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12 Herausforderungen und Lösungswege bei der optimalen Umsetzung eines betrieblichen IT-Projektportfolios durch konsequentes Ressourcenmanagement Martin Gärtner Inhaltsverzeichnis 12.1 Vorstellung der Telefónica Germany .................................. 250 12.2 Projektumfeld ................................................. 250 12.3 Projektmanagement im Bereich der O2 -IT .............................. 251 12.3.1 Projektorganisationen im Bereich Service Technology ............... 251 12.3.2 Projektmanagement-Standards und Berichtswege .................. 252 12.4 Umsetzung des betrieblichen IT-Projektportfolios im Rahmen der O2 -Roadmap .... 254 12.4.1 Definition und Beispiele der IT-Roadmaps ....................... 254 12.4.2 Der Roadmap-Entwicklungsprozess ............................ 255 12.4.3 Roadmap-Performance .................................... 256 12.4.4 Projektabwicklung im Rahmen des O2 -Produkt- und Systementwicklungs- prozesses .............................................. 258 12.4.5 Struktur der O2 -Projekte mit IT-Auswirkungen .................... 259 12.4.6 Das Spannungsfeld der Entwicklung neuer Produkte und der Stabilität der vorhandenen IT-Systeme ................................ 260 12.5 Implementierung eines Ressourcenmanagementprozesses ................... 261 12.5.1 Ziele des Ressourcenmanagementprozesses ....................... 261 12.5.2 Regelkreis des Ressourcenmanagementprozesses ................... 262 12.5.3 Kritische Erfolgsfaktoren und Hürden bei der Einführung des Ressourcen- managementprozesses ..................................... 263 12.5.4 Toolunterstützung ........................................ 264 12.5.5 Entscheidungsprozesse zur Freigabe von IT-Auſträgen auf Basis der Ressourcenlage ....................................... 264 12.5.6 Prognose des zu erwartenden Auſtragsbestands .................... 265 12.5.7 Plan versus Ist – Verbesserung der Planungsqualität ................. 266 12.6 Fazit und Ausblick .............................................. 267 M. Gärtner (B) Telefónica Germany GmbH & Co. OHG, ST-PT Portfolio and Resources, Georg-Brauchle-Ring 23–25, 80992 München e-mail: [email protected] 249 F. Ahlemann, C. Eckl (Hrsg.), Strategisches Projektmanagement, DOI 10.1007/978-3-642-34761-0_12, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

Strategisches Projektmanagement || Herausforderungen und Lösungswege bei der optimalen Umsetzung eines betrieblichen IT Projektportfolios durch konsequentes Ressourcenmanagement

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12Herausforderungen und Lösungswege bei deroptimalen Umsetzung eines betrieblichenIT-Projektportfolios durch konsequentesRessourcenmanagement

Martin Gärtner

Inhaltsverzeichnis

12.1 Vorstellung der Telefónica Germany . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25012.2 Projektumfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25012.3 Projektmanagement im Bereich der O2-IT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251

12.3.1 Projektorganisationen im Bereich Service Technology . . . . . . . . . . . . . . . 25112.3.2 Projektmanagement-Standards und Berichtswege . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252

12.4 Umsetzung des betrieblichen IT-Projektportfolios im Rahmen der O2-Roadmap . . . . 25412.4.1 Definition und Beispiele der IT-Roadmaps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25412.4.2 Der Roadmap-Entwicklungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25512.4.3 Roadmap-Performance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25612.4.4 Projektabwicklung im Rahmen des O2-Produkt- und Systementwicklungs-

prozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25812.4.5 Struktur der O2-Projekte mit IT-Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25912.4.6 Das Spannungsfeld der Entwicklung neuer Produkte und der Stabilität

der vorhandenen IT-Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26012.5 Implementierung eines Ressourcenmanagementprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261

12.5.1 Ziele des Ressourcenmanagementprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26112.5.2 Regelkreis des Ressourcenmanagementprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26212.5.3 Kritische Erfolgsfaktoren und Hürden bei der Einführung des Ressourcen-

managementprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26312.5.4 Toolunterstützung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26412.5.5 Entscheidungsprozesse zur Freigabe von IT-Aufträgen auf Basis

der Ressourcenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26412.5.6 Prognose des zu erwartenden Auftragsbestands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26512.5.7 Plan versus Ist – Verbesserung der Planungsqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . 266

12.6 Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267

M. Gärtner (B)Telefónica Germany GmbH & Co. OHG, ST-PT Portfolio and Resources, Georg-Brauchle-Ring23–25, 80992 Münchene-mail: [email protected]

249F. Ahlemann, C. Eckl (Hrsg.), Strategisches Projektmanagement,DOI 10.1007/978-3-642-34761-0_12, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

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12.1 Vorstellung der Telefónica Germany

Telefónica Germany ist Teil der weltweiten Telefónica Group.Mit 285 000Mitarbeitern bie-tet sie als eines der größten integrierten Telekommunikationsunternehmen ihren Kundenmit mehr als 300 Millionen Kundenanschlüssen in 26 Ländern Lösungen rund um Kom-munikation, Information und Entertainment. Die Geschäftsaktivitäten verteilen sich aufzwei Regionen: Europa einschließlich Spanien sowie Lateinamerika. In China ist Telefóni-ca durch eine strategische Partnerschaft mit China Unicom vertreten. Übergreifend überalle Regionen erarbeitet die neu gegründete Division Telefónica Digital mit Sitz in Londonneue strategische Geschäftsfelder im digitalen Umfeld.

Telefónica Germany hat Ende 2011mehr als 21Mio. Kunden (24Mio. Kundenanschlüs-se) mit einem Gesamtumsatz in Q3/2011 von 1,265 Mrd. €. Das Unternehmen beschäftigtin Deutschland mehr als 5000 Mitarbeiter/innen und bietet seinen Privat- wie Geschäfts-kunden Post- und Prepaid-Mobilfunkprodukte sowie innovative mobile Datendienste an.Darüber hinaus stellt Telefónica Germany als integrierter Kommunikationsanbieter auchDSL-Festnetztelefonie und Highspeed-Internet zur Verfügung.

