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Zweite Untersuchung zur Verbreitung unseriöser Praktiken bei der Vermittlung von Verbraucherkrediten Studie 2012 Im Test: „SCHUFA-freie“ Kredite

Studie 2012 Im Test: „SCHUFA-freie“ Kredite · Wirtschaftsberatungsverträge statt Kredit 20 Lukrativer Verkauf von Adressen 20 Erfolgreiche Kreditvermittlung ist selten 20 Stark

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Zweite Untersuchung zur Verbreitung

unseriöser Praktiken bei der Vermittlung

von Verbraucherkrediten

Studie 2012 Im Test:

„SCHUFA-freie“ Kredite

Impressum

Haftungsausschluss:

Alle Angaben wurden sorgfältig recherchiert und zusammen-

gestellt. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhaltes sowie

für zwischenzeitliche Änderungen übernehmen Redaktion und

Heraus geber keine Gewähr.

© Oktober 2012

Herausgeber:

SCHUFA Holding AG

Kormoranweg 5

65201 Wiesbaden

Projektleitung: Thomas Modig

Verantwortliche Redakteurin:

Jacqueline Preußer

F.A.Z.-Institut für Management-, Markt-

und Medieninformationen GmbH,

Mainzer Landstraße 199

60326 Frankfurt am Main

Gestaltung und Satz:

Christine Lambert, F.A.Z.-Institut

Lektorat: Vera Pfeiffer

Druck und Verarbeitung: Boschen Offsetdruck GmbH,

Alpenroder Straße 14, 65936 Frankfurt am Main

Mit Ökofarben auf umweltfreundlichem Papier gedruckt.

Diese Studie wurde klimaneutral hergestellt.

Der CO2-Ausstoß wurde durch Klimaschutzprojekte neutralisiert.

Inhaltsverzeichnis 3

Zusammenfassung:

Keine seriösen Kredite ohne Bonitätsprüfung 4

Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 6

von Christian Maltry

Sicherheit geht vor: Auswahl der Probandengruppen 6

Testpersonen werden persönlich ausgewählt ... 8

... sowie ausführlich geschult und betreut 8

Anbieter werden online ausgewählt 9

Anfragen werden nicht immer beantwortet 10

Bonitätsprüfungen trotz versprochener „SCHUFA-freier“ Kredite 10

Hohe Vorabgebühren – keine Leistung 11

Schnellbearbeitungsgebühren sind bar zu entrichten 12

„Auslagenerstattung“ ist unseriös 13

Kreditratenausfallversicherungen als Voraussetzung einer Kreditvermittlung 14

Unsinnige Beteiligungen 16

Hausbesuche setzen Kreditsuchende unter Druck 17

Gerne werden Finanzsanierungsverträge angeboten 18

Wirtschaftsberatungsverträge statt Kredit 20

Lukrativer Verkauf von Adressen 20

Erfolgreiche Kreditvermittlung ist selten 20

Stark verwobene Anbieterstrukturen 21

Schwer durchschaubare Netzwerke 21

Drohkulisse Inkasso 22

Fazit 23

Rechtsgutachten 24

von Prof. Dr. jur. Hugo Grote unter der Mitarbeit von Ass jur. Pamela Wellmann

1 Zivilrechtliche Einschätzung der Methoden 24

2 Strafrechtliche Beurteilung 34

3 Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht 49

4 Unterlassungsansprüche bei Verstößen gegen das Verbraucherrecht (UKlaG) 51

5 Betrügerische Kreditvermittlung und Ordnungsrecht 51

6 Fazit 57

Inhaltsverzeichnis

4 Zusammenfassung

„SCHUFA-freie“ Kredite – kommen nicht zustande

Die Chancen, bei schlechter Bonität oder Überschuldung

den gewünschten „SCHUFA-freien“ Kredit tatsächlich zu

erhalten, ist verschwindend gering: Trotz 177 Testkontak-

ten mit den verschiedenen Anbietern wäre es nur in zwei

Fällen tatsächlich zu einer Kreditgewährung gekommen.

Die Erfolgsquote der Anfragen liegt damit gerade einmal

bei 1%.

Einer der gewährten Kredite kommt auf einen effektiven

Jahreszins von 25,5%. Beide Kredite beinhalten verschie-

denen Nebenkosten, von denen die Kreditvermittlung

abhängig gemacht wird. Damit ist zu vermuten, dass die

Kredite sittenwidrig sind.

Keine seriösen Kredite ohne Bonitätsprüfung

Zum zweiten Mal nach 2007 hat die SCHUFA eine Studie

in Auftrag gegeben, um den Markt der „SCHUFA-freien“

Kredite zu analysieren. „SCHUFA-freie“ Kredite, also

Kredite ohne Bonitätsprüfung, werden heute vor allem

im Internet angeboten. Testpersonen unternahmen den

Versuch, ein „SCHUFA-freies“ Darlehen zu erhalten.

„SCHUFA-freie“ Kredite – unseriöse Angebote überwiegen

Betrachtet man die Angebote, die den Studienteilneh-

mern unterbreitet wurden, steht fest: Personen, die einen

„SCHUFA-freien“ Kredit suchen, treffen in mehr als acht

von zehn Fällen auf einen unseriösen, gegebenenfalls

sogar im Grenzbereich zur Kriminalität arbeitenden

Anbieter.

Unseriöse Angebote erkennt man daran, dass ...

J Vorabgebühren erhoben werden,

J Vertragsunterlagen per Nachnahme verschickt

werden,

J unsinnige Versicherungen vertrieben werden,

J (gefährliche) Beteiligungen veräußert werden,

J sinnlose Beratungsverträge verkauft werden,

J geltend gemachte Auslagen nicht nachgewiesen

werden,

J teure „Beratungshotlines“ genutzt werden müssen,

J unnötige, aber teure Hausbesuche gemacht werden,

J Kreditsuchende mit Finanzsanierungsangeboten

getäuscht werden,

J Überschuldeten Insolvenzberatung durch hierzu nicht

befugte Anbieter versprochen wird.

Legt man diese Kriterienliste zugrunde, dann sind die

Testpersonen bei 42 von 50 Firmen und damit in 84%

der Fälle auf Anbieter getroffen, deren Vorgehen

unseriös ist.

177 Testanfragen ergaben zwei Kredite

Zusammenfassung 5

Kreditsuchende werden über tatsächliche Vermittlungschancen getäuscht und abkassiert

Die Problematik, dass in großem Umfang unzulässige

Nebenentgelte kassiert werden, die beworbenen Kredite

aber fast nie vermittelt werden, ist gegenüber der Studie

2007 unverändert geblieben.

Nach wie vor täuschen die unseriösen Anbieter die Anfra-

genden über ihre tatsächlichen Vermittlungschancen.

Mit „Antragsannahmen“, „positiven Vorprüfungen“ und

ähnlichen Formulierungen erwecken sie den Eindruck

einer demnächst erfolgenden Kreditauszahlung, um die

Kreditsuchenden zum Abschluss diverser Verträge zu ver-

leiten. Hierin besteht das Kerngeschäft der Branche, eine

tatsächliche Kreditvermittlung aber stellt den Ausnahme-

fall dar.

Statt Kredit: teures Finanzsanierungsangebot

Auffällig ist der gegenüber 2007 deutlich größere Anteil

an Firmen, die Finanzsanierungsangebote unterbreiten

oder den Eindruck erwecken, dem Kunden in Bezug auf

ein Insolvenzverfahren helfen zu können und zu dürfen.

Während 2007 nur 6 von 49 Firmen (12%) derartige

Angebote darlegten, sind es jetzt 18 von 50 Firmen

(36%). Durchschnittlich sollen dafür Vermittlungsgebüh-

ren in Höhe von 400 1 gezahlt werden. Hinsichtlich der

Finanzsanierungsangebote existiert seit Jahren eine gefes-

tigte wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung, die die

Branche offensichtlich nicht an ihren Aktivitäten hindert.

Im Gegenteil: Waren viele Anbieter – im Nachgang zu

einer vom BGH bestätigten strafrechtlichen Verurteilung

eines Finanzsanierungsvermittlers – bisher aus dem Aus-

land aktiv, so steigt die Zahl der in Deutschland ansässi-

gen Firmen wieder.

Ordnungsrechtliches Instrumentarium wird nicht genutzt

Ordnungsrechtlich benötigt ein Kreditvermittlungsge-

werbe eine Erlaubnis nach § 34c GewO. Diese wird nur

bei Zuverlässigkeit erteilt und kann unter anderem auch

dann wieder entzogen werden, wenn der Vermittler

gegen verbraucherschützende Vorschriften verstößt.

Darüber hinaus hat die Ordnungsbehörde die Möglich-

keit, Buß gelder bis zur Höhe von 5.000 1 zu verhängen.

Hier ist eine große Diskrepanz zwischen Theorie und

Praxis festzustellen. Obwohl ein breites ordnungsrecht-

liches Instrumentarium zu Verfügung steht, wird dieses

offenbar nicht genutzt. Trotz der großen kriminellen

Energie, mit der manche Vermittler operieren, sind in den

vergangenen fünf Jahren keine Fälle bekannt geworden,

in denen Ordnungsbehörden entsprechende Maßnahmen

getroffen haben.

Kreditvermittlungsbetrug kann strafrechtlich verfolgt werden

Strafrechtlich sind die Geschäftspraktiken unseriöser

Kreditvermittler vor allem unter dem Gesichtspunkt des

Betrugs zu betrachten. Ein Betrug liegt nicht nur dann

vor, wenn der Anbieter schon von vornherein weiß, dass

er gar keinen Kredit ohne Bonitätsprüfung vermitteln

kann. Ein Betrug ist auch dann anzunehmen, wenn der

Vermittler über die Berechtigung der von ihm geforderten

Zahlungen täuscht, er also zum Beispiel Vorabgebühren

erhebt oder die Auslagen nicht einzeln aufführt.

In den vergangenen Jahren gab es zwar einige wenige

Strafverfahren, eine Verurteilung mit Freiheitsstrafe

gegen den vorbestraften Haupttäter – soweit ersichtlich –

aber nur in einem Verfahren des Landgerichts Stuttgart.

Betrügerische Kreditvermittler können sich offenbar nach

wie vor ungehindert an in wirtschaftliche Not geratenen

und damit für jegliche Kreditangebote besonders emp-

fänglichen Verbrauchern bereichern.

6 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter

Zum zweiten Mal nach 2007 wurde der Markt der

„SCHUFA-freien“ Kredite durch Testanfragen kreditun-

würdiger bzw. überschuldeter Personen analysiert.

Testpersonen, deren wirtschaftliches und soziales Profil –

nach den Erfahrungen der Schuldnerberatungsstellen

und Strafverfolgungsbehörden – den typischen Nach-

fragegruppen entsprach, sollten den Versuch unter-

nehmen, unter wahrheitsgemäßer Angabe der eigenen

wirtschaftlichen Situation ein „SCHUFA-freies“ Darlehen

zu erhalten.

Während des Projektzeitraumes von Februar bis Mitte

April 2012 stellten die Testpersonen jeweils mehrere

Anfragen nach Krediten ohne Bonitätsprüfung an eine

Reihe von Anbietern und dokumentierten die Abläufe

der Kreditanfragen.

Das Studiendesign entspricht weitestgehend1 der Vor-

läuferstudie, so dass die Ergebnisse vergleichbar sind.

Selbstverständlich kann die Studie nicht den Anspruch

der Repräsentativität erheben, hierzu wäre beispielsweise

eine größere Zahl von Probanden für die Testanfragen

notwendig gewesen. Dennoch sind die Ergebnisse geeig-

net, Methoden der Anbieter und insbesondere auch die

Entwicklungen im Markt zu beschreiben.

Sicherheit geht vor: Auswahl der Probandengruppen

Potentielle Nachfrager nach „SCHUFA-freien“ Krediten

lassen sich, nach den Erfahrungen der Strafverfolgungs-

behörden und der Schuldnerberatungsstellen, grob in drei

Gruppen einteilen. Vereinfacht lassen sich diese Gruppen

wie folgt beschreiben:

1 Abweichungen ergaben sich im Wesentlichen nur in der Form der Auswahl der Anbieter.

Gruppe A –

Arbeitslose unterhalb der Pfändungsfreigrenze

Die Gruppe besteht vornehmlich aus ALG-II-Empfängern,

Arbeitnehmern (teilweise mit geringer formaler Qualifika-

tion), die unter die „Working Poor“ zu rechnen sind, und/

oder Alleinerziehenden. Das Einkommen liegt regelmäßig

unterhalb der Pfändungsfreigrenzen. Die vorhandenen

Vorschulden sind in absoluten Beträgen nicht übermäßig

hoch, dennoch lässt das niedrige Einkommen keine

Tilgung zu. Diese Gruppe sucht in der Regel nach einem

Kleindarlehen, mit dem eine aktuelle Notsituation (Miet-

rückstand, Energie- oder Kontosperre) überwunden wer-

den kann bzw. soll. Teilweise wird auch nach einer Kredit-

zusammenfassung gesucht, um bestehende Verpflichtun-

gen mit geringerer Ratenbelastung bedienen zu können.

Gruppe B –

Überschuldete mit Einkommen um die Pfändungs-

freigrenzen und bestehenden Vorkrediten

Diese Personengruppe hat vielfach Schulden in erheblicher

Höhe. Teile der Verbindlichkeiten sind bereits tituliert, oft-

mals wurde die eidesstattliche Versicherung bereits abge-

geben. In aller Regel sind diese Überschuldeten immer

noch bemüht, die Verbindlichkeiten zu bedienen und leis-

ten Ratenzahlungen, teils sogar in existenzgefährdender

Höhe, obwohl oftmals ein (Verbraucher-)Insolvenzverfah-

ren sinnvoller wäre. Trotz dieser Zahlungen ist es aber –

bedingt durch Gläubigeranzahl, kostentreibende Weite-

rungen der Gläubiger u.a.m. – nur selten möglich, tat-

sächlich auch Tilgungseffekte zu erzielen. Die Gruppe

sucht oftmals nach einem Kredit zur Zusammenfassung

sämtlicher Verbindlichkeiten („nur noch eine Rate“), um

die Verbindlichkeiten neu zu ordnen und so dem Gläubi-

gerdruck zu entkommen. Die Kreditgeschichte, ggf. vor-

handene Negativmerkmale und/oder die Diskrepanz zwi-

schen Leistungsfähigkeit und Kreditbedarf, führt dazu,

dass Kreditanfragen bei der Hausbank abgelehnt werden.

Ein Darlehen über „SCHUFA-freie“ Anbieter erscheint des-

halb geeignet, die gewünschte Entlastung zu realisieren.

Kreative Praktiken unseriöser Anbieter

von Christian Maltry

Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 7

Gruppe C –

Selbständige – Kleingewerbetreibende

Existenzgründer oder Gewerbetreibende/Freiberufler mit

Bonitätsschwierigkeiten sind Angehörige dieser Gruppe.

Die Selbständigkeit wird in der Regel in der Rechtsform

einer Einzelfirma betrieben. Eine aktuelle und geordnete

Buchführung liegt vielfach nicht vor. Das gesuchte Darle-

hen wird für eine geplante Investition (Pkw, Maschine),

den Wareneinkauf oder zum Ausgleich eines eigenen

Forderungsausfalls benötigt. Die Hausbank hat eine

Kreditgewährung mit Hinweis auf frühere Zahlungs-

schwierigkeiten oder eine negative SCHUFA–Auskunft

verweigert. Teilweise ist Immobilienvermögen vorhanden,

das allerdings bereits mit Grundschulden belastet ist.

Der Kapitalbedarf liegt oftmals deutlich im sechsstelligen

Bereich.

Den Gruppen ist gemeinsam, dass sich die Betroffenen

in einer als erheblich belastend empfundenen Situation

befinden, die eine kritische Wertung der Angebote

zumindest erschwert.

Im Hinblick auf eine möglichst umfassende Dokumenta-

tion der Suche nach einem „SCHUFA-freien“ Kredit

erschien die Verwendung fiktiver Anfragen nicht geeig-

net, da in deren Verlauf von den Kreditsuchenden regel-

mäßig Nachweise über die wirtschaftlichen Verhältnisse

verlangt werden. Kreditanfragen hätten somit bei

Verwendung fiktiver Identitäten vorzeitig abgebrochen

werden müssen, da die entsprechenden Unterlagen nicht

existierten, Negativmerkmale in Bonitätsdatenbanken

nicht vorhanden, ein Hausbesuch nicht möglich gewesen

wäre etc. Aussagekräftige Informationen über den

Gesamtablauf einer Kreditanfrage waren demnach nur

zu erwarten, wenn die Anfragen auch von tatsächlich

existierenden Personen gestellt wurden.

Im Interesse einer möglichst umfassenden Exploration

des Markts wäre es sinnvoll gewesen, die Testanfragen

durch Testpersonen durchführen zu lassen, die den vor-

stehend geschilderten Nachfragegruppen entsprechen.

Zu berücksichtigen war allerdings auch, dass die Sicher-

heit der Testpersonen in keinem denkbaren Fall gefährdet

werden durfte.

Erfahrungsgemäß unterscheiden sich die Angebote und

das Vorgehen unseriöser Anbieter hinsichtlich der Test-

gruppen A und B kaum. Es wird regelmäßig behauptet,

auch bei ungünstigsten Voraussetzungen noch den

gewünschten Kredit vermitteln zu können, da man mit

Banken/privaten Finanzierern zusammenarbeite, welche

keine Bonitätsprüfung durchführten.

Tatsächlich wird allerdings versucht, obwohl eine Kredit-

vermittlung erkennbar nicht möglich sein wird, Vorabge-

bühren zu kassieren, zusätzliche Finanzdienstleistungen

(Versicherungen, Bausparverträge u.a.m.) als angebliche

Bonitätsverbesserung zu verkaufen, Anrufe bei kosten-

pflichtigen Telefonmehrwertdiensten zu provozieren etc.

Die unseriösen Anbieter bemühen sich zwar sehr um ein

scheinlegales Vorgehen, arbeiten aber tatsächlich mit vor-

sätzlicher Täuschung der Kreditsuchenden bis hin zum

Betrug.

Mögliche Risiken für die Testpersonen bestanden in einer

solchen Testumgebung „nur“2 im wirtschaftlichen

Bereich, nämlich durch die – im Zuge der vorgeblichen

Kreditvermittlung abzuschließenden – Finanzdienstleis-

tungsverträge, Vorabgebühren etc. und die daraus resul-

tierenden Zahlungsverpflichtungen. Die Testpersonen

wurden daher vertraglich von den wirtschaftlichen Risiken

freigestellt, die sich durch die Testkreditanfragen ergeben

konnten.

Die vorstehend beschriebenen Praktiken werden selbst-

verständlich auch bei der Nachfragegruppe der Selbstän-

digen/Freiberufler angewendet. Darüber hinaus werden

aber, teilweise auch aus dem Ausland, weitere Angebots-

varianten beworben. Auch hier ist eine tatsächliche Kre-

ditvermittlung i.d.R. nicht beabsichtigt, sondern es geht

einzig darum, Vorabgebühren zu kassieren. Typische

Angebote sind Kredite angeblicher Privatinvestoren aus

dem Ausland (für die vorab Notar- und Übersetzungsge-

bühren fällig werden), Kick-back-Darlehen („Bargeld

durch Immobilienkauf3“), aber auch Varianten der Depo-

sitendarlehen (Kredite, bei denen die Rückzahlung durch

eine vorab zu erbringende Einlage, „Deposit“, erfolgen

2 Im Einzelfall überstiegen die Haftungsrisiken der angebotenen Beteiligungen den gewünschten Kreditbetrag allerdings deutlich.

3 Der Kreditsuchende erwirbt, ggf. mit gefälschten Unterlagen zur Bonität, ohne Eigenkapital Wohneigentum. Der Kauf erfolgt zum überhöhten Preis, der zusätzlich noch einen Aufschlag enthält, der an den Kreditsuchenden ausgezahlt werden soll. Soweit der Kreditsuchende an Täuschungshandlun-gen gegenüber der finanzierenden Bank beteiligt ist, macht auch er sich strafbar. Ein entsprechender Vorschlag wurde einem Probanden telefonisch unterbreitet.

8 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter

soll4). Teilweise wird versucht, die Vorauszahlungen mit

Hilfe sogenannter „Rip-Deals“5 zu erlangen.

Eine Gefährdung der Testpersonen in diesem Szenario

konnte nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen

werden, da Rip-Deals zwar meist als Trickbetrugsvariante

abgewickelt, teilweise aber auch als Raub durchgeführt

werden. Entsprechend musste auf ein Testszenario, das

auch solche Angebote untersuchen könnte, verzichtet

werden.

Die Beschränkung auf die Testszenarien A und B deckte

den „Massenmarkt“ des Geschäftes mit „SCHUFA-freien“

Krediten ab und stellte zudem sicher, dass eine Gefähr-

dung der Testpersonen ausgeschlossen werden konnte.

Gleichzeitig sind die über die Testanfragen gewonnenen

Ergebnisse auch aussagekräftig, da sie auf realen wirt-

schaftlichen Verhältnissen der Testpersonen beruhen.

Testpersonen werden persönlich ausgewählt ...

Die Anwerbung von Testpersonen in Form eines öffentli-

chen Aufrufs schied bereits im Hinblick auf die notwen-

dige Vertraulichkeit der Studie aus. Darüber hinaus wäre

die Zuverlässigkeit solchermaßen gewonnener Testperso-

nen nur schwer einzuschätzen gewesen.

Ausgewählte Schuldnerberatungsstellen in Berlin, Nord-

rhein-Westfalen, Nordbayern und Stuttgart wurden,

um den Kreis der über die Studie informierten Personen

überschaubar zu halten, gebeten, unter der Klientel nach

Personen zu suchen, die zum einen die Vorgaben der

Testszenarien abdeckten, zum anderen die persönlichen

Voraussetzungen für eine Teilnahme sicherstellten.

Die auszuwählenden Testpersonen mussten in der Lage

sein, die Vorgänge im Zusammenhang mit der Beantra-

gung des „SCHUFA-freien“ Kredites sorgfältig zu doku-

mentieren. Zwar wurden die zu dokumentierenden

Daten, soweit möglich, in standardisierter Form erfragt,

4 Das Deposit soll angeblich in hochrentierlicher Form angelegt werden, so dass eine vergleichsweise kleine Anlage über Hebeleffekte die Tilgungs- und Zinszahlungen des Kredites abdecken soll.

5 Nach polizeilicher Definition (BKA: Jahresbericht Wirtschaftskriminalität 2002) blitzartiger Betrug, Diebstahl oder Raub. Zum Kontakt kommt es in der Regel aufgrund beabsichtigter Immobilien- , Devisengeschäfte oder Kre-ditaufnahmen. Kreditsuchende werden Kreditvermittlungsbemühungen vor-gespielt. Die Täter täuschen dem Opfer dabei eine erfolgreiche Vertragsan-bahnung vor, deren Umsetzung nur noch von einer Vorauszahlung abhängig sei. Diese Vorauszahlung soll, vielfach im Ausland, in bar übergeben werden. Anlässlich der Übergabe sichern sich die Täter die Vorauszahlung.

so dass der Aufwand für die Testpersonen möglichst

gering gehalten werden konnte. Dennoch setzte die

Dokumentation sowohl eine gewisse Schriftfertigkeit als

auch die Zuverlässigkeit der Teilnehmer voraus. Im Hin-

blick auf die abzuschließenden (Vermittlungs-)Verträge

und die im Projektverlauf an die Probanden gestellten

finanziellen Forderungen waren sowohl eine gewisse

Stabilität als auch ein Vertrauensverhältnis zur Projekt-

betreuung unverzichtbar. Die Einbindung der Beratungs-

stellen und deren Befürwortung des Projektes waren inso-

weit notwendig. Ausgewählt wurden 22 Testpersonen.

... sowie ausführlich geschult und betreut

Alle von den Schuldnerberatungsstellen benannten

Kandidaten für eine Projektteilnahme wurden im Vorfeld

zu einer ausführlichen Schulung (im Zeitumfang von ca.

drei Stunden) eingeladen. Gegenstand war zunächst eine

Einführung in die Problematik der Kreditvermittlung und

insbesondere der Vermittlung „SCHUFA-freier“ Kredit-

angebote. Die Teilnehmer wurden des Weiteren mit dem

grundsätzlichen Projektaufbau und insbesondere dem

Baustein „Testanfragen“ vertraut gemacht. Darüber hin-

aus wurden die vertraglichen Bedingungen der Projektteil-

nahme erläutert. Weiter wurden die Notwendigkeit einer

umfassenden Dokumentation vermittelt und die hierfür

vorbereiteten Formulare und Hilfsmittel vorgestellt.

Breiten Raum nahm die Darstellung der potentiellen

rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken sowie der ent-

sprechenden Haftungsfreistellung durch den Auftragge-

ber der Studie ein. Explizit wurde dabei der „idealtypi-

sche“ Ablauf einer „SCHUFA-freien“ Kreditvermittlung,

entsprechend der Ergebnisse der Studie aus 2007 im

Sinne eines „Worst-Case-Szenarios“ dargestellt. Eine aus-

führliche Erläuterung über die Rechtsgrundlagen und

Widerrufsmöglichkeiten der im Zusammenhang mit einer

Kreditanfrage möglicherweise abzuschließenden Verträge

(und selbstverständlich auch der Verträge, die die Test-

personen nicht abschließen sollten) beendete den allge-

meinen Schulungsteil.

Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 9

Mit den Testpersonen, die sich für eine Teilnahme am

Projekt entschieden, wurde jeweils eine individuelle

„Musterselbstauskunft“ erstellt, die sich an den von den

Anbietern verwendeten Formularen orientierte und deren

typische Fragestellungen beinhaltete. Die Selbstauskunft

diente als Vorlage für sämtliche Kreditanfragen, fasste die

wirtschaftliche Situation des Probanden wahrheitsgemäß

zusammen und umfasste auch den Kreditwunsch für die

Testanfrage. Kreditwünsche entsprachen der durch die

Testszenarien vorgegebenen Legende (Anschaffung,

Abdeckung einer Notsituation, Kreditzusammenfassung)

und der individuellen wirtschaftlichen Situation.

Allen Probanden wurde eine schriftliche Ausarbeitung der

Schulungsinhalte zu Verfügung gestellt. Diese beinhal-

tete, neben den grundlegenden Informationen zu Thema

und Ablauf, auch eine Reihe von vorbereiteten Muster-

schreiben zum Widerruf von abgeschlossenen Finanz-

dienstleistungsverträgen.

Während der Laufzeit der Studie stand den Probanden

ein fester, für alle Fragen hinsichtlich der Abwicklung der

Testanfragen kurzfristig erreichbarer Ansprechpartner zur

Verfügung. Die Betreuung traf auch die Entscheidung,

welche, gegebenenfalls kostenbelasteten, Verpflichtun-

gen die Probanden im Zuge der Anfragen eingehen soll-

ten bzw. an welchem Punkt die Abfragen abzubrechen

waren.

Rechtliche Fragen und Probleme, die nicht bereits mit

dem Betreuer geklärt werden konnten, wurden im Rah-

men der juristischen Beratung durch Herrn Prof. Dr. Grote

und externe Rechtsberater geklärt. Externe Beratung

umfasste auch die rechtliche Unterstützung im Hinblick

auf die Abwehr/Verfolgung von Ansprüchen aus der ord-

nungsgemäßen Abwicklung der Testanfragen. Die Kosten

der Rechtsverfolgung und Forderungsabwehr wurden

vom Auftraggeber der Studie übernommen.

Auch über das Ende des Projektzeitraumes hinaus steht

die rechtliche Unterstützung und Betreuung zur Verfü-

gung, da angebliche Ansprüche der Kreditvermittler bzw.

Anbieter auch noch lange im Nachgang geltend gemacht

werden könnten.

Anbieter werden online ausgewählt

Mit der zunehmenden Verbreitung der Internetnutzung in

Deutschland hat sich auch die Werbestrategie der Anbie-

ter von „SCHUFA-freien“ Krediten verändert. Werbung in

Printmedien hat entsprechend einen geringeren Umfang

als noch bei der Studie 2007 feststellbar. Die Auswahl der

Anbieter, bei denen die Anfragen nach einem „SCHUFA-

freien“ Kredit gestellt werden sollten, beruhte entspre-

chend auf online verfügbaren Quellen.

Die den Probanden als anzufragend vorgegebenen Anbie-

ter wurden einer Suche mit der Suchmaschine Google

vom 01.11.2011 entnommen. Als Suchbegriffe wurden

„Kredit“ und „ohne SCHUFA“ verwendet. Zur Auswahl

wurden die ersten 300 Treffer (von ca. 2,9 Millionen) und

die auf den Trefferseiten eingeblendete Werbung um

Mehrfachtreffer, redaktionelle Beiträge zum Thema, Ver-

weise auf andere Suchmaschinen, Portale (Verweise auf

mehrere Anbieter)6 und „tote“ Links bereinigt.

Nach der Bereinigung verblieben 52 Anbieter. Im Zuge

der Anfragen kam es zu Testkontakten mit weiteren sie-

ben Firmen über die Zufallsanfragen der Probanden sowie

19 Firmen durch die Weiterleitung von Testanfragen über

die Kreditvermittler. Die Mehrzahl der Firmen (62) hatte

den Firmensitz in Deutschland, ein Teil der Anbieter

residierte zumindest formal im Ausland, überwiegend

in Österreich und der Schweiz.

Jeweils sechs Anbieter aus der Vorauswahl wurden den

Testpersonen vorgegeben. Zusätzlich sollten die Proban-

den, nach eigener Entscheidung, zwei weitere Anbieter

auswählen und anfragen. Einzige Vorgabe für die selbst-

gewählten Anbieter war, dass diese Kredite „ohne

SCHUFA“ anbieten sollten. Die Studie bildet insoweit,

nach den Erfahrungen der Schuldnerberatungsstellen,

die Realität ab, da Kreditsuchende oftmals bei verschie-

denen Anbietern versuchen, einen Kredit zu erhalten.

Üblicherweise verteilen sich diese Mehrfachanfragen

allerdings über einen längeren Zeitraum als in der Studie

realisierbar.

6 Hierzu wurden auch Seiten von Partnerprogrammen (Affialiatemarketing) gerechnet.

10 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter

Anfragen werden nicht immer beantwortet

Die Mehrzahl der Kreditvermittler stellt in ihrem Internet-

auftritt Formulare zur Verfügung, in denen bereits die

wichtigsten Daten zur Person, dem Einkommen und Kre-

ditwunsch abgefragt werden. Die Testanfragen wurden,

aus Dokumentationsgründen, überwiegend über diese

Internetauftritte gestartet. Alternativ wurden Anfragen

per E-Mail an die Vermittler gesandt. Soweit dies nicht

möglich war, wurde telefonisch Kontakt mit den Anbie-

tern aufgenommen. Per E-Mail bzw. Telefon wurde auch

versucht, mit den Anbietern in Verbindung zu treten,

wenn technische Probleme mit den Kontaktformularen

auftraten, was erstaunlich häufig der Fall war. So waren

Kreditanfragen bei neun der vorausgewählten Firmen,

trotz während der Projektphase geschalteter Werbung,

nicht möglich, da die entsprechenden Anfrageseiten

Fehlermeldungen lieferten oder gar nicht erreichbar

waren. Insgesamt verblieben daher 50 Firmen, die von

den Probanden angefragt wurden.

Ein erheblicher Anteil der Firmen (18 Anbieter, d.h.

36%) beantwortete die Internetanfragen nicht, sieht

man von den in einigen Fällen durch automatische Mail-

systeme erzeugten Eingangsbestätigungen ab. Weitere

sieben Firmen (14%) reagierten zwar ebenfalls nicht,

reichten die Anfragen aber – nachvollziehbar – an andere

Vermittlungsunternehmen weiter, oder teilten mit, die

Kreditanfrage sei an einen weiteren, teils namentlich

genannten, Kreditvermittler weitergeleitet worden.

Es ist zwar zu vermuten, dass zumindest ein Teil der nicht

reagierenden Firmen die gewonnenen Daten der Kredit-

suchenden ebenfalls weiterleitete, Belege hierfür konnten

aus den verfügbaren Daten aber nicht gewonnen werden.

Die verbleibenden 25 Firmen übermittelten kurz nach

der Anfrage eine Nachricht, meist ebenfalls zunächst als

E-Mail, in der sie mitteilten, die Anfrage sei eingegangen

oder gar der Antrag sei genehmigt. Die Bestätigung ver-

wies auf die Übersendung von Unterlagen oder beinhal-

tete ein Selbstauskunftsformular zur Unterschrift.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen setzt der Vergü-

tungsanspruch des Kreditvermittlers voraus, dass eine

schriftliche Vermittlungsvereinbarung mit dem kredit-

suchenden Verbraucher getroffen wird. Die auf den Inter-

netseiten der Anbieter ausgefüllten Selbstauskünfte sind

nicht geeignet, die Schriftform zu ersetzen, so dass eine

Kontaktaufnahme zunächst auch zu erwarten war.

Darüber hinaus ist der Vermittler verpflichtet, den Kredit-

nehmer umfangreich über Einzelheiten des Kreditvermitt-

lungsvertrags zu unterrichten. Es wäre daher nahelie-

gend, dass die antwortenden Firmen entsprechende

Informationen übersandt hätten. Alleine im Hinblick auf

den Vergütungsanspruch wäre eine Übersendung von

Vermittlungsverträgen, die zumindest Provisionsregelun-

gen für die erfolgreiche Kreditvermittlung enthalten, zu

erwarten gewesen.

Tatsächlich verwendeten aber nur sechs der Firmen ein

Formular, in dem auch der Vergütungsanspruch des Ver-

mittlers geregelt war, die vorgeschriebenen Informations-

pflichten wurden in keinem Fall erfüllt.

Bonitätsprüfungen trotz versprochener „SCHUFA-freier“ Kredite

Die zentrale Werbebotschaft der Anbieter „SCHUFA-

freier“ Kredite lautet, dass eine Kreditvergabe auch dann

möglich sei, wenn der Kreditsuchende Negativmerkmale

in seiner SCHUFA–Auskunft habe. Die Werbebotschaft

setzt bei der Erfahrung an, dass Kreditwünsche der

potentiellen Kunden bereits abgelehnt wurden. Vielfach

wird diese Ablehnung mit dem Verweis auf eine

„schlechte SCHUFA“ verbunden.

Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob etwaige Negativ-

merkmale tatsächlich auch ausschlaggebend für die

Ablehnung des Kreditwunsches waren oder ob dieser

aufgrund anderer Faktoren, etwa einer bankinternen

Bonitätsprüfung, scheiterte. An dieser Erfahrung jeden-

falls setzt die Werbung an, indem sie den Eindruck

erweckt, dass Bonitätsüberlegungen bei der

Nicht alle angefragten Anbieter reagieren(Reaktionen der angefragten Kreditvermittler; in %)

n=50

Quelle: SCHUFA.

keine Reaktion

reichen Anfrage weiter

nehmen mit Kreditsuchenden Kontakt auf

36

50

14

Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 11

Kreditvergabe/-vermittlung keine oder nur eine unterge-

ordnete Rolle spielten, denn da der Anbieter „über Kon-

takte zu einer Vielzahl von in- und ausländischen Kredit-

gebern verfügt, kann ein Privatkredit auch in schwierigen

Situationen in der Regel zeitnah realisiert werden“.

Teilweise wird sogar explizit erklärt: „Es erfolgt keine

Bonitätsprüfung“.

Alle Anfragen der Testpersonen waren ausdrücklich auf

„SCHUFA-freie“ Angebote gerichtet. Dennoch fanden

sich in den Onlineformularen bzw. Vermittlungsaufträgen

bei 33 Firmen (66%) Klauseln, die den jeweiligen Kredit-

vermittler bzw. die anzufragende Bank ermächtigten,

Auskünfte einzuholen. In der Regel handelte es sich dabei

um förmliche SCHUFA-Klauseln, teilweise wurden auch

allgemeinere Formulierungen zur Bonitätsprüfung ver-

wendet. Dies ist letztlich auch zwingend, denn aus nahe-

liegenden wirtschaftlichen Gründen, aber natürlich auch

aufgrund gesetzlicher Vorgaben7, kann es selbstverständ-

lich keinen Kredit ohne Bonitätsprüfung geben.

Die Verwendung von SCHUFA-Klauseln steht aber in

deutlichem Widerspruch zur beabsichtigten Werbebot-

schaft, ein Umstand, der von den Kreditvermittlungen

kaum thematisiert wird. Drei Kreditvermittler erläuterten

dazu, eher verwirrend, dass sie – falls die Vermittlung

eines „SCHUFA-freien“ Kredites nicht möglich sei – als

zweite Möglichkeit prüften, „welches Darlehen mit

SCHUFA angeboten werden kann. Sollte die erste

Prüfung die Aussicht auf ein verbessertes Angebot mit

SCHUFA ergeben, kann auch in umgekehrter Reihenfolge

agiert werden.“

7 § 509 BGB, eingeführt mit der Umsetzung der Verbraucherkreditlinie der EU, verpflichtet dazu, „die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers zu bewerten“, was auch mit Hilfe der Bonitätsinformationen von Auskunfteien erfolgen kann.

Unter Berücksichtigung der Finanzsanierungsangebote,

für die eine Bonitätsauskunft irrelevant ist, und der

Firmen, die ihre Rolle auf die Weiterleitung von Kredit-

anfragen an andere verbundene Unternehmen beschrän-

ken, wird von mehr als der Hälfte der Anbieter die

Möglichkeit einer SCHUFA-Anfrage vereinbart.

Im Widerspruch zu den Werbeversprechungen lösten die

Kreditanfragen auch tatsächliche SCHUFA-Anfragen aus.

Drei Testpersonen fanden bislang entsprechende Einträge

in ihrer Selbstauskunft. Diese Anfragen erfolgen über

diverse Teilzahlungskreditinstitute, nicht über die Kredit-

vermittler. Entsprechend war es leider nicht möglich,

die Anfragen einer bestimmten Kreditanfrage und damit

einem konkreten Kreditvermittler zuzuordnen. Die fest-

gestellten Einträge waren nicht als „Konditionenabfrage“

bezeichnet, sondern als „Kreditanfrage“ – mithin also für

die Scoreberechnung relevant.

Damit lässt sich feststellen, dass Anfragen nach

„SCHUFA-freien“ Krediten – entgegen der Vorstellung

der Kreditsuchenden – selbstverständlich doch mit einer

Überprüfung der persönlichen Bonität mit Hilfe von Aus-

kunfteien verbunden sind. Diese erfolgt durch die letztlich

angefragten Kreditgeber und nicht durch die Kredit-

vermittler selbst.

Hohe Vorabgebühren – keine Leistung

Vorabbearbeitungsgebühren wurden (ohne Berücksichti-

gung der Anbieter von Finanzsanierungsvermittlungen

und Versendern von Nachnahmen, hierzu siehe unten)

von drei Vermittlern veranlagt.

Ein Anbieter versprach gegen einen Betrag von 99,95 1

die Vermittlung „zu privaten und gewerblichen Darle-

hensgebern aus dem deutschsprachigen Raum, Luxem-

burg und den USA.“ Nach dem Ausfüllen einer umfang-

reichen Selbstauskunft und Zahlung der Gebühren über

einen Anbieter von Internetbezahlsystemen wurde der

Zugang zu einem geschützten Bereich des Internetauf-

tritts freigeschaltet.

Werbelüge „SCHUFA-frei“(Anteil der angefragten Kreditvermittler, die eine Klausel zur Bonitätsprüfung in ihren AGBs haben; in %)

n=50

Quelle: SCHUFA.

Bonitätsprüfung in AGBs

66

12 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter

Dieser Bereich ermöglichte zunächst den Zugriff auf

angebliche „Topreporte“ zu den Themen Kauf von

Doktortiteln, selbständig machen als Finanzmakler, Geld

ohne Auskunft (bestehend aus einer Anschriftensamm-

lung von Kreditvermittlern und Banken, Stand 2003) und

ähnlichen Schriftstücken. Darüber hinaus wurde ein Link

zu einem (nicht funktionsfähigen) Peer-to-Peer-Kreditpor-

tal (ohne Impressum) angeboten.

Weiter bestand die Möglichkeit einer sogenannten erwei-

terten Kreditanfrage. Um diese zu nutzen, musste

zunächst nochmals eine Selbstauskunft ausgefüllt wer-

den, die nach der Bestätigung an Kreditvermittler und

Banken gesandt werden sollte. Nach der Betätigung des

Absende-Buttons wurde eine Liste mit 109 Anbietern ein-

geblendet, denen die Kreditanfrage angeblich zugeleitet

worden sei. Ob dies tatsächlich der Fall war, konnte nicht

geprüft werden, jedenfalls erfolgte von keiner der geliste-

ten Firmen eine Kontaktaufnahme zum Probanden.

Einen umfangreichen Katalog von Leistungen für Privat-

und Geschäftskunden bewarb ein weiterer Anbieter.

Neben Firmengründungen, -liquidationen, Immobilienret-

tung, Schuldnerhilfen und Privatinsolvenzen wurden auch

„SCHUFA-freie“ Finanzierungen über „ein Netzwerk an

privaten Investoren aus Deutschland, Österreich, Luxem-

burg, Schweiz und Polen“ angeboten.

Die von den Probanden auszufüllende Selbstauskunft

enthielt, neben den üblichen Angaben zur Person und

den wirtschaftlichen Verhältnissen, auch eine Regelung

zum Honorar. Darin kündigte der Anbieter an, zunächst

ein individuelles Finanzierungskonzept erstellen zu wol-

len, dessen Kosten 1% des Finanzierungsbedarfs, min-

destens aber 500 1 betragen sollten. Für den Fall einer

erfolgreichen Finanzierung sei eine Provision von 2% des

Kreditbetrages fällig. Wenige Tage nach Absendung der

Selbstauskunft wurde telefonisch mitgeteilt, der Kredit sei

darstellbar und eine Rechnung angekündigt.

Die Rechnungsstellung über 595 1 (inkl. MwSt.) erfolgte

allerdings nicht durch den Anbieter selbst, sondern durch

ein weiteres Unternehmen. Nach Zahlung des Betrages

waren bis zum Redaktionsschluss keinerlei Aktivitäten der

Firmen mehr zu verzeichnen. Mehrere Nachfragen nach

dem Verfahrensstand blieben ebenso unbeantwortet

wie die Aufforderung, den geleisteten Betrag zurückzu-

erstatten.

Ein anderer Kreditvermittler versicherte in den Anschrei-

ben an die Probanden regelmäßig: „Es fallen keine

Vorkosten an“. Im weiteren Ablauf erhielten die Test-

personen dann allerdings die Nachricht, dass sich die

gewünschte Vermittlung als problematisch erweise:

„Ihre schlechte, bzw. fehlende Bonität lässt eine weitere

Bearbeitung in der gewünschten Form momentan nicht

zu. Um in der Sache weiter zu kommen, wäre ein

spezieller Bonitätsabgleich (bezogen auf Ihre persönliche

Situation) denkbar. Mit den sich darauf ergebenden

Werten könnte die fehlende Basis entsprechend unter-

mauert werden. Die Kosten hierfür betragen (…)“.

Flankiert wurde das Schreiben durch einen Anruf des

Vermittlers, oder eines Mitarbeiters, der versicherte, nach

Erstellung der speziellen Analyse wäre die Kreditaus-

zahlung kein Problem, eine entsprechende Zusage der

Bank läge vor.

Trotz Überweisung der Forderung (in Höhe von ca.

1% des gewünschten Kredits) verbesserte sich

die Bonität der Kreditsuchenden offensichtlich nicht,

da weder eine Vermittlung erfolgte noch Sachstands-

anfragen beantwortet wurden.

Schnellbearbeitungsgebühren sind bar zu entrichten

Kreditsuchende, die sich um „SCHUFA-freie“ Darlehen

bemühen, stehen, wie oben erläutert, oftmals unter gro-

ßem wirtschaftlichem Druck und sind an einer möglichst

raschen Kreditgewährung interessiert. Diesem Bedürfnis

trugen drei Anbieter Rechnung, indem sie gegen einen

Betrag von 10 bzw. 20 1, eine beschleunigte Abwicklung

der Kreditanfragen anboten. Wenn der Interessent sich

für diese bevorzugte Bearbeitung seiner Anfrage ent-

scheide, solle er den Betrag in bar seiner Kreditanfrage

beilegen.

Ein Anbieter wollte sich innerhalb von 48 Stunden beim

Kreditsuchenden melden, sofern dieser 20 1 für die

Eilbearbeitung beilege. Ein weiterer Anbieter versprach

im Anschreiben, mit dem die Selbstauskunft übersandt

wurde, eine „bevorzugte Eilabwicklung mit Antrags-

freigabe innerhalb von 24 Stunden (Zeitgewinn bis zu

4 Tagen)“. Ein Unterschied in der Bearbeitungsgeschwin-

digkeit ließ sich allerdings nicht feststellen.

Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 13

Telefonmehrwertdienstnummern wurden von neun der

Firmen eingesetzt, teilweise, indem sie als einzige Mög-

lichkeit einer telefonischen Kontaktaufnahme angeführt

waren, teilweise, indem sie gegenüber der Festnetznum-

mer herausgehoben wurden. Bei zwei Firmen fehlte die

gesetzlich vorgeschriebene Tarifangabe.

„Auslagenerstattung“ ist unseriös

Durch das Verbraucherkreditgesetz8 von 1991 wurde der

Vergütungsanspruch des Kreditvermittlers auf den Fall der

erfolgreichen, nicht mehr widerrufbaren Darlehensver-

mittlung beschränkt. Nebenentgelte darf der Kreditver-

mittler nicht verlangen. In diese Regelung wurde aber

integriert, dass der Kreditvermittler vereinbaren kann,

dass entstandene erforderliche Auslagen vom Kreditsu-

chenden zu erstatten sind. In aller Regel könnte es sich

hierbei im Bereich des üblichen Verbraucherkredites nur

um Kosten für Porti, Telefongebühren, Papier, Kopien und

Druck handeln. Die Höhe der hierfür anfallenden Beträge

steht allerdings in keinem vernünftigen Verhältnis zum

Aufwand, der mit einer Dokumentation dieser Kosten

verbunden wäre. Betriebswirtschaftlich macht es keinen

Sinn, Minimalbeträge arbeits- und kostenaufwendig zu

erfassen, um sich dann die entsprechenden Positionen

erstatten zu lassen, da der Erfassungsaufwand nicht

erstattungsfähig ist.

Seriöse Anbieter machen daher von der gesetzlichen

Möglichkeit der Vereinbarung von Auslagenerstattungen

keinen Gebrauch. Unseriöse Anbieter nutzen die gesetz-

liche Regelung, indem jedwede Geldforderung – als

„Auslage“ definiert – in Rechnung gestellt wird.

Eine Vereinbarung über die Verpflichtung zum Auslagen-

ersatz findet sich bei zehn der untersuchten Firmen. Dem

Umstand, dass eine gefestigte obergerichtliche Rechtspre-

chung seit einigen Jahren die Unzulässigkeit von pauscha-

len Auslagen entschieden hat, tragen die Anbieter Rech-

nung, indem sie eine Formulierung verwenden, mit der

sie die für Auslagen zu ersetzende Summe auf einen

Maximalbetrag9 begrenzen, der dann allerdings auch in

allen Fällen gefordert wurde.

8 Die entsprechenden Vorschriften sind mittlerweile ins BGB integriert.9 Die Beträge liegen dabei zwischen 39 und ca. 75 1.

Die verbleibenden Firmen traten gegenüber den Kreditsu-

chenden nur als Durchleitung zu einer anderen Firma auf,

reagierten auf die Kreditanfrage nicht mit Übersendung

eines Kreditvermittlungsvertrags, händigten im Hausbe-

such keine Unterlagen aus oder waren als Vermittler von

Finanzsanierungsverträgen nicht vergleichbar.

Geltend gemacht wurden angebliche Auslagen bislang

erst von vier Firmen. Die geringe Zahl erstaunt, nach den

Erfahrungen der Schuldnerberatung dürfte die niedrige

Zahl der Forderungen aber auf relativ lange Bearbeitungs-

zeiten bei den Anbietern zurückzuführen sein. Die

machen üblicherweise ihre Forderung erst zwei bis drei

Monate nach Abschluss des Kreditvermittlungsvertrags

geltend. Es ist daher davon auszugehen, dass sich die

Zahl der Forderung von „Auslagen“ in den nächsten

Wochen steigern wird.

Erstattungsfähig sind nach dem Gesetzestext10 nur die

entstandenen erforderlichen Auslagen (soweit eine

schriftliche Vereinbarung hierüber getroffen ist und sie in

Zusammenhang mit der Vermittlung des Darlehensver-

trags stehen), so dass erwartet werden kann bzw. muss,

dass ein seriöser Anbieter die verauslagten Gelder einzeln

verbucht, wenn er sich auf die Vereinbarung berufen will.

Dementsprechend müsste der Nachweis der Auslagen

ohne weiteres möglich sein.

Die gesetzliche Regelung ist auch durchaus bekannt, so

tragen die von einem Anbieter versandten Überweisungs-

träger den Vermerk „AE (Kundenname), nach § 655d

BGB“.

Dennoch wurden die Auslagenforderungen regelmäßig

ohne nähere Erläuterung, wie diese sich zusammensetz-

ten, in Rechnung gestellt. Auch auf ausdrückliche Nach-

frage der Probanden mit der Bitte, die geforderte Summe

aufzuschlüsseln, erteilten die Firmen in der Regel keine

detaillierte Abrechnung. Angesichts der fehlenden bzw.

ungenügenden Nachweise wurden die Rechnungen kom-

mentarlos nicht beglichen, so dass die ersten Rechnungen

von den Anbietern angemahnt wurden. Eine gerichtliche

Geltendmachung ist bislang noch nicht erfolgt, wohl aber

eine Weitergabe an Inkassounternehmen (siehe unten).

10 § 655d BGB: Der Darlehensvermittler darf für Leistungen, die mit der Vermittlung des Verbraucherdarlehensvertrags oder dem Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags zusammen-hängen, außer der Vergütung nach § 655c Satz 1 ein Entgelt nicht verein-baren. Jedoch kann vereinbart werden, dass dem Darlehensvermittler entstandene, erforderliche Auslagen zu erstatten sind.

