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NATUR AM NIEDERRHEIN 23 (1) 2008 155 1 Einleitung 2 Untersuchungsgebiet 3 Untersuchungsziele und Messkonzept 4 Darstellung ausgesuchter Messergebnisse 5 Bewertung der Messergebnisse zum Klima und zur lufthygienischen Situation 6 Anwendungsbezogene Ergebnisdarstellung – Hinweise für die Stadtplanung 7 Fazit 8 Schriftenverzeichnis 1 Einleitung Das Stadtklima hebt sich durch charakteristische Eigenschaften vom Klima des unbebauten Umlandes ab. Die Umwandlung natürlicher Bodenoberflächen in überwiegend versiegeltes Stadtgebiet, ein geringer Vegetationsanteil, thermische Trägheit der Oberflächen- materialien und des Untergrundes, Oberflächenvergrö- ßerung durch Bebauungsstrukturen sowie Emissionen aus Industrie, Gewerbe, Hausbrand und insbesondere dem Kfz-Verkehr wirken auf die Umwelt des Men- schen ein. Wechselwirkungen zwischen Bebauung und technischen Aktivitäten einerseits und dem regionalen Klima andererseits modifizieren die lokalen klimati- schen und lufthygienischen Verhältnisse zu einem Stadtklima, das sich während austauscharmer Wetter- lagen besonders ausprägt und eine Minderung der Lebensqualität in urbanen Räumen bewirken kann (Kuttler 2006). Die Bedeutung der Stadtklimatologie im deutschsprachigen Raum spiegeln neben zahl- reichen Fachartikeln die beiden umfangreichen Mono- graphien von KRATZER (1956) und HELBIG et al. (1999) wider. Als Rechtsbegriffe der Umweltschutzgesetzgebung sind in Hinblick auf die Bauleitplanung die Belange „Klima und Luft“ in der Stadt- und Regionalplanung zu berücksichtigen (z. B. § 1 Abs. 5 Nr. 7, BauGB (2004), § 2 Abs. 1 Nr. 2, UVPG (2005)). Ferner sind Entscheidungshilfen für die Bauleitplanung in Form von Bewertungen des klimatischen und lufthygieni- schen Ist-Zustandes städtischer Räume erforderlich (BARLAG 1997), die vorzugsweise durch Stadtklima- analysen, einschließlich entsprechender Sonderunter- suchungen, erbracht werden (z. B. KUTTLER &BAR- LAG 2002). Klimaanalysen geben für den Planungsprozess Infor- mationen über die Klimate der bebauten und unbebau- ten Flächen sowie über die Klimate von Flächen mit speziellen Klimaeigenschaften. Daran schließt sich die bewertende Darstellung der Klimafunktionen einzel- ner Areale und des urbanen Flächengefüges in synthe- tischen Klimafunktionskarten sowie die Darstellung von Empfehlungen für die vorbereitende Bauleit- planung zum Erhalt positiver und zur Minimierung negativer Klimafunktionen in Planungshinweiskarten an (BARLAG 1993). Die methodische Vorgehensweise bei Stadtklimaanalysen zeigt Abbildung 1. Das dar- gelegte Schema fand auch bei der Durchführung der für die Stadt Krefeld durchgeführten „Gesamtstädti- schen Klimaanalyse Krefeld“ (KUTTLER et al. 2003) Anwendung, deren Ergebnisse nachfolgend auszugs- weise vorgestellt werden. 2 Das Untersuchungsgebiet Die Stadt Krefeld liegt linksrheinisch in der Nieder- rheinischen Tiefebene, nahe der Niederrheinischen Bucht, und wird durch die Niederterrassenstufe des Rheins zweigeteilt. Das Gelände ist bis auf einzelne Erhebungen als schwach reliefiert zu bezeichnen. Makroklimatisch ist das Stadtgebiet durch den atlan- tisch-maritimen Klimabereich Nordwestdeutschland geprägt. Die Winter sind vergleichsweise mild und schneearm, die Sommer mäßig warm. Die regional- typische Windrichtungsverteilung zeigt Maxima aus Südwest sowie eine Komponente parallel zum Rhein- tal (EMONDS 1981; MURL 1989). Die kreisfreie Stadt Krefeld zählt rund 242 000 Ein- wohner auf einer Fläche von 138 km 2 (Stadt Krefeld 2006). Das Stadtzentrum liegt leicht exzentrisch zur Stadtfläche in südwestlicher Lage. Vor allem dort, in geringerer Ausdehnung auch in den älteren Siedlungs- Stadtklima am Niederrhein – dargestellt am Beispiel der Stadt Krefeld ANDREAS-BENT BARLAG UND WILHELM KUTTLER*) *) Anschrift der Autoren: Dr. A.-B. BARLAG, c/o Universität Duisburg-Essen – Institut für Geographie – Campus Essen, 45117 Essen; Prof. Dr. W. KUTTLER, c/o Universität Duisburg-Essen – Institut für Geographie – Campus Essen, 45117 Essen Natur am Niederrhein (N. F.) 11 Abb. Krefeld 2008 23 155-165 Kuttler.qxd:Kuttler.qxd 18.02.2008 10:05 Uhr Seite 155