Das Telefónica Netz in Deutschland ist eines der modernsten Daten- und SprachnetzeEuropasmit mehr als 17 800 GSM- und 10 800 3G-Basisstationenund nahezu 100-prozen-tiger Bevölkerungsabdeckung für Mobile Voice und Mobile Data. Derzeit baut TelefónicaGermany dasMobilfunknetz der nächsten Generation mit dem neuenMobilfunkstandardLTE auf.

12.2 Projektumfeld

IT-Projekte in einem dynamischen Umfeld wie dem des Telekommunikationsmarkts hat-ten zu Beginn des Booms Ende der 90er Jahre zunächst die Aufgabe, schnell zu liefern. Dererste zu sein auf dem hart umkämpften Markt war entscheidend für den Unternehmens-erfolg. Ressourcen und Kosten waren zweitrangig, fehlende Lieferqualität konnte nachge-bessert werden.

Mittlerweile bewegen sich die Telekommunikationsunternehmen weltweit in einem ge-sättigten Markt. Die Kundenbedürfnisse stehen im Fokus und die Konkurrenten müssensich differenzieren umamMarkt bestehen zu können. Die Forderung an die IT nach immerkürzeren Produktentwicklungszyklen besteht weiterhin. Hinzu kommen nun hohe Anfor-derungen an die Lieferqualität, die Liefertermintreue, die strikte Einhaltung von Budgetsund die Erfüllung von Service Level Agreements zwischen der IT und den Geschäftsberei-chen.

Die IT-Einheiten unterziehen sich Benchmarks, um nachzuweisen, dass sie wirtschaft-lich und zielgerichtet arbeiten. Sie reagieren mit Outsourcing-Konzepten um dem gestie-genen Kostendruck zu begegnen und starten Initiativen zur Steigerung der Effizienz. Soentsteht ein Spannungsfeld zwischen den Anforderungen an die IT-Projekte, termin-, bud-get- und qualitätsgerecht zu liefern und den tatsächlich zur Verfügung stehenden Ressour-

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12 Optimale Umsetzung durch konsequentes Ressourcenmanagement 251

cen – ein Spannungsfeld auch zwischen Projekt- und Linienorganisation. Als Folge wirdes notwendig, die Verteilung der knappen Ressourcen zu verstehen und einen Prozess zuetablieren, der Projekten verbindlich Ressourcen zusichert und der Linienorganisation dieTransparenz über die Auslastung der (Projekt-)Mitarbeiter bietet.

Diese Fallstudie zeigt am Beispiel zweier, um dieselben Ressourcen konkurrierenderIT-Projektportfolios, der „O2-Roadmap“ und der betrieblichen „TO (Technology Operati-ons)-Roadmap“, wie vom Einsatz eines Ressourcenmanagement-Prozesses Projekte, Pro-jektmanager, Linienorganisationen, Linienmanager undMitarbeiter profitieren. Beide Pro-jektportfolios dienen der kontinuierlichen Implementierung neuer Produkte und Tarifein den IT-Systemen (O2-Roadmap) und setzen Maßnahmen um, die die Stabilität undSkalierbarkeit der IT-Systeme sicherstellen (TO-Roadmap). Als Beispiel aus der jüngerenVergangenheit sei die Einführung des O2-Produkts „O2o“ und ein parallel laufender Up-grade von Server-Datenbanken und -Betriebssystemen genannt.

12.3 Projektmanagement im Bereich der O2-IT

Das Projektmanagement in der O2-IT orientiert sich in Ausbildung und Durchführungan den Standards der großen Projektmanagement-Organisationen. Die Projektmanage-ment-Ausbildung und -Zertifizierung erfolgt imRahmen einer O2-Fachlaufbahn nach denRichtlinien der International Project Management Association (IPMA, Level A-D).

12.3.1 Projektorganisationen im Bereich Service Technology

Die O2-IT (Service Technology) ist nach dem klassischenPlan-Build-Test-Run-Aufbau or-ganisiert (Abb. 12.1). Die Gruppen Delivery Management und Project Management sindverantwortlich für die Umsetzung von Projekten im Rahmen des O2-Produkt- und Syste-mentwicklungsprozesses (siehe Abschn. 12.4).

Die Gruppe Delivery Management verantwortet in der Regel entwicklungsgetriebeneProjekte mit Auswirkungen auf O2-Produkte und -Tarife. An diesen Projekten sind SupplyUnits aus Entwicklung (Build), Test undBetrieb (Run) beteiligt, dieGeschäftsapplikationenweiterentwickeln und testen, und die anzupassende IT-Infrastruktur bereitstellen.

Die Gruppe Project Management führt dagegen vornehmlich betriebsrelevante Infra-strukturprojekte aus. Diese werden aus dem Bereich Technology Operations (TO) herausbeauftragt. Die Supply Units Entwicklung und Test sind bei typischen Infrastrukturprojek-ten nicht beteiligt. Bei Bedarf werden aus derGruppe ProjectManagement Teilprojektleiterfür Delivery Management-Projekte abgestellt.

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Plan

Portfolio Management

DeliveryManagement

Build Test Run

Project Management

O2 IT Service Technology (ST)

Technology Operations (TO)

Abb. 12.1 Projektmanagement innerhalb der O2-IT-Organisation

12.3.2 Projektmanagement-Standards und Berichtswege

Die geltenden Richtlinien zur Vorgehensweise im O2-Projektmanagement und die damiteinhergehenden Templates werden im Bereich Corporate Quality gepflegt und im O2-In-tranet veröffentlicht. Unterteilt in drei Phasen sind dies:

Projektauftrag: Bestimmen des Projektgegenstandes; Abklären der Ausgangssituationund Hintergründe; Definition der Projektziele; Abklären der organisatorischen Rah-menbedingungen.

Projektplanung: Ermittlung der Anfangs-, Endtermine; Zerlegung des Gesamtprojektsbis auf Arbeitspaketebene; Beschreibung von Aufgabeninhalt und -umfang; detail-lierte Planung der Aktivitäten; Festlegung, wer an welchen Arbeitspaketen beteiligtist; Schätzung von Kapazität und Kosten; Beurteilung und Bewertung der Risiken;Meeting-Übersicht.

Projektsteuerung: Projektkommunikation; Sammlung der vereinbarten Informationen;Änderungsmanagement; Soll-Ist-Vergleich; Reporting und Einleitung von Steuerungs-maßnahmen; Projektabschluss.