14 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter

Ein Anbieter verband die – mit „AUSLAGENBESCHEID“

überschriebene – Rechnung mit einer positiven Nachricht

für die Testperson: „können wir Ihnen heute mitteilen,

daß die (...)Bemühungen um Ihren Kredit erfreulicher-

weise zum Abschluß kommen. Nach Ablehnung einzelner

Banken liegt uns jetzt die Übernahmezusage einer

unserer Finanzverbindungen vor.“

Nach Überweisung des geforderten Betrages betonte die

Firma im folgenden Schreiben zunächst nochmals ihre

beträchtlichen Anstrengungen und teilte dann mit: „ist es

uns im Rahmen der mit Ihnen vereinbarten Modalitäten

zur Realisierung Ihres Kreditwunsches gelungen, unseren

nachstehenden Finanzierungspartner für die Durch-

führung Ihres Vertrags zu gewinnen: …….“.

Ausweislich der im Schreiben angegebenen Anschrift

handelte es sich bei dem Finanzierungspartner um ein

Unternehmen, das aus anderen Testkontakten bekannt

war. Mithin hatte der Anbieter nicht, wie der „AUSLA-

GENBESCHEID“ einzig sinnvoll zu interpretieren war, eine

kreditgebende Bank gefunden, sondern den Probanden

schlicht an den nächsten Kreditvermittler weitergereicht.

Im Gegensatz zu anderen Anbietern schlüsselte ein

Anbieter die angeblichen Auslagen in mehrere Kostenpo-

sitionen auf. Die Rechnung umfasste die Positionen

Teilnahme bzw. Einleitung ILS-Verfahren,

inkl. Aktenanlegung Eintrag EDV-Anlage 29,00 1

Telefon/Faxgebühren, Kundenverwaltung

Pauschalbetrag: 11,50 1

Bereitstellung der Kreditsumme

durch den Geldgeber Pauschalbetrag: 27,50 1

MWSt.: 19%: 12,92 1

Gesamtbetrag : 80,92 1

Diese Auflistung ist allerdings nicht geeignet, angefallene

Auslagen nachzuweisen. Unabhängig davon, dass die,

nach Ansicht des Verfassers notwendige, Einzeldarstel-

lung der Kosten fehlt, ist allenfalls die zweite Position

ohne weiteres mit dem Begriff von Auslagen in Verbin-

dung zu bringen. Nachdem es sich bei den denkbaren

Auslagen i.S.d. Gesetzes letztlich überwiegend um Mate-

rialkosten handelt, ist die Kostenposition unglaubwürdig,

da ein mit Materialkosten im behaupteten Umfang

betriebener Aufwand im Massengeschäft Verbraucherkre-

dit weder notwendig noch sinnvoll wäre. Der Umstand,

dass in der „Abrechnung“ ein Pauschalbetrag für diese

Kostenposition verlangt wird, führt im Übrigen dazu, dass

die Position nicht abrechnungsfähig wäre, da pauschale

Kostenansätze vor der Rechtsprechung keinen Bestand

haben.

Die Rechnungsposten „Teilnahme bzw. Einleitung ILS-Ver-

fahren ...“ und „Kundenverwaltung“ sind unabhängig

von dem Umstand der Pauschalierung nicht erstattungs-

fähig. Bei den vom Vermittler erbrachten Arbeitsleistun-

gen bzw. den Kosten hierfür handelt es sich nicht um

Auslagen, sondern um Gemeinkosten des Vermittlers.

Daher kann die Übernahme von Aufwendungen für

Arbeitsleistung mit den Kreditsuchenden nicht wirksam

vereinbart werden.

Auch die Bezeichnung der dritten Kostenposition ist mit

dem Begriff der „Auslagen des Kreditvermittlers“ nur

schwer in Verbindung zu bringen, wird hier doch ein Auf-

wand in Rechnung gestellt, der bereits nach dem Text der

Rechnung eben nicht beim Kreditvermittler angefallen ist.

Letztlich behauptet die Kreditvermittlung, ein Kreditgeber

mache bereits vor Abschluss eines Kreditvertrags einen

Bereitstellungszins geltend, stelle diesen der Kreditver-

mittlung in Rechnung und erhalte den Rechnungsbetrag

von der Kreditvermittlung erstattet. Es versteht sich von

selbst, dass der behauptete Ablauf gänzlich unglaub-

würdig ist.

Insgesamt entstand der Eindruck, dass die Rechnungen

darauf angelegt sind, Auslagen vorzutäuschen, die tat-

sächlich nicht entstanden sind. Einzig logischer Schluss

aus der Verweigerung detaillierter Auslagenabrechnun-

gen muss sein, dass solche beim Kreditvermittler nicht

angefallen bzw. erfasst sind. Werden dann dennoch

Auslagen geltend gemacht, ist zwingend auf eine

Täuschungsabsicht der Kreditvermittlungen zu schließen,

da die Kenntnis der relevanten Rechtsvorschriften für den

eigenen Arbeitsbereich vorauszusetzen ist.

Kreditratenausfallversicherungen als Voraussetzung einer Kreditvermittlung

Restschuldversicherungen, auch als Restkreditversicherun-

gen bezeichnet, sichern den Kreditnehmer bzw. dessen

Hinterbliebene – je nach abgeschlossenem Risiko – gegen

Forderungen im Todesfall, bei Arbeitsunfähigkeit oder

Arbeitslosigkeit ab. Abgedeckt werden durch sie der

jeweils noch offene Restkredit bzw. die während der

Arbeitsunfähigkeit/Arbeitslosigkeit fällig werdenden

Raten. Restschuldversicherungen werden regelmäßig mit

Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 15

dem Kreditvertrag abgeschlossen und die – meist als

Einmalbeitrag anfallenden – Kosten mitfinanziert. Soweit

der Abschluss einer Restschuldversicherung von der Bank

zur Voraussetzung einer Kreditgewährung gemacht wird,

sind die Kosten bei der Berechnung des effektiven Jahres-

zinses zu berücksichtigen. Aus Sicht des Verbraucher-

schutzes sind Restschuldversicherungen nicht unumstrit-

ten, dennoch sind sie ein weitverbreitetes Sicherungs-

mittel für Konsumentenkredite.

Bei der Kreditratenausfallversicherung handelt es sich im

Gegensatz dazu um eine Unfallversicherung mit zusätz-

lichen Leistungen im Falle der Arbeitslosigkeit bzw.

Arbeitsunfähigkeit und einem Todesfallschutz, der aller-

dings nur bei Unfalltod greift. Die Versicherungsleistun-

gen bei Arbeitsunfähigkeit/Arbeitslosigkeit werden, nach

einer Karenzzeit von 120 Tagen, nur für einen Zeitraum

von maximal zwölf Monaten erbracht. Die Höhe der

Beiträge der angebotenen Verträge schwankte zwischen

29,90 1 und 49,90 1 im Monat.

Als Kreditsicherheit erscheint das Produkt allerdings,

angesichts einer Vielzahl von Haftungsausschlüssen, Vor-

bedingungen und Leistungsklauseln, insbesondere hin-

sichtlich des Risikos der Arbeitslosigkeit, kaum geeignet.

So beinhalten die Allgemeinen Versicherungsbedingun-

gen eines Anbieters nicht nur den üblichen Ausschluss

von Vorerkrankungen, sondern schränken auch den Kreis

der Personen ein, die eine Leistung beziehen können.

Voraussetzungen sind u.a. ein Alter des Versicherungs-

nehmers zwischen 18 und 55 Jahren, eine Anstellung in

einem unbefristeten und sozialversicherungspflichtigen

Arbeitsverhältnis mit einer Wochenarbeitszeit über

18 Stunden, das bei Versicherungsbeginn seit mindestens

24 Monate besteht, wobei Saisonarbeiten, kurzfristige

Beschäftigungen, Ausbildungs- und Referendarzeiten

ebenso wenig rechnen wie Arbeitsverhältnisse bei Ehe-

partnern oder Verwandten in direkter Linie. Selbständige

können grundsätzlich auch versichert werden, soweit

die Selbständigkeit nicht als Kleingewerbetreibender,

Geschäftsführer einer Ein-Personen-GmbH oder in einer

Reihe weiterer Funktionen und Branchen erfolgt.

Die Versicherungen wurden den Probanden ohne Rück-

sicht auf die in der Regel durch die Selbstauskünfte

bereits bekannte, individuelle berufliche Situation ange-

dient. Ganz offensichtlich ist die Absicherung der Arbeits-

losigkeit für Bezieher von Arbeitslosengeld II überflüssig.

Das hinderte die Kreditvermittlungen nicht daran, das

Produkt zu empfehlen.

Teilweise war der Antrag auf die Versicherung mit dem

Kreditvermittlungsantrag selbst verbunden. Alternativ

wurde das Versicherungsangebot mit der Anforderung

von Unterlagen gekoppelt. Der Aufbau der Schreiben er-

weckt hierbei den Eindruck, dass Kreditvermittlungs auf-

trag bzw. Unterlagen und Antrag auf Kreditratenausfall-

versicherung zusammen zurückgesandt werden müssten.

Ein Anbieter meldete sich telefonisch bei einem Proban-

den und teilte mit, der „Antrag hätte die Vorprüfung

positiv überstanden. Für die endgültige Entscheidung

benötige man noch Daten (...). Die Raten wären 137,80 1

über 40 Monate (...). Eine Kreditausfallversicherung wäre

dazu Pflicht“11. Trotz Rücksendung des unterzeichneten

Versicherungsantrages kam es nicht zu einer Kreditge-

währung.

Sonstige Finanzdienstleistungen spielten bei den Angebo-

ten an die Probanden nur eine geringe Rolle. Ein einziger

Anbieter schickte einen Bausparvertrag zur Unterzeich-

nung.

Neben der Kreditratenausfallversicherung wurde von

einem Anbieter versucht, die Probanden zum Abschluss

von Haftpflicht- und Hausratversicherungen zu bewegen.

Die entsprechenden Begleitschreiben suggerierten, dass

durch den Abschluss der Versicherung die Kreditvergabe

wahrscheinlicher würde, sie in „Zweifelsfällen“ gar

entscheidend sein könnten, indem sie Formulierungen

enthalten, wie, „Denn jeder Geldgeber sieht es positiv,

wenn ein Kreditnehmer vorgesorgt hat“.

11 Gedächtnisprotokoll Proband

Problematische Kreditratenausfallversicherung wird angeboten (Anteil der Kreditvermittler, die einen Kreditratenausfall- versicherung angeboten haben; in %)

n=50

Quelle: SCHUFA.

Angebot einer Kreditratenausfall-versicherung22

16 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter

Unsinnige Beteiligungen

Fünf Anbieter schickten den Anfragenden per Post einen

Antrag auf eine stille Beteiligung bzw. den Beitritt zu

einem Immobilienfonds oder einer Genossenschaft oder

überreichten diese beim Hausbesuch zur Unterschrift.

Die Zusendung der Anträge wurde in der Regel mit der

Anforderung von Unterlagen oder der Frage, in welcher

Form der gewünschte Kredit ausgezahlt werden solle,

verbunden. Diese Punkte hätten selbstverständlich schon

im vorausgegangenen Ablauf geklärt werden können.

Es ist daher davon auszugehen, dass die Anbieter darauf

abzielen, zumindest bei einem Teil der Kreditsuchenden

den Eindruck zu erwecken, dass die Rücksendung der

Anträge für die Kreditgewährung notwendig sei. Zwei

Anbieter erinnern bei ausbleibenden Rückantworten auch

an ihr Angebot und verwenden dabei Formulierungen

wie „(...) hatten wir Ihnen das Produkt zur Anlage der

Vermögenswirksamen Leistungen (...) empfohlen. Die

Rücksendung der Unterlagen erwarten wir bis zum“ oder

„übersenden wir Ihnen diese nochmals mit der dringen-

den Bitte um schnellstmögliche Rücksendung“.

Einer Probandin mit einem Kreditbedarf von 3.500 1

wurde in einem Schreiben, mit dem die Genehmigung

einer Finanzsanierung mitgeteilt wurde, eine Beteiligung

an einem Vermögensbildungsfonds beigelegt. Die Zeich-

nungssumme betrug 9.600 1. Sie wäre in monatlichen

Teilbeträgen von 50 1, entsprechend einer Laufzeit von

16 Jahren, zu erbringen gewesen.

Der Zeichnungsschein enthielt einen Passus, mit dem

der Kunde bestätigte, den jeweiligen Emissionsprospekt

erhalten/zur Kenntnis genommen zu haben. Einen Pros-

pekt – in Form einer CD – überreichte allerdings nur ein

Anbieter, so dass den Probanden i.d.R. eine Prüfung der

Risiken oder der Anlagestrategie nicht möglich war.

Durch die Unterzeichnung der Klausel über die Aushän-

digung des Prospektes verschlechtert sich die rechtliche

Position erheblich.

Mangels Prospekt wäre es den Kreditsuchenden auch

nicht möglich gewesen zu erkennen, ob und gegebenen-

falls in welchem Umfang sie für die Verbindlichkeiten des

Unternehmens haften. Der Zeichnungsschein eines Unter-

nehmens enthält immerhin eine Risikobelehrung, der zu

entnehmen ist, dass es sich bei der Anlageform um eine

unternehmerische Beteiligung, mit entsprechenden

Risiken bis hin zum Totalverlust, handele. Zur genaueren

Darstellung dieses Risikos wird dann allerdings auf den

(tatsächlich nicht) ausgehändigten Prospekt verwiesen.

Alle Beteiligungsscheine enthalten die Regelung, dass die

Zahlungen gegebenenfalls auch direkt vom Arbeitgeber

überwiesen werden sollen. Soweit ein vom Arbeitgeber

gezahlter Zuschuss im Rahmen der vermögenswirksamen

Leistungen nicht ausreicht, die Rate zu decken, wird der

Arbeitgeber angewiesen, den Differenzbetrag vom Netto-

einkommen des Kreditsuchenden einzubehalten. Die Zah-

lungsanweisung zugunsten etwa bestehender Verträge

über vermögenswirksame Leistungen wird gleichzeitig

widerrufen. Zusätzlich bzw. alternativ ist ein Auftrag zur

Einrichtung eines Dauerauftrags bei der kontoführenden

Bank des Kreditsuchenden enthalten.

Bei den Zeichnungsscheinen zugunsten des Vermögens-

bildungsfonds ist die Zahlung der Beteiligungssumme

durch eine Lohn- und Gehaltsabtretungsklausel gesichert.

Die Beteiligungsgesellschaft sichert12 sich damit für den

Fall ausbleibender Zahlungen, den schnellen und unmit-

telbaren Zugriff auf die pfändbaren Anteile von Lohn und

Lohnersatzleistungen ab, ohne dass es einer Titulierung

und gerichtlichen Beitreibung des Anspruchs bedarf.

Praktisch alle Kreditverträge im Konsumentenbereich

beinhalten ebenfalls eine solche Lohn- und Gehaltsabtre-

tung zur Sicherung der Rückzahlung. Da Lohnabtretun-

gen ihre Wirksamkeit bereits mit dem Datum der Unter-

schrift entfalten, ginge eine Lohnabtretung zugunsten

der Beteiligungsgesellschaft einer Abtretung zur Siche-

rung eines später vermittelten Kredits im Range voran.

Der Zugriff auf das pfändbare Einkommen des Kredit-

nehmers wäre durch die vorrangige Abtretung bis zur

vollständigen Erfüllung der Verpflichtungen aus der Betei-

ligung blockiert und die Abtretung im Kreditvertrag somit

faktisch entwertet. Soweit ein potentieller Kreditgeber

seine Kreditentscheidung (auch) von der Einräumung

einer Lohnabtretung abhängig macht, führt die Zeich-

nung der Beteiligung also dazu, dass die Chancen einer

Kreditgewährung geringer werden.

Tatsächlich sind die Verträge auch aus einem weiteren

Grund nicht geeignet, als Sicherheit für ein Darlehen zu

dienen. Werthaltig werden diese Anlagen allenfalls dann,

wenn sich – nach den vertraglichen Bestimmungen – ein

12 Die Sicherheit greift natürlich nur, wenn kein tarif- oder arbeitsvertraglicher Ausschluss von Lohnabtretungen vereinbart ist.

Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 17

Auseinandersetzungsguthaben ergibt oder die Beteili-

gung voll eingezahlt ist. Dies dürfte aber frühestens

mehrere Jahre nach Abschluss der Beteiligung der Fall

sein, so dass ein potentieller Kreditgeber die Anlage nicht

als Sicherheit einschätzen wird. Im Hinblick auf die vom

Kreditsuchenden eingegangene Haftungssituation hin-

sichtlich der Zeichnungssumme könnte die eingegangene

Verpflichtung die Aussicht auf eine Kreditvergabe eher

mindern.

Selbstverständlich werden aber Kreditsuchende solche

Verträge nur abschließen, weil sie sich eine Verbesserung

der Vermittlungsaussichten versprechen. Vor dem Hinter-

grund dieser Motivation rechnen sie sicherlich nicht

damit, dass die Verträge die Aussichten auf eine Darle-

hensgewährung eher schmälern, jedenfalls aber nicht

verbessern. Darüber hinaus sind ihnen die Anlageformen

nicht vertraut, so dass sie das allgemeine Risiko der Anla-

geform nicht einschätzen können, und die Bewertung des

konkreten Risikos ist, mangels Prospektinformationen,

vielfach ebenfalls nicht möglich.

Aus Sicht unseriöser Vermittler bieten sich die Verträge

dazu an, über die ausgezahlten Abschlussprovisionen

unter Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen Erträge

zu realisieren. Der Umstand, dass sie ihren Kunden

solchermaßen Haftungsrisiken überwälzen, die den

gewünschten Kreditbetrag im Einzelfall deutlich über-

schreiten, wird nicht nur nicht erwähnt, es wird vielmehr

aktiv darüber getäuscht, wenn Verträge als „VWL zur

Absicherung“ beworben werden.

Hausbesuche setzen Kreditsuchende unter Druck

Mit sieben Probanden wurde auf Initiative des Kreditver-

mittlers ein Hausbesuch vereinbart. Einem Probanden

wurde dabei telefonisch vorgeschlagen, den Kreditbedarf

durch den Kauf einer Immobilie abzudecken. Im Haus-

besuch, bei dem das Kreditmodell ursprünglich erläutert

werden sollte, wurde – wohl angesichts der bereits

bestehenden Verbindlichkeiten aus Immobilienkäufen –

stattdessen die Durchführung eines Insolvenzverfahrens

mit Hilfe des Anbieters vorgeschlagen. Ein Hausbesuch

wurde durch den Außendienstmitarbeiter nach fünf

Minuten beendet, möglicherweise im Hinblick auf die

Anwesenheit des Ehemanns der Probandin.

Soweit überhaupt eine Begründung für die Notwendig-

keit eines Hausbesuchs abgegeben wurde, erklärten die

Mitarbeiter der Anbieter, der Hausbesuch sei notwendig,

„um alles für den Vertrag fertig zu machen“13 oder

„um die Personaldaten zu verifizieren“.

Alle Testpersonen berichteten, dass die Hausbesuchssitua-

tion mit großem Zeitdruck, durch die Außendienstmitar-

beiter verursacht, verbunden war. Eine genaue Lektüre

der zu unterschreibenden Formulare sei nicht möglich

gewesen. Regelmäßig seien allerdings neben den Kredit-

anträgen weitere Unterlagen zur Unterschrift präsentiert

worden: „Als der Kreditantrag fertig ausgefüllt war und

ich unterschreiben sollte, wurde dieser zur Seite gelegt.

Der Mitarbeiter holte eine Broschüre aus seiner Mappe

und meinte: ‚Dann müssen wir noch unbedingt das hier

machen‘ Scoreoptimierung, Schuldenberatung und an die

zehn weitere Punkte“...„hat mir zuerst den Kreditvertrag

zum Unterschreiben hingelegt und direkt danach die

Versicherung. ... gefragt habe, ob bzgl. der Versicherung

wegen meiner chronischen Krankheit Einschränkungen

bestehen ... zuerst war er ein wenig irritiert, verneinte

dies dann aber. Ich selber habe nicht nach einer Versiche-

rung gefragt.“

Absprachegemäß versuchten die Testpersonen mit ver-

schiedenen Begründungen, die – teilweise bereits unter-

zeichneten – Verträge einzubehalten, was die Außen-

dienstmitarbeiter verweigerten bzw. nicht vollständig

zuließen. Eine vollständige Auflistung bzw. ein vollständi-

ger Einbehalt aller unterzeichneten Papiere war keinem

der Probanden möglich. Eine Probandin, der es gelungen

war, den Kreditvermittlungsvertrag, einen Dienstleistungs-

vertrag über die Erstellung eines Haushaltsbogens, eine

Beteiligung an zwei Unternehmen als Durchschlag zu

erhalten, ging davon aus, damit sämtliche abgeschlosse-

nen Verträge widerrufen zu können. Erst durch einen

Anruf der Hausbank, die nachfragte, ob der vorgelegte

Dauerauftrag tatsächlich ausgeführt werden solle, stellte

sie fest, dass zusätzlich noch eine weitere Beteiligung im

Hausbesuch unterzeichnet worden war.

Wenn es aber den Testpersonen, die im Zuge der Projekt-

vorbereitung und nochmals unmittelbar vor dem Besuch

ausführlich auf die Hausbesuchssituation und die zu

erwartenden Abläufe vorbereitet worden waren, nicht

möglich war, einen vollständigen Nachweis oder auch nur

13 Im Folgenden: Alle Zitate entstammen den Protokollen der Testpersonen.

18 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter

einen Überblick über die eingegangenen Verpflichtungen

zu erhalten, ist unschwer nachzuvollziehen, dass es „ech-

ten“ Kreditinteressenten genauso geht. Dieser Umstand

dürfte erklären, warum das Geschäftsmodell „Kredit-

vermittlung im Hausbesuch“ weiterhin betrieben wird.

Die „Leistungen“ der Außendienstmitarbeiter sollten mit

bis zu 200 1 bezahlt werden, wobei sich in mindestens

drei Fällen die Mitarbeiter einen Überweisungsträger

unterschreiben ließen. Auf Nachfrage wurde teilweise

erklärt, dieser werde erst bei der Bank eingereicht, wenn

der Kredit genehmigt sei. Tatsächlich wurden die Über-

weisungen den Banken vorgelegt, ohne dass eine Kredit-

zusage zustande kam.

Ein Besuchstermin wurde vorzeitig abgebrochen, ohne

dass es zu einer Unterzeichnung von Verträgen kam, als

der Proband auf der telefonisch zugesicherten Kostenfrei-

heit bestand: „...wurde der eben noch mühsam ausge-

füllte Kreditantrag theatralisch zerrissen, der Mitarbeiter

meinte: ‚Dann kann ich nichts für Sie tun‘. (...) zumindest

seinen zerrissenen Kreditantrag hat er liegenlassen“.

Das Vorgehen der Vermittler entspricht den Ergebnissen

der Studie aus 2007 und ist identisch mit Vorgehenswei-

sen unseriöser Anbieter, deren Aktivitäten Mitte und Ende

der 90er Jahre eine Reihe von (großen) Ermittlungsverfah-

ren und in der Folge teilweise auch Verurteilungen nach

sich zogen.

Gerne werden Finanzsanierungsverträge angeboten

21 Firmen boten den Testpersonen statt des gewünschten

Kredits einen Finanzsanierungsvertrag an, 3 davon woll-

ten den Weg in ein Insolvenzverfahren mit der Vermitt-

lung einer gewerblichen Schuldenregulierung eröffnen.

Insbesondere die Finanzsanierungsangebote waren dabei

so gestaltet, dass sie über den tatsächlichen Inhalt des

angebotenen Vertrags täuschten, denn die Formulierun-

gen der Werbe- und Angebotsschreiben suggerierten,

dass ein Kredit vermittelt werden könne, auch wenn

andere Vermittler oder Banken entsprechende Anträge

bereits abgelehnt hätten (Schein-Kreditvermittlung).

Ein Anbieter nahm in seinem Werbeschreiben Bezug auf

eine vorangegangene erfolglose Kreditsuche, in dem er

mitteilte „Sie haben eine Anfrage wegen einem Kredit

gestellt? Ihre Anfrage wurde in unserem Haus geprüft

und für eine Finanzsanierung genehmigt “. Andere

Anbieter schlossen mit Formulierungen wie: „Wir haben

Ihren Antrag von einem Finanzmakler erhalten.“ oder:

„Sie hatten bei einem Finanzdienstleister eine entspre-

chende Anfrage gestellt (...) Das Ergebnis unserer bisheri-

gen Vermittlungsbemühungen ist die endgültige Zusage

für die Annahme eines Finanzdienstleistungsauftrags.“

ebenfalls an vorangegangene Kreditanfragen an. Sie

erwecken damit auch gleichzeitig den Eindruck, dass sich

das folgende Angebot auf einen Kredit bezieht.

Probanden, die auf der Homepage eines Anbieters einen

„Online-Kredit-Antrag“ ausgefüllt hatten, erhielten von

dort einen Vermittlungsvertrag mit der eindeutigen Über-

schrift „Auftrags-/Vertragsgegenstand: Auftragserteilung

zur Vermittlung einer Darlehensbeschaffungsmaß-

nahme“. Angebote eines weiteren Anbieters nahmen

unter Angabe von Internetseite, Datum und Uhrzeit

Bezug auf die Kreditanfragen.

Die Bezugnahme auf die Kreditanfragen wurde in den

Anschreiben bei der Konkretisierung der jeweiligen Ange-

bote aufgegriffen, in dem i.d.R. für den in den Testanfra-

gen geäußerten Kreditwunsch eine Lösung angeboten

wurde. Die dort ursprünglich genannte Kreditsumme,

nun Regulierungssumme, Vertragsvolumen oder Auf-

tragserteilungsvolumen genannt, sollte, so das Angebot,

mit monatlichen Leistungs-, Tilgungsraten oder Raten in

einer bestimmten Laufzeit zurückgeführt werden. Sonder-

tilgungen seien ebenfalls (kostenfrei) möglich.

