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Vorstudie zum Bewuchsschutz für Seeschiffe 2. Teil Stand und Perspektiven des chemischen Bewuchsschutzes Bearbeitet von Johannes Ranke Schwerpunkt Struktur- Wirkungs- und Risikoforschung des UFT Unter Mitarbeit von Prof. B. Jastorff Bremen, Januar 1999

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Vorstudie zum Bewuchsschutz für Seeschiffe

2. Teil

Stand und Perspektiven des chemischen Bewuchsschutzes

Bearbeitet von Johannes Ranke

Schwerpunkt Struktur- Wirkungs- und Risikoforschung des UFT

Unter Mitarbeit von Prof. B. Jastorff

Bremen, Januar 1999

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Abkürzungen und Definitionen

anoxische Bedingungen Chemisch reduzierende Bedingungen, die bei Abwesenheit von Sauerstoff durch den anaeroben Abbau von organischem Material zustande kommen.

anthropogen Durch den Menschen verursacht Antifoulings Oberflächenbeschichtungen oder Anstriche, die dem Bewuchs der

Oberflächen entgegenwirken BCF Biokonzentrationsfaktor: Konzentration im Organismus bezogen auf das

Trockengewicht geteilt durch die Konzentration im Wasser. Der BCF wird häufig beim Sonnenbarsch Lepomis macrochirus nach Exposition während 28 Tagen bestimmt. Er kann auch aus dem Quotienten der Aufnahme- und der Abgaberate bestimmt werden.

Biozide Wirkstoffe, die explizit toxisch sind, deren Wirkung also nicht auf einer abstoßenden Wirkung (→Repellents) beruht

BVA Biozide Verbindung im Anstrich BVM Biozide Verbindung im Meerwasser. Die BVM unterscheidet sich in

manchen Fällen von der bioziden Verbindung im Anstrich: Kupfer(I)oxid wird beispielsweise im Verlauf des Lösungsprozesses zu Kupfer(II) oxidiert und liegt im Seewasser zum großen Teil komplexiert (Cu(OH)+, Cu(Cln)2-n

etc.) vor CEFIC Europäischer Verband der Chemischen Industrie Cu Kupfer Cu-haltig Cu-haltig sind Anstriche, in denen Kupfer als Metallpulver oder in einer

anderen Form (meist →Kupferoxydul) enthalten ist. ECDIN Chemikalien-Datenbank des Joint Research Center der Europäischen Union. Fouling-Organismen Oberbegriff für die marinen Lebewesen, die sich an Oberflächen ansiedeln

können Hydrophilie Tendenz einer Substanz, sich im Wasser zu lösen KEMI Kemikalieinspektionen, engl. „The Swedish National Chemicals

Inspectorate“ Kupferoxydul Cu2O oder Bis-Kupfer(I)-oxid, engl. cuprous oxide Liganden Stoffe, die sich an im Wasser gelöste Metallionen anlagern und mehr oder

weniger stabile Komplexe bilden. Lipophilie Tendenz, sich in Fett oder fettähnlichen Phasen zu lösen, auch

Hydrophobizität im Gegensatz zur →Hydrophilie Repellents Wirkstoffe, die →Foulingorganismen durch eine abstoßende Wirkung vom

Bewuchs abhalten Makroorganismen Vielzellige Organismen, im Bewuchs vor allem Makroalgen und TBT Tributylzinn. TBT-haltig sind alle alle Organozinnverbindungen, in denen

ein Zinnatom mit drei Butylgruppen verbunden ist, also u.a. Bis(Tributyzinn)oxid (TBT)2O (auch als TBTO bezeichnet), Tributylzinnchlorid TBTCl, Tributylzinnfluorid TBTF, aber auch Copolymere wie Tributylzinnacrylat oder Tributylzinnmethacrylat

TBT-Acrylate Kopolymere von Acrylsäure oder deren Derivaten mit TBT TBT+/TBTOH Bezeichnung für TBT in der marinen Umwelt, also im Seewasser, an

Partikel gebunden oder im Sediment TBT-SPC Selbstpolierender Kopolymer-Anstrich mit Tributylzinn VLCC Very Large Crude Carrier (sehr großer Rohöltanker) Wirkstoffe Stoffe, deren Freisetzung aus Antifoulinganstrichen eine

bewuchsverhindernde Wirkung hat. Darunter fallen Metalle und Metallverbindungen, synthetisch hergestellte Verbindungen und Naturstoffe

ZnPT Zink-Pyrithion

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Inhalt

1 Einleitung ........................................................................................................ 1

1.1 Zielorganismen von Antifouling-Bioziden..................................................................................................2 1.2 Einflußgrößen auf die Ausbildung des Bewuchses .....................................................................................3 1.3 Kurze Antifouling-Geschichte ....................................................................................................................3 1.4 Internationale Gesetzeslage.........................................................................................................................4 1.5 Problemstellung und biologisch orientierte Ansätze ...................................................................................5

2 Indikatoren für die Beurteilung von Bioziden ................................................. 6

2.1 Freisetzung aus Antifoulings.......................................................................................................................6 2.2 Räumliche und zeitliche Reichweite ...........................................................................................................6 2.3 Affinität zu Organismen..............................................................................................................................7 2.4 Biologische Aktivität ..................................................................................................................................8 2.5 Verbleibende Unsicherheit..........................................................................................................................8

3 Kurzprofile der Wirkstoffe ............................................................................... 9

3.1 Organozinnverbindungen............................................................................................................................9 3.2 Kupferverbindungen .................................................................................................................................11 3.3 Zinkverbindungen .....................................................................................................................................13 3.4 Silikonverbindungen .................................................................................................................................14 3.5 Risikovergleich Kupfer-TBT ....................................................................................................................14 3.6 Synthetisch hergestellte organische Biozide .............................................................................................15

3.6.1 Irgarol 1051 .....................................................................................................................................15 3.6.2 Sea-Nine 211...................................................................................................................................16 3.6.3 Zink-Pyrithion.....................................................................................................................................17

3.7 Risikovergleich von drei organischen Wirkstoffen ...................................................................................19 3.8 Naturstoffe ................................................................................................................................................19

3.8.1 Stoffe aus Bakterien............................................................................................................................20 3.8.2 Stoffe aus Algen .................................................................................................................................20 3.8.3 Stoffe aus Schwämmen, Korallen und Seescheiden............................................................................21 3.8.4 Stoffe aus Landpflanzen .....................................................................................................................22

4 Varianten des chemischen Bewuchsschutzes für die Seeschifffahrt .............23

4.1 Antifoulings mit selbstpolierender Matrix ................................................................................................23 4.2 Antifoulings mit ablativer Matrix..............................................................................................................24 4.3 Anwendbarkeit und Umweltwirkung zinnfreier Antifoulings ...................................................................24

4.3.1 Umweltwirkung durch die Biozidabgabe............................................................................................24 4.3.2 Suffizienz des Bewuchsschutzes.........................................................................................................25

5 Ausblick .........................................................................................................26

6 Quellenverzeichnis ........................................................................................27

7 Anhang ..........................................................................................................33

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1 Einleitung

Fouling kann die Geschwindigkeit von kommerziell eingesetzten Schiffen signifikant verringern ([1], siehe auch Teilstudie 1). Die heute üblicherweise in der Seeschiffahrt verwendeten TBT-haltigen Anstriche verhindern bei korrekter Anwendung den Bewuchs des Unterwasserschiffs durch die unter 1.1 aufgeführten Meeresorganismen für bis zu 5 Jahre. Aufgrund ihres derzeitigen Markterfolgs sind sie der Maßstab für Neuentwicklungen. Nach Angaben des europäischen Verbands der chemischen Industrie CEFIC können durch den Einsatz solcher Antifouling-Beschichtungen durch die Verhinderung des Bewuchses Treibstoffeinsparungen von 2 %, durch die selbstpolierenden Oberflächen von weiteren 2 % erreicht werden [2].

Beim Vergleich mit alternativen Anstrichen darf allerdings nicht nur die Effektivität des Bewuchsschutzes eingehen. Auch der durch den Einsatz verursachte Schaden an der marinen Flora und Fauna sowie die Möglichkeit eines effektiven Arbeitsschutzes bei den Dockarbeiten müssen bei der Entscheidung zwischen alternativen Anstrichsystemen berücksichtigt werden. Anforderungen an biozidhaltige Antifoulinganstrichen (im Folgenden Antifoulings) sind:

• Effiziente Unterdrückung von Fouling • Geringstmögliches Risiko durch die Freisetzung in die marine Umwelt • Geringe Risiken für Umwelt und Gesundheit beim Aufbringen

In der vorliegenden Teilstudie soll das durch den Einsatz von Antifoulingfarben verursachte Risiko für die marine Umwelt im Vordergrund stehen. Indikatoren für dieses Risiko sind die räumliche und zeitliche Reichweite der in den Anstrichen enthaltenen Biozide, deren Tendenz, sich in Lebewesen anzureichern, deren Toxizität und die Unsicherheit der zugrundeliegenden wissenschaftlichen Fakten.

Dieses Verfahren für die Risikobewertung wird hier verwendet, um eine einfache Vergleichbarkeit der Wirkstoffe zu ermöglichen. Ein Vergleich der Risiken mit gängigen Methoden des Risk-Assessment [3-5] wäre nur mit einem Aufwand möglich, der den Rahmen dieser Studie sprengen würde.

Grundlage für die Auswahl der Anstrichtypen und damit der Biozide waren

• eine Recherche in der Literaturdatenbank „Seabase“ des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik der Universität Bremen und die Auswertung der dort vorliegenden Literatur

• Gespräche mit der zuständigen Referentin im Umweltbundesamt, Frau Dr. Schablowski • Angaben aus dem Verzeichnis „Pesticides 1998“ der Health and Safety Executive des Pesticides

Safety Directorate von Großbritannien [6]

Wegen der großen Zahl der angebotenen Antifoulings (ca. 600 allein in „Pesticides 1998“) musste aus den ca. 60 bekannten Wirkstoffen eine Auswahl getroffen werden. Bei dieser Auswahl wird hier den Bioziden besondere Beachtung geschenkt, die in den zinnfreien Anstrichen der größten Hersteller International, Sigma, Jotun, Hempel und Kansai enthalten sind. Außerdem werden neuere Entwicklungen in der Forschung berücksichtigt, sofern diese zugänglich waren. Hierunter fallen die Biozide Sea-Nine 911, Zink-Pyrithion und Irgarol 1051, die für den hier betrachteten Anwendungsbereich erst seit relativ kurzer Zeit angewandt werden sowie die Naturstoffe, die derzeit in den Forschungsprojekten „Fusetani Biofouling Projekt“[7] und einem Brite Euram Projekt mit Beteiligung des niederländischen TNO [8] und der Industrie auf ihre Einsetzbarkeit überprüft werden.

Neuere Übersichtsbeiträge über das Potential von alternativen Antifoulingsystemen wurden von Kjaer [9], Sönnichsen [10], Watermann [11] und Plesman [12] gegeben.

Allgemein wurden Literaturhinweise durch Recherchen in den Datenbanken ULIT, RAPR, BBUS, NTIS, BIOL, POLL, UFOR, CBIB des Anbieters DataStar, der Datenbank Chemical Abstracts des Anbieters STN, der Datenbank Seabase des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik der

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Hochschule Bremen sowie der Datenbank Biological Abstracts, die in der Universität Bremen auf CD-ROM zugänglich ist, gewonnen. Wichtige Literatur, die in Bremen nicht erhältlich war, wurde in der Technischen Informationsbibliothek Hannover oder der Bibliothek der Eidgenössisch Technischen Hochschule Zürich beschafft.

Weitere Informationen stammten aus dem direkten Kontakt mit den Biozidherstellern Ciba Specialty Chemicals (Irgarol 1051), Olin Biocides (Zink-Pyrithion und Kupfer-Pyrithion) und Rohm & Haas (Sea-Nine 911) sowie der Hersteller bzw. Vertreiber von Alternativanstrichen Hempel, Ameron und Wilckens. Zum Teil gingen Hersteller/Vertreiberangaben nicht über das Versenden von Hochglanzprospekten mit geringer wissenschaftlicher Aussagekraft hinaus.

1.1 Zielorganismen von Antifouling-Bioziden

Der Bewuchs von Oberflächen in Seewasser wurde von Rathsack [13] in 5 Stufen aufgeteilt. Diese Stufen beschreiben die zeitliche Reihenfolge des Bewuchses. Die Effektivität eines chemischen Bewuchsschutzes kann danach beurteilt werden, auf welcher Stufe der Bewuchs stehenbleibt1.