Projektleiter können je nach Projekt (Komplexität und Zusammensetzung) festlegen,welche Schritte und Vorlagen in welchem Umfang zum Einsatz kommen. O2-Projekte mitAuswirkungen auf die IT werden je nach Komplexität und Dauer in vier Kategorien unter-teilt (Abb. 12.2). Komplexe Projekte führen zu einem Projektergebnis für das keine Stan-

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12 Optimale Umsetzung durch konsequentes Ressourcenmanagement 253

Abb. 12.2 Verteilung der O2-IT-Projekte nach Komplexitätund Dauer Hohe

Komplexität

Kategorie 2: 30% Kategorie 4: 10%

Niedrige

Komplexität

Kategorie 1: 40% Kategorie 3: 20%

Kurze Laufzeit

(bis max. 6 Monate)

Lange Laufzeit

(>6 Monate bis ca. 2 Jahre)

Abb. 12.3 Fortschritte vonProjekten in den Kategorien 1bis 3 werden über die StandardReporting Line berichtet

ProjectManager

QuarterManager

DeliveryBoard

ITBoard

Fortschri� pro ProjektBudget, Timeline, Qualität, Scope

Fortschri� pro Liefer-quartalBudget, Timeline,Qualität, Scope

Management Zusammenfassungenund Entscheidungen

Kunden (Demand) IT-Liefereinheiten Lieferanten

Lenkungsausschuss(Senior Management)

Interner IT Kunde

Demand Mgr / Project Mgr

Stream Leads

Spezialisten

Gesamtverantwortlicher Project ManagerDemand

Manager

IT Stream LeadsDemand

Project Manager

Andere o2 Liefereinheiten

Andere o2 Stream Leads Stream Leads

Lieferanten

Project ManagerLieferanten

Sponsor (Demand ) Sponsor (IT)

Abb. 12.4 Allgemeine Projektorganisation insbesondere für Kategorie-4-Projekte

dardlösungen bekannt sind, Zudem erfordern sie externe Zulieferungen. Projekte in denKategorien 1 bis 3 werden im Rahmen der Standardlieferprozesse abgewickelt und regel-mäßig erfolgt eine Berichtsübermittlung an bestehende Gremien (Abb. 12.3). Eine Beson-derheit stellt die Rolle des Quarter Managers dar, der eine „Ende-zu-Ende“-Verantwortung

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ab der Freigabe eines Projekts bis zur Implementierung für alle Lieferungen eines Quartalshat. Projekte der Kategorie 4 (hohe Komplexität, lange Laufzeit) benötigen individuelleVereinbarungen hinsichtlich der Lieferzyklen und der Berichtslinien (Abb. 12.4).

12.4 Umsetzung des betrieblichen IT-Projektportfolios im Rahmender O2-Roadmap

Aus Sicht von Technology Operations (TO) gibt es zwei wesentliche IT-Projektportfolios,sogenannte Roadmaps, deren Umsetzung nennenswerte TO-Ressourcen binden. Die zen-traleO2-Roadmap beinhaltet alle Produktentwicklungsprojekte eines Jahres. Ihr gegenübersteht die TO-Roadmap mit dem betrieblichen IT-Projektportfolio, das in erster Linie zurSicherstellung des IT-Betriebs dient. Projektaufträge beider Roadmaps konkurrieren umdieselben Ressourcen.

12.4.1 Definition und Beispiele der IT-Roadmaps

12.4.1.1 Die TO-RoadmapProjekte auf der TO-Roadmap sind in erster Linie dazu da, einen stabilen, leistungsfähi-gen und sicheren Betrieb aller IT-Systeme zu gewährleisten. Dazu gehören in regelmäßigenAbständen der Austausch vonHardwarekomponenten (Netzelemente, Server und Storage-Systeme), Betriebssystem- und Datenbank-Upgrades, die Implementierung und Aktua-lisierung von betrieblichen Applikationen und/oder die Berücksichtigung von Security-Vorgaben. Beispiele sind das Update der User-Verwaltung, die Optimierung der Job-Ver-waltung, die Einführung eines neuen System-Monitorings, der Ausbau der ConfigurationManagement Database oder das Update von Messaging- und Office-Systemen.

Darüber hinaus befinden sich auf der TO-Roadmap Projekte, die die Skalierbarkeit dergesamten IT-Infrastruktur vor dem Hintergrund des geplanten Kunden- und Mitarbeiter-wachstums sicherstellen. Hierzu zählen die Einführung neuer HW-Konzepte (z. B. Server-und Cluster-Virtualisierung), das Redesign und die Konsolidierung von Rechenzentren,aber auch der Aufbau, Umbau oder Abbau von O2-Shops, O2-Standorten oder Messenund Events.

TO-Roadmap-Projekte werden ausschließlich durch die Organisationseinheit Techno-logy Operations beauftragt und priorisiert. Zur Umsetzung werden in der Regel auch nurRessourcen aus TO benötigt.

12.4.1.2 Die O2-RoadmapDie O2-Roadmap-Projekte setzen Neu- undWeiterentwicklungen von O2-Produkten und-Tarifen um. Im Unterschied zu Projekten auf der TO-Roadmap durchlaufen sie immereine Softwareentwicklungs- und -testphase der betroffenen O2-Geschäftsapplikationen.

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12 Optimale Umsetzung durch konsequentes Ressourcenmanagement 255

Abb. 12.5 Zwischen Februar und Oktober findet der Roadmap-Entwicklungsprozess für das Folge-jahr statt

Die Projektaufträge für die O2-Roadmap werden durch in der IT angesiedelte Vertreterder Geschäftsbereiche erteilt und priorisiert. An ihrer Umsetzung sind immer mehrere ITSupply Units beteiligt. TO ist als Betriebseinheit hauptsächlich in den Analysephasen undin der Rolloutphase (z. B. für Installationen und Verifikationen) eingebunden.

Typische Beispiele für Themen auf der O2-Roadmap sind Anpassungen des O2-Web-Portals (www.o2.com), die Entwicklung neuer O2-Produkte (z. B. O2o für Privat- und Ge-schäftskunden), die Abbildung neuer Tarife im Umfeld der Fakturierung oder die Anbin-dung externer Partner (Service Provider oder Outsourcing-Partner). Auch regulatorischeVorgaben vomGesetzgeber, wie z. B. die Einstellung der Vorratsdatenspeicherung, die Re-duzierung von Roaming-Gebühren oder die Kappung vonMobile Data-Rechnungen wer-den über O2-Roadmap-Projekte umgesetzt.

