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MAC ILLUSTRATION: ANDREAS LEITNER; LUKAS ILGNER, WALTER WOBRAZEK (2), SIEMENS ÖSTERREICH, RENÉ PROHASKA, Wer Österreichs Wirtschaft lenkt Von Martina Forsthuber, Thomas Martinek und Peter Sempelmann

Österreichs Wer Wirtschaft lenkt - FASresearch

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Wer Österreichs Wirtschaft

lenkt Von Martina Forsthuber, Thomas Martinek

und Peter Sempelmann

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07 / 2009 Nr. 120
Page 2: Österreichs Wer Wirtschaft lenkt - FASresearch

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51Juli 2009 | trend 7

G eorg Pölzl hat viele Qualitäten, die ihn für den Job des neuen Post-Chefs qualifizieren. Aber die wichtigste ist wohl: Pölzl besitzt ein hoch entwi-

ckeltes Gespür für den gezielten Einsatz von Macht. Im Juni 2005 führte Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll die Handymastensteuer ein. Pölzl, damals Chef von T-Mobile, wollte das nicht schlucken. Von geschickten Be-ratern eingefädelt, fand im zwölften Stock eines Hoch-hauses am Donaukanal in Wien ein diskretes Treffen statt. Und wenig später erschien in Österreichs größter und ein-flussreichster Tageszeitung, der „Kronen Zeitung“, ein Ar-tikel mit der Überschrift: „Österreicher gegen Handymas-tensteuer“. Es sollte nicht die einzige Story mit diesem Tenor bleiben. Der Machtkampf war entschieden: Die Mobilfunker gelobten, ihre Masten in Zukunft gemeinsam zu nutzen, und Pröll trat den geordneten Rückzug an. Am 15. Dezem-ber 2005 wurde im niederösterreichischen Landtag die Handymastensteuer wieder abgeschafft.

Obwohl der Post-Aufsichtsrat gerne ein Loblied auf sei-ne Unabhängigkeit singt: Pölzl würde nicht im Oktober als General eines der wichtigsten heimischen Konzerne antreten, hätten Verbündete nicht für ihn in der ÖVP Stimmung gemacht und hätte er nicht die guten Kontakte zu SPÖ-Kanzler Werner Faymann genützt – kurz ge- >

Page 3: Österreichs Wer Wirtschaft lenkt - FASresearch

A us den vielen VIP-Veranstaltungen sticht jedes Jahr eine Hand voll Events heraus, die mit einer solch geballten Ladung an

Prominenz, Reichtum und Macht aufwarten, dass sie ganz bewusst zum Ziehen des einen oder anderen Fadens aufgesucht werden. Dazu zählt im Jänner Kitzbühel. Die Kitz Race Party am Abend nach dem Abfahrtslauf im WWP-Zelt von Harti Weirather zählt unter an-derem Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz, Telekom-Austria-CEO Han-nes Ametsreiter und Audi-Chef Rupert Stadler zu ihren Stammgästen.

Am roten Teppich bei den Salzburger Festspielen bewegen sich be-vorzugt Siemens-Frontfrau Brigitte Ederer, der scheidende Bank-Aus-tria-Vorstandsvorsitzende Erich Hampel, Verbund-General Wolfgang Anzengruber oder Hannes Androsch. Genauso ist der Opernball ein Fixtermin im Kalender der Mächtigen aus Wirtschaft und Politik. Kanz-ler und Minister nutzen die Gelegenheit, um mit Amtskollegen aus dem Ausland und Wirtschaftskapitänen Verbindungen zu knüpfen. Weniger öffentlich, aber vom Netzwerkfaktor gar nicht hoch genug einzuschätzen sind diverse Veranstaltungen von Raiffeisen-Generalan-walt Christian Konrad: etwa die jährliche Führungskräftewanderung.

Am roten TeppichGala-Empfänge, Festspiele, Partys und Bälle – wo die Mächtigen des Landes ihre Netzwerke festigen.

sagt: wüsste er im diffizilen Spiel der Kräfte nicht trefflich mitzu-mischen. Dieses Spiel um Macht und Geld, um Einfluss und Be-deutung ist eines der spannendsten, das Männer – und immer mehr Frauen – antreibt. Auch wenn niemand das Thema Macht, schon gar nicht die eigene, gerne beim Namen nennt. Christine Bauer-Jelinek, Psychotherapeutin und Leiterin des Instituts für Macht-Kompetenz, meint dazu: „Man muss sich von der Illusion verabschieden, man könnte auch ohne Macht auskommen. Wir alle üben ständig Macht in ihren verschiedenen Facetten aus – bewusst oder unbewusst –, und gerade im Berufsleben ist Macht notwendig, um Interessen gegen einen Widerstand durchzusetzen oder sich gegen fremde Ansprüche zur Wehr zu setzen.“

Siehe den Machtkampf zwischen Pölzl und Pröll. Dass „Krone“-Chef Hans Dichand heute im Bundespräsidenten-Match Erwin Pröll unterstützt und seine Zeitung kürzlich gegen Mobiltelefone wetterte, ist keine Inkonsistenz: Macht wird ausgeübt, wie es in einer Situation nützlich ist.

Wer wie viel Einfluss in Österreichs Wirtschaft hat, lässt sich nicht objektiv festlegen. Jede Analyse hängt davon ab, auf welchen Aspekt von Machtausübung der Schwerpunkt gelegt wird. Aktuell hat Harald Katzmair, Gründer des auf Netzwerkanalysen spezia-lisierten FAS-Instituts, eine aufwändige Landkarte der Machtzen-tralen unseres Landes erstellt (sie liegt auch als Poster dieser trend-Ausgabe bei). Katzmair hat wissenschaftlich fundierte Antworten auf Fragen gesucht wie: Wer hat in Österreich den größten Ein-fluss auf die Entscheidungen der Bundesregierung? Wer sind die Top-Manager, die bedeutenden Unternehmer, die Spitzen von In-teressenverbänden, deren Macht so weit reicht, dass sie die Rah-menbedingungen für die gesamte Wirtschaft mitbestimmen kön-nen? Markus Schindler, Geschäftsführer der PR-Agentur Pleon-Publico, die das Projekt gemeinsam mit FAS umgesetzt hat, erklärt:

„Damit wird erstmals wissenschaftlich verdeutlicht, bei wem man ansetzen muss, um in Österreich konkrete Entscheidungen, kon-krete Interessen durchsetzen zu können.“

Die Möglichkeit, Gesetze beeinflussen zu können, ist einer der wesentlichsten Faktoren von Macht. Deshalb wurden die Ergeb-nisse der umfangreichen Studie als wichtigste Basis für die trend-Liste der hundert mächtigsten Menschen in Österreichs Wirt-

Rasante Partytiger: Casinos-Austria-Generaldirektor Karl Stoss mit Gattin und Tochter bei der exklusiven Race Party in Kitzbühel.

Tanz am Staatsparkett (o.): Magna-Chef Siegfried Wolf mit Unternehmer Wolfgang Porsche am Opernball.

Defilee am roten Teppich bei den Salzburger Festspielen: Siemens-Österreich-Vorstands-vorsitzende Brigitte Ederer mit Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller und Festspiele-Präsiden-tin Helga Rabl-Stadler (v. li. n. re.). Bank-Austria-Boss Erich Hampel mit Gattin.

