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Stationäre Kreisfahrt Ansprechpartner: Dipl.-Ing.(FH) Paul Balzer EMail: [email protected] Telefon: 0351 462 2394 Inhaltsverzeichnis 1 Motivation 0 2 Fahrphysikalische Grundlagen 1 2.1 Lineares Einspurmodell ............................. 1 2.2 Stationäres Verhalten ............................... 2 2.3 Eigenlenkgradient ................................. 2 3 Versuchsdurchführung 2 3.1 Modellfahrzeug .................................. 2 3.2 Kreisfahrt ..................................... 3 4 Auswertung 4 5 Kontrollfragen 5 1 Motivation Um die Eigenschaften eines Fahrzeugs bezüglich der Querdynamik (Reaktion auf Lenkwin- keländerung) beschreiben zu können, ist es notwendig die Fahrzeugparameter zu bestimmen. Ein mögliches Manöver um diese zu ermitteln, ist die stationäre Kreisfahrt.

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Stationäre Kreisfahrt

Ansprechpartner: Dipl.-Ing.(FH) Paul BalzerEMail: [email protected]

Telefon: 0351 462 2394

Inhaltsverzeichnis

1 Motivation 0

2 Fahrphysikalische Grundlagen 1

2.1 Lineares Einspurmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

2.2 Stationäres Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

2.3 Eigenlenkgradient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

3 Versuchsdurchführung 2

3.1 Modellfahrzeug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

3.2 Kreisfahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

4 Auswertung 4

5 Kontrollfragen 5

1 Motivation

Um die Eigenschaften eines Fahrzeugs bezüglich der Querdynamik (Reaktion auf Lenkwin-keländerung) beschreiben zu können, ist es notwendig die Fahrzeugparameter zu bestimmen.Ein mögliches Manöver um diese zu ermitteln, ist die stationäre Kreisfahrt.

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2 Fahrphysikalische Grundlagen

2.1 Lineares Einspurmodell

Um die Fahrzeugbewegung mathematisch leicht beschreiben zu können, ist es ratsam einphysikalisches Modell zu entwerfen, welches die hochkomplexe Bewegung so weit verein-facht, dass diese schnell und einfach berechnet werden kann. Die einfachste Art ist dasEinspurmodell nach Riekert & Schunck [Riek40], welches bereits 1940 eingeführt wurde.Dabei wird das Fahrzeug auf eine Spur reduziert, der Schwerpunkt liegt in Fahrbahnhöhe,somit gibt es keine Nick- oder Wankbewegungen (keine Radlastschwankungen). WeitereEinschränkungen sind, das die Fahrzeugmasse im Schwerpunkt zusammengefasst ist, dasdie Reifen eine lineare Seitenkraftkennlinie aufweisen und das die Fahrzeuggeschwindigkeitkonstant ist.

ψ̇=Gierrateδ=Lenkwinkelm=Fahrzeugmasselv=Abstand SchwerpunktR=KurvenradiusM=Momentanpol

Abbildung 2.1: Lineares Einspurmodell nach Ackermann

Durch Walkvorgänge (Schlupf) ist bei auftretenden Querkräften die Bewegungsrichtungeines abrollenden Rades nicht ausschließlich die Längsrichtung, sondern, je nach Schräg-laufsteifigkeit (c), auch die Querrichtung. Der Winkel wird Schräglaufwinkel α bezeichnet.Im Bereich kleiner Winkel (α < 3Grad) besteht ein linearer Zusammenhang zwischenSchräglaufwinkel und erzeugter Querkraft. Es kann also auch gesagt werden, dass für kleineQuerkräfte (z.B. Fliehkräfte während der Kurvenfahrt) eine lineare Abweichung von derreinen Geradeausfahrt (z.B. an der Hinterachse) hervorgerufen wird. In diesem Bereichist das lineare Einspurmodell von Rieckert-Schunck gültig. Auf trockener Fahrbahn wirdim Allgemeinen von einer Querbeschleunigung bis zu ay ≤ 4m/s2 gesprochen, welche denlinearen Bereich der Reifen abbildet und daher ausgesprochen gut mit dem Einspurmodellberechnet werden kann.