Die verwendeten Termini und Aussagen ergeben ganz

offensichtlich nur im Zusammenhang mit einem Kredit-

vertrag einen Sinn. Die geltend gemachten Vermittlungs-

Finanzsanierungsverträge anstatt Kredit(Kreditvermittler, die Finanzsanierungsverträge angeboten haben; in %)

n=50

Quelle: SCHUFA.

Angebot eines Finanzsanierungs-vertrags

42

Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 19

gebühren (durchschnittlich ca. 400 1) würden von den

Kreditsuchenden kaum gezahlt, wäre ihnen die tatsäch-

liche Leistung der Anbieter bewusst. Eine Vermittlungs-

leistung, im Sinne einer Suche nach möglichen Vertrags-

partnern des Kunden oder einer Auswahl aus verschiede-

nen Angeboten, findet tatsächlich nicht statt. Regelmäßig

leiten die Vermittler die Verträge an eine bestimmte Firma

weiter, mit der man zusammenarbeitet.

Die Anbieter erwecken demnach – von der Werbung bis

zum Abschluss der Vergütungsvereinbarung – bewusst

den falschen Eindruck, einen (Umschuldungs-)Kredit ver-

mitteln zu können. Dabei gehen sie zu Recht davon aus,

dass ein Abschluss nicht zustande käme, würden sie den

Kreditsuchenden über den tatsächlichen Vertragsgegen-

stand ins Bild setzen. Angesichts dieser Täuschungshand-

lungen tragen die Vermittler solcher Angebote ein relativ

hohes Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung.

Möglicherweise im Hinblick auf dieses Strafverfolgungs-

risiko finden sich in allen Werbeschreiben Formulierun-

gen, die die zu erbringende Leistung näher definieren,

genauer, die die scheinbaren Kreditversprechen wieder

revidieren sollen. So stellen die allgemeinen Vertrags-

bedingungen eines Anbieters fest, dass die Auftragneh-

merin keinen Kredit vermittelte und auch selbst keinen

gewährt.

Ein anderer Anbieter führt – in § 1 seiner Allgemeinen

Geschäftsbedingungen – sogar den kompletten Vertrags-

text des zu vermittelnden Vertrags auf. Der Text, ca.

7.000 Zeichen im Umfang, ist, ohne Absätze, in einer

Schriftgröße von 1,5 mm in hellgrauem Druck wieder-

gegeben.

Aber selbst wenn man die Angebote von vorneherein

nicht als Kreditvermittlungs-, sondern als Schuldenregu-

lierungsangebote verstehen will, sind sie dazu geeignet,

die potentiellen Kunden über das Angebot zu täuschen.

Unabhängig von der Frage einer unzulässigen Rechts-

dienstleistung, die gegebenenfalls zur Nichtigkeit14 der

mit den Gläubigern abzuschließenden Regulierungsver-

einbarungen führt, erwecken die Angebote den Eindruck,

die bestehenden Zahlungsverpflichtungen verringern zu

können. Unklar bleibt, wer diese Vereinbarungen mit den

14 Jäger: Gläubigerbenachteiligung und Gläubigerinteressen im Insolvenzver-fahren natürlicher Personen, ZVI 2/2003 , der darauf hinweist, dass Verein-barungen mit einem Schuldenregulierer, der nicht zur Rechtsberatung befugt ist, nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig sind.

Gläubigern treffen sollte, schließen die Verträge doch

regelmäßig eine Rechtsdienstleistung durch den Finanz-

sanierer aus.

Eine Änderung der ursprünglich vereinbarten Zahlungs-

bedingungen setzt aber zusätzlich natürlich ein entspre-

chendes Entgegenkommen des Gläubigers voraus. Eine

Werbeaussage wie „erhebliche Besserung Ihrer finanziel-

len Situation aufgrund drastischer Schuldenreduzierung“

erweckt jedoch den Eindruck, auf diese Zustimmung

käme es gar nicht an, bzw. sie sei problemlos zu

erlangen.

Zwei Anbieter nahmen nicht auf die Kreditvermittlung

Bezug, sondern gestalteten ihre Werbung eindeutig als

Schuldenregulierungsangebot, so dass ein Irrtum der

Kreditsuchenden hinsichtlich einer möglichen Kredit-

vermittlung nicht aufkommen konnte. Angeboten wurde

hier ausdrücklich eine Schuldenregulierung als außer-

gerichtlicher Einigungsversuch im Sinne der Insolvenzord-

nung und gegebenenfalls Einleitung eines (Verbraucher-)

Insolvenzverfahrens. Beide Anbieter sind allerdings durch

die zuständigen Anerkennungsbehörden nicht als geeig-

nete Stellen nach § 305 Insolvenzordnung anerkannt.

Eine solche Anerkennung wäre aber die Voraussetzung

für die rechtliche Beratung und Vertretung von Schuld-

nern im Zusammenhang mit der Verbraucherinsolvenz.

Die Anbieter arbeiten daher mit Rechtsanwälten zusam-

men, um dem Vorwurf der unzulässigen Rechtsdienstleis-

tung auszuweichen. Die Kunden werden dadurch doppelt

zur Kasse gebeten, da sie die Schuldenregulierungsfirma

und zusätzlich den Rechtsanwalt bezahlen müssen. Die

Kosten dieser Kombination liegen etwa beim Doppelten

bis Dreifachen dessen, was ein selbst gewählter und

damit nur dem Schuldner als Auftraggeber verpflichteter

Anwalt nach den Empfehlungen des deutschen Anwalts-

vereins berechnen würde.

Eine geldwerte Leistung ist den Verträgen der Schulden-

regulierungsanbieter, die sich im Übrigen nur minimal von

den Vertragsmustern der Finanzsanierungsangebote

unterscheiden, kaum zu entnehmen.

20 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter

Wirtschaftsberatungsverträge statt Kredit

Ein Anbieter verschickte regelmäßig einen Wirtschafts-

beratungsvertrag, genauer eine „Beratungsvereinbarung

Allfinanzberatung“, an die Testpersonen. Der Anfrage

über den Internetauftritt, in dem keine Selbstauskunft

auszufüllen war, folgte die Übersendung eines als

„Barkredit-Vermittlungsauftrag“ bezeichneten Selbst-

auskunftsformulars. Unabhängig von den individuellen

wirtschaftlichen Verhältnissen erhielten die Probanden

nach dessen Rücksendung die schriftliche Mitteilung:

„Da die Vorprüfung positiv verlaufen ist haben wir Ihren

Antrag angenommen. Nach erfolgter Unterschrift bemü-

hen wir uns die Kreditauszahlung schnellstmöglich zu

realisieren“.

Formaler Anlass des Schreibens war die Aufforderung

mitzuteilen, ob die Kreditauszahlung per Post oder Über-

weisung erfolgen sollte. In Fettdruck wurden die Proban-

den aufgefordert, die entsprechende schriftliche Erklä-

rung „mit den Unterlagen ausgefüllt und unterschrieben

an uns zurückzusenden“.

Die Vereinbarung, in der der Anbieter mit der Beratung

beauftragt wird, war zwar gesondert zu unterzeichnen,

dennoch erweckten Gestaltung und Ablauf den Eindruck

der Zugehörigkeit zum Vermittlungsauftrag. Die „All-

finanzberatung“ wurde als Abonnement mit einer Lauf-

zeit von zunächst zwölf Monaten zum Preis von 150 1,

gestaltet.

Lukrativer Verkauf von Adressen

Kreditsuchende müssen bei der Kreditanfrage, in Abfra-

geformularen auf der Homepage der Anbieter oder in

den Selbstauskunftsbögen, weitgehende Angaben zu den

persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen machen.

Diese Daten sind ein wertvolles Handelsgut. Ein Teil der

Anbieter betreibt, gegebenenfalls im Firmenverbund, den

Handel mit (Adress-)Daten als (zusätzliches) Standbein.

Dementsprechend findet sich in der Mehrzahl der Allge-

meinen Geschäftsbedingungen und der Vermittlungsauf-

träge eine Einverständniserklärung zur Datenweitergabe.

Adresslisten von Kreditsuchenden werden in großem

Umfang zielgruppengerecht vermarktet. Die von den

Kreditvermittlern gewonnenen Anschriften werden hier-

bei vermietet, d.h. sie können nur für jeweils eine Werbe-

aktion genutzt werden. Die Preise betragen hierbei bis zu

160 1 je Tausend.

Der Gesamtumfang der Weiterveräußerung von Daten

entzieht sich der Beobachtung. Allerdings finden sich im

Internet einige Angebote von Adressvermietern, denen

Zahlen zu den vorhandenen Adressen zu entnehmen

sind. So bietet ein Listbroker die über einen unbekannten

Vermittler gewonnenen Anschriften von 310.000

„Menschen mit keinem oder nur geringen Einkommen.

Sie meldeten sich auf eine Zeitungsannonce oder Direkt-

werbung in der mit Kleinkrediten auch ohne SCHUFA-

Anfrage geworben wurde.“15 Ein weiterer Anbieter

offeriert Listen mit insgesamt rund 658.600 Adress-

datensätzen von Kreditsuchenden zweier Kreditvermitt-

lungen, die nach einem Strafverfahren gegen die Verant-

wortlichen aktuell nicht mehr am Markt aktiv sind.

Erfolgreiche Kreditvermittlung ist selten

Zwei der Testanfragen führten tatsächlich zum Erfolg,

nämlich der Vermittlung eines Kredits, wenn auch nicht in

der ursprünglich gewünschten Höhe. Die Darlehen wur-

den beide durch eine in Deutschland ansässige Bank aus-

gereicht, so dass nicht auszuschließen ist, dass der Kredit

auch bei einer Direktanfrage ohne den Umweg über

einen Kreditvermittler gewährt worden wäre. Eines der

Darlehen wurde auf das Konto der Probandin ausgezahlt

(und dann vereinbarungsgemäß widerrufen und zurück-

überwiesen). Im zweiten Fall trat die Testperson nach

Erhalt des Vertrags, aber vor Auszahlung, zurück.

Eines der tatsächlich zustande gekommenen Darlehen

wurde im Zuge eines Hausbesuchs vermittelt und wies

nicht die vollständigen Vermittlungskosten aus, da der

Vermittlungsaufwand für den Hausbesuch nicht im

Vertrag aufgeführt wurde.

Das zweite Darlehen wurde zu nachfolgenden Konditio-

nen vermittelt:

15 http://www.adressfit.de/datenkarten/Kleinkreditsuchende.php, zuletzt besucht am 30.04.12.

Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 21

Nettokreditbetrag: 12.000,00 1

Beitrag Restkreditversicherung: 3.178,11 1

Courtage 6%: 910,69 1

Sollzins 12,20%: 7.912,94 1

Bruttokredit: 24.001,74 1

84 Raten in Höhe von 285,73 1

Effektivzins laut Vertrag: 15,11%

Der Testperson wurde seitens der Kreditvermittlung der

Abschluss der Restkreditversicherung vorgegeben. Eine

Möglichkeit, hierauf zu verzichten, bestand nicht. Die

entsprechende Auswahl der Versicherungsbausteine

(Todesfall-, Arbeitsunfähigkeits- und Arbeitslosigkeits-

schutz) war bereits vorgewählt.

Nach der § 6 Preisangabenverordnung sind bei der

Berechnung des effektiven Jahreszinses die Kosten einer

Restkreditversicherung einzubeziehen, es sei denn,

sie wäre keine Voraussetzung der Kreditvergabe.

Wird die Restkreditversicherung entsprechend in die

Berechnung einbezogen, ergibt sich nicht der im Vertrag

ausgewiesene Zins, sondern ein effektiver Jahreszins von

rund 25,5%16.

Stark verwobene Anbieterstrukturen

Kreditanfragen im Internet erfolgen zu einem großen Teil

auch in Form des Affiliate-Marketings17, über die Seiten

von Werbepartnern des Anbieters. Diese betreiben ihre

Webseiten in eigener Verantwortung und gestalten sie

vor allem als Auftritte mit (mehr oder weniger umfang-

reichen) redaktionellen Inhalten, meist bezeichnet als

Blogs, oder als Vergleichsportal. Die entsprechenden

Angebote sind auf den Seiten der Affiliates in Form von

Werbebannern oder auch als Kreditanfrageformular

eingebunden, die dann zur Seite des Kreditvermittlers

(Merchands) führen.

16 Zum Vergleich: Der durchschnittliche Effektivzins für Konsumentenkredite mit einer anfänglichen Zinsbindung über fünf Jahre lag im Neukundenge-schäft in Deutschland, ausweislich der Statistik der Deutschen Bundesbank (http://www.bundesbank.de/statistik/statistik_zeitreihen.php?lang=de&open=&func=row&tr=SUD115), im Januar 2012 (der Zinssatz für März war bei Redaktionsschluss noch nicht veröffentlicht, der für Februar nur vorläufig angegeben) bei 8,2%.

Unter Berücksichtigung der Restkreditversicherung liegt der Vertragszins bei etwas mehr als dem Dreifachen dieses Zinssatzes. Die Rechtsprechung zum Verbraucherkredit geht bei einer Überschreitung des marktüblichen Zinses um mehr als 100% von der Sittenwidrigkeit des Kreditvertrags aus.

17 Im Internet weitverbreiteter Vertriebsweg, bei dem ein Anbieter (Merchand) seinen Vertriebspartnern (Affiliates) die Weiterleitung von Kunden, nach verschiedenen Vergütungsmodellen, honoriert. Klickt der potentielle Kunde einen entsprechenden Link auf der Homepage des Affiliates an, wird mit der Weiterleitung ein Abrechnungscode übergeben, so dass die Vermittlung dem Werbepartner zugeordnet werden kann.

Der Seitenbetreiber wird, je nach Ausgestaltung des

Partnerprogramms, für weitergeleitete Kreditanfragen,

ausgefüllte Kreditanträge und gegebenenfalls auch für

vermittelte Kredite honoriert.18 Einzelne Seitenbetreiber

schalten auch eigene Werbung in den diversen Such-

maschinen, deren Kosten sie selbst zu tragen haben.

Die Webauftritte sind teilweise so gestaltet, dass sie den

Eindruck erwecken, die Seite würde von einem Kreditver-

mittler betrieben. In der Mehrzahl der Fälle findet sich im

Impressum oder über die eingebetteten Anfrageformulare

aber der Hinweis19, dass der Seitenbetreiber selbst keine

Kreditvermittlung betreibt.

Ein Teil der untersuchten Kreditvermittlungsfirmen tritt

allerdings auch selbst als Affiliate auf und verlinkt zu

diversen Angeboten. Als besonders aktiv zeigte sich ein

Anbieter, der alle anfragenden Probanden mit einer Viel-

zahl von Mails bedachte. Die Firma, die selbst auch als

Merchand eines Partnerprogramms agiert (und 5 bis 10 1

je Kreditantrag unabhängig von einer Auszahlung ver-

güten will), verlinkte auf:

J das (Giro-)Kontoeröffnungsangebot einer Direktbank,

J das Angebot einer Prepaid-Kreditkarte einer Landes-

bank,

J den Webauftritt eines anderen Kreditvermittlers,

J das Angebot „SCHUFA-freier“ Telekommunikations-

verträge, Handys und Laptops.

Andere Anbieter verlinkten im Rahmen des Affiliate-

Marketings auf Peer-to-Peer-Kreditportale, Kreditkarten-

angebote und Versicherungsvergleichsportale.

Schwer durchschaubare Netzwerke

Ein Partnerprogramm mit einer Vielzahl von Werbepart-

nern wird mit Sitz in der Schweiz betrieben. Nach dem

Inhalt des Handelsregisters ist der Gegenstand des Unter-

nehmens allerdings nicht die Kreditvermittlung, sondern

„Dienstleistungen auf dem Gebiet der Werbung, Marke-

ting und Medien“. Gegenüber Kreditsuchenden tritt das

Unternehmen aber als Kreditvermittler auf.

18 Die Vergütung beträgt je nach Qualität der Daten und Anbieter 4 bis 10 1 je Adresse bzw. zurückgesandtem Kreditantrag. Im Falle einer Kreditvermitt-lung wird oftmals eine zusätzliche Provision von ca. 1% gezahlt.

19 Dies geschieht teilweise auch indirekt, indem auf die Maklererlaubnis des eigentlichen Kreditvermittlers oder auf dessen inhaltliche Verantwortung für Kreditanfrageformulare verwiesen wird.

22 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter

Die weitere Bearbeitung fand dann – zumindest bei

Kreditsuchenden, deren Selbstauskunft (etwa wegen

Arbeitslosigkeit) eine Kreditvergabe nicht von vorneherein

ausschloss – nicht mehr durch das Unternehmen selbst

statt, sondern erfolgte durch eine Finanzvermittlungs-

gesellschaft. Der Wechsel war allerdings für die Kredit-

suchenden kaum zu erkennen, da beide Firmen in ihrer

Außendarstellung eine einheitlich Bezeichnung verwen-

den. Das Vorgehen erweckt dabei den Eindruck, dass die

ursprünglich angefragte Unternehmung eine Sammel-

und Filterfunktion übernimmt. Mit hoher Wahrscheinlich-

keit werden die Adressen von Kreditsuchenden auch in

der Vermittlungsbranche weitervermarktet, wobei sich

der Verlauf der Weiterleitung nicht zweifelsfrei nachver-

folgen ließ.

Mit einer Vielzahl von Internetseiten wirbt eine Firmen-

gruppe aus Ahlen für „SCHUFA-freie“ Kredite. Besonde-

ren Wert legt die Firmengruppe dabei darauf, die wer-

benden Firmen der Gruppe als seriöse Unternehmen

darzustellen. Mit einer Vielzahl von Internetseiten, die

teilweise den Eindruck erwecken sollen, von Verbraucher-

organisationen betrieben zu werden, bestätigen sich die

Firmen ihre Seriosität. Die Vielzahl entsprechender

Internetseiten verdrängt zusätzlich kritische Erfahrungs-

berichte von Kreditsuchenden in den jeweiligen Such-

maschinen.

Im Zuge der Testanfragen wurden drei dieser Firmen kon-

taktiert. Beantwortet wurden die Anfragen jeweils durch

ein einziges Unternehmen, das sich zunächst bemühte,

den Kreditsuchenden Versicherungen und Genossen-

schaftsbeteiligungen zu verkaufen. Im weiteren Verlauf

wurde den Probanden dann ein Finanzsanierungsvertrag

angeboten. Nach Zahlung der Vermittlungsgebühren per

Nachnahme wurde ein Finanzsanierungsvertrag mit

einem weiteren Unternehmen dieser Firmengruppe aus-

gehändigt.

Drohkulisse Inkasso

Vergütungs- und Auslagenforderungen von Kredit-

vermittlern werden teilweise durch Inkassounternehmen

beigetrieben. In einigen Fällen bestehen personelle oder

finanzielle Verknüpfungen zwischen Kreditvermittlung

und Inkassofirma. Aufgabe der Inkassounternehmen ist

es, die (Auslagen-)Forderungen des Kreditvermittlungs-

unternehmens zu realisieren, wobei die Anbieter von

einem höheren Drohpotential und damit einer größeren

Zahlungswahrscheinlichkeit ausgehen, als dies bei

Mahnungen des Kreditvermittlers der Fall wäre. Bei den

Testpersonen wurde die Einschaltung von Inkasso-

unternehmen im Vorfeld auch unmissverständlich ange-

droht:

„Des weiteren wird bei Nichtzahlung unverzüglich

eine Inkassofirma beauftragt. Dieses würde erhöhte

Kosten, unnütze SCHUFA-Einträge, evtl. Einträge in

Schuldnerverzeichnisse und der evtl. Verlust der

Kreditwürdigkeit bedeuten. Des weiteren würden

wir ohne weitere Ankündigung eine Lohnpfändung,

bei Arbeitslosigkeit eine Pfändung der Bezüge oder

ein [sic!] Pfändung der Rente einleiten.“

Ein anderer Anbieter droht mit Formulierungen, aus

denen sich unschwer die Information des sozialen

Umfelds über die Nichtzahlung interpretieren lässt:

„An dieser Stelle möchten wir Sie darauf aufmerksam

machen, dass unser spezialisiertes Inkassounterneh-

men mit inkassobeauftragten Außendienstmitarbei-

tern bei Ihnen persönlich vor Ort arbeitet. Es kann

also auch sein, dass man in Ihrem Umfeld recherchie-

ren muss um heraus zu finden, wann man Sie am

besten antreffen und besuchen kann. Möchten Sie

z.B. beim Verlassen Ihrer Wohnung, wegen offener

Forderungen angesprochen werden?“

Tatsächlich beauftragten bis zum Redaktionsschluss zwei

Anbieter Inkassounternehmen mit der Beitreibung der

Forderung. Auffällig war dabei die lange Dauer zwischen

der letzten Mahnung der Anbieter und dem ersten

Schreiben der Inkassounternehmen. Diese mag mögli-

cherweise Verwaltungsabläufen geschuldet sein, mög-

licherweise setzen die Anbieter aber auch darauf, dass

Unterlagen über die erfolglose „Kreditvermittlung“ nicht

mehr vorhanden sind und die Kreditsuchenden deshalb

auf Gegenwehr verzichten.

Die eingeschalteten Inkassounternehmen zeichnen sich

durch eine auffällige Nähe zur Kreditvermittlungsbranche

aus. Gesellschafter beider Unternehmen sind auch an

Kreditvermittlungs- bzw. Schuldenregulierungsfirmen

beteiligt, so dass die Geschäftspraktiken der Branche

wohl als bekannt vorausgesetzt werden können.

Nach den Erfahrungen aus der Schuldnerberatung schal-

ten die Kreditvermittler Inkassounternehmen ein. Man

scheint sich dabei in erster Linie auf das Drohpotential

Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 23

der Unternehmen zu stützen, deren rechtliche Position

und Möglichkeiten von vielen Verbrauchern falsch einge-

schätzt werden.

Die Anbieter bemühen sich die (unberechtigten) Forderun-

gen außergerichtlich beizutreiben, aber nur einige wenige

versuchen dann auch mit Hilfe eines gerichtlichen Mahn-

verfahrens die Forderung zu titulieren20. In diesem verein-

fachten, automatisierten Verfahren findet keine gericht-

liche Überprüfung des behaupteten Anspruches statt,

soweit der in Anspruch Genommene (hier: der Kreditsu-

chende) kein Rechtsmittel einlegt. Erst wenn ein Wider-

spruch geltend gemacht wird, müsste der Kreditvermittler

seinen Anspruch in einem Zivilprozess begründen und

beweisen.

In aller Regel sind die Kreditvermittlungsfirmen aber an

einem solchen streitigen Verfahren und damit auch der

richterlichen Prüfung und Bewertung ihrer Geschäftsprak-

tiken nicht interessiert und verzichten auf die Einreichung

einer Klage, wenn der Kunde Rechtsmittel eingelegt hat.

Gegen Kreditsuchende, die sich – aus welchen Gründen

auch immer – nicht wehren, wird der Anspruch aber

tituliert. Damit kann dann versucht werden, über die

Gerichtsvollzieher letztlich unberechtigte Forderungen zu

realisieren.

Fazit

Die Chancen, bei schlechter Bonität oder Überschuldung

einen „SCHUFA-freien“ Kredit tatsächlich zu erhalten,

ist verschwindend gering: Bei 177 Testkontakten mit

verschiedenen Anbietern wäre es nur in zwei Fällen tat-

sächlich zu einer Kreditgewährung gekommen.

Die Praktiken der Anbieter haben sich dabei gegenüber

der Vorläuferstudie aus dem Jahr 2007 geringfügig

gewandelt: Eine größere Rolle spielt die verdeckte

Adressweitergabe. Sie ist klar festzustellen, aber der Weg

der Adressweitergabe lässt sich nicht eindeutig rekonstru-

ieren. Auffällig ist der deutlich größere Anteil an Firmen,

die Finanzsanierungsangebote unterbreiten oder den Ein-

druck erwecken, dem Kunden in Bezug auf ein Insolvenz-

verfahren helfen zu können und zu dürfen.

20 Bis Redaktionsschluss traf bei keiner der Testpersonen ein Mahnbescheid ein. Aus der Praxis der Schuldnerberatung sind nur einige wenige Kreditvermitt-lungen bekannt, die versuchen, ihre Ansprüche im gerichtlichen Verfahren zu realisieren.

Die Problematik, dass in großem Umfang versucht wird,

unzulässige Nebenentgelte zu kassieren, ist unverändert

geblieben. Nach wie vor geben sich unseriöse Anbieter

die größte Mühe, die Anfragenden über ihre tatsäch-

lichen Vermittlungschancen zu täuschen. Sie erwecken

mit Formulierungen wie „Antragsannahmen“, „positiven

Vorprüfungen“ und ähnlichem den Eindruck einer dem-

nächst erfolgenden Kreditauszahlung, um die Kreditsu-

chenden zum Abschluss diverser Verträge zu verleiten.

Hierin besteht das Kerngeschäft der Branche, eine tat-

sächliche Kreditvermittlung aber stellt den Ausnahmefall

dar.

