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STRUKTUR und KULTUR in ORGANISATIONEN Organisation als Maschine 1) Bürokratieansatz (Max Weber) Bürokratie = staatliche Institution Bürokratie = Vielzahl von Regeln, Autoritätsbeziehungen, Differenzierung von Verwaltungsaufgaben Bürokratie = organisationsstrukturelle Variable 4 Prinzipien: Prinzip der Arbeitsteilung (Zuständigkeiten werden personenunabhängig u. generell festgelegt; Personen können ausgetauscht werden, ohne die Strukturen zu ändern) Prinzip der Amtshierarchie (höhere Stellen haben Weisungs- und Kontrollrecht, höhere Stelle verfügt über höhere Qualifikation) Prinzip der Aktenmäßigkeit (Aufgabenerfüllung muß schriftlich dokumentiert werden; Briefe, Aktennotizen u. Formulare sind wesentliche Kommunikationsmedien der Bürokratie) Prinzip der Regelmäßigkeit (Aufgabenerfüllung beruht auf generellen und erlernbaren Regeln) Neben diesen 4 Prinzipien ist der Idealtypus der Bürokratie durch folgende weitere Merkmale bestimmt: Vollständige Trennung der Mitglieder der Organisation von den sachlichen Verwaltungs- und Beschaffungsmitteln. Prinzipielle Trennung von Amt und Person Besetzung der Positionen nur mit geprüfter und diplomierter Fachqualifikation Laufbahn = Aufstieg nach Lebensalter und/oder Leistungen abhängig vom Urteil des Vorgesetzten Geldentlohnung = standesgemäß nach Art der Funktion und Dauer der Dienstzeit Rationale Disziplin = alle empfangenen Weisungen ohne Rücksicht auf die eigene Einstellung bedingungslos auszuführen. Bürokratie ist eine Organisationsform, die die Leistungsfähigkeit der betrieblichen Verwaltung durch Arbeitsteilung und sachliche Aufgabenerfüllung gewährleistet. Bürokratischer Mensch = loyal, rational Die praktische Bedeutung dieser Organisationsform ist begründet in der Hohen Stabilität der Strukturen der Übersichtlichkeit und Berechenbarkeit, der Unabhängigkeit von Einzelpersonen und den ausgedehnten Kontrollmöglichkeiten - 1 -

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STRUKTUR und KULTUR in ORGANISATIONEN Organisation als Maschine 1) Bürokratieansatz (Max Weber)

Bürokratie = staatliche Institution Bürokratie = Vielzahl von Regeln, Autoritätsbeziehungen, Differenzierung von Verwaltungsaufgaben Bürokratie = organisationsstrukturelle Variable 4 Prinzipien: Prinzip der Arbeitsteilung (Zuständigkeiten werden personenunabhängig u. generell festgelegt; Personen können ausgetauscht werden, ohne die Strukturen zu ändern) Prinzip der Amtshierarchie (höhere Stellen haben Weisungs- und Kontrollrecht, höhere Stelle verfügt über höhere Qualifikation) Prinzip der Aktenmäßigkeit (Aufgabenerfüllung muß schriftlich dokumentiert werden; Briefe, Aktennotizen u. Formulare sind wesentliche Kommunikationsmedien der Bürokratie) Prinzip der Regelmäßigkeit (Aufgabenerfüllung beruht auf generellen und erlernbaren Regeln) Neben diesen 4 Prinzipien ist der Idealtypus der Bürokratie durch folgende weitere Merkmale bestimmt: • Vollständige Trennung der Mitglieder der Organisation von den sachlichen

Verwaltungs- und Beschaffungsmitteln. • Prinzipielle Trennung von Amt und Person • Besetzung der Positionen nur mit geprüfter und diplomierter Fachqualifikation • Laufbahn = Aufstieg nach Lebensalter und/oder Leistungen abhängig vom

Urteil des Vorgesetzten • Geldentlohnung = standesgemäß nach Art der Funktion und Dauer der

Dienstzeit • Rationale Disziplin = alle empfangenen Weisungen ohne Rücksicht auf die

eigene Einstellung bedingungslos auszuführen. Bürokratie ist eine Organisationsform, die die Leistungsfähigkeit der betrieblichen Verwaltung durch Arbeitsteilung und sachliche Aufgabenerfüllung gewährleistet. Bürokratischer Mensch = loyal, rational Die praktische Bedeutung dieser Organisationsform ist begründet in der • Hohen Stabilität der Strukturen • der Übersichtlichkeit und Berechenbarkeit, • der Unabhängigkeit von Einzelpersonen • und den ausgedehnten Kontrollmöglichkeiten

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Stärken der Bürokratie: • hohe Stabilität • geringe Personenabhängigkeit • standardisierte Vorgehensweise u. klare Unterstellungsverhältnisse Schwächen der Bürokratie: • Erstarrung • Sinn der Gesamtorganisation für den Einzelnen nicht mehr erlebbar dadurch

leidet die interne sowie auch die externe Kommunikation • Motivation massiv beeinträchtigt

2) Scientific Management (Frederic Winslow Taylor)

Taylor versuchte Organisationen nach naturwissenschaftlich-technischen Prinzipien zu gestalten, um Effizienzsteigerungen zu ermöglichen. Taylor bezieht seine Erkenntnisse aus seinen umfangreichen Zeit- und Bewegungsstudien. Gegenstand seiner Studien sind die konkreten Arbeitsprozesse in Unternehmen: Bedienung von Maschinen, Schaufeln loser Materialien, die Inspektion von Kugellagern usw. Durch die Analyse verliert der Arbeitende nahezu jede Möglichkeit der Kontrolle des Arbeitsprozesses. Dem Arbeiter müsse genau diktiert werden, auf welche Art und Weise die Arbeit auszuführen sei. Das Fließband übernahm dabei endgültig die Bestimmung des Arbeitstempos und der erforderlichen Tätigkeiten. Heute sind tayloristische Prinzipien in warenproduzierenden Branchen ebenso zu finden wie in Dienstleistungsorganisationen. Die sogenannte arbeitswissenschaftliche Organisationsforschung (REFA-Verband) bedient sich auch heute noch Bewegungs- und Zeitstudien, um Produktivitätssteigerungen zu erzielen. Maschinen sind damit nicht mehr nur ein Teil der Organisation, sondern werden zu derem bestimmendem Element. Gegen den Taylorismus besteht eine Fülle von Einwänden auf unterschiedlichen Ebenen. Man wirft ihm mangelnde theoretische Fundierung ebenso vor wie unzulängliche empirische Methoden seiner Zeit- und Bewegungsstudien.

3) Die klassische Managementlehre

Die klassische Managementlehre konzentriert sich – wie Weber – auf die Verwaltungsorganisation. Der erste in der Reihe der Managementtheoretiker, der Franzose Henri Fayol, gilt als Begründer des Einliniensystems. Hawthorne Experimente (1924 – 1932) Bezeichnet man Untersuchungen die die Zusammenhänge zwischen physischen Arbeitsbedingungen (z. B. Licht, Räume, Farbgestaltung usw.) und der Arbeitsleistung von Arbeiterinnen eines Elektrowerks untersucht, um optimale Arbeitsbedingungen herstellen zu können. Ergebnis: Die Leistung der Gruppe stieg, gleichgültig ob die physischen Umweltbedingungen geändert wurden. Dies war auf die Aufmerksamkeit der

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Forscher gegenüber den Fabriksarbeiterinnen zurückzuführen. Manager müssen daher weniger über technische als vielmehr über soziale Fertigkeiten verfügen.

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4) Die betriebswirtschaftliche Organisationslehre

Konzentriert sich in erster Linie auf die Beschreibung der Möglichkeiten der formalen Strukturierung von Organisationen. Die formale Darstellung gibt Auskunft über • Art und Umfang der Arbeitsteilung (Aufgabenabgrenzung) und • Art der Koordination bzw. Kommunikation (Über- u. Unterordnung) Grafik S.

25 Aufgabenabgrenzung:

Funktionale Gliederung Divisionale Gliederung Bedeutet die Bildung von Organisationsbereichen nach den zu verrichtenden Aufgaben wie z. B. Beschaffung, Produktion u. Verkauf

Die Bildung von Organisationsbereichen erfolgt durch Produkten bzw. Produktgruppen

S T Ä R K E N • Hohe Spezialisierung • Einschränkung der erforderlichen

Qualifikationen dadurch Senkung der Personalkosten

• Kurze Einarbeitungszeiten • Hohe Effizienz der Aufgabenerfüllung

durch Arbeitsteilung

• Konzentration auf produktspezifische Produktions- u. Marktverhältnisse

• Entlastung der Unternehmensspitze • Hohe Flexibilität bez.

Umweltveränderungen • Leicht definierbare Kosten- und

Gewinnverantwortung

SCHWÄCHEN bzw. GEFAHREN • Kommunikation über die

Unternehmensleitung dadurch Überlastung der Leitungsebenen

• Abteilungsblindheit • Probleme wirken sich direkt auch auf

andere Bereiche aus • Flexibilität leidet

• Doppelgleisigkeiten zw. den Sparten z.B. F & E

• Erhöhter Koordinationsaufwand (Identität der Gesamtorganisation)

• Beeinträchtigung der Kundenbetreuung aufgrund produktspezifischer Verkaufsorganisationen

Funktionalabteilungen können nur Kosten- u. Qualitätsverantwortung übertragen werden.

Vertrieb ist dezentralisiert d. h. jede Sparte ist für den Absatz ihrer Produkte zuständig. Dadurch können Umsatzanteile zugeordnet werden.

Koordinationsformen Einliniensystem: Im Einliniensystem erhält eine untergeordnete Stelle jeweils nur von einer übergeordneten Stelle Anweisungen. Stärken: • Vermeidung von Kompetenzkonflikten • Klare Regelungen der zuständigen Ansprechpartner • Durchsichtigkeit des Gesamtsystems • Festigung der Herrschaftsstrukturen

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• Kontroll- u. Zugriffsmöglichkeiten durch den Vorgesetzten

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Schwächen: • Gefahr der Überlastung der oberen Hierarchieebenen • Länge und Umständlichkeit der Distanzwege • Beeinträchtigung d. Kommunikation („Stille Post“) • Schwerfälligkeit der Gesamtorganisation in bezug auf Umweltveränderungen Direkte Kommunikationsbeziehungen zwischen den Bereichen = Fayolsche Brücke Bedeutung: Heute noch zu finden in Form bürokratischer Strukturen der öffentlichen Verwaltung und in kleineren und mittleren Betrieben. Mehrliniensystem: Im Mehrliniensystem ist einer untergeordneten mehrere übergeordnete Stellen zugeordnet. Dadurch kommt es zu einer Mehrfachunterstellung der Mitarbeiter (geht auf Taylor zurück). 3 Prinzipien: I) Prinzip der Spezialisierung II) Prinzip des direkten Weges III) Prinzip der Mehrfachunterstellung Stärken: • Anweisungen erfolgen von fachlich kompetenten Stellen • Kurze Kommunikationswege • Flexibilität in der Problemlösung Schwächen: • Kompetenzkonflikte zwischen den Vorgesetzten • Widersprüchliche Anweisungen • Probleme bei der Verantwortungszuordnung Bedeutung: In der klassischen Form gilt es heute als historisch. Von großer aktueller Bedeutung jedoch im Rahmen der Matrix- und Projektorganisation. Stabliniensystem: Ein Stab ist eine Organisationseinheit, die Informations-, Beratungs- und Kontrollfunktionen für eine oder mehrere ihr zugeordnete Abteilungen wahrnimmt. Ein Stab besitzt keine Entscheidungsbefugnis, sondern soll die zugeordnete Linienabteilung von bestimmten Aufgaben entlasten (z. B. strategische Planung, Betriebsorganisation, Public Relations). Stabsabteilungen sind meist oberen Hierarchieeben zugeordnet. Stärken: • Entlastung der Linienabteilung • Steigerung der Entscheidungsqualität • Flexible Handhabung (greift nicht in die bestehende Grundstruktur der Org.

ein)

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• Breiter Anwendungsbereich • Stabsfunktionen eignen sich als Vorbereitung auf künftige Linienfunktionen.

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Schwächen: • Kompetenzkonflikte zwischen Linien- und Stabsabteilungen • Gefahr der Isolierung der Stabstellen. Bedeutung: Stablinienorganisationen sind in größeren Organisationen weit verbreitet. Ihre Machtposition ist schwierig abzuschätzen, da sie von den Beteiligten in Stab und Linie abhängig ist.

MATRIXORGANISATION Innerhalb der Matrixorganisation haben Organisationsmitglieder in der häufigsten Form zwei Vorgesetzte, indem sie sowohl in der funktionalen Einheit arbeiten, als auch mit produkt- bzw. projektbezogenen Aufgaben betraut werden. Stärken: • Erhöhte Innovationsfähigkeit und Flexibilität der Gesamtorganisation • Hohes Problem- und Konfliktlösungspotential in den Schnittstellen • Gruppenarbeit - dadurch Senkung des Fehlerrisikos Schwächen: • Reibungsverluste durch großen Kommunikationsbedarf u. Konfliktaustragung • Erhöhte Arbeitsbelastung – Beeinträchtigung der Motivation vor allem bei den

Schnittstellen • Erhöhte Komplexität der Gesamtstruktur u. Verzögerungen der

Entscheidungsprozesse PROJEKTORGANISATION Die Projektorganisation ist eine Form der Parallel- oder Sekundärorganisation. Mit diesen Begriffen bezeichnet man Strukturformen, die parallel zu einer existierenden Primärorganisation – z. B. einer funktionalen Grundstruktur – eingerichtet werden. Es wird nicht in die bestehende Organisationsstruktur eingegriffen. Bestehende Abteilungs- oder Bereichsleitungen behalten ihre grundsätzliche Weisungsbefugnis. In bestimmten Belangen – den Projektgegenständen – sind die Projektmitarbeiter jedoch zusätzlich einem Projektleiter unterstellt. Merkmale eines „Projektes“: • Zeitliche Befristung • Genau abgegrenzte Aufgabenstellungen • Definierte Kosten • Differenzierung von der Primärorganisation • Eigenständige und differenzierte innere Struktur im Aufbau und im Ablauf Mögliche Anwendungsgebiete: • Technische u. org. Problemlösungen (F & E, EDV-Konzeption) • Unternehmensstrat. u. Marketing (strateg. Planung, Entwicklung v.

Marketingstrategie)

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• Organisationale Innovation (Personalentwicklung, Einf. v. Planungs- u. Controllingssys.)

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3 Problemquellen der Projektorganisation: 1. Problematik des Aufgabeninhaltes: Projekte werden eingesetzt, um komplizierte

bzw. komplexe Aufgaben zu erfüllen. Diesen Aufgabenmerkmalen steht der Anspruch gegenüber, Projektvorhaben zu strukturieren, zu planen und zu kontrollieren.

2. Problematik der notwendigen Differenz zur Primärorganisation: Projekte müssen sich, um ihre Aufgaben zu erfüllen, von einer hierarchischen Primärstruktur abgrenzen. Gefahr ist die Systemabwehr seitens der Primärorganisation. „Eine klare Beziehung zur Primärorganisation hält der Projektorganisation den Rücken frei.“ Differenzierung durch Abgrenzung der Kompetenzen zwischen „Linie“ u. „Projekt“.

3. Notwendigkeit zur inneren Differenzierung und Integration: Projektteams bedürfen als Gruppen einer inneren Struktur. Je stärker sich diese Strukturen von der Primärorganisation unterscheiden, umso stärker ist die Gefahr der Systemabwehr. Je ähnlicher sie ihr allerdings ist, umso weniger wird die Projektorganisation Aufgaben erfüllen, die die Primärorganisation nicht oder nur schlechter erfüllen könnte.

Hauptunterscheidungsmerkmal ist die Verteilung der Kompetenzen zwischen dem Projektleiter und dem Linienmanager. 3 Grundformen: Linien-Projektorganisation „Differenz“: Differenziert am stärksten zwischen Primär- u. Sekundärorganisation. Die Projektmitarbeiter werden für die Dauer des Projektes aus der bestehenden Organisation herausgelöst und räumlich zusammengefaßt. Projektmanager ist somit wie ein Linienvorgesetzter: Die Mitarbeiter unterstehen ihm sowohl disziplinarisch als auch fachlich. Parallelorganisation mit einem hohen Maß an Eigenständigkeit = Gefahr der Reproduktion der Primärorganisation. Vorteile: • Klare Kompetenzabgrenzung zw. Primär- u. Projektorganisation • Volle Konzentration des Projektteams auf das Projekt • Höhere Identifikation der Projektmitarbeiter mit dem Projekt • Rasche projektbezogene Entscheidungsfindung u. flexible Reaktion auf

veränderte Situationen. Probleme: • Mitarbeiterabstellung • Auslastung (Leerläufe versus Überlastungen) • Wechselseitige Beanspruchung (PM holen sich Info aus ihrer alten Abteilung) • Rückgliederung in die Abteilung Einsatzbereiche: Anlagenbau, Hoch- und Tiefbau, F & E Stabs-Projektorganisation „Identität“: Nur schwache Abgrenzung von der Primärorganisation. Projektmanager verfügt über keine formalen Entscheidungsbefugnisse (typisch für Stäbe). Beeinträchtigt die Primärorganisation in einem geringen Ausmaß, dadurch wird auch weniger

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Systemabwehr produziert. Die Projektmitarbeiter bleiben meist in ihren Abteilungen und treffen sich lediglich zu Sitzungen des Projektteams.

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Vorteile: • Geringer Organisationsaufwand • Viele Projekte gleichzeitig abwickeln in dieser Form • Flexible Mitarbeiterauslastung Probleme: • Verantwortung u. Kompetenzen

(Projektkoordinator wird zwar verantwortlich gemacht, hat aber nicht die nötige Kompetenz, um die Probleme zu beseitigen)

• Konflikte (Projektkoordinator und Projektmitarbeiter können sich nicht einigen, dann muß das Problem der vorgesetzten Stelle vorgelegt werden. Keine Entlastung der Linie)

• Verzögerungen (Projektkoordinator wird erst dann die Probleme nach oben melden, wenn er keine Chance mehr sieht diese selbst zu lösen.)

• Geringe Kundenorientierung (Projektkoordinator ist nicht der kompetente, entscheidungsberechtigte Gesprächspartner für den Auftraggeber.)

Einsatzbereiche: eignet sich bei eher wenig umfangreichen, kurzen, einfachen und/oder wenig intensiven Projekten. Stark abhängig von der Autorität des Projektkoordinators. Matrix-Projektorganisation Widerspruch zwischen Stabs-Projekt- und Linien-Projektorganisation. Wie bei der primären Matrixorganisation gilt das Prinzip der Mehrfachunterstellung. Die Projektmitarbeiter unterstehen in inhaltlichen Belangen dem Projektleiter, personell und disziplinarisch dem Linienvorgesetzten. Die am Projekt beteiligten Mitarbeiter verbleiben in ihren Abteilungen und erfüllen die ihnen vom Projektmanager zugewiesenen Projekt-Teilaufgaben. Kompetenzen und Verantwortung des PM beziehen sich auf Leistung, Kosten und Termine. Vorteile: • Gemeinsamkeit der Projektdurchführung ergibt eine bessere Lösung • Konflikte sollen möglichst früh offengelegt werden, damit rechtzeitig

Lösungsmöglichkeiten erarbeitet werden können. • Abstimmung zwischen projektspezifischen Anforderungen und

abteilungsbezogenen Prioritäten ergeben insgesamt eine bessere Lösung Probleme: • Projektmitarbeiter als Diener zweier Herren, hat die Möglichkeit seine beiden

Vorgesetzten gegeneinander auszuspielen. Der Projektmitarbeiter erfüllt die Funktion eines Frühwarnsystemes.

Einsatzbereich: Minimalanforderungen notwendig, damit sie in der Praxis sinnvoll eingesetzt werden kann (Betrieb stark marktorientiert, steht unter Konkurrenzdruck, es laufen mehrere Projekte gleichzeitig etc.)

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Organisation als Organismen 1) Der Kontingenzansatz: Welche Struktur in welchen Umweltbedingungen?

Entstehung und Forschungsprogramm des Kontingenzansatzes „Kontingenz“ = Bedingtheit organisationaler Strukturen durch die jeweilige Situation. Die zentrale These des lautet: Die Situation bedingt die Organisationsstruktur und letztlich das Verhalten der Organisationsmitglieder sowie die Effizienz der Organisation. Empirisches Forschungsprogramm beschäftigt sich mit folgenden Fragen: (1) Wie können reale Organisationsstrukturen exakt gemessen und beschrieben

werden? (2) Welche situativen Faktoren erklären Unterschiede zwischen den

Organisationsstrukturen? (3) Welche Auswirkungen besitzen situative Faktoren und

Organisationsstrukturen auf das Verhalten der Organisationsmitglieder und die Effizienz der Organisation?

Das Interesse dieses Ansatzes der Organisationsforschung liegt in der empirischen Ermittlung der Zusammenhänge zwischen SITUATION, STRUKTUR u. LEISTUNG der Organisation.

Struktur(merkmale)variable Situationsvariable Spezialisierung (Ausmaß der

Arbeitsteilung) Größe der Organisation

Koordination (Ausmaß der Standardisierung u. Programmierung

Umwelt (stabil versus dynamisch)

Entscheidungsdelegation (hierarchische Verteilung d. Entscheidungskompetenzen)

Technologie (z. B. Massen- versus Werkstattfertigung)

Formalisierung (Aktenmäßigkeit) Breite bzw. Tiefe des Angebotsprogrammes

Die Zusammenhänge zwischen Situations- und Strukturvariablen und ihre Auswirkungen auf die Effizienz werden im Rahmen praktisch orientierter Erhebungen erarbeitet. Die Erklärung des Verhaltens der Organisationsmitglieder befindet sich aber bis heute noch in den Anfängen. Forschungshypothesen (im Rahmen empirischer Untersuchungen): • Hypothese A

Je größer eine Organisation ist, desto höher ist ihr Spezialisierungsgrad. • Hypothese B

Je größer eine Organisation ist, desto höher der Anteil der „technokratischen“ Koordinationsinstrumente Programmierung und Planung und desto geringer der Anteil des Koordinationsinstruments persönliche Weisung.