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1 Einleitung2 Untersuchungsgebiet3 Untersuchungsziele und Messkonzept4 Darstellung ausgesuchter Messergebnisse5 Bewertung der Messergebnisse zum Klima und

zur lufthygienischen Situation6 Anwendungsbezogene Ergebnisdarstellung –

Hinweise für die Stadtplanung7 Fazit8 Schriftenverzeichnis

1 Einleitung

Das Stadtklima hebt sich durch charakteristischeEigenschaften vom Klima des unbebauten Umlandesab. Die Umwandlung natürlicher Bodenoberflächen inüberwiegend versiegeltes Stadtgebiet, ein geringerVegetationsanteil, thermische Trägheit der Oberflächen-materialien und des Untergrundes, Oberflächenvergrö-ßerung durch Bebauungsstrukturen sowie Emissionenaus Industrie, Gewerbe, Hausbrand und insbesonderedem Kfz-Verkehr wirken auf die Umwelt des Men-schen ein. Wechselwirkungen zwischen Bebauung undtechnischen Aktivitäten einerseits und dem regionalenKlima andererseits modifizieren die lokalen klimati-schen und lufthygienischen Verhältnisse zu einemStadtklima, das sich während austauscharmer Wetter-lagen besonders ausprägt und eine Minderung derLebensqualität in urbanen Räumen bewirken kann(Kuttler 2006). Die Bedeutung der Stadtklimatologieim deutschsprachigen Raum spiegeln neben zahl-reichen Fachartikeln die beiden umfangreichen Mono-graphien von KRATZER (1956) und HELBIG et al. (1999)wider.

Als Rechtsbegriffe der Umweltschutzgesetzgebungsind in Hinblick auf die Bauleitplanung die Belange„Klima und Luft“ in der Stadt- und Regionalplanungzu berücksichtigen (z. B. § 1 Abs. 5 Nr. 7, BauGB(2004), § 2 Abs. 1 Nr. 2, UVPG (2005)). Ferner sindEntscheidungshilfen für die Bauleitplanung in Formvon Bewertungen des klimatischen und lufthygieni-schen Ist-Zustandes städtischer Räume erforderlich

(BARLAG 1997), die vorzugsweise durch Stadtklima-analysen, einschließlich entsprechender Sonderunter-suchungen, erbracht werden (z. B. KUTTLER & BAR-LAG 2002).

Klimaanalysen geben für den Planungsprozess Infor-mationen über die Klimate der bebauten und unbebau-ten Flächen sowie über die Klimate von Flächen mitspeziellen Klimaeigenschaften. Daran schließt sich diebewertende Darstellung der Klimafunktionen einzel-ner Areale und des urbanen Flächengefüges in synthe-tischen Klimafunktionskarten sowie die Darstellungvon Empfehlungen für die vorbereitende Bauleit-planung zum Erhalt positiver und zur Minimierungnegativer Klimafunktionen in Planungshinweiskartenan (BARLAG 1993). Die methodische Vorgehensweisebei Stadtklimaanalysen zeigt Abbildung 1. Das dar-gelegte Schema fand auch bei der Durchführung derfür die Stadt Krefeld durchgeführten „Gesamtstädti-schen Klimaanalyse Krefeld“ (KUTTLER et al. 2003)Anwendung, deren Ergebnisse nachfolgend auszugs-weise vorgestellt werden.

2 Das Untersuchungsgebiet

Die Stadt Krefeld liegt linksrheinisch in der Nieder-rheinischen Tiefebene, nahe der NiederrheinischenBucht, und wird durch die Niederterrassenstufe desRheins zweigeteilt. Das Gelände ist bis auf einzelneErhebungen als schwach reliefiert zu bezeichnen.

Makroklimatisch ist das Stadtgebiet durch den atlan-tisch-maritimen Klimabereich Nordwestdeutschlandgeprägt. Die Winter sind vergleichsweise mild undschneearm, die Sommer mäßig warm. Die regional-typische Windrichtungsverteilung zeigt Maxima ausSüdwest sowie eine Komponente parallel zum Rhein-tal (EMONDS 1981; MURL 1989).