• Primärschleim aus Bakterien und wenigen Kieselalgen- (Diatomeen-) arten (Stufe 1) • Auftreten der Grünalge Ulothrix (Stufe 2) • Erscheinen von Makroorganismen wie der Grünalge Enteromorpha und des seßhaften Stadiums

des Polypen (Hydroiden) Tubularia (Stufe 3) • Danach folgt Massenbesiedlung mit Seepocken (Balaniden) oder auch mit der Braunalge

Ectocarpus (Stufe 4) • Schließlich kommen Rotalgen, empfindliche Grünalgen, weitere Braunalgen sowie Moostierchen

(Bryozoen), Muscheln (Bivalvia), Röhrenwürmer (Sedentaria) und Seescheiden (Ascidien) hinzu (Stufe 5)

Tabelle 1.1. Gruppen von Organismen im Bewuchs von Schiffen und ihre Biozidresistenz [13, 14]

Biozidresistenz: Sehr hoch Hoch Mittel Gering

Bakterien: div. Bakterien Kieselalgen div. Kieselalgen Grünalgen Ulothrix Enteromorpha

green „ribbon grass“ Cladophora

Ulva Braunalgen Ectocarpus Laminaria

Fucus Rotalgen Ceramium

Polysiphonia Polypen der Nesseltiere (Hydrozoa + Anthozoa)

Tubularia Obelia Laomedea

Kranzfühler Moostierchen Muscheln Mytilus

Ostrea Ringelwürmer Röhrenwürmer Gliederfüßer Seepocken (Balaniden) Entenmuscheln

1 Stufen 1 und 2 werden von Rathsack als „absolut akzeptabel“ bzw. „akzeptabel“ eingestuft. Stufe 3, also das Auftreten von mehrzelligen Organismen wird als Anzeichen von mangelndem Bewuchsschutz verstanden. Stufen 4 und 5 zeigen „unzureichenden“ bzw. „unbrauchbaren“ Bewuchsschutz an.

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Zwischen 4000 und 5000 Fouling-Organismen sind bekannt [1]. Sie gehören zu verschiedenen taxonomischen Gruppen (siehe Tabelle 1.1), von einzelligen Bakterien, Algen und Tieren über einfache Lagerpflanzen (Makroalgen) bis hin zu Nesseltieren, Weichtieren und Gliederfüßern wie z.B. Seepocken. Für das Verständnis des chemischen Bewuchsschutzes ist es wichtig, zu erkennen, daß es sich hierbei biologisch gesehen um sehr unterschiedliche Organismen handelt. Daraus folgt, daß sogenannte Breitbandbiozide eingesetzt werden müssen, die für praktisch alle Lebewesen stark toxisch wirken. Zwar können einzelne Arten, z.B. aus der Seepockengattung Balanus stark dominant sein, jedoch würde deren selektive Bekämpfung dazu führen, daß ihr Platz von anderen Organismen eingenommen würde.

1.2 Einflußgrößen auf die Ausbildung des Bewuchses

Ob und wie stark ein Schiffsrumpf bewachsen wird hängt von verschiedenen Faktoren ab:

• Von der Strömungsgeschwindigkeit an der Oberfläche. Oberhalb einer Geschwindigkeit von 2 kn kann sich kein Bewuchs anheften, woraus folgt, dass Schiffe nur im Hafen besiedelt werden [13, 15].

• Vom Vorkommen besiedelnder Organismen. Auch hier ist die bewuchsfördernde Situation in Hafengewässern zu erwähnen. Bewachsene Unterwasserstrukturen in Häfen bewirken, daß hier hohe Konzentrationen von ansiedlungsfähigen Bakterien und Mikroalgen, Sporen von Makroalgen sowie freischwimmende Larven von Nesseltieren, Seepocken u.a. wirbellosen Tieren vorhanden sind.

• Von den Wachstumsbedingungen für Fouling-Organismen. Im allgemeinen sind diese in warmen, tropischen Gewässern besser als in kalten, so daß die Temperatur ein guter Indikator für die Wachstumsbedingungen ist.

• Vom Salzgehalt des Gewässers. Während im Süßwasser nur einzellige Mikroorganismen im Bewuchs auftreten (Mikrofouling), nimmt der Bewuchsdruck von der Ostsee zur Nordsee mit steigendem Salzgehalt zu [16] und es treten verstärkt auch höhere Organismen wie Seepocken im Bewuchs auf.

Es wurden auch von verschiedenen Autoren geographische Karten erstellt, die sogenannte Fouling-Regionen unterschieden. Diese Karten sind aber häufig widersprüchlich [15].

1.3 Kurze Antifouling-Geschichte

Der erste Einsatz von Beschichtungen zur Verhinderung von Bewuchs wird auf ca. 700 vor Christi Geburt datiert. An einer phönizischen Galeere aus dieser Zeit wurden bleibeschichtete Planken gefunden. Der Einsatz von bleibeschichtetem Holz kam im 16. Jahrhundert wieder auf und wurde zum Teil bis ins 18. Jahrhundert fortgeführt. Anfänglich wurde vor allem der Schiffswurm bekämpft, im 18. Jhdt. setzte sich aber die Beschichtung von Holzschiffen mit metallischem Kupfer durch, die auch den Bewuchs verhinderte. Zur gleichen Zeit kam auch die Beschichtung mit Zinkmetall auf, die vorwiegend auf Handelsschiffen eingesetzt wurde. Um die Abtragung des Metalls bei höheren Geschwindigkeiten zu verhindern, wurden später auch Legierungen eingesetzt, wie die heute noch bei kleinen Schiffen verwendete Kupfer/Nickel 90/10 Legierung [12, 15].

Nachdem Schiffsrümpfe aus Eisen aufgrund des Fouling-Problems zuerst nur auf Binnengewässern eingesetzt worden waren, kam um 1850 neben der relativ ineffizienten Beschichtung von Eisen mit Mennige (Blei(II)-oxid) erstmals eine Farbe zum Einsatz, die Kupferoxide enthielt. Auch hier wurde schon eine Grundierung eingesetzt, die für den Korrosionsschutz zwingend notwendig ist. 1871 gab es schon über 200 Patente gegen Korrosion und

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Bewuchs von Schiffen. Viele beschreiben Mischungen, die u.a. Kupfer, Blei, Blei(II)oxid, Schwefel, Arsen, Quecksilberiodid und andere Iodide enthielten. Die Bedeutung der Patente war so groß, daß „patented paint“ im Englischen gleichbedeutend mit „antifouling paint“ wurde. Dasselbe galt für die deutschen „Patentfarben“ und für die skandinavischen Ausdrücke Bundpatent, Bunnpatent und Patenti [15].

In Bremerhaven wurden 1860 von John Rahtjen die ersten Antifoulings auf Schellack-Basis hergestellt, die Eisenoxid oder Quecksilberoxid und Arsen enthielten. Die schnelle Trocknung dieser Anstriche verkürzte die Dockungszeiten so stark, daß ein großer Angebotsüberschuß von Trockendockanlagen entstand. Diese Anstriche waren in Konkurrenz mit einer großen Anzahl von Anstrichen marktführend bis zum Beginn des ersten Weltkriegs. Weitere Kompositionen enthielten neben Schellack auch Harz als Bindemittel und als weitere Antifoulingstoffe Antimonsulfid oder Bleioxide. Sollte ein Stahlschiff länger als einige Monate ohne Dockung auskommen, so wurden auch in dieser Zeit noch Kupferplatten oder Kupfer/Zink-Platten eingesetzt, die mit Teak- oder anderem Holz gegen die Stahlwand isoliert wurden [15].

Später gewannen auf dem Gebiet der Allgemeingifte Kupferoxide, Quecksilberoxide und quecksilberorganische Verbindungen, aber auch Zinkoxid sowie bereits als Fungizide eingesetzte Stoffe wie Thiram, Zineb, Maneb und Ziram an Bedeutung, die auch relativ kostengünstig waren. In den sechziger Jahren wurde dann die Verwendung von Organozinnverbindungen erprobt, die ebenfalls als Fungizide entwickelt worden waren. Die Tributylzinnverbindungen waren für eine Anwendung als Pflanzenschutzmittel zu stark phytotoxisch [17], stellten sich aber für den Antifoulingbereich als besonders vielversprechend heraus. Die Einbindung von TBT-Verbindungen in die üblichen Vinyl-, Akrylsäure- oder Aldydharze war eine Herausforderung, da TBT-Verbindungen nicht die üblichen Pigmenteigenschaften besitzen [13] und so weitaus zu schnell aus dem Anstrich herausgelöst wurden. Mit der Einführung der TBT-Kopolymere (siehe unten) wurde in den 70er Jahren diesbezüglich ein großer Fortschritt erzielt. Seitdem dominieren Anstriche dieses Typs den Markt [18].

1.4 Internationale Gesetzeslage

Vor dem Hintergrund von Millionenschäden an Austernpopulationen in der französischen Bucht von Arcachon sowie verschiedener Beobachtungen von Schäden an der Fauna in Sportboothäfen und in Küstengewässern sind bis heute die folgenden gesetzlichen Einschränkungen des Gebrauchs von TBT in Antifoulings gemacht worden:

• In Österreich und in der Schweiz ist TBT in Antifoulinganstrichen generell verboten • In Japan existieren eine Obergrenze für den TBT-Gehalt von Anstrichen und

Gebrauchseinschränkungen für diese [19] • In der gesamten EU, in den USA und in Kanada dürfen TBT-Verbindungen nur auf Schiffen

eingesetzt werden, die länger als 25 m sind [20] • Bei größeren Schiffen darf die Abgabe von TBT aus dem Anstrich in Schweden, den USA und in

Kanada den Wert von 4 µg/cm2 pro Tag nicht überschreiten. In Australien und Neuseeland gilt hierfür ein Wert von 5 µg/cm2 pro Tag [16, 21-23]

Der Gebrauch der folgenden Biozide ist in den jeweils angegebenen Ländern in Antifoulings verboten [16, 21]:

• Quecksilberverbindungen (Deutschland, Österreich, Niederlande) • Arsenverbindungen (Deutschland, Österreich, Niederlande) • Hexachlorcyclohexan (Deutschland, Österreich, Niederlande) • Polychlorierte Biphenyle und Terphenyle (Deutschland, Österreich)

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• Sea-Nine 211 (Schweden, erlaubt für Schiffe länger als 25 m)

In Deutschland fallen die Antifoulingbiozide in den Geltungsbereich des Chemikaliengesetzes, da für sie kein spezielles Gesetz wie etwa das Pflanzenschutzmittelgesetz existiert. Somit ist für Stoffe, die vor 1981 auf dem Markt gewesen sind, keine Anmeldung und damit auch keine Bereitstellung von ökotoxikologischen Daten erforderlich. Durch das Inkrafttreten der Biozid-Richtlinie der EU am 24. Mai 1998 ist eine Änderung dieser Rechtslage zu erwarten. In ihr ist nicht nur ein Anmelde- sondern sogar ein Genehmigungsverfahren vorgeschrieben, so daß eine europaweit gültige Positivliste sowohl von Antifoulingbioziden als auch von deren Zubereitungen erstellt werden soll. Damit verbunden ist auch die Bereitstellung umfangreicher Datensätze über die Biozide bzw. die Zusammensetzungen der Anstriche an die zuständigen nationalen Regelungsbehörden. Maßgebend für die Genehmigung ist, daß von dem Produkt keine unannehmbaren Wirkungen auf Zielorganismen, die Gesundheit des Menschen und auf die Umwelt ausgehen [24]. Wie alle EU-Richtlinien muss die Biozid-Richtlinie innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten in nationales Recht umgesetzt werden.

Die zuständige Arbeitsgruppe der International Maritime Organisation (IMO) der United Nations Organization beschloß im Jahr 1998, ein weltweites Verbot von Organozinnverbindungen durchzusetzen. Die Aufbringung von Antifoulings, die Organozinnverbindungen enthalten, soll demgemäß ab dem Jahr 2003 verboten sein. Ab 2008 soll dann die Präsenz von Organozinnverbindungen auf Schiffen illegal sein.

1.5 Problemstellung und biologisch orientierte Ansätze

Die Biozidkomponenten von Antifouling-Beschichtungen werden eingesetzt, um die Ansiedlung eines breiten Spektrums von Organismen (siehe 1.1) zu verhindern. Hierbei hat besonders die Bekämpfung von größeren Algen (Seetang) und vielzelligen Tieren wie Seepocken, Röhrenwürmern und Muscheln eine große Bedeutung, da diese den hydrodynamischen Widerstand erheblich erhöhen können.

Die Biozide wirken nur, wenn sie aus dem Anstrich in das Meerwasser freigesetzt werden („leaching“). Ist das nicht der Fall, so werden sie von den Organismen nicht aufgenommen und können ihre biozide Wirkung nicht entfalten. Die Einbindung der Biozide in den Anstrich muß also einen Kompromiß zwischen zu schneller Auswaschung der Biozide und zu geringer Abgabe ins Meerwasser darstellen. Anders ausgedrückt soll die kostenintensive Erneuerung des Anstriches minimiert und gleichzeitig der Bewuchsschutz aufrecht erhalten werden.