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RANG

NAME FUNKTION1 Christian Konrad Generalanwalt, Österreichischer Raiffeisenverband2 Hans Dichand Herausgeber, „Kronen Zeitung“3 Ludwig Scharinger VstVors, Raiffeisenlandesbank Oberösterreich AG4 Andreas Treichl VstVors, Erste Group Bank AG5 Christoph Leitl Präsident, Wirtschaftskammer Österreich6 Brigitte Ederer VstVors, Siemens AG Österreich7 Günter Geyer VstVors, Wiener Städtische Versicherung AG

Vienna Insurance Group8 Siegfried Wolf Vorstand, Magna International Europe AG9 Veit Sorger Präsident, Österreichische Industriellenvereinigung

10 Erich Hampel VstVors (bis Herbst 2009), UniCredit Bank Austria AG11 Wolfgang Anzengruber VstVors, Verbund Österreichische Elektrizitätswirtschafts AG12 Walter Rothensteiner VstVors, Raiffeisen Zentralbank Österreich AG13 Franz Rauch Geschäftsführender Gesellschafter, Rauch Fruchtsäfte GmbH & Co14 Stephan Koren VstVors-Stv, Bawag P.S.K. AG15 Erwin Hameseder VstVors, Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien AG16 Franz Gasselsberger VstVors, Oberbank AG17 Claus J. Raidl Präsident Generalrat, Oesterreichische Nationalbank18 Luciano Cirina VstVors, Generali Holding Vienna AG19 Horst Pirker VstVors, Styria Medien AG20 Karl Stoss VstVors, Casinos Austria AG21 Othmar Ederer VstVors, Grazer Wechselseitige Versicherung AG22 Hannes Androsch GF, AIC Androsch International Management Consulting GmbH23 Georg Kapsch VstVors, Kapsch AG24 Karl Samstag Aufsichtsrat, UniCredit Bank Austria AG25 Wolfgang Eder VstVors, Voestalpine AG26 Peter Gaugg VstVors, Bank für Tirol und Vorarlberg AG27 Günter Stummvoll Abgeordneter, Finanzsprecher, Österreichischer Nationalrat28 Gerhard Drexel VstVors, Spar AG29 Hans-Jörg Schelling Verbandsvorstand – Vorsitz, Hauptverband der öst.

Sozialversicherungsträger30 Wolfgang Katzian Abgeordneter, Österreichischer Nationalrat; Vorsitzender, GPA31 Peter Mitterbauer Miba AG; Präsident, Österreichische Industriellenvereinigung32 Fritz Neugebauer Abgeordneter, 2. Präsident, Österreichischer Nationalrat;

Vorsitzender, GÖD; Ex-Vorsitzender, ÖAAB 33 Michael Ikrath Generalsekretär, Österreichischer Sparkassenverband;

Abgeordneter, Österreichischer Nationalrat34 Fritz Grillitsch Präsident, Österreichischer Bauernbund; Stv. Klubobmann,

ÖVP-Parlamentsklub; Abgeordneter, Österreichischer Nationalrat35 Jakob Auer Abgeordneter, Nationalrat; Vorstandsmitglied, Raiffeisenverband36 Oswald Mayr Geschäftsführender Gesellschafter, Pharmazeutische Fabrik

Montavit GmbH37 Brigitte Jank Präsidentin, Wirtschaftskammer Wien38 Ferdinand Maier Generalsekretär, Österreichischer Raiffeisenverband;

Abgeordneter, Österreichischer Nationalrat 39 Karlheinz Kopf Obmann-Stv., ÖVP; Klubobmann, ÖVP-Parlamentsklub40 Ewald Nowotny Gouverneur, Oesterreichische Nationalbank41 Frank Hensel VstVors, Rewe Group Austria 42 Heimo Penker VstVors, BKS Bank AG43 Harald Himmer VstVors, Alcatel-Lucent Austria AG;

Abgeordneter, Österreichischer Bundesrat44 Hans Peter Haselsteiner Miteigentümer Strabag SE

45 Alexander Wrabetz Generaldirektor, ORF46 Werner Muhm Direktor, Arbeiterkammer Wien; Generalrat, Oesterreichische

Nationalbank47 Heinz Kessler AR-Vorsitz, Erste Group Bank AG48 Wilhelm Haberzettl Vorsitzender, FSG; Abgeordneter, Österreichischer Nationalrat;

Verkehrssprecher, SPÖ-Parlamentsklub49 Markus Beyrer Generalsekretär, Österreichische Industriellenvereinigung;

Generalrat, Oesterreichische Nationalbank50 Herbert Kaufmann Vorstandssprecher, Flughafen-Wien AG51 Gerhard Fabisch VstVors, Steiermärkische Bank und Sparkassen AG52 Horst Pöchhacker AR-Vorsitz, Österreichische Bundesbahnen-Holding AG

RANG

NAME FUNKTION53 Wolfgang Ruttenstorfer VstVors und Generaldirektor, OMV

54 Rudolf Zrost Präsident, Industriellenvereinigung Salzburg

55 Bruno Wallnöfer VstVors, Tiwag – Tiroler Wasserkraft AG

56 Dietrich Mateschitz Miteigentümer Red Bull

57 Wolfgang Weidl VstVors, Oberösterreichische Versicherung AG

58 Siegfried Menz Vorstand, Ottakringer Holding AG; GF, Ottakringer Getränkevertriebsgesellschaft m.b.H.

59 Helmut List GF, AVL List GmbH

60 Hannes Ametsreiter VstVors, Telekom Austria TA AG

61 Peter Michaelis Alleinvorstand, Österreichische Industrieholding AG

62 Heinrich Dieter Kiener Geschäftsführender Gesellschafter, Stieglbrauerei zu Salzburg GmbH

63 Werner Tessmar-Pfohl AR-Vorsitz, Sattler AG; Vizepräsident, Industriellenvereinigung Steiermark

64 Hannes Schmid Vorstand, Raiffeisenlandesbank Tirol AG

65 Jürgen Bodenseer Präsident, Wirtschaftskammer Tirol

66 Peter Klugar VstVors, Österreichische Bundesbahnen-Holding AG

67 Wolfram Littich VstVors, Allianz Elementar Versicherungs AG

68 Karl Donabauer Vorstandsmitglied, Österreichischer Raiffeisenverband; HV der öst. Sozialversicherungsträger

69 Herbert Paierl Präsident, Managementclub

70 Arno Gasteiger VstVors, Salzburg AG für Energie, Verkehr und Tele-kommunikation

71 Jochen Pildner-Steinburg Präsident, Industriellenvereinigung Steiermark

72 Klaus Pekarek Stiftungsrat Vors., ORF

73 Karin Exner Wöhrer Salzburger Aluminium AG; Bundesvorstand-Mitglied, Österreichische Industriellenvereinigung

74 Peter Sonnberger Abgeordneter, Österreichischer Nationalrat; Bezirkshauptmann, Urfahr-Umgebung; Klubmitglied, ÖVP-Parlamentsklub

75 Franz Wohlfahrt VstVors, Novomatic AG; Bundesvorstand-Mitglied, Österreichische Industriellenvereinigung

76 Rudolf Fries Anwalt, Investor

77 Wolfgang Hesoun VstVors, Allgemeine Baugesellschaft A. Porr AG

78 Michael Gröller AR-Vorsitz, Mayr-Melnhof Karton AG; RHI AG

79 Wolfgang Hofer AR-Vorsitz, B & C Holding GmbH

80 Siegfried Schluckner FSG-Vorsitzender Stv., ITSV GmbH; Aufsichtsrat im Hauptverband der öst. Sozialversicherungsträger

81 Harald Wanke VstVors, Österreichischer Sparkassenverband

82 Alois Hochegger Vorstand, WKÖ-Bundessparte Bank und Versicherung

83 Gabriele Payr VstVors, Wiener Stadtwerke Holding AG

84 Sonja Zwazl Präsidentin, Wirtschaftsbund Niederösterreich

85 Alois Sundl VstVors, Merkur Wechselseitige Versicherungsanstalt Vermögensverwaltung

86 Peter Koren Vizegeneralsekretär, Österreichische Industriellenvereinigung; Stiftungsrat-Mitglied, ORF

87 Leopold Windtner VstVors, Energie AG Oberösterreich; Präsident, Österreichischer Fußballbund

88 Martin Ohneberg Vorstand, Soravia-Group AG, Österreichische Industriellenvereinigung

89 Wolfgang Leitner Miteigentümer Andritz AG

90 Werner J. Frantsits Präsident, Industriellenvereinigung Burgenland

91 Jodok Simma VstVors, Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank AG

92 Josef Mülner VstVors, Voestalpine Bahnsysteme GmbH

93 Niki Lauda President, Niki Luftfahrt GmbH

94 Julius Marhold VstVors, Raiffeisenlandesbank Burgenland

95 Rudolf Gruber AR-Vorsitz, EVN AG; AR-Vorsitz, Wiener Börse AG

96 Karl Büche Stv. AR-Vorsitz, Vereinigte Kärntner Brauereien AG

97 Herbert Götz VstVors, Österreichische Post AG

98 Ferdinand Lacina Konsulent des Vorstands, UniCredit Bank Austria AG

99 Norbert Zimmermann Miteigentümer Berndorf AG, Österreichische Industriellenvereinigung

100 Christian Pochtler Pochtler Industrieholding AG, Vizepräsident der IV Wien

Die 100 Mächtigsten in der WirtschaftWelche Manager, Unternehmer und Interessenvertreter den größten Einfluss haben.

