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UNI STUTTGART Jan-Peter Reibert Statisches Abdichten auf nicht idealen Dichtflächen in der Antriebstechnik Bericht Nr. 158 Berichte aus dem Institut für Maschinenelemente Antriebstechnik CAD Dichtungen Zuverlässigkeit

Statisches Abdichten auf nicht idealen Dichtflächen …...scha Bader, Christoph Abele, Daniel Böhringer, Benedikt Breunig, Michael Harsch, Holger Jauch und Dominik Heim. Zuletzt

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  • UNI STUTTGART

    Jan-Peter Reibert

    Statisches Abdichten

    auf nicht idealen Dichtflächen

    in der Antriebstechnik

    Bericht Nr. 158

    Berichte aus dem

    Institut für Maschinenelemente Antriebstechnik CAD Dichtungen Zuverlässigkeit

  • Statisches Abdichten auf nicht idealen Dichtflächen in der Antriebstechnik

    Von der Fakultät Konstruktions-, Produktions- und Fahrzeugtechnik

    der Universität Stuttgart

    zur Erlangung der Würde eines

    Doktor- Ingenieurs (Dr.-Ing.)

    genehmigte Abhandlung

    Vorgelegt von

    Jan-Peter Reibert

    aus Leonberg

    Hauptberichter: Prof. Dr. Ing. habil. Werner Haas

    Mitberichter: Prof. Dr.-Ing. habil. Eberhard Roos (i.R.)

    Tag der mündlichen Prüfung: 09.01.2015

    Institut für Maschinenelemente der Universität Stuttgart

    2015

  • Meinem Gott

  • Vorwort

    Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit am Institut für Maschinenelemente (IMA) der Universität Stuttgart. Teile der Arbeit entstanden im Rahmen des FVA-Projektes 546 „Unebene Gehäusetrennstelle“.

    Mein großer Dank gilt Herrn Professor Dr.-Ing. habil. Werner Haas, Leiter des Bereichs Dich-tungstechnik am Institut für Maschinenelemente, für den großen mir überlassenen Gestal-tungsspielraum, die mir übertragene Verantwortung und das mir entgegengebrachte Vertrau-en.

    Herrn Professor Dr.-Ing. Bernd Bertsche, Ordinarius und Direktor des Instituts für Maschi-nenelemente gilt mein Dank für die Schaffung eines produktiven Arbeitsklimas und die Mög-lichkeiten zur persönlichen Weiterbildung.

    Herrn Professor Dr.-Ing. habil. Eberhard Roos danke ich für sein Interesse, die Durchsicht der Arbeit und die Übernahme des Mitberichts.

    Mein Dank gilt den Firmen Henkel, Wacker, Reinz, Freudenberg und ElringKlinger für ihre Unterstützung.

    Mein besonderer Dank gilt meinen Kollegen vom Institut für die wertvolle gemeinsame Zeit sowie den Werkstattmitarbeitern für zahllose Prüfteile. Hervorheben möchte ich Herrn. Ste-fan Reinhardt für meine Einarbeitung, die die Grundlage zu dieser Arbeit bildete, Herrn Chris-tian Simader für die Diskussionen und Heavy-Metall-Stunden und Herrn Claus Gerald Pflüger, dem ich meine Assistenzzeit und so manches andere verdanke.

    Nicht unerwähnt bleiben sollen alle Studenten, die durch ihre Arbeit ihren Teil zum Entstehen dieser Arbeit beigetragen haben, wofür ich mich bedanke. Namentlich sind dies die Herrn Sa-scha Bader, Christoph Abele, Daniel Böhringer, Benedikt Breunig, Michael Harsch, Holger Jauch und Dominik Heim.

    Zuletzt möchte ich meiner Freundin Kathy, meinen Eltern, meinen Freunden und meiner Cou-sine Hanna, die mich auf dem Weg dieser Arbeit begleitet haben, sei es durch aufmunternde Worte, durch ihr Verständnis oder durch ihre Hilfe bei der Korrektur, aufs herzlichste danken, wohlwissend, dass ohne sie diese Arbeit nicht zur Vollendung gekommen wäre.

    Weissach im März 2015 Jan-Peter Reibert

  • Inhaltsverzeichnis i

    Inhaltsverzeichnis

    Inhaltsverzeichnis ................................................................................................................................. i

    Glossar..................................................................................................................................................... iv

    Bezeichnungen und Formelzeichen ................................................................................................ vi

    Abkürzungen ......................................................................................................................................... ix

    1 Einführung ....................................................................................................................................... 1

    1.1 Motivation ......................................................................................................................................................... 1

    1.2 Aufbau der Arbeit .......................................................................................................................................... 1

    2 Grundlagen und Stand der Technik .......................................................................................... 3

    2.1 Aufbau und Funktion des statischen Dichtsystems ...................................................................... 3

    2.2 Vorstellung wichtiger Dichtungsarten in der Antriebstechnik ............................................... 8

    2.2.1 Einteilung und Terminologie ................................................................................................. 8

    2.2.2 Weichstoffdichtungen................................................................................................................ 8

    2.2.3 Metallsickendichtungen......................................................................................................... 10

    2.2.4 Elastomerformdichtungen ................................................................................................... 11

    2.2.5 Flüssigdichtmittel ..................................................................................................................... 14

    2.3 Grundlagen der Scherbelastung .......................................................................................................... 15

    2.3.1 Schubsteifigkeit von Feststoffdichtungen ..................................................................... 16

    2.3.2 Reibung zwischen Elastomer und Metall ...................................................................... 17

    2.3.3 Verschleiß ..................................................................................................................................... 18

    2.3.4 Herstellerangaben zum Scherverhalten von Dichtungen ..................................... 19

    2.4 Geometrische Abweichungen der Dichtfläche ............................................................................. 20

    2.4.1 Beschreibung von Dichtflächen ......................................................................................... 20

    2.4.2 Zulässige Dichtflächenrauheit und –welligkeit .......................................................... 21

    2.4.3 Zulässige Oberflächenunvollkommenheiten auf der Dichtfläche...................... 22

    2.4.4 Zulässige Unebenheiten auf Dichtflächen ..................................................................... 23

    2.4.5 Dichtungstechnisches Fazit ................................................................................................. 24

    2.5 Analytische Beschreibung der Dichtungsanpassung an Oberflächenunvollkommenheiten ..................................................................................................... 25

    3 Ziele und Abgrenzung der Arbeit ........................................................................................... 29

    4 Prüffeld .......................................................................................................................................... 31

    4.1 Flächendichtungsprüfstand ................................................................................................................... 31

    4.2 Innendruckprüfstand ............................................................................................................................... 33

    4.3 Servohydraulischer Prüfstand ............................................................................................................. 34

    4.4 3D-Verformungsmessgerät ARAMIS ................................................................................................. 35

    4.5 Lasermikroskop und Oberflächenmessgerät Hommel T-8000 ............................................ 35

  • ii Inhaltsverzeichnis

    5 Übersicht der Untersuchungen ............................................................................................... 37

    5.1 Prüfdichtungen ............................................................................................................................................ 37

    5.2 Versuchsträger............................................................................................................................................. 40

    5.3 Prüffluid .......................................................................................................................................................... 41

    5.4 Untersuchungsprogramm ...................................................................................................................... 42

    6 Experimentelle Untersuchung der Scherbelastung .......................................................... 44

    6.1 Weichstoffdichtungen .............................................................................................................................. 48

    6.1.1 WA-Dichtung ............................................................................................................................... 48

    6.1.2 WP-Dichtung ............................................................................................................................... 50

    6.2 Metallsickendichtungen .......................................................................................................................... 51

    6.2.1 MV-Dichtung ............................................................................................................................... 51

    6.2.2 MH-Dichtung ............................................................................................................................... 54

    6.3 Elastomerformdichtungen ..................................................................................................................... 55

    6.4 Vergleich der Feststoffdichtungen und Diskussion der Ergebnisse .................................. 55

    6.5 Flüssigdichtmittel ....................................................................................................................................... 57

    6.5.1 Versuchsvorbereitung ............................................................................................................ 58

    6.5.2 FA-Dichtung ................................................................................................................................. 60

    6.5.3 FPA-Dichtung .............................................................................................................................. 63

    6.5.4 FS-Dichtung ................................................................................................................................. 65

    6.5.5 Zusammenfassung des Scherverhaltens der Flüssigdichtmittel........................ 66

    7 Untersuchung der Abdichtung von Fehlstellen .................................................................. 67

    7.1 Analyse der Dichtungsanpassung an eine Fehlstelle mittels FEM ...................................... 67

    7.1.1 Analysierte Fehlstellengeometrie ..................................................................................... 67

    7.1.2 Modellaufbau .............................................................................................................................. 68

    7.1.3 Anpassungsvorgang des Elastomers an den Kratzer .............................................. 70

    7.1.4 Reibungseinfluss auf die Anpassung ............................................................................... 75

    7.1.5 Normalspannungsverlauf an der Fehlstelle ................................................................. 76

    7.1.6 Analyse der Fehlstellengeometrie .................................................................................... 77

    7.1.7 Einfluss des Flankenwinkels ............................................................................................... 79

    7.1.8 Diskussion der Ergebnisse ................................................................................................... 80

    7.2 Experimentelle Untersuchung der Abdichtung von Fehlstellen .......................................... 81

    7.2.1 Herstellung der Fehlstellen .................................................................................................. 84

    7.2.2 WA-Dichtung ............................................................................................................................... 85

    7.2.3 WP-Dichtung ............................................................................................................................... 86

    7.2.4 MV-Dichtung ............................................................................................................................... 88

    7.2.5 MH-Dichtung ............................................................................................................................... 90

    7.2.6 Dynamische Dichtungsanpassung unter Scherbelastung ..................................... 91

    7.2.7 Elastomerformdichtung ........................................................................................................ 93

  • Inhaltsverzeichnis iii

    7.2.8 Diskussion der Ergebnisse der Feststoffdichtungen ............................................ 104

    7.2.9 FA-Dichtung .............................................................................................................................. 105

    7.2.10 FPA-Dichtung ........................................................................................................................... 105

    7.2.11 FS-Dichtung .............................................................................................................................. 106

    8 Experimentelle Untersuchung der Abdichtung unebener Dichtflächen ................... 107

    8.1 Untersuchung mit Feststoffdichtung ............................................................................................. 108

    8.1.1 Einteilung und Fertigung der unebenen Dichtflächen ......................................... 109

    8.1.2 WA-Dichtung ............................................................................................................................ 110

    8.1.3 WP-Dichtung ............................................................................................................................ 112

    8.1.4 MV-Dichtung ............................................................................................................................ 114

    8.1.5 MH-Dichtung ............................................................................................................................ 117

    8.1.6 Elastomerformdichtung ..................................................................................................... 119

    8.1.7 Zusammenfassung und Vergleich der Feststoffdichtungen .............................. 125

    8.2 Untersuchung mit Flüssigdichtmittel ............................................................................................ 126

    8.2.1 Versuchsbeschreibung ........................................................................................................ 126

    8.2.2 Leckage unter Scherbelastung......................................................................................... 128

    8.2.3 Verformungsverhalten unter Scherbelastung in einer Unebenheit .............. 131

    9 Diskussion der Ergebnisse und Praxisbezug .................................................................... 135

    9.1 Vergleich der Dichtungsarten ............................................................................................................ 135

    9.1.1 Scherverhalten im Vergleich ............................................................................................ 135

    9.1.2 Zusammenfassung Fehlstellen- und Unebenheitsabdichtung ......................... 136

    9.1.3 Kritische Bewertung der Versuche ............................................................................... 139

    9.2 Hinweise für die Qualitätssicherung .............................................................................................. 140

    9.3 Hinweise für den Konstrukteur ........................................................................................................ 141

    9.4 Dichtungsempfehlung ........................................................................................................................... 141

    10 Zusammenfassung .................................................................................................................... 147

    11 Summary ..................................................................................................................................... 149

    12 Literaturverzeichnis ................................................................................................................ 151

  • iv Glossar

    Glossar

    Begriff Erläuterung

    abdichtbare Tiefe Die abdichtbare Tiefe einer Unebenheit oder einer Fehlstelle ist un-ter den gegebenen Randbedingungen gerade noch abdichtbar. In FE-Simulationen wird bei gegebener Verpressung gerade noch eine geschlossene umlaufende Pressungslinie erreicht, ohne die Höhe der Pressung dabei zu bewerten.