Wenn die Verhinderung der Ansiedlung nicht in erster Linie auf einer Schädigung sondern auf einer Art von Signalwirkung auf die Zielorganismen beruht, spricht man von „Repellents“ (lat. repellere = abstoßen). Hierfür kommen Naturstoffe (siehe 3.8) oder analoge Verbindungen in Frage. Im Rahmen dieser Studie wurden keine Hinweise auf eine derzeitige kommerzielle Anwendung von Repellents im Antifouling-Bereich gefunden.

Ein etwas ausgefallener Ansatz beruht auf dem Versuch, die Anheftung von Bakterien an die Oberfläche zu verhindern, die in der Bewuchsfolge ganz am Anfang steht. Versuche mit proteolytischen Enzymen hierfür waren zumindest für den Bereich des Antifouling in der Hochseeschiffahrt wenig erfolgsversprechend [12], ein weiterer Ansatz mit „maskierenden“ Substanzen ist bisher lediglich konzeptionell vorgeschlagen worden [10].

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2 Indikatoren für die Beurteilung von Bioziden

Für die Charakterisierung der Wirkstoffe werden hier die folgenden Kategorien verwendet:

• Freisetzung aus Antifoulings • Räumliche und zeitliche Reichweite im Meer/Sediment-System • Affinität zu Organismen • Biologische Aktivität • Verbleibende Unsicherheiten

Für jede dieser Kategorien wird eine Beurteilung auf einer Skala von 1 bis 4 vorgenommen. Bei den ersten vier Bereichen wird durch das Beifügen eines Buchstaben von a bis d ausgedrückt, wie sicher die entsprechende Beurteilungsbasis ist. Der Buchstabe d steht für die größte Unsicherheit. Die Buchstaben bilden die Basis für die Einstufung der insgesamt verbleibenden Unsicherheiten.

Für alle Beurteilungen gilt, daß sie aus mehreren Gründen nicht endgültig sein können. Zum einen ist zu erwarten, daß sich die Datengrundlage weiterhin verändert. Auch sind Fehler bei der Übertragung von Daten aus den zugrundeliegenden Dokumenten, wie zum Beispiel Umrechnungsfehler bei der Umwandlung von Konzentrationseinheiten nicht ausgeschlossen, auch wenn auf eine sorgfältige Arbeitsweise Wert gelegt wurde. Zum anderen wird nicht jeder aus den vorliegenden Daten die gleichen Beurteilungskennziffern ableiten. Eine kritische Diskussion der Beurteilungen ist somit möglich, ja sogar wünschbar.

2.1 Freisetzung aus Antifoulings

Aus der Sicht einer gezielten, minimierten Wirkstoffabgabe wäre eine Freisetzung ideal, die bei einer Abnahme der Strömungsgeschwindigkeit unter 2 Knoten einsetzt, da oberhalb dieser Geschwindigkeit keine Besiedelung stattfindet [13, 15]. Die zweitbeste Lösung wäre eine konstante Abgabe von Bioziden unabhängig von der Strömungsgeschwindigkeit im gesamten Zeitraum zwischen den Dockungen. Faktisch setzen alle handelsüblichen Antifouling-Beschichtungen ihre Wirkstoffe verstärkt bei hohen Strömungsgeschwindigkeiten, also außerhalb der Häfen frei. Um diesen Umstand widerzuspiegeln, wird die Möglichkeit der Kontrolle der Freisetzung für kein Biozid mit sehr gut beurteilt.

Dennoch gibt es große Unterschiede in der Einbindung und Freisetzung der Wirkstoffe. Wegen der mangelhaften Informationen über Aufbau und Zusammensetzung der Anstriche konnte nur eine ungefähre Beurteilung vorgenommen werden. Es ergab sich auch, daß für die Freisetzung mehr der gesamte Anstrich als die Eigenschaften der einzelnen Biozide wesentlich sind (siehe Anhang). Wenn kein spezieller Bindungsmechanismus für das Biozid bekannt war (Freisetzung: 2), wurde allein die Wasserlöslichkeit als Beurteilungsbasis genommen. Zwischen einer schlechten und sehr schlechten Kontrolle der Freisetzung wird hier bei etwa bei einer Wasserlöslichkeit in Seewasser von ca. 50 mg/L die Grenze gezogen.

2.2 Räumliche und zeitliche Reichweite

Die räumliche Reichweite einer Chemikalie wurde von M. Scheringer definiert als der räumliche Bereich, in dem 95% der Exposition, gemessen als Integral der Konzentration über die Zeit, zu finden sind [25]. Sie ist unabhängig von der freigesetzten Menge und spiegelt nur die räumliche Verteilung der freigesetzten Menge wieder. Die genaue Bestimmung der räumlichen Reichweite einer Chemikalie setzt voraus, dass entweder umfangreiche Meßdaten über den gesamten für die Exposition

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räumlich und zeitlich relevanten Bereich vorliegen, oder eine detaillierte Modellierung vom Verteilungs- und Abbauverhalten der Chemikalie vorgenommen wurde. Aussagekräftige Abschätzungen können schon durch stark vereinfachte Modelle gemacht werden. Das Konzept der räumlichen Reichweite ist für Chemikalien entworfen worden, die erstmals vom Menschen in die Umwelt eingebracht werden. Dies ist für Kupfer nicht der Fall. In der vorliegenden Studie wird die räumliche Reichweite des zusätzlich in die marine Umwelt eingebrachten Kupfers diskutiert.

Ein Übergang relevanter Mengen der Biozide in die Luft durch Oberflächendiffusion ist schon aufgrund des geringen Dampfdrucks der Biozide praktisch auszuschließen. Auch für den durch Spraying in die Atmosphäre übergehenden Anteil der Biozide kann angenommen werden, daß er vernachlässigbar ist.

Die Ausbreitung der Biozide im Wasser wird durch ihre Tendenz, sich in organischer Substanz oder an Mineraloberflächen in Partikeln oder im Sediment anzureichern, bestimmt. Der Transport findet kleinräumig durch molekulare Diffusion, über mittlere Distanzen durch Verwirbelung (turbulente Diffusion) und über lange Distanzen durch Strömungen (Konvektion) statt. Dazu kommt die vertikale Ausbreitung durch die an absinkende Partikel adsorbierte Menge. Die räumliche Reichweite innerhalb des Wassers ist durch das Verhältnis von Ausbreitungsgeschwindigkeit zu Abbau- und Sedimentationsgeschwindigkeit bestimmt. Die Reichweite wird aber auch dadurch bestimmt, ob relevante Anteile des Biozids in beiden Kompartimenten Sediment und Wasser verbleiben, oder nur in einem der beiden. Hierfür spielt wieder das Verhältnis zwischen Abbau und Transport eine Rolle.

Tabelle 2.1. Beurteilungsschema für die räumliche und zeitliche Reichweite auf einer Skala von 1 bis 4.

Nicht persistent Nur im Wasser persistent

Nur im Sediment persistent

Im Wasser und im Sediment persistent

Tendentiell im Wasser 1 3 2 3

Tendentiell im Sediment 1 2 3 3

Signifikante Anteile in Wasser und Sediment

1 3 3 4

Wegen dieses Zusammenhangs zwischen räumlicher und zeitlicher Reichweite wurde ein einfaches Schema verwendet, das eine Beurteilung der Reichweite aus Informationen über Verteilung und Abbau erlaubt (Tabelle 2.1).

2.3 Affinität zu Organismen

Üblicherweise wird die Affinität eines Stoffes zu Organismen mit Hilfe des Biokonzentrationsfaktors BCF ausgedrückt. Dieser kann aus verschiedenen Daten berechnet werden. Im Labor werden meist Fische über längere Zeit einer bestimmten Konzentration der zu testenden Substanz ausgesetzt. Der BCF kann dann aus dem Verhältnis der kinetischen Aufnahme- und Abgabekonstanten gebildet werden, oder aus dem Quotienten aus der Konzentration im Fisch zu der Expositionskonzentration. Eine andere Möglichkeit der Bestimmung des BCF ist die Messung von Konzentrationen in realen Umweltsystemen. Die Konzentrationen in Organismen drücken im Verhältnis zur Konzentation im Wasser eine Biokonzentration aus, die in vielen Fällen als BCF angegeben wird. Der BCF enthält immer auch eine Information über die Geschwindigkeit der Aufnahme im Vergleich zur Geschwindigkeit der Abgabe. In Anlehnung an ein Beurteilungsschema des Umweltbundesamtes

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wurden die Biokonzentrationsfaktoren wie in Tabelle 2.2 angegeben auf eine Skala von 1 bis 4 verteilt.

Tabelle 2.2. Beurteilungsschema für die Affinität zu Organismen.

1 2 3 4

BCF < 30 30 - 100 100-1000 > 1000

log KOW < 2,8 2,8 – 3,5 3,5 – 4,8 > 4,8

Die Beurteilung aufgrund von log KOW-Werten ist nicht ganz so einfach, wie aus Tabelle 2.2 geschlossen werden könnte. Die Beziehung zwischen log KOW und BCF ist nicht eindeutig, sondern hängt viemehr von speziellen Möglichkeiten der Wechselwirkung der Substanzen mit dem Körpergewebe ab, die sich aus der chemischen Struktur ergeben. Dennoch werden hier für die BCFs ungefähr entsprechende log KOW-Werte angegeben. Die Umrechnung der BCF in log KOW-Werte wurde gemäß der vom Syracuse Research Center im Auftrag der US EPA ermittelten Regressionsgleichung für Chemikalien ohne strukturelle Besonderheiten vorgenommen.

2.4 Biologische Aktivität

Da es sich um eine Beurteilung von Bioziden handelt, liegt die biologische Aktivität der betrachteten Substanzen um ein vielfaches höher als bei einer zufälligen Auswahl von Chemikalien. Die Skala von 1 bis 4 wird zwischen Repellents, die idealerweise nicht im engeren Sinne toxisch sind und dem TBT aufgespannt. Ausschlaggebend sind hier, wenn erhältlich, die niedrigsten beobachteten Konzentrationen mit relevanten Wirkungen bzw. die Konzentrationen, bei denen solche Wirkungen gerade noch nicht auftraten (NOEC). Wenn diese nicht bekannt waren, wurden auch Werte für die akute Toxizität (LC50) gegenüber aquatischen Organismen berücksichtigt. Da die erhältlichen Zahlenwerte allgemein oft nicht direkt miteinander quantitativ vergleichbar waren, kann hier kein genaues Schema angegeben werden, nach dem die Beurteilungskennzahlen ermittelt worden sind.

2.5 Verbleibende Unsicherheit

Die Beurteilung der Grenzen der Aussagekraft der im Verlauf dieser Studie gesichteten Daten soll widerspiegeln, wie groß die Unsicherheit ist, die nach der Beurteilung der Risiken durch die Biozide verbleibt. Auch hierfür gibt es kein wissenschaftlich-objektives Maß, das gleichzeitig praktikabel und aussagekräftig wäre.

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3 Kurzprofile der Wirkstoffe

Die Beurteilungsprofile, die in Tabelle 3.1. dargestellt sind, werden im Folgenden erläutert und begründet. Eine Zusammenstellung der für die Beurteilung verwendeten Daten befindet sich im Anhang.

Tabelle 3.1. Vergleichende Risikobewertung der Biozide jeweils auf einer Skala von 1 bis 4. Die Buchstaben hinter den Bewertungszahlen geben die jeweilige Unsicherheit bei der Bewertung auf einer Skala von a bis d an, wobei a die kleinste und d die größte Unsicherheit darstellt. Für Begründungen siehe Kapitel 3.1ff.

Freisetzung Reichweite Affinität zu Organismen

Biologische Aktivität

Rest-unsicherheit

TBT-Acrylate 2a

Andere TBT-Verbindungen 3c

3a 4b 4a 1

Cu-Acrylate 2d

Andere Cu-Verbindungen 3b

3d 3a 3c 3

Zink-Acrylate 2b

Andere Zink-Verbindungena 3c

3d 3d 2c 3

Irgarol 1051 3b 2c 3c 2b 2

Sea-Nine 911 3a 3c 3c 3d 3

Zink-Pyrithion 3b 3d 2d 3d 4

aaußer Zink-Pyrithion

3.1 Organozinnverbindungen

Über Organozinnverbindungen (siehe Abbildung 3.1) ist außerordentlich viel publiziert worden. Zum einen liegt das an ihrem verbreiteten Einsatz im Holzschutz, in der Textilbranche und in Antifoulings. Zum anderen werden sie als die am stärksten toxischen Verbindungen bezeichnet, die je bewußt in die aquatische Umwelt eingebracht wurden [26]. Sie greifen an zentraler Stelle in den Metabolismus ein, nämlich in den Prozess der oxidativen Phosphorylierung [1], der ein Teil der für alle Lebewesen essentiellen Atmungskette ist. Es existieren umfangreiche Übersichtsarbeiten über die ökologischen Auswirkungen von Organozinnverbindungen [20, 27]. Bemerkenswert ist, daß die Organozinnverbindungen noch 1975 [1] als sehr umweltfreundlich bezeichnet wurden. Weder die Persistenz im Sediment noch die endokrine Wirkung schon bei sehr geringen Konzentrationen war damals bekannt.

