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kunsttermine DER AUSSTELLUNGSANZEIGER · DEUTSCHLAND · ÖSTERREICH · SCHWEIZ FEBRUAR MÄRZ APRIL 1·2007 MIRKO REISSER

still on and non the wiser - Kunsttermine 01.2007

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Article in the Kunsttermine 01.2007 about the "still on and non the wiser" exhibition at the Kunsthalle Barmen (von-der-Heydt Museum) in Wupperthal / Germany.

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kunsttermineDER AUSSTELLUNGSANZEIGER · DEUTSCHLAND · ÖSTERREICH · SCHWEIZ

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ART COLOGNE, 1. BIS 5. NOVEMBER 2006: ANKLAM, BOUWHUIS, NIEDLING, OPEDAL, SCHINKLAGE OPEDAL, 11. NOVEMBER 2006 BIS 11. JANUAR 2007 – GALERIE ROTHAMEL FRANKFURTSCULPTURE: HOTSPOT DD, 13. JANUAR BIS 1. MÄRZ 2007 – GALERIE ROTHAMEL FRANKFURT

Hans-Christian Schink, 2/23/2006 4:04 pm - 5:04 pm N: 34° 03.712' W: 118° 20.979', 2006, Silbergelatine-Abzug

FAHRGASSE 17, D 60311 FRANKFURT AM MAINFON +49-69-219766 91

KLEINE ARCHE 1 A, D 99084 ERFURTFON +49-3 61-5 62 33 96

WWW.ROTHAMEL.DE

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Die aktuelle Ausstellung in der Kunsthalle Barmen/Von derHeydt Museum Wuppertal ist ein Beleg für die zunehmendeWertschätzung von ›künstlerischem‹, ästhetisch überzeu-gendem Graffiti, das sich im Verbund von ›Street Art‹ einenPlatz in der anerkannten Kunstszene erobert und auf weite-re Entwicklungen Einfluss nimmt. Auch die hierzu in Feuille-tons ausgetragenen Dispute um ›high art‹ oder ›low art‹sowie um illegale und legale Kunst-Aktionen macht deutlich,dass die Sensibilisierung für diese sich neu definierende,authentische sowie äußerst vielseitige Kunst- und Kultur-form unserer Zeit zunimmt. In weltweit vernetzten Strukturen– unter anderem im Internet – lässt sich die Wirkung dieserBewegung bereits länger nachspüren.

Es ist dem Kurator Rik Reinking zu verdanken, für die vonDr. Gerhard Finckh geleitete Ausstellung in der KunsthalleBarmen/Von der Heydt Museum elf außergewöhnlichePositionen aus dem Kreis der jungen, internationalen ›UrbanArt‹ herauszufiltern und Werke vor Ort entstehen zu lassen.Zur Aktion in Wuppertal reisen die Künstler aus der ganzenWelt an.

Die Schau weist den Weg zu einer qualitativen Neubewer-tung der Graffiti als Kunst: Jedenfalls geht mit dem neuen,räumlich-situativen Kontext eines Ausstellungsraums, fürden viele der Werke eigens geschaffen werden, nicht nur dieBefreiung von dem Negativimage der Illegalität einher. DieAnerkennung der authentischen kulturellen Wertigkeit undechten künstlerischen Kreativität solcher Arbeiten lässt nichtlange auf sich warten. Der Kunstmarkt reagiert bereits darauf.

KUNSTHALLE BARMENSTILL ON AND NON THE WISERSTREET ART – GRAFFITI – WUPPERTAL

kuratiert von Rik Reinking

Os Gemeos, mixed media on canvas, 2006

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Herbert Baglione, sem titulo, oil on wood, 2005

Nach wie vor bleibt der formale Bezug zu den ›Popular-kunstwerken‹ der Straße erkennbar. Inhaltlich hat sich eini-ges verändert, seit Graffitis ab Anfang der 1970er Jahre inamerikanischen Großstädten und Anfang der 1980er Jahreauch in Deutschland die Straßen, Wände und Eisenbahn-waggons eroberten. 1975 sprach der französischeMedienphilosoph Jean Baudrillard von Graffiti als ›Aufstandder Zeichen‹ – als Medium derer, die in postindustriellenMetropolen nur als Konsumenten zählen. Allerdings ist die-ser Aufstand längst nicht mehr (nur) Subkultur. Den Schrittder Sprüher von der Straße in die Galerien und Museenhaben vor der heute gefragten, jungen Generation schonfrüher ehemalige Graffiti-Künstler wie Keith Haring undJean-Michel Basquiat mit einer ganz persönlichen, unge-wohnten Bild-Ästhetik geschafft.