    Dichtfläche Die Kontaktfläche am Flansch zwischen Dichtung und Flansch.

    Dichtflächenpressung Kontaktspannung zwischen Dichtung und Dichtfläche.

    Dichtspalt Der Spalt zwischen Dichtung und Flansch.

    Gehäusetrennfuge Der Spalt zwischen den beiden Flanschflächen. Er muss durch die Dichtung ausgefüllt werden, damit Dichtheit erreicht wird.

    Dichtverbindung Äquivalent zu „statisches Dichtsystem“, jedoch liegt die Betonung auf der Funktion der Verbindung und nicht auf der Funktion der Abdichtung.

    Dichtungswulst Der Teil einer Dichtung, der eine Fehlstelle ausfüllt.

    Fehlstelle Im Rahmen dieser Arbeit als Synonym für den aus der Norm [DIN EN ISO 8785] stammenden Begriff surface imperfection (SIM) ver-wendet. Darunter werden Kratzer, Riefen, Dellen, Lunker, Grate usw. zusammengefasst.

    Flansch Allgemein: Speziell auf die Funktion des Abdichtens optimiertes Rohrleitungsstück, das zur dichten Verbindung zweier Rohrleitun-gen verwendet wird.

    Hier: der Gehäuseteil im Bereich der Gehäusetrennfuge, der Einfluss auf die Dichtung hat.

    Flanschfläche Die Fläche, die auf einer Ebene mit dem Dichtkontakt liegt.

    Ideales Dichtsystem Ein statisches Dichtsystem, das auf die notwendigen Rahmenbedin-gungen für die Dichtung optimiert ist. Es weist keine geometrischen Abweichungen auf und die Flansche sind ideal steif.

    Klaffen Gleich- oder ungleichförmiges Auseinandergehen der Dichtflächen infolge einer Kraft, bspw. Schraubenkraft oder der resultierenden Kraft des Innendrucks.

    Kratzer In dieser Arbeit verwendet für eine Oberflächenbeschädigung, die durch einen ritzenden Gegenstand verursacht wurde und sowohl nach innen als auch nach außen gerichtete Bereiche (Grate) aufwei-sen kann.

    Leckagepfad Unverschlossener Weg zwischen Dichtung und Flanschfläche über den das abzudichtende Fluid aus dem Dichtraum austritt.

  • Glossar v

    Begriff Erläuterung

    Scherbewegung Flanschbewegung parallel zu den Dichtflächen.

    Statisches Dichtsys-tem

    Das statische Dichtsystem umfasst die Dichtung, die Flansche bzw. das Gehäuse im Abdichtbereich und die Verbindungselemente.

    Unebenheit Makroskopische Abweichung der Dichtfläche von der Solloberflä-che.

    Verpressmaß Maß, um das eine Elastomerformdichtung bei der Montage zusam-mengedrückt wird.

    Verpressung Stauchung einer Elastomerdichtung. In Prozent ausgedrücktes Ver-pressmaß bezogen auf die Dichtungshöhe im unverpressten Zu-stand.

  • vi Bezeichnungen und Formelzeichen

    Bezeichnungen und Formelzeichen

    Zeichen Einheit Bedeutung

    AG mm2 Dichtfläche unter Pressung

    A mm2 Auswertefläche zur Bestimmung von Oberflächenunvollkom-menheiten

    B mm Berührbreite der Dichtung

    BM mm Breite des FEA-Modells

    BR mm Riefenbreite

    E MPa Elastizitätsmodul

    E* MPa reduzierter Elastizitätsmodul

    Fa N Axialkraft

    FR N Reibungskraft

    FS N Schraubenkraft

    FV N Verpresskraft

    FQ N Querkraft

    G‘ MPa Speichermodul

    G‘‘ MPa Verlustmodul

    �̂� MPa komplexer Modul

    MR Nm Reaktionsmoment

    P N Last

    Q % Dichtungsverpressung

    Qmin MPa Erforderliche Mindestdichtflächenpressung im Einbauzustand

    QS max MPa Maximal zulässige Flächenpressung im Betriebszustand

    QS min MPa Erforderliche Mindestflächenpressung im Betriebszustand

    Ra µm Arithmetischer Mittenrauwert

    Rmax µm Maximale Rautiefe

    Rz µm Mittlere Rautiefe

    T °C Versuchstemperatur

    TG °C Glasübergangstemperatur

    TR °C Referenztemperatur

    TR mm Riefentiefe

    Tm °C mittlere Temperatur

    V m3 Verschleißvolumen

    Wt µm Gesamthöhe des Welligkeitsprofils

    Ẇ W Verlustleistung

  • Bezeichnungen und Formelzeichen vii

    a mm Durchmesser/Breite eines Indenters

    aT Frequenzverschiebungsfaktor

    d1 mm O-Ringdurchmesser

    d2 mm Schnurdurchmesser

    di mm Innendurchmesser

    da mm Außendurchmesser

    fp Hz Pressungsfrequenz

    fs Hz Scherfrequenz

    hD1 mm Dichtungshöhe im Ursprungszustand

    hD2 mm Dichtungshöhe unter Vorlast

    hD3 mm Dichtungshöhe unter Hauptlast für Kaltstauchwert

    hD4 mm Dichtungshöhe nach Entlastung auf Vorlast

    hD5 mm Dichtungshöhe unter Hauptlast für Warmstauchwert nach 5 min

    hD6 mm Dichtungshöhe unter Hauptlast für Warmstauchwert nach 16 h

    kabr Verschleißkoeffizient

    𝑝 MPa Normalspannung an der Oberfläche

    pDV MPa Vorpressung

    pges MPa Dichtflächenpressung unter Betriebsbedingung

    pm MPa mittlere Dichtflächenpressung

    pi MPa abzudichtender Innendruck

    𝑞 MPa Schubspannung an der Oberfläche

    r mm Durchmesser eines Mikrokontaktes auf Höhe der Eindringtiefe

    seingeleitet µm An der Schwinge des Flächendichtungsprüfstand in das Prüf-dichtsystem eingeleiteter Scherweg

    tb s Überfahrzeit einer Fehlstelle

    u mm Verschiebung

    v m/s Geschwindigkeit

    x m Weg

    x, y, z Koordinaten

    ∇z quadratischer Mittelwert des Gradienten der Oberfläche

    ∆ Differenz, Delta

    ∆dD µm Änderung der Dichtungsdicke

    ∆FN N Normalkraft im Mikrokontakt

    ∆s mm Scherweg, den zwei Flansche unter Prüfbelastung zueinander ausführen.

    ∆V mm Verpressmaß

  • viii Bezeichnungen und Formelzeichen

    ∆Vmax mm maximales Verpressmaß

    α ° Flankenwinkel

    γ Verzerrungen

    δ Verlustfaktor

    δSys Nm/µm Schubsteifigkeit eines statischen Dichtsystems

    δz Eindringtiefe eines Indenters

    ϵ % Dehnung

    ϵKRW % Kaltrückverformungswert

    ϵKSW % Kaltstauchwert

    ϵWSW/T % Warmsetzwert

    σ MPa Normalspannung

    σ̅ MPa Normalspannungen an der Bauteiloberfläche

    σR max MPa Maximale Dichtflächenpressung eines Rechteckringes

    σV MPa Dichtflächenpressung im Einbauzustand

    µ Reibkoeffizient

    τ MPa Schubspannungen

    τ̅ MPa Schubspannungen an der Bauteiloberfläche

    Ф Spannungsfunktion

    ν Querkontraktionszahl

    𝜔 1/s Kreisfrequenz

  • Abkürzungen ix

    Abkürzungen

    ACM Polyacrylat-Kautschuk

    ASTM American Society for Testing and Material

    FDM Flüssigdichtmittel

    ESA European Sealing Association

    EPDM Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk

    FA Flüssigdichtmittel Acrylat

    FEA Finite Elemente Analyse

    FKM Fluor-Kautschuk

    FP Flächendichtungsprüfstand

    FPA Flüssigdichtmittel Polyacrylat

    FPIG Formed in Place Gasket

    FS Flüssigdichtmittel Silikon

    IP Innendruckprüfstand

    KHS Krafthauptschluss

    KNS Kraftnebenschluss

    LW Lastwechsel

    MH Metallhalbsickendichtung

    MV Metallvollsickendichtung

    NBR Nitril-Butadin-Kautschuk

    OR O-Ring

    PTFE Polytetrafluorethylen

    RR Rechteckring

    SHP Servohydraulischer Prüfstand

    SIM Oberflächenunvollkommenheiten (engl. Surface imperfections)

    WA Weichstoffdichtung Aramidfaser

    WP Weichstoffdichtung PTFE

  • 1 Einführung 1

    1 Einführung

    Statische Dichtsysteme sind in einer Vielzahl von Produkten eingesetzt. Sie haben die Aufgabe, den Stofffluss zwischen zwei Räumen in festgelegten Grenzen zu halten [MÜL09]. Anwendun-gen sind beispielsweise Gehäuse in der Antriebstechnik, wie Filter- oder Getriebegehäuse.

    1.1 Motivation

    Die sichere Auslegung von statischen Dichtsystemen war Gegenstand der Forschung der letz-ten Jahre [KIL01; KUB00; DEI04; FRO05; HEN03; KRI93; TÜC11; REI06; SIM12]. Insbesondere in der Anlagentechnik wurden intensiv Normen aktualisiert und überarbeitet [ELL00; DIN 28090; DIN EN 1591; VDI 2200; DIN EN 13555; RIE02]. Das Ziel dieser Bemühungen war stets die Beschreibung eines aus Funktionssicht idealen Dichtsystems.

    Gleichzeitig setzt sich in der Antriebstechnik der Trend fort, Gewicht, Bauraum und Kosten am Dichtsystem einzusparen. Dabei wurden folgende Kostentreiber eines Dichtsystems iden-tifiziert:

    Materialkosten für das Dichtelement Kosten für eine steife Dichtverbindung durch höheren Materialeinsatz und mehr Ver-

    bindungselemente Fertigungskosten der Dichtfläche, bedingt durch die erhöhten Anforderungen bezüg-

    lich Ebenheit und Rauheit Kosten durch erhöhten Ausschuss infolge Oberflächenunvollkommenheiten auf der

    Dichtfläche

    Die Kostenoptimierung führt schließlich zu Dichtsystemen, die nicht mehr ideal sind [VIC04a], unter anderem durch Fertigungs-, Montage- oder Handhabungsfehler und Qualitätsmängel wie bspw. verkratzte Dichtflächen.