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Abb. 3.1. Strukturformeln der im Meerwasser vorliegenden bioziden Verbindungen (BVM) a) TBTOH und b) TBT+

Organozinnverbindungen, von denen die Tributylzinnverbindungen am häufigsten eingesetzt werden, können entweder einfach in einen Anstrich eingemischt oder chemisch in ein Kopolymer gebunden eingesetzt werden. Aufgrund der gleichmässigeren Freisetzung von TBT und der wesentlich längeren Lebensdauer werden derzeit hauptsächlich Anstriche vom zweiten Typ verwendet. Diese sind auch unter dem Namen „Self Polishing Copolymer“ (SPC) bekannt (siehe 4.1). Eine bessere Kontrolle der Freisetzung als durch die Verwendung von solchen hydrophoben, hydrolisierenden (Ko-)Polymeren ist bisher nicht bekannt (Freisetzung: 2a).

Während TBT nur eine mäßige Affinität zu im Wasser schwimmenden Partikeln hat, wird die Verteilungskonstante Kp zwischen Frisch-/Meerwasser und Sediment im Mittel mit Werten zwischen 1 und 3 ⋅ 103 kg/L angegeben. TBT tendiert somit dazu, sich zum Großteil ins Sediment hineinzu verteilen. Die Beurteilung der Verteilung von TBT-Verbindungen wird durch die Tatsache erschwert, daß es neben hydrophoben Wechselwirkungen auch ionisches Wechselwirkungspotential hat. TBT wird im Meerwasser bei höheren Temperaturen mit einer Halbwertszeit im Bereich von 1 bis 2 Wochen abgebaut, bei winterlichen Temperaturen um 5 °C kaum noch. Der Abbau im Sediment findet dagegen nur mit einer Halbwertszeit im Bereich von Jahren statt [20], so daß es als persistent im Sediment beurteilt wurde. Die räumliche und zeitliche Reichweite wurde damit insgesamt als groß beurteilt (Reichweite 3a).

Wie an den Biokonzentrationsfaktoren (BCF) gesehen werden kann, ist die Aufnahme von TBT stark vom Organismentyp abhängig. Bei Fischen findet man hohe bis sehr hohe BCF-Werte, bei Muscheln sogar extrem hohe grösser als 100 000. Die Affinität zu Organismen wird als sehr hoch eingestuft (4b).

TBT-Verbindungen verursachen schon in extrem kleinen Konzentrationen populationsschädigende biologische Wirkungen auf eine Vielzahl von untersuchten Muschel- und Schneckenarten. Biochemische Wirkungen auf Zellen im µ-molaren Bereich umfassen Membranschädigungen in Leberzellen, Störungen des Kalzium-Haushalts in Thymuszellen (Immunotoxizität), Inhibition der oxidativen Phosphorylierung (ATP-Synthese) in Mitochondrien, Inhibition der Photophosphorylierung in Chloroplasten, Inhibition der Na-K-Pumpe und der damit verbundenen ATPase [20]. Vermutlich spielt die Kombination aus der positiven Ladung und der Lipophilie des TBT-Kations eine entscheidende Rolle für die starke Wirkung auf die unterschiedlichen membranständigen Ionenkanäle der Zellen. Die Inhibition des P450-Enzyms, das in der Entgiftung vieler Organismen eine entscheidende Rolle spielt, ist wahrscheinlich auch für das Auftreten des sogenannten „Imposex“-Phänomens verantwortlich [20]. Diese Vermännlichung, die vor allem bei Wellhornschnecken schon bei TBT-Konzentrationen von 1 ng/L auftritt, führt dazu, daß die Reproduktion von betroffenen Populationen stark eingeschränkt ist (biologische Aktivität: 4a).

Über TBT-Verbindungen existiert eine kaum mehr überschaubare Fülle von ökotoxikologischen Untersuchungen vor. Verglichen mit den anderen hier behandelten Antifouling-Bioziden wird die Beurteilungsbasis als sehr sicher bewertet (1)

a)

Sn OH

b)

Sn+

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3.2 Kupferverbindungen

Kupfer liegt in Antifoulings in den meisten Fällen als metallisches Kupfer, als Oxid, als Thiocyanat oder als Sulfid vor. Das am häufigsten verwendete Kupfer(I)oxid Cu2O gibt dem Anstrich eine rote Farbe. Soll der Anstrich eine andere Farbe erhalten, so kann das weiße Kupfer(I)thiocyanat CuSCN verwendet werden [28]. In einigen Fällen wird Kupfer(I)sulfid Cu2S zusätzlich zu Kupfer(I)oxid eingesetzt, um eine Schwarzfärbung des Anstriches zu erreichen [6].

In vielen Ländern, so auch in Deutschland, hat Kupfer als Antifoulingbiozid durch das Verbot von Organozinnverbindungen für Schiffe mit einer Länge kleiner als 25 m stark an Bedeutung gewonnen. Im Zuge der Bemühungen der Internationale Maritime Organization IMO um ein generelles Verbot von Organozinnverbindungen gewinnen Kupferverbindungen als wesentlicher Bestandteil der leistungsfähigsten zinnfreien Anstriche weiter an Bedeutung.

Zu den von Kupfer ausgehenden Risiken für die maritime Umwelt existieren folgende Berichte:

• Die Qualitätskriterien für Kupfer in Salzwasser als Ergänzung der entsprechenden Qualitätskriterien im Süßwasser der US EPA [29, 30]

• Eine ökotoxikologische Beurteilung von Kupfer in Antifoulings der Kemikalieinspektionen KEMI in Schweden und ein Supplement dazu [31, 32]

• Ein „Integrated Criteria Document Copper“ des nationalen Instituts für Gesundheit und Umweltschutz der Niederlande RIVM

• Verschiedene Review-Artikel in Fachzeitschriften und Fachbüchern [33, 34]

Zusätzlich finden sich in der wissenschaftlichen Literatur zahlreiche Einzelpublikationen über gemessene Konzentrationen von Kupfer in marinen Ökosystemen und in Lebewesen sowie über die Ergebnisse von Studien über die toxikologischen Auswirkungen von Kupfer in Organismen.

Die Risikoanalyse von Kupfer im Meerwasser gestaltet sich aus folgenden Gründen nicht ganz einfach:

• Kupfer ist ein essentielles Spurenelement und damit für alle Lebewesen unverzichtbar. In höheren Konzentrationen zeigen sich aber schädliche Effekte. Der Konzentrationsbereich, in dem weder Mangelerscheinungen auftreten, noch Schadeffekte zu beobachten sind, kann recht klein sein. Verburgh (zitiert nach [35]) konnte für Bivalvia, die zu den Weichtieren gehören, zeigen, dass sich dieser Konzentrationsbereich nur über eine Größenordnung, also einen Faktor 10 erstreckt

• Die Aufnahme von Kupfer durch marine Organismen hängt von der Form ab, in der es im Seewasser vorliegt. Im Seewasser kommt es als „freies“ Cu2+-Ion, in anorganischen Komplexen, in organischen Komplexen (siehe Abbildung 3.2) oder an Partikel gebunden vor. Der mittlere Gesamtkupfergehalt in den Weltmeeren wird mit ca. 0,15 µg/L [36] angegeben. In der Ostsee findet man höhere Konzentrationen zwischen 0,3 und 0,8 µg/L [31]. Die Angaben in der wissenschaftlichen Literatur über die Aufteilung des gesamten Kupfergehalts auf die verschiedenen Formen variieren sehr stark [33, 37]. Da Messungen des Kupfergehalts in Seewasser in der Regel nur Gesamtkonzentrationen ergeben, ist die Vergleichbarkeit von solchen Meßwerten mit den Konzentrationen, die in Toxizitätstests eingesetzt werden, in Frage gestellt. In der Regel ist nur ein Teil des gesamten Kupfergehalts für die Organismen verfügbar und damit potentiell schädlich [38, 39].

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Abb. 3.2. Kupfer im Meerwasser: a)„freies“ Cu2+ b) Cu(OH)+-Komplex c) Cu(Cl)20-Komplex d) Chelatkomplex. Bindungslängen und –formen sind vereinfacht dargestellt.

Da Kupfer andere chemische Eigenschaften besitzt als TBT, muß auch die Einbindung in Kopolymere anders sein als bei TBT-Kopolymeren. Ein sich ergebendes Problem ist, daß Kupfer wegen der geringeren Toxizität in größeren Mengen freigesetzt werden muß, um den Bewuchsschutz zu gewährleisten. Neuere Produkte werben damit, daß sie selbstpolierend und zinnfrei sind. Diese enthalten durchgehend auch Kupfer. Entscheidend für die möglichst gleichmäßige Freisetzung ist die Bestimmung der Freisetzungsrate durch die Auflösung des Anstrichs ausschließlich an der Oberfläche. Die Vergleichbarkeit etwa des Kupfer-Acrylat-Systems mit TBT-Acrylat-Systemen wurde in Zweifel gezogen [40]. Für Kupfer-Acrylat-Anstriche wird die Freisetzungskontrolle durch Hydrolyse zwar angegeben [41, 42], Hempel deutet beispielsweise aber für seinen Anstrich durch die Angabe eines „reduzierten Aufbaus einer ausgewaschenen Schicht“ [43] darauf hin, daß die Biozidabgabe nicht nur an der Oberfläche stattfindet, wie beim hydrophoben TBT-Kopolymer. Dies läßt eine Abnahme der Biozidabgabe mit zunehmendem Alter des Anstriches erwarten. Die Möglichkeit der Freisetzungskontrolle beim Einsatz von Cu-Kopolymeren wird mit einer sehr hohen Restunsicherheit als gut eingestuft (Freisetzung: 2d), beim Einsatz von anderen Kupferverbindungen als weniger gut (Freisetzung: 3b).

Das in höheren Konzentrationen biozid wirkende Kupfer(II) (BVM) ist im Meerwasser persistent. Es kann allerdings unter anoxischen Bedingungen, wie sie z.B. im Gotlandtief der Ostsee vorkommen, zu Kupfer(I) reduziert werden [36]. Über die Wirkungen von Kupfer(I) auf Organismen ist wenig bekannt, es kann also Zeit nicht als wesentlich weniger biologisch aktiv eingestuft werden. Im Sediment wird Kupfer(II) sowohl an organisches Material als auch an Minerale gebunden, wobei die Adsorption an mineralische Oberflächen vermutlich wichtiger ist [33]. In anoxischen, stark reduzierenden Sedimenten werden sehr schwerlösliche Kupfersulfide ausgefällt. Dieser Prozeß ist zwar kein Abbau, stellt aber eine chemische Reaktion zu einem wesentlich weniger biologisch aktivem Transformationsprodukt dar. Er fällt auch unter den Begriff der „Immobilisierung“ von Kupfer. Die räumliche und zeitliche Reichweite des durch Antifouling eingebrachten Kupfers ist schwierig zu definieren, da Kupfer seit der Entwicklung einer oxischen Atmosphäre auf der Erde in den Weltmeeren verbreitet ist [44]. Für eine Risikobeurteilung interessant ist deshalb nur die Reichweite des durch AF-Anstriche zusätzlich eingebrachten Kupfers, wobei immer die mengenmäßige Relation zum bereits vorhandenen Kupfer beachtet werden muß. Eine sehr grobe Abschätzung2 ergibt, daß eine signifikante Erhöhung des totalen Kupfergehalts durch Antifoulings beim derzeitigen Einsatzniveau in Regionen mit geringem Wasseraustausch und hoher Antifoulingaktivität möglich erscheint. Wegen der hohen Persistenz im Wasser und der Verteilung auf die Umweltkompartimente Wasser und Sediment wird die Reichweite trotz der hohen Hintergrundkonzentrationen als hoch eingestuft. Nicht zuletzt wegen der unbekannten Stabilität von biologisch aktiven Komplexen des Kupfer(II) mit Pyrithion oder Thiram, aber auch mit natürlich

2 Das holländisch Rijksinstituut voor Volksgezondheid en Milieuhygiene RIVM hat für Holland eine Abgabe von 25 Tonnen Kupfer pro Jahr aus Antifoulings ins Meerwasser geschätzt [93]. Zum Vergleich: Die Ostsee mit ca. 20 000 km3 enthält bei Annahme von durchschnittlich 0.5 µg/L [36] ca. 10 000 t Kupfer.

a)

Cu2+

OH2

OH2

OH2

OH2OH2

OH2 b)

Cu+

OH2

OH2

OH

OH2OH2

OH2 c)

CuOH2

OH2

Cl

ClOH2

OH2 b)

CuS

OH2

OH2

OOH2

OH2

O

CH3

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vorkommenden organischen Stoffen, die die biologische Aktivität von Kupfer erhöhen können, wird die Unsicherheit als sehr hoch beurteilt (Reichweite: 3d).