Seit ein paar Jahren nutzen eine Reihe junger Kreativer die›Street Art‹ und mit ihr das ›Graffiti‹ als Plattform für neueinhaltliche, technische und die Gestaltung betreffendeAnsätze. Die als zu eng empfundenen Regeln der die Graf-fiti-Kunst prägenden HipHop-Kultur haben sie hinter sichgelassen. Und sie markieren nicht mehr nur ihr Terrainbeziehungsweise okkupieren es durch ›Pieces‹ (großfor-matige Wandbilder) oder ›Tags‹ (Schriftzüge, Signaturen).Vielmehr treten sie in Dialog mit der urbanen Zeichenwelt,verdrehen deren Bedeutungen mit Witz und Verve und lei-sten so oftmals einen durchaus als ›politische Kunst‹ zubezeichnenden Beitrag. Doch gerade der Charakter derSubversivität von ›Street Art‹ hat in den letzten 30 Jahreneine gravierende Änderung erfahren, wenngleich die Jun-gen ihre Untergrundexistenz weiterhin pflegen und sichoffen halten.

Eine schier unendliche Erweiterung der Kunstdisziplinenkennzeichnet die Arbeit jener ›Street Art‹-Aktionisten. Beider Wahl der Mittel und des Vokabulars spielt weiterhin derKontext eine entscheidende Rolle – egal ob auf der Straßeoder im Museum. Jene die ›Street Art‹ kennzeichnendeFlexibilität, Unbestimmbarkeit und Freiheit wird in die Aus-stellungsräume mit hineingenommen, wenngleich die im

Außenbereich verwendeten Zeichen und Bilder im Vergleich zu jenen der Indoor-Kunstwerke eineandere, vielleicht rebellischere Seite besitzen. Die für die Ausstellung in der Kunsthalle Barmen/Vonder Heydt Museum ausgewählten elf internationalen Künstler zeigen, dass sie sehr wohl noch Graf-fiti-Künstler sind. Im Lauf der Jahre haben sie gelernt, andere Vorbilder als die der Straße in ihre Arbeitzu integrieren und diese zu verarbeiten. Werke der Bildenden Kunst etwa bieten eine solche Orien-tierungshilfe oder die neuen Kommunikationsformen im Internet. Jedenfalls unterstützt die Ausein-andersetzung damit den Prozess, sich von dem der Szene eigenen Vokabular zu emanzipieren. Diesejungen Wilden wollen auf diese Weise sowohl formal als auch im künstlerischen Ausdruck weiter kom-men und ergründen dazu unablässig neue Möglichkeiten. In den Arbeiten soll aber sichtbar bleiben,wo die Wurzeln liegen. Gerade aus diesem Grund werden überwiegend Arbeiten vor Ort realisiert.Die typische Frische der ›Street Art‹ bleibt somit erhalten.