Die kreisfreie Stadt Krefeld zählt rund 242 000 Ein-wohner auf einer Fläche von 138 km2 (Stadt Krefeld2006). Das Stadtzentrum liegt leicht exzentrisch zurStadtfläche in südwestlicher Lage. Vor allem dort, ingeringerer Ausdehnung auch in den älteren Siedlungs-

Stadtklima am Niederrhein – dargestellt amBeispiel der Stadt Krefeld

ANDREAS-BENT BARLAG UND WILHELM KUTTLER*)

*) Anschrift der Autoren: Dr. A.-B. BARLAG, c/o Universität Duisburg-Essen – Institut für Geographie – Campus Essen, 45117Essen; Prof. Dr. W. KUTTLER, c/o Universität Duisburg-Essen – Institut für Geographie – Campus Essen, 45117 Essen

Natur am Niederrhein (N. F.) 11 Abb. Krefeld 200823 155-165

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bereichen, ist die Bebauung großflächig verdichtet. Inden Randgebieten überwiegt aufgelockerte Wohn-bebauung. Industrie- und Gewerbegebiete sind schwer-punktmäßig und großflächig imNordosten der Stadt im StadtteilUerdingen, entlang des Rheinufersnahe dem stadteigenen Industrie-hafen sowie in Fischeln angesie-delt. Weitläufige Bereiche im Nor-den und Süden der Stadt stehenunter landwirtschaftlicher Nut-zung, vergleichsweise gering istder Anteil an Wäldern. Im über-regionalen Verkehrsnetz liegtKrefeld südlich der BAB 40 undnördlich der BAB 44. Die BAB57 führt in Nordsüdrichtung direktdurch das Stadtgebiet.

3 Untersuchungsziele undMesskonzept

Die Untersuchung zum KrefelderStadtklima hat die Erstellung ei-ner Gesamtstädtischen Klimaana-lyse und die Ermittlung der immis-

sionsklimatischen Situation im Bereich von vier Plan-gebieten zum Ziel. Damit konnten innerhalb dieserhybrid angelegten Stadtklimaanalyse Synergieeffekteerzeugt werden, die Zeit und Kosten ersparten undzudem eine Erhöhung der Informationsdichte nach sichzogen.

Mit dem ersten Schritt wird ein Datenpool generiert,der für das gesamte Stadtgebiet Flächen bezogene Aus-sagen zum bodennahen Klima ermöglicht und in ent-sprechenden Karten Bewertungen der Stadtplanungzukommen lässt. Der zweite Schritt erlaubt Hinweisezu konkreten Planungsvorhaben, deren Inhalte zusätz-lich zur Aussagenverdichtung in die GesamtstädtischeKlimaanalyse integriert wurden.

Das Untersuchungs- und Messkonzept von Stadt-klimaanalysen richtet sich nach der Zielsetzung, denlokalen Spezifika und dem vereinbarten Maßstab, derüblicherweise in Anlehnung an urbane Flächennut-zungspläne bei 1 : 20 000 liegt (VDI 3787, Bl. 9). Ab-bildung 2 zeigt die Standorte der acht Klimastationen,die innerhalb des Zeitraumes 1. 11. 2001 bis 31. 10.2002 die Lufttemperatur, die relative Luftfeuchtigkeit,die Windgeschwindigkeit und -richtung auf dreiMinuten-Mittelwert-Basis erfassten. Zusätzlich wurdenan diesen Standorten NO2-Passivsammler installiert,um auf Basis von Wochenmittelwerten Aussagen zurbodennahen Immissionssituation in Abhängigkeit derJahreszeiten ableiten zu können. Die Standortwahlberücksichtigt die spezielle urbane Flächennutzungs-struktur bzw. die vier zu untersuchenden Plangebietein Krefeld (Abb. 7), was ebenso für die Routen-

Abb. 1: Methodische Vorgehensweise zur Erstellungder Gesamtstädtischen Klimaanalyse Krefeld

Abb. 2: Ergebnisse einer repräsentativen Temperaturmessfahrt in Krefeld.Nächtliche Lufttemperaturverteilung am 29./30. 7. 2002.

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führung der drei nächtlichen Temperatur- und der dreitagsüber durchgeführten lufthygienischen Profilmess-fahrten gilt (Abb. 8). Sonderuntersuchungen zur Luft-qualität durch 24-h-Standmessungen und zur Kaltluft-dynamik durch Tracerexperimente erfolgten in den vierPlangebieten.

4 Darstellung ausgesuchter Messergebnisse

Von der Vielzahl der erzeugten Messergebnisse wer-den diejenigen dargestellt, die für planungsrelevanteAussagen besondere Bedeutung aufweisen. Dazu ge-hören Angaben zur bodennahen Lufttemperatur- undLuftfeuchtigkeitsverteilung, zu den bodennahen Aus-tauschverhältnissen sowie zur Immissionsstruktur inKrefelds Straßen.