12.4.2 Der Roadmap-Entwicklungsprozess

Die Entwicklung der Roadmap eines Jahres für Projekte mit IT-Auswirkungen dauertmehrere Monate und wird bis zum Oktober des Vorjahres in sechs Phasen abgeschlossen(Abb. 12.5). Für die Umsetzung der strategischen Prioritäten stehen den O2-Geschäfts-bereichen separate Budgets zur Verfügung, aus denen dann konkrete Projekte finanziertwerden. Nachstehend werden die Phasen des Prozesses detaillierter dargestellt:

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1. In derVorbereitungsphase zur Roadmap-Entwicklung werden zunächst alle Stakehol-der aus den Geschäftsbereichen identifiziert und mit dem Prozess vertraut gemacht. Esgibt erste Berechnungen des zu verplanenden Gesamtbudgets und der zu erzielendenProjektnutzen (Benefits).

2. In derBottom-Up-Planungwerden große undwichtigeThemen, die zu Projekten füh-ren sollen, aus den Geschäftsbereichen vorab analysiert. Ein erster vollständiger Pla-nungsstand (Snapshot) mit minimalem und maximalem Umfang wird angefertigt.

3. In der Phase Budget Split führen alle vorliegenden Informationen zu einer grobenprozentualen Aufteilung des Gesamtbudgets auf die Geschäftsbereiche, die von allenGeschäftsbereichen akzeptiert wird.

4. Die Fit-to-Budget-Szenarien ermöglichen in der vierten Phase eine Abschätzung, wel-cheThemen pro Geschäftsbereich aufgrund des jeweiligen Rankings in das zugewiese-ne Budget passen.

5. In der PhaseMachbarkeitsüberprüfung und Finalisierung werden die geplanten IT-Investitionen hinsichtlich operativer Machbarkeit, Ressourcenverfügbarkeit, funktio-naler Abhängigkeiten und inhaltlicher Defizite überprüft.

6. Abschließend wird am Ende der Phase Entscheidungsvorlage IT Invest die neueRoadmap durch das Management Board verabschiedet.

Die Geschäftsbereiche und deren Vertreter in der IT agieren in der konkreten Umsetzungder Roadmap flexibel und können durchaus Themen austauschen, wenn es die Marktlageerfordert. Gemessenwerden sie dabei an der Ausschöpfungder zugeteilten Budgets und ander Erreichung der geplanten Nutzeffekte. Geschäftsbereichsübergreifende Budget-Shifts,also Verschiebungen des Budgets von einemGeschäftsbereich in den anderen, sind in Aus-nahmefällen möglich.

12.4.3 Roadmap-Performance

Das Monitoring der IT-Roadmap-Performance wird für die vier Leistungsbereiche Pro-fitabilität, Liefertreue (Termintreue), Budget und Time-to-Market durchgeführt und mo-natlich berichtet (Abb. 12.6). Zur Ermittlung der dafür aufgestellten Leistungsindikatoren(performance indicators) ist eine exzellente Datenqualität zu jedem Zeitpunkt des Prozes-ses erforderlich. Demand und SupplyUnitsmüssen in ihren jeweiligen Rollen sicherstellen,dass die Daten korrekt, aktuell, vollständig und homogen sind. Für die Ausweisung der Da-tenqualität wurde einDataQuality Index (DQI) für die zugrunde liegenden Tools definiert.

• Die Roadmap-Profitabilitätwird für jedes Projekt auf der Roadmap berechnet und proDemandUnit zusammengefasst (Abb. 12.7). Dabei wurde eigens eine grafischeDarstel-lung entwickelt; je weiter rechts die Rauten in der Grafik angeordnet sind desto besserdie Profitabilität. Dabei repräsentieren die Rauten die mittlere Profitabilität pro Ge-schäftsbereich.

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12 Optimale Umsetzung durch konsequentes Ressourcenmanagement 257

Abb. 12.6 Die vier wesentlichen Roadmap Performance Ziele

Abb. 12.7 Beispiel: Benefit-Cost-Ratio für die DemandUnits aus dem Geschäftsbe-reich Marketing und Sales

……

……

Marketing & SalesMobile VoiceInternet & MessagingOnline Sales & PortalPortal & VASDSLPartner ManagementCustomer ServiceSales

LegalCAIS

……

……

Abb. 12.8 Die TO-Lieferampel berichtetwöchentlich über den Statuslaufender Projekte

• Die Roadmap-Liefertreue wird für alle Projekte gemessen, die eine Freigabe erhaltenhaben und umgesetzt wurden (Abb. 12.8). Plan- und Ist-Liefertermine werden vergli-chen, wobei je nach Projektgröße und Komplexität Lieferterminkorridore einzuhaltensind, also kein punktueller Liefertermin exakt getroffen werden muss.

• Die Budget-Compliance stellt pro Demand Unit das bereits ausgegebene Budget fürRoadmap-Themen dem Gesamtbudget gegenüber.

• DieTime-to-Market setzt sich zusammen aus den PhasenTime-to-Prioritize (Auftrag-seingang bis -freigabe) und Time-to-Deliver (Auftragsfreigabe bis -umsetzung).

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Idea�on Defini�on Assessment Analysis Build Commercial Prepara�on Inlife

Abb. 12.9 Die 7 Phasen des O2-Produkt- und Systementwicklungsprozesses

12.4.4 Projektabwicklung im Rahmen des O2-Produkt- undSystementwicklungsprozesses

Alle Änderungen anO2-Produkten undO2-Systemen oder Vorhaben zur Entwicklung undImplementierung einer Lösung durchlaufen dabei den O2-Produkt- und Systementwick-lungsprozess von der Idee bis zur Inbetriebnahme (Abb. 12.9). Dieser Prozess besteht aus7 Phasen, die nachstehend ausführlicher beschrieben werden:

1. In der Ideation-Phasewerden neue Ideen zu Produkten oder Tarifen von den Produkt-managern der Privat- und Geschäftskundenbereiche generiert und in Entwicklungs-konzepte übersetzt.

2. In der Definition-Phase werden die Konzepte weiter ausgearbeitet und erste Ab-schätzungen zu Komplexität und Kosten vorgenommen. Aufträge müssen vom Kun-den(-vertreter) aktiv zu einem Initial Approval angemeldet werden. Ziel der Organisa-tion ist es, dass mindestens 90% der Aufträge, die ein Initial Approval erhalten, auchumgesetzt werden.