Die Affinität von Cu zu Organismen kann durch Biokonzentrationsfaktoren beschrieben werden, die das Verhältnis der Konzentration im Organismus zur Konzentration im Wasser ausdrücken. Diese BCFs variieren in unbekannter Abhängigkeit von der Konzentration, der chemischen Zusammensetzung von Wasser und Partikeln sowie von anderen Faktoren. In Algen, Plankton, Weichtieren und Krebstieren findet man BCFs größer 1000, bei einigen Algen, Makroalgen, Muschelarten (z.B. Austernart Crassostrea virginica 28 000) und auch Krebsen größer 10 000 [35]. Die geringeren BCFs bei Fischen (150-700) können damit in Zusammenhang gebracht werden, daß Fische und höhere Wirbellose Kupfer durch Ausscheidung regulieren können [45]. Eine Anreicherung von Kupfer in der Nahrungskette findet nach übereinstimmenden Aussagen nicht oder nur in Ausnahmefällen statt [31, 33], was mit der Verteilung der BCFs zwischen den Spezies übereinstimmt. Deshalb wird die Tendenz von Kupfer zur Anreicherung in Organismen trotz der meist sehr hohen BCFs größer 1000 nur als hoch eingestuft, wobei auch eine Einstufung als sehr hoch vertreten werden könnte. Es existiert eine ausführliche und breite Datengrundlage (Affinität zu Organismen: 3a).

Von den Metallionen, die im Meerwasser vorkommen können, wirkt Kupfer(II) nach Quecksilber und Silber für viele Meeresorganismen in den geringsten Konzentrationen toxisch [36]. Im Vergleich mit TBT sind Cu-Konzentrationen, die bestimmte Wirkungen hervorrufen, aber auch sogenannte No-observed-effect-concentrations NOEC3 generell um etwa eine Größenordnung höher. Die wesentlich höhere Differenz zwischen der akuten Toxizität von TBT und Kupfer gegenüber Fischen kann in Zusammenhang mit deren Fähigkeit zur Regelung ihres Kupferhaushalts gesehen werden. Es ist erwiesen, daß die Anlagerung bestimmter organischer Substanzen an in Wasser gelöstes Kupfer (Komplexierung) die Aufnahme und die Toxizität für Bakterien, planktische Algen und Flohkrebse erhöht [46, 47]. Einige solcher Liganden, die die Lipophilie des Kupfer(II) im Seewasser erhöhen, werden auch als Komponenten von kupferhaltigen Antifoulingbioziden eingesetzt oder können aus den Komponenten entstehen (siehe Unterkapitel über Zink-Pyrithion und Thiram). Über die Stabilität solcher lipophiler Kupferkomplexe und über entsprechende natürlich vorkommenden Liganden, die eine erhöhte Aufnahme von Kupfer bewirken könnten, wurde kaum Information gefunden. Deshalb wurde die hohe Einstufung der biologischen Aktivität von Kupfer im Meerwasser als unsicher beurteilt (biologische Aktivität: 3c).

Insgesamt ist die Beurteilung mit einer hohen Unsicherheit (3) verbunden.

3.3 Zinkverbindungen

Die Risikoanalyse von anorganischen Zinkverbindungen wurde mit kleinerer Priorität betrieben. Zink ist, mehr noch als Kupfer, ein wichtiges Element für lebende Organismen und damit ein Spurennährstoff. Es spielt bei so zentralen Prozessen wie etwa dem Ablesen der DNA (Zinkfinger) eine wichtige Rolle. Metallisches Zink, Zinknaphtenat, Zinkoctoat und andere Zinksalze(auch Zinkseifen genannt) werden als Biozide in Antifoulings eingesetzt [6] und bei einer Patentrecherche wurde in mehreren Kompositionen Zink(II)oxid als Bestandteil (vermutlich als Pigment Zinkweiß) von Antifoulings angegeben. Auch bevor TBT-Verbindungen aufkamen, wurde Zinkoxid in diesem Bereich als Biozid eingesetzt [13]. Hier sollen exemplarisch das Zinkoxid und die Zink-Carboxylate betrachtet werden. Zink wurde nur in Kombination mit TBT und/oder Cu gefunden.

Zink ist in Meerwasser in etwa hundertfach größerer Konzentration löslich als Kupfer (eigene Berechnungen und [48]), wobei hier nicht das Hydroxid, sondern das Carbonat die Löslichkeit bestimmt. Vor diesem Hintergrund wird der Einsatz von Carboxylaten zur Kontrolle der Freisetzung von Zink verständlich, wenn man die chemische Ähnlichkeit der Carbonationen zu den Carboxylgruppen in Carboxylaten, aber auch in Akrylaten berücksichtigt. Laut Herstellerangaben 3 Konzentration, bei der die beobachtete Wirkung gerade noch nicht auftrat.

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(siehe Anhang) findet bei kürzlich entwickelten Anstrichen auf der Basis von Zink-Akrylat-Polymeren (die auch Cu2O und organische Biozide enthalten) eine Auflösung fast ausschließlich an der Oberfläche statt. Dies läßt darauf schließen, daß die Freisetzung von Zink im Wesentlichen durch die Hydrolyse bestimmt wird und somit als gut kontrollierbar eingestuft werden kann (2b). Bei anderen, relativ gut löslichen Zinkverbindungen ist eine Kontrolle der Freisetzung vermutlich schwieriger (3c).

Aufgrund der guten Löslichkeit von Zink im Meerwasser, aber auch der relativ guten Löslichkeit der Sulfide ist eine Verteilung ins Sediment hinein weniger wahrscheinlich. Die Persistenz ist aber vermutlich in beiden Kompartimenten sehr hoch. Die Hintergrundkonzentration von Zink im Meerwasser ist ca. 0,4 µg/L [49], so daß eine signifikante Erhöhung wiederum nur lokal wahrscheinlich erscheint. Die räumliche und zeitliche Reichweite wird als hoch eingestuft, die Beurteilungsgrundlage ist schmal (3d).

Ebenso wie Kupfer, kann Zink von Fischen und höheren Wirbellosen reguliert werden [45, 50]. Wegen der besseren Löslichkeit von Zink im Meerwasser und der daraus folgenden geringeren thermodynamischen Aktivität wurde eine geringere Affinität zu Organismen im Vergleich zu Kupfer angenommen. Über den Einfluß von lipophilen Komplexen auf die Bioverfügbarkeit und Toxizität wurde keine Information gefunden (Affinität zu Organismen: 3d).

Die gesichteten Daten weisen darauf hin, daß Zink erst in Konzentrationen ähnliche Effekte wie Kupfer auf Organismen hat, die um mindestens eine Größenordnung höher liegen. In der für Metalle üblicherweise angegebenen Reihe für Toxizitäten liegt Zink regelmäßig hinter dem Kupfer. Die biologische Aktivität wurde mit hoher Unsicherheit als klein eingestuft (2c).

Auch hier ist die Beurteilung insgesamt mit einer hohen Unsicherheit (3) verbunden.

3.4 Silikonverbindungen

Zu den toxikologischen Eigenschaften von Silikonverbindungen ist nur sehr wenig bekannt. Trotz ihrer ausschließlich anthropogenen Herkunft sind sie aufgrund ihrer geringen Toxizität und der geringen Anreicherung in Organismen, sowie aufgrund ihrer guten chemischen Abbaubarkeit aus den Listen schädlicher und potentiell gefährlicher Stoffe internationaler Konventionen gestrichen worden [36]. Über die Abbaubarkeit fluorierter Silikonverbindungen im Meeer ist nichts bekannt, ebensowenig wie über die Toxizität von Transformationsprodukten.

3.5 Risikovergleich Kupfer-TBT

Läßt man die Begleitbiozide, die bei TBT-Anstrichen, besonders aber bei kupferbasierten Anstrichen zum Einsatz kommen, außer acht, so kann man einen ersten Vergleich der durch diese Biozide verursachten Risiken anstellen. Aus Abbildung 3.3 wird ersichtlich, daß die geringere biologische Aktivität des Kupfers und seine etwas geringere Affinität zu den Lebewesen im Meer zum Teil durch die geringere Sicherheit der Beurteilung kompensiert wird. Auch vor dem Hintergrund der noch sehr dünnen Beurteilungsbasis für die Begleitbiozide, die hier noch nicht berücksichtigt werden, erscheint eine bevorzugte regulatorische Behandlung von kupferhaltigen Antifoulings zwar gerechtfertigt, muß aber als vorläufig angesehen werden, da noch erhebliche Unsicherheiten bestehen.

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Abb. 3.3. Darstellung der Risikobeurteilung für die Wirkstoffe TBT und Kupfer.

3.6 Synthetisch hergestellte organische Biozide

3.6.1 Irgarol 1051

Irgarol 1051 (siehe Abbildung 3.4), im Folgenden kurz Irgarol, gehört zur Klasse der symmetrischen Triazine. Von den in der Landwirtschaft häufig als Herbizide eingesetzten Produkten unterscheidet es sich durch die Methylthio-Gruppe in 2-Position anstelle des beispielsweise im Atrazin oder Simazin vorliegenden Chlorid-Substituenten (Abbildung 2.1). In Gewässern, in denen nur ein geringer Bewuchsdruck durch Makroorganismen besteht, ist der Bewuchsschutz mit Kupfer und Irgarol ausreichend. In der Schweiz sind demzufolge nur Antifoulings mit Cu-Verbindungen und Irgarol zugelassen [51]. In Schweden wurden Biozide mit anderen Inhaltsstoffen als Cu und Irgarol nur für solche kommerziell betriebenen Schiffe zwischen 12 und 25 m bewilligt, die auch auf der Hochsee, also nicht ausschließlich in Nord- und Ostsee eingesetzt werden [16]. Für Irgarol wurde uns ein ausführlicher Datensatz von der Herstellerfirma Ciba Specialty Chemicals zur Verfügung gestellt [52], wofür wir an dieser Stelle herzlich danken möchten.

Aufgrund des vermehrten Einsatzes von Irgarol sind Umweltkonzentrationen und ökologische Auswirkungen bereits in einigen wissenschaftlichen Publikationen diskutiert worden [53-60].

Abb. 3.4. Strukturformeln von a) Irgarol und b) Atrazin

Irgarol ist in Seewasser nur sehr begrenzt löslich, in organischen Lösemitteln dagegen gut. Eine besondere Form der Einbindung in Anstriche ist für Irgarol nicht bekannt. Die Freisetzung wurde dementsprechend mit 3b beurteilt.

a) N

N N

S

N N b) N

N N

Cl

N N

01234

Freisetzung

Reichweite

Affinität zu OrganismenBiologische Aktivität

Restunsicherheit

TBT-AcrylateCu-AcrylateAndere TBT-VerbindungenAndere Cu-Verbindungen

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Die Verteilungskoeffizienten KOC und KD deuten darauf hin, daß sich Irgarol bevorzugt ins Sediment verteilt. Zum Abbau von Irgarol in Meerwasser fanden sich außer der Stabilität gegenüber abiotischer Hydrolyse keine Angaben. Der photolytische Abbau wird als weniger relevant betrachtet, da er nur für die oberste Wasserschicht aussagekräftig ist. Da auch keine abiotische Hydrolyse im Wasser nachgewiesen wurde, wird Irgarol hier als persistent im Wasser betrachtet. Im Salzwassersediment wird eine Halbwertszeit von ca. 200 Tagen vom Hersteller angegeben, wobei die Produkte der offenbar mikrobiell katalysierten Biotransformationen4 als weniger biologisch aktiv eingeschätzt werden. Eine Spaltung des Triazin-Rings wurde nicht beobachtet. Irgarol wird hier im Sediment als nicht persistent eingestuft. Insgesamt ergibt sich damit eine geringe räumliche und zeitliche Reichweite, die allerdings wegen der nicht validierten Daten über den Abbau im Sediment mit einer hohen Unsicherheit verbunden ist (Reichweite 2c).

Die Werte für die Oktanol-Wasser-Verteilung von Irgarol variieren recht stark je nach Quelle. Der vom Hersteller angegebene Wert kontrastiert mit dem aus einem anerkannten Abschätzungsprogramm erhaltenen Wert. Die Biokonzentrationsfaktoren deuten aber auf eine hohe Affinität zu Organismen hin, bzw. auf eine sehr hohe zu Makrophyten (Affinität zu Organismen 3c).