Juli 2009 | trend 7TITELGESCHICHTE 53

Page 5: Österreichs Wer Wirtschaft lenkt - FASresearch

schaft herangezogen. Das Ranking von Katzmair wurde allerdings adaptiert, weil trend das Kriterium der öko-nomischen Macht stärker gewichtet hat. Ganz nach der erstaunlich logischen Definition des Wissenschafters:

„Macht ist Impact mal Netzwerk. Oder einfach ausge-drückt: Geld mal Beziehungen.“ Der Umsatz einer Fir-ma, die Zahl der gebotenen Arbeitsplätze, der wirt-schaftliche Erfolg eines Unternehmers und seine Bereit-schaft, Geld in verschiedenen Bereichen einzusetzen, haben die – auf Beeinflussung der Bundesregierung fußende – Rangliste an einigen Stellen verändert.

So kam etwa Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz (auf Platz 56) ins Ranking, der Funktionen im politischen Um-feld oder in den klassischen Netzwerken strikt ablehnt. Auch Hans Dichand fehlt in Netzwerk-Analysen, weil der betagte „Krone“-Herausgeber in keinem Machtzirkel Mit-

glied ist – allerdings mit seiner Zeitung nicht nur die Arbeit der Re-gierung, sondern auch ihre Zusammensetzung beeinflusst.

Wie unberechenbar der zweitmächtigste Österreicher ist, zeigt die jüngste Entwicklung. Nachdem die „Kronen Zeitung“ Werner Fay-mann quasi zum Bundeskanzler geschrieben hat, vollführte Dichand nun eine brisante Wende. Er unterstützt das Duo Pröll: Erwin Pröll solle Bundespräsident werden, sein Neffe Josef Bundeskanzler, er-klärte Dichand in einem Interview im eigenen Blatt. Das Land bebte. Nicht ganz zu Unrecht: Dem EU-Rebellen Hans-Peter Martin verhalf die „Krone“ gerade zu einem Wahlsieg. Legendär ist auch die lang-jährige Unterstützung Dichands für Jörg Haider: Erst als der Medien-zar erfuhr, dass der Kärntner Landeshauptmann bei der Fête Blanche

in Velden am Wörthersee prahlte, „Ich habe Dichand in der Tasche“, entzog er ihm seine Gunst.

Der mächtigste Mann in der ös-terreichischen Wirtschaft ist Raiff-eisen-Generalanwalt Christian

Wenn es nach dem Willen der SPÖ geht, dann soll ÖIAG-Chef Peter Michaelis noch

heuer durch einen anderen Manager ersetzt wer-den (auch wenn vor allem die Politik selbst am Ab-sturz der AUA Schuld trägt). Das ändert aber nichts daran, dass Michaelis zu den einflussreichsten Wirtschaftslenkern des Landes zählt. Als Aufsichts-ratsvorsitzender der Telekom Austria, der AUA, der Post und der OMV zieht er die Fäden in einigen der größten Betriebe im Staat.

Im Ranking klar vor Michaelis liegt Siegfried Wolf: Bei ihm ist es die Kombination aus Vorsitzen-dem des Privatisierungsausschusses im ÖIAG-Aufsichtsrat und seiner Top-Funktion beim Weltkonzern Magna (möglicherweise auch bald noch bei Opel), die seine tragende Rolle für Österreichs Wirtschaft definiert. Der ÖIAG-Aufsichtsratsvorsitzende Peter Mitterbauer ver-fügt ebenfalls über allerbeste Kontakte. Er ist Ehrenpräsident der

Industriellenvereinigung, ihm gehört der Autozulieferer Miba AG, er ist Mitglied bei den Rotariern und sitzt auch noch im Auf-sichtsrat von Erste-Bank-Privatstiftung und Oberbank.In prominenter Gesellschaft befindet sich Mitterbauer auch als Mitglied eines sehr illustren Kreises: des Direktoriums des Wiener Konzerthauses. Dazu zählen neben ihm auch Böhler-

Uddeholm-Chef Claus Raidl, Hannes Androsch oder Casinos-Austria-Boss Karl Stoss. Raidl hat innerhalb des Wirtschaftsflü-

gels der ÖVP immer noch viel zu reden (siehe auch seine Funktion im Nationalbankpräsidium). Karl Stoss ist nicht nur im staatsnahen Bereich einer der bestvernetzten Manager des Landes, er beherrscht das Machtspiel mit den wichtigen Kräften des Landes nahezu perfekt

– und gilt in einer neuen Regierung als höchst ministrabel. Weitere mächtige Manager im staatlichen Umfeld sind: Telekom-Austria-CEO Hannes Ametsreiter, der gerade dabei ist, sein politisches Netzwerk zu festigen. Post-Vorstand Herbert Götz ist in der ÖVP bestens veran-kert und galt auch als einer der Kandidaten für den Post-Chefsessel.

Republikaner. ÖIAG-Führungsduo Peter Mitterbauer und Peter Michaelis (1), Magna-Chef und ÖIAG-Privatisierungschef Siegfried Wolf (2), ÖBB-Vorstandschef Peter Klugar (3), Telekom-Austria-CEO Hannes Ametsreiter (4), Post-Vorstands-direktor Herbert Götz (5).

Big Five. Staatsbetriebe

1 Siegfried Wolf, Magna & ÖIAG-Privatisierungsausschuss2 Karl Stoss, Casinos Austria3 Peter Mitterbauer, ÖIAG-Aufsichtsratsvorsitzender4 Hannes Ametsreiter, Telekom Austria5 Peter Michaelis, ÖIAG-Chef

Die Machtforscher. Harald Katzmair (o.), „FAS.research“, untersucht seit Jahren die Netzwerke der Macht in unterschiedlichen Gebieten. Pleon-Publico-Boss Markus Schindler und Co-Geschäftsführer Harald Mahrer unterstüt-zen ihn mit ihren Erfahrungen als Lobbyisten.

Staats-MännerDie Drahtzieher bei den Unternehmen im Einfluss der Republik.

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trend 7 | Juli 200954

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Konrad. In die Analyse von FAS floss ein, wie sehr eine Person zu anderen Personen, Unternehmen und Institutionen vernetzt ist. Und in dieser Disziplin kann keiner im „Netzwerk Österreich“ dem Frontmann des Raiffeisen-Sektors das Wasser reichen. Katzmair:

„Es ist ja auch wichtig, dass jemand zu Machtzentren, die nicht nur mit denen der Branche, in der er tätig ist, zusammenhängen, einen guten Zugang hat. Wer beispielsweise auch stark mit kulturellen und gesellschaftlichen Institutionen verbunden ist, der gewinnt noch weiter an Macht.“

Neben Konrad sind auf den vorderen Rängen auffallend viele weitere Raiffeisen-Manager zu finden, so etwa Oberösterreichs Ludwig Scharinger oder der Generaldirektor der Raiffeisenlandes-bank Niederösterreich-Wien, Erwin Hameseder. „Das spiegelt die Realität wieder. Raiffeisen ist in Österreich eben ein sehr gewich-tiger Machtfaktor“, erläutert Katzmair.