• Hypothese C Je größer die Organisation ist, desto höher ist ihr Formalisierungsgrad.

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Ziel oganisationaler Gestaltung ist also eine an die Umwelterfordernisse angepaßte Struktur der Organisation, ein „fit“ von Umwelt und Organisation.

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Auch in der Personalpolitik Gegensätze zum Maschinenmodell: • Rationalität ist gegenüber emotionellen Motivationen in den Hintergrund zu

stellen • Offenheit gegenüber anderen Organisationen (neues Know-how in die

Organisation) • Personalbeurteilung erfolgt durch erzielte Leistungen, anstatt normkonformen

Verhaltens (Management by Objectives)

Ergebnisse der kontingenztheoretischen Forschung:

(a) Zusammenhänge zwischen Größe und Organisationsstruktur Je größer die Organisation (z.B. gemessen an der Zahl der Beschäftigten), umso höher ist der Spezialisierungsgrad, die Koordination durch Programmierung u. Planung und der Formalisierungsgrad. Auch mehr Entscheidungen werden delegiert, umso größer die Organisation ist.

(b) Zusammenhänge zwischen Technologie und Organisationsstruktur Technologie wurde an 3 Ausprägungen untersucht: • Werkstattfertigung (geringe Mechanisierung) • Fließbandprinzip (hohe Mechanisierung) • Automatische Fertigung Im Übergang von der Werkstattorganisation zur Fließbandfertigung erhöht sich die Spezialisierung, bei weitgehender Automatisierung sinkt sie wieder.

(c) Zusammenhänge zwischen Umwelt und Organisationsstruktur Meistbenutzte Differenzierungskriterium der Variable Umwelt ist das Ausmaß an Dynamik. Burns und Stalker zeigten, daß das Bürokratiemodell nur unter stabilen Umweltbedingungen effizient sei. Sie unterschieden zwischen mechanistischen (Bürokratiemodell) und organischen (das Gegenteil) Organisationsstrukturen. Dynamische Umweltsituation = organische Organisationsstruktur, stabile Umweltsituation, keines der beiden effizienter.

(d) Zusammenhänge zwischen Organisationsstruktur und dem Verhalten der Organisationsmitglieder Gemessen anhand von Zufriedenheit, Akzeptanz organisatorischer Regelungen und Entfaltungsmöglichkeiten. Die Zufriedenheit von Managern steigt mit der Höhe ihrer Position in der Hierarchie. Der Autoritätsanspruch des Vorgesetzten wird grundsätzlich akzeptiert.

Kritik am Kontingenzansatz

2 Kritikebenen: 1. Methodische Kritik: bezieht sich auf die Mittel der Zielerreichung 2. Theoretische Kritik: hinterfragt die zugrundeliegenden Theorien und

Werthaltungen Ad 1) Methodische Kritik • Auswahl und Definition der Variablen

Die Auswahl der untersuchten Situations- und Strukturvariablen erscheint zumindest willkürlich. Bei den Situationsvariablen bleiben ökologische Umweltfaktoren sowie gesellschaftliche Werthaltungen und politische Rahmenbedingungen außer Acht. Persönliche Aspekte wie Kommunikation,

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Gruppen, Allianzen u. organisationskulturelle Faktoren gehen nicht in die Analyse ein. Zuordnung zu den beiden Variablen ist nicht immer nachvollziehbar.

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• Auswahl und Definition der betrachteten Zusammenhänge Das Verhalten von Menschen in Organisationen wird dagegen im Rahmen des Kontingenzansatzes kaum untersucht. Auch die Auswirkungen der Situations- und Strukturvariablen auf die Effizienz bzw. Effektivität der Organisation wird nur selten angesprochen. Bestimmen tatsächlich Situationsfaktoren die Strukturen, oder läßt sich dieser Zusammenhang auch umkehren?

• Operationalisierung d. h. Meßbarmachung, dadurch findet regelmäßig eine Einschränkung des Blickfeldes statt. Um die Variablen statistisch handhabbar zu halten, muß eine Auswahl weniger, leicht meßbarer Indikatoren getroffen werden.

• Meßprobleme

In manchen Untersuchungen sind die Stichprobenauswahl und deren Größe mangelhaft. Durch die Befragung der Führungskräfte gehen subjektive Komponenten in die Untersuchungen ein, damit nehmen die Forschungen ausschließlich die Perspektive des Managements an. Zusammenhang von Situation und Struktur zu einem bestimmten Zeitpunkt ist ein „Schnappschuß“ eines Prozesses, der zeitlichen Verschiebungen unterliegt.

• Informationsgehalt

Die Aussagen beschreiben lediglich Tendenzen und Wahrscheinlichkeiten. Ad 2) Theoretische Kritik • Ideologisierung

Bestimmte Strukturen und damit Zwänge für die Betroffenen „müssen“ eben eingeführt werden, um die Effizienz der Organisation in einer bestimmten Situation zu sichern. Die kontingenztheoretische Perspektive kann somit allzu leicht benutzt werden, Rechtfertigung für den Status quo der Organisation anzubieten.

• Entpolitisierung Kritik der tendenziellen Entpolitisierung von Organisationen. Es wird darauf hingewiesen, daß sich diese Theorie die Perspektive des Managements zu eigen mache und Organisationen nicht als Orte des Handelns konfliktärer Gruppen sehe.

• Rationalisierung

Die Welt ist nicht wie sie ist, sondern wie sie scheint; d.h. der Beobachter (Forscher, Manager) konstruiert sich seine Wirklichkeit aufgrund bestimmter Kognitionen. Je nachdem, welche Wertvorstellungen diesen Kognitionen zugrunde liegen, lassen sich auch unterschiedliche Erklärungen über das Zustandekommen organisationaler Strukturen konstruieren.

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2) Der Konsistenzansatz: Mintzbergs „Five“

Zum Modell Das Konsistenzmodell von Mintzberg besteht aus zwei Dimensionen: 1. beschreibt es Organisationen anhand von fünf Elementen

jede Organisation läßt sich in drei hierarchische Ebenen zusammenfassen = die strategische Spitze, der Mittellinie (Mittelmanagement) und dem betrieblichen Kern (ausführende Ebene). Diesen sind die Technostruktur und der Hilfsstab angelagert.

2. Fünf Konfigurationen beschreiben unterschiedliche Organisationstypen Die Einfachstruktur, die Maschinenbürokratie, die Profiorganisation, die Spartenstruktur und die Adhocratie

Strategische Spitze: Verantwortung, Topmanagement, Aufsichtsrat Die strategische Spitze ist mit dem betrieblichen Kern über eine formale Autoritätskette von Führungskräften der Mittellinie verbunden. Technostruktur: MA, welche die Arbeiten des betrieblichen Kerns planen und standardisieren. Standardisierung, Formalisierung, Programmierung und Strukturierung (z.B. Betriebsingenieure, Produktionsplaner, Qualitätskontrollore, EDV-Analytiker etc.) Hilfsstab: MA, die den eigentlichen Leistungserstellungsprozeß mittelbar unterstützen (z.B. Rechtsabteilung, Öffentlichkeitsarbeit, Lohn- und Gehaltsabrechnung, Empfang, etc.)

Fünf Konfigurationen (1) Einfachstruktur

Der dominante Organisationsteil ist die strategische Spitze. Pionierhafte Unternehmen, die die meisten operativen und strategischen Entscheidungen selbst treffen. Persönliche Weisung steht im Vordergrund. Technostruktur und Hilfsstab sind in dieser Struktur noch kaum ausgeprägt. Die Hierarchieebene ist flach; die Karrieremöglichkeiten der MA dementsprechend beschränkt. Paradebeispiele für diese Struktur sind Pionier- und kleine Familienunternehmen. Ausgezeichnet durch hohe Flexibilität („Der Kunde ist König“) und meist auch hohe Motivation der MA.

(2) Maschinenbürokratie

Hier wird die Organisation als möglichst perfekt zu konstruierende Maschine gesehen. Die Konstruktion, die Wartung und das „Schmieren“ (=Motivieren der Mitarbeiter) der Maschine sind hier die Aufgaben des Managements. Der wichtigste Organisationsteil ist in diesem Modell die Technostruktur. Hier werden die „Konstruktionspläne“ erstellt: Verfahrensvorschriften, horizontale u. vertikale Kompetenzverteilungen in Form von Organigrammen und Stellenbeschreibungen, Finanzplänen, Informationssystemen,

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Entscheidungsroutinen, usw. Kontrolle der Organisation aber auch der Umwelt ist hier ein hoher Wert. Sie schafft sich so viele Hilfsdienste wie möglich innerhalb ihrer eigenen Grenzen, um diese dann kontrollieren zu können.

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Die herausragende Stärke dieser Strukturform liegt in der Zuverlässigkeit und Stabilität. Dies bedingt aber auch ihre größte Schwäche: Inflexibilität. Maschinenbürokratische Arbeit ist grundsätzlich Einzelarbeit. Maschinenbürokratien florieren in stabilen Umweltbedingungen und leicht strukturierbaren Aufgabenstellungen. D. h. im öffentlichen Sektor und in der massenproduzierenden Großindustrie, aber auch überall dort, wo Sicherheit und Verläßlichkeit gefragt ist. Banken, Versicherungen, Hotel- und Restaurantketten, Fluggesellschaften, Feuerwehren, etc.

(3) Profiorganisation

Profiorganisationen kombinieren bestimmte Merkmale der Bürokratie mit dezentralen, autonomen Strukturen. Dominant ist hier der betriebliche Kern, die Professionisten. Professionelle Strukturen sind in Spitälern, Universitäten, großen Beratungsunternehmen, Forschungszentren, teilweise auch in Schulen anzutreffen. Das Wertesystem professioneller Organisationen ist demnach von fachlicher Kompetenz geprägt. In bezug auf die fachliche Arbeit wird direktives Führungsverhalten eher akzeptiert als in bezug auf Managemententscheidungen. Die Autonomie der einzelnen operativen Organisationsbereiche (Institute, Abteilungen, Stationen) stellt einen hohen Wert dar, der gegenüber der Organisation, aber auch anderen Abteilungen gegebenenfalls massiv verteidigt wird. Strategien werden wohl auf Abteilungsebene entwickelt, lassen sich aber kaum zu einer kosistenten Gesamtstrategie der Organisation integrieren (Strategieintegrationsproblem). Man denkt in diesen Brachen in Personen. Die menschenkonzentrierte Ausbildung und die berufliche Sozialisation verstärken dieses Merkmal professioneller Organisation. Ebenso charakteristisch für diese Organisation ist die Funktion des professionellen Administrators (Rektor, Dekan, Ärztlicher Leiter). Diese Person ist einerseits Bindeglied zwischen Experten und Administration und andererseits erfüllt sie eine Außenfunktion mit dem Ziel der Ressourcensicherung. Die Verwaltungen solcher Organisationen sind meist Maschinenbürokratien. Bildlich gesprochen sitzt der Profiorganisation eine kleine Maschinenbürokratie auf der Schulter. Konflikte ergeben sich, wenn die gegensätzlichen Arbeitsansätze aufeinander treffen. Die Stärke der Profiorganisation liegt neben der Kategorisierung und Standardisierung in ihrer Fähigkeit zur technologischen Innovation. Karrieren messen sich stark an der fachlichen Qualifikation. Profiorganisationen sind vor allem in komplizierten Umweltbedingungen erfolgreich.

(4) Spartenstruktur

Der dominante Teil der Spartenstruktur ist die Mittellinie, insbesondere die Leiter der einzelnen Sparten. Die Aufgabe der strategischen Spitze liegt vor allem in der strategischen Ausrichtung der Sparten auf Produktgruppen bzw. Märkte. Sonst sind die Sparten autonom. Sie werden in erster Linie über Ergebnisverantwortung gesteuert. Delegativer Führungsstil zwischen strategischer Spitze und den Spartenleitungen (Management by Objectives). Charakteristisch für Spartenorganisationen sind daher gut ausgebaute Managementinformationssysteme (Controlling).

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Infolge der klaren, quantitativ orientierten Zielausrichtung der einzelnen Sparten entwickeln sich diese häufig zu Maschinenbürokratien. Bildlich gesprochen trägt die Spartenstruktur mehrere kleine Maschinenbürokratien „im Bauch“. Innerhalb der Sparte verfügen die Spartenleiter über Personalautonomie. Um jedoch hierarchischen Erfolg zu erlangen ist ein hohes Engagement unbedingte Voraussetzung.

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Folgende Umweltbedingungen sind förderlich für die Spartenstruktur: Sie gedeiht wie die Maschinenbürokratie insbesondere in einem einfachen und stabilen Umfeld, aber zusätzlich bei großer Produkt- und Marktdiversität. Die Divisionalisierung verstärkt ihrerseits die Diversifizierung, also die Breite der Angebotspalette.

(5) Adhocratie

Der Begriff zeigt bereits das Hauptmerkmal dieser Strukturform an: Spontaneität, Flexibilität und Innovation sind die zentralen Werte der Adhocratie. Die Kompetenzverteilungen sind inexakt und fließend. Als dominanter Teil wird von Mintzberg der Hilfsstab genannt. Eine plausible Begründung für diese Aussage ist jedoch kaum zu erkennen. Es gibt weder einen bestimmten Output noch eine klare Kompetenzverteilung noch eindeutige Strategien. Gearbeitet wird in marktnahen kleinen Projektgruppen. Die horizontale Spezialisierung ist extrem hoch. Es gibt keine festgelegte formale Machtverteilung. Die Entscheidungsmacht ist ungleichmäßig über die gesamte Organisation auf Experten verteilt, dadurch verwischt sich auch der Unterschied zwischen strategischer Führungsspitze und der übrigen Struktur. 2 Typen von Adhocratie: I. Betriebliche Adhocratie (führt innovative Projekte direkt im Auftrag des

Kunden durch) II. Administrative Adhocratie (führt Projekte nicht im unmittelbaren Auftrag

des Kunden, sondern für eigene Zwecke durch) z.B. NASA während der Apollo-Ära.

Die Adhocratie ist ein Produkt hochkomplexer Umweltsituationen. Adhocratische Strukturen sind vor allem bei jungen Organisationen zu finden. Einmal gealtert, versuchen Adhocratien sich in Richtung Profiorganisation (Kategorisierung und Standardisierung) oder Maschinenbürokratien (Formalisierung und Standardisierung) zu entwickeln. Nachteile der Adhocratie sind die großen menschlichen Probleme und es ist vielfach höchst unklar, wer für was und wen zuständig ist, da es keine eindeutigen Autoritäten gibt.

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Organisationen als Kulturen 1) Zur Genesis des Organisationskulturkonzeptes Peters/Waterman waren zwar die erfolgreichsten Autoren der sogenannten „new management thinkers“, aber nicht die ersten und auch nicht die Urheber der sogenannten „weichen“ Elemente, die den Erfolg der Unternehmen ausmachen sollen. Sie knüpfen an das von Pascale/Athos in Zusammenarbeit mit der Beratungsfirma McKinsey entwickelte „7-S-Modell“ an. Rationale Führung wird mit emotionaler Einflußnahme kombiniert, wobei das 7-S-Konzept den Erfolg einer betriebswirtschaftlichen Organisation beeinflußt. Kern des 7-S-Modells Es müssen „weiche“ und „harte“ Variablen der Führung unterschieden werden. Harte Elemente = formale Organisationskultur (structure), Systeme (Managementsysteme) und Unternehmensstrategie (strategy) Weiche Elemente = (Führungs-)Personal (staff), Fähigkeiten (skills), Stil (style) und übergeordnete Ziele (superordinate goals) Mit „Style“ ist der kulturelle Stil der gesamten Unternehmung (Unternehmenskultur) gemeint und nicht etwa der individuelle Führungsstil eines Vorgesetzten. Das 7-S-Modell weist vor allem auf die Notwendigkeit hin, 1. alle „S“ zur Erreichung der Unternehmensziele optimal zu nutzen und 2. alle „S“ aufeinander abzustimmen („Fit“). 2) Organisationskulturansätze und die ihnen zugrundeliegenden Paradigmen Wissenschaftstheoretsiche Auseinandersetzung zwischen Objektivistischen Organisationsforschern (=funktionalistische Kulturansätze): wollen die Kultur als eine weitere Variable in ihre Erklärungsmodelle integrieren und Subjektivistische Organisationsforschern (=interpretative Kulturansätze): suchen die Kultur als Sinnsystem zu begreifen FUNKTIONALISTISCHER Organisationskulturbegriff Organisationen werden in der Regel als offene, kulturproduzierende Systeme begriffen. Die produzierte Kultur ist dabei als ein Konglomerat von spezifischen, unverwechselbaren Verhaltensdispositionen und –mustern der Organisationsmitglieder zu verstehen. „Cultural network“ = Inbegriff der unternehmensspezifischen Symbole (z.B. der Jargon der Unternehmung, typische Verhaltensweisen im Umgang der Mitarbeiter untereinander, der konkrete Vollzug hierarchischer Formalstrukturen, das Verhalten gegenüber Kunden und Lieferanten der Unternehmung). Führungskräften kommt bei dieser Sichtweise die Aufgabe zu, neben formalen Steuerungs- und Kontrollsystemen auch unternehmenskulturelle Symbole, wie z. B. organisationale Geschichten, Legenden, Riten, Rituale, Anekdoten und Zeremonien,

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aus der Unternehmenshistorie zur zielorientierten Verhaltenssteuerung der MA einzusetzen.

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INTERPRETATIVE Ansätze Im Rahmen der interpretativen Ansätze wird Kultur als ein individualistisches, ideelles Konstrukt begriffen, das konkret nicht faßbar und nicht beobachtbar ist. Organisationskultur wird als Ideensystem betrachtet, das in den Köpfen der Organisationsmitglieder existiert und als Ergebnis gemeinsam konstruierter Wirklichkeit erscheint. Kultur ist jener Teil der selektiven Ansichten der Wirklichkeit, der von einer Mehrheit geteilt und als grundlegend für die Zusammenarbeit erachtet wird (=Kultur als kollektiv geteilte Wahrnehmungen und Interpretationen). Was wirklich ist in Organisationen, ist daher nicht etwa vom Management vorgegeben, sondern das Ergebnis von Deutungs-, Interpretations-, Gestaltungs- und Aushandlungsprozessen. Organisationen sind somit aus dieser Sicht kein objektives Faktum, sondern eine „soziale Konstruktion der Wirklichkeit“. 3) Charakteristika von Organisationskulturen 10 dominante Merkmale: 1. sozial 2. verhaltenssteuernd 3. menschengeschaffen 4. allgemein akzeptiert (gelebt) 5. tradiert 6. erforschbar 7. entwicklungsfähig/veränderbar 8. bewußt und unbewußt 9. nicht direkt faßbar (unfaßbar) 10. Ergebnis und/oder Prozeß Ad 1) Organisationskultur ist sozial Organisationskultur ist als ein überindividuelles, soziales Phänomen anzusehen. Ad 2) Organisationskultur ist verhaltenssteuernd Das Verhalten einzelner wird auf eine Weise gesteuert, daß die Funktionsfähigkeit des Systems gewährleistet bleibt. Jedes einzelne Systemmitglied orientiert sich in seinem Handeln und Verhalten, in seinen Beziehungen zu anderen an einem Set gemeinsamer Standards, ohne ein umfassendes Verständnis ihrer Bedeutung und Herkunft zu besitzen. Ad 3) Organisationskultur ist menschengeschaffen Organisationskultur ist das Produkt kollektiven, gesellschaftlichen und individuellen Handelns. Ad 4) Organisationskultur ist allgemein akzeptiert Akzeptanz bedeutet, daß kulturelle Werte „gelebt“ werden, was sowohl bewußte als auch unbewußte Aspekte inkludiert. Ad 5) Organisationskultur ist tradiert Tradierung von Kultur bedeutet den Prozeß der historischen Entstehung und Bewährung der sie kennzeichnenden Dinge und Ereignisse.

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Organisationskultur ist das soziale Erbe einer Unternehmung, die Summe der von Generation zu Generation weitergegebenen Überzeugungen, Verhaltensweisen und –regeln.