3. Mit der Erteilung der ersten Freigabe (Initial Approval) durch eine Kommission ausKundenvertretern undZuliefereinheiten beginnt dieAssessment-Phase. In dieser Pha-se werden die Anforderungen der Business Units auf Basis einer Kosten-Nutzen-Ana-lyse konkretisiert und eine grobe Lösung erarbeitet. AmEnde liegen alle Informationenvor, um eine Entscheidung über die Umsetzung des Projekts treffen zu können (FinalApproval): Ein initialer Projektplan mit allen wesentlichen Meilensteinen, eine Res-sourcenverteilung pro Supply Unit (auch Technology Operations), die Gesamtkostenunddie zeitlicheKostenverteilung (z. B. fürHardware und Software Investitionen, Con-sulting, Outsourcing oder Wartung) sowie ein Business Plan und ein Business Case inden finalen Versionen. Die Entscheidung über ein Final Approval wird durch Vertreteraller betroffenen Liefereinheiten, den Kundenvertretern und dem Controlling getrof-fen.

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Abb. 12.10 Verteilung der Projekte in der Umsetzungsphase nach geplanten Endterminen (Stand:Juni 2012)

4. Nach Erteilung des Final Approvals durch die Planungsabteilung werden in derAnaly-sis-Phase die Lösung und die Aufwands- und Kostenabschätzung durch die umsetzen-den Einheiten bei Bedarf detailliert und zum Verification Gate noch einmal überprüft.

5. In der Build-Phase werden die detaillierten Lösungsentwürfe (Low Level Applicati-on Designs) und die technische Lösung fertiggestellt. Im Anschluss daran erfolgen dieTests und die Rolloutplanung bis zum technischen Start (Technical Launch).

6. In der Phase Commercial Preparation werden die technische Lösung stabilisiert undparallel die Customer Readiness Tests durchgeführt. Dabei kommen die neuen Funk-tionalitäten zusammen mit den konkreten Arbeitsabläufen z. B. in den O2-Shops aufden Prüfstand.

7. Mit dem Commercial Launch beginnt dann die Inlife-Phase und damit die Übergabeder Gesamtlösung (prozessual und betrieblich) an die Linienorganisationen. Techno-logy Operations betreibt dann die Lösung im Rahmen der bestehenden SLAs.

12.4.5 Struktur der O2-Projektemit IT-Auswirkungen

Durchschnittlich befinden sich 150 Projekte im Produkt- und Systementwicklungspro-zess zu einem Zeitpunkt in der Umsetzung (Build-Phase). Zwei Drittel der freigegebenenProjekte befinden sich auf der O2-Roadmap. Die Verteilung der TO-Ressourcen auf dieRoadmaps ist ähnlich: 67% der TO-Ressourcen werden durch O2-Roadmap-Projekte ge-bunden, 33% durch TO-Roadmap-Projekte. 80% der Projekte in Umsetzung werden lautPlan in den nächsten vier Monaten umgesetzt (Abb. 12.10). Zweiwöchentlich kommen ca.15 neue Projektfreigaben hinzu.

Die mittlere Time to Deliver (TTD) der O2-Roadmap-Projekte beträgt 57 Tage(Abb. 12.11). Für die TO-Roadmap sind es 128 Tage. Der Grund dafür sind „Langläufer“-

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Abb. 12.11 Vergleich der Time to Deliver (TTD) zwischen Projekten auf der O2-Roadmap und aufder TO-Roadmap

Abb. 12.12 Verteilung derAnzahl Projekte, an denenTO-Mitarbeiter gleichzeitigarbeiten

Projekten (ca. 12%), die zum Teil deutlich länger als ein Jahr laufen können (z. B. Auf-bau eines neuen Standortes oder Infrastruktur-Redesign-Projekte). Ein weiterer Grund istdie häufig geringere Priorisierung von TO-Roadmap-Projekten gegenüber O2-Roadmap-Projekten und eine damit einhergehende Lieferterminverschiebung.

Durchschnittlich arbeiten drei bis fünf TO-Mitarbeiter/innen in einem O2/TO-Road-map-Projekt (Abb. 12.12). 61% der an Projekten beteiligten TO-Mitarbeiter/innen arbei-ten dabei an zwei oder mehr Projekten gleichzeitig.

12.4.6 Das Spannungsfeld der Entwicklung neuer Produkte undder Stabilität der vorhandenen IT-Systeme

Die alljährliche Herausforderung der IT-Betriebseinheit Technology Operations bestehtdarin, die Neuentwicklungen aus der O2-Roadmap in den Regelbetrieb der Systeme undApplikationen zuübernehmenund gleichzeitig diemit allenGeschäftseinheiten verhandel-ten Service Level Agreements einzuhalten. Die Forderung der O2-Geschäftsbereiche nach

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12 Optimale Umsetzung durch konsequentes Ressourcenmanagement 261

einer immer kürzeren Time-to-Market bei maximaler Flexibilität in der Umsetzung derO2-Roadmap trifft dabei auf die Forderungen des Betriebs nach rechtzeitiger Einbeziehungin Analyse und Design der neuen Lösung, nach vollständigen Tests der neu entwickeltenApplikationen und Schnittstellen und nicht zuletzt nach Einhaltung von geltenden Securi-ty-Richtlinien. Diese Aktivitäten sind vor Inbetriebnahme der Gesamtlösung abzuwickeln,die einen Verantwortungsübergang vom Entwicklungs- und Testbereich auf den Betriebdarstellt.

Darüber hinaus sichert die Planung und Umsetzung der betrieblichen TO-Roadmapdie Grundstabilität der IT-Systeme. Obwohl der Anteil der TO-Ressourcen für die TO-Roadmap im Vergleich zur O2-Roadmap gering ist, kommt es immer wieder zu Engpässenin der Verfügbarkeit insbesondere von wichtigen Ressourcen. Auf entsprechende Auswir-kungen und mögliche Lösungswege wird im nächsten Kapitel näher eingegangen.