    Neben der Kostenoptimierung gibt es zunehmend mehr Technologien, welche die Realisie-rung eines idealen Dichtsystems technisch unmöglich machen, bspw. in Brennstoffzellen und Akkupacks für E-Autos. Die dortigen Anforderungen an das Flanschmaterial, den Bauraum und die Betriebsbelastungen führen zwangsweise zu nicht idealen Dichtsystemen.

    Den Einsparmöglichkeiten und dem Einsatz neuer Technologien steht das Risiko hoher Folge-kosten gegenüber. Durch ein ausgefallenes Dichtsystem können immense Kosten verursacht werden. Außerdem verursacht ein ausgefallenes Dichtsystem häufig irreparable Imageschä-den.

    Um trotz Abweichungen ein sicher funktionierendes Dichtsystem auslegen zu können bzw. um im Qualitätsfall sicher beurteilen zu können, ob ein Dichtsystem trotz Mängel noch funkti-onieren wird, müsste die Leistungsgrenze von Dichtsystemen bekannt sein. Wie noch zu zei-gen ist, s. Kap.2, fehlen diese jedoch speziell für die Störgrößen:

    Scherbelastung des Dichtsystems Fehlstellen auf der Dichtfläche und Unebenheiten auf der Dichtfläche.

    Aus diesem unzureichenden Kenntnisstand sind in Kap. 3 die Ziele dieser Arbeit abgeleitet.

    1.2 Aufbau der Arbeit

    In Bild 1.1 ist der Aufbau der Arbeit dargestellt. In Kap. 2.1 werden die Grundlagen zur Funk-tion und zum Aufbau eines statischen Dichtsystems in der Antriebstechnik erläutert. In Kap.

  • 2 1 Einführung

    2.2 werden die Wirkmechanismen und wichtige Kenngrößen von ausgewählten statischen Dichtungsarten in der Antriebstechnik vorgestellt. Daran schließt sich in Kap. 2.3 und Kap. 2.4 die Erläuterung des Stands der Technik im Hinblick auf die drei Störgrößen an. In Kap. 2.5 wird ein erster Ansatz zur systematischen Problembeschreibung erarbeitet. Hierbei handelt es sich um Grundlagen aus dem Bereich der Kontaktmechanik.

    In Kap. 3 sind, abgeleitet aus dem Stand der Technik, die Ziele dieser Arbeit dargestellt.

    In Kap. 4 erfolgt die Vorstellung der verwendeten Prüf- und Messeinrichtungen. In Kap. 5 werden, aufbauend auf der Kategorisierung der Dichtungsarten und der Beschreibung der Wirkmechanismen und Einbaumöglichkeiten, die Prüfdichtungen ausgewählt sowie die Ver-suchsträger und die Prüffluide vorgestellt. Daran schließt sich die Übersicht über die durchge-führten Versuche an.

    Die Kap. 6, 7 und 8 bilden den Hauptteil der Arbeit. Darin werden die untersuchten Leistungs-grenzen der ausgewählten Prüfdichtung bezüglich der drei Störgrößen dargestellt. Dies ge-schieht teils mittels der FEM-Analyse und teils experimentell.

    In Kap. 9 erfolgt die Diskussion der Ergebnisse und der Vergleich der untersuchten Prüfdich-tungen. In Kap. 10 ist die Arbeit zusammengefasst.

    Diskussion der Ergebnisse (Kap. 9)

    Zusammenfassung (Kap. 10)

    Untersuchung der Scherbe-lastung (Kap. 6)

    Untersuchung derAbdichtung von Fehlstel-len (Kap. 7)

    Untersuchung derAbdichtung von Uneben-heiten (Kap. 8)

    ExperimentelleUntersuchungen

    Grundlagen der Scherbe-lastung (Kap. 2.3)

    experimentelle Untersu-chungen

    Analyse der Dichtungsan-passung mittels FEM

    ExperimentelleUntersuchungen

    Vorstellung statischer Dichtungsarten (Kap. 2.2)Aufbau und Funktion des statischen Dichtsystems (Kap. 2.1)

    Zulässige geometrische Abweichung der Dichtfläche:Beschreibung und Recherche zum Stand der Technik(Kap. 2.4)

    Analytische Beschreibung der Dichtungsanpassung aneine Fehlstelle bzw. Unebenheit (Kap. 2.5)

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    Auswahl und Vorstellung der Prüfdichtungen und Prüfeinrichtungen (Kap. 4, 5)

    Bild 1.1: Aufbau der Arbeit

  • 2 Grundlagen und Stand der Technik 3

    2 Grundlagen und Stand der Technik

    In diesem Kapitel werden die Komponenten und Belastungen eines statischen Dichtsystems vorgestellt. Anschließend erfolgt eine Einteilung von Dichtsystemen nach Wirkprinzip und Einbauart der Dichtung. Daraufhin werden wichtige Dichtungsarten der Antriebstechnik vor-gestellt. Dem folgt ein Abschnitt über die Grundlagen eines scherbelastet Dichtsystems sowie über die geometrischen Abweichungen von Dichtflächen.

    2.1 Aufbau und Funktion des statischen Dichtsystems

    Das statische Dichtsystem, beispielhaft an einem Getriebegehäuse in Bild 2.1 gezeigt, besteht aus folgenden Konstruktionselementen [DIN EN 1591]:

    Flansche Dichtung Verbindungselemente (bspw. Schrauben)

    Der Spalt zwischen den beiden Flanschen wird als Gehäusetrennfuge bezeichnet, der Spalt zwischen Dichtung und Dichtfläche als Dichtspalt. Die Abdichtfunktion des Dichtsystems ist gewährleistet, wenn die Dichtung die Gehäusetrennfuge zumindest auf einer um den abzu-dichtenden Raum geschlossen umlaufenden Linie, der Dichtlinie, vollständig ausfüllt, und zwar unter allen Betriebsbedingungen. Dazu muss sich die Dichtung sowohl makroskopisch als auch mikroskopisch den beiden Dichtflächen vollständig anpassen. Dichtungstechnisch sind dafür steife Flansche und viele Verbindungselemente für eine ausreichende und gleich-mäßige Verpresskraft ideal.

  • 4 2 Grundlagen und Stand der Technik

    Bild 2.1: Das statische Dichtsystem

    Die Betriebsbelastungen einer Dichtung sind:

    die Betriebstemperatur die Betriebstemperaturänderung der abzudichtende Innendruck die Dichtflächenpressung

    Aus der Abweichung vom idealen Dichtsystem resultieren weitere Störgrößen, die das Dicht-system neben den Betriebsbelastungen zusätzlich belasten:

    Unebenheiten der Dichtflächen Fehlstellen auf den Dichtflächen Scherbelastung durch Relativbewegung der Flansche zueinander, verursacht durch

    thermische oder mechanische Kräfte

    Je nach Ausführungsprinzip der Dichtung müssen u.U. auch Scherkräfte und -momente über-tragen werden. So z.B. bei Anwendungen in der Antriebstechnik, wie bspw. in dem in Bild 2.1 abgebildeten Getriebegehäuse, dessen Dichtfuge im Kraftfluss liegt.

    Die konstruktive Gestaltung des Dichtsystems, der Einfluss der Betriebsbelastungen und der Störgrößen hängt wesentlich vom Wirkprinzip der verwendeten Dichtung ab.

  • 2 Grundlagen und Stand der Technik 5

    Wirkprinzipien und Einbauarten statischer Dichtungen

    Bei statischen Dichtungen unterscheidet man drei Wirkprinzipien, die einzeln oder auch in Kombination wirken:

    Verpressung Adhäsion Expansion

    Letztere sind in der Antriebstechnik wenig verbreitet, weshalb sie in dieser Arbeit nicht wei-ter berücksichtigt werden.

    Beim Verpressen wird die Dichtung infolge einer äußeren Kraft in die Mikro- und Mak-rounebenheiten der Dichtflächen gepresst und füllt diese aus. Bei Belastung durch Innendruck verhindert die Dichtflächenpressung, dass die Dichtung aus der Gehäusetrennfuge gedrückt wird und das abzudichtende Fluid austreten kann.

    Adhäsionsdichtungen, häufig Flüssigdichtmittel, füllen die Mikro- und Makrounebenheiten bei ihrer Applikation aus. Hierzu muss die Oberflächenenergie des Flansches die Benetzung mit dem Dichtmittel ermöglichen. Wird die Dichtung mit Innendruck belastet, so wirken die Ad-häsionskräfte dieser Last entgegen und verhindern analog zur verpressten Dichtung, dass die Dichtung aus der Gehäusetrennfuge gedrückt wird.

    Die beiden Wirkprinzipien können weiter in die zwei Einbauarten Krafthaupt (KHS)- und Kraftnebenschluss (KNS) unterteilt werden [VDI 2200], s. Bild 2.2.

    Bild 2.2: Krafthaupt- und Kraftnebenschluss

    Während beim Krafthauptschluss die Dichtung im Kraftfluss der Dichtverbindung liegt und daher die Verbindungskräfte vollständig überträgt, werden im Kraftnebenschluss die Verbin-dungskräfte größtenteils von steiferen Elementen, wie den Flanschflächen oder Stoppern, übertragen. Häufig wird dies erreicht, indem die Dichtung in einer Nut verbaut wird, wie zum Beispiel beim O-Ring.

    Die axiale Elastizität im Krafthauptschlusssystem ist im Wesentlichen in den Verbindungs-elementen realisiert. Sie ist notwendig, um Bewegung, thermische Ausdehnung und Setzbe-träge in der Gehäusetrennfuge auszugleichen. Das elastische Element im Kraftnebenschluss-system ist die Dichtung. Dieses Prinzip macht man sich bei Fasenkonstruktionen zunutze, s. Bild 2.2 rechts. Sie werden für elastische FDM wie Silikone eingesetzt. Der Flansch wird dazu mit einer Fase versehen. Die Kraftübertragung findet außerhalb der Fase statt. In der Fase

  • 6 2 Grundlagen und Stand der Technik

    hingegen ist die Dichtmittelschicht elastischer, weil sie höher ist. Dadurch kann sie auch grö-ßere Flanschbewegungen ausgleichen ohne zu reißen.

    Je nach Anforderung an das Dichtsystem, dem verwendeten Wirkprinzip und der Einbauart leiten sich unterschiedliche Anforderungen an die Dichtung und das Dichtungsumfeld ab. In Tabelle 2-1 sind diese Zusammenhänge dargestellt. Sie werden im Folgenden erläutert:

    Die Funktion des Kraftnebenschlusssystems, das nach dem Wirkprinzip der Adhäsion arbeitet, ist gewährleistet, solange die Bruchdehnung des Dichtmittels nicht über-schritten wird. Um einen möglichst großen Scherweg bis zum Bruch zu haben, wird in der Praxis häufig versucht, die Schichtdicke möglichst groß zu machen.

    Die Funktion des Krafthauptschlusssystems, das nach dem Wirkprinzip der Adhäsion arbeitet, hängt davon ab, dass die Scherspannung, bei der die Dichtmittelschicht bricht, nicht überschritten wird. Das wird in der Praxis erreicht, indem die Flansche steif ausgeführt und mit ausreichend Verbindungselementen gefügt werden.