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Ad 6) Organisationskultur ist erforschbar Erfahr- und erlernbar wird Kultur vor allem durch die menschliche Fähigkeit zur Symbolbildung. Die Bereitschaft zur Kulturübernahme kann allerdings von Individuum zu Individuum variieren. Ad 7) Organisationskultur ist entwicklungsfähig/veränderbar Nur in dem Umfang, in dem sie für Problemlösungen geeignet sind, haben kulturelle Inhalte und Formen langfristig Lebenschancen. Ad 8) Organisationskultur ist bewußt/unbewußt Eine Systemkultur ist in den „Köpfen und Herzen“ der Systemmitglieder bewußt und unbewußt verankert. Ad 9) Organisationskultur ist nicht direkt faßbar (unfaßbar) Man kann sie nicht im naturwissenschaftlichen Sinne sezieren, sondern muß sie – über Symbole – interpretieren, entschlüsseln, d. h. auf indirektem Wege erfahren. 4) Wirkungen von Organisationskultur Im weitesten Sinne des Wortes ist „Kultur“ zunächst als etwas zu verstehen, was eine Verbindung zwischen zusammenlebenden Menschen darstellt. Man kann daher Kultur im allgemeinen als Kitt, als Klebstoff einer Gesellschaft ansehen. Unternehmenskultur = gemeinsamer Nenner, Verständigungsbasis Zentrale Funktionen die eine „gesunde“ Unternehmenskultur zu erfüllen hat, sind 1. Identifikationsfunktion

(Wir-Gefühl, stärkt das Selbstbewußtsein) 2. Integrationsfunktion

(Kultur wirkt sozial integrativ) 3. Koordinationsfunktion

(strukturelle und personale Führung) 4. Motivationsfunktion

(motivationsfördernd nach innen, handlungslegitimierend nach außen) 5. Sie bleibt stets weltoffen und birgt Lern – und Entwicklungspotentiale Für Schein gibt es nur eine einzig wichtige Funktion von Organisationskultur, nämlich Ängste von Führungskräften und MA zu verringern. 5) Zum Außenverhältnis: System im „Super“-System „Schachtel“-Modell von Scheuss

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Ebene Beschreibung Bsp. für besondere

Bedeutung der Ebene A Privatkultur Kulturelle Standards eines

Individuums Pionierorganisation

B Gruppenkultur Kulturelle Standards einer Gruppe

Profiorganisation

C Unternehmenskultur Kulturelle Standards eines Unternehmens

Maschinenbürokratie. Multinationale Konzerne

D Branchenkultur Kulturelle Standards einer Branchengemeinschaft

Handwerkliche Traditionen, Berufsstandards (RA, Ärzte)

E Gesellschaftskultur Kulturelle Standards einer ganzen Gesellschaft

Internationale Kooperationen (z. B. Joint Ventures)

7 Übereinstimmungen zwischen (Meta-)Universalkultur und Unternehmenskultur: 1) Gesellschaftskultur und Unternehmenskultur sind beide historisch begründet 2) Beide unterliegen „Gesetzmäßigkeiten“ und sind der Beeinflussung durch den

Menschen zugänglich. 3) Materielle und immateriell ideelle Dimensionen (Normen, Werte, Verhaltens-

und Organisationsmuster etc.) 4) Ganzheitliche Systeme enthalten verschiedene Subsysteme 5) Jede Unternehmung ist eine Teilmenge der Gesamtkultur 6) Beide Kulturen bewirken eine Identifikation bei den ihr Angehörigen 7) Gesellschaften wie Unternehmen setzen „Kultur“ als instrumentellen Faktor für

ihre Überlebensstrategie 6) Zum Innenverhältnis: Subkulturen Subkulturen in Unternehmen entstehen dann, wenn eine Gruppe von Mitgliedern regelmäßig miteinander interagiert und kommuniziert, wenn sie sich selbst als spezifische Gruppe identifiziert. Louis präsentiert vier Bereiche in einem Unternehmen, in denen Subkulturen entstehen können: auf der Führungsebene, in der vertikalen Spalte (z.B. Produktion, Absatz), auf horizontal gleichen Hierarchieniveaus (z.B. alle Universitätsassistenten) sowie in einer bestimmten Abteilung, in einem bestimmten Büro. Aktouf und seine MA haben ihre Forschungen in Form teilnehmender Beobachtungen in zwei Brauereibetrieben in Kanada und Algerien durchgeführt. Die wichtigsten Erkenntnisse von Aktouf: Es wurden innerhalb eines Unternehmens unterschiedliche, ja sogar gegensätzliche „Welten“ entdeckt. Signifikant herausgearbeitet wurden dabei die „Welt der Unternehmensleitung“ und die „Welt der Arbeiter“. Diese zwei Vorstellungs-, Sprach- und Wahrnehmungswelten sind wesentlich mehr durch Entfernung, Mißtrauen und sogar Feindseligkeiten bestimmt als durch Harmonie und Konvergenz.

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Vorstellungswelt der Unternehmensleitung: Vorstellungswelt des Managements ist teilweise erstaunlich rückschrittlich. Es dominiert ein Kult der Zahlen und ein Buchhaltungsjargon. Die Unternehmensphilosophie beschränkt sich auf Zahlen, Disziplin, Erträge, Kosten. In der Vorstellungswelt des Managements ist die Fabrik eigentlich „eine Maschine die laufen muß“, und diese Maschine ist bevölkert von austauschbaren Organen. Vorstellungswelt der Arbeiter: Die Direktion sei nichts anderes als eine weit entfernte, mit allmächtigen und herablassenden Unbekannten bevölkerte Einheit, die sich nur für eine Sache interessiert: die Produktionsrate und den Profit. Die Fabrik erleben die Arbeiter häufig als einen Ort der Erniedrigung. 7) Kulturvermittlung durch Symbole Wesentliche Elemente zur Erfassung von Kultur sind Symbole, die der Mensch entwickelt und gebraucht. Diese Fähigkeit ermöglicht es ihm, Dinge und Ereignisse mit Sinn zu belegen. Durch Symbolisierung verknüpft der Mensch einen Sinnbereich mit einem Sachbereich. Die Medien der symbolischen Vermittlung von Werten, Normen etc. kann man mit Neuberger in 3 Arten einteilen: • Sprachliche Medien

Sind Mythen, Anekdoten, Solgans, Mottos, Leitsätze, Geschichten, Parabeln, Legenden, Sagen, Märchen, Jargons, Lieder, Hymnen usw.

• Interaktionale Medien (=Handlungsmuster) Riten, Rituale, Zeremonien, Tabus, Feiern, Festessen, Jubiläen, Konferenzen, Tagungen, Vorstandsbesuche, Beförderungen, Entlassungen, Pensionierungen

• Objektivierte Medien (= Kulturgüter) Statussymbole, Architektur und Design, Abzeichen, Embleme, Geschenke, Fahnen, Preise, Urkunden, Idole, Totems, Kleidung, äußere Erscheinung, Broschüren

8) Kulturdiagnose: Von Symbolen zu einem Bild der Organisationskultur Ziel des Kulturdiagnoseprozesses ist es, zu einem einigermaßen „stimmigen Bild“ über das Normengefüge und die Werthaltungen einer Organisation zu gelangen. Widersprüche und Inkonsistenzen zu erkennen, und auf ihre Funktionen für die Aufrechterhaltung des Systems zu hinterfragen. Wie bereits erwähnt, ist Kultur nicht direkt faßbar und schon gar nicht objektiv meßbar. Kulturdiagnose ist vielmehr ein subjektiver Interpretationsprozeß, der von den jeweilig Beobachtenden stark beeinflußt wird. Veranschaulichung des Interpretationsprozesses durch das Eisbergmodell: Der Großteil der Organisationskultur liegt „unter Wasser“. Direkt zugänglich sind nur die beschriebenen Symbole.

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Eine weitere Verdichtung erfährt das Bild durch eine Analyse der grundlegenden Voraussetzungen, den grundlegenden Basisannahmen. In einem dritten Verdichtungsschritt kann versucht werden, diese Basisannahmen in ein „Weltbild“ der Organisation zu gießen.

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Hinweise für Analysierende, um die Qualität der Diagnoseergebnisse zu verbessern. • Ein Beobachter ist kein Beobachter

Mehrere Beobachter sind eher als ein einzelner in der Lage, unterschiedliche Blickwinkel einzunehmen und verschiedene Beobachtungskategorien anzulegen.

• Kulturdiagnose erfordert Distanz zum System Organisationsmitglieder oder nahestehende Beobachter werden häufig nur ein verzerrtes Bild ermitteln können, denn sie sind selbst Mitspieler.

• Kulturdiagnose erfordert Ausbildung und Erfahrung Ausbildung und Erfahrung vergrößern die Anzahl der zur Verfügung stehenden Leitdifferenzen.

• Kulturdiagnose kann Unliebsames zutage fördern Konflikte zwischen Personen und Gruppen, die bislang unter den Teppich gekehrt wurden, können aufgedeckt werden.

• Jede Analyse eines kulturellen Systems ist bereits eine Intervention Die Kultur verändert sich während und durch den Diagnoseprozeß, ohne daß darauf bewußt Einfluß genommen werden kann. (Bsp. Hawthorne-Studie)

9) Organisationskultur und Personalführung Es gibt 2 gegensätzliche Positionen der Verhaltensbeeinflussung von MA durch das Organisationsmanagement: die instrumentelle und die interpretative Die interpretative Auffassung spricht Führungskräften die Aufgabe zu, neben der Steuerung über den formalen Organisationsaufbau auch organisationskulturelle Symbole wie z.B. Legenden, Riten, Rituale, Anekdoten und Zeremonien aus der Unternehmenshistorie zur zielorientierten Verhaltensbeeinflussung der MA einzusetzen. Nach der instrumentellen Sichtweise wird angenommen, daß Manager Organisationskultur „machen“, „steuern“ bzw. „gestalten“ können. Organisationskultur wird als Mittel zur Effizienz- und Erfolgssteigerung angesehen.

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Personalmanagement als mikropolitisches Handeln im Rahmen industrieller Beziehungen Einleitung und Begriffserklärung 1) Interessenlagen der betrieblichen Akteure Den Interessen der Beschäftigten stehen die Interessen des Unternehmens gegenüber. Zwar gibt es auch Konstellationen, in denen sich die Interessen von Arbeitnehmer(innen) und Management decken oder ergänzen können, aber normalerweise ist von einer konfliktären Situation auszugehen, weil das Hauptziel einer privaten Unternehmung, die Erzielung eines möglichst hohen Gewinns, durch die Erfüllung der Forderungen der Beschäftigten beeinträchtigt wird. Interessen der Arbeitnehmer: ein sicherer Arbeitsplatz, angemessener Lohn, die Erhaltung der Arbeitskraft, die Entfaltung der Qualifikationen, die Mittwirkung an betrieblichen Entscheidungsprozessen Interessen des Unternehmens: vorhandene knappe Ressourcen müssen optimal genutzt werden, die Konkurrenzfähigkeit erhalten, die Produktionsbedingungen stabilisiert, die Kosten minimiert und die betriebliche Herrschaftsstruktur gesichert werden. Regulierung = Prozeß, in dem die unterschiedlichen Interessen betrieblicher Akteure aufeinandertreffen, Konflikte und Kooperationsbemühungen veranlassen und an dessen Ende in der Regel ein neues Kompromißniveau gefunden wird. 2) Betriebliche Regulierungsmaßnahmen Die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Unternehmensseite lassen sich 3 Ebenen zuordnen: Der Mikroebene (Betrieb) Der Mesoebene (sektoraler Arbeitsmarkt) Der Makroebene (Gesamtwirtschaft) Zwischen den Ebenen besteht ein hierarchisches Verhältnis, so daß die betriebliche Ebene Vorgaben der „höheren“ Ebenen wie Kollektiverträge und gesetzliche Bestimmungen beachten muß. 3) Konflikt oder Kooperation? – Mikropolitik im Betrieb Alle Aktivitäten des Managements zur Beeinflussung der MA müssen unter Berücksichtigung der sozialen, ökonomischen und rechtlichen Beziehungen im Betrieb stattfinden. Dies betrifft die Präsenz von gewerkschaftlichen Vertrauensleuten im Betrieb ebenso wie die Respektierung von Mitbestimmungsrechten der Betriebsräte.

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Ansatz von Crozier und Friedberg zur Darstellung mikropolitischer Ansätze: Das Verhältnis zwischen Akteur und System wird als dialektische Beziehung aufgefaßt: Weder kann der Akteur aus freiem Willen unbeschränkt handeln, noch gibt das System echte Zwänge vor. Die Autoren ziehen die Spielmetapher heran, um den komplexen Zusammenhang zwischen Akteur und System zu beschreiben. Danach kann das System als Spielfeld und Spielanweisung verstanden werden, dessen Rahmen normalerweise von den Spielern eingehalten wird. Allerdings können auch die Spielregeln in einem mikropolitischen Prozeß geändert werden. Jeder Akteur hat einen – unterschiedlich großen – Handlungsspielraum im mikropolitischen Spiel. Das Ausmaß dieses Handlungsspielraumes im Vergleich zu anderen Akteuren kann als Machtverhältnis beschrieben werden. Wie schon gezeigt wurde, ist die Handlungsmacht der „Rohstoff“ für mikropolitische Strategien. 4) Institutionen und Instrumente der Interessenregulierung Dazu zählen: a) Gewerkschaften b) Arbeitgeberverbände c) Tarifautonomie/Tarifverträge d) Betriebliche Interessenvertretung Ad a) Gewerkschaften Gewerkschaften sind historisch als Organisationen der Arbeiter zum Schutz und zur Wahrung ihrer Interessen entstanden. 3 Funktionen von Gewerkschaften: • Selbsthilfevereine (Streikunterstützung, Arbeitslosenunterstützung, Rechtsschutz,

Pensionen) • Kampfverbände (zielen auf die Beherrschung des Arbeitsmarktes ab) • Parlamentarische Lobby (versuchen mittelbar oder unmittelbar auf das staatliche

Handeln Einfluß auszuüben) Prinzipiell sollen Gewerkschaften 2 Oberziele in der Politik verfolgen: Das Ziel einer jeden Gewerkschaftspolitik ist demnach nicht nur, dem Arbeiter gute Lohn- und Arbeitsbedingungen zu sichern, sondern ihm einen neuen sozialen und politischen Status zu erkämpfen. Doppelcharakter der Gewerkschaften: Die Gewerkschaften handeln im Rahmen der bestehenden Gesellschaftsordnung; dabei passen sie sich das eine Mal stärker den Spielregeln des Kapitalismus an, eine anderes Mal verfolgen sie eine härtere Politik der Interessenvertretung. Gewerkschaftliche Organisationsformen lassen sich in Arbeitsmarktbezogene (Berufs-, Betriebs- und Industriegewerkschaft) und politische (Richtungs- und Einheitsgewerkschaften) Kriterien einteilen.

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Hauptwaffe im Kampf um die Durchsetzung der Arbeitnehmerinteressen ist die Androhung und Durchführung von Streiks. Dabei muß man zwischen dem kurzfristigen Warnstreik und dem langfristigen Erzwingungsstreik unterscheiden. Weit verbreitet ist der Grundsatz, daß ein Streik immer als letztes Mittel in der Auseinandersetzung zu sein hat. Ad b) Arbeitgeberverbände Als Reaktion auf die Gründung von Gewerkschaften, schlossen sich die Unternehmen zu Arbeitgeberverbänden zusammen. Es liegt daher im Interesse der Unternehmen, möglichst flächen- und branchendeckend alle Betriebe im Arbeitgeberverband zusammenzufassen und per Tarifvertrag mit den Gewerkschaften gleiche Lohn- und Arbeitsbedingungen festzulegen. Als Kampfmittel wird hier die Aussperrung eingesetzt. Darunter ist die Kündigung bzw. Suspendierung der Arbeitsverträge durch die Unternehmensleitung zu verstehen. Ad c) Tarifautonomie/Tarifverträge Die rechtliche Anerkennung von Tarifverträgen (Kollektivverträge) mußte von den Gewerkschaften in jahrzehntelangen Bemühungen durchgesetzt werden. Die Tarifautonomie ist heutzutage meist gesetzlich normiert und damit abgesichert. In Österreich über das Arbeitsverfassungsgesetz. Ad d) Betriebliche Interessenvertretung Betriebsrat = Vertretung der kollektiven Interessen der Belegschaft und der individuellen Probleme der Arbeitnehmer gegenüber dem betrieblichen Management. Typisches Regelungsinstrument zwischen Management und Betriebsrat sind schriftliche Betriebsvereinbarungen. Aufgaben: • Die Einhaltung von Gesetzen und Tarifverträgen zugunsten der Beschäftigten zu

überwachen • Anregungen der Arbeitnehmer aufzunehmen und ggf. mit dem Management zu

beraten • Bei personellen Einzelmaßnahmen mitzuwirken und • Bei gesetzlich genau festgelegten sozialen Angelegenheiten mitzubestimmen Typologie der Betriebsräte: Typ 1: Der ignorierte Betriebsrat Wird von der Betriebsleitung als auch von den Beschäftigten ignoriert. Typ 2: Der isolierte Betriebsrat

Ihnen werden formal die ihnen zustehenden Arbeits- und Mitbestimmungsmöglich-keiten eingeräumt

Typ 3: Der Betriebsrat als Organ der Geschäftsleitung Betriebsräte wollen an der Macht teilhaben Typ 4: Der respektierte zwiespältige Betriebsrat als Ordnungsfaktor Betriebsratsspitze zugleich Interessenvertreter und Ordnungsfaktor Typ 5: Der respektierte und standfeste Betriebsrat Konsequente Interessenvertretung, konfliktär zum Management Typ 6: Der Betriebsrat als kooperative Gegenmacht Starke Konfliktorientierung u. Machtstellung, vom Management akzeptiert

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5) Ein Beispiel für mikropolitische Prozesse: Gruppenkonzepte im Betrieb Traditionelle Aufgabe des Managements ist es die Ungewißheitszonen zu minimieren. Hierfür ist eine weitreichende Kontrolle des Produktionsprozesses und seines Umfeldes notwendig. Klassische Kontrollmechanismen des Managements beruhen auf dem Konzept der „wissenschaftlichen Betriebsführung“ von Taylor. Doch nicht nur das Management hat Kontrollbedarf. Die Beschäftigten unterliegen zahlreichen Risiken, die sich für jedes Individuum als existenzbedrohend darstellen können: Arbeitsplatzrisiko, Lohnrisiko, Gefahr der Dequalifizierung, Unfallgefahren etc. Die Ursachen dieser Risiken können im Produktionsprozeß, im Marktgeschehen oder in betrieblichen Machtauseinandersetzungen liegen. Durch ihre zentrale Stellung im Produktionsprozeß sind auch die Beschäftigten in der Lage, Ungewißheitszonen zu kontrollieren und damit Macht auszuüben. 2 Formen der Macht: Primärmacht u. Sekundärmacht Die Primärmacht beruht direkt auf der Position der Beschäftigten in der Produktion und gründet in • Nicht ohne weiteres ersetzbares produktionsrelevantes Wissen • Zugriffsnotwendigkeit und –Häufigkeit auf das Wissen der Beschäftigten durch

den Betrieb • Höhe der Kosten für einen Arbeitsplatzwechsel jeweils für Unternehmen sowie

Beschäftigte Die Sekundärmacht beruht hingegen auf den „Konstrukten“ die aus den alltäglichen Machtkämpfen hervorgehen: rechtlichen oder vertraglichen Regelungen oder Institutionen. Größere Effizienz der kapitalistischen Produktion ist in Zukunft nur bei einer Lockerung der Arbeitsteilung erreichbar. Um eine umfassende, aber kostengünstige Kontrolle des Betriebsgeschehens verwirklichen zu können, greift das Management heute auf moderne Methoden partizipativer Organisationsformen wie Qualitätszirkel zurück. Unter Kontrolle wird in diesem Zusammenhang verstanden: 1. Die Eingrenzung von Unsicherheitszonen 2. Die emotionale Bindung der Beschäftigten an den Betrieb 3. Die Einbindung des Primärpotentials d. Beschäftigten (Verzicht auf

Machtrealisation) Nutzt jeder Akteur seine Möglichkeiten bei einer kooperativen Strategie, so ist ein optimales Ergebnis für alle Beteiligten denkbar: ein besseres Produktionsergebnis bei sinkenden Kosten für das Management und erweiterte Mitwirkungschancen für die Beschäftigten.

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Der äußere Bedingungsrahmen für Mikropolitik im Betrieb: Industrielle Beziehungen in ausgewählten Industriestaaten 1) Industrielle Beziehungen in Japan Japan ist bekannt für sein ausgezeichnetes Sozialklima, hohe Produktivität, geringer Absentismus, ausgeprägtes Qualitätsbewußtsein, niedriges Lohnniveau, starker Zusammenhalt von „Betriebsgemeinschaften“ und geringe Streikbereitschaft. a) ARBEITSMARKTSTRUKTUR Der japanische Arbeitsmarkt wird besonders durch eine große Kluft zwischen Groß- und Kleinbetrieben geprägt. In den Großbetrieben gibt es ausgebaute Sozialleistungen wie z. B. lebenslange Beschäftigung und Senioritätslohn. Diese Betriebe können auch relativ hohe Löhne ausschütten. Währenddessen die vielen Klein- und Mittelbetriebe, oftmals direkt abhängig von den Großbetrieben, teilweise nur den halben Lohn bezahlen. In ihnen arbeiten aber ca. 70 % der Beschäftigten. Die Abhängigkeit der kleinen Betriebe, die durch Lieferverträge, Kreditbeziehungen erzielt wird, verhilft den Großbetrieben zu entsprechenden Vorteilen am Weltmarkt. Frauen und auch Betriebswechsler gehören ebenfalls zu einer benachteiligten Gruppe. b) GEWERKSCHAFTSWESEN Typische Organisationsform der japanischen Arbeiterschaft ist die der Betriebsgewerkschaft. Keine Gemeinsamkeiten der Gewerkschaften von Groß- und Kleinbetrieben. Die Betriebsgewerkschaften treten „als kooperative Partner des Managements“ auf. Die enge Bindung der Gewerkschaften an die Unternehmen zeigt sich auch in der Tatsache, daß sich das Management häufig aus ehemaligen Gewerkschaftsfuntionären rekrutiert. Offene Konflikte zwischen Management und Gewerkschaften sind selten. c) BASISINSTITUTIONEN „Lebenslange Beschäftigung“ und Senioritätslohn werden häufig der japanischen Mentalität oder kultureller Überlieferungen zugeschrieben. Gelten größtenteils nur für die Stammbelegschaft der Großbetriebe. Ein Rechtsanspruch nach westlichem Verständnis auf die Geltung der Senioritätsregeln besteht nicht. d) BETRIEBLICHE ORGANISATIONSSTRUKTUR Zwei Ebenen der betrieblichen Organisationsstruktur: unternehmensinterne Statushierarchie und die funtionale Zuständigkeiten. Die Statushierarchie wird von gesellschaftlichen Werthaltungen geprägt. So spielt das Alter und die Dauer der Betriebszugehörigkeit eine wesentliche Rolle. Zwischen der Statushierarchieebene und der Ebene der funtionalen Zuständigkeiten besteht aber ein typisch japanischer Widerspruch: es existiert keine Festlegung von faktischen Kompetenzen und Arbeitsinhalten. Das japanische Management sucht auf allen Ebenen der Hierarchie nach einer Rückbindung seiner Entscheidung an die Untergebenen.