Christian Konrad sagt zum Thema Macht gerne: „Ich bin kein einflussreicher Banker. Ich bin Genossenschaftsfunktionär. Und als solcher Obmann der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich. Und nachdem Niederösterreich Hauptaktionär der Raiffeisen Zentral-bank ist, führe ich dort den Aufsichtsrat. Wenn ich als solcher etwas

beantrage, dann geht das durch. Zweifelsohne.“ Die subtile, lust-volle Koketterie, mit welcher der Generalanwalt seine Bedeutung

in diesem Land herunterspielt, charakterisiert ihn am aller-besten. Konrad ist die Verkörperung der Macht.Die Netzwerkanalyse des FAS lässt auch fünf besonders starke Machtcluster in Österreich zutage treten. Drei regionale Zen-tren kristallisieren sich als besonders einflussreich heraus. Das

Epizentrum liegt dabei in Niederösterreich (siehe Kasten rechts) mit Überlappungen nach Wien und dazu natürlich der Raum

Oberösterreich. Dazu wurden zwei weitere Bereiche geortet, in de-

E iner von den von der Studiengesellschaft FAS identifizierten fünf Machtclustern heißt Niederösterreich, das weit in die Bun-

deshauptstadt hineinreicht – wie Wien umgekehrt bis tief nach St. Pölten. Das wirtschaftliche Herz Niederösterreichs schlägt im Raiff-eisengebäude am Donaukanal im zweiten Wiener Bezirk. Dort sitzt Generalanwalt Christian Konrad, der Herr über die Raiff eisen-Holding Niederösterreich-Wien ist. Und als solcher ist er der Auf-sichtsratsvorsitzende von Raiffeisenlandesbank-Boss Erwin Hames-eder, von RZB-General Walter Rothensteiner, von Agrana-Chef Johann Marihart, von Uniqa-Boss Konstantin Klien und von Leipnik Lundenburger, um nur einige der zahlreichen Beteiligungen zu nen-nen. Konrad kontrolliert eine der größten Unternehmensgruppen des Landes (darunter auch Medienbeteiligungen an trend, „Format“ oder „profil“). Und er verbindet mit seinem Beteiligungsnetz die beiden Bundesländer Wien und Niederösterreich.

In St. Pölten sitzt Erwin Pröll. Der Landeshauptmann von Nie-derösterreich mischt über die Niederösterreichische Landesbeteili-gungs GmbH beim wichtigen Energieversorger EVN mit (dessen Boss Burkhard Hofer ebenfalls ein wichtiges Mitglied des Netz-werks ist), bei der NÖ Hypo-Bank und beim Flughafen Schwechat. Dort setzte Pröll vor ein paar Monaten seinen Landesrat Ernest Gabmann im Alleingang in den Vorstand – was dem Desaster um das neue Terminal Skylink neuen Sprengstoff verlieh.

Doch die Macht in Niederösterreich ballt sich nicht ausschließlich rund um die Achse Giebelkreuz-Pröll: Im niederösterreichischen Wr. Neudorf hat beispielsweise die Rewe Austria ihren Sitz. Rewe-Boss Frank Hensel hat sich, obwohl Deutscher, eine einflussreiche Position erarbeitet. Mit Werner Wutscher holte Hensel einen wich-tigen Verbindungsmann zur Politik in den Rewe-Vorstand. Wut-scher war Mitglied im Kabinett des damaligen Landwirtschaftsmi-nisters Erwin Pröll. Der Kontakt ist bis heute gut. Leo Wallner, Prä-sident des ÖOC und einstiger Boss der Casinos Austria, stammt aus Amstetten und gilt immer noch als einer der einflussreichsten Funktionäre, der in beide politische Lager bestens vernetzt ist.

Die Niederösterreicher. Die geballte Wirtschaftsmacht von Raiffeisen hebt sogar die Grenzen zwischen den Bundesländern auf.

Unterm Giebelkreuz. Raiffeisenboss Christian Konrad mit Erwin und Josef Pröll (großes Bild). Die Raiffeisen-Holding

NÖ-Wien ist auch Haupteigentümer der RZB, die General-direktor Walter Rothensteiner (o. li.) führt. Niederöster-

reichs mächtiger EVN-Boss Burkhard Hofer (o. re.).

„Macht“, sagt Treichl, „ist per se nichts Negatives.

Sie ist aber eine sehr große Verantwortung.

Wenn Macht ohne Sinn eingesetzt wird,

ist sie gefährlich.“Big Five. Große Niederösterreicher

1 Christian Konrad, Raiffeisen-Holding NÖ-Wien2 Erwin Hameseder, Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien3 Frank Hensel, Rewe Austria4 Burkhard Hofer, EVN5 Leo Wallner, Präsident des ÖOC

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trend 7 | Juli 2009 TITELGESCHICHTE56

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Die Wiener Clique. Die SP-Spitze verfügt zwar über gute mediale Kontakte, aber die Wirt-schaftsgranden in ihren Reihen sind rar geworden.

Der Machtcluster Wien spielt sich im Umfeld der SPÖ ab und ist derzeit eng verwoben mit Werner Faymann, der aus der Stadt-

politik kommt. Faymann schaffte mithilfe seines Wahlonkels, „Krone“-Herausgeber Hans Dichand, den Sprung zum Bundeskanzler. Jetzt

scheint es mit der Wahlverwandtschaft vor-bei zu sein. Auch Wolfgang Fellner, Heraus-geber der Tageszeitung „Österreich“, ist Fay-mann seit Langem freundschaftlich verbun-den. Eine zentrale Figur des Wiener Wirtschaftsnetzwerks ist der SPÖ-nahe Günter Geyer, Generaldirektor der Wiener Städtischen; Horst Pöchhacker, Ex-Porr-Chef, gehört ebenso dazu. Diesen setzte Faymann an die Spitze des ÖBB-Aufsichtsrats. Hannes Androsch wurde zum Aufsichtsratschef der Forschungsgesellschaft Seibersdorf gekürt. Auch Dieter Hoscher, Vorstand der Casinos Austria, konsultierte der Kanzler oft. Doch die SP-nahen Wirtschaftsgranden sind rar geworden. „Die SPÖ hat ihre Machtposition in Banken, Versicherungen oder anderen bedeutenden Wirtschaftsunternehmen verloren“, sagt ein SP-naher Berater.

Einflussreiche Positionen haben noch Wolfgang Hesoun, der Pöchhackers Nach-folger im Baukonzern Porr ist, Siemens-

Chefin Brigitte Ederer, Flughafen-Boss Herbert Kaufmann und OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny, der frühere SP-Wirtschaftssprecher und einstige Bawag-Chef. Viel Gewicht in ökonomischen Belangen hat SPÖ-intern der AK-Direktor Werner Muhm, der damit auch eine wichtige Rolle in der staatsnahen Wirtschaft spielt. Im ÖGB profiliert sich am ehesten Wolfgang Katzian, Vorsitzender der Gewerkschaft der Privatan-gestellten. GPA-Bundesgeschäftsführerin Dwora Stein wird in der AK als heiße Nachfolgekandidatin von Präsident Herbert Tumpl gehandelt.

nen sich die Power ballt: der Energie-Sektor sowie der Bereich der staatlichen bzw. teilstaatlichen Unternehmen. Überraschend: die hohe Konzentration einflussreicher Menschen in den Gremien der Fußballvereine (siehe „Der große Kick“).

Wie gewichtig das Wort des obersten Raiffeisen-Bosses ist, zeigt auch das hartnäckige Gerücht, er habe die frühere Staatsanwältin Claudia Bandion-Ortner bei einem Essen gefragt, ob sie nicht das Amt der Justizministerin reizen würde. „Konrad kann mir keinen Ministerposten anbieten“, versucht die nunmehrige Justizministerin die Machtverhältnisse in Österreich zwar zurechtzurücken. Trotz-dem: Konrad ließ öffentlich nie einen Zweifel daran, dass er eine

Hauptstadt-Power. Kanzler Werner Faymann, als ihm Wahlonkel Hans Dichand noch gewogen war (großes Bild). Wiener-Städtische-General Günter Geyer und Flughafen-Boss Herbert Kaufmann (o.). Porr-Chef Wolfgang Hesoun und AK-Mann Werner Muhm (li. u.)

Big Five. Macht im Zentrum

1 Hans Dichand, „Kronen Zeitung“2 Günter Geyer, Wiener Städtische3 Herbert Kaufmann, Flughafen Wien4 Werner Muhm, AK-Direktor5 Brigitte Ederer, Siemens-Vorstand

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Page 8: Österreichs Wer Wirtschaft lenkt - FASresearch

Änderung des neuen Antikorruptionsgesetzes wünsche, das Unter-nehmen auch in ihrer Einladungspolitik bei Events behindert. Und: Eine Entschärfung des Gesetzes durch Bandion-Ortner, die den In-teressen wichtiger Unternehmen sehr entgegenkommt, wurde er-reicht. Sponsoren von Kulturevents wie etwa Uniqa, Telekom Aus-tria oder Casinos Austria können bald wieder leichter mit wichtigen Kunden auf Veranstaltungen, die sie unterstützen, Geschäftsbezie-hungen pflegen.