24 Rechtsgutachten

Wie die Untersuchung zeigt, ist es eher selten, dass es

nach einer Werbung mit „SCHUFA-freien“ Krediten auch

tatsächlich zu einer Kreditvermittlung kommt. In jedem

Fall zahlt der Kunde einen hohen Preis. Im Folgenden

sollen die verschiedenen Methoden rechtlich bewertet

werden, wobei mit der zivilrechtlichen Wertung begon-

nen wird und später die strafrechtliche, ordnungsrecht-

liche und wettbewerbsrechtliche Seite betrachtet

werden.

1 Zivilrechtliche Einschätzung der Methoden

Bei der erfolgreichen Vermittlung eines Kleinkredits

trotz Überschuldung durch meist Schweizer Kredit-

institute ergeben sich verschiedene zivilrechtliche Frage-

stellungen. Zum einen drängt sich die Frage der Sitten-

widrigkeit der Kredite nach § 138 BGB auf, da diese

Kreditinstitute natürlich versuchen, ihr gestiegenes Risiko

durch höhere Kreditkosten auszugleichen. Diese Möglich-

keit ist aber durch eine gefestigte Rechtsprechung

begrenzt.

Der Bundesgerichtshof hat seit dem Ende der 1970er

Jahre zu der Frage eine recht spezifische Judikatur entwi-

ckelt, die eine Sittenwidrigkeit regelmäßig dann annimmt,

wenn die Kreditkosten des Vertrages mehr als 100% über

den marktüblichen Konditionen liegen. Da die Folgen

eines sittenwidrigen Kredites (Nichtigkeit des Vertrages,

Zinslosigkeit des Darlehens und Rückzahlungspflicht der

Valuta in Raten) relativ harsch sind, schenken die kredit-

gebenden Institute dieser Grenze viel Aufmerksamkeit.

Im Einzelnen besteht allerdings Streit darüber, welche

Kosten (Vermittlungsprovisionen, Restschuldversicherung)

in die vergleichsrelevanten Kreditkosten einzurechnen

sind. Die Restschuldversicherung ist nach § 6 Abs. 3

PAngVO jedenfalls dann in die Effektivzinsberechnung

einzubeziehen, wenn der Abschluss zur Bedingung für

die Kreditvergabe gemacht wird. Ist das der Fall, hat das

zur Folge, dass auch der Anspruch auf die Provision des

Vermittlers entfällt. In der Studie wurde tatsächlich ein

Kreditvertrag zur Unterschrift verschickt, der eindeutig als

sittenwidrig anzusehen war.1

Da somit bei der Gestaltung der vertraglichen Kreditkos-

ten relativ wenig Spielraum ist, um ein höheres Risiko

durch höhere Kreditkosten aufzufangen, kompensieren

die genannten Institute das hohe Risiko durch relativ

hohe Verzugskosten. Die Kredite werden – was ange-

sichts der prekären finanziellen Lage der Kreditnehmer

nicht überraschend ist – regelmäßig nicht vertragsgemäß

zurückgeführt. Die Verzugskosten, die den Kreditneh-

mern nach der Kreditkündigung in Rechnung gestellt

werden, sind zum Teil exorbitant hoch. So werden von

teilweise mehreren (mit den Kreditinstituten verbandel-

ten) sukzessive eingeschalteten Inkassobüros für einfache

Briefe 20 1 verlangt, für die Offenlegung einer Abtretung

100 1, für andere Inkassokosten ebenfalls erhebliche

Beträge. Die Verzugskosten sind dem Grunde nach durch

§§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB begründet. Allerdings

muss sich der Umfang des Ersatzanspruchs an der Scha-

densminderungspflicht des § 254 BGB messen lassen.

Dies bedeutet, dass der Gläubiger von gleichwirksamen

Maßnahmen nur die Preisgünstigste zur Forderungsein-

treibung verwenden und seine eigenen Bemühungen

nicht in Rechnung stellen darf.2

1 Nettokreditbetrag 12.000 1, Restschuldversicherung zwingend (vorgegeben im Vertrag) 3.178,11 1, (mitfinanziert) Bearbeitungsgebühr 910,69 1, Zinsen 7.912,41 1 = brutto 24.001,21 1, 84 Monate Laufzeit. Das entspricht einem effektiven Jahreszins von 25,57%, vergleichbarer Zins für Ratenkredit nach der Statistik der Deutschen Bundesbank im Februar 2012: 8,12% (http://www.bundesbank.de/statistik/statistik_zeitreihen.php?lang=de&open=&func=row&tr=SUD115) Das bedeutet in etwa eine Überschreitung des marktübli-chen Zinses um das Doppelte.

2 Vgl. hierzu den Ratgeber Inkassokosten der Verbraucherzentrale NRW, 1. Aufl. 2005, S. 54, 57.

Rechtsgutachten

von Prof. Dr. jur. Hugo Grote unter der Mitarbeit von Ass jur. Pamela Wellmann

Rechtsgutachten 25

Die Verzugskosten sind daher regelmäßig überhöht und

rechtlich angreifbar. Zu rechtlichen Auseinandersetzungen

über die berechtigte Höhe der Verzugskosten kommt es

allerdings nur selten. In vielen Fällen werden sie mit der

Kreditforderung im gerichtlichen Mahnverfahren durch

Vollstreckungsbescheide tituliert, so dass sie danach

wegen der entstanden Rechtskraft kaum noch angreifbar

sind.

Durch hohe Zinsen und erhebliche Kosten im Verzugsfall

können das Risiko der kreditgebenden Institute offenbar

kompensiert und darüber hinaus in diesem schwierigen

Sektor ein Gewinn für die kreditgebenden Unternehmen

erzielt werden.

Eine beliebte Praxis der Vermittler ist es, sich vom Kunden

Blankounterschriften auf dem Selbstauskunftsformular

geben zu lassen. Diese werden dann – auch aufgrund des

Provisionsinteresses der Vermittler – nur unvollständig

oder falsch ausgefüllt. Im Nachhinein ist natürlich nur

schwer feststellbar, ob dies im Zusammenwirken mit dem

Kunden geschah (der natürlich auch ein Interesse an der

Kreditvermittlung hat) oder allein auf der Initiative des

Kreditvermittlers beruhte. In beiden Fällen wird der

Schuldner später massiv von dem Kreditgeber unter

Druck gesetzt. Ihm wird Eingehungsbetrug vorgeworfen

und mit Strafanzeige gedroht. In einem späteren Insol-

venzverfahren wird versucht, dem Schuldner die Rest-

schuldbefreiung zu verbauen, indem Versagungsanträge

nach § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO gestellt werden oder die

Forderung im Sinne des § 302 InsO als ausgenommene

Forderung angemeldet wird. Dabei stellt sich natürlich die

Frage, inwieweit man jemanden über seine Kreditwürdig-

keit täuschen kann, der mit Krediten ohne Bonitätsprü-

fung wirbt, die Kreditunwürdigen also die Zielgruppe

sind. Die Instanzgerichte haben die Fälle der Blankounter-

schrift unterschiedlich beurteilt, der Bundesgerichtshof

hat in einer Entscheidung, bei der es um einen Versa-

gungsantrag nach § 290 Abs. 1 InsO wegen einer Blanko-

unterschrift ging, nicht formal auf die Unterschrift des

Antragstellers abgestellt. Für die Versagung der Rest-

schuldbefreiung wegen grober Fahrlässigkeit müsse fest-

gestellt werden, dass der Antragsteller die falschen oder

unvollständigen Angaben zumindest grob fahrlässig mit

verursacht habe.

1.1 Die Vereinnahmung von Provisionen

und Bearbeitungsgebühren

In ca. 98% der Fälle kommt es allerdings nicht zu einer

Vermittlung eines Kredites, dennoch werden meist per

Vorkasse, Rechnungsstellung oder durch die erzwungene

Ausstellung von Überweisungsträgern3 Bearbeitungsge-

bühren oder Provisionen vom Kreditsuchenden gefordert

und kassiert. Das Fordern einer Provision für einen nicht

vermittelten Kredit kollidiert allerdings mit den Vorschrif-

ten des früheren Verbraucherkreditgesetzes, die mit der

Schuldrechtsreform weitgehend inhaltsgleich ins BGB (§

655a ff. BGB) übernommen wurden. Voraussetzung für

die Anwendbarkeit der Normen ist dabei zunächst, dass

auf der einen Seite ein Verbraucher und auf der anderen

Seite ein Unternehmer beteiligt sind. Dies trifft in den

allermeisten Fällen der hier beschriebenen Problematik

zu.4 Die §§ 655a ff. BGB enthalten zahlreiche Einschrän-

kungen für die Tätigkeit des Darlehensvermittlers. Neben

Formvorschriften ist in § 655c BGB normiert, dass ein

Verbraucher nur zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet

ist, wenn das Darlehen tatsächlich erfolgreich vermittelt

wurde. In § 655d BGB ist festgehalten, dass der Darle-

hensvermittler neben der nur im Erfolgsfall fälligen Provi-

sion keine weiteren Entgelte vereinnahmen darf. Diese

Regelung ist klar und eindeutig und durch das Umge-

hungsverbot in § 655e BGB zusätzlich geschützt. Ohne

eine erfolgreiche Vermittlung eines Darlehens5 sind weder

eine Provision noch eine Bearbeitungsgebühr geschuldet.

Das Verbot des § 655a Satz 1 BGB erfasst dabei auch den

Fall, dass der vermittelnde Unternehmer das Entgelt von

einem Dritten erhält. Eine Ausnahme gibt es nur im §

655d BGB für die Erstattung von Auslagen.

1.2 Die Erstattung von Auslagen

Eine Einschränkung dieses Provisionsverbots ohne erfolg-

reiche Vermittlung enthält allerdings Satz 2 des § 655d

BGB, der es dem Vermittler erlaubt, nach entsprechender

(schriftlicher) Vereinbarung tatsächlich entstandene,

erforderliche Auslagen in Rechnung zu stellen. § 655d

3 Manche Vermittler lassen sich bei einem Hausbesuch einen (oder auch mehrere) Überweisungsträger vom Klienten unterschreiben, den sie dann bei dessen Bank einreichen. Wenn die Überweisung ausgeführt ist, hat der Klient keine Möglichkeit mehr, die Transaktion rückgängig zu machen.

4 Dies ist natürlich nicht zwingend. Wenn sich z.B. ein Kleinunternehmer um einen „SCHUFA-freien“ Kredit bemüht, finden die Vorschriften des Verbrau-cherschutzes keine Anwendung, und die rechtliche Bewertung ist nach den allgemeinen Vorschriften vorzunehmen.

5 Erfolgreich ist die Vermittlung in diesem Sinne erst, wenn die Valuta ausge-zahlt wurden und der Darlehensvertrag nicht vom Verbraucher widerrufen wurde.

26 Rechtsgutachten

BGB übernimmt insofern inhaltsgleich die Regelung des

§ 17 VerbrKrG, bei dessen Kodifikation im Jahre 1990 die

Beschränkung des Provisionsverlangens des Darlehensver-

mittlers festgelegt wurde. Der Gesetzgeber hatte sich

gescheut, die Möglichkeit der Vereinbarung einer Ausla-

generstattung ganz auszuschließen. Andererseits war es

ihm wichtig, einen Missbrauch auch der Auslagenerstat-

tung zu verhindern. Die Begrenzung der erstattungsfähi-

gen Nebenentgelte sollte der schon damals verbreiteten

Praxis entgegenwirken, dass die Vermittler „....nicht ver-

mittlungsfähige Kreditwünsche entgegennehmen und

sich von vornherein auf die Erhebung von Nebenentgel-

ten, wie z.B. Bearbeitungspauschalen und Schreibgebüh-

ren beschränken.“ Trotz der klaren Zielrichtung des

Gesetzgebers zeigen die Erfahrungen sowohl der Studie

von 2007 als auch der Studie von 2012, dass dieses Ziel

bislang offenbar verfehlt wurde. Und trotz der vermeint-

lich klaren Rechtslage standen in der Praxis vor den Ins-

tanzgerichten immer wieder Fälle zur Entscheidung an,

in denen um die Zulässigkeit der Auslagenerstattungen

gestritten wurde. Mittlerweile ist durch die Rechtspre-

chung insbesondere der Oberlandesgerichte und durch

die Literatur der legale Anwendungsbereich der Ausla-

generstattung auf praktisch kaum noch bedeutsame

Sachverhalte reduziert worden. Auch aus diesen Gründen

sind die Vermittler offenbar davon abgerückt, ihre ver-

meintlichen Provisionsansprüche gerichtlich durchzu-

setzen.

Der Vermittler muss, wenn er die Erstattung von Aus-

lagen begehrt, zunächst nachweisen, dass diese Aus-

lagenerstattung (als Teil des Darlehensvermittlungsver-

trages) mit dem Kreditsuchenden schriftlich vereinbart

wurde. Ohne die Einhaltung der Schriftform ist die Erstat-

tungsabrede unwirksam und begründet keine Verpflich-

tung. In der Literatur wird es für zulässig gehalten, die

Verpflichtung zur Erstattung der im Sinne von § 655d

Satz 2 BGB getätigten und konkret nachzuweisenden

Auslagen in den AGB des Vermittlers zu vereinbaren.

Allerdings wird auch insoweit verlangt, dass unter dem

Gesichtspunkt des AGB-rechtlichen Transparenzgebotes

strenge Anforderungen an die Ausgestaltung und Platzie-

rung der Klausel zu stellen sind. Dabei reicht es nicht aus,

dass generell eine Auslagenerstattung vereinbart wird.

Vielmehr müssen alle erstattungsfähigen Auslagen im

Einzelnen aufgeführt und später bei der Abrechnung

nachgewiesen werden.

Der Begriff der Auslagenerstattung erlaubt es nur bei

Ex-post-Betrachtung, objektiv erforderliche Auslagen zu

verlangen. Dadurch verbietet es sich dem Vermittler,

allgemeine Betriebs- und Gemeinkosten auf den Verbrau-

cher umzulegen. Unter diese allgemeinen Betriebskosten

fallen nach der Rechtsprechung auch die Arbeitsstunden

des Außendienstmitarbeiters. Ebenso wenig ersatzfähig

sind Telefongrundgebühren, allgemeine Auskunftsgebüh-

ren, Bearbeitungs- und Schreibgebühren, da diese eben-

falls als Gemeinkosten anzusehen sind.

Auslagen, die zunächst der Anbahnung des Kreditvermitt-

lungsvertrages dienen, können dem Kunden nicht in

Rechnung gestellt werden. So ist insbesondere der Ansatz

von Fahrtkosten für den Abschluss des Darlehensvermitt-

lungsvertrages unzulässig. Dies gilt nach der Auffassung

des OLG Karlsruhe nicht nur für die Fahrtkosten des Ver-

mittlers für den ersten, vertragsanbahnenden Kundenbe-

such, sondern auch für etwaige anschließende Fahrtkos-

ten im Rahmen der Abwicklung des Vermittlungsvertra-

ges. Dies erscheint jedenfalls insoweit konsequent, als es

regelmäßig auch an der Erforderlichkeit solcher Fahrt-

kosten fehlen wird. Denn erstattungsfähig sind nach dem

Wortlaut des § 655d BGB nur die erforderlichen Aus-

lagen. Die Beweislast für die Erforderlichkeit liegt dabei

beim Vermittler.

In der Praxis wird immer wieder versucht, den Schuldnern

Pauschalen für generell erstattungsfähige Auslagen wie

Porti oder Telefonkosten in Rechnung zu stellen. Auch

solche Pauschalierungen sind aber nach herrschender

Meinung im Rahmen des § 655d BGB unzulässig. Eine

Pauschalierung ist auch dann unzulässig, wenn diese sich

als Festbetrag am wirklichen Aufwand orientiert. Nach

der Rechtsprechung soll es dagegen zulässig sein, einen

Höchstbetrag für die Auslagenerstattung („höchstens

64,50 1“) zu vereinbaren. Die Festlegung eines solchen

Höchstbetrages entbindet den Vermittler allerdings nicht

von der Verpflichtung, die Auslagen bis zu diesem

Höchstbetrag im Einzelnen nach den bereits aufgezeigten

Kriterien abzurechnen und nachzuweisen. In der Praxis

werden allerdings immer wieder diese Höchstbeträge

unberechtigterweise als Pauschalen ohne weiteren Nach-

weis in Rechnung gestellt und auch vom Kreditsuchenden

bezahlt. Insofern erscheint fraglich, ob die Vereinbarung

solcher Höchstgrenzen in den Vertragsbedingungen der

Vermittler nicht doch als irreführend anzusehen ist.

Auch der Versuch der Vermittler, den ausgeprägten

Verbraucherschutz der §§ 655a ff. BGB dadurch zu

umgehen, dass man sich von Kreditsuchenden ein

„Anerkenntnis“ der (unzulässigen) Vergütungsforderun-

Rechtsgutachten 27

gen unterschreiben lässt, wurde von der Rechtsprechung

zurückgewiesen. Ein solches Anerkenntnis ist eine offen-

sichtliche Form eines Umgehungsversuchs, der nach

§ 655e Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist. Auch ein ein-

seitiger „Verzicht“ auf die verbraucherschützenden

Normen des § 655a ff. BGB ist nicht möglich.

Im Bereich des Hauptanwendungsfalles der Norm, beim

Konsumentenkredit, bei dem es regelmäßig nicht um

Auslagen z.B. für die Erstellung eines Sachverständigen-

gutachtens zur Bewertung einer Immobilie geht, bleibt

damit kein sinnhafter Anwendungsbereich für die Erlaub-

nis der Auslagenerstattung nach § 655d Satz 2 BGB.

Denn erstattungsfähig wären in der Regel lediglich nach

Vertragsabschluss entstandene Auslagen für Telefonge-

spräche, Porti und Auskunftskosten, soweit diese schrift-

lich vereinbart wurden, erforderlich waren und im Einzel-

fall nachgewiesen wurden. Angesichts der Tatsache, dass

diese Auslagen regelmäßig gering sein dürften, steht der

(nicht erstattungsfähige) Abrechnungsaufwand hierzu in

keiner sinnvollen wirtschaftlichen Relation, so dass es

nicht verwundert, dass solche (legalen) Abrechnungen in

der Praxis des Konsumentenkredits bislang ausgeblieben

sind. Auf den ersten Blick erstaunlich ist daher, dass trotz

der klaren und durch instanzrechtliche Rechtsprechung

unterstützten Rechtslage in der Praxis immer noch unzu-

lässige Auslagen verlangt und von den Kreditsuchenden

gezahlt werden. Offensichtlich kann eine ganze Branche

davon leben, sanktionslos unzulässige Gebühren zu ver-

einnahmen.

Ein Grund dafür ist sicher, dass es aufgrund der relativ

geringen Streitwerte nur selten zu gerichtlichen Rückfor-

derungen oder auch anwaltlich unterstützten Abwehr-

maßnamen der Kreditsuchenden kommt. Es muss wohl

zur Kenntnis genommen werden, dass gerade die von

den Vermittlern angesprochene Klientel nur über einge-

schränkte Rechtsschutzmöglichkeiten verfügt und regel-

mäßig weder die Zuversicht noch die wirtschaftliche

Möglichkeit hat, kostenpflichtige Prozesse zu führen.6

So dürfte es nur in einem verschwindenden Teil der Fälle

zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen

Kreditsuchendem und Vermittler kommen. Viele der

bekannten Urteile, insbesondere der Oberlandesgerichte,

entstanden durch die Initiative der Verbraucherverbände

6 Dass ein Schuldner einen engagierten Rechtsanwalt findet, der bei einem Gegenstandswert von unter 300 1 bereit ist, auf der Grundlage von Bera-tungs- und Prozesskostenhilfe einen Rückforderungsprozess zu führen, kann als unwahrscheinlich angesehen werden.

im Wege von Verbandsklageverfahren nach § 8 UWG

oder 3 UKlaG.

In den Fällen, in denen sich der Kreditsuchende rechtlich

zur Wehr setzt, sind die Erfolgsaussichten gut, da die

(Vor-)Leistungen regelmäßig rechtsgrundlos geleistet wur-

den und somit ein Erstattungsanspruch nach § 812 Abs.

1 BGB besteht. Nicht selten werden überzogene Auslagen

und Ansprüche der Vermittler im Wege des gerichtlichen

Mahnverfahrens beigetrieben und durch Vollstreckungs-

bescheid tituliert. Die Möglichkeiten, gegen diese titulier-

ten Forderungen vorzugehen, sind dann begrenzt.

Außerdem versuchen viele Vermittler, ihre unberechtigten

Forderungen durch Schuldanerkenntnisse zu sichern.

In dem vom AG Hameln7 entschiedenen Fall hatte der

Vermittler für einen Hausbesuch Fahrtkosten in Höhe von

210,321 (956 x 0,221) geltend gemacht. Die Forderung

hatte er sich durch ein Anerkenntnis des Schuldners

bestätigen lassen. Das AG Hameln sah hier eine Umge-

hung der verbraucherschützenden Vorschriften gem.

§ 655e BGB und die Möglichkeit, auch das Anerkenntnis

des Schuldners gem. §§ 812 Abs. 2, 821 BGB

zu kondizieren.

1.3 Die Vermittlung von Bausparverträgen

und Versicherungen

Von Vermittlern wird insbesondere anlässlich von Haus-

besuchen häufig behauptet, dass für die Vermittlung

eines Kredites der Abschluss zusätzlicher Verträge not-

wendig sei oder die Aussicht auf einen Kredit verbessere.

Vom Kunden wird verlangt, dass er entweder Bausparver-

träge oder Unfall- oder auch Kapitallebensversicherungen

abschließt. Es wird ihm suggeriert, dass nach Abschluss

dieser Verträge der Kreditauszahlung nichts mehr im

Wege stünde. Diese Vermittlung ist aus verschiedenen

Gesichtspunkten rechtlich angreifbar.

Solche Vertragsabschlüsse können zunächst gem. § 123

BGB wegen arglistiger Täuschung anfechtbar sein. Dies

gilt jedenfalls dann, wenn der Kreditvermittler behauptet,

dass der Abschluss dieser Verträge notwendig sei, um ein

Darlehen zu erhalten. Eine solche Koppelung wäre einer-

seits unzulässig, andererseits macht sie keinen wirtschaft-

lichen Sinn, da z.B. ein neu abgeschlossener Bausparver-

7 Urteil vom 17.12.2007, AZ 23 C 278/07.

28 Rechtsgutachten

trag keine belastbare Kreditsicherheit darstellt. Vielmehr

ist es äußerst widersprüchlich, einem sich in einer finanzi-

ellen Notlage befindlichen Kreditsuchenden (und diese

Zielgruppe wird ja gezielt mit der Werbung angespro-

chen) einen Sparvertrag oder einen Vertrag mit weiteren

finanziellen Verpflichtungen zu vermitteln. Der Kreditsu-

chende wird diese Abschlüsse auch nur dann tätigen,

wenn sie zur Bedingung für eine Kreditgewährung

gemacht werden. Allerdings obliegt dem Verbraucher die

Darlegungslast dafür, dass der Vermittler eine entspre-

chende Aussage getätigt hat, da diese in der Regel nicht

schriftlich vorliegt. Dies führt in der Praxis zu großen

Schwierigkeiten. Die Folge des Verstoßes gegen § 123

BGB ist die Möglichkeit der Anfechtung der Erklärungen,

was gem. § 142 BGB die Nichtigkeit der Verträge zur

Folge hat. Die Anfechtungserklärung muss innerhalb

eines Jahres erfolgen, nachdem der Kreditsuchende von

der Täuschung Kenntnis erlangt hat.

Die gleiche Behauptung und die Beratung durch den

Kreditvermittler dahingehend, dass der Kreditsuchende

in der finanziell angespannten Situation zusätzliche finan-

zielle Belastungen durch Versicherungs- und Bausparver-

träge übernehmen müsse, sind natürlich auch aus dem

Gesichtspunkt der Aufklärungspflichtverletzung relevant.

Unabhängig davon, ob der Kreditvermittlungsvertrag

schon zustande gekommen ist, ergeben sich bereits im

Anbahnungsverhältnis des Kreditvermittlungsvertrages

bestimmte Schutz- und Aufklärungspflichten (§ 241

Abs. 2 in Verbindung mit § 311 Abs. 2 BGB).

Generell hat der Vertragspartner den potentiellen Kunden

auf Gefahren und besondere Nachteile des Produktes

hinzuweisen. In den Vermittlungsfällen fehlt es daran,

dass der Vermittler den von ihm gezielt angesprochenen

Kreditsuchenden vor dem Abschluss eines Vertrages

warnt, im Gegenteil empfiehlt und vermittelt er ihm aktiv

eine Konstellation, die den Kreditbedarf des Kunden in

keiner Weise befriedigt und die Liquidität noch weiter

belastet. Er macht in der Regel darüber hinaus die Kredit-

gewährung direkt oder suggestiv von dem Abschluss

dieser Verträge abhängig, ohne dass sich die Aussicht auf

eine Kreditvermittlung in irgendeiner Weise tatsächlich

verbessert.

Eine dahingehende Beratung wird man jedenfalls als

klaren Verstoß gegen die vertraglichen Nebenpflichten

nach § 241 Abs. 2 BGB werten können.