    Die Funktion des Kraftnebenschlusssystems mit dem Wirkprinzip Verpressung hängt im Wesentlichen davon ab, dass die Dichtung als elastisches Element innerhalb ihres elastischen Arbeitsbereiches vorgespannt ist. Dieser Bereich darf weder durch Ferti-gungstoleranzen, bspw. in der Nuthöhe, noch durch Flanschdurchbiegung verlassen werden, weil sonst Leckage auftritt. Gleichzeitig muss die Dichtung ihre Elastizität un-ter allen Betriebsbedingungen erhalten. Für den Ausgleich von Scherbewegungen muss die Dichtung schubelastisch sein oder eine reibungsarme Oberfläche haben, da-mit sie auf der Dichtfläche ohne Verschleiß gleiten kann.

    Die Funktion des Krafthauptschlusssystems mit dem Wirkprinzip Verpressung hängt im Wesentlichen davon ab, dass ausreichend Verpresskraft zur Verfügung steht. Dies muss durch die Anzahl und die richtige Auslegung der Verbindungselemente gewähr-leistet sein. Um die Dichtung gleichförmig zu verpressen, müssen die Flansche steif und eben sein. Dichtungsseitig muss eine hohe Standfestigkeit gegeben sein, damit sich die Dichtung nicht infolge der Verpresskraft zu stark setzt. Die Anforderung an die Schubeigenschaften der Dichtung hängt von der Anwendung ab. Zur Übertragung von Querkräften muss die Dichtung schubsteif sein und einen hohen Reibkoeffizien-ten haben. Für den Ausgleich von Bewegungen in der Dichtfuge ist eine schubelasti-sche Dichtung oder ein geringer Reibkoeffizient von Vorteil.

  • 2 Grundlagen und Stand der Technik 7

    Tabelle 2-1: Umsetzung der Anforderungen an ein statisches Dichtsystem mittels Wirkprinzipien, die in mögliche Einbauarten unterteilt sind.

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  • 8 2 Grundlagen und Stand der Technik

    2.2 Vorstellung wichtiger Dichtungsarten in der Antriebstechnik

    In der Antriebstechnik existiert eine unüberschaubare Vielzahl an Dichtungen und eine Viel-zahl an Dichtungsarten. Im folgenden Kapitel werden daher zunächst wichtige Dichtungsarten vorgestellt.

    2.2.1 Einteilung und Terminologie

    Die in dieser Arbeit verwendete Terminologie der statischen Dichtungen ist in Bild 2.3 darge-stellt und ist angelehnt an [KRI93].

    Bild 2.3: Die Terminologie statischer Dichtungen

    Mit statischen Dichtungen werden alle Dichtungen bezeichnet, deren Dichtflächen keine funk-tionale Bewegung ausführen. Sie sind unterteilt in Flächen- und Profil- bzw. Formdichtungen, deren Name sich von ihrem definierten Querschnitt ableitet, bspw. O-Ringe oder Rechteckrin-ge.

    Flächendichtungen beziehen ihren Namen daher, dass sie über die Anpassung an eine Fläche abdichten. Sie teilen sich wiederum auf in die Flüssigdichtmittel (FDM) und die Flachdichtun-gen. Flachdichtungen sind Feststoffdichtungen, die ihrer Form nach flächig sind, bspw. Weich-stoffdichtungen. FDM sind alle Dichtungen, die beim Einbau in unvernetzter Form vorliegen.

    2.2.2 Weichstoffdichtungen

    Es gibt eine Vielzahl von Weichstoffdichtungen, die vor allem in der Verfahrens- und Anlagen-technik eingesetzt werden. Im Folgenden wird nur auf die in dieser Arbeit untersuchten Weichstoffdichtungen auf Aramidfaserbasis und aus reinem Polytetrafluorethylen (PTFE) eingegangen.

    Weichstoffdichtungen auf Aramidfaserbasis werden häufig im Kalanderverfahren hergestellt. Die Kaltmischung wird unter Druck zu Platten gepresst. Aramidfaserdichtungen sind aus den folgenden drei Grundwerkstoffen aufgebaut:

    Aramidfasern Bindemittel Füllstoff

  • 2 Grundlagen und Stand der Technik 9

    Die Fasern haben die Aufgabe, Zugbelastungen in der Dichtung zu übertragen. Außerdem er-hält die Dichtung durch die hohlen Fasern ihre Kompressibilität. Mit den Füllstoffen werden die Hohlräume der Fasermatrix so weit wie möglich ausgefüllt. An die Füllstoffe werden ähn-liche thermische und mechanische Anforderung gestellt, wie an die Fasern. Als Bindemittel werden hauptsächlich Elastomere (NBR, …) verwendet. Sie dienen der Abdichtung innerer Leckagekanäle in der Fasermatrix und der Mikroanpassung an die Dichtfläche. Mit zuneh-mendem Elastomeranteil verliert die Dichtung jedoch an Standfestigkeit [TIE03].

    Weichstoffdichtungen aus PTFE liegen als Plattenmaterial oder in Schnurform vor [ELR03]. Für die Herstellung von Weichstoffdichtungen aus PTFE wird reines, gefülltes oder expandier-tes PTFE verwendet. PTFE hat eine geringe Druckstandfestigkeit. Infolgedessen kommt es beim Einsatz als Dichtungswerkstoff zum Verlust der Schraubenvorspannkräfte mit der Folge, dass die Mindestpressung unterschritten wird und Leckage auftritt. Da es sich um ein Ther-moplast handelt, hängen die mechanischen Kennwerte des Weiteren stark von der Tempera-tur ab. Zum Beispiel beträgt die Zugspannung bei 100 % Verformung und -40 °C ca. 35 N/mm2 und sinkt bei 200 °C auf 4 N/mm2. Teilweise wird PTFE daher in Metall gefasst, welches die fehlende Druckstandfestigkeit ausgleicht [DOM12].

    Weichstoffdichtungen finden bspw. als Ölwannen- oder Ventildeckelabdichtung oder in Was-serpumpen und Armaturen Anwendung.

    Abdichtfunktion

    Allgemein sind Weichstoffdichtungen überwiegend im KHS verbaut. Sie benötigen eine Min-destpressung Qmin für die Anpassung der Dichtung an die Dichtflächen. Zusätzlich müssen damit innere Leckagekanäle (z.B. durch Faserhohlräume) zugepresst werden. Im Gegensatz zur Metallsickendichtung, vgl. Kap. 2.2.3, wird die Flanschschraubenkraft auf die komplette Dichtfläche verteilt, weshalb relativ hohe Flanschschraubenkräfte für eine sichere Abdichtung nötig sind. Außerdem muss der Flansch steif ausgeführt sein, damit die Dichtung über der gesamten Dichtfläche gleichmäßig zusammengepresst wird. Dichtungen aus PTFE passen sich sehr gut plastisch an die Dichtflächen an, ohne dass dafür allzu große Kräfte nötig sind. Sie besitzen jedoch kaum elastische Eigenschaften.

    Bei Innendruck wird die Dichtung leicht aus der Gehäusetrennfuge gedrückt. Um das zu ver-meiden, muss sie ausreichend stark verpresst sein, um in den Rauheiten der Dichtflächen zu verzahnen. Gleichzeitig muss ihre Zugfestigkeit hoch genug sein, um infolge der Belastung nicht zu zerreißen.

    Nachfolgend sind einige wichtige Kenngrößen einer Weichstoffdichtung erläutert [DIN EN 13555].

    Mindestpressung Qmin [𝑵

    𝒎𝒎𝟐]

    Die Mindestpressung gibt an, mit welcher Pressung die Dichtung im Einbauzustand verpresst sein muss, damit sie sich an die Flanschrauheiten und –unebenheiten anpassen kann und die inneren Leckagekanäle geschlossen sind.

    Kaltstauchwert εKSW [%]

    Der Kaltstauchwert ist ein Maß für die Anpassungsfähigkeit der Dichtung an die Dichtfläche. Die Ermittlung der Verformungswerte ist in der DIN 28090 festgelegt. Die Dichtung wird zu-nächst von der Ausgangsdicke hD1 mit 35 N/mm2 vorbelastet und die resultierende Dicke hD2 gemessen. Anschließend wird die Dichtung mit der Hauptprüflast belastet und die Höhe hD3 ermittelt. Daraus folgt dann der Kaltstauchwert

    ϵKSW =hD2 − hD3

    hD1∙ 100. (2.1)

  • 10 2 Grundlagen und Stand der Technik

    Der Kaltrückverformungswert εKRW [%] folgt zu

    ϵKRW =hD4 − hD3

    hD1∙ 100. (2.2)

    Warmsetzwert εWSW/T [%]

    Im Anschluss an die Messung des Kaltverformungsverhaltens wird die Dichtung auf ihr Wär-meverhalten untersucht. Es ist ein Maß für das Kriechverhalten der Dichtung. Zunächst wird die Dichtung unter Temperaturbelastung von der Dicke hD5 zusammengepresst und die sich einstellende Höhe hD6 gemessen. Daraus folgt der Warmsetzwert

    ϵWSW/T =hD5 − hD6

    hD1∙ 100. (2.3)

    2.2.3 Metallsickendichtungen

    Metallsickendichtungen bestehen aus einem gesickten Trägerblech, das meist mit Elastomer beschichtet ist, s. Bild 2.4 oben. Dabei kommen unterschiedliche Elastomere zum Einsatz, teilweise mit Faserverstärkung. Das Trägerblech wird aus Federstahl oder Kohlenstoffstahl gefertigt. Es ist zwischen 0,1 mm und 0,25 mm dick. Die Sicke wird als Vollsicke oder Halbsi-cke ausgeführt, wodurch die Steifigkeit der Dichtung einstellbar ist. Ein weiterer Unterschied ist, dass nur die Vollsicke in zwei Sicken gesplittet werden kann, um beispielsweise ein Schraubenloch beidseitig zu umfahren, was mit der Halbsicke nicht möglich ist.

    Das Verformungsverhalten einer Vollsickendichtung ist in Bild 2.4 unten dargestellt. Bei ge-ringer Verpresskraft liegt die Dichtung an drei relativ schmalen Berührlinien auf. Mit zuneh-mender Verpresskraft verformt sich die Dichtung so, dass die Enden nach oben klappen und zwei weitere Berührlinien entstehen. Bei maximaler Verpressung liegt die Dichtung schließ-lich fast flächig auf den beiden Flanschen auf.

    Abdichtfunktion

    Metallsickendichtungen können sowohl im Kraftnebenschluss als auch im Krafthauptschluss verbaut werden. Ihre Makroanpassung wird durch die Sicke im Trägerblech realisiert und entsprechend durch die Höhe der Sicke beeinflusst. Die Elastomerbeschichtung füllt die Rau-heiten aus, wodurch die Mikroabdichtung gewährleistet wird. Je rauer die Dichtfläche ist, um-so höher muss die Beschichtung sein, um die Rauheit vollständig auszufüllen. Das Beschich-tungsmaterial muss an die Einsatztemperatur und das abzudichtende Fluid angepasst sein. Durch die Konzentration der Flanschschraubenkräfte auf die relativ geringe Fläche der Sicke wird die benötigte Mindestpressung auch bei geringen Flanschschraubenkräften erreicht, s. Bild 2.4. Durch die Elastizität der Dichtung lassen sich inhomogene Pressungsverläufe in der Dichtfuge infolge großer Schraubenabstände und nachgiebiger Flanschmaterialien gut aus-gleichen.