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2) Industrielle Beziehungen in den USA Die industriellen Beziehungen in den USA unterscheiden sich sowohl von den japanischen als auch den deutschen Verhältnissen besonders durch den spezifischen Charakter des gewerkschaftlichen Einflusses. Das traditionelle Gewerkschaftsselbstverständnis wird durch einige amerikanische Besonderheiten geprägt: ein rigides System der innerbetrieblichen Aufgabenabgrenzung (job classification), das Senioritätsprinzip und die Gewerkschaftswahlen. Die Gewerkschaften haben nach einer gewonnen Wahl in einem Betrieb weitreichende Rechte, nach einer verlorenen Wahl ist sie aus dem Betrieb für geraume Zeit ausgeschlossen. Die amerikanischen Gewerkschaften verstehen sich als nicht-politische, ökonomische Interessenvertretung der Arbeiterschaft. Im Gegensatz zu den deutschen Gewerkschaften, die aktiv die Entwicklung der Mitbestimmung in den Unternehmen und Betrieben mitgestaltet haben, lehnen die amerikanischen Gewerkschaften traditionell jegliche Mitverantwortung für betriebliche Entscheidungen ab. Sie sind lediglich dann legitimiert, die Arbeiter eines Betriebes zu vertreten, wenn sie im entsprechenden Betrieb eine Anerkennungswahl gewonnen haben. Dann allerdings stehen ihr weitreichende Einflußchancen auf die betriebliche Arbeitsorganisation und die Entlohnung zur Verfügung. In Branchen mit noch relativ starken Einwirkungsmöglichkeiten der US-Gewerkschaften, wie z.B. der Automobilindustrie, läßt sich das historisch herausgebildete System der industriellen Beziehungen in den bedeutendsten Ausprägungen studieren. In diesen Industriezweigen herrscht bis heute noch eine äußerst rigide Form der personellen Arbeitsteilung. Job-Control-Ansatz mit detaillierten job classifications bedeutet, daß einzelne Tätigkeiten im Betrieb von jeweils spezialisierten Facharbeitern übernommen werden. Die umfassenden job classifications werden ergänzt durch das Senioritäsprinzip, nach dem sich personalwirtschaftliche Maßnahmen strikt nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit richten müssen. Eine Bevorzugung oder Benachteiligung von einzelnen Arbeitnehmern aufgrund der Leistungsfähigkeit oder der Anpassungsbereitschaft scheidet aus. In den achtziger Jahren Lockerung der job classifications und Einführung von Team-Konzepten. Die jüngere Entwicklung der Gewerkschaften in den traditionellen, starken Branchen Auto und Stahl bringt drastische Mitgliederverluste aufgrund forcierter Rationalisierung und Verluste an Weltmarktanteilen durch konkurrierende asiatische und europäische Unternehmen. Deregulierungsmaßnahmen der US-Regierung und Privatisierungen im Transportbereich schwächten die politische Bedeutung der US-Gewerkschaften ebenso wie der industrielle Wandel von den bisherigen Kernbereichen, die gewerkschaftlich hoch organisiert waren, hin zu High-Tech-Branchen, in den sich gewerkschaftliche Organisationen nur schwer aufbauen lassen.

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3) Industrielle Beziehungen in Deutschland Das System industrieller Beziehungen in Deutschland weist gegenüber den USA und Japan etliche Besonderheiten auf. • Die Gewerkschaften sind nach dem Industrieverbandsprinzip organisiert und

schließen neben Firmentarifverträgen vor allem relativ großflächige Branchentarifverträge ab.

• Es existiert ein ausgefeiltes und gesetzlich fixiertes Tarifvertragssystem • Alle Ebenen der industriellen Beziehungen sind durch eine starke Verrechtlichung

geprägt. • Offensive Vertretung des Beteiliungsinteresses der Beschäftigten auf allen

Ebenen der Wirtschaft. • Unternehmensweite Mitbestimmung durch die Entsendung von Vertretern der

Belegschaft in den Aufsichtsrat. • Duales Interessenvertretungssystem: Gewerkschaften vorwiegend auf

überbetrieblicher Ebene und Betriebsräte auf betrieblicher Ebene. Lohnhöhe, Arbeitszeit, Urlaub, Urlaubsentgelt und sonstige materielle Leistungen werden von den Tarifparteien ausgehandelt und in Tarifverträgen festgeschrieben. Der Tarifvertrag gilt dabei unmittelbar und zwingend, kann also nicht durch ein individuelles Abkommen zwischen Arbeitnehmer und –geber abbedungen werden. 16 bundesdeutsche Gewerkschaften im Deutschen Gewerkschaftsbund vor der Vereinigung mit der DDR. Die IG Metall ist mit 3,15 Mio. Mitgliedern die größte Industriegewerkschaft der westlichen Welt. Die Gewerkschaften im DGB sind dem Prinzip der Einheitsgewerkschaft verpflichtet, d.h. daß Arbeitnehmer aller politischen Richtungen in die Gewerkschaft eintreten können. Das gleichfalls zugrundegelegte Industrieverbandsprinzip garantiert die einheitliche Vertretung aller Arbeitnehmer eines Betriebes, egal welcher Berufsgruppe sie angehören oder ob sie Arbeiter, Angestellte oder Beamte sind. Wie bereits erwähnt wurde haben Betriebsräte zahlreiche Aufgaben- und Mitwirkungsrechte. Auffällig ist dabei, daß diese Rechte unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Im Bereich wirtschaftlicher Fragen sind es meist nur Informations- und Beratungsrechte, bei Rationalisierungsfragen kommt ein Mitbestimmungsrecht hinzu. Anders als in den USA gibt es in Deutschland nur wenige Senioritätsbeziehungen, die eine Personalselektion beschränken würden und keine formalen Regelungen, die den flexiblen Personaleinsatz behindern würden. Ebenso wie in den USA besteht auch in D ein starker Veränderungsdruck auf die Gewerkschaften, der insbesondere durch den Strukturwandel der Wirtschaft und den Einsatz der Mikroelektronik in allen Branchen ausgelöst wird. Mitbestimmung am Arbeitsplatz: Zielsetzung war die Rückenstärkung für den Betriebsrat durch aktive, mitdenkende und mitgestaltende Basis. Die Passivität und

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das Desinteresse der Gewerkschaftsmitglieder sollten durch ihre stärkere Einbeziehung in die gewerkschaftliche Politik überwunden werden.

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4) Industrielle Beziehungen in Österreich In Österreich hat sich eine spezifische Praxis des Ausgleichs der Interessengegensätze zwischen Arbeit und Kapital herausgebildet: die sog. Wirtschafts- und Sozialpartnerschaft. Die WSP im engeren Sinn umfaßt nur die überbetriebliche (gesellschaftliche und kollektivvertragliche) Ebene der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeziehungen. (1) Zusammenarbeit auf überbetrieblicher Ebene a) Wirtschafts- und Sozialpartnerschaft Ein herausragendes Kennzeichen der industriellen Beziehungen in Österreich ist das Vorhandensein einer gut funktionierenden, freiwilligen Kooperation zwischen den gleichberechtigten Partnern Regierung, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen auf allen Gebieten der Wirtschafts- und Sozialpolitik. b) Interessenvertretungen der Arbeitgeber- und ArbeitnehmerInnen sind öffentlich-rechtliche Selbstverwaltungskörper und wurden vom Staat eingerichtet. Ihre Aufgabe ist es „die Interessen der in ihnen zusammengefaßten Mitglieder im eigenen Bereich wahrzunehmen und nach außen hin zu vertreten“. Der Ein- und Austritt der vereinsrechtlichen Interessenvertretungen ist dagegen freiwillig. Diese einmalige Kombination von gesetzlichen und freiwilligen Arbeitgeber- und –nehmervertretungen ermöglicht die Interessenberücksichtigung aller Beteiligten und trägt wesentlich zur Akzeptanz und Legitimation der WSP bei. • Interessenvertretungen der Arbeitgeber

Handelskammer, Vereinigung österr. Industrieller (VÖI), Landwirtschaftskammer • Interessenvertretungen der Arbeitnehmer

Kammern für Arbeiter u. Angestellte (Arbeiterkammern), Österr. Gewerkschaftsbund (ÖGB)

c) Paritätische Kommission für Lohn- und Preisfragen Obwohl sie auf keinem Gesetz beruht und ihre Entscheidungen lediglich den Charakter unverbindlicher Empfehlungen haben, ist ihre Legitimation und die faktische Durchsetzung ihrer Entscheidungen außerordentlich hoch. Im wesentlichen übt die Paritätische Kommission 3 Funktionen aus: • Sie kontrolliert auf freiwilliger Basis die Preise (Preisunterausschuß) • Und Löhne (Lohnunterausschuß) und • Berät die Regierung in wirtschafts- und sozialpolitischen Belangen

(Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen) Der Antrag auf Freigabe von Preisverhandlungen bringt das jeweilige Unternehmen. Die Preiserhöhung kann genehmigt oder abgelehnt werden, je nachdem ob sie gerechtfertigt ist. (2) Die Zusammenarbeit auf kollektivvertraglicher Ebene Das Arbeitsverfassungsgesetz ermächtigt die Wirtschafts- und Sozialpartner, gewisse Angelegenheiten in Form von Kollekivverträgen autonom zu regeln. Kollektivertragsfähig sind gesetzliche Interessenvertretungen der Arbeitgeber und –nehmer. Auch Gewerkschaften sind kollektivertragsfähig.

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Gegenstand von Kollektivvertragsverhandlungen sind vor allem Löhne, Gehälter, Arbeitszeiten, Urlaubsregelungen, Entgeltfortzahlungen bei Krankheit usw. Kollektivverträge können durch Betriebsvereinbarungen und Einzelarbeitsverträge nur dann aufgehoben oder beschränkt werden, sofern • Solche Sondervereinbarungen vom Kollektivvertrag nicht ausgeschlossen sind, • Für die Arbeitnehmer günstiger sind, oder aber • Angelegenheiten betreffen, die nicht im Kollektivvertrag geregelt sind. (3) Die Zusammenarbeit auf betrieblicher Ebene In Betrieben mit mindestens fünf Arbeitnehmern wird der Belegschaft die Möglichkeit eingeräumt, Betriebsräte zu ihrer Vertretung zu bestellen. Die gesetzliche Aufgabe der Betriebsräte besteht darin, die wirtschaftlichen, sozialen , gesundheitlichen und kulturellen Interessen der Arbeitnehmer wahrzunehmen und zu fördern. Der Betriebsrat hat seinerseits einen Interessenausgleich zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebes anzustreben. (4) Die Zusammenarbeit auf Arbeitsplatzebene Alle jene Angelegenheiten die nicht durch Gesetz, Kollektivverträge oder Betriebsvereinbarungen geregelt sind, können in Form eines individuellen Arbeitsvertrages zwischen Unternehmensleitung und den einzelnen Arbeitnehmern vereinbart werden (z. B. Pensionszusagen, Dauer des Beschäftigungsverhältnisses, Werkswohnung). Die damit verbundene Partizipation am Arbeitsplatz soll z. B. die Qualität der Arbeit und die Arbeitsmotivation verbessern, die Produktivität steigern, sowie Krankenstände und Fluktuationsraten senken helfen.

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Theorien der Führung Definition und Konzepte über Führung Führung = sozialer Beeinflussungsprozeß, in dem eine Person (der Führende) versucht, andere Personen (die Geführten) zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben zu veranlassen. Das zentrale Anliegen der Führungsforschung besteht darin zu ergründen , wodurch der einzelne zu einem effektiven Führer wird. Zur Beantwortung der Frage , was den Führungserfolg ausmacht, ist im ersten Schritt zwischen universellen und situativen Theorien zu unterscheiden. Universelle Theorien gehen davon aus, daß es einen besten Weg zu führen gibt, der in allen beliebigen Situationen Erfolg nach sich zieht. Situative Theorien gehen davon aus, ob die Person des Führenden, sein Verhalten und die jeweilige Situation aufeinander abgestimmt sind und zueinander passen. Neben diesen universellen und situativen Erfolgsmodellen lassen sich zwei weitere Ansätze unterscheiden: Eigenschafts- und Verhaltenstheorien. Eigenschaftstheorien gehen davon aus, daß es relativ stabile Persönlichkeitsmuster gibt, die den Führungserfolg beeinflussen. Verhaltenstheorien legen ihren Schwerpunkt hingegen auf das beobachtbare Verhalten von Führenden. Universelle Eigenschaftstheorien Universelle Verhaltenstheorien Forschungsphasen v. 1904 – 1948; 1949 - 1970

Beziehungs-/Aufgabenorientierung (Ohio-State Studien)

Assesmentcenter Verfahren 70er Jahre (AT & T-Studie)

Grid-Trainingsmodell (Blake/Mouton)

Motivation zu Führen 70er Jahre Transformationale Führung Re-Persionalisierung in den 80er Jahren Situative Verhaltenstheorien Situative Eigenschaftstheorien Kontinum-Theorie Kontingenztheorie Autoritärer/demokratischer Führungsstil Situative Reifegradstheorie Normatives Entscheidungsmodell (Vroom/Yetton)

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Grundlagen des Beeinflussungsprozesses Die Möglichkeit einer Person, den eigenen Willen dem Verhalten anderer aufzuzwingen, wird generell als Macht bezeichnet. Man kann davon ausgehen, daß der Führende etwas besitzt, was der Geführte nicht besitzt, denn er hat die Kontrolle über ganz bestimmte Ressourcen. Auf der Kontrolle und dem richtigen Einsatz dieser Ressourcen basiert aber letztlich die Fähigkeit des Führenden Macht auszuüben. Diese Ressourcen sind: Belohnung, Bestrafung, Legitimation, Identifikation, Sachkenntnis und Information Macht durch Belohnung Bedeutet, daß der Führende(A) den Geführten(B) in Situationen setzen kann, die derjenige positiv empfindet. Z.B. Erhöhung des Stundenlohnes, Beförderung,... Macht durch Bestrafung A kann B in Situationen versetzen, die von ihm als negativ empfunden werden. Z.B. Entlassungen, Versetzungen, Lohn reduzieren,.... Macht durch Legitimation (legitimate power) A steht aufgrund sozialer Normen in Organisationen zu von B etwas zu verlangen. Macht durch Identifikation (referent power) Die Macht von A beruht hier auf dessen Wirkung, für B als Bezugsperson zu fungieren. Macht durch Sachkenntnis (expert power) Grundlagen dafür sind das Wissen und die Fähigkeiten von A, wobei gleichgültig ist, ob B zu Recht oder Unrecht annimmt, daß A über diese Fähigkeiten verfügt. Macht durch Information (informational power) Macht basiert hier auf der Information, die A an B weitergibt. Universelle Eigenschaftstheorien der Führung Universelle Eigenschaftstheorien der Führung basieren auf der Annahme, daß erfolgreiche Führung, durch besonders markant hervorstechende Eigenschaften des Führers zustande kommt. Sammelbezeichnung für jene Ansätze, die der Persönlichkeit des Führenden die zentrale Bedeutung beimißt.

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1) Die „Erste Forschungsphase“ zwischen 1904 und 1948 Hauptaugenmerk liegt darauf, welchen Eigenschaften Führern von Nicht-Führern unterscheidet. Diesen frühen Theorien lag die klassische eigenschaftstheoretische Annahme zugrunde, daß Führer als Führer geboren werden. 3 Eigenschaftsvariablen wurden näher untersucht: • Physische Merkmale: Gewicht, Größe und Aussehen • Fähigkeitsmerkmale: Intelligenz, Sprachgewandtheit und Wissen • Persönlichkeitsmerkmale: Originalität, Introversion/Extroversion, Dominanz,

Selbstvertrauen, soziales Geschick, emotionale Kontrolle Zusammenfassend stellt Stogdill fest: es scheint eine dynamische Beziehung zwischen den Mitgliedern einer Gruppe zu sein, in der der Führer seinen Status erhält. 2) Die „Zweite Forschungsphase“ zwischen 1949 und 1970 Die zweite Phase ist dadurch gekennzeichnet, herauszufinden welche universell gültigen Eigenschaften den Führungserfolg ausmachen. Charakteristik der Eigenschaftsprofile erfolgreich Führender: • Starkes Verantwortungsbewußtsein, sowie ein ausgeprägtes Bedürfnis nach

Aufgabenerfüllung • Energie und Ausdauer im Hinblick auf die Zielerreichung • Kreativität und Originalität bei der Problemlösung • Selbstvertrauen und eine gesunde persönliche Identität • Die Bereitschaft, die Konsequenzen von Entscheidungen zu akzptieren • Die Bereitschaft, interpersonalen Streß zu ertragen • Frustrationstoleranz • Die Fähigkeit, das Verhalten anderer zu beeinflussen und soziale Interaktion

handzuhaben. Es wird damit eine Position vertreten, die davon ausgeht, daß beim Vorhandensein eines derartigen Eigenschaftsbündels die Wahrscheinlichkeit zunimmt, daß es zum Führungserfolg kommt. 3) Die „Dritte Forschungsphase“ in den 70er Jahren a) Assessment-Center-Verfahren zur Eigenschaftsdiagnostik Ein Assessment-Center ist ein Verfahren, in dem die künftige Führungssituation möglichst genau simuliert wird, in dem Aufgaben von Bewerbern verlangt werden, die den späteren Arbeitsinhalten ähnlich sind. Die von den Teilnehmern gezeigten Verhaltensweisen und Leistungsergebnisse werden dabei von Experten bewertet und analysiert. Entwicklungsfördernde Arbeitsbedingungen können die Erfolgswahrscheinlichkeit des Aufstiegs nahezu verdoppeln, und zwar selbst dann, wenn kein besonders günstiges Eigenschaftspotential vorliegt. Nicht allein nur der Besitz bestimmter

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Eigenschaften ist wichtig, sondern auch die Möglichkeit sie überhaupt zur Entfaltung zu bringen.

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b) Studien über die Motivation, zu führen Unterschied zwischen 3 Persönlichkeitsmerkmalen: • Leistungsstreben • Machtstreben • Soziales Streben

Machtstreben Leistungsstreben Personalisiertes Sozialisiertes

Soziales Streben

Ziele: Leistungsniveau unter Beweis stellen

Macht über anderen erlangen, um Eigeninteressen durchzusetzen

Macht, um Ergebnisse zu erzielen, um Dinge voranzutreiben

Von anderen geliebt und geachtet zu werden

Gehen gut kalkulierte Risiken ein

Trachten nach Prestige und Machtsymbolen

Ambivalente Einstellung gegenüber der Machtdarstellung u. Machtausübung

Tendenz von Konformität

Bevorzugen mittelschwere Aufgaben mit Neuigkeitswert

Suchen nach Gewinner/Verlierer-Situationen

Zurückdrängung der Eigeninteressen zugunsten der Ziele anderer

Hohe Anpassungsfähigkeit

Konzentrieren sich auf Aufgaben selbst und weniger auf MA

Bringen andere in ein Abhängigkeitsverhältnis

Auf Kooperation bedacht und angewiesen, um Ziele zu erreichen

Ausgeprägtes Kontaktbedürfnis

Benötigen unmittelbares Feedback

Aggressive und kompetitive Grundeinstellung

Einfühlungsvermögen

Beziehen hohe Befriedigung aus Arbeit selbst

4 Typen von Managern zu den Motivvarianten von McClelland: Der Fachmann - Leistungsstreben Der Dschungelkämpfer – personalisiertes Machtstreben Der Firmenmensch – soziales Streben Der Spielmacher – sozialisiertes Machtstreben

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4) Die „Vierte Forschungsphase“ in den 80er Jahren Re-Persionalisierung = Tendenz „den Mann an der Spitze“ für den Erfolg oder Mißerfolg einer Organisation verantwortlich zu machen. Die erfolgreiche Führungskraft, ihre Persönlichkeitsstruktur und –entwicklung, ihre Verhaltensweisen sowie ihre Strategien bei der Veränderung von Organisationen rücken damit erneut in das Zentrum des Erkenntnisinteresses. a) Ursachen für die Re-Persionalisierung Die Substitutionstheorie versucht solche Variablen zu identifizieren, die die Bedeutung von Führung reduzieren bzw. überhaupt überflüssig machen: z. B. durch Formalisierung, Routinisierung und Wiederholung, durch exakte Kontrollierbarkeit bzw. durch Professionalisierung der MA Es kam zu einem generellen Wertewandel , der sich vor allem in der Ablöse materialistischer Prinzipien wie Sicherheit und ökonomischen Wohlstands zugunsten postmaterialistischer Prinzipien wie Selbstverwirklichung und Autonomie dokumentiert. The new Management Thinkers (Pascale/Athos, Ouchi, Peters/Waterman, Deal/Kennedy) Als wichtigster Erfolgsfaktor wurde in diesen Büchern die „Kultur“ einer Organisation beschrieben. Derartige Werte würden MA Sinn vermitteln, für den es lohnt, sich überdurchschnittlich einzusetzen. Trennung von der Funktion von Managern und Führern. Während die Handhabung des rationalen Geschehens (Planung, Finanzierung, Kontrolle usw.) dem Management als Hauptaufgabe zugeordnet wird, obliegt die emotional-sinnstiftende Einflußnahme dem Führer der Organisation. b) Zum Unterschied zwischen Managern und Führern Betrachtungsebenen MANAGER FÜHRER Verhältnis zu Zielen Unpersönlich, reagieren

auf Ideen , Ziele entstehen aus objektiven Notwendigkeiten

Persönlich, aktives Produzieren von Ideen, Ziele entstehen aus subjektiven Bedürfnissen

Verhältnis zur Arbeit Konzentration auf Arbeitsprozesse, geringe emotionale Bindung zum Produkt

Konzentration auf Arbeitsinhalte, Identifikation mit dem Produkt

Beziehung zu anderen Starke Beziehungsorientierung, motiviert mit Belohnung und Bestrafung

Sucht mehr die Auseinandersetzung mit Ideen als mit Menschen, motiviert durch begeisternde Ideen

Selbstbild Erfüllt Rollenerwartungen und schöpft daraus Selbstsicherheit

Definiert Selbstbild nicht über die Erfüllung von Rollenerwartungen

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c) Neuere Ansätze zur Manager-/Führer-Dichtomie bzw. Divergenz Zwei generelle thematischen Schwerpunkte finden sich in den Arbeiten: • Spezifische Persönlichkeitsentwicklung der Führenden • Funktionale Differenz zwischen Management und Führung Dichtomie-Theorem = funktionale Differenz zwischen Management und Führung Divergenz-Theorem = Vorgesetzter vereint sowohl Management- als auch Führungsqualitäten in sich Sinnvermittlung und Selbstentfaltung Ein wesentlicher Faktor der Führung ist die Fähigkeit, Sinngehalte für die Angehörigen der Organisation zu beeinflussen und zu organisieren. Diese kreative Entfaltung des Selbst macht Führung, wie wir festgestellt haben zu einer zutiefst persönlichen Angelegenheit. . Funktionale Dichtomie: Durch die Konzentration der Aufmerksamkeit auf eine Vision mobilisert der Führer die emotionalen und geistigen Ressourcen der Organisation, ihre Werte, ihr Engagement und ihren Erwartungshorizont. Der Manager mobilisiert im Gegensatz dazu die physischen Ressourcen der Organisation, ihr Kapital, ihre menschlichen Kompetenzen, ihre Rohstoffe und ihre Technologie. Universelle Verhaltenstheorien der Führung Man geht von der Frage „Wer ist ein Führer?“ auf die Frage „Was tut ein Führer ?“ über. Im Rahmen universeller Verhaltenstheorien wird davon ausgegangen, daß es einen optimalen Führungsstil gibt, der immer und überall zum Erfolg führt. Während Eigenschaftsansätze darauf abzielen, insbesondere bei der Auswahl von Führungskräften nützlich zu sein, versuchen Verhaltensansätze jene Faktoren zu identifizieren, die für die Aus- und Weiterbildung von Führern von Nutzen sind. Im Gegensatz zu relativ stabilen Persönlichkeitsmerkmalen, können Verhaltensmuster durch Training verändert werden. 1) Die Ohio-State-Studien Ein Forscherteam an der Ohio-State-University entwickelte ein Instrument zur Kategorisierung von Führungsverhalten. Dieses Instrument bestand aus einem Fragebogen. Das Forscherteam ging in einem ersten Schritt davon aus, daß Führungsverhalten durch 9 verschiedene Kategorien bestimmbar sei. Zu diesen 9 Kategorien wurden insgesamt 1.790 Items formuliert, die das Vorgesetzen-Verhalten beschreiben sollen. Letztlich wurden aus diesem Itempool

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150 Items ausgewählt und in einer ersten Untersuchung bei 357 Versuchspersonen, die das Verhalten von 205 Vorgesetzten beschreiben sollten, angewandt.