Irgarol wirkt wie andere Triazin-Biozide sehr spezifisch auf die Elektronenübertragung im Photosynthesesystem II. Schon bei sehr niedrigen Konzentrationen um 0,1 µg/L wurden in Langzeittests Wirkungen auf die Photosynthese von Algenpopulationen gezeigt. Wirkungen auf andere als pflanzliche Organismen wurden erst bei wesentlich höheren Konzentrationen im Bereich von 1 mg/L beobachtet. Für einige Arten sind vom Hersteller auch NOECs erhältlich, die wiederum wesentlich niedriger als 1 mg/L liegen. Die biologische Aktivität wurde im Vergleich mit den anderen Wirkstoffen als niedrig eingestuft (biologische Aktivität 2b).

Die Sicherheit der Beurteilung ist insgesamt gut (2)

3.6.2 Sea-Nine 211

Sea-Nine 211, im Folgenden C-9211 (siehe Abbildung 3.5), wird oder wurde unter anderen Namen bereits als Fungizid, z.B. gegen Mehltau eingesetzt. Die Substanz wurde von der Herstellerfirma Rohm & Haas durch ein Screening verschiedener Isothiazolone auf die Parameter Algentoxizität, Seepockentoxizität und Wasserlöslichkeit (langsames Leaching) ausgewählt [61].Wegen geringer Persistenz in der Umwelt und geringerer Humantoxizität im Vergleich mit TBT wurde die Herstellerfirma mit dem „Presidential Green Chemistry Award“ der US EPA in der Kategorie „Designing Safer Chemicals“ ausgezeichnet.

In Schweden wurden allerdings Restriktionen bezüglich des Einsatzes von C-9211 in Antifoulings erlassen, wobei es regulatorisch wie Diuron behandelt wird ([16], Kapitel 1.4).

Abb. 3.5. Strukturformel von Sea-NineTM 211

Die Kontrolle der Freisetzung von C-9211 wird hier aufgrund seiner Wasserlöslichkeit von ca. 4,7 mg/L als schlecht eingestuft. Die Möglichkeit der Einkapselung bzw. der Verwendung einer Reservoir-Membran-Anstrichtechnologie wird derzeit an der Universität New Hampshire untersucht [62] (Freisetzung: 3b). 4 Die wichtigsten Transformationsreaktionen sind offenbar die Oxididation bzw. Entfernung der Methylthio-Gruppe sowie die N-Desalkylierung, wobei die Cyclopropyl-Gruppe bevorzugt entfernt wird.

NS

Cl

Cl

O

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Die Verteilung von C-9211 in der marinen Umwelt ist schwierig zu beurteilen. Für den log KOW liegen unterschiedliche experimentelle Angaben vor. Für die resultierenden Umweltkonzentrationen führt dies zu einer Unsicherheit von 4 Größenordnungen. Die Struktur der Verbindung läßt allerdings die höheren Werte für log KOW weitaus glaubhafter erscheinen, was auch durch etablierte quantitative Struktur-Aktivitäts-Beziehungen untermauert werden kann. Die Verteilung in Sediment-Wasser-Systemen wird durch die Überlagerung von Transformations- und Transportprozessen bestimmt. Das Auftreten von gebundenen Rückständen deutet darauf hin, daß das schnelle Verschwinden aus der wässrigen Phase zu einem signifikanten Teil durch eine irreversible Assoziation an organisches Material in Partikeln und vor allem im Sediment zustande kommt. Die Persistenz in natürlichen Wässern ist gering, über die Persistenz im Sediment werden widersprüchliche Angaben gemacht. Nach der Extraktion des Sediments mit verschiedenen Lösungsmitteln5 wurden hohe Anteile von „gebundenen Rückständen“ gefunden, die offenbar recht persistent sind. Aufgrund der hohen Lipophilie scheint es durchaus möglich, daß diese Rückstände reversibel gebunden sind, aber bei der Extraktion nur in kleinen Mengen aus dem Sediment gelöst wurden. Transformationsprodukte aus dem Sediment und mikrobiellen Extrakten wurden vor der Aufklärung ihrer Struktur chemisch methyliert, um die Analytik zu erleichtern [63]. Bezüglich der Struktur der Metaboliten besteht Abklärungsbedarf. Die Persistenz der Rückstände im Sediment wird hier als hoch eingeschätzt. Insgesamt ergibt sich somit eine hohe räumliche und zeitliche Reichweite, die mit einer hohen Unsicherheit verbunden ist (Reichweite: 3c).

Die Biokonzentrationsversuche deuten darauf hin, daß C-9211 mit Körpergewebe reagiert und darin eingebaut wird. Eine hohe Lipophilie der Substanz, die wie oben erwähnt schon aus der Struktur ersichtlich ist, ist auch mit den hohen Biokonzentrationsfaktoren von > 100 vereinbar. Es muß darauf hingewiesen werden, daß die Aufnahme der Substanz vermutlich von Transformationsreaktionen im Körpergewebe (Metabolisierung) begleitet ist. Die Affinität zu Organismen wird als hoch eingestuft (3c), wobei die Datengrundlage aufgrund der fehlenden Informationen aus realen Umweltsystemen oder anderen Organismen außer Fischen schlecht ist.

Die biologische Aktivität von C-9211 ist für alle getesteten Organismen bei Konzentrationen zwischen 1 und 30 µg/L mit sehr bedenklichen Wirkungen verbunden. Eine Ausnahme bilden Einzeller im Klärschlamm (wahrscheinlich ein Effekt der Assoziation an die organische Substanz im Schlamm) und der Krebs Buca pugilator. Da es als Fungizid eingesetzt wird und für 3(2H)-Isothiazolone hohe Aktivitäten gegen ein breites Spektrum von Bakterien gefunden wurden (Zitat in [64]), ist es als Breitbandbiozid mit hoher toxischer Aktivität anzusehen. Die Wirkkonzentrationen gegenüber Algen liegen ähnlich wie bei Irgarol, nach einer Quelle sogar deutlich niedriger[65]. Es liegen nur unzureichende Daten über chronische Effekte vor. Aufgrund der zu erwartenden Variabilität zwischen den Arten lassen die bekannten Werte relevante Effekte auf einzelne Arten im Bereich von 100 ng/L erwarten. Die bisher bekanntgewordenen Werte liegen zur chronischen Wirkung liegen damit immer noch etwa zwei Größenordnungen höher, als bisher bekannte Effektkonzentrationen des TBT (biologische Aktivität: 3d).

Die Unsicherheit der Beurteilung ist hoch (3)

3.6.3 Zink-Pyrithion

Das Zinksalz des Pyrithion (siehe Abbildung 3.6), im Folgenden ZnPT eignet sich wegen seiner geringen Löslichkeit in Wasser und Lösemitteln nicht nur als Fungizid in Anti-Schuppen-Shampoos, sondern auch als Pigment in Antifoulings. Dabei wirkt es vor allem in Kombination mit den Kupferverbindungen Cu2O oder CuSCN in erstaunlich geringen Konzentrationen [66]. Die Komplexe von Pyrithion mit Cu- (grün), Hg- und Ag sind stabil [66], wobei vor allem der Komplex mit Kupfer(II) interessant ist, weil dieses bei der Freisetzung aus kupferhaltigen Antifoulings entsteht.

5 Das unpolarste Extraktionsgemisch war Methylenchlorid:Methanol 9:1, 48h

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Über Untersuchungen von synergistischen Effekten von Kupfer und Pyrithion ist nichts bekannt. Kupferpyrithion wird neben Zinkpyrithion als schwerlösliches Salz von der Firma Olin Biocides als Antifoulingpigment angeboten, ersteres ist jedoch in den USA nicht zugelassen.

Über das Umweltverhalten von Pyrithion ist sehr wenig Literatur zugänglich [67]. Um die Form, in der das Pyrithion im Meerwasser vorliegt, zu bestimmen, wurde folgende grobe Abschätzung gemacht: Ausgehend von einem Gesamtgehalt an Zink von 0,4 µg/L kann man den Anteil des Pyrithions abschätzen, die als 1:1-Zinkkomplex vorliegt, vorausgesetzt, man kennt die Komplexbildungskonstante (log K≅5,8 [67]). Der Anteil des ZnPT (1:1) ergibt sich mit ca. 0,2%. Für das Kupfer, dessen Gesamtgehalt von ca. 0,15 µg/L wahrscheinlich nur zu etwa 1 % als freies Cu2+ vorliegt, das aber aufgrund der Tatsache, daß sich ZnPT im Anstrich in Kupfer-Pyrithion (CuPT) umwandelt [66] eine ähnliche Komplexbildungskonstante des 1:1-Komplexes haben sollte, ergibt sich ein Anteil des Pyrithion als CuPT im Meerwasser von kleiner als 1/1000. Über die Wirksamkeit des CuPT+-Komplexes kann nur spekuliert werden.

Zu erwähnen sind auch die Befunde über Fälle von allergischer Kontaktdermatitis [68-70]

Abb. 3.6. Strukturformeln von a) Pyrithion, b) Zink-Pyrithion (1:2-Komplex) und c) Kupfer-Pyrithion (1:1-Komplex)

Da ein besonderer Mechanismus zur Einbindung in Antifoulings nicht bekannt ist, ist die Freisetzung von Pyrithion aus Antifoulings, trotz der geringen Wasserlöslichkeit von ZnPT (0.6 mg/L bei pH 7) als schlecht beurteilt worden (Freisetzung: 3b).

Der photolytische Abbau findet in natürlichen Gewässern offenbar nicht statt[67]. Das Dimer 2,2´-Dithiobis-(pyridin-1-oxid), ein Oxidationsprodukt, ist ein Breitband-Antimikrobiotikum [71], die Bedingungen seiner Bildung sind unklar. Es wurde kein Hinweis auf einen schnellen Abbau in aquatischen Systemen gefunden. Es wird allerdings im Menschen enzymatisch abgebaut. Die Verteilungskonstante log KOW der neutralen Verbindung wurde mit [72] auf 0,67 abgeschätzt. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß Pyrithion im Meerwasser bei pH 8 zu > 99,9 % als Anion vorliegt, ergibt sich ein sehr kleiner log DOW von < - 2. Die sehr kleine Lipophilie weist darauf hin, daß sich das freie Pyrithion vor allem im Wasser befinden wird, wobei die Verteilung der relativ stabilen Komplexe nicht geklärt werden konnte. Die räumliche und zeitliche Reichweite wurde wegen der vermuteten Verteilung ins Wasser und der mangelnden Hinweise auf einen Abbau im Wasser mit (3d) eingestuft.

Die sehr niedrige Lipophilie des freien Pyrithion (s.o.) läßt auch eine dementsprechend kleine Affinität zu Organismen erwarten. Andererseits läßt die Wirksamkeit in kleinsten Konzentrationen eine wesentlich höheren Affinität zu Organismen erwarten. Es muß somit vermutet werden, daß die Verbindung, die von den Organismen aufgenommen wird und wirksam wird, nicht das freie Pyrithion ist. Da bei kleinen Konzentrationen von Pyrithion und Metallionen 1:1-Komplexe auftreten [73], liegt die Vermutung nahe, daß Pyritihon in dieser Form aufgenommen wird. Solche einfach geladenen Komplexe könnten in Analogie zu dem Cu-Oxin-Komplex [47] lipophil sein und eine entsprechend hohe Affinität zu Organismen haben. Die Affinität zu Organismen wird mit ungenügender Sicherheit eher als klein eingestuft (2d)

Über biologische Wirkungen [68-70, 74] und Wirkmechanismen [75] ist einiges im Zusammenhang der Anwendung als Anitschuppenmittel publiziert worden. Es hat offenbar eher einen zytotoxischen Effekt als einen zytostatischen Effekt auf Säugerzellen [76]. Sowohl der Zinkpyrithionkomplex als auch das freie Pyrithion sind wirksam, wobei Zinkpyrithion sich in bakteriellen Zellmembranen anreichert und offenbar auch dort seinen schädlichen Effekt ausübt,

a) N

O-

S

b) N

O

SZn

2+NO

S c)

NO

SCu

+

OH2

OH2OH2

OH2

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während freies Pyrtithion eher im Zellplasma zu finden ist [77, 78]. Es handelt sich offenbar um ein Breitbandantimikrobiotikum mit hoher Wirksamkeit. Die einzigen Angaben zur Algentoxizität weisen auf eine Aktivität schon in kleinen Konzentrationen im Bereich von 10 µg/L hin. Die im Sicherheitsdatenblatt des Herstellers angegebenen Konzentrationen, bei denen akute Fischtoxizität auftritt, sind sehr niedrig. Damit wird die biologische Aktivität auf einer ungenügenden Datenbasis als hoch eingestuft (3d).

Die Unsicherheit der Beurteilung ist eindeutig sehr hoch (4).

3.7 Risikovergleich von drei organischen Wirkstoffen

Die oben beschriebenen Biozide Irgarol 1051, Sea-Nine 211 und Zink-Pyrithion werden als Begleitbiozide oder „booster biocides“ in kupferhaltigen, zinnfreien Antifoulinganstrichen eingesetzt. Für einen Vergleich solcher kupferhaltigen Anstriche ist einerseits die Freisetzungsrate des Kupfers wichtig. Es existieren aber auch durchaus Unterschiede, die durch den Einsatz verschiedener Kombinationswirkstoffe zustande kommen. Abbildung 3.7 zeigt eine Darstellung der Risikobeurteilung der genannten drei Wirkstoffe anhand der in Kapitel 2 beschriebenen Kriterien.