    Folgende Kenngrößen sind für die Charakterisierung der Dichtung von Bedeutung:

    Trägerblechdicke Sickengeometrie Beschichtungsdicke Verformungskennlinie (Steifigkeit der Dichtung) zulässige Temperatur maximal zulässige Pressung Druckstandfestigkeit

    Metallsickendichtungen werden überall dort eingesetzt, wo eine hohe Dynamik in der Trenn-fuge herrscht. Ein typisches Beispiel ist die Zylinderkopfdichtung. Aber auch in Anwendungen

  • 2 Grundlagen und Stand der Technik 11

    mit ungleicher Pressungsverteilung und geringen Verbindungskräften, wie bspw. nachgiebige Steuerplatten, werden mit Metallsickendichtungen abgedichtet.

    Fv klein Fv mittel Fv groß

    Pressung

    Pressung

    Konzentration der Verpress-kraft: Kontaktspannung anden drei Kontaktlinien derSicke

    zusätzliche Kontaktlinien mitgeringer Kontaktspannung anden beiden Enden. BreitereKontaktlinien an der Sicke

    Breitere Kontaktlinien an derSicke und an den Enden

    zus. Kontakt

    Vollsicke HalbsickeBeschichtung

    Trägerblech

    Bild 2.4: oben: Aufbau von Metallsickendichtungen; unten: Verformungsverhalten und zugehöriger Pressungsabdruck einer Vollsicken-dichtung

    2.2.4 Elastomerformdichtungen

    Elastomerformdichtungen gibt es mit runden, ovalen, rechteckigen oder beliebig geformten Querschnitten. Typische Vertreter sind der O-Ring, Rechteckring oder Quadring, s. Bild 2.5. Sie werden standardmäßig als Rund- oder Endlosschnüre hergestellt. Es lassen sich aber auch beliebige andere Formen herstellen, um die Dichtung der Bauteilgeometrie anzupassen. Bild 2.5 zeigt einen O-Ring mit der üblichen Spezifizierung über den Innendurchmesser d1 und den Schnurdurchmesser d2 und einige gebräuchliche Querschnittsformen.

  • 12 2 Grundlagen und Stand der Technik

    Bild 2.5: O-Ring mit üblicher Bemaßung und übliche Querschnitte

    Als Werkstoffe kommen unterschiedliche Elastomere wie NBR, EPDM, FKM oder ACM und weitere zum Einsatz. Die Auswahl hängt im Wesentlichen von der Einsatztemperatur, dem abzudichtendem Fluid und dem Werkstoffpreis ab. Eine gute Übersicht zur Anwendung von O-Ringen bieten einige Hersteller, z.B. [PAR10].

    Wichtige Eigenschaften von Elastomeren

    Elastomer besteht aus Poymermolekülen [SCH90], die im unbelasteten Zustand knäuelartig vorliegen. Elastomer unterscheidet sich in seinem Werkstoffverhalten wesentlich von Stahl, z.B. durch die hohe Verformbarkeit, den geringen E-Modul und das viskoelastische Verhalten. Die Verformung kann ein Vielfaches seiner Ausgangslänge betragen. Sie beruht auf der Ent-flechtung der vernetzten Moleküle und wird als Entropieelastizität bezeichnet. Der E-Modul liegt zwischen 1 MPa und 10 MPa und damit deutlich unter dem von Stahl.

    Viskoelastisches Verhalten bedeutet, dass zwischen Belastung und Verformung eine Zeit- bzw. Geschwindigkeitsabhängigkeit besteht. Oder anders ausgedrückt, dass der Schubmodul von Elastomer frequenzabhängig ist. Je hochfrequenter die Belastung ist, umso steifer wird Elastomer. Analog verhält sich Elastomer mit der Temperatur. Je tiefer die Temperatur wird, umso steifer wird Elastomer, s. Bild 2.6, weil die Beweglichkeit der Polymermoleküle stark eingeschränkt wird. Ab dem Glasübergangsbereich verhält sich das Elastomer immer enger-gieelastischer und damit Stahl ähnlicher. Der Schubmodul steigt dabei um mehrere Zehnerpo-tenzen. Die Korrelation zwischen dem Frequenz- und Temperaturverhalten bildet die Formel von Williams, Landel und Ferry, die sogenannte WLF-Gleichung ab [FER80]

    log aT =8,86 ∙ (T − TR)

    101,6 + (T − TR) (2.4)

    mit

    log aT:

    T:

    TR:

    TG:

    Frequenzverschiebungsfaktor

    Versuchstemperatur, Gültigkeitsbereich TG < 𝑇 < TG + 100 °C

    Referenztemperatur, TR = TG + 50 °C

    Glasübergangstemperatur

    Ød1

    Ød2

    Bezeichnung: d1 x d2 Querschnittsformen

    rund oval quadratisch I-Profil

  • 2 Grundlagen und Stand der Technik 13

    Bild 2.6: Speicher G‘- und Verlustmodul G‘‘ und Verlustfaktor δ über der Temperatur [DIN 53545]

    Abdichtfunktion

    Elastomerformdichtungen werden mit Übermaß im Kraftnebenschluss eingebaut und dadurch vorgespannt [MÜL09]. Üblich sind 10 % bis 30 % der Ausgangshöhe, s. Bild 2.7. Dazu werden sie in einer Nut entsprechender Tiefe verbaut. Die Vorpressung resultiert schließlich aus der Elastizität des Elastomers. Wirkt ein Innendruck auf den Dichtring, so wird dieser aufgrund der Inkompressibilität des Elastomers hydrostatisch an die Nutwände weitergege-ben. Die Dichtflächenpressung ergibt sich dann als Summe der Vorpressung und des Innen-drucks. Weil die Dichtflächenpressung somit immer höher ist als der abzudichtende Innen-druck, spricht man von einer automatischen Dichtwirkung [MÜL09].

    Wichtige Kenngrößen von Elastomerformdichtungen sind:

    Härte Einsatztemperaturbereich Druckverformungsrest als Maß dafür, wie die Vorspannung erhalten bleibt, s.

    [MÜL09]

    Verformungskennlinie als Maß dafür, wie hoch die Kraft sein muss, um die Dichtung zu ver-pressen

  • 14 2 Grundlagen und Stand der Technik

    Bild 2.7: O-Ring-Einbau und Pressungsverlauf

    2.2.5 Flüssigdichtmittel

    Flüssigdichtmittel werden im Gegensatz zu Feststoffdichtungen im unvernetzten Zustand verbaut. Dadurch können sie flexibel für beliebige Flanschgeometrien eingesetzt werden. Ihre Applikation eignet sich gut zur Automatisierung in der Fertigungslinie [GAR01]. Von Klebe-stoffen unterscheiden sie sich durch ihre geringere Festigkeit [HAB06], die das Demontieren der Fügepartner im Reparaturfall ermöglichen soll.

    Flüssigdichtmittel können nach dem Werkstoff, nach der Auftragsart oder nach dem Vernet-zungsmechanismus eingeteilt werden. Als Werkstoffe kommen unter anderem Acrylate, Poly-acrylate und Silikone zum Einsatz, die sich hinsichtlich ihres Verformungsverhaltens stark unterscheiden. Silikone und Polyacrylate sind hochelastisch und damit für den Einsatz in nachgiebigen Dichtsystemen geeignet, während Acrylate steif und eher spröde sind und ent-sprechend in steifen Dichtsystemen eingesetzt werden, in denen Kräfte übertragen werden müssen, wie z.B. in Bild 2.1. Weiterhin werden Flüssigdichtmittel nach folgenden Auftragsar-ten unterschieden:

    Formed in Place: Auftrag des Flüssigdichtmittels mit direkt anschließend Montage der beiden Flansche.

    Injected in Place: Eintrag des Flüssigdichtmittels in die Nut bereits montierter Flanschpaare.

    Molded in Place: Auftrag und Aushärtung auf einem Flansch mit einer Form als Ge-genstück, anschließende Montage der beiden Flansche.

    Cured in Place: Raupenauftrag mit anschließender Vernetzung, dann Montage der zwei Flansche.

    Weiter wird nach der Art des Vernetzungsmechanismus unterschieden. Die Polymerisation von anaerob vernetzenden Flüssigdichtmitteln beginnt, sobald keine Sauerstoffmoleküle mehr vorhanden sind, dafür aber Metallionen. Andere Dichtmittel hingegen benötigen die Feuchtigkeit der Luft zur Vernetzung. Immer häufiger werden inzwischen zweikomponentige Produkte eingesetzt, denen alle zur Vernetzung benötigten Komponenten bereits beigefügt sind. Dadurch vernetzen diese auch in dicken Schichten, in die keine Luftfeuchtigkeit oder Metallionen eindringen. Sie sind deshalb prozesssicher, weil es keine unvernetzten Stellen in der Dichtfuge gibt. Allgemein ist eine vollständige Vernetzung Grundlage für die sichere und einwandfreie Funktion eines FDM, weshalb alle Einflüsse berücksichtigt werden müssen [HEN04]. Hierzu ist noch der Zustand der Dichtfläche beim Dichtmittelauftrag zu nennen. Verschmutzungen, wie Reste von Kühlschmierstoffen, Öle und Fette müssen genauso vermie-den werden, wie Oxidationsschichten. Letztere entstehen vor allem, wenn zwischen der Zer-spanung und dem Dichtmittelauftrag zu viel Zeit vergeht.

    pi

    p pi

    Übermaß

    vor der Montage drucklos mit Innendruck

    p

    Nuttiefe

    pgespDV pDV

  • 2 Grundlagen und Stand der Technik 15

    Abdichtmechanismus

    Die im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Flüssigdichtmittel sind Adhäsionsdichtungen. Die Abdichtung erfolgt durch Adhäsionsverbindungen zwischen der Dichtfläche und der Dichtung. Prinzipiell ist keine Pressung zur Abdichtung notwendig, jedoch wird die Festigkeit des Dicht-systems durch zusätzliche Pressung erhöht und so das Risiko einer Schädigung durch Über-beanspruchung minimiert. Das Versagen eines FDM tritt im Gegensatz zu Feststoffdichtungen nicht durch Pressungsverlust, sondern durch Adhäsions- oder Kohäsionsbruch ein, s. Bild 2.8.

    Bild 2.8: Brucharten von Flüssigdichtmitteln [DIN EN ISO 10365]

    2.3 Grundlagen der Scherbelastung

    In diesem Kapitel erfolgt eine theoretische Betrachtung der Konsequenzen, die eine Scherbe-lastung für ein Dichtsystem hat. Dieser Betrachtung wird eine Recherche gegenübergestellt, in der untersucht wurde, welche Herstellerangaben und Forschungsergebnisse zur Beschrei-bung des Scherverhaltens einer Dichtung existieren.

    Die Beschreibung des Verhaltens eines Dichtsystems unter Scherbelastung muss getrennt nach den Wirkprinzipien erfolgen, s. Bild 2.9. Das Scherverhalten für Adhäsions-Dichtsysteme ist in Kap. 6.5 erläutert. Für Dichtsysteme mit dem Wirkprinzip „Verpressen“ ist es durch zwei Eigenschaften beschreibbar:

    1. Die Schubsteifigkeit 2. Das Verschleißverhalten

    Die Schubsteifigkeit der Dichtverbindung hängt im Wesentlichen von der Schubsteifigkeit der Dichtung sowie vom Reibkoeffizient zwischen Dichtung und Dichtfläche ab. Nach [HET95] sind zwei Fälle zu unterscheiden:

    1. Die Dichtung haftet durch Reibung auf den Dichtflächen. Schubspannungen werden als innere Reibung und Verzerrungen im Dichtungsmaterial aufgenommen, so dass die maximal übertragbare Schubspannung durch die Festigkeit der Dichtung begrenzt ist.