12.5 Implementierung eines Ressourcenmanagementprozesses

Die Verfügbarkeit von TO-Ressourcen spielte in der Planung und Umsetzung vonO2-Pro-jekten bis vor wenigen Jahren eine untergeordnete Rolle. Es wurde vorausgesetzt, dass ins-besondere am Ende der Projektlaufzeit die TO-Ressourcen zur Inbetriebnahme der neuenProdukte, Applikationen und Systeme zur Verfügung standen. Im Fokus standen die Res-sourcen für Softwareentwicklung und -Test.

Mit der beständigen Optimierung der IT-Organisation hinsichtlich der Kosten, derProzesse und derMitarbeiter wurden immer häufiger Terminverschiebungen, längere Pro-jektlaufzeiten und Repriorisierungen auch von wichtigen Projekten beobachtet. Dies gingeinher mit einem Anstieg der Überstunden speziell bei Projektmitarbeitern mit Schlüs-sel-Kompetenzen. Die IT-Organisation reagierte mit einer kompletten Neugestaltung desProdukt- und Systementwicklungsprozesses. Innerhalb der TO-Organisation wurde imAnschluss daran Ende 2008 ein Projekt gestartet, um einen Ressourcenmanagementpro-zess zu installieren.

12.5.1 Ziele des Ressourcenmanagementprozesses

Vereinfacht lässt sich das Ziel des Ressourcenmanagementprozesses wie folgt zusammen-fassen: Die TO-Organisation soll in die Lage versetzt werden, verbindliche Zusagen fürRessourcenanfragen aus allen Projekten geben zu können. Zur Erreichung dieses Ziels sindjedoch verschiedene Teilziele zu verfolgen, z. B. die Erzielung vollständiger Transparenzüber die TO-Ressourcen. Heute bucht jeder Mitarbeiter seine wöchentlichen Arbeitsstun-den auf eine definierteMenge betrieblicher undprojektbezogenerAktivitäten. Projektplänewerden wöchentlich auf Basis dieser Buchungen abgeglichen, um die korrekten Restauf-wände und Restlaufzeiten der einzelnen Aktivitäten darzustellen. Ein weiteres wichtiges

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PlanungBetriebsressourcen

Projekt-freigabe

Projekt-fortschreibung

Aufwands-buchung

Ressourcen-steuerung

SkillManagement

•Grundauslastung (Sicherstellung des Betriebs) aller Mitarbeiter/innen einplanen

•Anpassung quartalsweise pro Gruppe

•Ressourcenfreigabe auf Basis der ini�alen Projektplanung

•Berücksich�gung von Projektprioritäten

•Prüfung der Auslastungsgrade auf Skill/Mitarbeiter-Ebene

•Regelmäßige Anpassung der Projektvorgänge auf Basis der Aufwands-Rückmeldungen durch Projektmitarbeiter

•Wöchentliche Buchung der geleisteten Arbeitsstunden auf Projekt- und betriebliche Tä�gkeiten

•Korrektur der geplanten Restaufwände in Projekten

•Regelmäßige Prüfung der kurz-und mi�elfris�gen Auslastung bis auf Mitarbeiterebene

•Frühzei�ge Iden�fika�on von Kapazitätsspitzen

•Pflege des Ressourcenpools•Repor�ng

•Iden�fika�on von Engpassressourcen

•Ermi�lung des langfris�gen Ressourcenbedarfs

•Teamentwicklung

Abb. 12.13 Regelkreis Ressourcenmanagementprozess

Teilziel ist die Sicherstellung der optimalen Auslastung aller Mitarbeiter und die damit ein-hergehende Vermeidung von nicht zu bewerkstelligen Auslastungsspitzen.

Der Erfolg des neuen Ressourcenmanagementprozesses wird durch die Messung vondrei Leistungskennzahlen kontrolliert. Dies sind

1. die Qualität der Planung,2. die Liefertermintreue und3. der Anstieg von Mitarbeiterüberstunden.

Mit der Verbesserung dieser Kennzahlen werden aus schlechtem Ressourcenmanage-ment resultierende Kosten vermieden, z. B. die Kosten einer verspäteten Projektabwick-lung, Kosten für Überstunden, die Kosten fehlgeschlagener Projekte oder die Kosten derBeschaffung externer Ressourcen.

12.5.2 Regelkreis des Ressourcenmanagementprozesses

Jeder TO-Mitarbeiter hat mindestens eine wesentliche Rolle im Ressourcenmanagement-prozess (Abb. 12.13). Die Projektleiter sind für die erstmalige Planung und die Planfort-schreibung ihrer Projekte zuständig. Die ressourcenverantwortlichenManager sind für die

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12 Optimale Umsetzung durch konsequentes Ressourcenmanagement 263

Prüfungen der gebuchten Arbeitsstunden und das Skill Management verantwortlich. DieMitarbeiter müssen ihre Aufwände jede Woche korrekt verbuchen und geplante sowie un-geplante Abwesenheiten rechtzeitig anzeigen. Dabei kann das Ressourcenmanagement nurfunktionieren, wenn alle ihren Verantwortungen gerecht werden: Das System ist nur so gutwie das schwächste Glied in der Kette.

Zusammen mit allen Prozessbeteiligten wurde ein Regelkreis erarbeitet, der deutlichmacht, dass es auf ein funktionierendes Zusammenspiel aller Aufgaben und Verantwort-lichkeiten ankommt. Eine längere Unterbrechung des Regelkreises z. B. in der Projektfort-schreibung oder in der Aufwandsbuchung lässt sich schnell an den Leistungskennzahlenablesen.

Trotz eines angestrebten hohen Automatisierungsgrads innerhalb des Ressourcenma-nagementprozesses ist eine konstruktive Kommunikation unter den Beteiligten unerläss-lich, insbesondere wenn es wider Erwarten doch zu Ressourcenkonflikten kommt.

12.5.3 Kritische Erfolgsfaktoren und Hürden bei der Einführungdes Ressourcenmanagementprozesses

Die Einführung des Ressourcenmanagementprozesses war nur deshalb erfolgreich, weileine Reihe von Erfolgsfaktoren berücksichtigt wurde:

• Gleich zu Beginn sei erwähnt, dass der Erfolg des Prozesses vom Engagement und derUnterstützung desManagements abhängt. Nur so kann sichergestellt werden, dass dieOrganisation die Disziplin aufbringt den Prozess zu befolgen, was für die Verankerungdes Ressourcenmanagements im Tagesgeschäft erforderlich ist.