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In weiterer Folge wurden die Ergebnisse dieser Befragung einer Faktorenanalyse unterzogen. Man beschränkte sich dabei auf 2 Hauptfaktoren: • Consideration (Beziehungsorientierung) • Initiating Structure (Aufgabenorietierung) Beziehungsorientierung: Verhalten, das auf gegenseitiges Vertrauen, Achtung und eine gewisse Wärme und Enge der Beziehung zwischen dem Vorgesetzten und seiner Gruppe hinweist. Diese Dimension scheint ein tiefergehendes Bemühen um die Bedürfnisse der Gruppenmitglieder zu betonen und beinhaltet Verhaltensweisen wie etwa mehr Mitbeteiligung der Untergebenen bei Entscheidungen und die Förderung vermehrter Kommunikation. Aufgabenorientierung: Verhalten, bei dem der Vorgesetzte Gruppenaktivität und seine Beziehung zur Gruppe organisiert und definiert. Er bestimmt also die Rolle, deren Übernahme er von jedem Mitglied erwartet, weist Aufgaben zu, plant voraus, legt Wege der Arbeitsausführung fest und dringt auf Produktion. Diese Dimension scheint offenkundige Versuche, die Organisationsziele zu erreichen, zu betonen. Eines der wichtigsten Ergebnisse dieser Studie bestand nun darin, daß diese beiden Führungskategorien voneinander unabhängig sind: Eine Führungskraft kann sowohl eine hohe beziehungsorientierte Rücksichtnahme als auch eine hohe aufgabenorientierte Planungsinitiative an den Tag legen. Eine Zweiteilung der beiden Dimensionen in hohe und niedrige Ausprägungsgrade führte schließlich zum sog. „Ohio State Leadership“-Quadranten.

Hohe Beziehungs- und niedrige Aufgabenorientierung

Hohe Beziehungs- und hohe Aufgabenorientierung

Niedrige Beziehungs- und niedrige Aufgabenbeziehung

Hohe Aufgaben- und niedrige Beziehungsorientierung

Aufgabenorientierung Die effektivsten Führer werden jedoch meist auf beiden Dimensionen hoch eingeschätzt. 2) Führungsverhalten am Beispiel des Grid-Modells Zwei-Dimensionen-Theorie der Ohio-Schule als Grundlage für eine Vielzahl von praxisorientierten Führungskonzepten, deren bekanntestes das Verhaltensgitter (daher Grid-Modell) nach Blake/Mouton ist.

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Grid-Modell nach Blake/Mouton Menschenorientierung ⇑

1.9 Führungsstil sorgfältige Beachtung der zwischenmenschlichen Beziehungen führt zu einer bequemen und freundlichen Atmosphäre und zu einem entprechenden Arbeitstempo

9.9 Führungsstil hohe Arbeitsleistung von begeisterten Mitarbeitern. Verfolgung des gemeinsamen Zieles führt zu gutem Verhalten

5.5 Führungsstil genügende Arbeitsleistung möglich durch das Ausblancieren der Notwendigkeit zur Arbeitsleistung und zur Aufrechterhaltung der zu erfüllenden Arbeitsleistung 1.1 Führungsstil Geringstmögliche Einwirkung auf Arbeitsleistung und auf den Menschen

9.1 Führungsstil Wirksame Arbeitsleistung wird erzielt, ohne daß viel Rücksicht auf zwischenmenschliche Beziehungen genommen wird

Sachorientierung ⇒ 3) Transformationale Führung Mit dem Begriff „transformationale“ Führung soll die spezifisch neue Sichtweise der „Leadershipfunktion“ unterstrichen werden. Unterscheidung zur „transaktionalen“ Führung: Transaktionale Führer motivieren dadurch, daß im Sinne eines Tauschgeschäftes für geleistete Arbeit eine Belohnung angeboten wird. Im wesentlichen geht es also darum, daß ein MA etwas tut bzw. unterläßt, weil er dafür etwas bekommt, was ihm wichtig ist. Transformationale Führung tritt dann ein, wenn eine oder mehrere Personen eineander derart verpflichtet sind, so daß Führende und Geführte sich gegenseitig zu höheren Ebenen der Motivation und Moralität heben. D. h. Geführte werden dazu motiviert, sich für höhere Ziele einzusetzen, die über ihre Eigeninteressen hinausgehen, z.B. zugunsten einer Idee, einer Gruppe, einer Organisation, einer Nation usw.

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Transformationale Führung wird repräsentiert durch die Faktoren: 1. Charisma: „hat Vorstellungen und Visionen, die mich anspornen“ 2. Inspiration: „verwendet Symbole und Bilder, um unsere Zielvorstellungen zu verdeutlichen“ 3. Geistige Anregung: „hat Ideen, die mich dazu gebracht haben, meine Vorstellungen zu überdenken, die ich zuvor nie in Frage gestellt habe.“ 4. Individuelle „schenkt den MA, die vernachlässigt zu werden scheinen,

Bedachtnahme: persönliche Aufmerksamkeit“ Transaktionale Führung wird repräsentiert durch die Faktoren: 5. Bedingte „kümmert sich darum, daß ich im Austausch für meine

Verstärkung: Kooperation das bekomme, was ich möchte“ 6. MBE: (Management by Exception) „ist mit meinem Leistungsniveau zufrieden, solange alles läuft wie immer“ Nicht-Führung: 7. Laissez-Faire: „ist nur schwer zu erreichen, wenn ein Problem auftaucht“ Eine Transformation, die über die Transaktionsbeziehung hinausführt, wird also im wesentlichen durch zwei Prozesse erreicht: • Stärkung des Selbstvertrauens bei den Geführten • Erhöhung der Attraktivität der Ziele Deutlicher Trend dahingehend, daß sich transformationale Führung gegenüber transaktionaler Führung im Hinblick auf verschiedenste Erfolgsindikatoren als überlegen erweist. Erfolgsindikatoren: „Charisma/Inspiration“ gefolgt von „Individueller Bedachtnahme“ und „Geistige Anregung“ 4) Abschließende Bemerkungen Hauptkritikpunkt der universellen Verhaltenstheorien der Führung ist, daß situative Faktoren außer acht gelassen werden. Dazu ist festzustellen, daß verschiedene MA in der Regel ein und dieselbe Führungskraft unterschiedlich beschreiben. Zwei Ursachen für die unterschiedlichen Beschreibungen sind anzuführen: • Führungskräfte verhalten sich verschieden MA gegenüber unterschiedlich • Ein und dasselbe Verhalten verschiedener Vorgesetzter wird von mehreren MA

unterschiedlich beurteilt und bewertet.

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Situative Verhaltenstheorien der Führung Versuchen die Schwächen der universellen Verhaltenstheorien aufzubrechen. Die Hauptleistung dieser Ansätze ist darin zu sehen, genau zu spezifizieren, unter welchen situativen Voraussetzungen welches Führungsverhalten angebracht ist, und zum Erfolg führt. 3 Modelle: „Kontinuum-Theorie“ von Tannenbaum und Schmidt „Situative Reifegrad-Theorie“ von Hersey und Blanchard „Normative Entscheidungsmodell“ von Vroom und Yetton 1) „Kontimuum-Theorie“ von Tannenbaum/Schmidt Autoritärer Führungsstil ⇒ ⇐ Kooperativer Führungsstil Entscheidungsspielraum des Vorgesetzten Entscheidungsspielraum der Gruppe Autoritär Patriarchalisc

h Beratend Konsultativ Partizipativ Delegativ

Vorgesetzter entscheidet und ordnet an

Vorgesetzter entscheidet; er ist aber bestrebt, die Untergebenen von seinen Entscheidungen zu überzeugen, bevor er sie anordnet

Vorgesetzter entscheidet; er gestattet jedoch Fragen zu seinen Entscheidungen, um durch deren Beantwortung deren Akzeptierung zu erreichen

Vorgesetzter informiert seine Untergebenen über seine beabsichtigten Entscheidungen; die Untergebenen haben die Möglichkeit, ihre Meinung zu äußern, bevor der Vorgesetzte die endgültige Entscheidung trifft.

Die Gruppe entwickelt Vorschläge; aus der Zahl der gemeinsam gefundenen und akzeptieren möglichen Problemlösungen entscheidet sich der Vorgesetzte für die von ihm favorisierte

Die Gruppe entscheidet; nachdem der Vorgesetzte zuvor das Problem aufgezeigt und die Grenzen des Entscheidungsspielraumes festgelegt hat. der Vorgesetzte fungiert als Koordinator nach innen und außen

Jede unterschiedliche situative Konstellation erfordert demnach einen unterschiedlichen Führungsstil. Somit kann es keinen einzigen richtigen Führungsstil für alle Situationen geben. Effektiv ist ein Führender dann, wenn es ihm gelingt, die verschiedenen situativen Einflußfaktoren realistisch einzuschätzen und Flexibilität des Führungsverhaltens zu zeigen.

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Die Wirkung autoritären und demokratischen Führungsverhaltens Klassisches Laborexperiment mit jugendlichen Freizeitgruppen: Demokratisches Führungsverhalten führte durchgängig zu positiveren Einstellungen der Gruppenmitglieder als gegenüber dem autoritären. Der Gruppenzusammenhalt (Kohäsion) war in unter autoritärer Führung wesentlich schwächer ausgeprägt als in den demokratisch geführten Gruppen. Demokratisch geführte Gruppen wiesen darüber hinaus eine höhere Beständigkeit, Qualität und Originalität in der Arbeit auf, während in den autoritär geführten Gruppen quantitativ eine etwas höhere Leistung verzeichnet werden konnte. Die Produktivität kann über einen kurzen Zeitraum durch autoritäres Verhalten eher gesteigert werden als durch demokratisches Verhalten. Auf längere Sicht ist der positive Effekt demokratischen Verhaltens jedoch evident. 2) „Situative Reifegrad-Theorie“ von Hersey/Blanchard Die Wahl des Führungsstils wird dabei vom „Reifegrad“ bzw. von der „Entwicklungsstufe“ des MA abhängig gemacht. Wiederum erfolgt eine Differenzierung nach den bekannten zwei Führungsdimensionen: dirigierendem (=Aufgabenorientierung) und sekundierendem (=Mitarbeiterorientierung) Verhalten. Aus diesen 2 Dimensionen werden 4 Führungsstile abgeleitet: 1. dirigieren = hohe Aufgaben-, niedrige Mitarbeiterorientierung 2. trainieren = hohe Aufgaben-, hohe Mitarbeiterorientierung 3. sekundieren = niedrige Aufgaben-, hohe Mitarbeiterorientierung 4. delegieren = niedrige Aufgaben-, niedrige Mitarbeiterorientierung Der Führungsstil wird nun in Abhängigkeit von der Entwicklungsstufe der MA variiert, wobei „Kompetenz“ und „Engagement“ Berücksichtigung finden: Kompetenz ergibt sich aus den Kenntnissen und Fertigkeiten, die jemand durch Ausbildung, Übung und Erfahrung erworben hat. Engagement ist eine Kombination aus Selbstvertrauen und Motivation. Entwicklungsstufe Angemessener Führungsstil E 1 Niedrige Kompetenz Hohes Engagement

S 1 DIRIGIEREN Dirigieren ist das Richtige für Menschen, denen Kompetenz fehlt, die aber begeistert und engagiert sind.

E 2 Einige Kompetenz Wenig Engagement

S 2 TRAINIEREN Trainieren ist das Richtige für Menschen, die zwar einige Kompetenz haben, aber zu wenig engagiert sind.

E 3 Hohe Kompetenz Schwankendes Engagement

S 3 SEKUNDIEREN Sekundieren ist das Richtige für Menschen, die kompetent sind, denen es jedoch an Selbstvertrauen od. Motivation fehlt.

E 4 Hohe Kompetenz Hohes Engagement

S 4 DELEGIEREN Delegieren ist das Richtige für Menschen, die sowohl kompetent als auch engagiert sind. Selbständig arbeiten

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Bei steigendem Reifegrad des MA, so die zentrale Idee, ist die Aufgabenorientierung zu reduzieren und die Mitarbeiterorientierung auszubauen. Wenn der Reifegrad die letzte Stufe erreicht hat, sollen sowohl Aufgaben- als auch Mitarbeiterorientierung zurückgenommen werden. Positiv hervorzuheben ist der Aspekt der Mitarbeiterentwicklung hin zur Selbstführung und –kompetenz. Mit der Stilflexibilität bietet das Konzept aber auch die ideale Legitimationsbasis für jedes Führungsverhalten eines Vorgesetzten, denn dieses kann er rechtfertigend behaupten, habe eigentlich nichts mit seiner Person, sondern stets nur mit seinen MA zu tun. 3) „Normatives Entscheidungsmodell“ von Vroom/Yetton Ausgehend von der Annahme, daß es keinen Führungsstil gibt, der in allen Situationen zum Erfolg führt, entwickelten Vroom/Yetton ein Modell, das dem Führenden vorgibt, für welchen Führungsstil er sich in welcher Situation zu entscheiden hat. Insgesamt wird zwischen 5 verschiedenen Entscheidungsmethoden unterschieden: • A I – Autoritäre Entscheidung:

Sie lösen das Problem selbst oder treffen selbst die Entscheidung • A II – Autoritäre Entscheidung nach Einholung von Informationen bei den

MA: Sie holen die notwendigen Informationen von ihren MA ein und entscheiden dann selbst über die Lösung.

• B I – Beratende Entscheidung: Sie diskutieren das Problem mit einzelnen MA, ohne jedoch die ganze Gruppe zu konsultieren. Dann treffen sie die Entscheidung selbst.

• B II – Beratende Entscheidung: Sie diskutieren das Problem mit den MA als Gruppe und holen ihre gemeinsamen Ideen und Vorschläge ein. Dann treffen sie die Entscheidung selbst.

• G II – Gruppenentscheidung: Sie diskutieren das Problem mit den MA als Gruppe. Sie versuchen nicht die Gruppe zu beeinflussen, sondern sind bereit, jede Lösung zu akzeptieren.

Um nun flexibel die richtige Form des Entscheidungsverhaltens zu wählen, müssen die Vorgesetzten die Situationen diagnostizieren. A) Qualität wichtig? B) Genügend Informationen? C) Problem strukturiert? D) Akzeptanz wichtig? E) Akzeptierung bei Alleinentscheidung? F) Organisationsziele akzeptiert? G) Konflikt wahrscheinlich?

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Entscheidungsregeln: 1. Informationsregel:

Qualität wichtig, Führer besitzt nicht genug Informationen oder Sachkenntnis ⇒ A I scheidet aus

2. Vertrauensregel: Qualität wichtig MA kann die Entscheidung nicht zugetraut werden ⇒ G II scheidet aus

3. Strukturregel: Qualität wichtig, Führer besitzt nicht genug Informationen oder Sachkenntnis, Problem ist unstrukturiert ⇒ A I, A II, B I scheiden aus

4. Akzeptanzregel: Akzeptanz der MA wichtig, zweifelhaft ob eine autoritäre Entscheidung akzeptiert wird ⇒ A I, A II scheiden aus

5. Konfliktregel: Akzeptanz der MA wichtig, autoritäre Entscheidung wird voraussichtlich nicht akzeptiert und ein Konflikt der MA über bevorzugte Lösungen entstehen könnte ⇒ A I, A II, B I scheiden aus

6. Fairneßregel: Qualität unwichtig, Akzeptanz wichtig, autoritäre Entscheidung voraussichtlich nicht akzeptiert ⇒ A I, A II, B I, B II scheiden aus

7. Priorität der Akzeptanz-Regel: Akzeptanz wichtig, autoritäre Entscheidung voraussichtlich nicht akzeptiert wird und den MA vertraut werden kann

⇒ A I, A II, B I, B II scheiden aus Um die Entscheidungsfindung zu erleichtern, haben Vroom/Yetton einen Entscheidungsbaum konstruiert, der bei Beantwortung der Fragen von A-G eine exakte Zuordnung zu einem von 13 Problemtypen gibt. Wie aus dem Entscheidungsbaum hervorgeht sind in einigen Fällen mehrere Entscheidungsmethoden zulässig. Dann wird das Entscheidungskriterium Zeitaufwand herangezogen, um die bestmögliche Methode auszuwählen. Als Kritik an dieser Methode ist anzubringen, daß es sich eher um eine Entscheidungstheorie und weniger um eine Führungstheorie handelt. Im Alltag von Organisationen werden jedoch Entscheidungen von zahlreichen weiteren wichtigen Determinanten beeinflußt.

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Situative Eigenschaftstheorien der Führung Sowohl universellen als auch situativen Verhaltenstheorien liegt die Annahme zugrunde, daß Führungskräfte lernfähig sind. Situative Eigenschaftstheorien gehen in dieser Hinsicht mit den universellen Eigenschaftstheorien konform. Danach gilt es nicht, das Verhalten der Führenden etwa durch Training zu verändern, sondern die richtige Person auf den richtigen Platz zu setzen. Es wird davon ausgegangen, daß es keine „guten“ und keine „schlechten“ Führer gibt, sondern nur Führer, die in manchen Situationen effizient und in anderen wiederum ineffizient sind. 1) „Kontingenztheorie“ von Fiedler Fiedlers Theorie basiert auf der Annahme, daß die Persönlichkeitsstruktur eines Menschen und damit auch sein Führungsstil nicht in wenigen Trainingswochen oder –tagen verändert werden kann, sondern höchstens in mehreren Jahren psychotherapeutischer Behandlung. Fiedler versucht den Führungsstil einer Person aufgrund seines sogenannten LPC-Wertes zu ermitteln. (LPC = least preferred coworker). Die Führungskraft hat dabei auf einer 8-stufigen Skala jenen MA zu beschreiben, den sie in der Zusammenarbeit am allerwenigsten schätzt. Die einzelnen Werte er Skala werden in einem nächsten Schritt aufaddiert und der LPC-Wert des Führers ermittelt. Ergebnis: Hoher LPC-Wert – beziehungsorientiert, da der Vorgesetzte einen weniger geschätzten MA relativ positiv sieht Niedriger LPC-Wert – aufgabenorientiert, da der Vorgesetzte einen weniger geschätzten MA eher negativ sieht 3 Variablen zur Unterscheidung der Führungssituation: • Positionsmacht • Strukturierung der Aufgabe • Führer-MA-Beziehung Die Positionsmacht beschreibt die Möglichkeit des Führenden, die Geführten in seinem Sinn zu beeinflussen. Eine hohe Positionsmacht, so wird angenommen, erleichtert dem Führer die Aufgabenerfüllung. Die Struktur der Aufgabe hat einen maßgeblichen Einfluß auf die Durchsetzungschancen seiner Interesse. Man kann Personen schwieriger zur Bewältigung einer unstrukturierten Aufgabe bewegen, als dies bei klar strukturierten Aufgaben ist. Die Führer-MA-Beziehung ist in erster Linie von der Persönlichkeit des Führers abhängig. Diese Beziehung ist nach Fiedler die wichtigste Einflußgröße des Führers auf die Gruppe, da ein Führer dem Vertrauen entgegengebracht wird, seine Ziele auch bei geringer Positionsmacht oder schlechter Aufgabenstrukturierung zu realisieren imstande ist.

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Nach Fiedler wird der Erfolg oder die Effektivität eines Führers oder Führungsstils an der Leistung der Gruppe im Hinblick auf die Aufgabenstellung und an der Zufriedenheit der einzelnen Gruppenmitglieder gemessen.