Abb. 3.7. Darstellung der Risikobeurteilung für drei organische Wirkstoffe.

3.8 Naturstoffe

Die Isolierung, Prüfung und Strukturaufklärung wird derzeit im Hinblick auf die Anwendung in der Pharma-, aber auch der Agrarindustrie intensiv betrieben. Analog dazu gibt es Bemühungen, Antifouling-Wirkstoffe aus Lebewesen zu isolieren, eventuell chemisch zu modifizieren und in Antifouling-Anstrichen einzusetzen. Ein Naturstoff, selbst wenn er sich aufgrund von biologischen Tests und ökologischer Wirkung als überlegen herausstellt, würde aufgrund der regulatorischen Auflagen für die Anmeldung/Zulassung von Neustoffen nicht in jedem Fall kommerziell entwickelt werden. Voraussetzung für den kompetitiven Einsatz solcher Stoffe sind auch kompetitive Herstellungskosten. Mit Ausnahme von bakteriellen Produkten, ist hierin ein großes Hindernis für den Einsatz im Hochsee-Antifouling zu sehen. Hier sind allerdings bisher auch noch keine vielversprechenden Ergebnisse publiziert worden.

01234

Freisetzung

Reichweite

Affinität zu OrganismenBiologische Aktivität

Restunsicherheit Irgarol 1051Sea-Nine 911Zink-Pyrithion

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Im Auftrag des Umweltbundesamts ist 1994 eine Studie erschienen, die eine Recherche über Stoffe aus Organismen mit ausgeprägter biologischer Aktivität enthält [79]. In dieser Studie aufgeführte Stoffe werden hier nur bei besonders hoher Relevanz aufgegriffen. In der vorliegenden Studie werden vor allem Arbeiten zitiert, in denen auch quantitative, möglichst vergleichbare Wirkungsdaten enthalten sind.

Eine ausführliche Übersicht über Naturstoffe, die vor 1996 auf ihre Antifoulig-Wirkung überprüft worden sind, gibt Clare [80]. Unter anderem sind dort auch 52 aufgeklärte Strukturen abgebildet, allerdings keine von den weiter unten angegebenen. Interessant ist das häufige Auftreten von Furan- und Lakton-Ringen.

Voraussetzung für die Wirkungsprüfung sind biologische Testsysteme, die Aufschlüsse über die Ansiedlung verschiedener Bewuchsorganismen, vor allem von Seepocken, in Abhängigkeit von der Präsenz der zu testenden Stoffe erlauben. Verschiedene Ergebnisse der Prüfung von Wirkstoffen sollen hier dargestellt und beurteilt werden. Beim Vergleich der Zahlenwerte muß aber beachtet werden, daß die verwendeteten Verfahren und Testysteme oft voneinander abweichen. Die Verwendung verschiedener Lösemittel, um die Wirkstoffe dosiert ins Wasser einzubringen, erschwert selbst die Vergleichbarkeit von Angaben, die relativ zu dem gleichen konventionellen Wirkstoff gemacht werden, wie etwa zu Sea-Nine 211. Die Seepockenlarven, die üblicherweise für Ansiedlungstests verwendet werden, sind Cypris-Larven des Balaniden Balanus amphitrite (Crustaceae).

3.8.1 Stoffe aus Bakterien

Bakteriellen Produkten kommt ein besonderes Interesse zu, da diese im Allgemeinen mit relativ geringem Aufwand in großem Maßstab produziert werden können. Die Isolierung und Identifizierung bakerieller Repellents ist allerdings noch nicht so weit fortgeschritten wie dies beispielsweise für Korallen und Schwämme der Fall ist (siehe unten). Man beschränkt sich vor allem auf die Erforschung von Bakterienstämmen, die eine inhibitive Wirkung auf die Ansiedlung von Makrofouling-Organismen zeigen [81].

3.8.2 Stoffe aus Algen

Zwei biologisch aktive Stoffe (Elatol und Deschloroelatol, Abbildung 3.8), die aus der marinen Rotalge Laurencia rigida gewonnen wurden, wurden im Hinblick auf ihre Wirkung auf das Wachstum zweier Bakterienarten, die Ansiedlung einer Makroalgenart, Toxizität gegenüber einer Seepockenart und Ansiedlung von Larven einer Seepockenart und einer Moostierchenart geprüft. Die Wirkungen wurden im Vergleich mit Irgarol 1051, Sea-Nine 211 und Chlorthalonil erhoben. Die Wirkung von Elatol und Deschloroelatol auf die Ansiedlung von Algen war erst bei Konzentrationen mit den drei synthetischen Bioziden vergleichbar, die zwei bis drei Größenordnungen höher lagen.

Bezüglich Ansiedlung von Larven der Seepocke Balanus amphitrite waren dagegen Elatol und Deschloroelatol in den niedrigsten Konzentrationen wirksam. Insgesamt waren hier höhere Konzentrationen nötig als für die Verhinderung der Ansiedlung der Makroalge. Die Wirksamkeit gegenüber Moostierchen lag bei Sea-Nine 211, Clorthalonil, Elatol und Deschloroelatol etwa auf gleichem Niveau.

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Abb. 3.8. Strukturformeln von a) Elatol, b) Deschloroelatol [65]

Da Elatol und Deschloroelatol, die die höchsten Aktivitäten gegenüber der Ansiedlung von Seepockenlarven zeigten, in ähnlichen Konzentrationen aber auch toxisch gegen diese Larven und viele andere marine Organismen sind, können sie nicht als „non-toxic antifoulants“, also als Repellents im engeren Sinne, bezeichnet werden [65]. Dennoch läßt sie ihre hohe Wirksamkeit im Vergleich zu kommerziell eingesetzten Bioziden interessant erscheinen, wenn auch eine Herstellung in größerem Maßstab aufgrund ihrer komplizierten Struktur kostspielig sein dürfte.

Tannin, das aus Braunalgen gewonnen werden kann, ist als Antifouling-Wirkstoff schon lange bekannt und patentiert [79], hat aber offenbar keine kommerzielle Bedeutung [6].

3.8.3 Stoffe aus Schwämmen, Korallen und Seescheiden

Ebenso wie Algen sind Korallen und Seeschwämme vom Bewuchs mit anderen Organismen betroffen. Es wird angenommen, daß sich Verteidigungsmechanismen herausgebildet haben, die unter anderem auch auf der abstoßenden Wirkung von Sekundärmetaboliten beruhen. Solche Sekundärmetaboliten wirken nicht im engeren Sinne toxisch, sind also echte „Repellents“6.

Im Rahmen des Fusetani Biofouling-Projektes [7] sind sehr viele Stoffe aus Schwämmen extrahiert worden und auf ihre Wirksamkeit überprüft worden. Meist sind auch die chemischen Strukturen veröffentlicht worden. Beispielsweise zeigte Pseudoceratidin (Abbildung 3.9) eine EC50 bezüglich der Metamorphose von Seepockenlarven von 8 mg/L [82]. Die entsprechende Aktivität von Kupfer liegt bei EC50 = 0,15 mg/L [83]. Verschiedene Analoga sind auf ihre antimikrobielle Aktivität überprüft worden, waren aber weniger wirksam [84]7.

Abb. 3.9. Strukturformel von Pseudoceratidin

Die Substanzen Ceratinamid A und Psammaplysin A wirkten auf die Ansiedlung von Seepocken mit EC50-Werten von 0,1/0,27 mg/L [82]. Diese Substanzen haben eine noch weitaus komplexere Struktur als Pseudoceratidine.

Für Polyacetylene aus Seeschwämmen sind verschiedenste biologische Aktivitäten bekannt, darunter auch antibakterielle und fungizide Wirkung, ATPase-Hemmung und Cytotoxizität. Für einige

6 Der Übergang zwischen Repellent und Biozid ist oft fließend. Beispielsweise wirken zerriebene Chrysan-themenblätter abstoßend auf Insekten, das aus ihnen extrahierte Pyrethrum ist ein Insektizid. 7 Im Verlauf dieser Studie ergab sich die Vermutung, daß der Effekt im Zusammenhang mit einer aus der Struktur abzuleitenden Bildung eines lipophilen Kupferkomplexes stehen könnte.

a) CH2

CH3

CH3

Cl

CH3

Br

OH

b) CH2

CH3

CH3

CH3

Br

OH

a)

ONH

NHBr

Br

NH

ONH

NHBr

Br

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dieser Stoffe sind Antifouling Effektkonzentrationen für Seepockenlarven von EC50 = 0,2 - 0,7 mg/L veröffentlicht worden [85].

Die Ansiedlung der Makroalge Ulva conglobata wurde durch Sphingosin-Konzentrationen von 5 mg/L vollständig gehemmt [86]. Agelasine-Verbindungen zeigten ähnliche Effektkonzentrationen gegen Makroalgen [87].

Zwei Isocyanokhalihinene zeigten mit EC50-Werten von 87/95 µg/L eine höhere Aktivität gegen die Ansiedelung von Seepockenlarven als Kupfer [83].

Entsprechende Ergebnisse des BRITE EURAM-Projektes, in dem ebenfalls Wirkstoffe aus Schwämmen untersucht werden, sind nicht bekannt. Eine Anfrage nach allgemeinen Informationen wurde nicht rechtzeitig beantwortet.

Für drei solcher Stoffe, die aus Korallen isoliert wurden, sind Wirkkonzentrationen gegenüber der Ansiedlung von Seepockenlarven von EC50 = 19 – 55 mg/L gefunden worden [88].

Aus Seescheiden (Ascidien) isolierte Wirkstoffe mit häufig cytotoxischer Wirkung wurden u.a. als cyclische Oligopeptide identifiziert. Bei einem dieser Stoffe konnte nachgewiesen werden, daß die Kombination eines Peptides mit einem Oxazolin-Ring für die cytotoxische Wirkung wesentlich ist. Interessant ist hier die Analogie zum Sea-Nine 211 welches einen Thiazolin-Ring aufweist, in dem im Vergleich zum Oxazolin nur ein Sauerstoff-Atom durch ein Schwefel-Atom ausgetauscht ist.

3.8.4 Stoffe aus Landpflanzen

Die relativ gute Verfügbarkeit von Stoffen, die aus Landpflanzen isoliert werden können, hat auch an dieser Stoffgruppe ein erhöhtes Interesse geweckt. In einer breit angelegten Studie wurden die Eigenschaften von verschiedensten, leicht erhältlichen Naturstoffen untersucht. Die Auswahl der untersuchten Stoffe beruhte auf der Auswertung der Literatur über diese Stoffe. Die Stoffgemische, die die Ansiedlung von Seepockenlarven und Miesmuscheln in vorausgehenden Bioassays am stärksten verminderten, wurden in verschiedenen Anstrichtypen getestet. Bei den Anstrichen, die nach 12 Wochen noch eine deutliche Hemmung des Bewuchses erkennen ließen, war eine stark strömungsabhängige Zerstörung des Anstriches zu verzeichnen. Hauptproblem schien die Entwicklung einer geeigneten Trägermatrix zu sein [89].

Abb. 3.10. Strukturformel von Farnesol

Der lineare Sesquiterpenalkohol Farnesol (Abb. 3.10) wurde in einer Publikation in seiner Wirksamkeit mit TBTO und Sea-NineTM 211 verglichen. Er wird in der Parfümindustrie eingesetzt, um den Duft von süßen, blütenähnlichen Parfümen zu betonen, ist aber auch als Juvenilhormon (JH) der Insekten bekannt. JH spielt bei der Morphogenese von Insekten und Krebstieren (auch von Seepocken) eine Rolle. Die EC50-Werte bezüglich der Ansiedlung von Seepockenlarven waren für TBTO: 0,09 mg/L, für Sea-Nine 211: 0,33 mg/L und für Farnesol: 1,37 mg/L. In dieser Arbeit wurde Sea-Nine 211 wegen seines breiten Wirkungsspektrums als Standard für den Vergleich der biologischen Wirkungen von Antifouling-Bioziden vorgeschlagen [90].

OH

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4 Varianten des chemischen Bewuchsschutzes für die Seeschifffahrt

Die hier behandelten chemischen Antifouling-Beschichtungen, im Folgenden kurz Antifoulings, bestehen im allgemeinen aus einem mechanisch stabilen Bindemittel, der Matrix, eventuell farbgebenden Pigmenten und Antifouling-Wirkstoffen. Die Freisetzung eines Wirkstoffes ins Wasser wird durch die Menge und chemische Bindung in der Matrix, sowie gegebenenfalls durch deren Auflösungs- bzw. Abtragungsrate bestimmt.