    2. Die Dichtung gleitet auf der Dichtfläche. Die maximal übertragbare Schubspannung ist durch die Reibung begrenzt.

    3. Wenn die Dichtung gleitet, kann dies zu Verschleiß der Dichtung führen und birgt au-ßerdem die Gefahr, dass Öl in den Dichtspalt eintritt, weil die Dichtung aus den Rau-heitstälern der Dichtfläche gezerrt wird. Das Gleiten der Dichtung ist daher uner-wünscht, kann aber in manchen Anwendungen nicht vermieden werden. In den nächs-ten Kapiteln wird die Schubsteifigkeit verschiedener Dichtungen, die Reibung zwi-

    Adhäsionsbruch Kohäsionsbruch

  • 16 2 Grundlagen und Stand der Technik

    schen Elastomer und Metall sowie das Verschleißverhalten von Elastomer auf Metall betrachtet.

    Bild 2.9: Beschreibung des Scherverhaltens eines statischen Dichtsystems

    2.3.1 Schubsteifigkeit von Feststoffdichtungen

    Die Schubsteifigkeit einer Dichtung wird im Wesentlichen vom Dichtungsmaterial und dem Dichtungsaufbau, dem Dichtungsquerschnitt und je nach Dichtungsmaterial von der Tempera-tur und der Pressung bestimmt. Bei Dichtungen mit viskosem Anteil im Materialverhalten, bspw. Elastomer, sind die Belastungsfrequenz und –amplitude weitere Einflussfaktoren.

    Für Dichtungen, die aus einem Material bestehen, lässt sich die Schubsteifigkeit einfach über das Materialverhalten mit den Grundlagen der Festigkeitslehre beschreiben. Dies gilt bspw. für Elastomerformdichtungen, die nur aus Elastomer bestehen. Für Dichtungen mit unter-schiedlichen Materialien, bspw. Weichstoffdichtungen mit Faserstruktur, ist die Beschreibung wesentlich komplexer.

    Genaue Untersuchungen zum Scherverhalten von Weichstoffdichtungen mit Faserstruktur führte Hettich in [HET95] durch. Er untersuchte das Scherverhalten von Weichstoffdichtun-gen experimentell und leitete daraus ein phänomenologisches Modell zur Berechnung scher-beanspruchter Dichtverbindungen ab. Darin modelliert er das Scherverhalten als Überlage-rung von innerer Reibungselastizität und Spannungsrelaxation. Als wesentliche Einflussfakto-ren auf die Scherfestigkeit identifizierte er die Pressung, die Temperatur, die Dichtungshöhe und die Anzahl der Belastungszyklen. Seine Ergebnisse zeigten, dass die Scherfestigkeit mit der Pressung zunimmt, über der Temperatur jedoch abnimmt. Das Scherverhalten über der Lastwechselzahl teilte er in die Betriebsphasen Einflaufphase, stabilisierte Betriebsphase und Zerstörungsphase ein. In jeder Phase ändert sich die Schubsteifigkeit, so dass genaue Schubsteifigkeiten stets nur in Verbindung mit der Lastwechselzahl angegeben werden kön-nen.

    Die Schubsteifigkeit von beschichteten Metallsickendichtungen wird von der Festigkeit des Beschichtungsmaterials und der Haftkraft der Beschichtung auf dem Trägerblech begrenzt. Je

    Schubsteifigkeit der Dichtverbindung

    Schubsteifigkeit derDichtung (Kap. 2.3.2)

    Reibung zwischenDichtung u. Flansch

    häufig: Elastomer - Metall - Kontakt(Kap. 2.3.3 und Kap 2.3.4)

    Materialverhalten- Elastomer (Kap. 2.2.4)- Metall- ...

    Wirkprinzip VerpressenWirkprinzip Adhäsions. Kap. 6.5

    hart/weichKontaktpartner

    Scherverhalten eines statischen Dichtsystems

    Verschleißverhalten

  • 2 Grundlagen und Stand der Technik 17

    dicker die Beschichtung ist, umso geringer wird die Schubsteifigkeit der Metallsickendich-tung. Für hochbeanspruchte Dichtverbindungen, wie in Bild 2.1 gezeigt, werden daher mög-lichst dünne Beschichtungen verwendet. Die Schubsteifigkeit von Metallsickendichtungen hängt des Weiteren vom Verformungsgrad der Dichtung ab. Je stärker die Sicke verpresst ist, umso größer wird die Kontaktfläche zwischen Flansch und Dichtung und umso mehr Quer-kräfte können theoretisch übertragen werden.

    Fazit

    Die Untersuchungen zeigen, dass die Beschreibung der Schubsteifigkeit einer Weichstoffdich-tung sehr komplex ist. Wenn alle genannten Einflüsse detailliert abgebildet werden sollen, sind aufwendige Versuche für alle Dichtungen notwendig, die sich im Aufbau unterscheiden.

    2.3.2 Reibung zwischen Elastomer und Metall

    Wie eingangs erläutert, setzt sich die Schubsteifigkeit der Dichtverbindung aus der Schubstei-figkeit der Dichtung und der Reibung zwischen Dichtung und Dichtfläche zusammen. Da diese beiden Kontaktpartner in den hier betrachteten Dichtsystemen aus Elastomer und Metall be-stehen, wird die Reibung zwischen diesen beiden im Folgenden erläutert.

    Grundlagenarbeiten zur Reibung zwischen Elastomer und Metall wurden unter anderem von [KUM66; GRO63; PER98] durchgeführt. Allgemein wird der Reibkoeffizient im Dichtkontakt von folgenden Parametern beeinflusst:

    Flanschmaterial Dichtungsmaterial Verpresskraft Oberflächentopologie der Dichtfläche Verunreinigungen (Öl,…) auf der Dichtfläche Temperatur

    Eine gute Einleitung dazu gibt [POP10]. Er interpretiert die Reibungskraft als Verhältnis der Verlustleistung Ẇ zur Gleitgeschwindigkeit v

    FR =Ẇ

    v. (2.5)

    Die Verlustleistung im Elastomer entsteht durch Verformungsarbeit, wenn dieses mit einer makroskopisch gleichmäßigen Geschwindigkeit v über eine raue Oberfläche gleitet und sich dabei an die Mikrokontakte anpasst, s. Bild 2.10.

    Bild 2.10: Mikroskopische Materialanpassung im Kontakt [POP10] S. 260

    Unter Berücksichtigung der rheologischen Eigenschaften von Elastomeren [POP10; SCH90], folgt daraus der Reibkoeffizient

    μ = ∇zG′′(

    vr)

    |Ĝ(vr)

    |, (2.6)

    v

  • 18 2 Grundlagen und Stand der Technik

    wobei 𝐺′′ der Verlustmodul und �̂� der komplexe Schubmodul des Elastomers ist. 𝑟 ist als cha-rakteristischer Durchmesser eines Mikrokontaktes definiert und 𝛻𝑧 als der quadratische Mit-telwert der Steigung der Oberfläche. Letzter ist ein Maß dafür, wie steil die Rauheitsflanken der Mikrokontakte sind.

    Wenn der Verlustmodul sehr viel größer als der Speichermodul ist, was für viele Elastomere

    im mittleren Frequenzbereich zutrifft, dann ist G′′(

    v

    r)

    |Ĝ(v

    r)|

    ≈ 1 und für den Reibkoeffizient gilt

    μ ≈ ∇z , (2.7)

    das heißt, dass der Reibkoeffizient nur noch von dem quadratischen Mittelwert des Gradien-ten der Oberfläche abhängt.

    Aus Gl. (2.6) folgt weiterhin, dass sich der Reibkoeffizient von Elastomer auf Metall so verhält, wie der komplexe Schubmodul:

    Der Reibkoeffizient ist zeitabhängig. Bei höherer Gleitgeschwindigkeit v sinkt die Belastungszeit, in der das Elastomer eine

    Rauheitsspitze überfährt, dadurch nimmt die Belastungsfrequenz zu, der Verlustmo-dul und damit der Reibkoeffizient sinken.

    Bei höheren Temperaturen verschiebt sich der Reibkoeffizient wie auch der Verlust-modul zu höheren Werten.

    Infolge der Energiedissipation kommt es zu lokaler Erwärmung des Elastomers im Kontaktbereich und damit zu erhöhten Reibkoeffizienten.

    Eine weitere Eigenschaft der Elastomerreibung ist:

    Der Reibkoeffizient nimmt mit zunehmender Normalkraft ab, weil sich tatsächliche und scheinbare Kontaktfläche immer mehr annähern.

    2.3.3 Verschleiß

    Im Folgenden sind die Einflüsse auf das Verschleißverhalten von Dichtungen unter Scherbe-lastung betrachtet. Grundsätzlich werden vier Verschleißarten unterschieden [POP10]:

    Abrasiver Verschleiß: Dieser tritt bei Körpern mit deutlich unterschiedlicher Härte auf.

    Adhäsiver Verschleiß: Dieser tritt bei ähnlicher Härte der Kontaktpartner auf. Oberflächenermüdung: Diese tritt durch wiederholte Beanspruchung der Oberflä-

    che, verursacht durch Rollen oder Gleiten auf. Die einzelne Belastung verursacht dabei keine sichtbaren Schäden.

    Korrosiver Verschleiß: Dabei wird die Oberfläche chemisch verändert und anschlie-ßend abgetragen

    Für diese Arbeit sind der korrosive Verschleiß und die Oberflächenermüdung nicht relevant. Abrasiver Verschleiß und adhäsiver Verschleiß treten hingegen während der Scherversuche auf.

    Adhäsiver Verschleiß entsteht dadurch, dass zwei Mikrokontakte zweier zueinander beweg-ter Oberflächen infolge von zu großer Kontaktspannung zu fließen beginnen. Dabei ver-schweißen die beiden Mikrorauigkeiten und es entstehen sogenannte Schweißbrücken. Durch die Relativbewegung wird nach dem Verschweißen ein oberflächennahes Volumenstück aus der Oberfläche gelöst. Adhäsiver Verschleiß tritt vor allem bei Metall-Metall-Kontakten auf.

    Der Verschleiß von Elastomer auf Metall ist wesentlich komplexer und bis heute nicht ausrei-chend erforscht. Im Folgenden sind die wesentlichen Verschleißeinflüsse im Elastomer-Metall-Kontakt nach [POP10] hergeleitet.

  • 2 Grundlagen und Stand der Technik 19

    Aufgrund der Paarung eines weichen (Dichtung) und eines harten (Flansch) Kontaktpartners entsteht bei Relativbewegung abrasiver Verschleiß an der Dichtung. Abrasiver Verschleiß entsteht, indem die Rauheitsspitzen des härteren Kontaktpartners in das weichere Material eindringen und dort Partikel abtrennen. Sichtbar wird dies an Furchen, die in Gleitrichtung verlaufen. Die Grundidee zur Berechnung abrasiven Verschleißes beruht auf der Annahme, dass das Volumen, das eine Rauheitsspitze durch die Verschleißbewegung zerfurcht, mit dem Verschleißvolumen korreliert. Es hängt daher neben der Bewegung von der Eindringtiefe der Rauheitsspitze ab. Mit Gl. (2.8) lässt sich das Verschleißvolumen abschätzen

    V = kabrκ ∙ FN

    4 ∙ |Ĝ(vk)|∇z∙ x. (2.8)

    mit

    V :

    kabr :

    �̂�:

    v :

    FN :

    x :

    ∇z:

    Verschleißvolumen

    Verschleißkoeffizient, der die Einzelheiten der Geometrie abbildet

    komplexer Schubmodul

    Geschwindigkeit

    Normalkraft im Mikrokontakt

    Scherweg

    quadratischer Mittelwert des Gradienten der Oberfläche

    κ ≈ 2.