Denn bei solchen exklusiven Events kommen die Spitzen aus Wirtschaft, Politik und Kultur zusammen – und es werden Ge-spräche geführt, die etwas bewirken. Dies zu erschweren, bezeich-net auch der mächtige Boss von Raiffeisen Oberösterreich, Ludwig Scharinger, sonst nicht immer mit Konrad einer Meinung, als „An-schlag auf die Gemütlichkeit“.

Das zeigt zum einen, dass auch Scharinger ein Meister der Un-tertreibung ist. Es zeigt aber genauso, wie bedeutend Events wie die Salzburger Festspiele, der Opernball oder das Hahnenkamm-rennen in Kitzbühel wirklich sind: als Treffpunkte der Mächtigen, die dort ihre Kontakte festigen. Ähnliches gilt für Mitgliedschaften in Vereinen wie beispielsweise den Rotariern (siehe

Kasten „Räder der Macht“) oder die Zugehörig-keit zur Jägerschaft. Publico-Boss Schindler,

selbst Jäger und Rotarier, sieht das ganz nüch-tern: „Das senkt einfach die Transaktionskos-ten für die Ausübung von Macht. Ich erhalte dadurch nämlich einen viel leichteren Zu-gang zu Personen, die für das, was ich umset-

zen will, wichtig sind.“Ebenfalls typisch: Der mächtigste Mann des

Landes ist auch der größte Zur-Kasse-Bitter Öster-reichs. Legendär sind die von Christian Konrad ini-tiierten Wallfahrten zur Erhaltung der Basilika von Mariazell. Jeden ersten Sonntag im Oktober setzten sich wichtige Persönlichkeiten des öffentlichen Le-

Factum est vita”, die Tat ist das Leben: So lautet der Wahlspruch der Austro-Danubia. Ohne diesen farbentragenden Männerbund hät-

te sich Landeshauptmann Josef Pühringer kein Dienstleistungszentrum leisten können, und die Voest hätte 2003 keinen patriotischen Kern-aktionär bekommen. Die Austro-Danubia wurde in Oberösterreich zeitgleich mit der Johannes Kepler Universität am 7. Oktober 1966 aus der Taufe gehoben. Was sich vor über 40 Jahren feuchtfröhlich unter blau-weiß-rotem Banner zusammenfand, hat im Land ob der Enns mittlerweile mehr Einfluss, als so manchem lieb ist. Das liegt nicht so sehr an Pühringer (er ist nur Ehrenmitglied in der Austro-Danubia), sondern am monetären Landeschef Oberösterreichs, dem Raiffeisen-Chef Ludwig Scharinger, Spitzname: „Luigi Monetti“. Der sammelte eine eingeschworene Truppe um sich, die man in Wien despektierlich als „oberösterreichische Mafia“ bezeichnet: Ihr entstammt Wirtschafts-minister Reinhold Mitterlehner ebenso wie der frühere VP-Verkehrs-

sprecher Helmut Kukacka oder Leo Windtner, der Chef der Energie AG Oberösterreich und seit Kurzem österreichischer Fußballpräsident. Dazu zählen auch Rechtsanwalt Rudolf Fries (einst Böhler-Großaktionär) und Rechtsanwalt Eduard Saxinger, Aufsichtsrat von Asfinag und ÖBB sowie Gesellschafter der LASK Linz Sportveranstaltungs GmbH.

Über seine Fußballbegeisterung dockt an dieses Machtzentrum auch Oberbank-Chef Franz Gasselsberger an. Nicht per bündlerischem Treueeid, aber doch eng mit Scharinger verbunden sind Rechtsanwalt Gerhard Wild-moser, Börse-Vorstand Heinrich Schaller, Wirtschaftskam-mer-Präsident Christoph Leitl – und Schotterbaron Hans Asamer. Der hat im Aufsichtsrat seiner Asamer Holding alle vereint: Wildmoser, Leitl, Scharinger und Oskar Berger (Lkw-Augustin). Wirtschaftlich mit Ludwig Scharinger ver-bandelt ist auch der frühere SPÖ-Finanzminister Hannes Androsch mitsamt seinem mittlerweile da und dort krän-kelnden Unternehmensimperium, an dem mehrfach auch Raiffeisen Oberösterreich beteiligt ist.

Die Oberösterreicher. Eine verschworene Gemeinschaft, die über Landes- und Politikgrenzen Fäden zieht. Im Zentrum: Raiffeisen-Boss Scharinger.

Ober-Österreicher. Landes-hauptmann Josef Pühringer

und Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl sind Teil eines Netz werks, dessen

Einfluss weit über die Grenzen des Bundeslands

hinausreicht.

Big Five. Macht ob der Enns

1 Ludwig Scharinger, Raiffeisenlandesbank OÖ2 Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer3 Hans Asamer, Schotterunternehmer4 Leo Windtner, Energie AG OÖ5 Heinrich Schaller, Börse-Vorstand

Die Trabanten. Oberbank-Vorstand Franz Gasselsberger (o.). Schotterbaron Hans

Asamer (M.), in dessen Aufsichtsrat Leitl, Scharinger und RA Gerhard Wildmoser sitzen.

Bild unten: Energie-OÖ-Boss Leo Windtner.

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Geballte EnergieÖsterreichs Energieversorger sind ein nicht zu unterschätzendes Macht-Biotop.

D er Bestellung von Wolfgang Anzengruber zum Boss der Ver-bundgesellschaft Anfang des Jahres ging ein veritables Polit-

match voraus. Wolfgang Schüssel wollte seine Vertraute Ulrike Baum-gartner-Gabitzer vom Vorstands- in den Chefsessel des wichtigsten Stromkonzerns des Landes hieven. Doch Martin Bartenstein und Ver-bund-Aufsichtsratsboss Gilbert Frizberg hatten sich auf den damali-gen Palfinger-Boss Anzengruber eingeschworen. Gut zupass kam es da, dass sich auch der ehemalige Raiffeisen-Banker und Verbund-Aufsichtsrat Peter Püspök für Anzengruber stark machte.

Die Energiewirtschaft ist in Österreich traditionell eine Spielwiese politischer und wirtschaftlicher Interessen. Die Unternehmen stehen zum größten Teil in öffentlichem Besitz, was eine intensive Mitspra-che diverser Politiker ermöglicht, den Managern aber auch eine be-sondere Stellung im Staat bietet. Am Verbund hält die Republik im-mer noch 51 Prozent. Und so ist der Vorstand mit Johann Sereinig und Christian Kern (beide SP-nahe) sowie Baumgartner-Gabitzer und Anzengruber (beide VP-nahe) paritätisch besetzt. Auch beim niederösterreichischen Energieversorger EVN hält das Land 51 Prozent.

Zu den großen Playern im Energiebereich zählt natürlich auch der Chef der Energie AG Oberösterreich, Leo Windtner, der jetzt als ÖFB-Präsident auch immer stärker landesweit in Erscheinung tritt. Wie eng wirtschaftliche und politische Interessen bei den Energieversor-gern verzahnt sind, musste auch OMV-Boss Wolfgang Ruttenstorfer bereits hautnah erleben. Als er im Mai 2006 Pläne zur Fusion von OMV und Verbundgesellschaft präsentierte, hatte er es verabsäumt, im Vorfeld die Zustimmung der mächtigen Landesfürsten einzu-holen. Das Projekt scheiterte kläglich. Ruttenstorfer wird sein Ziel, einen europaweit konkurrenzfähigen Energiekonzern zu schaffen, nicht mehr weiterverfolgen. Er hat völlig überraschend die Beendi-gung seiner Tätigkeit mit dem Auslaufen seines Vertrags 2010 be-kannt gegeben. Sein derzeitiger Vize, Gerhard Roiss, wird dann die Führung des größten heimischen Mineralölkonzerns übernehmen. Die SPÖ verliert somit einen weiteren wichtigen Einfluss bereich. Denn Roiss gilt als VP-nahe.