Eine Ausnahme bilden die rein metallischen Kupfer/Nickel-Legierungen. Die Anwendbarkeit dieser Materialien, die offenbar hervorragende Antifouling- und Antikorrosionseigenschaften aufweisen, wird durch ihr hohes spezifisches Gewicht beschränkt. Pilotanwendungen in Schweden und auf Fähren in Neuseeland sind über Jahre bewuchsfrei geblieben [12].

Antifoulings mit beständiger (insoluble) Matrix auf der Basis von z.B. Vinylharzen sind in der gegenwärtigen Diskussion von untergeordneter Bedeutung. Deshalb werden hier nur Antifoulings betrachtet, deren Matrix durch chemische Hydrolyse oder bzw. und physikalische Beanspruchung während der Einsatzzeit abgetragen wird.. Die folgenen Abschnitte beruhen u.a. auf einer Veröffentlichung einer Mitarbeiterin des Herstellers Hempel [9].

4.1 Antifoulings mit selbstpolierender Matrix

Antifoulings mit Matrices, die sich im Lauf der Zeit in Wasser lösen und eine Standzeit von 12-15 Jahren erreichten, wurden seit den 30er Jahren dieses Jahrhunderts eingesetzt. Die Beschränkung der Standzeit ergab sich aus der schnellen Auflösung und der geringen mechanischen Stabilität der als Matrix (Bindemittel) eingesetzten Harze.

Die Einführung von Antifoulings mit selbspolierender Matrix in der Mitter der 70er Jahre war revolutionär. Durch den Einsatz von relativ hydrophoben TBT/Acrylat/Methacrylat-Kopolymeren wurde eine hohe mechanische Stabilität erreicht, die eine Auftragung großer Schichtdicken ermöglichte. TBT wird hier nicht durch Diffusion aus der aufgetragenen Schicht freigesetzt, sondern durch eine Kombination der steten hydrolytischen Auflösung des Anstrichs an der Oberfläche mit einem Ionenaustauschprozeß. Die Hydrolyse bewirkt, daß solche Anstriche auf der Oberfläche nicht durch Auswaschung aufgerauht werden, sondern stets relativ glatt sind. Die langsame hydrolytische Abtragung des Anstriches ermöglichte, daß mit diesen TBT-SPC-Antifoulings Standzeiten von 5 Jahren üblich geworden sind.

Seit einigen Jahren sind auch TBT-freie Varianten von hydrolisierenden SPC-Antifoulings erhältlich. Die Angaben über die enthaltenen Wirkstoffe und deren Einbau in die Matrix sind zum Teil etwas verwirrend (siehe auch Kopien im Anhang)

• Für das Antifouling Intersmooth Ecoloflex der Firma International Paint Ltd wurde beispielsweise auf einem Kongreß der American Chemical Society eine Einbindung des Kupfers durch Bindung an Carboxylgruppen des Acrylat-Kopolymers angegeben [40]. Abgesehen davon, daß aus chemischer Sicht eine Bindung des „weichen“ Kupfers an die „harten“ Carboxylatgruppen unwahrscheinlich erscheint, werden in dem englischen Verzeichnis der registrierten Antifoulings für diesen Anstrich nur Kupfer(I)oxid und Zink-Pyrithion als Wirkstoffe angegeben [6] und keine Kupferakrylate [42], wohingegen die TBT-Akrylate als solche verzeichnet sind.

• Im Antifouling Exion der Firma Kansai Paint Co, Ltd wird das TBT-Akrylat-Kopolymer durch ein Zink-Akrylat-Kopolymer ersetzt. Die vertreibende Firma in Deutschland, Wilckens, gab in einer mündlichen Auskunft an, daß auch hier Kupfer(I)oxid enthalten sei. Es konnte nicht mehr geklärt werden, ob die toxischen Eigenschaften von Zink für die Effektivität von Exion eine Rolle

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spielen oder ob Zink nur zur Optimierung der hydrolytischen Abtragung des Kopolymers eingesetzt wird.

Der Hersteller Hempel Paints Ltd hat Antifoulings im Angebot, die auf einer „hydrolysable zinc carboxylate polymer salt binder technology“ [43] basieren. Da hier nicht von einem Akrylat die Rede ist, bleibt offen, ob diese Technologie mit der von Exion vergleichbar ist, oder ob hier Zinksalze von Carboxylaten wie Octoat (Anion der 1-Oktansäure) als Wirkstoffe eingesetzt werden, wie sie in [6] verzeichnet sind.

Weitere zinnfreie Antifoulings, die eine selbstpolierende Matrix aufweisen sind laut Hersteller-/ Presseangaben Sigmaplane Ecol (Sigma Coatings) und Sea-Grand-Prix (Chugoku Marine Paints (UK) Ltd., nur in Japan erhältlich [91]).

Alle genannten TBT-freien Anstriche enthalten neben Kupferverbindungen einen oder mehrere Cotoxicants wie Zink-Pyrithion, Sea-Nine 211, Irgarol 1051 oder andere.

4.2 Antifoulings mit ablativer Matrix

In den 80er Jahren sind die sogenannten ablativen Antifoulings (polishing/ablative antifoulings) auf dem Markt erschienen. Ihre Wirkungsweise beruht auch auf einer langsamen Abtragung der Matrix, allerdings werden im Verlauf des Auflösungsprozesses auch „micro-lumps“ freigesetzt [9], also kleine Partikel aus der Polymer-Matrix. Vergleiche der Rauhigkeit von selbstpolierenden und ablativen Antifoulings wurden nicht gefunden. Solche Antifoulings, wie z.B. ABC #3 (enthält Cu(I)oxid und Ziram) der Firma Ameron B.V., werden in der US Navy eingesetzt. Aus den entsprechenden Herstellerunterlagen ließ sich ableiten, daß die Verhinderung der Bildung eines Schleimfilms nicht garantiert wird.

4.3 Anwendbarkeit und Umweltwirkung zinnfreier Antifoulings

Prinzipiell sind die unter 4.1 und 4.2 aufgeführten Typen von Antifouling für die Seeschiffahrt anwendbar. Die noch in der Entwicklung befindlichen Anstriche, bei denen Wirkstoffe eingekapselt werden oder eine Reservoir-Membran verwendet wird, könnten auch einen Einsatz von Wirkstoffen ermöglichen, die aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften gar nicht oder nicht in den erforderlichen Mengen in die Polymer-Matrix eingebracht werden können. Entscheidend für Anwendbarkeit und Umweltwirkung ist auch hier der zeitliche Verlauf der Freisetzungsrate. Möglicherweise werden solche Technologien mittelfristig dazu führen, daß das Kupfer vollständig durch organische Wirkstoffe ersetzt werden kann, die auch geringere Reichweiten aufweisen könnten.

4.3.1 Umweltwirkung durch die Biozidabgabe

In Bezug auf die Umweltwirkung der Antifoulings wurde eine vorläufige Rangfolge der Wirkstoffkombinationen aufgestellt. X steht für einen oder mehrere beliebige Wirkstoffe, H für Wirkstoffe mit relativ hohem Schädigungspotential, L für Wirkstoffe mit relativ niedrigem Schädigungspotential:

TBT – XH,L > Cu - XH > Cu- XL > keine Wirkstoffe

Im Rahmen dieser Studie konnten nicht alle in Frage kommenden Wirkstoffe beurteilt werden. Aufgrund der Beurteilung der synthetisch hergestellten organischen Biozide (Kapitel 3.5) werden hier

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Zink-Pyrithion und Sea-Nine 211 zu den Wirkstoffen mit relativ hohem Schädigungspotential gerechnet, Irgarol 1051 zu denen mit relativ niedrigem Schädigungspotential.

Für die konkreten Umweltauswirkungen sind überdies die zeitlichen Verläufe der Freisetzungsraten der einzelnen Wirkstoffe von entscheidender Bedeutung.

4.3.2 Suffizienz des Bewuchsschutzes

Ob der Bewuchsschutz ausreichend ist, hängt von den Anforderungen ab, die an ihn gestellt werden, und von der Leistungsfähigkeit des eingesetzten Antifouling. Durch den Einsatz der langfristig nicht akzeptablen TBT-Verbindungen sind die Anforderungen an Standzeit der Antifoulings und Vollständigkeit des Bewuchsschutzes zur Zeit vorgegeben. So wird heute erwartet, daß ein Antifouling ein Schiff fünf Jahre lang vollständig bewuchsfrei hält (siehe Teil 1 dieser Vorstudie). Tabelle 4.1 zeigt zum Vergleich zwei Berichte über den Einsatz von TBT-freien Antifoulings:

Tabelle 4.1. Berichte über den Einsatz von TBT-freien Antifoulings

Schiffstyp (Größe)

Schiffsname Anstrich (Hersteller) Zeitraum Bewuchs

Bulkcarrier (188 000 dwt)

Katsuragi Maru Intersmooth Ecoloflex (International Paints)

37 Monate leichter Schleim [41, 42]

VLCC British Resolution Seaguardian (Jotun) 34 Monate weitgehend bewuchsfrei, Flecken von grünem Schleim, keine merkliche Zunahme des Treibstoffverbrauchs [92]

Die Firma Ameron B.V. gibt auf ihr TBT-freies Anstrichsystem ABC #3 (Ablative Bottom Coating) eine Antifouling-Garantie für 36 Monate, vorausgesetzt, das Schiff ist a) nicht mehr als 21 Tage in Folge mit einer Reisegeschwindigkeit kleiner als 7 kn unterwegs und b) nicht mehr als 15 Tage in Folge stationär. Die Verhinderung der Bildung eines Schleimfilms wird nicht garantiert.

Abgesehen von dieser Garantie wird ein Bewuchsschutz für bis zu 60 Monate angegeben. Sigma Coatings wirbt für sein TBT-freies Produkt Sigmaplane Ecol ebenfalls mit einer Garantie für 36 Monate.

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5 Ausblick

Es ist nicht zu erwarten, daß eine einzige Variante des chemischen Bewuchsschutzes für alle Anwendungsbereiche die optimale Lösung darstellt. Schiffe, die nur auf Routen mit geringerem Bewuchsdruck unterwegs sind und nur kurze stationäre Zeiten haben, kommen mit einer Wirkstoffkombination mit kleinerem Schädigungspotential aus, als Schiffe, die in Gegenden mit hohem Bewuchsdruck unterwegs sind und/oder länger stationär sind.

Zumindest für Schiffe, die 30 Monate zwischen zwei Trockendockungen unterwegs sind, möglicherweise aber auch bis zu 60 Monate, sind inzwischen effektive, TBT-freie Antifoulings kommerziell erhältlich. Da diese Kupfer und andere Wirkstoffe enthalten, deren Auswirkungen auf die marine Umwelt zur Zeit wesentlich schlechter abgeschätzt werden können als die von TBT-Verbindungen, sind hier verstärkte Anstrengungen nötig, um eine gewisse Planungssicherheit bezüglich der zukünftigen Vertretbarkeit des Einsatzes dieser Wirkstoffe zu gewinnen.

Bezüglich der Entwicklung von neuen, umweltfreundlicheren Wirkstoffen soll noch einmal auf die Bedeutung des Kostenfaktors hingewiesen werden. Der Einsatz von sogenannten Altstoffen, die bereits vor 1981 auf dem Markt waren, wird dadurch begünstigt, daß für diese Stoffe gemäß dem Chemikaliengesetz nie die für die Anmeldung von neuen Stoffen erforderlichen Sicherheitsdaten zur Verfügung gestellt werden mußten. Ob dies neben Chlorthalonil, TCMTB, Zink-Pyrithion und anderen „alten“ Fungiziden auch auf die Stoffe Sea-Nine 211 und Irgarol 1051 zutrifft, konnte im Rahmen dieser Vorstudie nicht geklärt werden. Die vergleichende Risikoanalyse von Antifoulingsystemen birgt drei Hauptschwierigkeiten:

• Kupfer liegt seit langer Zeit in bestimmten Hintergrundkonzentration in den Meeren vor. • Wie groß der biologisch aktive Anteil des Kupfers im Meerwasser ist, ist trotz beträchtlichen

Forschungsaufwandes stark umstritten. • Beabsichtigte und unbeabsichtigte synergistische Effekte bestimmter Wirkstoffkombinationen

sind mit den gängigen Konzepten der Risikoanalyse schlecht erfaßbar. Es existieren aber Hinweise auf die Existenz solcher Kombinationswirkungen. Möglicherweise treten diese auch nur in unmittelbarer Nähe des Schiffes auf, so daß die Reichweite der Wirkstoffe vergleichsweise klein wäre.

Da die Vor- und Nachteile des chemischen Bewuchsschutzes gegen die Vor- und Nachteile von rein physikalischen Antifouling-Technologien abgewogen werden müssen, gewinnt die weitere Klärung der Risiken durch alternative biozidhaltige Antifoulings besondere Priorität.

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6 Quellenverzeichnis

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7 Anhang

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