Abbildung 2.2: Lenkradwinkel δL als Funktion der Querbeschleunigung während einer statischenKreisfahrt (R = 100m, iL = 20, l = 2, 67m) für zwei verschiedene Fahrzeuge (Kringel im Kurven-verlauf durch Schaltvorgänge hervorgerufen)

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2.2 Stationäres Verhalten

Bei der stationären Kreisfahrt, wird ein Zustand angestrebt, bei welchem sich weder Ge-schwindigkeit noch Lenkwinkel noch gefahrener Kurvenradius ändern. Dieser quasistationäreZustand wird als Grundlage für die Berechnung des Fahrzeugverhaltens herangezogen. Ausdem linearen Einspurmodell nach Riekert-Schunck, auf dessen Herleitung an dieser Stelleverzichtet werden soll, lässt sich folgender Zusammenhang entnehmen.

δ =l

R︸︷︷︸δA

+

(mv

cv− mh

ch

)︸ ︷︷ ︸

EG

·ay (2.1)

Der Anteil l/R ist der stationäre Ackermann-Lenkwinkel, welcher sich aus den geometrischenGegebenheiten des Einspurmodells für kleine Lenkwinkel (l � R) ergibt. Der zweiteSummand ist die dynamische Eigenschaft des Fahrzeugs, welche auch als Eigenlenkgradient(EG) bezeichnet wird. Diesen Eigenlenkgradienten zu bestimmen ist Sinn und Zweck derstationären Kreisfahrt.

2.3 Eigenlenkgradient

Der Eigenlenkgradient ist ein fahrzeugspezifischer Koeffizient, welcher aussagt, ob beizunehmender Querbeschleunigung, also einer schnelleren Kurvenfahrt (ay = v2/R), derLenkwinkel vergrößert oder verkleinert werden muss, um den gleichen Kurvenradius fahrenzu können. Vereinfacht und im linearen Bereich (auf trockener Fahrbahn mit ay < 0.4g)kann man formulieren:

Übersteuern (EG < 0) bedeutet, dass der Lenkwinkel reduziert werden muss, weil dasFahrzeug über die hinteren Räder schiebt, siehe http://youtu.be/pWKCilizzkU?hd=1,der Anstieg der grünen Kurve (im linearen Bereich) in Abb. 2.2 entspricht dem EG.

Untersteuern (EG > 0) bedeutet, dass der Lenkwinkel vergrößert werden muss, weil dasFahrzeug über die vorderen Räder schiebt, http://youtu.be/ubUy2iNaLII?hd=1, derAnstieg der blauen Kurve (im linearen Bereich) in Abb. 2.2 entspricht dem EG.

3 Versuchsdurchführung

3.1 Modellfahrzeug

Für die Messwertaufnahme steht ein Modellfahrzeug zur Verfügung, welches im Maßstab 1:5ein reales Fahrzeug nachstellt. Es ist mit Fahrdynamiksensoren und einer Funkübertragungausgestattet, sodass die Fahrversuche real durchgeführt und direkt am PC beobachtet/auf-gezeichnet werden können.

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Abbildung 3.1: Modellfahrzeug mit Fahrdynamiksensoren

Sobald das Fahrzeug eingeschaltet ist, beginnt die Übertragung sämtlicher Fahdynamikdatenvia W-LAN. Diese können sie am PC mit CANalyzer ansehen/aufzeichnen.