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Aufgabenorientierte Führer erbringen die besten Leistungen in Situationen, die entweder eine hohe oder eine niedrige situative Günstigkeit aufweisen. In sehr ungünstigen Situationen bleibt einem Vorgesetzten keine andere Wahl, als aufgabenorientiert zu führen. Beziehungsorientierte Führer sind hingegen in Situationen mit mittlerem Günstigkeitsgrad erfolgreich. 2 Kritikpunkte: Kritik an den Situationsvariablen Die drei Situationsvariablen beschreiben die Führungssituation nur unvollständig. Persönliche Merkmale der Geführten bleiben beispielsweise völlig außer acht. Kritik am LPC-Wert Eine Führungskraft kann entweder nur Aufgaben- oder Beziehungsorientiert sein. Die Ohio-State Studien gelangen aber zum Ergebnis, daß eine Führungskraft gleichzeitig in beiden Dimensionen hohe Werte aufweisen kann. Darüber hinaus wird generell bezweifelt, ob der Führungsstil einer Person anhand des LPC-Wertes ermittelt werden kann.

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Motivation und Arbeitsverhalten Einführung und Grundbegriffe 1) Motivation, Motive, motivieren Motivationale Überlegungen sollen eine (Teil-)Antwort auf das „Warum“ menschlichen Verhaltens liefern. Liegen die angenommen Ursachen für ein bestimmtes Verhalten in der Umwelt der Person (z. B. Angst vor Bestrafung, Suche nach Anerkennung, etc.) so wird das als extrinische Motivation bezeichnet. Liegen die Ursachen im inneren des Menschen selbst (z.B. Spaß an der Tätigkeit, Freude an der Leistung) so wird das als intrinische Motivation bezeichnet. Motive lassen sich nicht direkt beobachten oder erfassen. Sie können als angenommene Ursachen zur Erklärung individuellen Verhaltens bezeichnet werden. Grundsätzlich ist jeder Mensch motiviert: aufgrund seiner inneren Verfassung. Der Versuch Menschen zu motivieren kann zu Zwang, Manipulation oder zu Unterstützung der Betroffenen führen. 2) Bedeutung von Motivation in der Arbeitswelt Überlegungen zur Motivation von MA haben in Theorie und Praxis einen großen Stellenwert. Ausschlaggebend sind dafür mehrere Dinge: • Menschen und menschliches Verhalten sind ein wesentlicher Bestandteil von

Organisationen. Organisationen stehen vor der Aufgabe, die motivationalen Aspekte von Verhalten zu berücksichtigen.

• Sich verändernde Umweltbedingungen führen zur Notwendigkeit die Effizienz und die Effektivität von Organisationen zu erhöhen. Diese Aufgabe ist zu einem Teil mit der Fähigkeit verbunden, die Organisationsmitglieder dazu zu motivieren, ihre Qualifikationen in die Arbeit einzubringen und zielgerecht einzusetzen.

• Neue technologische Entwicklungen führen zu motivationalen Fragen wie z. B. Bereitschaft zur Übernahme von zusätzlicher Verantwortung

• Die Teilnahme an Weiterbildungs- und Personalentwicklungsprogrammen ist jedoch nicht selbstverständlich, sondern Bedarf entsprechender Anreize.

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Grundmodell der Motivation Modell der Motivation: Personen besitzen in unterschiedlichem Maß ein ganzes Bündel an Bedürfnissen, Erwartungen, Wünschen, Zielen usw.; das Auftreten solcher „Aktivatoren“ löst normalerweise einen Zustand inneren Ungleichgewichts aus, der vom einzelnen ausgeglichen werden will und so verhaltensauslösend wirkt. Daraus läßt sich eine idealtypische Folge von Ereignissen konzipieren. Ausgehend vom Wunsch nach Reduzierung eines inneren Ungleichgewichts und der Annahme, daß bestimmte Verhaltensweisen dies ermöglichen, verhalten sich Individuen in einer Weise, die zu den erwünschten Ergebnissen führen soll. Motivationstheorien 1) Theorie der Bedürfnishierarchie a) Darstellung Das Konzept von Maslow hat 2 Hauptgedanken: 1. es postuliert mehrere menschliche Basisbedürfnisse. Sie sind biologisch

bedingt und allen Menschen eigen. 2. sind die Bedürfnisse in einem hierarchischen Stufenbau angeordnet. Erst nach Befriedigung von Bedürfnissen einer Hierarchiestufe werden die Bedürfnisse der nächsthöheren Ebene relevant. Basisbedürfnisse = Defizit- und Wachstumsbedürfnisse Defizitbedürfnisse sind vor allem dadurch gekennzeichnet, daß ihre Nichterfüllung Krankheit hervorruft, ihr Erfülltsein Krankheit vermeidet bzw. heilt. 4 Kategorisierungen: • Physiologische Bedürfnisse

Körperliche Bedürfnisse wie Hunger, Schlaf, Durst, Atmung usw. • Sicherheitsbedürfnisse

Schutz vor Gefahr und Streben nach Sicherheit • Soziale Bedürfnisse

Wunsch nach Kontakt, Liebe, Zugehörigkeit, etc. • Ich-Bedürfnisse

Streben nach Selbstvertrauen, eigener Stärke, Anerkennung, Prestige, Achtung, usw.

Wachstumsbedürfnisse sind – anders als Defizitbedürfnisse – grundsätzlich nicht befriedigbar. Sie sind auf Entfaltung angelegt und grundsätzlich grenzenlos. Maslow nennt das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung als das vorrangige Wachstumsbedürfnis. b) Bedeutung für die Arbeitswelt Angehörige unterschiedlicher Hierarchieebenen müssen daher im Hinblick auf die Anreizgestaltung unterschiedlich behandelt werden. So ist etwa zu vermuten, daß höhere Bezahlung auf den verschiedenen Hierarchieebenen unterschiedlich wirkt. Gewährung von Statussymbolen hat nur dann motivationale Wirkung, wenn die

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physiologischen, die Sicherheits- und die sozialen Bedürfnisse der Betroffenen bereits befriedigt sind.

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2) Motivator-Hygiene-Theorie (Zwei-Faktoren-Theorie) a) Darstellung Zwei Faktoren-Theorie: Unzufriedenheit – Nicht-Unzufriedenheit ( Hygienefaktoren) Zufriedenheit – Nicht-Zufriedenheit (Motivatoren) Die Überlegung der Zwei-Faktoren-Theorie basieren wesentlich auf einer von Herzberg und seinen Kollegen durchgeführten Untersuchung. Motivatoren Hygienefaktoren Leistungserfolg Gehalt Anerkennung Beziehungen zu Untergebenen,

Vorgesetzten und Kollegen Arbeit selbst Status Verantwortung „technische“ Aspekte der Führung Aufstieg Firmenpolitik und –leitung Entfaltungsmöglichkeiten Arbeitsbedingungen, Persönliches,

Arbeitsplatzsicherheit b) Bedeutung für die Arbeitswelt Die Zwei-Faktoren-Theorie stellt vor allem einen Sachverhalt ins Zentrum: die Neustrukturierung von Arbeitsplätzen in Richtung auf eine stärkere Berücksichtigung von Motivatoren. Sie zielen darauf ab, bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen Motivatoren zur Geltung zu bringen. In der Praxis durchgeführte Anwendungen zeigten z. T. erhebliche Verbesserungen in der Zufriedenheit der Betroffenen und deutliche Einsparungen durch reduzierte Abwesenheitszeiten, geringeren Materialverbrauch, geringere Fehlerquoten. c) Bewertung Inhaltliche Kritik: Sie belegen jeweils nur, daß Motivatoren mit extremer Zufriedenheit und Hygienefaktoren mit extremer Unzufriedenheit verbunden sind. Die Zwischenbereiche bzw. Übergänge, der neutrale Bereich der beiden Dimensionen wird dadurch nicht erfaßt. Schließlich wird kritisiert, daß Herzberg mit Daten der befragten Gruppen, und nicht mit den von den einzelnen Befragten angegebenen Befunden arbeitet. Methodische Kritik: Zunächst stellt dieses Vorgehen nur auf Spitzenerlebnisse, nicht jedoch auf Situationen, die tagtäglich auftreten ab. Außerdem treten möglicherweise starke Verzerrungen durch Ich-Abwehrmechanismen auf.

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3) Equity-Theorie Die Equity-Theorie ist eine Prozeßtheorie. Ihr Grundgedanke ist einfach: Personen trachten in sozialen Beziehungen nach fairen Gegenleistungen für ihren Einsatz; ist das nicht der Fall, entsteht ein Ungleichgewicht, das von den Betroffenen mittels unterschiedlicher Handlungen reduziert wird und damit verhaltensauslösend wirkt. a) Darstellung 4 Variable: Input, Output, Output-Input-Verhältnis, Bezugsgröße Inputs – dabei kann es sich um ganz unterschiedliche Dinge handeln, z. B. aufgewendete Zeit, Bildung, Intelligenz, Erfahrung, Alter usw. Outputs – sind Dinge gemeint die Personen in der Beziehung erhalten, z. B. Symphatie, Entlohnung, Statussymbole, Arbeitsbedingungen, Sonderzahlungen usw. Outputs und Inputs werden sodann von der einzelnen Person zueinander in Relation gesetzt und mit einer Bezugsgröße verglichen. Die Bewertung von In- und Outputs erfolgt nach den Maßstäben der Person. Ergibt der Vergleich des eigenen Output-Input-Verhältnisses mit dem gewählten Maßstab eine faire Beziehung, ergibt sich Gleichheit und keine motivationale Wirkung. Stellt die Person jedoch Ungleichheit fest, entsteht Ungleichheit und eine Spannung im Individuum. „Günstige“ Ungleichheiten (Überbelohnung) werden erst später als solche wahrgenommen, da sie etwa als „Glücksfall“ ohne weiteres legitimiert werden können. Ungleichheit durch Unterbelohnung führt viel früher zu Spannungszuständen. Wie gehen nun Personen mit dieser Ungleichheit um? • Änderung der Inputs • Änderung der Outputs • Verzerrung von In- und Outputs • Beeinflussung der „Vergleichsperson“ • Wechsel der Vergleichsperson b) Bedeutung für die Arbeitswelt Durch gezielte Gestaltung der Arbeitsbedingungen Leistungsverbesserungen erzielen. Veränderungen in der Qualität und der Quantität der Arbeitsleistung scheinen durch Gestaltung der Input-Output-Verhältnisses erreichbar. Die Herstellung von „Gerechtigkeit“ ist ein wichtiges Thema betrieblicher Anreizgestaltung. Die Equity-Theorie weist einerseits auf die Bedeutung von subjektiv empfundener Gerechtigkeit und andererseits auf die individuellen Unterschiede bei der Berechnung eines ausgeglichenen Verhältnisses zwischen Inputs und Outputs hin.

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c) Bewertung Es bleibt festzuhalten, daß dieser Ansatz explizit kaum Eingang in den betrieblichen Alltag gefunden hat. Allerdings darf nicht übersehen werden, daß verschiedene Punkte unklar sind. Meßprobleme, die Bedeutung individueller Unterschiede, etwa bei der Wahl der bevorzugten Methode zur Beseitigung von Ungleichheit, die Gesetzmäßigkeiten bei der Wahl der Vergleichsperson, die Doppelgesichtigkeit verschiedener Faktoren als In- und als Outputs bzw. die Art und Weise, wie Personen Faktoren als In- Output klassifizieren, sind nur einige Bsp. dafür. 4) Erwartungs-Valenz-Theorien Ebenso wie die Equity-Theorie zählt auch die Erwartungs-Valenz-Theorie zu den Prozeßtheorien. Sie bauen auf dem Bernoulli-Prinzip auf: Der erwartete Nutzen einer Entscheidung ist gleich der Summe der Produkte aus dem Nutzen und er Eintreffenswahrscheinlichkeit von Ereignissen. Aus verschiedenen Alternativen wird diejenige ausgewählt, deren erwarteter Nutzen am höchsten ist. Erwarteter Nutzen = Summe Wahrscheinlichkeit x Nutzen a) Ansatz von Vroom - Basismodell VIE-Theorien (Valenz-Instrumentalität-Erwartung) versuchen zweierlei zu erklären: (1) Die Wahl zwischen verschiedenen Handlungsalternativen und (2) Die Wahl des Anstrengungsniveaus bei der Ausführung der gewählten

Handlungsalternative Vroom arbeitet in seinem Modell mit 5 Größen: • Valenz 1 wird allgemein die gefühlsmäßige Bewertung eines Ergebnisses bezeichnet. Vroom bezeichnet sie als gefühlsmäßige Orientierung gegenüber „Mitteln“, die als geeignet gesehen werden, bestimmte „Ziele“ herbeizuführen. Sie werden mit Werten zwischen –1 und +1 bezeichnet. • Valenz 2 Ist die subjektive gefühlsmäßige Bewertung von sog. „letzten Zielen“, die sich aus der individuellen Persönlichkeit ergeben. • Erwartung Bei der Erwartung handelt es sich um eine subjektive Wahrscheinlichkeitsenschätzung. Zusammenhang zwischen eigenem Verhalten und Ergebnis. Eine Erwartung von 1 bedeutet die subjektive Gewißheit, daß auf eine Handlung ein entsprechendes Ergebnis folgen wird. Eine Erwartung von 0 entspricht der Gewißheit, daß das Ergebnis nach der Handlung nicht eintreten wird. • Instrumentalität

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Ist der subjektiv geschätzte Zusammenhang (Kontingenz) zwischen 2 Ergebnissen gemeint.

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• Anstrengung/Kraft/Einsatz Mit dieser Variable ist die Stärke des resultierenden Antriebs für den einzelnen gemeint, eine Handlung auszuführen, also etwas mit sehr viel Energie oder nur mit wenig Kraft auszuführen. Diese fünf Größen verbindet Vroom in zweifacher Weise, um die Wahl von Handlungsalternativen und die Stärke der gezeigten Verhaltensweisen zu erklären. b) Bedeutung für die Arbeitswelt 3 Überlegungen für die praktische Gestaltung betrieblicher Anreizsysteme: • Zur Entwicklung theoriegerechter Anreizgestaltungen werden Informationen über

die zentralen Variablen der Theorie benötigt. Sie müssen daher wissen, was ihre MA von ihrer Arbeit erwarten.

• Sichergehen, daß MA ihre Arbeitsaufgaben richtig verstanden haben • Unternehmen sollen einen engen Zusammenhang zwischen der individuellen

Leistung und den verschiedenen Formen von Entgelt herstellen. c) Bewertung Kaum Eingang in die Praxis gefunden. Auch gibt es eine Reihe von Schwierigkeiten bei der Messung der verwendeten Variablen. 5) Job Characteristics Theory Die Basisannahmen sind folgende: • Wenn Menschen glauben, daß sie durch Verhalten ein von ihnen positiv

bewertetes Ergebnis erreichen können, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, daß sie dieses Verhalten zeigen.

• Ergebnisse werden von Menschen dann positiv bewertet, wenn sie der Befriedigung von physiologischen oder psychologischen Bedürfnissen dienen.

• Wenn Arbeitsbedingungen so gestaltet werden können, daß Menschen ihre eigenen Ziele am besten dann erreichen, wenn sie im Sinne organisationaler Zielsetzungen arbeiten, dann werden Menschen hart arbeiten, um diese Ziele zu erreichen.

• Die meisten der hierarchisch niedrigen Bedürfnisse sind in der Arbeitswelt mit wenigen Ausnahmen befriedigt. Für höherrangige Bedürfnisse gilt das nicht.

• Menschen, die die Befriedigung hierarchisch höherer Bedürfnisse anstreben, werden eine solche Befriedigung dann erreichen, wenn sie durch eigene Anstrengungen etwas erreicht haben, was sie als wichtig oder sinnvoll erachten.

a) Darstellung Die JCT versucht das Problem zu lösen, wie Arbeit so gestaltet werden kann, daß sie effektiv ausgeführt und gleichzeitig von den Stelleninhabern als persönlich belohnend und zufriedenstellend betrachtet wird.

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Die JCT arbeitet mit drei Hauptvariablen: • Positiv bewertete Ergebnisse – entstehen durch das Vorhandensein kritischer

physischer Zustände; diese Zustände werden durch zentrale • Tätigkeitsmerkmale – des Arbeitsplatzes hervorgebracht. • Erwünschte Ergebnisse Die Verbindungen zwischen den Hauptvariablen werden durch Moderatorenvariablen beeinflußt: • Vorhandenes Wissen und Fertigkeiten • Die Zufriedenheit mit dem Arbeitskontext (z.B. durch Entlohnung) und • Das individuelle Bedürfnis nach Wachstum Verändern die Stärke des Zusammenhangs zwischen zentralen Tätigkeitsmerkmalen, kritischen psychischen Zuständen und Ergebnissen. Das Motivationspotential eines Arbeitsplatzes ergibt sich aus dem Zusammenwirken der zentralen Tätigkeitsmerkmale. Es läßt sich wiefolgt berechnen: Varietät + Identität + Bedeutsamkeit Motivationspotentialwert = -------------------------------------------- x Autonomie x Feedback 3 b) Bedeutung für die Arbeitswelt Die JCT verbindet 2 für die betriebliche Praxis zentrale Elemente: Arbeitsplatz- bzw. Arbeitsprozeßgestaltung und Motivation. Aus der JCT ergeben sich konkrete Ansatzpunkte für die Veränderung betrieblicher Gegebenheiten hin zu Arbeitsplätzen mit einem höheren Motivationswert. Es sollen „natürliche“ Arbeitseinheiten geformt werden, damit die Aufgabenidentität und die Sinnhaftigkeit der Aufgabe erhöht wird. Es sollen Aufgaben zusammengefaßt werden. Das steigert die Aufgabenvarietät und -identität c) Bewertung Aus der Sicht der betrieblichen Praxis handelt es sich um ein Konzept, das unmittelbare Relevanz für alltägliches (Management-)Handeln besitzt und zentrale betriebliche Probleme aufgreift. Die klare Formulierung des Konzepts, der Entwurf von Konzepten zur Diagnose der Ist-Situation und die Entwicklung von grundsätzlichen Richtlinien zur Handlungsanleitung bilden die großen Stärken des Ansatzes und erleichtern den praktischen Einsatz.

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Arbeit in und mit Gruppen Die Bedeutung von Gruppenarbeit 1) Begriffliche Grundlagen Voraussetzung für die Entstehung von Gruppen: • Die Möglichkeit zur unmittelbaren, direkten Interaktion (Face-to-face-Kontakt)

einzelner Personen über eine längere Zeit hinweg • Auf ein bestimmtes, gemeinsames Ziel hin. In einer solchen direkten Beziehung entwickeln Gruppen ein spezifisches Zusammengehörigkeitsgefühl (Kohäsion), und die Mitglieder fühlen sich an bestimmte Spielregeln und Verhaltensregelmäßigkeiten (Normen) gebunden. Die Gruppe grenzt sich von ihrem Umfeld ab und bildet eine interne Struktur. Zusammengefaßt sind wesentliche Gruppenmerkmale: • Intensive soziale Interaktion • Gemeinsame Normen und Ziele • Zusammengehörigkeitsgefühl (Wir-Gefühl, Kohäsion) • Funktionales, flexibles (verhaltensintegrierendes) Rollensystem • Mindestens 3 Personen Jedes Team ist eine Gruppe, aber nicht jede Gruppe ist ein Team! 2) Gruppenorientierte Formen der Arbeitsorganisation a) Einleitung Meilenstein: Hawthorne Experimente Soziale Beziehungen, Anerkennung und Akzeptanz spielen schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts, wie die Wissenschaft beweist, eine wichtige Rolle. Auslöser für die vielen nachfolgenden Forschungsbemühungen zum Thema Gruppe waren Versuche bei den Chicagoer Hawthorne-Werken. Man wollte herausfinden, wie sich Arbeitsbedingungen, nämlich die Beleuchtung am Arbeitsplatz, auf die Leistung der Arbeitskräfte auswirken. Sowohl die Versuchsgruppen als auch die Kontrollgruppen steigerten erstaunlicher Weise die Arbeitsleistung. Diese Tatsache war auf die soziale Situation zurückzuführen (Aufmerksamkeit der Forscher, Ausbau der Kontakte zu Vorgesetzten und Kollegen im Rahmen der Experimente). Der Schluß aus diesem Forschungsprogramm war, daß soziale Beziehungen die Arbeitsleistung stärker beeinflussen als Maßnahmen der wissenschaftlichen Betriebsführung (nach Taylor). Die Human-Relations-Bewegung war gegründet, die besagt, die Arbeitskraft wird nicht mehr isoliert nur als Individuum wahrgenommen, sondern als Teil eines sozialen und organisationalen Systems. Daß die Herstellung „menschlicher Beziehungen“ zu den Arbeitern ein wichtiger Produktionsfaktor sein kann, wurde den Unternehmen bereits während der Industrialisierung bewußt.