Energiebündel. Verbund-Boss Wolfgang Anzengruber (ganz li.) lenkt dank Auf-sichtsratschef Gilbert Frizberg (li.) den Verbundkonzern, Österreichs größtes Stromunternehmen. Rudolf Gruber (o. li.) ist EVN-Aufsichtratschef, OMV-Boss Ruttenstorfer (o. re.) zieht sich bald zurück.

bens um sechs Uhr Früh ins Auto, um pünktlich in Mariazell auf einem Vorplatz der Basilika einer höchst illustren Prozession von rund 300 österreichischen Führungskräften beizuwohnen. Freilich nicht ohne davor 200 Euro für die Erhaltung der Basilika auf ein Konto der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien einbezahlt zu haben. (2007 wurde die Basilika fertig restauriert, nun wird für die Erhaltung des Stephansdoms gespendet und gewandert.) Wel-chen Stellenwert diese Veranstaltung tatsächlich hat, zeigt, dass sich Wolfgang Schüssel 2005 – am Höhepunkt des Wahlkampfs zur Na-tionalratswahl – sogar eigens zur Mittagsrast der Pilgerschar in einem idyllischen Gasthof im Mariazeller-Land bringen ließ.

Big Five. Energiebündel

1 Wolfgang Anzengruber, Verbundgesellschaft2 Wolfgang Ruttenstorfer, OMV3 Gilbert Frizberg, Verbundgesellschaft-Aufsichtsrat4 Rudolf Gruber, EVN-Aufsichtsrat5 Karl-Franz Maier, Energie Stmk. AG

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Vorarlberger sind besondere Men-schen. Ihr Fleiß ist legendär. Dem-

entsprechend hat das westlichste Bundes-land Österreichs starke Unternehmer hervorgebracht: Da wäre zum Beispiel Österreichs Fruchtsaft-König Franz Rauch, der nicht nur gepresstes Obst ab-füllt, sondern auch Red Bull in Dosen fließen lässt. Er ist ein Jagdfreund von IV-Präsident Veit Sorger und sitzt in zahl-reichen Aufsichtsräten: bei den ÖBB, der Treibacher Industrie AG, beim Ziegelher-steller Wienerberger oder der UniCredit Bank Austria. Ähnlich großes Gewicht hat in Vorarlberg der Name der Familie Rhomberg, die im Bau- und Textilge-schäft groß geworden ist. Günter Rhom-berg hat aber als Präsident der Bregenzer Festspiele auch kulturell viel Einfluss. Von Bedeutung sind in Vorarlberg auch die Familien Zumtobel, die Spediteure Sen-ger-Weiss, der Verleger Eugen Russ oder der Beschlägehersteller Blum. Zu den er-folgreichsten Exil-Vorarlbergern gehören der Casinos-Austria-Boss Karl Stoss und der Ottakringer-Chef Sigi Menz.

Die Tiroler Wirtschaft ist von drei ganz großen Namen geprägt. Zum einen von der Industriellendynastie der Swarovskis, deren bedeutendstes Mitglied Gernot Langes-Swarovski ist, aber Sohn Markus führt bereits die Geschäfte des Kristall-konzerns. Das Firmenimperium der

Familie Egger führt Fritz Egger von St. Johann aus. Hilde Schwarzkopf, die Vizepräsidentin der Tiroler In-dustriellenvereinigung, leitet zu-sammen mit ihrem Sohn Georg das weltweit erfolgreiche Metallurgie-

unternehmen Plansee. Zu den Auf-steigern der letzten Jahre in der hei-

mischen Wirtschaftsszene zählt der umtriebige Innsbrucker Immobilien- Unternehmer René Benko, 32. Mit Karl Kovarik als Investor, dem früheren Besit-zer der Stroh-Tankstellen, gelang es Ben-ko, seine Signa Holding in nur sieben Jahren vom Einmannbetrieb zu einer von Österreichs größten Immobiliengesell-schaften mit Projekten in ganz Europa aufzubauen. Unter anderem erwarb er die Bawag-Zentrale in der Wiener City. Benko hat sich konsequent ein höchst einflussreiches Netzwerk aufgebaut. Auch

Die Landeskaiser. Wien ist zwar der Wasserkopf der Macht, aber in allen Bundesländern gibt es eine Reihe wichtiger Unterneh-mer, bei denen viele Fäden zusammenlaufen.

Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer zählt zu seinem Beraterteam.

In der Wirtschaft der Steiermark ist Mayr-Melnhof einer der klingendsten Na-men. Franz Mayr-Melnhof führt den in-ternationalen Verpackungskonzern zwar nicht selber, ist aber in der Betreuung der familieneigenen Forstwirtschaft aktiv. Weitere Drahtzieher in der Steiermark sind Wolfgang Leitner, Miteigentümer der Andritz AG, Helmut List, Chef der AVL List, oder Ex-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein. Ein umtriebiger Mann ist Hans Roth, früher GAK-Präsident und Chef der Roth Heizöle GmbH sowie des Entsorgungsunternehmens Saubermacher. Roth hat auch einen hervorragenden Draht zum steirischen Medienunterneh-mer Horst Pirker, dem Vorstandschef der Styria Medien AG. Der Manager, der un-ter anderem die Tageszeitungen „Presse“,

„Kleine Zeitung“ und „WirtschaftsBlatt“ sowie eine Reihe von Magazinen kontrol-liert, ist Aufsichtsratsmitglied von Sau-bermacher. Auch die Schuhhändler-Dy-nastie Mayer-Rieckh (Humanic) und die

Nachkommen der Kastner&Öhler-Grün-der sind feste Größen innerhalb der stei-rischen Wirtschaft.

In Kärnten laufen viele Fäden beim – eigentlich aus Tirol stammenden – Bau-tycoon Hans Peter Haselsteiner zusammen. Der Vorstandsvorsitzende der Strabag SE hat in den letzten Jahrzehnten einen Bau-konzern von internationalem Format auf-gebaut. Bei öffentlichen Großprojekten führt kaum ein Weg an ihm vorbei, ent-sprechend gut sind Haselsteiners Bezie-hungen zu den Vorständen von ÖBB oder Asfinag. Erwin Hameseder, Chef der Raiff-eisenbank NÖ-Wien, und Magna-Chef Siegfried Wolf haben Haselsteiner auch 2007 geholfen, die Beteiligung des Russen Oleg Deripaska an der Strabag einzufädeln. Allerdings werden diese Aktien im Mo-ment von Raiffeisen gehalten.

Die Brüder Erwin und Hanno Soravia, die der Kärntner Baudynastie Soravia ent-stammen, haben ebenfalls ein weit rei-chendes Netzwerk geknüpft. Ein höchst mächtiger Exil-Kärtner ist der weltweite Siemens-Chef Peter Löscher.

Granden der Provinz. René Benko, Tiroler Immobilienmanager (1), Erwin Soravia, Kärntner Unternehmer (2), Franz Rauch, Vorarlberger Fruchtsaftkaiser (3), Hans Peter Haselsteiner, Vorstand Strabag SE (4), Horst Pirker, Vorstandsvorsitzender der Styria Medien AG (5) und Helmut List, Geschäftsführer AVL List (6).

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Wolfgang Schüssel steht heute im Abseits. Doch der Wirtschafts-bund, aus dem er stammt, hat noch großen Einfluss auf das öko-nomische Geschehen der Republik. Nach der letzten Nationalrats-wahl war dem Steirer Herbert Paierl der Posten des Wirtschaftsmi-nisters zugesagt. Nach einer nächtlichen Sitzung im VP-Klub, in der der Wirtschaftsbund-Präsident Christoph Leitl seine Stimme dagegen erhob, war Paierl den Posten wieder los. Und Wirtschafts-kammer-Generalsekretär Reinhold Mitterlehner wurde Minister.