Losgelöst von der Vermittlung der Zusatzverträge, kann

eine Aufklärungspflicht des Kreditvermittlers auch bezüg-

lich der fehlenden Erfolgsaussicht seiner Vermittlungs-

bemühungen bestehen. So ist er z.B. verpflichtet, gege-

benenfalls darauf hinzuweisen, dass ihm noch nie eine

Kreditvermittlung gelungen sei, sondern die Klienten

letztendlich immer wieder vertröstet wurden. Derart auf-

geklärte Kreditsuchende würden natürlich keine Voraus-

zahlungen leisten und von jeglichen Vertragsabschlüssen

absehen. Eine solche Aufklärungspflicht kann auch nicht

erst dann angenommen werden, wenn in der Vergangen-

heit überhaupt keine Kredite vermittelt worden sind,

sondern auch schon dann, wenn die Erfolgsquote sehr

gering war oder die Kreditvermittlung aus anderen

Gründen unwahrscheinlich ist.

Ein Anspruch von Schadensersatz bzw. auf Befreiung von

den vertraglichen Verpflichtungen richtet sich nicht nur

gegen den Vermittler, sondern gemäß § 278 BGB auch

gegen die Unternehmen (also die Versicherung oder Bau-

sparkasse), die sich das Verschulden ihres Erfüllungsgehil-

fen wie eigenes Verschulden zurechnen lassen müssen.

Dies bezieht sich insbesondere auch auf die Verletzung

von Beratungs- und Aufklärungspflichten des Vertreters,

so dass die Versicherung den Versicherungsnehmer so

stellen muss, wie er bei ordnungsgemäßer Beratung

gestanden hätte.

Die Vermittlung einer Versicherung anlässlich einer Kredit-

vermittlung kann auch unter dem Gesichtspunkt des § 81

Abs. 2 Satz 3 VAG angreifbar sein. Diese Norm ermäch-

tigt die Aufsichtsbehörde zum Einschreiten, wenn Darle-

hensgeschäfte und Versicherungsabschlüsse so verbun-

den werden, dass die Versicherungssumme das auszu-

zahlende Darlehen übersteigt.8 In der Praxis ist das häufig

der Fall, da die Versicherungssummen insbesondere für

Lebensversicherungsverträge relativ hoch gewählt wer-

den, während die Darlehenssumme aus den bekannten

Gründen relativ begrenzt ist. Regelmäßig liegt daher ein

Verstoß gegen § 81 Abs. 2 Versicherungsaufsichtsgesetz

vor, der dem Kreditsuchenden jedoch keine eigene

Eingriffsmöglichkeit gibt. Allerdings kann die Versiche-

8 Prölls/Kollhoser, Versicherungsaufsichtsgesetz, 12. Aufl., § 81 Rz. 65. Die Vorschrift wurde 1931 geschaffen, als wegen der damaligen Kredit-knappheit die Kreditgeber die Vergabe von kurzfristigen Darlehen von dem Abschluss langfristiger Versicherungsverträge abhängig gemacht hatten.

Rechtsgutachten 29

rungsaufsichtsbehörde in diesen Fällen durch eine Unter-

sagungsverfügung tätig werden, die auch als Sammel-

verfügung erlassen werden kann.

Aufgrund der oben dargelegten, hinsichtlich des Zustan-

dekommens der Verträge zumindest sehr zweifelhaften

Rechtslage sind in der Praxis die betroffenen Bausparkas-

sen und Versicherungen regelmäßig bereit, eine kosten-

neutrale Auflösung der Verträge vorzunehmen. Kosten-

neutralität bedeutet in diesem Zusammenhang auch, dass

die Unternehmen nicht berechtigt sind, die Vermittlungs-

provision einzubehalten, die sie möglicherweise bereits an

den Vermittler ausgezahlt haben. Unabhängig davon,

dass bei Kreditvermittlungsverhältnissen im Stornofall die

Provision nicht fällig wird, hat der Kreditsuchende einen

originären Schadensersatz- bzw. Freistellungsanspruch

gegenüber dem Unternehmen, das sich durch den Ver-

mittler hat vertreten lassen.

Am 22. Mai 2007 ist die Neuregelung des Versicherungs-

vermittlerrechts in Kraft getreten, die umfangreiche

Pflichten insbesondere für freie Versicherungsvermittler

vorsieht.9 Unter anderem bestehen nach den neu gefass-

ten §§ 42b und 42c VVG umfangreiche Beratungspflich-

ten des Versicherungsvermittlers, deren schuldhafte Ver-

letzung neben den oben dargestellten Folgen in § 42d

VVG eine gesonderte Schadensersatzpflicht des Vermitt-

lers nach sich zieht. Dabei kann von einem Versicherungs-

vermittler, der seine Beratungspflicht verletzt haben soll,

verlangt werden, dass er darlegt, inwieweit er den Versi-

cherungsnehmer informiert, aufgeklärt und beraten

haben will.

1.4 Der Wirtschaftsberatungsvertrag

Einige Vermittler der Branche versuchen, mit dem Kunden

einen sogenannten Wirtschaftsberatungsvertrag abzu-

schließen. Rechtlich ist ein solcher Vertrag grundsätzlich

zulässig. Jedem steht es zu, durch einen Berater seine

wirtschaftliche Lage analysieren zu lassen und ihn dafür

zu bezahlen. Allerdings darf der Vertrag nicht isoliert

betrachtet werden, sondern ist im Zusammenhang mit

dem Vermittlungswunsch des Kreditsuchenden zu sehen.

Ebenso wie bei dem Abschluss der Versicherungsverträge

wird der Schuldner regelmäßig über die Möglichkeit der

Kreditvermittlung und die Notwendigkeit dieses Vertrages

9 BGBl. I 2006 Nr. 63 S. 3232 ff.

für die Vermittlung eines Kredites getäuscht. Er will einen

Kredit, der Wirtschaftsberatungsvertrag ist für ihn weder

von Nutzen noch von Interesse. Er wird ihn regelmäßig

nur unterschreiben, wenn der Vermittler erklärt, dass die-

ser Vertrag Bedingung für die Genehmigung des Kredites

sei. Insofern kommt eine Anfechtung wegen arglistiger

Täuschung in Betracht, wobei der Schuldner die Arglist

des Vermittlers nachzuweisen hat.

Daneben kommt eine Schadensersatzpflicht wegen der

Verletzung von (Neben-)Pflichten des Vermittlungsvertra-

ges gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB in Betracht. Der

Kreditvermittler muss über alle wesentlichen Umstände

der Kreditvermittlung aufklären, deren Aufklärung redli-

cherweise zu erwarten ist. Dies gilt erst recht für den

Wirtschaftsberater, den noch weitreichendere Pflichten

treffen.10 Dazu gehört auch, dass der Abschluss des Wirt-

schaftsberatungsvertrages weder eine generelle Voraus-

setzung der Kreditvermittlung ist noch dass durch diesen

eine Kreditvermittlung nach der Durchführung der Wirt-

schaftsberatung wahrscheinlicher wird. Da eine solche

Aufklärung naturgemäß nicht erfolgt, macht sich der

„Wirtschaftsberater“ gegenüber seinem Klienten scha-

densersatzpflichtig. Zum Schadensersatz gehört auch die

Befreiung von der Verbindlichkeit des (sinnlosen) Wirt-

schaftsberatungsvertrages.

Letztlich handelt es sich bei dieser Variante aber auch um

eine Umgehung der Vorschriften der §§ 655a ff. BGB

zum Provisionsverbot bei nicht erfolgreicher Vermittlung.

Gem. § 655e BGB ist jede Gestaltung, die zu einer Umge-

hung des § 655a ff. BGB führt, unzulässig. Dies ist der

Fall, wenn Gestaltungen darauf angelegt sind, die gesetz-

lichen Schutzvorschriften nicht zur Anwendung kommen

zu lassen, ohne dass eine Umgehungsabsicht vorzuliegen

braucht. In Fällen, in denen der Schuldner auf ein Kredit-

vermittlungsangebot reagiert und der Vermittler die

(angebliche) Kreditgewährung von dem Abschluss eines

Wirtschaftsberatungsvertrages abhängig macht, läuft das

Verbot der Vereinnahmung von Nebenentgelten des

§ 655d BGB ins Leere. Insofern ist in diesen Fällen der

Missbrauch der Gestaltung offensichtlich. Die Beweislast

für das Vorliegen des Gestaltungsmissbrauchs liegt aller-

dings beim Schuldner. Der Verstoß gegen das Umge-

hungsverbot führt zur Nichtigkeit der Vereinbarung, so

dass kein Vergütungsanspruch entsteht oder eine bereits

gezahlte Vergütung nach den Grundsätzen der unge-

10 Zur Differenzierung der Aufklärungspflicht zwischen Anlageberater und Anlagevermittler siehe BGH vom 18.01.2007, AZ ZR 44/06.

30 Rechtsgutachten

rechtfertigten Bereicherung vom Unternehmer heraus-

zugeben ist.

1.5 Die Hausbesuchsvereinbarung

Eine Hausbesuchsvereinbarung ist rechtlich ähnlich wie

ein Wirtschaftsberatungsvertrag einzuordnen. Im Regel-

fall wird für einen Hausbesuch zu keiner Phase der Ver-

mittlungsbemühungen überhaupt eine Notwendigkeit

bestehen, so dass die Koppelung der Kreditvergabe an

die Unterzeichnung einer kostenpflichtigen Hausbesuchs-

vereinbarung irreführend und in der Regel arglistig ist.

Hausbesuchsvereinbarungen werden in der Regel nur

deswegen getroffen, um das Provisionsverbot bei nicht

zustande gekommenen Krediten zu umgehen und mög-

lichst einen direkten Zugriff auf die (meist letzten) Zah-

lungsmittel des Kreditsuchenden zu bekommen. Insofern

wird hierin problemlos eine Umgehung der Verbraucher-

schutzvorschriften der §§ 655a ff. BGB zu sehen sein.

1.6 Die Vermittlung an gewerbliche

Schuldenregulierer

Häufig werden die mit einer Kreditvermittlung geköder-

ten Schuldner auch an sogenannte gewerbliche Schul-

denregulierer weitervermittelt. Für die rechtliche

Bewertung ist zwischen dem Vertrag mit dem Schulden-

regulierer und der Vermittlung an den Regulierer zu

unterscheiden. Im Rahmen der Untersuchung beschrän-

ken wir uns an dieser Stelle auf die Fallkonstellationen, in

denen eine Kreditvermittlung suggeriert oder versprochen

wird („Kredite ohne SCHUFA-Auskunft“), tatsächlich aber

keine Kreditvermittlung erfolgt, sondern lediglich eine –

kostenpflichtige – Vermittlung an Schuldenregulierer oder

Anwälte.11

Zu diesem Komplex gibt es unterschiedliche rechtliche

Ansatzpunkte für die verschiedenen Methoden der

sogenannten „gewerblichen Schuldenregulierer“.

Das Rechtsberatungsgesetz ist mit Wirkung zum

01.07.2008 durch das Rechtsdienstleistungsgesetz ersetzt

worden. Aber auch nach der „neuen“ Rechtslage haben

11 Nicht untersucht werden dagegen die Fälle, in denen der Schuldenregulierer selbst oder der Vermittler von vornherein mit Hilfeleistungen bei der Schul-denregulierung wirbt. Diese Vermittlungsangebote sind allerdings oftmals nicht trennscharf auseinanderzuhalten, wenn die Vermittler nicht ausdrück-lich mit der Kreditvergabe werben, eine solche aber durch ihre Werbung geschickt suggerieren („Wenn die Bank nein sagt ...“).

die eingeschalteten Regulierer in der Regel keine Erlaub-

nis zur Rechtsberatung. Der BGH hat in seiner Entschei-

dung vom 29.07.2009 („Finanzsanierung“) klargestellt,

dass auch nach der Ablösung des Rechtsberatungsgeset-

zes durch das neue Rechtsdienstleistungsgesetz der

Schutzzweck der Norm – im Interesse der Verbraucher

das Marktverhalten der Anbieter zu regeln – erhalten

bleibt. Rechtsdienstleistungen – so der BGH – seien gene-

rell verboten und dürften nur aufgrund gesetzlicher

Erlaubnis erbracht werden.

Eine erlaubnispflichtige Rechtsberatung liegt dabei schon

dann vor, wenn lediglich ein Einverständnis der Gläubiger

mit veränderten Zahlungsbedingungen angestrebt wird.

Jegliche Schuldnerberatung mit dem Ziel, zumindest mit

den Gläubigern Ratenzahlungen zu vereinbaren, ist daher

als erlaubnispflichtige Rechtsberatung anzusehen, für die

eine Erlaubnis benötigt wird. Über eine solche Erlaubnis

verfügen die Anbieter, die in dem hier untersuchten

Bereich der „SCHUFA-freien“ Kredite operieren, regelmä-

ßig nicht. Schon vor der Entscheidung des BGH zur

Finanzsanierung hatte das LG Ulm festgestellt, dass eine

umfassende und sozial geprägte Beratung und Betreuung

von Verschuldeten und Insolventen implizit auch eine

Rechtsberatung voraussetze. Eine solche Aufgabe ver-

langt zur sachgerechten Erfüllung eine umfassende recht-

liche Prüfung und stellt somit eine erlaubnispflichtige

Rechtsdienstleistung i.S.d. § 3 RDG dar.

Ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz hat in

Verbindung mit § 134 BGB die Nichtigkeit des Regulie-

rungsvertrages zur Folge, da gegen ein gesetzliches Ver-

bot verstoßen wird. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn

der Schuldenregulierer tatsächlich mit den Gläubigern

verhandelt, sondern bereits dann, wenn er eine solche

Verhandlung im Vertrag verspricht.

Um den Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz

zu vermeiden, haben sich einige Anbieter darauf zurück-

gezogen, keine Verhandlungen mit den Gläubigern zu

führen, sondern nur Vorarbeiten zu machen, wie die

Unterlagen des Schuldners zu sortieren bzw. ihn an

kooperierende Anwälte weiterzuverweisen. Aber auch in

diesen Fällen ist durch die Rechtsprechung mittlerweile

geklärt, dass dies nichts daran ändert, dass auch die vor-

Rechtsgutachten 31

bereitende Tätigkeit als erlaubnispflichtige Rechtsdienst-

leistung einzustufen ist. In diesem Fall stellt sich die

Frage, welche geldwerte Leistung der Schuldner über-

haupt für seine Gegenleistung bekommt. Insofern dürfte

hier der Tatbestand des Wuchers gem. § 138 Abs. 2 BGB

bzw. § 291 StGB regelmäßig erfüllt sein.

Besonders prekär sind die sogenannten Vermögensver-

waltungsfälle. Hier zahlt der Schuldner feste Raten an

den Regulierer, der verspricht, mit den Gläubigern zu ver-

handeln und diese zu befriedigen („Zahlen Sie nur noch

an eine Stelle“). Es wird eine Rate vereinbart, die der

Schuldenregulierer zunächst vereinnahmt und aus der die

(nach Verhandlungen reduzierten) Ansprüche der Gläubi-

ger befriedigt werden sollen. Tatsächlich werden hiervon

zunächst die eigenen Gebühren des Schuldenregulierers

einbehalten und nur in seltenen Fällen höhere Beträge an

die Gläubiger weitergeleitet. Dies hat in der Regel weitere

erhebliche Folgen für den Schuldner, der sich in dem

Glauben, nun würde alles reguliert, auf die vertröstenden

Aussagen des Schuldenregulierers verlässt. Er kümmert

sich nicht mehr selbst um wichtige Verhandlungen mit

den Gläubigern, die bei ausbleibenden Zahlungen natür-

lich Zwangsmaßnahmen einleiten. Durch die dann folgen-

den Kündigungen der Kredite, Verzugsfolgen und

Zwangsvollstreckungsmaßnahmen entstehen dem Schuld-

ner nicht unerhebliche zusätzliche Schäden. In diesen

Fällen dürfte eine Schadensersatzpflicht des Vermittlers

aus vertraglichen Ansprüchen gem. §§ 280 ff. BGB, aber

auch unter deliktischen Gesichtspunkten gem. § 823 Abs.

2 BGB in Verbindung mit § 263 oder § 291 StGB gege-

ben sein. Hier dürfte auch kein Beweisproblem vorliegen,

da der Vermittler die Anzeige schaltet und somit weiß,

dass er keinen Kredit vermittelt.

Ist das Angebot der „gewerblichen Schuldenregulierer“

rechtlich zweifelhaft, so stellt sich die Frage, wie das Pro-

visionsverlangen des Vermittlers einzuordnen ist, wenn er

den Schuldner an diese Anbieter vermittelt. Auch in

diesen Fällen dürfte häufig eine arglistige Täuschung mit

entsprechenden Anfechtungsmöglichkeiten des Kredit-

suchenden vorliegen. Dies ist jedenfalls dann der Fall,

wenn der Vermittler bereits weiß, dass es (wie im Regel-

fall) nicht zu einer Kreditvermittlung kommen wird,

sondern lediglich zu einer Vermittlung an den Regulierer.

Darüber hinaus dürfte bei der Werbung mit einer Kredit-

vermittlung und anschließender Weitervermittlung an

einen gewerblichen Schuldenregulierer ähnlich wie bei

der Vermittlung eines Wirtschaftsberatungsvertrages die

Verletzung der vertraglichen und vorvertraglichen Aufklä-

rungspflichten anzunehmen sein, wenn dem Vermittler

bekannt ist, dass es gar nicht zu einer Kreditvergabe

kommt, oder er weiß, dass das Angebot des im Regelfall

mit ihm kooperierenden Schuldenregulierers für den

Schuldner nutzlos ist. Dann macht er sich nach § 280

Abs. 1 BGB gegenüber dem Schuldner schadensersatz-

pflichtig.

Bei der (ausdrücklichen oder suggestiven) Werbung mit

einer Kreditvermittlung besteht auch der Verdacht eines

Umgehungstatbestandes gem. § 655e BGB. Der Gesetz-

geber wollte durch die Schaffung der Vorschriften ver-

meiden, dass „... unseriöse Vermittler nicht vermittlungs-

fähige Kreditwünsche entgegennehmen, um sich von

vornherein auf das Erheben von Nebenentgelten zu

beschränken ...“.12 Um dieses Ziel zu erreichen sollte

jegliche Gestaltung, die zu einer Zahlung des Kunden

führt, ohne dass eine Kreditauszahlung erfolgt, unter-

bunden werden. Hierfür ist nicht entscheidend, ob tat-

sächlich ein Kreditvermittlungsvertrag abgeschlossen

wird. Es muss vielmehr als ausreichend angesehen wer-

den, wenn der Anbieter mit einer Kreditvermittlung wirbt

und der Kunde aufgrund dieses Versprechens – aufgrund

welcher Vertragsgestaltung auch immer – Entgelte an

den Vermittler entrichtet. Insofern liegt auch in diesen

Fällen ein Umgehungstatbestand i. S.d. § 655e BGB vor,

was die Unwirksamkeit der Vermittlung des Vertrags an

den gewerblichen Schuldenregulierer zur Folge hat.

Von dieser Einschätzung abgesehen, ist die Wirksamkeit

des Vertrages auch unter dem Gesichtspunkt des § 138

Abs. 2 BGB zweifelhaft. Wie oben bereits dargelegt, wird

ein wucherähnliches Rechtsgeschäft dann angenommen,

wenn eine Überteuerung von mehr als 100% über dem

marktüblichen Preis vorliegt und eine besondere Zwangs-

lage des Vertragspartners gegeben ist. Bei einem hoch-

verschuldeten Verbraucher, der bei einer seriösen Bank

nicht mehr kreditwürdig ist, liegt sicher eine extreme

Zwangslage vor, die die freie Willensbetätigung nicht

unerheblich beeinträchtigt. Er benötigt unbedingt Geld

und ist bereit, auch vagen Versprechungen des Vermitt-

lers zu glauben. Erschwerend kommt in diesen Fällen

12 BT-Drucks. 11/5462. S. 30.

32 Rechtsgutachten

hinzu, dass sich die Vermittler durch ihre Werbung gezielt

und ausschließlich an Verbraucher in finanzieller Notsitua-

tion wenden, um von dieser Leichtgläubigkeit zu profitie-

ren. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist ebenfalls auffallend.

Zwar sind die Gebühren für die Vermittlung, absolut

betrachtet, nicht besonders hoch (100 bis 300 1), die

Leistung ist allerdings völlig unbrauchbar. Adressen von

Schuldenregulierern sind frei zugänglich, so dass die

Adressenvermittlung ohne Wert ist. Im Gegenteil wird der

Schuldner ja an einen gewerblichen Schuldenregulierer

vermittelt, der weitere Gebühren von ihm verlangt. Hätte

der Schuldner sich dagegen selbst bei seiner Kommune

oder im Internet informiert, wäre er leicht auf die Adres-

sen kostenloser Schuldnerberatung gestoßen. Noch kras-

ser wird das Missverhältnis natürlich dann, wenn – wie in

vielen Fällen – die Vermittlung an eine Stelle erfolgt, die

dem Schuldner überhaupt keine Hilfestellung leistet, son-

dern ihm nur noch mehr Probleme bereitet. Eine kosten-

pflichtige Vermittlung an einen gewerblichen Schuldenre-

gulierer verstößt daher regelmäßig gegen § 138 Abs. 2

BGB und ist nichtig. Ein Anspruch auf eine Vermittlungs-

provision besteht damit nicht.

1.7 Die Vermittlung von Beteiligungen

Vermittler schrecken auch nicht davor zurück, den Kredit-

suchenden statt eines Kredites eine Vermögensanlage in

Form einer stillen Gesellschaftsbeteiligung oder eines

Kommanditanteils an einer Gesellschaft („geschlossene

Immobilienfonds“) in Höhe von mehreren Tausend Euro

zu verkaufen. Der Zweck der Gesellschaft besteht meist in

dem Erwerb und der Verwaltung von Immobilien, häufig

wird er aber auch offengehalten, oder er bleibt nebulös.

Prospekte werden in der Regel nicht ausgehändigt, was

die Vermittler nicht daran hindert, sich vom Kunden den

Erhalt des Prospektes quittieren zu lassen.13 Da der Kre-

ditsuchende naturgemäß nicht über die entsprechenden

Mittel verfügt, ist auf den Vordrucken der Beteiligung

meist gleich eine Ratenzahlungsvereinbarung vorhanden.

Dies wird dann nicht selten mit einer Lohn- und Sozial-

leistungsabtretung verbunden bzw. mit einer Anweisung

an den Arbeitgeber, z.B. monatlich 50 1 an die dubiose

Gesellschaft zu zahlen. Auch diese Beteiligung wird

natürlich mit der Begründung verkauft, dass diese lang-

fristige Geldanlage zur Sicherung des Kredites notwendig

sei. Diese Beteiligungen sind für den Schuldner besonders

13 Dazu auch eindrücklich Ökotest Heft 4/2007, S. 172.

ungünstig, da er zum einen in seiner finanziell engen

Situation weiter belastet wird und zum anderen diese

Beteiligungen wegen der geringen Möglichkeiten, diese

Produkte wieder zu veräußern (Fungibilität), und der

Zweifel an der Rentabilität der Unternehmen ohnehin

sehr ungünstige Anlageformen sind. Insofern hält der

Bundesgerichtshof einen Anlageberater für verpflichtet,

seinen (solventen) Kunden darauf hinzuweisen, dass eine

Kommanditbeteiligung an einem geschlossenen Immobili-

enfonds in Ermangelung eines entsprechenden Marktes

nur eingeschränkt veräußerbar ist. Dies muss natürlich

erst recht für die Vermittlung an einen illiquiden Kunden

gelten, der nur einen Kredit sucht und überhaupt nicht in

der Lage ist, weitere Belastungen zu tragen.

Im Prinzip gilt, rechtlich gesehen, Ähnliches, wie oben zu

der Vermittlung von Bausparverträgen und Versicherun-

gen ausgeführt wurde. Denn zu der Tatsache, dass diese

Produkte auch für einen liquiden Anleger ungünstig sind,

tritt hier der Umstand, dass einem insolventen und

dringend um Kredit bemühten Kunden eine Geldanlage

vermittelt wird, von der gleichzeitig wahrheitswidrig

behauptet wird, sie würde seine Kreditwürdigkeit verbes-

sern. Das Versprechen, durch die Zeichnung der Beteili-

gung der Kreditgewährung näherzukommen, erfüllt den

Tatbestand der arglistigen Täuschung. Es liegt aber auch

eine Verletzung der Aufklärungspflichten des Kreditver-

mittlungsvertrages vor, wenn der Vermittler zu solchen

unnützen und den Schuldner nur belastenden Beteiligun-

gen rät. Die Folge wäre eine Schadensersatzpflicht des

Vermittlers, die auch in der Befreiung von der Verbindlich-

keit bestehen kann. Aber auch im Rahmen des Abschlus-

ses des Vertrages über die Beteiligung bestehen Aufklä-

rungspflichten. Hier muss sich die Beteiligungsgesellschaft

im Rahmen des Vertragsschlusses das Verschulden ihres

Vermittlers, der den Kreditsuchenden nicht über die

Sinnlosigkeit der Beteiligung aufklärt, über § 278 BGB

anrechnen lassen.

1.8 Gebührenerhebung über Mehrwertdienste 0900

Auch die Gebührenerhebung über die kostenpflichtigen

Mehrwertdienste ist aus den oben bereits erwähnten

Gründen generell unzulässig. Es werden mit diesen

Gebühren keine vereinbarten und erforderlichen Ausla-

gen im Sinne des § 655d Satz 2 BGB kassiert. Die Kosten

Rechtsgutachten 33

entstehen vielmehr unabhängig von jeglichen Auslagen,

ohne schriftliche Vereinbarung und ausschließlich abhän-

gig von der Dauer des Gesprächs. Sie haben also schon

von daher keinen Anknüpfungspunkt zu erstattungsfähi-

gen Auslagen. Der Vermittler wählt in diesem Fall

bewusst einen Weg, mit dem er einen Gewinn erzielen

kann, ein „normaler“ Anruf des Kunden bei ihm würde

für den Vermittler keinerlei Kosten verursachen. Insofern

ist der Einsatz kostenpflichtiger Mehrwertdienste ein

geradezu klassischer Fall des Versuchs der Umgehung der

§§ 655a–e BGB.