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Weitere Entwicklung In Gruppen – in der Interaktion mit anderen werden zentrale Bedürfnisse befriedigt: nach Nähe, sozialen Kontakten, Sicherheit, Anerkennung und Prestige. Die Gruppe bietet Schutz nach außen, verstärkt die Machtposition, bewahrt die Anonymität und verbessert die Realitätswahrnehmung. Seit Mitte der 80er Jahre wurde die Beschäftigung mit Gruppen zunehmend wichtiger und notwendiger. Die neueren Formen und Ergänzungen der Arbeitsorganisation (z. B. Teilautonome Arbeitsgruppen, Qualitätszirkel) basieren ganz wesentlich auf gruppenorientierter Zusammenarbeit. Erhoffte Vorteile: • Möglichst optimale Nutzung aller vorhandenen Qualifikationen der MA • Stärkere Verankerung und Ausbau von Mitbestimmungs- und

Mitgestaltungsmöglichkeiten • Erhöhung der Arbeitszufriedenheit • Senkung der Fluktuation • Verbesserung der Leistungserstellung • Optimierung von Effizienz und Effektivität der Organisation. b) Die Einführung von Gruppenarbeitskonzepten Voraussetzungen für die Einführung von Gruppenarbeitskonzepten: • Genaue Analyse der Ausgangssituation – Arbeitssituation sowie • Der persönlichen Voraussetzungen der betroffenen Mitglieder • Überprüfung der Bereitschaft zur Ausweitung des Handlungsspielraums Phase 1: Vorbereitung Welches Gruppenkonzept ist am geeignetesten? Phase 2: Schaffung guter Arbeitsbedingungen Wie soll die Gruppe zusammengesetzt sein? (Größe, Qualifikationsanforderung) Phase 3: Entwicklung der Gruppe Welche Starthilfe wird benötigt? Phase 4: Bereithalten von Mitteln zur laufenden Prozeßunterstützung Welche Prozeßunterstützung kann gewährt werden? Welche Reflexionsmöglichkeiten müssen geschaffen werden? Frage nach der Kompetenzverteilung: Wer für die Handlung welcher Aspekte der Aufgabenerfüllung jeweils verantwortlich sei soll (Management oder Gruppe) Die Ausgestaltung der organisatorischen Rahmenbedingungen sollte immer in den Kompetenzbereich des Managements fallen. 3 Typen von Arbeitsgruppen: Typ 1 – Manager-led work teams (fremdgesteuerte Arbeitsgruppe) Die Verantwortung ist rein auf die Ausführung und Aufgabenerledigung reduziert. Gruppenmitglieder sind reine Befehlsempfänger. Es ist fraglich, ob durch diese Form Vorteile gegenüber der Einzelarbeit gezogen werden können.

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Typ 2 – Self-managing work teams (teilautonome Arbeitsgruppen) Das Management ist für die Gestaltung des organisationalen Kontextes und die Einrichtung und Entwicklung der Gruppe zuständig. Die Gruppe ist für die Überwachung und Erledigung der Aufgabe verantwortlich. Typisch für viele Arbeitsgruppen (teilautonome Arbeitsgruppen, Qualitätszirkel) Typ 3 – Self-designing work team (selbstorganisierende Arbeitsgruppe) Die Gruppe ist für alles außer der Gestaltung ihrer organisationalen Einbettung, die extern geschieht zuständig. Kann am ehesten mit Management Teams assoziiert werden. Aber auch Qualitätszirkel können so organisiert sein. c) Relevante Gruppenarbeitskonzepte im Überblick Permanente Konzepte: dauerhaft und fixer Bestandteil der primären Organisationskultur Temporäre Konzepte : in einer parallelen sekundären Organisationsstruktur verankert Temporäre Gruppenarbeitskonzepte:

Qualitätszirkel Grundkonzept ist, daß Beschäftigte freiwillig als Gruppe produkt- bzw. prozeßbezogene Probleme ihres Arbeitsbereiches, im Sinne der Qualitätsverbesserung bearbeiten. In der Arbeitszeit, abseits der alltäglichen Routine. Die zu bearbeitenden Probleme werden entweder selbst gewählt oder vom Management vorgeschlagen. Voraussetzungen: - Das Wollen des Managements - Bereitstellung sachlicher u. zeitlicher Ressourcen - Gut ausgebildete und motivierte Belegschaft - Interesse an der Qualitätsverbesserung - Erschöpfende Information der MA über Ziele und Ablauf vom QZ QZ bestehen aus folgenden Organen: - Steuerungskomitee: Planung und Steuerung des QZ-Programmes, setzt sich

aus Mitgliedern der oberen Hierarchieebenen zusammen - Koordinator: Bindeglied zwischen den einzelnen QZ und den

Entscheidungsgremien, ist Mitglied im Steuerungskomitee. - Zirkelleiter: Schlüsselpersonen, die die QZ leiten Qualitätszirkel waren und sind vielfach der Aufhänger für die derzeitige Verbreitung von Gruppenkonzepten. Erfahrungen & Perspektiven: - Positive Effekte: Verbesserung der Zusammenarbeit sowie der

Kommunikation u. der Mitsprachemöglichkeiten, Erhöhung der Motivation und Arbeitszufriedenheit, positive ökonomische sowie soziale Effekte.

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- Negative Effekte: mangelnde Unterstützung durch das mittlere Management (Verlust von Macht und Kontrolle), fehlende oder mangelnde Rückmeldung zu den Ergebnissen

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Projektguppen

Zwei grundlegende Formen von Projekten Reine Projekte – Projektmitarbeiter sind für die Dauer des Projektes von den alltäglichen Routinen freigestellt und ausschließlich für das Projekt tätig. Sie sind dem Projektleiter unterstellt. Größtes Problem = Wiedereingliederung der Mitglieder Anwendungsbereich: Bauprojekte, Gestaltung von EDV-Systemen Stabs-Projekte – Projektmitarbeiter verbleiben in der Hierarchie und werden nur zeitweise für das Projekt abgestellt. Größter Vorteil: hohe Flexibilität, größter Nachteil: Doppelbelastung der MA. Anwendungsbereich: Organisationsentwicklungsprojekte, kleinere, komplexe Themenstellungen Erfahrungen & Perspektiven Die größte Herausforderung der Projektarbeit besteht in der Bewältigung der Spannungsfelder: - Unstrukturierte, neuartige Aufgaben – strukturierter, geplanter Ablauf - Stellung der Primärorganisation (Kompetenzfragen, Systemabwehr) - Innere Differenzierung – Integration (Balance zw. Primär- u.

Projektorgaisation)

Permanente Gruppenarbeitskonzepte:

Teilautonome Arbeitsgruppen Sind kleine Arbeitsgruppen, die selbstgesteuert einen Aufgabenbereich bearbeiten. Zentraler Unterschied zur Einzelarbeit: auf sozialer Ebene, beabsichtigte und geplanter Interaktion mit anderen. Dadurch wird der externe Koordinations- und Kontrollbedarf reduziert. Die Arbeitsgruppe soll sich selbst steuern. Organisatorische Verankerung: Teilautonome Arbeitsgruppen sind fix in der Organisationsstruktur verankerte Subsysteme. Ihre Einrichtung stellt einen massiven Eingriff in die (hierarchische) Struktur einer Organisation dar. Erfahrungen & Perspektiven: Widerstände vom mittleren Management wegen Kontroll- und Machtverlust. In der Praxis gewährte Autonomie teilweise sehr gering.

Management-Teams

Aufgrund zunehmend stärker zutage tretender Komplexität an wahrzunehmenden Managementaufgaben. Für erfolgreiche Bewältigung der Aufgaben und eine erfolgreiche Zusammenarbeit in einem solchen Team ist eine anforderungsgerechte Qualifizierung notwendig. Organisatorische Verankerung: Erfordert keine einschneidende Veränderung der Organiastionsstruktur Erfahrungen & Perspektiven:

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Kooperationsförderung planmäßig von oben nach unten, um erfolgreich zu sein, Verflachung der Hierarchien

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2) Effektivität von Gruppenarbeit Die zentrale Frage ist, was der Einsatz von Gruppen im Vergleich zur Einzelarbeit bringt. a) Woran erkennt man die Effektivität von Gruppenarbeit? Wann ist Gruppenarbeit erfolgreich? Die Grundidee hierbei ist, daß die zu Beurteilenden gemeinsam mit den Beurteilenden Zielvorgaben für eine bestimmte Periode bzw. Aufgabe vereinbaren, die anschließend als Maßstab für die ebenfalls gemeinsame Bewertung der Leistung und für Abweichungsanalysen dienen. Auswirkungen auf die Gruppenmitglieder Von Interesse ist dabei, ob sie durch die gemeinsame Arbeit frustierter und demotivierter oder aber motivierter sind als vorher, ob die Zufriedenheit geringer oder größer wurde. Durch den größeren Handlungsspielraum steigt nicht nur das Qualifikationsniveau sondern auch die Arbeitszufriedenheit. Darüber hinaus wird unterstellt, daß durch höhere Arbeitszufriedenheit auch die Leistungsbereitschaft steigt und die Fluktuation sinkt. Gerade letzteres ist in Organisationen erwünscht. Auswirkungen auf das Ergebnis Bei Entscheidungsproblemen steht man nicht nur der Entscheidung gegenüber, sondern auch wie man zu einer solchen Entscheidung kommt. Dies hängt von folgenden Kriterien ab: Qualität der Entscheidung Akzeptanz Zeit- und Kostenökonomie Informationsbasis Ziele

Organisationale Rahmenbedingungen sind Voraussetzung für ein Gelingen der Gruppnarbeit. Auswirkungen auf die Organisation Tatsache ist, daß durch die Arbeit in Gruppen der externe Koordinations- und Kontrollbedarf gesenkt wird, wodurch eine Verflachung der Hierarchien möglich ist. Die Organisation soll durch Gruppenarbeit fit gemacht werden für die Anforderungen der Umwelt. Durch Gruppenarbeit sollen sämtliche Fähigkeiten und Fertigkeiten der Organisationsmitglieder ausgeschöpft werden Auswirkungen auf die Gruppe Ein weiteres Kriterium zur Beurteilung der Effektivität der Gruppen ist der Zustand. Führten die Art der Zusammenarbeit dazu, daß die Basis für eine weitere Zusammenarbeit zerstört ist, dann war sie nicht effektiv. Kann jedoch die gemeinsame Arbeit der Gruppen aufrechterhalten oder sofar noch gefördert werden, dann war sie effektiv.

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b) Wodurch wird die Effektivität von Gruppenarbeit beeinflußt? Qualität des Leistungsprozesses ist abhängig vom Verhalten er MA und auch den situativen Rahmenbedingungen. Die Grundaussage ist einfach: Unser Verhalten hängt nicht nur von uns als Individuum ab, sondern auch von unserer Umgebung, also der Situation in der wir uns befinden. Unser Verhalten ist eine Funktion von Person und Situation. Unser Verhalten wird determiniert von: • Können: Wir können nur etwas tun wenn wir die dafür nötigen Fähigkeiten,

Fertigkeiten und Kenntnisse besitzen. • Wollen: ist nicht beobachtbar, wird nur im Verhalten sichtbar • Soziales Dürfen: nicht direkt meß- oder beobachtbare Einflußfaktoren wie:

Normen, Werte, Erwartungen • Situative Ermöglichung: ob die örtlichen, zeitlichen, ressourcenmäßigen

Rahmenbedingungen ein gekonntes, gewolltes und sozial erlaubtes Verhalten ermöglichen, ist hier der zentrale Punkt.

3) Das Innenleben von Gruppen a) die Gruppenentwicklung Phasen der Gruppenentwicklung Gruppenstruktur Aufgabenverhalten FORMING Unsicherheit, Abhängigkeit,

Ausprobieren, welches Verhalten wann akzeptabel ist

Mitglieder definieren die Aufgabe, Regeln und Methoden.

STORMING Gefahr des Zerfalls

Konflikte, Aufstand, Polarisierung der Meinungen, Kontrolle wird abgelehnt.

Emotionale Ablehnung der Aufgabenanforderungen

NORMING Entwicklung von Kohäsion, Normen, gegenseitiger Unterstützung, Konflikte werden bereinigt

Offenen Austausch von Meinungen und Gefühlen, Kooperation entsteht.

PERFORMING Interpersonelle Probleme gelöst, Gruppenstruktur ist funktional (Aufgabenerfüllung), Rollenverhalten flexibel

Problemlösungen möglich, Energie ist konstruktiv ganz auf die Aufgabe gerichtet

b) Phänomene in Gruppen und ihre Handhabung Gruppenphänomene • Zu hohe Motivation verengt das Blickfeld

Sehr hohe Begeisterung zu Beginn eines Prozesses erschwert die Problembearbeitung oder macht sie sogar unmöglich.

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• Vermeidung kognitiver Dissonanz Ist erst eine Entscheidung getroffen, eine Lösung gefunden, werden Informationen, die diese Entscheidung oder Lösung wieder in Frage stellen könnten, nicht mehr wahrgenommen.

• Gruppendruck Umschreibt die Tendenz, sich in Gruppen – wider die eigene Überzeugung – der Mehrheit anzuschließen, um emotionalen Druck zu vermeiden.

• Groupthink-Phänomen Als Folge des Gruppendrucks kann es zur drastischen Abnahme der Problemerkenntnis-, Problemlösungs- und Urteilsfähigkeit kommen. Übertriebener Teamgeist kann zu stark getrübten Realitätswahrnehmungen führen.

• Kompetenzzuschreibung Personen mit einem hohen Status wird bei Vorschlägen und Stellungnahmen ein tendenziell höheres Gewicht beigemessen.

• Einfluß von „Vielrednern“ Personen, die am Beginn einer Gruppenarbeit viel reden, wird eine größere Kompetenz eingeräumt.

• Begrenzte Informationsaufnahme- und -verarbeitungskapazität Inhaber, der für die Zielerreichung optimalen, Informationen müssen sich in Gruppen durchsetzen, wenn andere Gruppenmitglieder die Qualität der Information nicht erkennen.

• Risikoschub Gruppen neigen tendenziell zu riskanteren Entscheidungen als Einzelpersonen

Umgang mit Gruppenphänomenen • Steuerung kreativer Prozesse durch Brainstorming

Prozeß zur Generierung von Ideen und kreativen Lösungen, unter Beachtung bestimmter Regeln: Freies Spiel der Gedanken, keine Kritik, Menge zählt nicht die Qaulität

• Die Janis-Regeln Durch die Beachtung dieser Regeln soll eine hohe Qualität der erzielten Entscheidungen sichergestellt werden, andererseits kann Gruppenphänomenen gegengesteuert werden.

• Feedback und Selbstreflexion Feedback, also ehrliche, möglichst prompte und detaillierte Rückmeldung über die Qualität der Ergebnisse oder den durchlebten Gruppenprozeß, erschwert das Auftreten der erwähnten Fallen.

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Beschaffung und Auswahl von Mitarbeitern Grundlegende Zielsetzungen Das Hauptziel der Rekrutierung läßt sich prägnant mit „der richtige Mann bzw. die richtige Frau auf den richtigen Arbeitsplatz“ beschreiben. Bei der Rekrutierung müssen immer 2 Arten von Informationen erfaßt werden: • Informationen über die Anforderungen des Arbeitsplatzes • Informationen über die Qualifikationen der Bewerber Interessenunterschiede bei der Rekrutierung Organisationsziele Bewerberziele 1. Arbeitsplatzgerechte Menschen finden2. Hohe Bewerberzahlen 3. Kündbarkeit des MA 4. Wahrheit über den Bewerber –

Beschönigung ungünstiger Arbeitsbedingungen

5. Anwendung von Routineverfahren bei der Rekrutierung

1. Menschengerechte Arbeitsplätze finden

2. Geringe Bewerberkonkurrenz 3. Sicherheit des Arbeitsplatzes 4. Wahrheit über den Arbeitsplatz –

Beschönigung eigener Schwächen 5. Individuelle Behandlung

Personalbeschaffung Die Suche kann sich auf „internes Beschaffungspotential“ (=Personen, die schon im Betrieb beschäftigt sind) oder auf „externes Beschaffungspotential“ (=Personen, die außerhalb des Betriebes beschäftigt sind) beziehen. 1) Festlegung von Anforderungsprofilen Ausgangspunkt für die Entwicklung eines Wunsch-Qualifikationsprofils ist die jeweilige zu besetzenden Stelle mit ihren Anforderungen. Voraussetzung für die Festlegung der Anforderungen ist die Beschreibung des Arbeitsplatzes, die in der Stellenbeschreibung enthalten ist. Stellenbeschreibung: • Welche Aufgaben sind an dieser Stelle zu erledigen? • Wie ist die Stelle organisatorisch eingegliedert? • Welche Formen der Zusammenarbeit mit anderen Stellen sind notwendig? • Welche Kompetenzen und Verantwortungen sind mit dieser Stelle verbunden? • Welche Anforderungen werden an den Stelleninhaber gestellt?

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Stellenbeschreibungen verschaffen Klarheit über die Charakteristik der Stelle und sind die Informationsgrundlage für die Entwicklung des Anforderungsprofils. Der Entwicklungsschritt von der Stellenbeschreibung zum Anforderungsprofil besteht darin, daß die einzelnen Anforderungsdimensionen mit Bewertungen versehen werden. 2) Methoden der Personalbeschaffung Intern • Ohne Personalbewegung: Mehrarbeit, Urlaubsverschiebung

• Mittels Personalbewegung: Versetzung, Beförderung Extern • Durch die Unternehmung

• Durch Dritte: Personalleasing, Personalberater a) Interne Personalbeschaffung • Ohne Personalbewegung: Insbesondere bei lediglich kurzfristig anfallendem

Arbeitsbedarf ist es naheliegend, den Mehrbedarf durch Überstunden oder Urlaubsverschiebungen abzudecken.

• Mit Personalbewegung: Interne Personalbeschaffung durch Versetzungen stellt eine wesentliche Beschaffungsmaßnahme dar. Durch die Versetzung freigewordene Stelle muß allerdings auch wieder nachbesetzt werden.

b) Externe Personalbeschaffung • Personalwerbung durch das Unternehmen

Die wichtigsten Formen der Kontaktaufnahmen: - Stellenanzeigen in Tageszeitungen oder Fachzeitschriften - Auswertung von Stellengesuchen - Persönliche Ansprache von potentiellen Bewerbern - MA sprechen qualifizierte Personen in ihrer sozialen Umgebung an - Vermittlung durch Arbeitsämter Diese Instrumente müssen 2 Aufgaben erfüllen: - Information der potentiellen Bewerber: Information über das Unternehmen,

über den Arbeitsplatz, über die Anforderungen, über Anreize des Unternehmens, über den Bewerbungsvorgang und den Zeitpunkt der Stellenbesetzung.

- Verhaltensbeeinflussung: Werbemaßnahmen sollen nicht nur zu Interesse führen sondern zu einer Aktion. Daher ist es wichtig, daß diese Werbemaßnahmen möglichst klare und verständliche Informationen enthalten.

• Personalbeschaffung mit der Unterstützung Dritter

- AMS – stellt ihre Leistungen unentgeltlich zur Verfügung, größte Bedeutung bei der Vermittlung gewerblicher Arbeitnehmer.

- Personalberater – Aufgaben: Vorbereitung der Bewerbersuche, Durchführung bei der Bewerbersuche, Auswahl der Bewerber, Beratung bei der Einstellung Direktansprache bei der Suche von Führungskräften und Experten

- Personalleasing – vor allem bei kurzfristigem Personalbedarf, das entleihende Unternehmen schließt mit dem Leasingunternehmen einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag und bezahlt Leihgebühr.

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3) Informationsgewinnung über das Personalbeschaffungspotential Interne Personalbeschaffungsmaßnahmen: • Auswertung von Personalbeurteilungen (Identifikation von vorhanden

Qualifikationen) • Durchführung von Befragungen (Erhebung über Karriere- und

Entwicklungswünsche) • Heranziehung von Kennzahlen (Altersstruktur der Belegschaft, Fluktuationsrate) Externe Personalbeschffungsmaßnahmen: • Arbeitsmarktstatistik und –forschung (aktueller Stand und zukünftige Entwicklung

des Arbeitsmarktes) • Berufsforschung (Image und Image-Entwicklung der Berufe) • Mobilitätsforschung (Information über die Mobilität von Arbeitnehmern) 4) Entscheidungskriterien für interne oder externe Methoden a) Vor- und Nachteile Interne Personalbeschaffung Vorteile Nachteile • Eröffnung von Aufstiegschancen • Stärkere Bindung an den Betrieb

verbessert Arbeitsklima • Geringe Beschaffungskosten • Gute Kenntnis der Qualifikationen • Einhaltung des betrieblichen

Entgeltniveaus • Schnellere

Stellenbesetzungsmöglichkeit • Einstiegschancen für

Nachwuchskräfte werden frei

• Weniger Auswahlmöglichkeiten • Höhere Fortbildungskosten • Enttäuschung von Kollegen • Zu starke kollegiale Bindungen,

Sachverhalte werden verkumpelt • Versetzung löst den Bedarf quanitativ

nicht • Beförderung ist oft nur mit

aufwendiger Fortbildung möglich

Externe Personalbeschaffung Vorteile Nachteile • Breite Auswahlmöglichkeit • Neue Impulse für den Betrieb durch

neuen MA • Dem Experten gegenüber bestehen

weniger Vorurteile • Gute Kenntnis der Qualifikation des

MA • Einstellung von außen schafft keinen

weiteren Personalbedarf

• Höhere Beschaffungskosten • Negative Auswirkungen auf das

Betriebsklima • Höheres Risiko, da Fähigkeiten

weniger gut bekannt • Stellenbesetzung ist aufwendiger • Muß erst in die soziale Umgebung

integriert werden • Blockierung von

Aufstiegsmöglichkeiten

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b) Dauer des Personalbedarfs Eine wichtige Entscheidungshilfe für die Wahl der Methode ist die Dauer des Personalbedarfs. • Kurzfristiger Bedarf – neben dem Personalleasing für Spitzenbedarf vor allem

Nutzung interner Ressourcen (z. B. Mehrarbeit, Versetzung) • Langfristiger Bedarf – Einstellung neuer MA, innerbetriebliche

Personalentwicklung c) Verfügbarkeit Ist auf einem der beiden Arbeitsmärkte kein Arbeitskräftepotential vorhanden, so wird nur eine Deckung des Personalbedarfs durch den jeweils anderen möglich sein. d) Zugang zur Zielgruppe Zielgruppenkriterien Zielgruppe Personalbeschaffungsmethoden, -

instrumente Berufsgruppe, -bildung Auszubildende Kontakt zu Berufsschulen, ArbeitsmantArbeitszeit, Geschlecht Teilzeitbeschäftigt

e Frauen Belegschaftsmitglieder, Arbeitsämter

Berufsgruppe, -bildung Facharbeiter, Nachwuchskräfte

Berufsschule, Arbeitsamt, lokale Presse, Branchenwerbung

Berufsgruppe, Vorbildung

Wissenschaftler Kontakte zu Hochschulen, überregionale Zeitungen, wissenschaftliche Zeitschriften, Personalberater

Berufsgruppe, Vorbildung, Alter

Führungskräfte Interne Ressourcen, Inserate in überregionalen Zeitungen, in Fachzeitschriften, Personalberater

4) Personalauswahl a) Methoden der Personalauswahl 1. Analyse der Bewerbungsunterlagen 2. Graphologische Gutachten 3. Bewerbungsgespräch 4. Tests 5. Biographische Fragebögen 6. Assessment-Center Ad 1) Bewerbungsunterlagen Dienen nie einer endgültigen Entscheidung, liefern in erster Linie Information über die fachliche Eignung und berufliche Erfahrung der Kandidaten. Manche Unternehmen fordern keine Bewerbungsunterlagen an , sondern verwenden Personalfragebögen. Der Vorteil solcher Bögen liegt in der Übersichtlichkeit und raschen Vergleichbarkeit des Basisdaten der Bewerber.