• In die gleiche Kategorie fällt die frühzeitige und vertrauensvolle Zusammenarbeit mitdem Betriebsrat. Hier geht es um die Vermeidung der Offenlegung und Auswertbar-keit von Aktivitäten auf Mitarbeiterebene. Für TO wurde eine Anlage zur Gesamt-Be-triebsvereinbarung EDV unterschrieben, in der alle wesentlichen Vorgänge, Rollen undVerantwortlichkeiten dargestellt sind.

• Eine große Herausforderung bei der Einführung des Ressourcenmanagementprozes-ses besteht darin, allen Beteiligten den (persönlichen) Nutzen zu verdeutlichen. Einoft angesprochener Kritikpunkt ist nämlich, dass das Ressourcenmanagement zu vielAufwand im Vergleich zum Nutzen generiert. Oft wird vorgeschlagen, den erhöhtenadministrativen Aufwand, z. B. für detailliertere Projektpläne oder Arbeitsstundenbu-chungen, lieber in die eigentliche Projektarbeit zu investieren.

• Die Projektleiter müssen überzeugt werden, Projektpläne in guterQualität vorzulegenund regelmäßig zu pflegen. Als Gegenleistung gibt es eine feste Zusage für angefor-derte Ressourcen. Die TO-Mitarbeiter bekommen für eine gute Buchungsqualität ihrerArbeitsstunden, über die sie auch ihre Projektaufgaben steuern können, ein zuverläs-siges Reporting ihrer Tätigkeiten und Auslastung und sogar einen Wochenplan ihrerTätigkeiten. Dem Management kann plausibel dargestellt werden, wie und womit sei-

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ne Organisation ausgelastet ist und wo Ressourcenengpässe zu erwarten sind. In derAußenwirkung wird der Bereich TO als kompetenter und verlässlicher Partner bei derPlanung und Umsetzung von IT-Projekten wahrgenommen.

12.5.4 Toolunterstützung

Im Wesentlichen existieren zur Bearbeitung der Projektportfolios drei Tools, die derzeitkeine automatisierten Schnittstellen untereinander besitzen:

1. Zum einen kommt das Auftragsmanagement-Tool C.H.A.R.M (Change and RequestManagement) zur Anwendung, das eine O2-Eigenentwicklung auf Basis von IBMClearQuest darstellt. In CHARM werden entlang eines Workflows die Kundenauf-träge erfasst und alle Daten abgelegt, die für Entscheidungen im O2 Produkt- undSystementwicklungsprozess relevant sind (z. B. Kosten, Aufwände, Analyse- und Desi-gndokumente, Liefertermine, Ansprechpartner, etc.).

2. Primavera ist dasMultiprojekt- undRessourcenmanagement-Tool derO2-IT. In Prima-vera befinden sich sämtliche Projektpläne und Projektressourcen. Das Produkt gehörtseit 2009 zu Oracle und wurde 2008 mit Unterstützung des Landshuter Beratungsun-ternehmens INTECO bei TO eingeführt.

3. Über das Berichtstool Cognos von IBM werden bei Bedarf Informationen aus beidenWelten (CHARM und Primavera) zusammengefasst und bereitgestellt.

12.5.5 Entscheidungsprozesse zur Freigabe von IT-Aufträgen auf Basisder Ressourcenlage

Alle zwei Wochen tagt die O2 Gating Commission, die sich aus Vertretern der BusinessUnits (Demand) und der IT (Supply) zusammensetzt. Sie entscheidet an den Meilenstei-nen Initial Approval und Final Approval über die Freigabe von Kundenaufträgen für dieanstehenden Phasen Assessment bzw. Umsetzung (Abb. 12.14). Die Freigaben garantierenden Projekten die angeforderten Ressourcen und den Kunden die abgestimmten Liefer-terminkorridore. Das TO Approval Board tagt wöchentlich mit den Vertretern der TO-Gruppen mit Ressourcenimpact und erteilt fachliche, finanzielle und ressourcenbezogeneFreigaben. Diese Entscheidungen fließen dann in die O2 Gating Commission ein.

Für die Umsetzung der Aufträge im O2-Lieferprozess sind in der Regel drei SupplyUnits erforderlich: Entwicklung, Test und Betrieb. Die Herausforderung alle zwei Wochenbesteht darin, für durchschnittlich 20 anstehende Projekte eine Einigung hinsichtlich Res-sourcen und Termine nach Prioritäten aller Supply Units zu finden. Hierzu existiert fürjedes neue Projekt in Primavera ein initialer Projektplanmit den erforderlichen Ressourcenpro Supply Unit. Auf dieser Basis prüft TO die Auslastung der eigenen Ressourcen. Ähn-lich wie in der Abwicklung einer Flugreservierung, riskieren wir beim Ressourcencheck

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Abb. 12.14 Ressourcencheck in Primavera

einemaximal 120%ige Überbuchung der einzelnen TO-Ressourcen über einen definiertenZeitraum. Dieser Wert hat sich als nützlich erwiesen und gleicht die Planungsungenauig-keit und die Pufferzeiten aus. Primavera unterstützt die Ressourcenprüfung (Abb. 12.14)durch die Darstellung der Kapazitätsobergrenze (schwarze Linie), die Darstellung der be-reits bestätigten Ressourcen aus laufenden Projekten (Dunkelgrauer Balken) und die Dar-stellung der angefragten Projektressourcen (Hellgrauer Balken).

Laufende Projekte haben immer Vorrang vor anstehenden Projekten. Die Depriori-sierung eines laufenden Projekts zugunsten eines anstehenden Projekts ist nur über eineManagement-Eskalation möglich.

12.5.6 Prognose des zu erwartenden Auftragsbestands

Die Prognose des zukünftigen Auftragsbestands ist ein wichtiger Bericht im Umfeld desRessourcenmanagementprozesses (Abb. 12.15). Neben der erwarteten Lieferleistung einesJahres zeigt der Bericht für die kommenden 12 bis 18 Monaten wahrscheinliche Kapazi-tätsengpässe, die zu höheren Kosten aufgrund der Beschaffung externer Ressourcen oderzu Terminverschiebungen führen können.