Herbert Baglione, untitled, spraypaint on wall, outside

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Über die Virtuosität und die malerische Sprache des Graf-fiti geben die in Wuppertal zu sehenden Werke der um die30/35-jährigen Graffiti-Künstler hinreichend Auskunft. Inden Leinwandbildern von DAIM (Mirko Reisser) wirken diewilden ›Styles‹ der Straße fort und belegen seine Suchenach neuen Darstellungsformen. Die völlig frei erschei-nenden, aber in Wirklichkeit verschiedenen Abwandlungender immer weiter dynamisierten Farben und Buchstabenseines Namens DAIM erschließen neue imaginäre Räume.Der Schweizer PIUS PORTMANN verschiebt mit seinemStil die Grenzen des Graffiti. Er hat vor über 5 Jahren Figu-ren geschaffen und arbeitet heute, in Auseinandersetzungmit traditionellen Maltechniken, vor allem mit Pinsel undFarbe. Den städtischen Raum reflektiert STOHEAD(Christoph Hässler) kritisch. Wie in einem Sprayeralb-traum tauchen bei ihm seltsame Wesen auf, mensch-tie-rische Mischgestalten, die dem Comic entflohen odervom Alltag deformiert sind. Sie können aus der Fläche zuPlastiken mutieren. Die brasilianischen Künstler HERBERTBAGLIONE und die Zwillinge OS GEMEOS wie auch deraus China stammende DANIEL MAN veranschaulichen,wie sich kulturelle Unterschiede in den Darstellungenniederschlagen. Arbeiten, die Tendenzen minimalistischerMalerei weiterentwickeln und dabei die Herkunft desGraffiti thematisieren, zeigt HEIKO ZAHLMANN. Konzep-tionelle Ansätze lassen sich bei ZEVS konsumkritischenProjekten ebenso finden wie in der Arbeit des FranzosenTILT, der Graffiti und Fotografie verbindet und inhaltlichdas Klischee des weiblichen Sexsymbols verarbeitet.Ebenfalls mit dem Bild der Frau befasst sich die KünstlerinMISS VAN aus Frankreich. Sie wählt mit ihren bunten,puppenhaften, gelegentlich an Mangas erinnernde Por-träts eine Darstellungsweise, die mit unterschwelligenGefühlen spielt. Dass sich die gezeigten Künstler von denvermeintlichen Gattungsgrenzen nicht einengen lassen,sondern diese phantasievoller und frecher manipulierenals manche ihrer Künstlerkollegen, verdeutlicht auch derBeitrag von TASEK (Gerrit Peters), der eine Installation inden Räumen des Museums errichtet.

Die jungen Künstler sprengen die gängigen Graffiti-Kon-ventionen und Rituale mit innovativen Ideen und sendenneue Impulse aus. Die Präsentation im Rahmen einerKunstausstellung, wie nun in Wuppertal, funktioniert aufder Basis einer gezielten Transformierung. Die Künstlermachen ihre Art der Kunst jenseits der Straße und desAkademischen ausstellbar. Und sie ermöglichen dadurchden Besuchern eine neue Form der Wahrnehmung einerexperimentierfreudigen ›Urban Art‹.

:: Franz-Xaver SchlegelDaniel Man, jetzt die fünfte, mixed media, Grösse variabel , 2006

Still on and non the wiserStreet Art – Graffiti – Wuppertalkuratiert von Rik Reinking 11.2.-6.5.www.stillonandnonthewiser.com

Kunsthalle im Haus der Jugend BarmenGeschwister-Scholl-Platz · D-42275 WuppertalDi-So 11-18 h · T +49 · (0)202 · 563 65 71

Von der Heydt-MuseumDi-So 11-18, Do 11-20 hTurmhof 8 · D-42103 WuppertalT +49 · (0)202 · 563 62 31 · F -563 80 91www.von-der-heydt-museum.de

Zu der Austellung erscheint ein Katalog

HERBERT BAGLIONEDAIMOS GEMEOSDANIEL MANMISS VANPIUS PORTMANNSTOHEADTASEKTILTHEIKO ZAHLMANNZEVS

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STOHEAD (Christoph Hässler), 3 canvases king kerosin, soul strip, blue laguna, mixed media on canvas, each 140 x 70cm, 2005

street art – graffiti – wuppertal11.02. – 06.05.2007

kuratiert von Rik Reinking

Kunsthalle BarmenGeschwister Scholl Platz 4–6 ·D-42275 Wuppertal

Di – So 11–18 Uhrwww.von-der-heydt-museum.de

Zu dieser Ausstellung erscheint eine Arbeit von Mirko Reisser›DAIM – all directions‹ 2006

lambda c-print auf Aludibond, mattlaminiert29,7 x 21 cm, ed A–Z + 3, EUR 300,-

www.pure-edition.com