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Ad 2) Graphologische Gutachten Die Graphologie versucht, von der Handschrift eines Individuums auf die Persönlichkeit und die Charaktereigenschaften eines Menschen zu schließen. In der Praxis als problematisch eingeschätzt: • „Barnum-Effekt“ – sie beschreiben dabei in klarer und leicht nachvollziehbarer Art

und Weise Selbstverständlichkeiten, die auf jeden Menschen irgendwann irgendwie zutreffen können.

• Für geringe Kosten wird ein umfassendes Persönlichkeitsbild des Bewerbers geliefert.

Ad 3) Bewerbungsgespräch Mit der Durchführung von Bewerbungsgesprächen werden mehrere Ziele verfolgt: • Feststellen von Fakten • Beurteilung des Sozialverhaltens des Bewerbers • Kennenlernen der Einstellungen der Bewerber • Erfassung der Erwartungen der Bewerber • Information der Bewerber über den Arbeitsplatz Man unterscheidet auch zwischen strukturierten und unstrukturierten Interviews. Erstere sind unsystematische und häufig auch unvorbereitete Gespräche, die sich in Abhängigkeit vom Gesprächsfluß entwickeln. Bei strukturierten Gesprächen führt der Interviewer das Gespräch anhand eines Themenkataloges. Probleme des Vorstellungsgespräches: • Störungen und Verzerrungen der gesammelten Informationen bei unstrukturierten

Interviews. (der erste Eindruck verzerrt auch, da sich der Interviewer schon nach den ersten Minuten ein (Vor-)Urteil bildet)

• Interviewer führen Einstellungsgespräche häufig ohne fundierte Kenntnisse der Anforderungen der zu besetzenden Stelle.

• Interviewer beeinflussen das Verhalten der Bewerber im Einstellungsgespräch und bewerten dann das Verhalten des Bewerbers, das durch ihr eigenes Verhalten mitbeeinflußt wird.

• Ein und dieselbe Information wird von mehreren Interviewern unterschiedlich interpretiert.

• Sollen Interviews zuverlässige Informationen liefern, so müßte ein hohes Ausmaß an Objektivität gegeben sein.

Um den Einfluß der genannten Probleme gering zu halten, wird eine Reihe von Gestaltungsmaßnahmen empfohlen: • Strukturierte Interviews – Vorbereitung auf das Interview wichtig • Gesprächsführung in einer möglichst entspannten Atmosphäre, dem Bewerber

viel Gesprächszeit zur Verfügung stellen, aktives Zuhören des Interviewers, Vermeidung von geschlossenen Fragen, Nachfragen und Konkretisieren

• Verfassung von Aufzeichnungen • Beiziehung mehrerer Personen

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Ad 4) Tests 3 Arten von Tests: Intellegenztests, Leistungs- und Konzentrationstests, Persönlichkeitstests Intellegenztests Versuchen die intellektuelle Leistungsfähigkeit einer Testperson in bezug auf die jeweilige Altersgruppe zu erfassen. Problem: Viele dieser Tests betonen „konvergentes“ Denken anstatt „divergentem“. Konvergent = Suche nach einer einzigen richtigen Lösung Divergent = Fähigkeit, mehrere Lösungen für ein Problem zu entwickeln. Leistungs- und Konzentrationstests Überprüfung der Leistungsfähigkeit sowie Konzentrationsfähigkeit der Testpersonen bei monotonen Aufgaben. Persönlichkeitstests Ziel ist es das Profil der Persönlichkeit der getesteten Person zu erfassen. Vor- und Nachteile von Tests: Vorteile Nachteile • Gleiche Chancen für alle Kandidaten • Tests berücksichtigen nicht die

Situation als Einflußfaktor • Vergleichbarkeit der Ergebnisse • Keine Ergebnisse über die

Entwicklungsmöglichkeit • Ergebnisse können auch später

nachvollzogen werden • Testinhalte mit späteren

Arbeitsinhalten meist wenig gemeinsam

• Ergänzung der Informationen über einen Bewerber

• Tests täuschen ein Exaktheit vor, die oft bei weitem nicht zutrifft

Ad 5) Biographische Fragebögen Insbesondere bei großen Bewerberzahlen werden biographische Fragebögen angewandt. Bei diesem Verfahren wird dem Bewerber ein Fragebogen vorgelegt, der Fragen zu lebensgeschichtlichen Daten enthält. Dabei werden die Antwortprofile von erfolgreichen und nicht erfolgreichen Stelleninhabern verglichen, um Unterschiede in den lebensgeschichtlichen Daten von erfolgreichen und nicht erfolgreichen MA festzustellen. Werden lediglich zur Vorauswahl eingesetzt, wo eine Vielzahl von Stellen häufig neu besetzt werden muß. Ad 6) Assessment-Center Das Assessment-Center stellt das aufwendigste Verfahren der Personalauswahl dar, das in Großunternehmen zunehmend Verbreitung findet. Es wird vorwiegend für die Auswahl von Führungskräften eingesetzt.

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Die wesentlichsten Kennzeichen dieses Verfahrens sind: • Es werden mehrere Bewerber gleichzeitig beurteilt, • Die in mehreren Übungen Leistungsverhalten zeigen und • Dabei von mehreren geschulten Beurteilern (Assessoren) eingeschätzt werden, • Wobei zur Beurteilung mehrere, vorher festgelegte Dimensionen herangezogen

werden Zahl der Teilnehmer üblicher Weise 6 – 12 Personen Kernstück eines jeden Assessment-Centers sind die Übungsaufgaben: • Selbstvorstellung der Teilnehmer • Gruppendiskussionen mit und ohne Rollenvorgaben • Kurzvorträge und Präsentationen • Bearbeitung von Fällen und Aufgabensimulation • „Postkorb-Übung“ – eingehende Post wird bearbeitet und die notwendigen

Entscheidungen getroffen • Rollenspiele • Unternehmensspiele Drei Phasen eines Assessment-Centers: Vorbereitungs-, Durchführungs- und Feedback-Phase Dieses Verfahren bietet im Vergleich zu anderen Personalauswahlverfahren bessere Ergebnisse. Schwierigkeiten: • Jene Bewerber werden bevorzugt, die in die Gesinnungsgemeinschaft der

Führungskräft passen • Bevorzugen jene Bewerber, die ähnliche Vorstellungen und Werthaltungen wie

sie selbst aufweisen, dies führt zu „Betriebsblindheit“ • Gefahr, daß sich bestimmte „Erfolgstypen“ durchsetzen • Positives Vorurteil gegenüber dem MA • Jene Teilnehmer werden benachteiligt, die sich in Konkurrenzsituationen belastet

fühlen

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Veränderung und Organisationsentwicklung Veränderung in Organisationen 1) Organisationen im Wachstum In diesem Modell werden 5 Wachstumsphasen von Organisationen beschrieben, die durch bestimmte Organisationsstrukturen und ein typisches Managementverhalten gekennzeichnet sind. Zwischen diesen Phasen lassen sich bestimmte Krisenerscheinungen beschreiben. Phase 1: Kreativität Schaffung eines Produktes und Entwicklung eines Marktes Charakteristik: • Unternehmensgründer meist technisch oder kaufmännisch orientiert (kein

Management) • Informelle Kommunikation • Lange Arbeitszeiten und niedrige Entlohnung • Unternehmen paßt sich den Markterfordernissen an Führungsstilkrise: Wachstum des Unternehmens führt zu Effizienz- und damit zu Finanzierungs- und Koordinationsproblemen. Diesen ist durch eine straffe Führung zu begegnen. Phase 2: Führung Charakteristik: • Funktionale Organisationsstruktur • Ausbau des betrieblichen Rechnungswesens • Installierung von Belohnungssystemen • Formalisierte Kommunikation Autonomiekrise: Die Entfaltungsmöglichkeit einzelner wird durch Formalisierung und Hierarchie begrenzt. Niedrige Ebenen fordern daher einen größeren Entscheidungsspielraum. Phase 3: Delegation Charakteristik: • Dezentralisierung von Kompetenzen und Verantwortung • Einführung von Profit-Centers (=Unternehmensbereiche mit Ertrags- und

Kostenverantwortung) • Management by Objectives und by Exception • Kommunikation geht nur noch selten vom Top-Management aus Kontrollkrise: Verlust des Top Managements über die Koordination der Produktbereiche, Märkte und Technologien

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Phase 4: Koordiantion Charakteristik: • Zusammenfassung dezentraler Einheiten zu Produkt- und Marktgruppen • Formale Planungssysteme werden etabliert • Stabspersonal übernimmt die laufende Beobachtung und Koordination • Investionen werden sorgfältig geplant • Wechselseitige Kapitalbeteiligungen Bürokratiekrise: Diese Problemlösungen können zur Aufblähung des Verwaltungsapparates und zu wachsenden Mißtrauen zwischen Stab und Linie führen. Phase 5: Teamgeist Charakteristik: • Probleme werden unbürokratisch in Gruppen gelöst • Häufig findet diese Phase in Matrixstrukturen ihren Niederschlag • Entwicklung von sozialen Fähigkeiten durch Personalentwicklungsprogramme • Organisation unterstützt Experimente Die weitere Entwicklung ist in diesem Modell offen. Über die Merkmale der nächsten Krise besteht lediglich eine Vermutung. 2) Organisationen im Wandel: Von der „Familie“ zum „Glied im Biotop“ Ein anderes Modell definiert 4 Phasen: Familie, Apparat (Maschine), Organismus und Glied im Biotop. I. Pionierphase: Das Unternehmen als Familie oder Stamm In dieser Phase wir die Unternehmung von der Pionierpersönlichkeit, meist dem Gründer, geprägt. Alles ist rund um Personen aufgebaut. Charakteristik: • Es dominieren Intuition und Fingerspitzengefühl • MA sind alle dem direkt dem Chef unterstellt • Pionierunternehmung ist wie eine „große Familie“ • Direkter Kontakt des Chefs mit den MA – Motivation • Es wird kaum geplant, meistens improvisiert Krisenerscheinungen der Pionierphase: Störungen in der Kommunikation, man hat die Übersicht verloren es fehlt an orientierenden Strukturen. Dadurch wird die Entscheidungsfähigkeit gehemmt, sie werden zu lange aufgeschoben. • Kapitalmangel • Nachfolgeprobleme • Starkes Wachstum der Anzahl der MA

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II. Organisationsphase: Das Unternehmen als konstruierter Apparat Das Unternehmen soll nach den Prinzipien Mechanisierung, Standardisierung, Spezialisierung und Koordinierung „durchkonstruiert“ werden. Die Organisation wird als steuerbare, beherrschbare und kontrollierbare Maschine angesehen. Charakteristik: • produktorientiertes Denken • Marktforschung • Kommunikations- und Berichtwesen wird installiert • Kostenrechnung, Budgetierung • Wirtschaftliche Unternehmensführung • Statistiken Krisenerscheinungen der Organisationsphase: • Erstarrung • Abteilungsdenken • Koordinationsschwierigkeiten • Zentrale Führung • Stab-Linien-Differenzen • Motivation III. Integrationsphase: Das Unternehmen als lebendiger Organismus Um aus der Erstarrung zu kommen, die sich in der übergreifenden Organisationsphase verbreitet hat, müssen die Beziehungen zwischen Menschen, Gruppen (Abteilungen) und größeren Einheiten neu gestaltet werden. Charakteristik: • Handeln der MA orientiert sich am Problem der Kunden • Das Gesamtunternehmen wird in kleine, eigenverantwortliche Einheiten

strukturiert • Die Führung begünstigt Teamarbeit • Mensch und Arbeit stehen nicht in Gegensatz zueinander • MA gestalten Aufbau- und Ablauforganisation mit • Innovationen finden auf Basis von Marketingkonzepten statt • Rechnungswesen dient als Informationsquelle für Entscheidungen IV. Assoziationsphase: Das Unternehmen als Glied im Biotop Dabei geht es um die Vernetzung von Organisationen mit den Umwelten. Mit Assoziationen sind dabei längerfristige Kooperationen mit anderen Organisationen gemeint. Charakteristik: • Personalentwicklung auch organisationsübergreifend, externe Job rotation • Teamarbeit • Erweitertes Prozeßdenken in der Ablauforganisation • Integration von Mensch und Technik, möglichst sparsamer Einsatz von Raum u.

Kapital

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3) Charasteristika von Krisenverläufen 5 charakteristische Phasen des Verlaufs: Phase 1: Krisensignale nicht sehen Phase 2: Die Krise nicht wahrhaben wollen Phase 3: Hektisches Agieren, Aggression Phase 4a: Depression Phase 4b: Einsicht Phase 5: Zuversicht Das Konzept der Organisationsentwicklung 1) Ziele und Grundsätze Organisationsentwicklung = ein längerfristig angelegter, organsiationsumfassender Entwicklungs- und Veränderungsprozeß von Organisationen und der in ihr tätigen Menschen. Ziel: besteht in einer gleichzeitigen Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Organisation (Effektivität) und der Qualität des Arbeitslebens (Humanität). Die OE verfolgt gleichermaßen organisationale und personale Ziele Organsiationale Ziele: • Erhöhung der Effektivität und Effizienz der Organisation sowie • Anpassungs-, Innovations- und Lernfähigkeit Personale Ziele: • Steigerung der Zufriedenheit und Autonomie der Organisationsmitglieder • Humanisierung der Arbeitswelt und • Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung Aus diesen Zielsetzungen lassen sich bestimmte typische Grundorientierungen ableiten: Menschenorientierung, Prozeßorientierung, Gesamtsystembezug Menschenorientierung Siehe Zettel Prozeßorientierung Denkt man an organisationalen Wandel, steht meist unwillkürlich die Frage nach den Inhalten der Veränderungen im Vordergrund. Worin liegen die aktuellen Probleme? Welche Ziele sollen mit der Veränderung erreicht werden? Diese Beschränkung auf die Inhalte birgt 2 Gefahren: • Oberflächliche Problemdiagnose • Organisationaler Widerstand

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Gesamtsystembezug Der Anspruch der OE, möglichst das gesamte Organisationssystem im Auge zu behalten, läßt sich an einem simplen Organisationsmodell veranschaulichen. Es gliedert Organisationen in 7 Ebenen, die wiederum in drei Subsysteme zusammengefaßt werden. Ebene Beobachtungsfelder Arbeitssystem Sachmittel Betriebsmittel, Materialien, Architektur der Gebäude und

deren Ausstattung etc. Abläufe Kommunikationsprozesse, Auftragsabwicklung,

Produktionsprozesse etc. Soziales System Funktionen Klarheit und Kriterien der Funktionsabgrenzung,

Doppelgleisigkeiten und Widersprüchlichkeiten Menschen, Gruppen Verhalten der Induvidien, formelle und informelle

Gruppenbildung, Machtverteilung, Allianzen, Spiele und Kämpfe etc.

Strukturen Formale Koordinationsstrukturen, Kriterien der Abteilungs- und Bereichsabgrenzung, Entscheidungskompetenzen, Spezialisierung

Kulturelles System Unternehmenspolitik Verhaltensprinzipien, Umgang mit der Organisationsumwelt,

Leitbilder, explizite Werte, Normen und Überzeugungen etc. Identität Selbstverständnis, Sinn, Unterscheidung von der Umwelt,

implizite Grundwerte, Normen und Überzeugungen etc. 2) Die Rolle des Intervenierenden und Projektstruktur Nicht nur inhaltliche Expertise in Organisationsfragen ist gefragt, sondern vor allem die Kompetenz, Veränderungsprozesse zu initiieren und zu handhaben. OE-Berater fühlen sich in erster Linie für Veränderung verantwortlich. Direktives Vorgehen des Beraters läßt der Organisation minimale Gestaltungsfreiräume. Ein Berater in der Feuerwehr-Rolle gibt Anweisungen, was aufgrund den von ihm erkannten Schwierigkeiten zu geschehen hat, mit dem Ziel, so schnell wie möglich akute Probleme zu behandeln. Ähnliches gilt für die Rolle des Beraters als Arzt, der aufgrund einer von ihm erstellten Diagnose eine bestimmte „Therapie“ verabreicht. Gefahren: Obwohl diese Expertenrolle den Bedürfnissen sowohl des Klienten wie auch des Beraters entsprechen mag, sollte der Berater nicht ausschließlich diesem Verhaltensmuster folgen. Die ausschließliche Expertenrolle kann nämlich nicht nur eine erhöhte Abhängigkeit bewirken, sondern wegen der begrenzten Berücksichtigung von Alternativen auch eine schlechte Problemlösung.

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Im Gegensatz zu den eher inhaltlich dominierten Rollen konzentrieren sich OE-Berater in erster Linie auf die Veränderungsprozesse: • Der Promotor – ist an der Erarbeitung prozessualer und inhaltlicher Lösungen

aktiv beteiligt • Der Prozeßberater – sieht seine Hauptaufgabe in der Schaffung bestmöglicher

Rahmenbedingungen für das Veränderungsvorhaben. • Der neutrale Dritte – beschränkt sich auf die Rolle eines Spiegels für die

Organisation. Er hält sich im Hintergrund, beobachtet, läßt die Organisationsmitglieder diagnostizieren und Veränderungskonzepte ausarbeiten und stellt Fragen, um den Problemlösungsprozeß in Gang zu halten.

Handlungsgrundsätze: • Betroffene zu Beteiligten machen • Hilfe zur Selbsthilfe • Hole die Beteiligten dort ab, wo sie stehen • Umfassende Diagnose – Informationsrückkoppelung • Rollende Planung • Konfliktbearbeitung • Kontinuität der Entwicklung Projektstruktur: OE findet in Form von Projekten statt, die unter Mitwirkung der Beteiligten neben deren täglicher Routine abgeführt werden. Da OE-Berater grundsätzlich über keine formalen Entscheidungsbefugnisse verfügen, werden sie als stabartige Sekundärstrukturen in der Organisation verankert. Der Stab-Linien-Problematik kann entgegengesteuert werden, wenn die entscheidenden Linienstellen, eventuell einschließlich der Leitung selbst, als Teammitglieder in das Projekt eingebunden sind. Je niedriger das Projekt in der Hierarchie angesiedelt ist, umso begrenzter ist der Handlungsspielraum, der für Veränderungen zur Verfügung steht. 3) OE-Prozesse und Interventionsinstrumente Nach der zeitlichen Abfolge lassen sich OE-Prozesse anhand des 3-Phasen-Modells von Lewin strukturieren. Vor den 3 Phasen werden Vorgehensweisen, Ziele und Rollen des Beratungsprozesses geklärt. Diese Phase wird Kontraktphase genannt.

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4 Phasen des OE-Projektes: Phase Aufgaben InterventionsinstrumenteKontraktphase Rollenklärung, Grobklärung

des Projektablaufs, anstehende Probleme aus Klientensicht

Gespräche, Schriftliches Exposé, Beratungsvertrag

„unfreezing“ Auftauen

Anstehende Probleme aus Sicht der Beteiligten, vertiefende Diagnose aus Berater- und Klientensicht, Ableitung von Ansatzpunkten

Workshops, Einzelinterviews, Selbstdiagnosematerial, Diagnosebericht, Diagnose-Feedback, gruppendynamische Trainings

„moving“ Eigentliche Veränderung

Vereinbarung der Ansatzpunkte, Definition des angestrebten Soll-Zustands, Ableitung von Veränderungsstrategien, Erarbeitung von Detailkonzepten und Realisierungsplänen

Workshops, Gespräche, Arbeitskreise, Selbstlernmaterial, Zusammenfassung des Veränderungskonzeptes in Form eines „Soll-Berichts“ Aktionsplanung Intergruppenarbeit

„refreezing“ Verfestigung

Unterstützung durch die übergeordnete Managementebene, Realisierung der vereinbarten Maßnahmen, Kontrolle

Gespräche, Installierung eines Realisierungsteams schriftliche Befragungen

Kritik und Bedeutung des OE-Ansatzes Das Konzept des OE ist lediglich eine Möglichkeit, Veränderungsprozesse in Organisationen zu handhaben. In den vergangenen Jahren wurden eine Vielzahl verwandter, ergänzender, aber auch kontrastierender Veränderungsstrategien präsentiert und diskutiert: Lean Management, Business Process Reengineering, Lernende Organisation, Fraktale Fabrik, Total Quality Management etc. Reihe von kritischen Anmerkungen: • Parteilichkeit für den Wandel: OE steht stets auf seiten des Wandels. Damit gibt

sich die OE in eine zumindest fragwürdige Parteilichkeit, denn auch Bewahrung hat die für Entwicklung von Organisationen eine große Bedeutung.

• Inhaltliche Einseitigkeit: Die OE läuft Gefahr, sich einseitig auf die humanen Aspekte der Organisation zu konzentrieren. Die technologischen, wirtschaftlichen und strukturellen Aspekte werden mitunter vernachlässigt.

• Überschätzung der Bedeutung der Arbeitswelt im Lebenskontext: Manche MA haben einen Arbeitsvertrag geschlossen, der ihnen eine strikte Trennung von Beruf und Privatleben ermöglicht.

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• Prozeßorientierung: Der Übertrag von inhaltlichen Verantwortlichkeiten an die Organisationsmitglieder stößt dann an Grenzen, wenn sie Themen berührt, für die innerhalb der Organisation noch zu wenig Know-how zur Verfügung steht.

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