Während es im schwarzen Lager also durchaus eine große Zahl an Managern, Unternehmern und Interessenvertretern gibt, die Rah-menbedingungen für die Wirtschaft vorgeben, ist das in der roten Reichshälfte kaum mehr der Fall. Die Bank Austria, einstige Hoch-burg der Wirtschaft im sozialdemokratischen Umfeld, gehört der italienischen UniCredit. In der ÖIAG sitzt kein Roter mehr. Selbst die Post bekommt mit Georg Pölzl einen bürgerlichen Boss. Bleiben Siemens-Chefin Brigitte Ederer, Porr-General Wolfgang Hesoun oder Bahn-Aufsichtsrat Horst Pöchhacker, die noch politische Ent-scheidungen beeinflussen können – und auf die der Kanzler gerne hört. Hannes Androsch galt zwar lange Zeit als Schattenfinanzmi-nister und Ratgeber von Werner Faymann. Doch auch diese Verbin-dung hat sich abgekühlt. Und der rosarote ORF-Boss Alexander Wrabetz muss trotz roter Regierung um seinen Posten fürchten.

Im Revier der MachtDie Jäger und Kontakte-Sammler.

Auch Manager, die dem Einflussbereich der SPÖ zuzurechnen sind, haben erkannt, wie bedeutend es ist, Zugang zu den Jagd-Revie-

ren der Macht zu haben. Natürlich ist der Ex-SPÖ-Finanzminister und jetzige Unternehmer Hannes Androsch ein Jäger; genauso die Banker Gerhard Randa oder Erich Hampel. Unter den jüngeren Top-Managern mit roter Einfärbung zählt beispielsweise auch der Verbund-Vorstand Christian Kern zu den passionierten Jägern. Natürlich ist die Jagd aber primär ein Revier der ÖVP. Es ist bekannt, dass Raiffeisen-Boss Christian Konrad auch Landesjägermeister von Niederösterreich ist – und diese Funktion nachhaltig zelebriert. Wenn er selber auf die Jagd geht, ist er auf einen kapitalen Abschuss aus. Zum geschäftlichen Absch(l)uss reicht ihm das Büro. Sagt er. Allerdings ändert das nichts daran, dass gemein-same Jagdausflüge zu den effizientesten Networking-Aktivitäten gehö-ren. Und von vielen Prominenten fleißig dafür genützt werden. Alfons Mensdorff-Pouilly zählt bekanntermaßen zu dieser Art Jagd-Gesell-schaft. Auch Peter Mitterbauer, Hanno Soravia, Wolfgang Leitner, Sieg-fried Wolf, Konstantin Klien, Erhard Schaschl, Thomas Prinzhorn oder Publico-Chef Markus Schindler erlegen bei Jagden nicht nur Wild, son-dern erledigen auch manche gewichtige Angelegenheit.

Doch was machen Jäger in der Schonzeit? Sie treffen sich einmal im Monat zum genauso elitären wie exklusiven Jagdstammtisch. Casinos-Boss Karl Stoss ist der Präsident der illustren Runde, die nicht viel Wert auf Öffentlichkeit legt. Auch Telekom-Manager Michael Fischer, Jungheinrich-Geschäftsführer Christian Erlacher oder Philipp Ita (jetzt ÖBB) – und natürlich Mensdorff-Pouilly – treffen sich in diesem trauten Kreis. Und was treiben diese Waidmänner im urba-nen Revier? „Man trifft sich, bespricht dies und das“, sagt einer, der dazugehört. Auch Geschäftliches? „Oh nein!“, wehrt der wackere Jägersmann entrüstet ab: „Wir sind ja kein Zigarrenklub.“

Waidmänner. Alfons Mensdorff-Pouilly (im Bild links ganz re.) ist ein veritabler Jäger – egal, ob es um Abschlüsse oder

Abschüsse geht. Auch Ex-ORF-Chefin Monika Lindner ist eine begeisterte Jägerin.

Verborgene MachtOswald Mayr (o.) ist der Chef des Pharma-unternehmens Montavit in Absams in Tirol. Bis vor Kurzem war er auch noch Präsident der Industriellenvereinigung Tirols. Doch der studierte Chemiker verfügt immer noch über beste Kontakte zur Wiener Regierung. Jürgen Bodenseer (M.) ist Präsident der Wirtschaftskammer Tirol und sowohl poli-tisch als auch unternehmerisch höchst aktiv. Er vertreibt in Österreich unter ande-rem die Freizeitmodemarke Champion. Jodok Simma (u.) ist als Chef der Vorarlber-ger Landeshypo ein gewichtiger Mann. Doch sein Einfluss reicht auch nach Wien, wo er im Aufsichtsrat der MTH-Holding des ehemaligen ÖVP-Chefs Josef Taus sitzt.

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Direkt an den Schalthebeln der Macht in der Bundeshauptstadt sitzt das

Netzwerk der Rheto-Danubia. Die Ehren-mitglieder dieses Cartellverbands (CV)sind großteils auch unter dem Giebelkreuz vereint: Raiffeisen-Generalanwalt Chris-tian Konrad, RZB-Chef Walter Rothenstei-ner, Raiffeisen-International-Chef Herbert Stepic. Dazu kommt Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll. So viel Prominenz braucht eine Eminenz: Für Christoph Kardinal Schönborn ist das ebenso Ehrensache wie für Ex-Verfas-sungsrichter Karl Korinek und Ex-Wett-bewerbshüter Walter Barfuß.

Die farbentragende Studentenverbin-dung Bajuvaria, zu der auch Böhler-Chef Claus J. Raidl gehört, hat mit Philipp Schulmeister einen guten Draht nach Brüssel, zu Europaparlamentarier Othmar Karas und in die Bundesregierung, wo Bundesbruder Michael Spindelegger als Außenminister wirkt.

Zum einst mehr als einflussreichen Netzwerk der Norica zählen Ex-Verbund-Chef Hans Haider und der frühere Sie-mens-Österreich-General Albert Hochleit-ner. Ihr Schützling Herbert Götz hat es im-merhin in den Post-Vorstand geschafft.

Neben den diversen CV-Verbindungen sind Klubs wie jene der Rotarier Begeg-nungsstätten mächtiger Menschen. Das auf humanitäre und soziale Zwecke ausgerich-

tete, weltweite Rotarier-Netzwerk ist we-niger männerbündlerisch, auch Frauen dürfen Mitglieder sein. Mitt-wochs um 13 Uhr etwa tauscht sich der Rotary Club Wien-Stephansplatz aus, und zwar beim Demel auf dem

Kohlmarkt, dort, wo früher der Club 45 war. Der einflussreiche Personalbera-

ter Philipp Harmer (Egon Zehnder) kann Bundeskanzler Werner Faymann und sei-nen Kabinettschef Josef Ostermayer ebenso antreffen wie Uniqa-Vorstandsmitglied Pe-ter Eichler oder Rechtsanwalt Gerald Ganz-ger (Lansky, Ganzger & Partner). Die weib-liche Prominenz ist ebenfalls beachtlich: Verlegerin Eva Dichand (Gratiszeitung „Heute“), Interio-Chefin Janet Kath, Natio-nalbibliotheks-Chefin Johanna Rachinger, Ex-Ministerin Maria Rauch-Kallat, die Un-ternehmerin und frühere Grün-Abgeord-nete Monika Langthaler oder die Chefin

Zirkel der Macht. Rotary, CV, Freimaurer & Co: Bünde, Clubs und Vereine als machtvolle Netzwerke.

der Wirtschaftskammer Wien, Brigitte Jank. Bunt gemischt ist auch die Society der Rotarier Wien-Hofburg, die sich donners-tags im Wiener Hotel de France einfindet: Raiffeisen-Generalsekretär Ferry Maier, der frühere Telekom-General Boris Nemsic, Peter Koren (Industriellenvereinigung), Christoph Stadlhuber (Bundesimmobilien), Claus J. Raidl (Böhler), Karl Sevelda (RZB) und Andreas Treichl (Erste Bank).

Beim Treffen des RC Wien im Hotel Bristol, donnerstags um 13 Uhr, ist Uniqa-Chef Konstantin Klien vertreten oder Ex-CA-Boss Guido Schmidt-Chiari. Am Frei-tag um 13 Uhr kommt der RC Wien-Ring im Palais Schwarzenberg zusammen. Mit von der Partie: der Präsident der Industri-ellenvereinigung, Veit Sorger, sowie Diet-rich Karner, Aufsichtsratsvorsitzender der Generali Versicherung.