Raum-zeitliche Verhältnisse der bodennahenLufttemperaturverteilung

Die Verteilung der Lufttemperatur innerhalb einesStadtgebietes ist für stadtklimatologische Untersuchun-gen grundlegend, da sie über den Wärmehaushalt sehrempfindlich auf stadt- und geländespezifische Einflüs-se reagiert. Generell ist zu erwarten, dass die Stadtgegenüber dem Umland wärmer ist und somit eineWärmeinsel darstellt. Die Ausprägung der Tempera-

turmodifikationen in Städten tritt in Abhängigkeit derWitterung, der Jahres- und der Tageszeit, der Ober-flächenform, der Flächennutzung sowie der geographi-schen Breite auf (WIENERT & KUTTLER 2005).

Abbildung 2 zeigt als Resultat einer nächtlichenTemperaturmessfahrt, die in einer austauscharmenSommernacht Ende Juli 2002 durchgeführt und derenWerte chronologisch korrigiert wurden, das durch dieKlimafaktoren bedingte bodennahe Temperaturfeld.Die Isanomalenkarte (Isanomale = Linie gleicher Ab-weichung vom Gebietsmittel der Lufttemperatur) gibtmit roten Farben hohe Temperaturen und über oran-ge, gelb, grün bis hin zu blau Bereiche mit geringe-ren Temperaturen unterhalb des Gebietsmittels wieder.Der Norden und Süden Krefelds ist aufgrund der Flä-chennutzung „Freiland“ sehr kühl, während im mitt-leren und im östlichen Stadtgebiet durch innerstädti-sche und industrielle Bebauung die bodennahe Tem-peraturverteilung Überwärmungen bis zu 6 K (Kelvin)gegenüber dem Umland aufweist.

Abbildung 3 zeigt anhand der Jahresdurchschnittstem-peraturen zwischen den einzelnen Stationen Unter-schiede bis zu 1,3 K, die sich im Mittel autochthonerTage auf 3,3 K zwischen dem Innenstadtstandort (K5)und dem Freilandklimatop in Fischeln (K3) erhöhen.Diese Differenzen treten insbesondere nachts auf, dadann die unterschiedlichen Ströme der Wärmebilanzin Abhängigkeit der Flächennutzung das bodennaheTemperaturfeld ausgeprägt beeinflussen.

Angaben zur Luftfeuchtigkeit in Krefeld

Zur Aussageverdichtung zu den urbanen Luftfeuchtig-keitsverhältnissen erfolgte auf Basis der in Krefelderhobenen Daten eine differenzierte Auswertung an-hand des Dampfdruckes nach KUTTLER et al. (2007).

Entsprechende Stundenmittelwerte sind dem Innen-stadtstandort (K5) und dem Umlandklimatop Fischeln(K3) entnommen und werden hier als Jahres- und Ta-gesgang dargestellt. Für beide Zeitgänge zeigt sich,dass die Werte an der Umlandstation höher sind alsam Stadtstandort. Im Jahresgang (Abb. 4) werden er-wartungsgemäß die höchsten Werte im Sommer, dieniedrigsten Werte im Winter erreicht. Die Unterschie-de der Monatsmittelwerte sind in den Wintermonatengeringer als im Sommer.

Die Tagesgänge des Dampfdrucks beider Standorte(Abb. 5) unterscheiden sich sowohl hinsichtlich ihrerHöhe als auch hinsichtlich ihres zeitlichen Verlaufes.Grundsätzlich ist festzustellen, dass am Umlandstand-ort der Dampfdruck höher ist als in der Stadt. Darüberhinaus zeigen die Werte im Umland die aus derLiteratur bekannte Doppelwelle des Dampfdruckes miteinem Haupt- (9 bis 12 Uhr) und Nebenmaximum(22 bis 24 Uhr), die durch Minima um 6 Uhr und um17 Uhr voneinander getrennt sind.

Abb. 3: Vergleich der durchschnittlichen Tagesgängeder Lufttemperatur im Gesamtzeitraum sowie an au-tochthonen Tagen im Krefelder Untersuchungsgebiet.Messzeitraum: 1. 11. 2001 bis 31. 10. 2002, Daten-grundlage: Stundenmittelwerte.

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Der Stadtstandort weist hingegen nur ein kürzer an-dauerndes Maximum (9 bis 10 Uhr) auf. Die ver-gleichsweise zum Umland am Abend und in der Nachtansteigenden Werte bilden jedoch kein Nebenmaxi-mum aus, sondern verharren auf mehr oder mindergleichem Niveau und gehen, ohne Durchlaufen einesMinimums, morgens in das Maximum über. Damitweist der Umlandstandort nur ein Maximum auf, dasdurch ein deutlich ausgeprägtes Minimum (16 Uhr)von den abendlich ansteigenden Werten getrennt wird.Die Tagesschwankung im Umland fällt geringer aus.Als weitere Besonderheit ist festzustellen, dass nachDurchlaufen des abendlichen Maximums am Umlands-tandort (22 Uhr) hier die Werte bis zum frühenMorgen (6 Uhr) deutlich abnehmen, während das für

diesen Zeitraum am Stadtstand-ort nicht nachgewiesen werdenkonnte.