Entsprechend besteht ein Verhaltenkodex des Verbandes

„FST Freiwillige Selbstkontrolle Telefonmehrwertdienste

e. V.“, der die Verwendung einer Premium-Rate-Rufnum-

mer zum Zwecke der Kreditvermittlung untersagt. Dem

Kreditsuchenden stehen in diesem Fall neben den allge-

meinen zivilrechtlichen Möglichkeiten auch die Ein-

spruchsmöglichkeiten des Telekommunikationsrechts zu.

Er sollte daher die Telefonrechnung um den nicht berech-

tigten Betrag kürzen und im Fall der Lastschrift der Belas-

tung widersprechen.

1.9 Rechtsdurchsetzung durch den Schuldner

Die zivilrechtlichen Möglichkeiten des Verbrauchers, sich

gegen die ungerechtfertigten Ansprüche zu wehren, sind

– wie oben dargelegt – recht aussichtsreich. Nachweis-

probleme kann es bei der arglistigen Täuschung geben,

die Umgehung verbraucherschützender Vorschriften

dürfte hingegen meist auf der Hand liegen.

Dennoch werden in sehr vielen Fällen Zahlungen von den

Schuldnern an die Vermittler geleistet. Dies geschieht

meistens durch Vorauszahlungen des Schuldners, dem

suggeriert wird, nur durch diese Zahlungen seinem Kre-

ditwunsch näherzukommen. Aber auch dann, wenn die

Vermittlung schon gescheitert ist, wird zum Teil massives

Inkasso durch Vermittler, Anwälte und Inkassobüros

betrieben. Von den Schuldnern werden in Unkenntnis

ihrer rechtlichen Abwehrmöglichkeiten nicht berechtigte

Forderungen bezahlt.

Da die Zahlungen des Schuldners regelmäßig ohne

Rechtsgrund geleistet wurden, könnten sie juristisch ohne

Probleme im Wege der Leistungskondiktion gem. § 812

Abs. 1 BGB zurückgefordert werden. Faktisch werden

diese Ansprüche aber nur in seltenen Fällen durchgesetzt.

Rückforderungsbegehren der Schuldner werden natürlich

von den Vermittlern kategorisch zurückgewiesen. Die

Schuldner sind in einer rechtlich komfortablen, aber fak-

tisch aussichtslosen Situation. Sie müssten einen Anwalt

beauftragen, Klage zu erheben, und auch insoweit wie-

der in Vorleistung treten. Nur wenige Anwälte sind bei

den vergleichsweise geringen Gegenstandswerten bereit,

für Beratungs- oder Prozesskostenhilfe tätig zu werden.

Oft werden die vermeintlichen Ansprüche gegen die

Schuldner zunächst von Inkassounternehmen beizutrei-

ben versucht und dann im gerichtlichen Mahnverfahren

tituliert. Aus den bekannten Gründen wehren sich die

Schuldner in der Regel nicht gegen die durch oft beachtli-

che Inkasso- und Verzugskosten permanent steigenden

Forderungen der Vermittler. Erst in einer späteren Phase

der Überschuldung, wenn der Schuldner den Weg in die

Verbraucher- oder Schuldnerberatungsstellen gefunden

hat, werden bei der Analyse der Gesamtforderungssitua-

tion die nunmehr rechtskräftig titulierten Forderungen

der Vermittler sichtbar.

Die Möglichkeiten, gegen rechtskräftige Vollstreckungs-

bescheide vorzugehen, sind rechtlich und faktisch

begrenzt. Lediglich § 826 BGB bietet eine Möglichkeit

des Rechtsschutzes.14 Der Schuldner müsste nachweisen,

dass der Vermittler den Weg des Mahnverfahrens gezielt

ausgenutzt hat, um hierdurch die Schlüssigkeitsprüfung

des Gerichts zu umgehen. Ob sich diese zur Sittenwidrig-

keit von Ratenkrediten und Verzugszinsen entwickelte

Rechtsprechung auf titulierte Gebühren und Auslagen

der Vermittler übertragen lässt, ist umstritten. Das AG

Suhl und das AG Würzburg hingegen sahen die Voraus-

setzungen für eine Rechtskraftdurchbrechung nicht gege-

ben, da es zumindest zum damaligen Zeitpunkt noch

positive Entscheidungen bzgl. der Erstattungsfähigkeit

von Auslagen zugunsten der Vermittler gab. Seit der

Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Ende der 1990er

Jahre sind die rechtlichen Grenzen einer Auslagenerstat-

tung (insbesondere das Verbot von Pauschalierungen und

Hausbesuchskosten zur Kreditanbahnung) aber weitge-

hend geklärt. Insoweit kann spätestens ab dem Jahr 2000

davon ausgegangen werden, dass die Kreditvermittler die

14 Ein Vollstreckungstitel ist ausnahmsweise nur dann angreifbar, wenn es mit dem Gerechtigkeitsgedanken schlechthin unvereinbar wäre, wenn der Gläubiger seine formale Rechtsstellung unter Missachtung der materiellen Rechtslage des Schuldners ausnutzte (BGH NJW 2005, 2991, 2994; Palandt-Sprau, BGB, 71. Aufl., § 826 Rz. 52; zum Ausnahmecharakter dieser Anfechtungsmöglichkeit zuletzt BGH NJW 2006, 154, 156.

34 Rechtsgutachten

Rechtsprechung kannten, und es kann unterstellt werden,

dass sie das gerichtliche Mahnverfahren zur Titulierung

wählten, um der (amtswegigen) Schlüssigkeitsprüfung im

Klageverfahren zu entgehen. So hat auch das AG Speyer

in einer Entscheidung aus dem Jahr 2002 bei einer pau-

schalierten Kostenforderung des Vermittlers in Höhe von

64,50 DM eine missbräuchliche Wahl des gerichtlichen

Mahnverfahrens angenommen und einen Schadenser-

satzanspruch nach § 826 BGB bejaht. Es muss allerdings

konstatiert werden, dass dieser Weg rechtlich schwierig

durchzusetzen ist und angesichts des Verhältnisses von

Streitwert, Aufwand und der bereits erwähnten allgemein

schwierigen Rechtsschutzsituation des Schuldners kaum

praktische Bedeutung erlangen wird.

Ist die Forderung nicht im gerichtlichen Mahnverfahren

durch einen Vollstreckungsbescheid, sondern durch ein

Urteil oder Versäumnisurteil tituliert, bestehen praktisch

keine rechtlichen Angriffsmöglichkeiten mehr, da in die-

sem Fall keine missbräuchliche Verfahrenswahl vorliegt.

2 Strafrechtliche Beurteilung

Die Praktiken auf dem Markt der unseriösen Kreditver-

mittlung müssen nicht zuletzt in strafrechtlicher Hinsicht

betrachtet werden. Die aufgezeigten zivilrechtlichen

Möglichkeiten sind – obwohl theoretisch vorhanden –

in der Praxis offenbar nicht geeignet, die weitverbreitete

Vereinnahmung unzulässiger Gebühren einzudämmen.

Zu selten sind die Beteiligten der Zielgruppe wirtschaftlich

oder psychosozial in der Lage, sich gegen die Vermittler

zu wehren. Bei einer Verknüpfung von relativ geringen

Schadenssummen und Massengeschäft mit der Ziel-

gruppe wirtschaftlich stark unter Druck stehender Ver-

braucher bietet das Zivilrecht keinerlei effektive Begren-

zungen des illegalen Geschäftsmodells. Für die Vermittler

besteht keinerlei wirtschaftliches Risiko bei der Verein-

nahmung rechtswidriger Gebühren.

Menschen in schwieriger oder gar auswegloser finanziel-

ler Situation wenden sich – wie bereits oben ausführlich

geschildert – aufgrund entsprechender Anzeigen an die

Vermittler, um einen Kredit zu erhalten. Tatsächlich erhal-

ten sie in der Regel keinen Kredit, sondern werden durch

dubiose Versprechen und Drohungen dazu veranlasst,

Provisionen, Auslagen o.Ä. zu bezahlen oder weitere für

sie wertlose Verträge zu unterzeichnen. Hierbei handelt

es sich nicht um Einzelphänomene, sondern um Massen-

geschäfte mit immer gleichen Methoden. Der Schaden

mag in jedem Einzelfall nach allgemeiner wirtschaftlicher

Bewertung zwar häufig gering sein, in der Summe ist er

jedoch enorm hoch. Zu berücksichtigen sind auch die

möglichen finanziellen Folgeschäden bei den Betroffenen,

wenn letzte finanzielle Mittel nicht an die seriösen Gläu-

biger fließen und diese dadurch bedingt die „Geduld“

verlieren und beispielsweise Zwangsvollstreckungsmaß-

nahmen einleiten. Die vernünftige, von entsprechenden

Beratungsstellen oder einem Rechtsanwalt begleitete

Verhandlung oder gar die Einleitung eines Verbraucherin-

solvenzverfahrens wird mit den bekannten Konsequenzen

weiter hinausgezögert. Die persönlichen und sozialen

Folgen für die Betroffenen sind hierbei nicht einmal

berücksichtigt. Die polizeiliche oder staatsanwaltliche

Verfolgung der Vermittler kann den Betroffenen auch bei

der zivilrechtlichen Durchsetzung ihrer Ansprüche helfen.

Im Folgenden sollen die strafrechtlichen Aspekte der

verschiedenen „Vertriebsformen“ untersucht werden.

2.1 Strafbarkeit wegen Betruges, wenn kein Kredit

vermittelt wurde (§ 263 StGB)

Erhält der Verbraucher bei einer Werbung mit „SCHUFA-

freien“ Krediten nach der Kontaktaufnahme mit einem

Kreditvermittler keinen Kredit, soll er jedoch eine Provi-

sion, eine Vergütung oder nicht gerechtfertigte Auslagen

bezahlen, so könnte sich der Vermittler hierdurch wegen

Betruges strafbar gemacht haben. Dazu müsste durch

eine vorsätzliche Täuschung des Vermittlers ein Irrtum

erregt worden sein, der auf Seiten des Kreditsuchenden

zu einer Vermögensverfügung zu seinem Schaden geführt

haben muss.

Fraglich ist, wie der in der Praxis wohl am häufigsten vor-

kommende Fall des Verlangens von „Auslagenerstattun-

gen“ strafrechtlich zu bewerten ist. Auch wenn kein Kre-

dit vermittelt wurde, darf der Vermittler theoretisch nach

§ 655d BGB entstandene, erforderliche und im Einzelfall

nachgewiesene Auslagen vom Kreditsuchenden verlan-

gen. Das bedeutet schon vom Begriff her, dass tatsäch-

liche Bemühungen stattgefunden haben müssen, für die

Aufwendungen entstanden sind, für die der Vermittler in

Vorleistung getreten ist. Nach einhelliger Rechtsprechung

ist darüber hinaus erforderlich, dass die Auslagen konkret

vereinbart sein und exakt abgerechnet werden müssen,

also nicht pauschaliert werden dürfen. Nicht zu den erfor-

derlichen Auslagen zählen beispielsweise Fahrtkosten und

Arbeitsaufwand des Vermittlers. Zivilrechtlich ist es so,

dass eine wirtschaftlich Sinn ergebende Anwendung des

Rechtsgutachten 35

§ 655d im Bereich der Konsumentenkreditvermittlung

quasi nicht existiert. Die Kosten der konkreten Aufstel-

lung und des Nachweises der wenigen zulässigen Ausla-

gen sind in der Regel höher als die damit zu erzielenden

Einnahmen. Rechtlich korrekte Abrechnungen über Aus-

lagenerstattungen kommen zumindest im Konsumenten-

kreditbereich in der Praxis auch nicht vor.

Wegen Betruges kann sich der Vermittler zum einen

dadurch strafbar machen, dass er Auslagen verlangt,

obwohl ein Kredit nie vermittelt werden sollte, und zum

anderen dadurch, dass er Auslagen verlangt, auf die er

zivilrechtlich keinen Anspruch hat.

Hat der Kreditvermittler gar keinen Kontakt zu Kreditinsti-

tuten hergestellt oder kann er Anfragen an potentielle

Kreditgeber bzw. erfolgreiche Vermittlungen überhaupt

nicht nachweisen, liegt die Täuschungshandlung klar auf

der Hand. Der Vermittler täuscht den Kreditsuchenden

durch die Anzeigen und die darauf folgende Geschäftsan-

bahnungsphase absichtlich über die Möglichkeit der Kre-

ditvermittlung. Bei diesem wird der Irrtum erzeugt, dass

er eine Chance auf eine Kreditvermittlung habe. Die Ver-

mögensverfügung des Kreditsuchenden liegt in der Zah-

lung der vom Vermittler verlangten Beträge. Der Kredit-

suchende erleidet hierdurch einen Vermögensschaden

(denn er hätte keinerlei Zahlungen geleistet, wenn er von

der fehlenden Erfolgsaussicht gewusst hätte), und zwar

unabhängig davon, ob er sich gegen die Forderung auch

zivilrechtlich hätte zur Wehr setzen können. Das Fordern

einer Auslagenerstattung gänzlich ohne zugrundelie-

gende Leistung ist von § 655d BGB überhaupt nicht

gedeckt. Insofern stellt auch die Kenntnis von der Rechts-

widrigkeit der Forderung kein Hindernis dar. Der Kredit-

vermittler macht sich in diesen Fällen wegen Betruges

strafbar.

Fraglich ist aber, ob sich diese Bewertung ändert, wenn in

seltenen Einzelfällen Kontakte zu Geldgebern stattgefun-

den haben und gegebenenfalls sogar erfolgreich Kredite

vermittelt bzw. ernsthafte Vermittlungsversuche unter-

nommen wurden. Dies ist der Anwendungsfall, der nach

den Studien von 2007 und 2012 in der Praxis am häu-

figsten anzutreffen ist. Es werden generell von all denje-

nigen, die sich auf die Werbung des Vermittlers melden,

erfolgsunabhängige und zivilrechtlich nicht gerechtfer-

tigte Gelder eingezogen; nur sehr vereinzelt kommt es

dann auch tatsächlich zur Vermittlung von Krediten. Das

kann bei denjenigen Kreditsuchenden der Fall sein, die

nur nach den strengen Kriterien ihrer Hausbank nicht

mehr kreditwürdig sind, bei denen auf dem Kleinkredit-

markt aber noch eine Chance auf einen Kleinkredit zu

überteuerten Konditionen besteht. Außerdem erreichen

die Vermittler mit ihrer Werbung (die sich in erster Linie

an nicht kreditwürdige Verbraucher richtet) quasi als

Nebeneffekt auch noch andere Gruppen. Das sind im

Prinzip solvente Kreditsuchende, die entweder eine über-

zogene Angst davor haben, einen Eintrag bei der SCHUFA

zu erhalten, oder denen es peinlich ist, bei ihrer Haus-

bank vor Ort um einen Kredit nachzufragen. Über die

zuletzt genannte Gruppe konnten leider in der Studie

keine Daten erhoben werden, es kann allerdings davon

ausgegangen werden, dass diese durch die zahlreichen

Möglichkeiten des mehr oder weniger anonymen Kon-

takts bei seriösen Internet- und Direktbanken geringer

geworden ist. Insofern ist die (ohnehin geringe) Erfolgs-

quote bei der Vermittlung wohl eher als Nebenprodukt

des Geschäftsmodells zu sehen denn als gewolltes Ergeb-

nis der Bewerbung der Zielgruppe.

Die große Gruppe der Fälle, in denen die Vermittler

Gebühren und Auslagen von den Kreditsuchenden kassie-

ren und nur im Einzelfall auch mal bei der Kreditvermitt-

lung erfolgreich sind, stellt zumindest in der Praxis der

Strafverfolgung auch rechtlich die am schwierigsten ein-

zuordnende Fallgruppe dar.

Die weitere Untersuchung wird aber zeigen, dass auch

diese vereinzelten Erfolge nichts an der Bewertung der

Strafbarkeit ändern, sondern dass auch in diesen Fällen

ein Betrug anzunehmen ist, da die allgemeine Aussicht,

unter den gegebenen Bedingungen einen Kredit zu erhal-

ten, um ein Vielfaches geringer ist, als dies durch die

Werbung suggeriert wird.

Eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB ist

jede Einwirkung eines Täters auf die Vorstellung des

Getäuschten, welche objektiv geeignet und subjektiv

bestimmt ist, bei Adressaten ein Fehlvorstellung über

tatsächliche Umstände hervorzurufen.

Durch die Werbung der Vermittler wird über die Erfolgs-

aussicht, einen Kredit zu erhalten, getäuscht. Zu berück-

sichtigen ist dabei die ganz besondere Zielgruppe der

Anzeigen: Es ist nicht die Gruppe der mehr oder weniger

normalen, durchschnittlich solventen Kreditsuchenden,

die angesprochen wird, sondern ganz gezielt eine Perso-

nengruppe, die zumeist schon in nicht nur kurzfristigen

finanziellen Schwierigkeiten steckt oder gar überschuldet

ist. Darauf zielt die Werbung eindeutig ab, die Begriffe

36 Rechtsgutachten

wie „Kredite ohne SCHUFA-Auskunft“ oder inhaltsähnli-

che Slogans verwendet: auf diejenigen, deren Kredit-

wunsch bei dem „normalen“ Kreditinstitut wegen man-

gelnder Bonität abgelehnt wurde oder würde. Insofern

müssen auch unter strafrechtlichen Aspekten Angebot,

Werbung und Zielgruppe für die Beurteilung der Straf-

barkeit als Gesamtheit betrachtet werden. Ähnlich wie

bei den „Abofallen“ dürfen die einzelnen Elemente des

Marketingkonzeptes nicht isoliert betrachtet werden. Die

Werbebotschaft ist für diese Zielgruppe besonders irre-

führend, denn das Angebot ist just für diese Adressaten

auf dem Markt so gut wie nicht vorhanden.

Diese Zielgruppe erhält im Normalfall und unter Normal-

bedingungen also keinen Kredit mehr. Es bleiben in weni-

gen Fällen einige, meist ausländische, Institute, die sich

das erhöhte Risiko bei einer solchen Vermittlung mit

hohen Zinsen, Provisionen und Verzugskosten bezahlen

lassen. Diese Teilgruppe ist, wie oben dargestellt, ver-

schwindend gering. Für die Vermittler ist von vornherein

klar, dass nur in Ausnahmefällen ein Kreditwunsch der

Zielgruppe zu realisieren sein wird. Die Marktuntersu-

chung hat darüber hinaus gezeigt, dass in Fällen, in

denen ein Kredit vermittelt wurde, offenbar zuvor die

Bonität der Kreditsuchenden – entgegen der Werbebot-

schaft – doch durch eine Anfrage bei der SCHUFA oder

einer anderen Kreditauskunftei überprüft wurde. Das ist

ein weiterer Beleg dafür, dass ohne Bonität kein Geld zu

bekommen ist. Damit wird letztlich auch in den wenigen

Fällen der erfolgreichen Kreditvermittlung getäuscht,

nämlich darüber, dass eine Kreditvergabe ohne Bonitäts-

prüfung erfolgen könne.

Durch den Inhalt der Werbebotschaft wird die falsche Tat-

sache suggeriert, eine konkrete Erfolgsaussicht bestünde

auch gerade für Kreditsuchende in finanziellen Schwierig-

keiten und bei schlechter Bonität15. Dies ist aber in der

Praxis nicht der Fall, da diese Klientel mit an Sicherheit

grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Kredit bekommen

wird. Dadurch wird dem Kunden zumindest konkludent

suggeriert, ein gewisser Umstand (nämlich die höchst-

wahrscheinliche Nichtvermittelbarkeit der Kredite) sei

nicht gegeben.

Auch die nähere Betrachtung der wirtschaftlichen Gege-

benheiten dieser Branche stützt den Vorwurf der Täu-

schung: Angesichts nur weniger erfolgreich zu vermitteln-

15 LG Stuttgart, Urt. v. 21.02.2012, AZ 14 KLS 166 Js 9323/11, S. 913

der Kredite innerhalb der angesprochenen Zielgruppe

können kaum Provisionen verdient werden, was ja die ori-

ginäre und eigentliche Einnahmequelle des Kreditvermitt-

lers ist. Das gesamte Geschäft könnte auf legale Weise

also nicht wirtschaftlich sein. Eine Quersubvention mit

anderen Geschäftsbereichen widerspräche jeglicher kauf-

männischen Vernunft. Und Auslagen sind, in welcher

Form auch immer, der Ersatz für entstandene Geschäfts-

kosten. Der Gewinnerzielung können sie schon ihrer

Natur nach nicht dienen.

Wer dennoch die hier diskutierte Form der Kreditvermitt-

lung als Geschäft betreibt, der weiß, dass seine Tätigkeit

wenig erfolgversprechend sein wird, wenn er sich an eine

Klientel in finanzieller Bedrängnis richtet und das legale

Provisionsgeschäft allein nicht kostendeckend ist, er kann

also nur dadurch Gewinn erzielen, dass die nicht vermit-

telbaren Kunden an eine Vermittlung glauben und hierfür

(nicht gerechtfertigte) Zahlungen leisten.

Durch die Täuschung wird beim Kreditsuchenden der

Irrtum erzeugt, dass der Vertragsschluss über die Kredit-

vermittlung und die damit verbundenen Zahlungen zu

einer hohen Wahrscheinlichkeit zu einer Kreditvermitt-

lung führen würden. Wüsste er, dass dies aufgrund seiner

Zugehörigkeit zu der Zielgruppe „hochverschuldet“ nur

äußerst unwahrscheinlich ist, hätte er die Verträge nicht

abgeschlossen bzw. die Zahlungen nicht geleistet.

Die Vermögensverfügung liegt in der Zahlung der vom

Vermittler geforderten Beträge; in dem Umfang ist dem

Kreditsuchenden ein Schaden entstanden.

Eine strafbare Täuschung kann aber auch unter einem

anderen Aspekt gegeben sein: Verlangt der Kreditvermitt-

ler Auslagen oder anderweitige Zahlungen, die im Rah-

men des § 655d BGB als nicht erforderlich einzustufen

sind, so kann hierin die schlüssige Vorspiegelung einer

falschen Tatsache, nämlich des Bestehens des Anspruchs

gesehen werden. In welchem Ausmaß ein Täter im

Zusammenhang mit dem Einfordern einer Leistung Tat-

sachen über die rechtliche Bewertung des Anspruches

miterklärt, ist umstritten.

Nach herrschender Auffassung gehört die Frage, ob die

Schuld besteht und die Leistung den Anspruch nicht

übersteigt, generell in den Risikobereich des Leistenden,

Rechtsgutachten 37

in diesem Fall des Kreditsuchenden. Der Betrugstatbe-

stand schützt nicht vor jeglicher Unredlichkeit im

Geschäftsverkehr. Die Forderung eines überhöhten Preises

enthält danach nicht auch die konkludente Erklärung,

der Preis sei angemessen oder üblich. Diese Auffassung

wurde aber hauptsächlich zu Fällen grundsätzlich freier

Preisgestaltung, wie etwa im Gebrauchtwagenhandel,

entwickelt.

Allerdings wird in der Forderung einer nicht berechtigten

– also einer mehr als nicht angemessenen – Leistung

durchaus eine Täuschungshandlung gesehen. Allerdings

ist die konkludent falsche Tatsachenbehauptung nicht

schon daraus zu konstruieren, dass lediglich ungerecht-

fertigte Beträge eingefordert werden. Eine Täuschung im

Sinne des § 263 StGB wird von der herrschenden Mei-

nung nur dann angenommen, wenn zusätzlich ein Bezug

zu einer unzutreffenden Tatsachenbasis hergestellt oder

die rechtliche Wirksamkeit eines Anspruchs wahrheits-

widrig als gesichert dargestellt wurde.

Nach einer weitergehenden Auffassung liegt eine Täu-

schung auch dann vor, wenn die nicht berechtigte Leis-

tung einseitig vom vermeintlichen Gläubiger eingefordert

wird oder wenn die Position des Getäuschten in der Form

schwächer ist, dass er auf die Richtigkeit einer Abrech-

nung vertrauen muss, weil er in der Nachprüfbarkeit ein-

geschränkt ist, namentlich wenn Tax- oder Listenpreise

oder andere Kriterien über den zulässigen Inhalt der

Abrechnung existieren.

Fraglich ist, inwieweit der Kreditvermittler bei der Verein-

nahmung ungerechtfertigter Auslagen über die der For-

derung zugrundeliegenden Tatsachen täuscht. Dabei ist

schon der Begriff der Auslagen zu beachten, der beinhal-

tet, dass dem Vermittler hier keine Provisionen oder

Gebühren zufließen, die der wirtschaftlichen Gewinner-

zielung dienen. Es sollen lediglich diejenigen Aufwendun-

gen ersetzt werden, die dazu führen, dass er die tatsäch-

lichen Bemühungen um die Kreditvermittlung kostenneu-

tral durchführen kann und im Fall der fehlgeschlagenen

Vermittlung nur seine Arbeitskraft und allgemeinen

Betriebskosten eingesetzt hat. Im Regelfall wird der Ver-

mittler durch das Verlangen von Auslagen auf der Rech-

nung schon über diese Tatsache täuschen. Denn wie oben

dargelegt geht es dem Vermittler ja gerade darum, nicht

nur Kostenneutralität zu erreichen, sondern durch diese

Einnahmen (die tatsächlich gar nicht oder nicht in der

Höhe entstanden sind) Gewinn zu erzielen.

