doch noch nicht vermessen ist.

Wem dies zu esoterisch anmutet oder werHemmungen hat, in einem Buch herumzu-malen, dem bietet der Verlag ein interakti-ves Internet-Angebot, welches den Einstiegerleichtert:www.atlas-der-erlebniswelten.de

(Frank Schiersner, MI, Potsdam)

Buchbesprechungen

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Buchbesprechungen

200 Jahre BayerischeVermessungsverwaltungEs ist ein Maß in allen Dingen

Bayerisches Staatsministerium der Fi-nanzen, München 2001, 432 Seiten mitüber 200 Abbildungen, Preis 29,80 DMVertrieb:Bayerisches Landesvermessungsamt,Alexandrastraße 4, 80538 München,ISBN 3-935612-01-X

Hinter dem schlichten Titel der Festschrift,der der preußische Grundsatz „mehr Seinals Scheinen“ Pate stehen könnte, verbirgtsich die Präsentation einer bewundernswer-ten Leistung der Bayerischen Vermes-sungsverwaltung, geprägt von Beständig-keit, Loyalität und Engagement mit demSelbstbewusstsein einer High-Tech-Ein-richtung, die Qualität zum Maßstab setzt.

Die Festschrift hält eine geschichtlicheRückschau, die nicht nur beschreibt „Wiealles begann“. Sie veranschaulicht den fort-währenden Wandel im Vermessungswe-sen, lässt mit ihren Abbildungen Zeitge-schehen und Herausforderungen aufleben.Sie verdeutlicht am eigenen Vorgehen dieNotwendigkeit zur länderübergreifendenund internationalen Zusammenarbeit, zumQualitätsmanagement und zur Kundenori-entierung. Sie ist mit einer Fülle farbigeranschaulicher Details Lehrbuch und eineFundgrube für jeden, der sich über den Ver-messungsberuf, seine zahlreichen Tätig-keitsfelder und seine hervorragenden Be-rufsaussichten informieren möchte.

Wer Bayern aus der Luft betrachtet, seies anhand der schönen kartographischenAbbildungen, der Luftbilder oder der digi-talen Geländemodelle, dem wird angesichts

der in der Festschrift veranschaulichten Ent-wicklung in Photogrammetrie und Ferner-kundung kaum bewusst sein, dass es Ver-messer waren, die sich noch vor der Zeitdes Alpinismus als erste Gipfelstürmer aufdie Berge wagten, um diese in Landkartendarzustellen.

Bei aller berufsnotwendigen Anpassungan den technischen Fortschritt ist in Wortund Bild durchgängig der Mensch als bahn-brechender Erfinder und Erneuerer, Aus-und Fortzubildender, Mitarbeiter oderDienstleister präsent. Auch wenn ohne Bitsund Bytes nichts mehr geht, das Automa-tisierte Grundbuch- und Liegenschafts-buchverfahren in Bayern (AGLB) realisiertund das Liegenschaftskataster auf demWeg zum Geoinformationssystem ist, ziehter die besondere Aufmerksamkeit auf sichwie der Feldgeschworene, ein ehrenwerterund angesehener Mann, der im „Rechnenund Schreiben guet bestellet seye“ und beiEinführung des ersten bayerischen Ab-markungsgesetzes im Jahre 1868 aus-schließlich für die Vermarkung der Grund-stücke zuständig war – heute ein kommuna-les Ehrenamt mit Tradition, Bürgernäheund Verantwortung.

Nach wie vor ist es der Mensch, der fürdie Qualität der Produkte von heute undmorgen bürgt. Hierzu bedarf es bedachterPersonalpolitik, die nicht allein der Flexi-bilität als Zauberwort des globalen Kapi-talismus das Wort redet. Diese ist in derBayerischen Vermessungsverwaltung zwei-felsohne vorhanden. Wenn dann noch - wieim Bayerischen Landesvermessungsamt -Vermessungskunst mit gestaltender Kunstzu gegenseitigem Nutzen zusammenfindenund Musik den Staub des Alltags von derSeele wischt, sind Arbeitbedingungen ge-

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Buchbesprechungen

schaffen, die den gegenwärtigen und zu-künftigen Herausforderungen an innovati-ve Bedienstete gerecht werden und ziello-ses Dahintreiben verhindern.

Die Geburtsstunde der Bayerischen Ver-messungsverwaltung schlug in einer Zeitder Patentierung des Kohlepapiers und derersten elektrischen Nachrichtenübermittler.Sie wuchs auf in einem Jahrhundert dergroßen industriellen Erfindungen vom Fahr-rad bis zum Auto, von der Glühbirne biszum Elektrizitätswerk. Sie ging ihren Weg,sozusagen vom Streichholz zum Dynamit.Wohl kaum jemand hätte diese Entwick-lung so erwartet.

(Manfred Oswald, MI, Potsdam)

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Autorenverzeichnis

Christian BrandsVermessungsreferendar

Manja Gradtke-HanzschVermessungsreferendarin

Gert Krügerehemals Landesvermessungsamt

Manuela OlschewskiVermessungsreferendarin

Jörg SchnadtDirektor Landesvermessungsamt

Jirí ŠímaPräsident Czech Office for Surveying, Mapping and Cadastre

Heinrich TillyReferatsleiter, Ministerium des Innern

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gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier

ermessung Brandenburg Nr. 2/2001

ISSN 1430-7650

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