Die Ventilationsverhältnisse imKrefelder Stadtgebiet

Die urbanen Austauschverhältnis-se sind aufgrund der heterogenenRauhigkeiten im Krefelder Stadt-gebiet unterschiedlich ausgebildet.Generell ist zu konstatieren, dassmit zunehmender Bebauung dieWindrichtung bis hin zu Kanali-sierungseffekten und Turbulenzenmodifiziert wird und die Windge-schwindigkeit abnimmt (KUTTLER

& WEBER 2006; DÜTEMEYER

2000). Die urbanen Austauschver-hältnisse sind jedoch gerade instark bebauten Bereichen für denAbtransport der Überwärmung,insbesondere aber für die Verdün-nung von Luft verunreinigendenStoffen, von Bedeutung. Abbil-dung 6 zeigt anhand kumulativerHäufigkeiten der Windgeschwin-digkeiten, dass im interstationärenVergleich im Krefelder Stadtgebietausgeprägte Unterschiede zu be-obachten sind. Besonders deutlichwerden die reduzierten innerstäd-tischen Austauschverhältnisse beider Betrachtung von Schwachwin-den, die nach MURL (1989) beiWindgeschwindigkeiten unter 1,5m/s vorherrschen und zu Abkop-pelungen des bodennahen Wind-feldes vom übergeordneten Wind-

regime führen können. Während Schwachwinde imInnenstadtbereich (K 5) bezogen auf das einjährigeDatenkontingent zu fast 80 % auftraten, konnten Win-de dieser Geschwindigkeitskategorie in Fischeln (K 3)und Hüls Südwest (K 6) lediglich zu unter 40 %registriert werden.

Bei Abkoppelungen vom übergeordneten Strömungs-system können unter Umständen Kaltluftflüsse vomUmland in bebaute Bereiche hinein gelangen undsomit ein Mindestmaß an Ventilation aufrechterhalten.Dabei handelt es sich um durch Ausstrahlungspro-zesse gebildete Luft, die kühler und somit schwererals ihre Umgebungsluft ist und entweder thermischoder gravitativ generiert in Bewegung geraten kann(VOGT 2001; VDI 3587, Bl. 5). Der Nachweis von

Abb. 4: Monatsmittelwerte des Dampfdrucks (hPa) am Stadt (K5)- und Um-landstandort (K3) in Krefeld (Basis: Stundenmittelwerte; 11/2001 bis 10/2002).

Abb. 5: Mittlerer Tagesgang des Dampfdrucks (hPa) am Stadt (K5)- undUmlandstandort (K3) in Krefeld (Basisgrundlage: Stundenmittelwerte; Mess-zeitraum: 11/2001 bis 10/2002.

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Kaltluftströmen muss überwiegend mit optisch oderchemisch nachweisbaren Tracern (z. B. Rauch, Schwe-felhexafluorid (SF6)) erfolgen, da konventionelleWindmessgeräte aufgrund mechanischer Trägheit imSchwachwindbereich nicht exakt aufzeichnen (KUTT-LER & DÜTEMEYER 2003).

Abbildung 7 zeigt die vier SF6-Emissionspunkte im Bereich dervier Plangebiete Verberg im Nor-den, Fischeln West und Ost im Sü-den sowie Hüls Südwest im Nord-westen. Mittels des eingesetztenTracers konnte die Kaltluftausbrei-tung während austauscharmerStrahlungsnächte nachgewiesenwerden. Entsprechende Arealewerden als Wirkgebiete bezeich-net, weil dort die Kaltluft kühlendbzw. ventilierend wirken kann undsomit eine positive Klimafunktionaufweist.

Diese Angaben sind für die vorbe-reitende Bauleitplanung von gro-ßer Bedeutung, genau wie Hinwei-se zu Kaltluftleitbahnen, über dieKaltluft vom Entstehungsgebietins Wirkgebiet gelangen kann.Aufgrund der offenen Lage ist ins-besondere der Südwest- bis West-sektor Krefelds sehr windanfällig,so dass eine Differenzierung inwindanfällige Kaltluftentstehungs-

gebiete mit geringer Bedeutung und weniger windan-fälligen Kaltluftproduktionsgebieten mit größererKlimabonität erfolgte.

Angaben zur Immissionsstruktur auf Krefelds StraßenMit dem abteilungseigenen Messwagen wurden wäh-rend austauscharmer Wetterlagen Profilmessfahrten aufausgesuchten Straßen Krefelds vorgenommen. Wäh-rend der Fahrt konnten im Sekundentakt die Spuren-stoffe CO, CO2, NO, NO2 und O3 aufgenommen undzu Streckenabschnittsmittelwerten zusammengefasstwerden. Diese wurden nach den Kriterien Randbebau-ung, Vegetation und Verkehrsaufkommen festgelegt.Somit lagen für repräsentative Straßenzüge Krefeldsstatistisch abgesicherte Werte zur linienhaften Wieder-gabe der bodennahen Immissionssituation vor.