    Aus der Gleichung folgt, dass das verschlissene Volumen proportional zum Weg und zu Nor-malkraft ist. Allerdings gilt diese Aussage nur, solange sich die Rauheitstäler nicht mit ver-schlissenem Material füllen. In diesem Fall geht der Verschleiß zurück, weil die Rauheitsspit-zen sich nicht mehr in das weichere Material drücken können.

    Der Term unterm Bruchstrich beschreibt die Härte des Elastomers als Funktion des komple-xen Schubmoduls. Je härter das Elastomer ist, umso geringer ist das Verschleißvolumen. Durch das viskoelastische Materialverhalten von Elastomer sowie die Temperatur- und Fre-quenzabhängigkeit hängt das Verschleißvolumen folglich von der Belastungsfrequenz und der Temperatur im Mikrokontakt ab. Die Belastungsfrequenz hängt wiederum, wie bei der Herlei-tung der Reibung bereits gezeigt, von der Steilheit der Oberfläche ab. Diese wird durch den quadratischen Mittelwert des Gradienten der Oberfläche beschrieben. Je steiler die Flanke eines Mikrokontaktes ist, umso höher ist die Belastungsfrequenz beim Überfahren dieses Mikrokontaktes. Die höhere Frequenz führt dann zu einem Verhärten des Materials und dadurch zu weniger Verschleiß. Dies gilt jedoch nur, solange das Elastomer elastisch bean-sprucht wird. Wird eine kritische Geschwindigkeit vc überschritten oder eine kritische Tem-peratur unterschritten, so wird das bisher elastische beanspruchte Elastomer plastisch ver-formt und der Verschleiß steigt sprunghaft an.

    Der Faktor kabr berücksichtigt, dass nur zu einer bestimmten Wahrscheinlichkeit die Bewe-gung zu Verschleiß führt. Die genannten Effekte bilden die Grundlage für die Verschleißaus-wertung der Scherversuche in Kap. 6.

    2.3.4 Herstellerangaben zum Scherverhalten von Dichtungen

    In den Herstellerangaben finden sich keine für die Beschreibung des Scherverhaltens voll-ständigen Angaben. Selten gibt es Angaben zur zulässigen Scherbeanspruchung einer Dich-tung. Am ehesten finden sich Angaben zum Reibkoeffizient der Dichtung. So bspw. in [VIC04b] für eine gummibeschichtete Metalldichtung.

  • 20 2 Grundlagen und Stand der Technik

    Fazit

    Mit den Herstellerangaben ist es nicht möglich, eine Dichtung gemäß den Anforderungen an ihr Scherverhalten auszuwählen.

    2.4 Geometrische Abweichungen der Dichtfläche

    Wie eingangs beschrieben, weichen Dichtflächen in der Praxis aus verschiedenen Gründen von der idealen Dichtfläche ab. Damit ein Dichtsystem sicher spezifiziert werden kann, muss dichtungsspezifisch bekannt sein, wie groß die zulässigen geometrischen Abweichungen der Dichtfläche sein dürfen, ohne dass die Funktion beeinträchtigt wird. In diesem Kapitel sind zunächst mögliche Abweichungen der Dichtfläche von der Soll-Oberfläche beschrieben. Daran schließt sich eine Recherche an, in der untersucht wurde, welche Angaben über dichtungs-technisch zulässige Abweichungen vorliegen. Sie umfasst die Recherche in Herstellerangaben, in Normen und in der Forschung.

    2.4.1 Beschreibung von Dichtflächen

    Die allgemeine Beschreibung technischer Oberflächen ist in der [DIN 4760] genormt, s. Bild 2.11. Demnach ergibt sich die Ist-Oberfläche durch die Überlagerung von Formabweichungen, Welligkeiten und Rauheiten. Formabweichungen sind an der kompletten Ist-Oberfläche eines Formteils feststellbar, Welligkeit und Rauheit sind hingegen periodische Abweichungen, die jeweils an einem Ausschnitt der Ist-Fläche sichtbar sind. Das Verhältnis von Amplitude zur Wellenlänge ist für die Welligkeit mit 1000…100:1 und für die Rauheiten mit 100…5:1 defi-niert. Ursachen für Formabweichungen an Dichtflächen sind:

    Bearbeitungstoleranzen Nachgiebige Flansche T-Stöße, an denen drei gegeneinander abzudichtende Bauteile zusammentreffen

    (manchmal auch Dreiländerecken genannt) Schwund/Verzug bei Gußteilen

    Bild 2.11: Aufteilung der Ist-Oberfläche

    Oberflächenunvollkommenheiten (SIM, engl.: Surface Imperfection) treten infolge von Guss- und Gefügefehlern in Form von Lunkern, Formtrenngraten, Gasblasen, Ausdrückmarken oder Porosität auf [HAS99]. Weitere Ursachen sind Handhabungsfehler, wodurch Kratzer, Riefen und Dellen auf der Dichtfläche entstehen. Mangelhafte Reinigung, wodurch Späne und andere

    Welligkeit

    Istoberfläche

    Rauheit

    Oberflächenun-vollkommenheiten

    Formabweichung/Ebenheit

  • 2 Grundlagen und Stand der Technik 21

    Verunreinigungen auf der Dichtfläche verbleiben, können weitere Gründe dafür sein. Im Fol-genden wird anstelle von Oberflächenunvollkommenheiten auch der Begriff Fehlstellen ver-wendet.

    Oberflächenunvollkommenheiten sind in der [DIN EN ISO 8785] definiert. Sie sind klar abge-grenzt von der Rauheit oder Welligkeit der Oberfläche [DIN EN ISO 4288]. Sie werden durch die Häufigkeit innerhalb eines Auswertebereiches A, ihrer Länge, Breite und Tiefe beschrie-ben. Unterschieden wird in nach außen, nach innen und kombiniert gerichtete Fehlstellen, s. Bild 2.12.

    Kratzer

    nach innen gerichtet

    Grat

    nach außen gerichtet

    Krater

    kombinierte Ausrichtung

    Bild 2.12: Oberflächenunvollkommenheiten [DIN EN ISO 8785]

    Aus dichtungstechnischer Sicht lassen sich alle genannten Abweichungen nach der Art, wie sie abgedichtet werden können, in zwei Klassen einteilen:

    Abzudeckende Dichtflächenfehler: Sie lassen sich dadurch abdichten, dass ihre Oberfläche in der Dichtflächenebene vollständig durch die Dichtung abgedeckt wird. Beispiele sind Poren oder Lunker, aber auch Grate, sofern sie kürzer sind, als die Auf-lage der Dichtung.

    Auszufüllende Dichtflächenfehler: Sie lassen sich nur dadurch abdichten, dass ihr Querschnitt vollständig von der Dichtung ausgefüllt und verschlossen wird. Beispiele sind Kratzer oder Grate, die eine Verbindung zwischen den beiden gegeneinander ab-zudichtenden Räumen herstellen. Ebenso zählen Unebenheiten Formabweichungen und die Welligkeit dazu.

    Aus obiger Einteilung folgt, dass je nach Gestalt der Oberflächenabweichung unterschiedliche Dichtungseigenschaften zur Abdichtung benötigt werden.

    2.4.2 Zulässige Dichtflächenrauheit und –welligkeit

    Die zulässige Dichtflächenrauheit Ra bzw. Rz ist dichtungsspezifisch. Eine allgemeingültige Norm über die geeignete Oberflächenbeschaffenheit existiert daher nicht. Literaturangaben über die zulässige Dichtflächenrauheit und –welligkeit Wt finden sich überwiegend im Be-reich der Zylinderkopfdichtung, aber auch für andere Dichtungsarten existieren Vorgaben. Hier werden Ra, Rz, Rmax und Wt angegeben. Tabelle 2-2 fasst einige empfohlene Oberflä-chenkennwerte zusammen.

  • 22 2 Grundlagen und Stand der Technik

    Tabelle 2-2: Rauheits- und Welligkeitsangaben zu Dichtflächen in der Antriebstechnik [ELR08; VIC05; BIC97; PAR10; MÜL09; TRE08]

    Dichtung Rz/µm Rmax/µm Ra/µm Wt/µm

    Metall-Elastomer-Dichtung (Einsatz als Zylinderkopf-dichtung)

    11-20 15-20 1,5-3,2 8-10

    Weichstoffdichtung 15-20 20-25 2,5-6,3 8-10

    Elastomerdichtung 6,3 3,2-6,3 0,25-1,6 k. A.

    Anaerobe Flüssigdichtmittel 3-21 4-30 0,8-3,2 k. A.

    Silikone und silikonähnliche Flüssigdichtmittel

    5-90

  • 2 Grundlagen und Stand der Technik 23

    Beurteilung wird hier zwischen Mikro- und Makroporosität unterschieden. Alle Poren, die größer als 0,5 mm sind, werden als Makroporen bezeichnet. Des Weiteren erfolgt eine Klassi-fizierung der Poren mittels eines sogenannten Porositätsschlüssels. Er besteht aus verschie-denen Parametern wie Porenlänge, Abstand benachbarter Poren und Anzahl der Poren, die im Schlüssel jeweils quantifiziert werden. Es handelt sich also um eine Art Bewertungskatalog, mittels dessen der Anwender die Eignung seiner Dichtfläche optisch beurteilen kann.

    Verschiedene unveröffentlichte Werksnormen greifen diesen Schlüssel auf bzw. reduzieren ihn auf die Angaben Porengröße und Porenabstand bspw. [WER].

    2.4.4 Zulässige Unebenheiten auf Dichtflächen

    Der qualitative Hinweis, dass Dichtflächen eben sein müssen, findet sich in nahezu jedem Re-gelwerk über Dichtungen [VDI 2200; BIC97; TIE03], ohne jedoch nähere quantitative Angaben dazu.

    Die nachfolgenden Stellen machen auch quantifizierte Angaben. Die ESA-Richtlinie [ELL00] gibt die maximal zulässige Unebenheit in der Anlagentechnik mit 0,2 mm an der Sitzfläche der Dichtung an und die höchste Parallelitätsabweichung der Dichtflächen mit 0,4 mm über den gesamten Flansch hinweg.

    Die [DIN 28008]für Rohrbündel-Wärmetauscher gibt als Ebenheitstoleranz von Dichtflächen und Druckschrägen am Schwimmkopfrohrboden vor, dass die axiale Höhendifferenz zwischen zwei Punkten nicht mehr als 0,1 % des kürzesten Punktumfangsabstand, auf der Dichtflä-chenmitte gemessen, betragen darf.

    Tückenmantel [TÜC11] greift die DIN 28008 auf und überträgt die dortigen Angaben auf all-gemeine Flanschdichtungen.

    Die meisten quantitativen Angaben existieren jedoch im Bereich der Zylinderkopfabdichtung, s. Tabelle 2-3. Die zulässigen Unebenheiten werden durch die maximale Amplituden bezogen auf die Länge, unterteilt nach Längs- und Querrichtung, angegeben. [ELR04] gibt zusätzlich einen Wert für den Bereich zwischen den Schrauben an, und berücksichtigt damit, dass dort weniger Pressung zur Anpassung der Dichtung zur Verfügung steht. Außerdem wird berück-sichtigt, dass die Unebenheiten beider Dichtflächen addiert werden müssen.