Für die Prognose des Auftragsbestands werden zunächst alle Lieferdaten der im Auf-tragsmanagement-Tool CHARM eingestellten Kundenaufträge berücksichtigt. Dabei wer-den noch fehlende Angaben zu Ressourcen und Laufzeiten aus historischen Daten ver-gleichbarer Aufträge abgeleitet. Aktuelle Ressourcenbedarfe aus Aufträgen in Umsetzung

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Abb. 12.15 TO-Auftragsbestand

kommen über die Projektpläne aus Primavera. Darüber hinaus fließen Expertenschätzun-gen zu Themen mit ein, die noch nicht als Kundenauftrag erfasst sind.

12.5.7 Plan versus Ist – Verbesserung der Planungsqualität

Die Vollständigkeit und Korrektheit der Daten über Ressourcen und Auslastungen ermög-licht erst das effiziente Arbeiten im Ressourcenmanagementprozess. Die Qualität der Pro-jektpläne spielt dabei eine entscheidende Rolle. Als wichtige Voraussetzung für gute Pro-jektpläne ist zunächst die vollständige und regelmäßige Rückmeldung der Arbeitsstundender (Projekt-)Mitarbeiter/innen sicherzustellen. Darüber hinaus wird eine verständlicheMessgröße für die Qualität der Planung benötigt. Einfache Plan-Ist-Vergleiche der frei-gegebenen und tatsächlich benötigten Ressourcen-Manntage am Ende der Projektlaufzeiterweisen sich hier als unzureichend. Sie decken eine schlechte Planung nicht vollständigund korrekt auf. Ein Beispiel verdeutlicht den Sachverhalt: Für ein Projekt sind 100Mann-tage (man-days, MD) geplant, davon 25 MDs im 1. Monat und 75 MDs im 2. Monat.Gebucht werden aber im ersten Monat 50 MDs und im 2. Monat 50 MDs. In der End-abrechnung mit 100 MDs ist das Projekt erfolgreich geplant worden. Die Betrachtung dereinzelnen Monate ergibt jedoch erhebliche Plan-Ist-Abweichungen.

O2 hat sich daher für einen konsequenten und detaillierten Ansatz entschieden, der dieBeurteilung der Planungsqualität aus Sicht des Projekts, der einzelnen Projektleiter undsogar jedes einzelnen Projektmitarbeiters erlaubt.

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Abb. 12.16 Analyse der Planungsqualität der Projekte mit Auswirkungen auf TO

Die Grundidee dabei ist, jede Woche eine Kopie der Projektpläne anzulegen und abzu-speichern und rückwirkend mit den tatsächlich gebuchten Projektaufwänden zu verglei-chen. Eine 100%ige Planungsqualität ist dann erreicht, wenn die gebuchten Aufwände sichmit den geplanten in einem definierten Zeitraum exakt decken. Dies ist in dem dynami-schen Umfeld der IT-Projekte praktisch nie zu erreichen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dassein guter Wert für eine Planungsqualität zwischen 50% und 75% liegt.

Die Abb. 12.16 zeigt beispielhaft die Planungsqualität von ausgewählten Projekten. DiePlan-Ist-Abweichung wird für einen 4-Wochen-Zeitraum gemessen. Die Planungsqualitätvon 50% bedeutet hier, dass die Projektmitarbeiter durchschnittlich 50% weniger odermehr an Manntagen gebucht haben als für die nächsten vier Wochen eingeplant wurden.

12.6 Fazit und Ausblick

Die Telefónica Germany verändert sich weiter. Gemeinsammit HanseNet („Alice“) will siezu dem am schnellsten wachsenden, integrierten Telekommunikationsanbieter auf demdeutschen Markt werden. Einfache und clevere Produkte im gesättigten Voice-Markt sindgefragt. Im boomenden Mobile Internet Geschäft will O2 seinen Marktanteil weiter aus-bauen. Hierzu sind neue Zielgruppen anzusprechen.

Die IT ist dabei der Partner des Business.DerAnspruch an eine schnellere undflexiblereLiefermethodik steigt. In den kommenden Monaten soll die Time-to-Market im internenLieferprozess noch einmal deutlich reduziert werden. Neue, agile Softwareentwicklungs-

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methoden (z. B. Scrum) werden diskutiert und schrittweise implementiert. Die einzelnenPhasen des O2-Produkt- und Systementwicklungsprozesses werden sich deutlich verkür-zen.

Die Anforderungen an den Ressourcenmanagementprozess in der IT werden zuneh-men. Unterschiedliche Vorgehensweisen der IT-Einheiten (Plan, Build, Test und Run) imRahmen des Ressourcenmanagements müssen aufeinander abgestimmt werden. Um dierichtigen Entscheidungen und damit Ressourcenzusagen in Zukunft schnell und korrekttreffen zu können, ist ein zentrales Ressourcenmanagement für alle IT-Einheiten unum-gänglich. Dieses wird organisatorisch über eine Planungseinheit für die gesamte IT undsoftwaretechnisch durch eine zentrale Datenbank, in der alle Ressourcen-relevanten Da-ten in Echtzeit verfügbar sind, realisiert.

Zusammenfassend seien hier die erfolgskritischsten Punkte für ein nachhaltiges Res-sourcenmanagement genannt:

• Senior Management Commitment einholen,• Betriebsrat rechtzeitig einbinden,• zentrales Ressourcenmanagement anstreben,• Mehrwert fürMitarbeiter, Projektleiter undManager sicherstellen und kommunizieren,• Ziele des Ressourcenmanagementprozesses in den Mitarbeiterzielen verankern,• höchste Qualität der für das Ressourcenmanagement relevanten Daten sicherstellen

und• die richtigen Reporting-Strukturen aufbauen und weitgehend automatisieren.

TO wird sich auch weiterhin mit Verbesserungen von Methoden im Rahmen des Res-sourcenmanagementprozesses beschäftigen. Um beispielsweise den Aufwand für die regel-mäßigen Prüfungen von Projektfreigaben zu reduzieren und gleichzeitig die Qualität zuerhöhen, wird an einem „Intelligent Resource Check“ gearbeitet. Die Idee dabei ist, durcheine entsprechende Berechnungslogik anhand einer einzigen Zahl die richtige Entschei-dung treffen zu können. Eine solche erhöhte Planungqualität gewinnt für TO an Bedeu-tung. Werden dann auch die Liefertermine gehalten, kann die vertrauensvolle Zusammen-arbeit zwischen Business und IT im Interesse des Unternehmens weiter wachsen.