Abbildung 8 zeigt anhand des Spurenstoffes CO, derals adäquater Indikator für innerstädtische Luftverun-reinigung gilt, die Ergebnisse von jeweils einer imFrühjahr, Sommer und im Herbst durchgeführten Mess-fahrt. Die Fahrzeit betrug fünf Stunden und lag tags-über zwischen den Verkehrsspitzen, um einen räum-lichen Vergleich zu gewährleisten.

Absolut betrachtet handelt es sich bei Werten zwischen0,25 und maximal 5,0 mg/m3 um geringe CO-Kon-zentrationen. Dennoch lässt sich eine für das unter-

Abb. 6: Kumulative Häufigkeiten der Windgeschwin-digkeiten im Krefelder Untersuchungsgebiet.(Basiszeitraum: 11/2001 bis 10/2002, Stundenmittel-werte).

Abb. 7: Relevanz potentieller Kaltluftentstehungsgebiete und -leitbahnenin den vier Plangebieten Krefelds. Vier nächtliche Kaltluftausbreitungs-Kampagnen (Tracer SF6).

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suchte Stadtgebiet typische Immissionsstruktur erken-nen, mit höchsten Werten in der Innenstadt, auf Auto-bahnen und in Kreuzungsbereichen sowie geringerenKonzentrationen im Umland.

5 Bewertung der Messergebnisse zum Klimaund zur lufthygienischen Situation

Die einfache Darstellung von Messergebnissen genügtnicht mehr den Ansprüchen heutiger Stadtklimaana-lysen. Vielmehr sollen Hinweise zur klimatischenBedeutung einzelner urbaner Flächen gegeben werden,die professionell aufbereitet, der Stadtplanung zurVerfügung gestellt werden. Jegliche Beurteilung vonFlächennutzungsstrukturen setzt Flächenbewertungenim Hinblick auf die klimatische und lufthygienischeBonität entsprechender Bereiche innerhalb eines Stadt-gebietes voraus. In der VDI 3787, Bl. 2 werden Be-wertungsmaßstäbe für den aktinischen, thermischenund lufthygienischen Wirkungskomplex beschriebenund zur Anwendung empfohlen. Die Praxis zeigtjedoch, dass Bewertungen nach oben genannter VDI-Richtlinie Untersuchungskonzepte voraussetzen, die imRahmen von Stadtklimaanalysen häufig aus zeitlichenund monetären Gründen nicht angewandt werdenkönnen. Daher kommen fallweise Bewertungskon-

zepte in Betracht, die nachfolgendfür den klimatischen und für denlufthygienischen Sektor erläutertwerden.

Bewertung der klimatischenSituation

Die Bewertung der thermischen,austauschrelevanten und human-biometeorologischen Verhältnisseberuht auf den Messergebnissender Krefelder Stationen K1 bis K8,da deren Datenkontingente einenUmfang aufweisen, der statistischuntermauerte Aussagen zulässt(Abb. 9).

Auf der oberen Abszisse sind dieStationsstandorte und auf der Or-dinate ausgesuchte stadtklimatolo-gische Bewertungskriterien so-wohl für den Sommer als auch fürden Winter dargestellt, mit grünerFarbgebung für eine positive (ge-ringe Belastung) und roter Farbefür eine negative Bewertung(hohe Belastung).

Danach zeigt sich, dass die Umlandstationen inFischeln (K3) und in Hüls-Südwest (K6) bezüglich derthermischen und human-biometeorologischen Verhält-nisse des Sommerhalbjahres als auch der austausch-relevanten Situationen ganzjährig begünstigt sind. ImGegensatz dazu ist zu erkennen, dass zum Beispiel derInnenstadtstandort (K5) insbesondere im Sommer,bedingt durch die hier auftretende Wärmeinsel, be-nachteiligt ist (Sommertage bis heiße Nächte).

Im Winter dagegen weist dieses Klimatop vergleichs-weise wenige Frost- und Heiztage sowie eine geringeAnzahl an kalten Tagen auf. Daraus ist ableitbar, dassdie städtische Temperaturanomalie durchaus ambi-valent zu betrachten und damit zu bewerten ist, da imWinter Energiekosten für Heizzwecke eingespartwerden können.

Die Messergebnisse, die in diese BewertungsskalaEingang gefunden haben, gelten streng genommen nurfür die unmittelbare Stationsumgebung. Aufgrund derRepräsentativität der einzelnen Stationsstandorte fürdas jeweilige Klimatop und im Abgleich mit denErgebnissen der Temperaturmessfahrten lassen sichjedoch die Bewertungsaussagen in die Fläche proji-zieren.