    Zur Abdichtung von T-Stößen existieren ausschließlich Firmenangaben [DRE93; HEN03; VIC04a], in denen dichtungsspezifische Lösungen angeboten werden bzw. im Falle des Einsat-zes von Flüssigdichtmitteln Konstruktionsrichtlinien zur Gestaltung des T-Stoßes vorgestellt sind.

    In [HEN03] sind Angaben zu Dichtflächenunebenheit bei anaeroben Produkten und bei Sili-konen gemacht.

    In Tabelle 2-3 sind die Firmenangaben zusammengefasst.

  • 24 2 Grundlagen und Stand der Technik

    Tabelle 2-3: Zulässige Unebenheiten auf Dichtflächen [BIC97; ELR04; VIC05; HEN03; ELR08]

    Dichtung Amplitude

    / mm bezogene Länge

    / mm Ausrichtung

    Metall-Elastomer-Dichtung

    (Einsatz als Zylinderkopf-dichtung)

    0,05

    0,03

    0,03

    400

    100

    100

    längs zum Motor

    längs zum Motor

    quer zum Motor

    Metallsickendichtung 0,05-0,1 k. A. k. A.

    Weichstoffdichtung

    Elastomerdichtung

    Anaerobe Flüssigdichtmittel 0,1 400 egal

    Silikone und silikonähnliche Flüssigdichtmittel

    0,3 k. A. k. A.

    In [WIM09] wird die Anpassungsfähigkeit von PTFE-, EPDM- und Graphitdichtungen an eine 0,5 mm tiefe Unebenheit mit einem Flankenwinkel von 45° untersucht und die Leckagerate gemessen. In [SEY03] und [REN05] ist die Anpassung von Metallsickendichtungen an Flan-sche mittels der FEA untersucht. Diese sind verschraubt, wobei der Schraubenabstand groß ist, so dass eine stark inhomogene Pressungsverteilung und somit eine unebene Dichtfläche entsteht. Untersucht wurde der Einfluss der Sickengeometrie. Es zeigte sich, dass die Pres-sungsverteilung und damit die Unebenheit durch die Sickengeometrie beeinflusst werden. Je steifer bzw. höher die Sicke war, umso mehr wurde der Flansch dadurch durchgebogen, auch wenn die Pressungsverteilung teilweise besser wurde. Somit lässt diese Arbeit keine Aussage darüber zu, wie sich die unterschiedlichen Sicken einer Unebenheit anpassen, die nicht durch Verformungen, sondern durch Bearbeitungstoleranzen entstanden ist.

    2.4.5 Dichtungstechnisches Fazit

    Die Spezifikation der Dichtfläche muss dichtungsspezifisch oder wenigsten dichtungsartspezi-fisch erfolgen. Für die zulässigen Rauheiten und Welligkeiten finden sich bei den Herstellern und in der Literatur ausreichend Angaben.

    Herstellerangaben zu zulässigen Oberflächenunvollkommenheiten und Unebenheiten auf der Dichtflächen finden sich jedoch nur zu wenigen Dichtungen. Diese berücksichtigen keine Be-triebsbelastung und machen auch nur grobe Angaben zur zulässigen Form der Unebenheit. Zu Oberflächenabweichungen, die im Querschnitt abgedichtet werden müssen, finden sich keine Angaben.

    Forschungsergebnisse zur Abdichtung von unebenen und fehlstellenbehafteten Dichtflächen gibt es nur vereinzelt und auch nur mit Stichprobencharakter ohne systematische Betrach-tung weiterer Einflüsse wie die der Dichtungsart der Betriebsbelastungen. Ein Schwerpunkt der Forschung der letzten Jahre lag im Bereich der Zylinderkopfabdichtung. Hier existieren Angaben darüber, welche Unebenheiten auf Dichtflächen zulässig sind. Eine Verallgemeine-rung der Angaben und Übertragung auf andere Anwendungsfälle oder andere Dichtungsarten ist nicht möglich, weil die Systematik und Hintergrundinformation zu den Werten fehlt. All-gemeine Forschungsarbeiten und Erkenntnisse zu SIM auf Dichtflächen gibt es nicht. Dadurch fehlt eine Systematik zur Beurteilung von Fehlstellen bezüglich ihrer Abdichtbarkeit, weil die vorhandene Literatur lediglich herstellerspezifisches Einzelwissen darstellt.

  • 2 Grundlagen und Stand der Technik 25

    2.5 Analytische Beschreibung der Dichtungsanpassung an Oberflächenunvoll-kommenheiten

    Für die systematische Beschreibung des Anpassungsvorgangs einer Dichtung an unebene o-der fehlstellenbehaftet Dichtflächen lassen sich die Grundlagen der Kontaktmechanik ver-wenden, wenn man den Anpassungsvorgang als das Eindringen der Dichtfläche in die Dich-tung betrachtet. Im Folgenden sind diese hergeleitet [HAH85]. Dabei wird von folgenden Prämissen ausgegangen:

    Linear-elastisches Werkstoffmodell Eindringen eines Körper in einen elastischen Halbraum Kleiner Verformungsbereich im Vergleich zur Gesamtgröße des Körpers Ebener Dehnungszustand.

    Betrachtet wird ein halbunendlicher elastischer Körper mit ebener Oberfläche, ein sogenann-ter elastischer Halbraum, der mit einer Linienlast p(x) in einem Bereich x = -b bis x = a belastet wird. Gesucht sind die Verformung 𝑢𝑧 und 𝑢𝑥 sowie die Spannungen 𝜎𝑥 , 𝜎𝑧 und 𝜏𝑥𝑧 an jedem Ort x. Insbesondere soll die Verformung �̅�𝑧(𝑥) der Oberfläche (z = 0) des elastischen Halb-raumes ermittelt werden. Die Gleichgewichtsbedingungen lauten dann für den ebenen Ver-zerrungszustand

    0 =∂σx∂x

    +∂τzx∂z

    0 =∂σz∂z

    +∂τxz∂x

    (2.9)

    und die Verträglichkeitsbedingung für die Verzerrungen, die sicherstellt, dass kein Loch im Kontinuum auftritt

    ∂2γxz∂x ∂z

    =∂2εx∂z2

    +∂2εz∂x2

    . (2.10)

    Die kinematische Beziehung zwischen Dehnung und Verschiebung unter der Annahme kleiner Dehnungen lautet

    εx =∂ux∂x

    , εz =∂uz∂z

    , γxz =∂ux∂z

    +∂uz∂x

    . (2.11)

    Das Hooke‘sche Elastizitätsgesetz für isotropes und homogenes Material ist

    εx =1

    E[(1 − ν2)σx − ν(1 + ν)σz]

    εz =1

    E[(1 − ν2)σz − ν(1 + ν)σx]

    γxz =1

    Gτxz =

    2(1 + ν)

    Eτxz.

    (2.12)

    Wird die Spannungsfunktion Ф(x,z) folgendermaßen definiert

    σx =∂2ϕ

    ∂z2, σz =

    ∂2ϕ

    ∂x2, τxz = −

    ∂2ϕ

    ∂x ∂z (2.13)

    dann sind die Verträglichkeitsbedingung, die Gleichgewichtsbedingung und das Hooke’sche Gesetz erfüllt, wenn ϕ(x, z) die biharmonische Gleichung

    {∂2

    ∂x2+

    ∂2

    ∂z2} {

    ∂2ϕ

    ∂x2+

    ∂2ϕ

    ∂z2} = 0 (2.14)

  • 26 2 Grundlagen und Stand der Technik

    erfüllt. (Eine Herleitung der Bipotentialfunktion findet sich in [HAH85] S. 105.)

    Zusätzlich müssen die Randbedingungen erfüllt sein. Für den Halbraum bedeutet dies, dass die Oberfläche (z = 0) außerhalb des belasteten Gebietes spannungsfrei sein muss

    σ̅x = τ̅xz = 0 (2.15)

    und innerhalb des belasteten Gebietes

    σ̅x = −𝑝(𝑥)

    τ̅xz = −q(x) für −𝑏 ≤ 𝑥 ≤ 𝑎 (2.16)

    gilt.

    Die normalen und tangentialen Verschiebungen der Oberfläche sind �̅�𝑥(𝑥) und �̅�𝑧(𝑥). Für die Lösung eines Problems müssen zwei der vier Größen �̅�𝑥(𝑥), �̅�𝑧(𝑥), 𝑝(𝑥) und 𝑞(𝑥) gegeben sein. Dabei unterscheidet man nach Johnson [JOH05]

    Erstes Randwertproblem: Die Verteilung der Oberflächenkräfte ist bekannt und die Spannungs- und Verschiebungsverteilung im Inneren eines elastischen Körpers ist ge-sucht.

    Zweites Randwertproblem: Die Verschiebung der Oberflächenpunkte ist bekannt und die Spannungs- und Verschiebungsverteilung im Inneren eines elastischen Kör-pers ist gesucht

    Gemischte Formen: Eine Verschiebungs- und eine Spannungskomponente sind be-kannt.

    Dichtungstechnisch betrachtet ist ein gemischtes Randwertproblem von Bedeutung: Die Normalverschiebung der Oberfläche ist durch die Form der Dichtungsfläche vorgegeben; Die Tangentialspannung ist durch den Reibkoeffizient mit der Normalspannung verbunden oder wird näherungsweise zu Null gesetzt. Gesucht ist die Normalspannung.

    Für die theoretische Betrachtung der Anpassung einer Dichtung an eine Fehlstelle oder Un-ebenheit werden zwei klassische Probleme der Kontaktmechanik herangezogen und anhand von [JOH05] gelöst:

    1. Das Eindringen eines starren ebenen Stösels in einen elastischen Halbraum 2. Das Eindringen einer starren stumpfen Kante in einen elastischen Halbraum

    Die beiden Probleme sind symmetrisch. Betrachtet man jeweils nur eine Symmetrieseite, so kann diese auch als eine Flanke einer Unebenheit oder Fehlstelle angesehen werden. Durch das Hintereinanderschalten von zwei Stöseln oder Kanten erhält man so eine stufige Uneben-heit.

  • 2 Grundlagen und Stand der Technik 27

    Problem 1: starrer ebener Stösel

    Bild 2.13: Eindringen eines starren ebenen Stösels in einen elastischen Halbraum

    Der Stösel, s. Bild 2.13, hat eine Breite von 2a. Es wird von einem in y-Richtung unendlich aus-gedehntem Körper ausgegangen, so dass ein ebener Dehnungszustand angenommen werden kann. Weiter bleibt der verformte Körper stets im Kontakt mit dem Stösel. Daraus folgt die erste Randbedingung

    u̅z(x) = konstant = δz für − 𝑎 ≤ 𝑥 ≤ 𝑎. (2.17)

    Die zweite Randbedingung folgt aus der Annahme, dass zwischen dem Stösel und dem elasti-schen Halbraum keine Reibung wirkt

    q(x) = 0. (2.18)

    Die Normalspannungsverteilung ist dann gegeben durch

    p(x) = P

    π(a2 − x2)1/2 (2.19)

    und die Verschiebung durch

    uz(x) = δz −2(1 − ν2)P

    πE𝑙𝑛 {

    𝑥

    𝑎+ (

    𝑥2

    𝑎2− 1)

    1/2

    }

    ux(x) =(1 − 2ν)(1 + ν)P

    πEsin−1 (

    x

    a)

    (2.20)

    Die Kontaktspannung nimmt zur Ecke des Stösels hinzu. An der scharfen Ecke hat