Während in Wien die Rotarier den Ton angeben, trifft sich die Elite in den Landes-hauptstädten eher bei den Lions Clubs (Motto: „We serve“). Der LC Linz zählt bei-spielsweise Oberbank-Vorstand Franz Gasselsberger und Schotterbaron Hans Asamer zu seinen Mitgliedern.

Das Zahnrad als Erkennungszeichen der Rotarier oder das Lions-Abzeichen am Re-vers zu tragen gehört fast zum guten Ton. Freimaurer verhalten sich dagegen diskret.Zur Behauptung, der steirische Finanzlan-desrat Herbert Paierl wäre Freimaurer, sagte dieser, er wäre nur Rotarier. Zu dem Geheimbund gehörten der verstorbene Altbundeskanzler Fred Sinowatz und der Wiener Altbürgermeister Helmut Zilk. Am Einfluss der Freimaurer hat sich nichts ge-ändert. Bekennende Freimaurer sind Ex-Verkehrsminister Rudolf Streicher, Stra-bag-Chef Hans Peter Haselsteiner und Do-nau-Finanz-Gesellschafter Michael Kraus. Der neue Großmeister heißt Nikolaus Schwärzler, ist Landesvolksanwalt von Vorarlberg a. D. und geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Europäischen Om-budsmann-Instituts. Die Zurückhaltung beim offenen Bekenntnis zur Freimaurerei ist allerdings verständlich. Gilt doch selbst heute in wertekonservativ ausgerichteten Unternehmen und Organisationen in Ös-terreich die Zugehörigkeit zum humani-tären Zirkel noch als – wenn auch niemals offen deklarierter – Kündigungsgrund.

Bünde fürs Leben. WK-Wien-Präsidentin Brigitte Jank (1) ist bei den Rotariern, ebenso Verlegerin Eva Dichand (3) und der ehemalige steirische Finanzlandesrat Herbert Paierl (4). Böhler-Chef Claus Raidl (2) ist beim CV Bajuvaria. Der Vorarlberger Rechts-experte Nikolaus Schwärzler (6) ist Großmeister der Freimaurer. RI-Boss Herbert Stepic (5) ist bei der Rheto-Danubia.

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Die FussballerNespresso ist auf dem Weg zur globalen Brand – und Fallbeispiel für einen genialen Marketingerfolg.

Dietmar Ecker, langjähriger Mitarbeiter von Finanzminister Fer-dinand Lacina und jetzt Lobbyist (Agentur Ecker und Partner), sagt unsentimental: „Die SPÖ hat ihre wichtigsten Wirtschaftsunterneh-men und Manager verloren.“

Betrachtet man die Liste der 100 mächtigsten Österreicher in der Wirtschaft, findet sich darauf mancher Name, der auf den ersten Blick nicht gleich mit Macht in Verbindung gebracht wird. Auf den zweiten aber schon. Jodok Simma zum Beispiel ist als Generaldirek-tor der Vorarlberger Landeshypothekenanstalt lediglich regional ein bedeutender Mann. Dass er aber Verbindungen in die MTH Hol-ding und die Unternehmen des ehemaligen VP-Chefs Josef Taus hat, sichert ihm auch in Wien ein gewisses Maß an Einfluss. Oswald Mayr ist mit seinem Pharmaunternehmen Montavit in Absams eine wichtige Wirtschaftsgröße in Tirol. Der vielfach ausgezeichnete Che-miker hat aber außerdem ausgezeichnete Kontakte zu Gesundheits-minister Alois Stöger und ist eine fixe Größe im ökonomisch immer bedeutenderen Gesundheitssystem. Jürgen Bodenseer wiederum ist in Tirol eine berühmte Persönlichkeit: Der Unternehmer (Freizeit-modemarke Champion) ist Präsident der Wirtschaftskammer, Auf-sichtsrat der Hypo-Tirol oder der Congress und Messe GmbH – und hat einen guten Draht zu Wirtschaftskammer-Chef Leitl. Ohne Bodenseer läuft in Tirol wenig.

Zumeist ist die Verquickung von wirtschaftlicher Kraft und po-litischem Einfluss die wichtigste Voraussetzung für die Erlangung echter Macht. Aber es gibt auch Ausnahmen. Andreas Treichl, Chef der Erste Bank, hat es unter die Top Five geschafft, ohne in den üblichen Netzwerken des Landes allzu sehr verstrickt zu sein (sein Amt als ÖVP-Kassenwart liegt länger zurück). Trotzdem war Treichl stark genug, um die politische Begehrlichkeit, die Erste Bank mit Raiffeisen International zu fusionieren, zu verhindern. Treichls Macht heißt internationale Anerkennung: Vor zwei Jah-ren wurde ihm der Chefposten der Dresdener Bank angeboten,

vor Kurzem jener der Schweizer UBS. Und sie heißt Unabhängigkeit: Er lehnte beides ab.

„Macht“, sagt Treichl, „ist per se nichts Nega-tives. Sie ist aber eine sehr große Verantwor-tung. Wenn Macht ohne Sinn eingesetzt wird, ist sie gefährlich.“ l

Der große KickDie VIP-Bereiche der Fußballklubs Austria und Rapid Wien sind heimliche Machtzentren.

Echte Fußballfans, die von der ersten bis zur letzten Minute ihr Team anfeuern, werden nie verstehen, wieso manche, die auf den VIP-Tribünen sitzen, ganze Spiele nahezu regungslos verfolgen. Für die VIP-Gäste ist aber das, was sich am Rasen abspielt, oft tatsächlich nur Nebensache. Die echten Matches wickeln sie – von den Fans un-einsehbar – in den VIP-Räumen der Stadien ab. Der 2005 neu ge-staltete Promi-Bereich des FK Austria Wien bietet rund 340 Personen Platz. Manche Wirtschaftskapitäne sind zwar seit dem Abgang von Magna-Gründer Frank Stronach als Klubpräsident etwas seltener dort anzutreffen. Doch die Sponsoren, allen voran die Verbund-Bosse und deren Gäste, nutzen die Räume ebenso rege zur Kontaktpflege wie das aktuelle Präsidium rund um GPA-Chef Wolfgang Katzian, die Wiener Wirtschaftskammer-Chefin Brigitte Jank und Rudolf Reisner von der Werbeagentur Wirz. Der VIP-Bereich fungiert dabei auch als Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Politik. Die Kuratoriums-Vorsit-zenden des Klubs sind der Wiener Bürgermeister Michael Häupl und

Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl. Harald Himmer, Gene-ral von Alcatel Austria, ist stellvertretender Verwaltungsratsvor-

sitzender. Auch Siemens-Chefin Brigitte Ederer ist der Austria als Kuratoriumsmitglied sehr verbunden.Nicht weniger geschäftig geht es in den VIP-Räumen des SK Ra-pid Wien zu. Im Präsidium des Traditionsvereins sitzen der frü-here Finanzminister Rudolf Edlinger, der Ottakringer-Vorstands-

vorsitzende Siegfried Menz und Max Palla, der Präsident der Inter-national Advertising Associa-

tion. Zum Kuratorium gehören unter anderem Nationalbank-Direktor Peter Zöllner, Porr-Vor-standsdirektor Peter Weber, Wien-Energie-Vorstandsdirektor Friedrich Pink sowie Renate Brauner, Vizebürgermeisterin der Bundeshauptstadt. Alle Funk-tionäre laden regelmäßig ein-flussreiche Gäste zu Fußballspie-len ein, und so sind vor allem die Wiener Großklubs wichtige Um-schlagplätze für gute Kontakte.

Pokalsieger. Vorstand Frank Hensel (Rewe) und der Präsident des FK Austria Wien, Gewerkschafter Wolfgang Katzian (re.)

Das Präsidium des SK Rapid Wien. Ottakringer-Chef Siegfried Menz, Wirtschaftstreuhänder Johann Smolka, Helmut Nahlik (Ex-Chef von Visa Austria), Großgastronom Gerhard Höckner, Präsident Rudolf Edlinger, Rechtsanwalt Nikolaus Rosenauer und Max Palla von der International Advertising Association IAA. ge

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