Abb. 8: Ergebnisse der lufthygienischen Untersuchungen in Krefeld. Strek-kenabschnittsmittelwerte für CO während dreier lufthygienischer Profil-messfahrten sowie Messroute für die Lufttemperaturmessfahrten.

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Bewertung der lufthygienischenSituation

Aufgrund der angewandten Untersu-chungsmethode mit mobilen Messun-gen und Passivsammlern können gel-tende Grenzwerte nach BImSchG(2004) nur bedingt herangezogen wer-den. Daher wurden speziell für dieStadtklimaanalyse Krefeld Methodenentwickelt, die eine bewertende Ein-ordnung bestimmter Streckenab-schnittsmittelwerte bzw. Flächennut-zungsstrukturen erlauben (Abb. 10).

Der hier zur Anwendung gekommeneLuftqualitätsindex (LQI) ist ein rela-tives Bewertungskriterium zur Identi-fikation kritischer Streckenabschnitteder Messfahrtroute und dient der lini-enhaften Darstellung. Für jeden derdrei Spurenstoffe CO, NO und NO2wurden die jeweiligen Streckenab-schnittsmittelwerte der drei Messfahr-ten zu einem Wert gemittelt. Wenndieser Wert für die drei Spurenstoffeunter dem jeweiligen 90-Perzentilliegt, beträgt der LQI = 0, so dass derStreckenabschnitt als relativ unbe-denklich eingestuft werden kann. Fürjeden Spurenstoff, bei dem das90-Perzentil überschritten wird, steigtder LQI um eine Stufe. In Anlehnungan die drei berücksichtigten Spurenstoffe liegt dasMaximum bei einem LQI von drei.

Ein LQI von eins bis zwei tritt auf Autobahnen, Kraft-fahrtstraßen, im Innenstadtbereich und an stark genutz-ten Zufahrten bzw. Kreuzungen auf, mit höchsten LQIin Bereichen von Industriezubringerverkehr in Krefeld-Uerdingen und Krefeld-Hafen. Das Maximum voneinem LQI von drei wird lediglich auf einem kurzenStreckenabschnitt südwestlich von Verberg dokumen-tiert.

Um darüber hinaus einen lufthygienischen Bewertungs-bezug zu den Stationsstandorten K1 (Uerdingen) bisK8 (Stadtwald) herstellen zu können, wurde aus denWochenmittelwerten der NO2-Passivsammler ein Jah-resmittelwert gebildet. Bei Dreiteilung der Spann-breite zwischen dem Standort mit dem höchsten(39,9 µ/m3) und demjenigen mit dem geringsten Wert(30,2 µ/m3) lassen sich die städtisch und/oder indu-striell geprägten Standorte in der Innenstadt (K5), inUerdingen (K1) und im Hafen (K2) der höchstbelaste-ten Klasse, die Umlandstandorte Fischeln (K3), Ver-

berg (K7) und Hüls-Südwest (K6) ebenso wie dieWohngebietsstandorte Lindental (K4) und Stadtwald(K8) der gering belasteten Kategorie zuordnen. Gene-rell ist in Krefeld in Hinblick auf die erhobenenSpurenstoffe von einer absolut geringen Belastungsowohl in den Straßenräumen als auch in den Klima-topen auszugehen.

6 Anwendungsbezogene Ergebnisdarstellung –Hinweise für die Stadtplanung

Als geeignetes Instrument räumlich ausgerichteter Pla-nungsstrategien eignet sich das Medium Karte. Um dieDarstellung und Bewertung der klimatischen und luft-hygienischen Situation sowie den daraus abgeleitetenHandlungsbedarf in einen räumlichen Bezug zumUntersuchungsgebiet stellen zu können, werden syn-thetische Klimafunktionskarten und Planungshinweis-karten erarbeitet. In synthetischen Klimafunktionskar-ten wird der generalisierte Ist-Zustand klimatischerEigenschaften und Funktionen einzelner Flächennut-zungsstrukturen, mithin die klimatische und lufthygie-

Abb. 9: Bewertung thermischer, austauschrelevanter und human-biome-teorologischer Verhältnisse im Krefelder Untersuchungsgebiet, Zeitraum11/2001 bis 10/2002.

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nische Bonität urbaner Klimatope,dargestellt. Darauf aufbauend er-geben sich Hinweise für die vor-bereitende Bauleitplanung, die Kli-matop bezogen und damit flächen-haft in Planungshinweiskarten dar-gestellt werden.

Abbildung 11 zeigt den Aufbau dergenannten Karten, der in der VDI3787, Bl. 1 zur Anwendung em-pfohlen wird. Da spezielle Klima-funktionen, wie zum Beispiel Kalt-luftproduktion, Klimatop übergrei-fend erfolgen können, müssen ent-sprechende Aussagen gekenn-zeichnet werden. Gleiches gilt fürAngaben zum Luftaustausch undzu lufthygienischen Verhältnissen.Daher enthalten diese Karten meh-rere Informationsebenen, die vonflächenhaften Aussagen bis zupunktuellen Angaben reichen. Be-zogen auf die Ebenen 2 bis 5 wirddarüber hinaus dargelegt, ob Mess-ergebnisse oder Kartierungen vonKlimafaktoren im Vordergrund desErkenntnisgewinns stehen.