Tabelle 1: Technische Daten des Modellfahrzeugs

Parameter Wert Formelzeichen EinheitAbstand Schwerpunkt von Vorderachse 0.3 lv m

Radstand 0.53 l m

Spurweite Hinterachse 0.32 b m

Gesamtmasse 12 m kg

3.2 Kreisfahrt

Das Fahrzeug fährt mit definiertem, konstantem Lenkwinkel einen Kreis. Die Geschwindig-keit wird dabei schrittweise gesteigert. Die übertragenen Fahrdynamikdaten erlauben es fürjede Geschwindigkeit, den gefahrenen Radius zu berechnen. Dies sogar dreifach, nämlich ausGeschwindigkeit (v) und Gierrate ψ̇, aus Geschwindigkeit (v) und Querbeschleunigung (ay)

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sowie aus den Raddrehzahlen (na=Drehzahl des kurvenäußeren Hinterrades, ni=Drehzahldes kurveninneren Hinterrades) und der Spurweite (b).

R1 =v

|ψ̇|(3.1)

R2 =v2

|ay|(3.2)

R3 =b

nani− 1

+b

2(3.3)

Die im Fahrzeug verbauten Sensoren weisen einen Offset (Abweichung von der Nulllage)auf, welchen sie für die Berechnung berücksichtigen (abziehen) müssen. Diese können sie zuBeginn der Fahrt, wenn sich das Fahrzeug in Ruhe befindet, ermitteln.

Table 2: Sensoroffsets

Sensor Wert EinheitLenkwinkel δ

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .rad

Gierrate ψ̇. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

rad/s

Querbeschleunigung ay. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

m/s2

4 Auswertung

1. Berechnen Sie den gefahrenen Kurvenradius dreifach

2. Vergleichen Sie die berechneten Radien, schätzen Sie diese qualitativ ein (Offsets beider Berechnung beachten!)

3. Sofern sie die Berechnungen korrekt durchgeführt haben, bilden sie den Mittelwert vonR1...R3 und nehmen sie diesen Kurvenradius als tatsächlich gefahrenen Kreisradiusan.

4. Berechnen Sie den nötigen theoretischen Lenkwinkel δA = lR (Ackermann-Lenkwinkel)

5. Berechnen Sie aus Gleichung 2.1 den Eigenlenkgradienten des Fahrzeugs.

6. Erstellen sie das Diagramm δ = f(ay) und zeichnen sie den Ackermann-Lenkwinkelund ihre berechneten Punkte ein. Approxomieren sie eine Gerade mit dem berechnetenAnstieg (also dem EG) und zeichnen sie diese ein. Alternativ nutzen sie folgendesDiagramm:

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Abbildung 4.1: Lenkwinkel als Funktion der Querbeschleunigung für Modellfahrzeug

7. Ist das Fahrzeug über- oder untersteuernd ausgelegt?

5 Kontrollfragen

1. Welche Faktoren bestimmen, ob ein Fahrzeug eher übersteuernde oder untersteuerndeTendenz hat?

2. Wie schätzen sie die Abhängigkeit des Eigenlenkgradienten von Schräglaufsteifigkeitund Schwerpunktlage ein?

EG =mv

cv− mh

ch(5.1)

3. Grundsätzlich neigen alle Serienfahrzeuge zum Untersteuern. Dennoch wird bei Sport-wagen mit Mittel- oder Heckmotor eine gewissen Neutralität erreicht. Wie schätzenSie es ein, wenn zusätzlich noch die schlechteren Reifen (jene mit geringerer Seiten-führungskraft) auf der Hinterachse montiert werden?

Literatur

[Trau09] Trautmann, T.: Grundlagen der Fahrzeugmechatronik: Eine pra-xisorientierte Einführung für Ingenieure, Physiker und Informati-ker. Vieweg+Teubner, GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden, 2009.http://www.springerlink.de/content/978-3-8348-0387-0

[Riek40] Riekert, P. und Schunck, T.-E.: Zur Fahrdynamik des gummibereiftenKraftfahrzeuges. Ingenieur-Archiv, XI. Band, Heft 3, S. 210-224, Juni1940.

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