In Abbildung 12 wird ein Ausschnitt aus der Planungs-hinweiskarte gezeigt. Ausgewählt wurde der Bereichmit dem Ortsteil Fischeln (K3), da es sich hierbei zu-sätzlich zu Aussagen zum gesamtstädtischen Klima,um eines der Plangebiete mit konkretem Informations-bedarf handelt. Darüber hinaus kommt in diesemGebiet eine Kollision zwischen stadtklimatisch ausge-richteten Maßnahmeempfehlungen und dem urbanenNahverdichtungspotential Krefelds zum Tragen.

Die unterschiedlichen Flächeninformationen leiten sichaus den Inhalten der synthetischen Klimafunktions-karte ab. Es muss darauf hingewiesen werden, dassinsbesondere in Hinblick auf den verwendeten Maß-stab die dargestellten Grenzziehungen keinen linien-haften Aussagecharakter besitzen, sondern wegen mög-licher unterschiedlicher Wetterlagen, Schichtungen derbodennahen Atmosphäre und Windrichtungen räumli-che Modifikationen aufweisen können und damit flie-ßend zu interpretieren sind. Dies wird in der Kartesowohl durch ähnliche Farbgebungen als auch durchgeschwungene Grenzziehungen benachbarter und mitähnlichen Klimafunktionen ausgestatteter Räume an-gedeutet.

Der Ortskern Fischelns wird als Ungunstraum klassi-fiziert, obwohl Abweichungen gegenüber dem Versie-

Abb. 10: Bewertung der lufthygienischen Untersuchungen in Krefeld. NO2-Stationsmittelwerte aus dem Messzeitraum vom 11/2001 bis 10/2002 sowievon drei lufthygienischen Profilmessfahrten zwischen den Berufsverkehrs-spitzen

Abb. 11: Erstellung und Aufbau der Karten. Synthe-tische Klimafunktionskarte und Planungshinweis-karte

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Abb. 12: Beispiel zur Planungshinweiskarte Krefelds. Ausschnitt Plangebiet Fischeln

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gelungsgrad anderer Ungunsträume im Krefelder Stadt-gebiet vorhanden sind. Die Hinterhofgärten im betrach-teten Raum sind jedoch derart gekammert, dass bei-spielsweise Kaltluft, die sich dort aufgrund der teil-weise unversiegelten Oberflächen bodennah bildenkann, nicht in den Straßenraum vordringt und somitauch nicht klimatisch wirksam wird. Daher wird dieEmpfehlung ausgesprochen, dass hier grundsätzlichkeine weitere Bebauung erfolgen sollte. Dieser Pla-nungshinweis kollidiert mit dem Krefelder Nahverdich-tungspotential zur Vermeidung der Zersiedelung desUmlandes. Die Krefelder Entscheidungsträger müssensomit Prioritäten hinsichtlich der zukünftigen Real-nutzungsverwertung setzen. Sollte die Entscheidunggegen den hier ausgewiesenen Planungshinweis fallen,sind die zusätzlichen Planungshinweise, die für Un-gunsträume dargestellt sind, umzusetzen. Dazu zählen:Förderung der Dach- und Fassadenbegrünung, Vernet-zung von Grünflächen und möglichst breite Öffnun-gen für Ventilationszwecke offen halten bzw. schaffen.

7 Fazit

Stadtklimaanalysen haben nicht die Intention einesinterurbanen Klimavergleiches, sondern betrachten dielokalklimatischen Spezifika eines Ortes. Für Krefeldlassen sich generell positive Aussagen zum Stadt-klima herleiten, die in Hinblick auf die Flächennut-zungsstruktur zusammenfassend den Begriff „Garten-stadtcharakter“ zulassen. Die hier nur in Auszügen dar-gestellten Planungshinweise sollen bewirken, dass die-se positive Aussage zum Stadtklima Krefelds auch inZukunft Gültigkeit aufweisen wird bzw. fallweiseVerbesserungen erzielt werden können.Analysen zur unterschiedlichen Ausprägung desKlimas in verschiedenen Städten bleiben speziellen,nicht von kommunalen Auftraggebern unterstützenForschungsvorhaben vorbehalten. So konnte zum Bei-spiel WIENERT (2002) durch eine Literaturrechercheklimatischer Daten von 150 Städten den Nachweiserbringen, dass die Intensität städtischer Überwärmungauch, jedoch mit geringem Einfluss von der geogra-phischen Breite abhängt.

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