Darüber hinaus dürfte aber auch eine konkludente

Täuschung über die tatsächlichen Voraussetzungen seines

Anspruchs vorliegen. Denn gerechtfertigt ist sein Aus-

lagenanspruch wie oben dargestellt nur, wenn die Aus-

lagen nicht pauschaliert sind, im Einzelnen vorher verein-

bart wurden und nicht lediglich die allgemeinen Betriebs-

kosten betreffen. Wie die Untersuchung gezeigt hat, ist

dies aber tatsächlich nie der Fall.

In einer jüngeren Entscheidung des 5. Strafsenats vom

09.06.200916 hat der BGH eine konkludente Täuschung

durch ein Stadtreinigungsunternehmen angenommen,

das von Grundstückseigentümern deutlich überhöhte

Gebühren für die Straßenreinigung gefordert hatte. Die

Täuschungshandlung sah der BGH darin, dass das Unter-

nehmen mit den Rechnungsschreiben konkludent miter-

klärt hatte, dass die Tarife unter Beachtung der entspre-

chenden Vorschriften ermittelt worden seien und sie

somit auch auf einer zutreffenden Bemessungsgrundlage

beruhten. Welcher Inhalt einer Erklärung zukommt, so

der BGH, bestimme sich ganz wesentlich auch durch den

Empfängerhorizont und die Erwartungen der Beteiligten.

Diese seien regelmäßig durch den normativen Gesamtz-

usammenhang geprägt, in dem die Erklärung stehe. Die

Entscheidung zeigt, dass für die Bewertung, ob der unge-

rechtfertigten Gebührenforderung auch eine Täuschung

über die der Forderung zugrunde liegenden Tatsachen

zugrunde lag, auch auf ein besonderes strukturelles

Ungleichgewicht des Falls abzustellen war. Weil der

Bürger die Gebührenordnung nur bedingt kontrollieren

konnte und zudem auf die Richtigkeit der Behörden-

entscheidung vertraute, sah der BGH in diesem Fall auch

eine Täuschung über die der Abrechnung zugrundelie-

gende Bemessungsgrundlage.

Auch bei den hier untersuchten Kreditvermittlungsfällen

besteht – wie bereits dargelegt – ein strukturelles

Ungleichgewicht zwischen dem Fordernden und dem

vermeintlich Zahlungspflichtigen. Zwar besteht in diesem

Fall kein besonderes Vertrauensverhältnis aufgrund einer

Amtsstellung. Hier wird man aber das Vorverhalten der

Vermittler mit in die Waagschale werfen müssen, die sich

durch ihre Werbung als Spezialisten für die Kreditvermitt-

lung an nicht kreditwürdige Adressaten gerierten.

16 BGH NStZ 2009, 506 ff., dazu die zustimmenden Anmerkungen von Voßen, NStZ 2009, 687, und Sieweke, wistra 2009, 341 ff.

38 Rechtsgutachten

Ein Kreditvermittler hat zudem – auch wenn er für seine

Gewerbeerlaubnis keine Sachkundeprüfung absolvieren

muss – zwangsläufig Kenntnisse über die wichtigen Vor-

schriften, die sein Gewerbe betreffen. Genaue Kenntnisse

der möglichen Berechtigung seiner Forderungen sind

konzeptioneller Bestandteil des Geschäftsmodells. Dazu

gehört im Regelfall die Kenntnis der zivilrechtlichen

Grenzen der Gebührenerhebung, die er als wesentlichen

Pfeiler seines Geschäftsmodells genau austariert. Der

Kreditsuchende verfügt dagegen in aller Regel nicht über

rechtliche Kenntnisse und wird von der Berechtigung der

erhobenen Forderungen ausgehen.17 Er ist aufgrund

seiner typischen Situation nicht in der Lage, die Berechti-

gung der Forderung zu prüfen und sich gegebenenfalls

dagegen zu wehren. Dieses strukturelle Ungleichgewicht

wird von den Vermittlern durch die Werbung gezielt aus-

genutzt. Sie wenden sich direkt an eine Klientel, die die

Berechtigung der geltend gemachten Forderungen nicht

einschätzen kann und zudem wirtschaftlich so unter

Druck steht, dass sie nur allzu bereit ist, leichte Zweifel an

der Berechtigung der Forderung in der Hoffnung auf die

ersehnte Kreditgewährung beiseitezuwischen. Auch diese

Umstände sind in die Gesamtbewertung mit einzubezie-

hen, das nach außen scheinbar verkehrsgerechte Verhal-

ten wird gezielt eingesetzt, um den Adressaten zu schädi-

gen, die Irrtumserregung ist damit nicht zufällig, sondern

gewollte Folge eines ausgetüftelten Systems.

Hinzu kommt, dass der Kreditsuchende kaum eine Mög-

lichkeit hat, die Berechtigung der Forderung zu prüfen.

Anders als im Fall der Gebührenerhebung – dort haben

die Betroffenen immerhin ein kostenloses verwaltungs-

rechtliches Widerspruchsverfahren mit der Chance der

Überprüfung zumindest durch die Widerspruchsbehörde

– wird er rein faktisch nicht in der Lage sein, die Berechti-

gung durch einen Anwalt zu überprüfen bzw. sich sogar

aktiv dagegen zu wehren. Erschwerend kommt hinzu,

dass es in den hier vorliegenden Fällen nicht nur um die

Frage geht, ob ein dem Grunde nach gerechtfertigter

Anspruch auch in der Höhe berechtigt ist, sondern es ist

aufgrund der zivilrechtlichen Vorschriften klar, dass der

Anspruch, der gegenüber dem Kreditsuchenden geltend

gemacht wird, überhaupt nicht gerechtfertigt ist.

17 Nach der Rechtsprechung des BGH schließt Leichtgläubigkeit der potentiel-len Opfer oder Erkennbarkeit der Täuschung bei hinreichend sorgfältiger Prüfung die Täuschung nicht aus, BGH NStZ 2003, 313, 314; zu der Proble-matik der Abofallen siehe auch OLG Frankfurt vom 17.12.2010 = NJW 2011, 398 ff. Rz. 46.

Bewertet man also – wie vom BGH gefordert – den nor-

mativen Gesamtzusammenhang der Konstellation, so

muss auch in den Fällen des unberechtigten Verlangens

von Auslagenersatz eine konkludente Täuschung des Kre-

ditvermittlers über die Berechtigung der Gebühren ange-

nommen werden. Diese liegt – je nach Fallkonstellation –

in der Vorlage eines Vermittlungsvertrages, einer Hausbe-

suchsvereinbarung zur Unterschrift oder der Übersendung

von Unterlagen per Nachnahme mit der jeweils ausdrück-

lichen oder schlüssigen Erklärung, dass der Verbraucher

die unzulässigen Auslagen zu zahlen habe.18

Durch die nachdrückliche Gebührenforderung des Ver-

mittlers entsteht bei dem Kreditsuchenden der Irrtum, zur

Zahlung verpflichtet zu sein.

Zahlt der Verbraucher die geforderten Auslagen, so liegt

eine Vermögensverfügung vor. Weil die geforderte Ausla-

generstattung rechtswidrig ist, entsteht dem Verbraucher

auch ein entsprechender Vermögensschaden. Die Tatsa-

che, dass er eigentlich nicht zur Zahlung der nicht berech-

tigten Forderung verpflichtet wäre, ändert hieran nichts.

Leistet der Schuldner auf die Anforderungen des Vermitt-

lers nicht, so liegt lediglich ein versuchter Betrug seitens

des Vermittlers vor.

Eine Täuschung kann sich in den hier untersuchten Fällen

auch durch Unterlassen ergeben. Dies kann nur ange-

nommen werden, wenn dem Täter in Bezug auf die Mit-

teilung der Tatsache eine Garantenpflicht zukommt, ihm

also eine Rechtspflicht zur Aufklärung obliegt. Fraglich ist

also, ob der Vermittler den Kunden darüber aufklären

muss, dass der angebahnte Geschäftskontakt höchst-

wahrscheinlich nicht zu einer Erfüllung des Kreditwun-

sches führen wird. Eine solche Aufklärungspflicht kann

sich allein aus der vertraglichen Beziehung ergeben.

Dabei reicht freilich ein bloßer Vertragsschluss nicht aus.

Maßgebend für die Begründung einer Garantenstellung

ist vielmehr die tatsächliche Übernahme des Pflichten-

kreises. Allerdings begründet nicht jede Übertragung von

Pflichten auch eine Garantenstellung im strafrechtlichen

Sinne. Hinzutreten muss regelmäßig ein besonderes Ver-

trauensverhältnis, das den Übertragenden gerade dazu

18 LG Würzburg, Urt. v. 10.03.1997, 1 KLs 225 Js 13512/95: Betrug durch Vorspiegeln der Berechtigung, pauschale Fahrtkosten verlangen zu dürfen; AG Göppingen, Urt. v. 12.04.2000, AZ 4 LS 31 Js 984/99: Betrug durch Verlangen allgemeiner pauschaler Auslagen; LG Hamburg a.a.O.: Betrug durch Verlangen pauschaler Kosten.

Rechtsgutachten 39

veranlasst, dem Verpflichteten besondere Schutzpflichten

zu überantworten.

Wie oben dargelegt, treffen den Kreditvermittler verschie-

dene vertragliche Aufklärungspflichten. Er hat den Kredit-

suchenden über alle ihm bekannten Umstände aufzu-

klären, die für dessen Entschließung von Bedeutung sein

können. Dazu gehört z.B. die Pflicht, den Kreditsuchen-

den darüber aufzuklären, dass alle Kreditvermittlungsbe-

mühungen des Vermittlers bislang erfolglos waren, oder

darüber, dass dieser nur mit einer eingeschränkten Anzahl

von Banken verhandelt. Eine Aufklärungspflicht wird man

wohl auch dahingehend annehmen können, dass der

Vermittler deutlich machen muss, dass die Vermittlungs-

aussichten nach den Erfahrungen des Vermittlers zwar

nicht vollkommen aussichtslos, aber äußerst gering sind.

Zusätzlich ist in diesen Fällen das vorhergehende Verhal-

ten der Vermittler zu berücksichtigen, insbesondere die

gezielte Bewerbung (das Vermittlungsversprechen richtet

sich gezielt an eine Klientel, bei der die Vermittlung nicht

aussichtsreich ist) einer besonders leichtgläubigen Ziel-

gruppe, die bereit ist, sich in der scheinbar ausweglosen

wirtschaftlichen Situation an jeden Strohhalm zu klam-

mern. Insofern wird in diesen Fällen auch im Sinne einer

Ingerenz eine Garantenpflicht ausgelöst.

Klärt der Vermittler nicht über die voraussichtliche Erfolg-

losigkeit der Vermittlung auf, so täuscht er den Kredit-

suchenden über die realen Möglichkeiten einer Kredit-

gewährung. Daraus entwickelt sich der entsprechende

Irrtum, denn die Kreditsuchenden gehen davon aus, eine

realistische Aussicht auf einen Kredit zu haben und tref-

fen daraufhin durch die Zahlung der nicht berechtigten

Forderungen die Vermögensverfügungen, die den ent-

sprechenden Schaden entstehen lassen.

Auf der subjektiven Seite ist Vorsatz des Vermittlers

insbesondere hinsichtlich der Rechtswidrigkeit sowie

Schädigungsabsicht erforderlich. Prinzipiell muss der

Kreditvermittler zumindest billigend in Kauf nehmen, dass

die Forderung unberechtigt sein könnte. Dabei kommt es

nicht darauf an, ob der Täter nach den Anschauungen

seiner Kreise annimmt, einen Anspruch auf die Leistung

zu haben. Voraussetzung ist vielmehr die Vorstellung, der

Anspruch werde auch von der Rechtsordnung anerkannt.

Es kommt nicht darauf an, ob die mögliche Unkenntnis

von der Rechtswidrigkeit von dem Kreditvermittler ver-

schuldet wurde.

Es ist schwer vorstellbar, dass ein Kreditvermittler die

wichtigsten Vorschriften seines Geschäftsfeldes, die ver-

braucherschützenden Vorschriften der §§ 655a ff. BGB,

nicht kennt und von der Fülle an Rechtsprechung zum

Komplex zulässiger Auslagen nichts gehört haben will.

Gewerberechtlich ist er sogar verpflichtet, sich über die

einschlägigen Vorschriften seines Gewerbes zu unterrich-

ten. Das Landgericht Hamburg setzte sich in einem Straf-

urteil gegen Kreditvermittler sehr ausführlich mit der

Frage auseinander, ob und wann die Beschuldigten

Kenntnis von der Zulässigkeit bestimmter Auslagenklau-

seln hatten. Indizien für die entsprechende Kenntnis kön-

nen sein: Ablichtungen von Urteilen zum Themenkomplex

in den Geschäftsunterlagen des Vermittlers, Schreiben

oder Einschätzungen seiner Rechtsberater, Anpassung

von Auslagenklauseln an die Vorgaben der Interessenge-

meinschaft der Kreditvermittler, Kontakte zu Personen,

denen das Thema bekannt ist, Aufrechterhalten der Klau-

seln oder Forderungen, auch nach Rückforderungsschrei-

ben der Betroffenen mit Begründung. Da Eventualvorsatz

ausreicht, kann sich der Vermittler angesichts der zahlrei-

chen Entscheidungen der Oberlandesgerichte auch nicht

darauf zurückziehen, dass es einzelne instanzgerichtliche

Entscheidungen gibt, die pauschale Auslagenerstattun-

gen zulassen. Denn wer zumindest in Kauf nimmt, dass

die Auslagenforderung rechtswidrig sein könnte, handelt

in Schädigungsabsicht, wenn er sie dennoch beansprucht.

Kreditvermittler, die entgegen § 655d BGB und der hierzu

ergangenen gesicherten Rechtsprechung nicht berech-

tigte Auslagen von dem Verbraucher verlangen, machen

sich damit wegen Betruges strafbar.

2.2 Betrug durch die Vereinnahmung einer

Vermittlungsprovision ohne Kreditvermittlung

Erhält der Verbraucher, so wie es nahezu die Regel ist,

kein Darlehen, dann ist die Vereinnahmung einer Provi-

sion oder anderweitig benannten Vergütung gemäß

§§ 655c und e BGB gänzlich ausgeschlossen. Das Kredit-

vermittlungsrecht lässt eine Provisionszahlung ausschließ-

lich im Erfolgsfall zu. Einige Vermittler verlangen eine

solch offensichtlich rechtswidrige Zahlung dennoch von

dem Kreditsuchenden. Dabei ist es wegen des Umge-

hungsverbotes in § 655e BGB völlig unerheblich, wie der

Vermittler die Zahlung benennt oder dem Schuldner ver-

kauft. Die §§ 655a ff. sind Verbraucherschutzvorschriften

und als solche unabdingbar.

40 Rechtsgutachten

Fraglich ist, ob in der Geltendmachung der Forderung

auch in diesen Fällen eine Täuschung über die der Forde-

rung zugrundeliegenden Tatsachen vorliegt. Die Geltend-

machung der eindeutig unberechtigten Forderung alleine

wird hier nicht genügen. Die Täuschung kann sich aber

im Einzelfall aus dem Inhalt der Forderungsschreiben

ergeben, wenn dort auf falsche Tatsachen Bezug genom-

men wird. Allerdings könnte man in diesen Fällen auch

eine Täuschung durch Unterlassen annehmen. Dies aller-

dings nur, wenn man die vertragliche Aufklärungspflicht

des Kreditermittlers so weit spannt, dass man auch eine

Aufklärungspflicht dahingehend annimmt, dass der Ver-

mittler den Kunden auch darüber aufklären muss, dass

die von ihm geltend gemachte Forderung unrechtmäßig

ist.

Aufgrund des beim Verbraucher gegebenenfalls hierdurch

entstehenden Irrtums wird dieser zu einer Vermögensver-

fügung, zur Zahlung der Provision, veranlasst. Durch die

Zahlung erleidet der Verbraucher einen Vermögensscha-

den, dem ein stoffgleicher Vermögensvorteil auf Vermitt-

lerseite gegenübersteht. Es ist nicht denkbar, dass ein

Kreditvermittler nicht weiß, dass Provisionen im Bereich

der Konsumentenkredite nicht erfolgsunabhängig ver-

langt werden dürfen. Insofern sind Vorsatz und Schädi-

gungsabsicht klar gegeben. Somit können sich auch Kre-

ditvermittler, die eine Provision von dem Kreditsuchenden

vereinnahmen, ohne einen Kredit vermittelt zu haben,

wegen Betruges strafbar machen.19

Im Zusammenhang mit der Kreditvermittlung wird mitt-

lerweile regelmäßig eine ganze Reihe verschiedener

Zusatzverträge (Bausparverträge, Restschuldversicherun-

gen, Wirtschaftsberatung, Schuldensanierung, Sparanla-

gen, Kreditratenausfallversicherungen) vermittelt. Diese

sind praktisch durchgehend für den Kreditsuchenden

wirtschaftlich sinnlos. Zivilrechtlich sind sie deshalb auch

sämtlich wegen arglistiger Täuschung oder Falschbera-

tung angreifbar.

Damit stellt sich die Frage, ob die Vermittlung solcher

Verträge gleichzeitig einen strafbaren Betrug darstellt.

Der Kreditsuchende wird über die Notwendigkeit und die

Sinnhaftigkeit dieser Verträge getäuscht:

19 OLG Jena NJW 2002, 2404 zum Betrug durch angebliche Kreditvermittlung im Internet. Weil der Täter die Anzeige im Internet veröffentlichte, ist gem. § 263 Abs. 2 StGB ein besonders schwerer Fall angenommen worden.

Alle untersuchten Anzeigen sind so gestaltet, dass sich

Menschen, die akuten Finanzbedarf haben und diesen an

anderer Stelle nicht decken konnten, in der Hoffnung auf

einen Kredit an die Vermittler wenden. Nach allgemeinen

Geschäftsprinzipien wäre die erfolgreiche Kreditvermitt-

lung nun allein davon abhängig, ob der potentielle

Kreditnehmer hinreichend solvent ist und welche Sicher-

heiten er gegebenenfalls aufweisen kann. Stattdessen

wird den Kreditsuchenden aber mitgeteilt, der Abschluss

von Sparverträgen, Restschuldversicherungen oder Bau-

sparverträgen etc. sichere den Kredit und/oder erhöhe die

Aussicht auf Auszahlung.

Diese Behauptungen sind falsch und somit als Täuschung

über Tatsachen zu qualifizieren: In aller Regel wird kein

Kredit vermittelt, von einer Erhöhung der Kreditchancen

kann deshalb keine Rede sein. Was den Sicherungszweck

angeht, so ist davon auszugehen, dass die Kreditsuchen-

den keine freien zusätzlichen Mittel zur Bildung von Spar-

einlagen zur Verfügung haben. Außerdem können neu

angelegte Spareinlagen, Bausparverträge oder stille Betei-

ligungen einen Kredit kaum sichern. Vom Schuldner ein-

gezahlte Beträge werden zudem zunächst mit den meist

hohen Abschlussgebühren verrechnet, ohne dass es zu

einer Kapitalbildung kommt. Aus einer Kreditaufnahme

mit gleichzeitigem Ansparvertrag kann keine Sicherheit

erwachsen. Kommt der Schuldner mit seinen Kreditraten

in Verzug, dürfte er zuvor auch die Sparraten nicht ord-

nungsgemäß geleistet haben. Die beste Sicherheit wäre

die Teilrückzahlung des Kredites, das würde auch die

höchste Rendite bringen.

Auch im Falle der Vermittlung einer Wirtschaftsberatung

erhöhen sich die Chancen auf einen Kredit nicht. Die nor-

male Bonität des Kreditsuchenden muss vom Vermittler

oder potentiellen Geldgeber ohnehin vorab überprüft

werden. Eine Wirtschaftsberatung ist hier überflüssig.

Wesentlich an der Vermittlung an einen gewerblichen

Schuldenregulierer ist die Täuschung über den tatsächli-

chen Inhalt des vermittelten Vertrages. Die Annoncen der

Vermittler und die Regulierungsverträge sind so formu-

liert, dass die Kunden weiter von der Gewährung eines

Kredits ausgehen (Rate, Tilgungssumme, Beträge von

5.000 1 bis 30.000 1 sind kein Problem etc.).20

20 Siehe dazu auch den Fall des LG Stuttgart, vom 18.06.2008 – 37 O 30/08 = VuR 2008, 387 f., in dem das Gericht darauf hingewiesen hat, dass der Kunde entsprechende Schreiben zumindest so versteht (und auch so ver-stehen soll), als sei der Abschluss der anderweitig angebotenen Verträge förderlich für die erfolgreiche Kreditvermittlung.

Rechtsgutachten 41

Allenfalls bei der auch sonst üblichen Restschuldversiche-

rung kann ein tatsächlicher Sicherungszweck im Hinblick

auf einen Kredit gegeben sein. Wird die Versicherung

aber unabhängig vom Darlehensvertrag abgeschlossen,

ist sie ohne Sinn.21

Vermittler versuchen häufig, die Abhängigkeit der Zusatz-

verträge vom Darlehensvertrag durch schriftliche Verein-

barung zu verschleiern, um dem Täuschungsvorwurf zu

entgehen. Diese Vereinbarung ist gemäß § 116 BGB als

geheimer Vorbehalt unbeachtlich. Aus den geschilderten

finanziellen Umständen der Kreditsuchenden wird deut-

lich, dass sie die jeweiligen Verträge ausschließlich mit

Bezug zum erhofften Kredit abgeschlossen haben.

Die Aussagen des Vermittlers führen zu einem Irrtum auf

Seiten des Kreditsuchenden über die Notwendigkeit der

Verträge und zu einer entsprechenden Vermögensverfü-

gung, nämlich dem Unterzeichnen der Verträge, die er

bei Kenntnis der wahren Sachlage nicht abgeschlossen

hätte.

Die Frage des Schadens auf Kundenseite könnte zunächst

problematisch sein, weil die diversen zusätzlichen Ver-

träge nicht per se unwirksam oder rechtswidrig sind. Der

Vertragsunterzeichnung und der damit eingegangenen

Verpflichtung steht abstrakt eine entsprechende Gegen-

leistung gegenüber. Zu unterscheiden sind Verträge, die

abstrakt in Ordnung, aber für viele Menschen sinnvoll

sind, und solche, die auch objektiv eine wertlose Leistung

beinhalten. Zu ersterer Gruppe gehören in erster Linie

Versicherungen und Bausparverträge. Durch das Eingehen

der Verpflichtung, die Beiträge zu bezahlen, erwirbt der

Verbraucher als Gegenleistung vollen Versicherungsschutz

bzw. die Aussicht auf ein späteres zinsgünstiges Darle-

hen. Die Verträge sind lediglich für den Kreditsuchenden

in seiner aktuellen finanziellen Situation unbrauchbar.

Hier ist die Lehre vom sogenannten subjektiven Schadens-

einschlag zu beachten. Ein Schaden kann sich daraus

ergeben, dass die Gegenleistung für ihren Empfänger

nicht oder nicht in vollem Umfange zu dem vertraglich

vorausgesetzten Zweck brauchbar ist oder er sie auch

nicht in anderer zumutbarer Weise verwenden kann oder

wenn der Erwerber durch die eingegangene Verpflich-

21 Das gilt insbesondere für die häufigen Kreditratenausfallversicherungen, die neuerdings beliebt geworden sind und z.T. auch für den Fall abgeschlossen werden, dass gar kein Kredit vermittelt wird. Diese Verträge haben oben-drein noch so viele Ausschlussklauseln, dass sie in der Praxis bei der ange-sprochenen Klientel kaum greifen dürften, dazu Maltry, http://www.f-sb.de/akgeschaefte/armut/armut0001.htm.

tung zu Maßnahmen genötigt wird, die sein Vermögen

beeinträchtigen, bzw. wenn er infolge der Verpflichtung

die Mittel nicht mehr zur Verfügung hat, derer er nach

seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen

bedarf. Maßgebend ist hierbei ein objektiver Betrachter.

Nach diesen Kriterien kommt man hier trotz objektiv

gleichwertiger Gegenleistung zu einem Vermögensscha-

den auf Seiten der Kunden. Diese sind sämtlich bereits

vor der Kontaktaufnahme in finanziellen Schwierigkeiten,

so dass durch die neuerlichen Verträge, würden sie

erfüllt, eine Existenzgefährdung leicht gegeben wäre. Die

Verträge sind sämtlich nicht förderlich für die Kreditge-

währung, so dass sie ihren Zweck nicht erfüllen. Die Tat-

sache, dass die Versicherungen in der Regel bereit sind,

die Verträge kostenneutral zu stornieren, ändert gerade

in diesen Fällen nichts daran, dass der Schaden eingetre-

ten ist.

Die zweite Gruppe der Verträge zeichnet sich dadurch

aus, dass objektiv wertlose Leistungen der Verpflichtung

des Schuldners auf Zahlung der Gebühren oder Entgelte

gegenüberstehen. Hierzu zählen Schuldenregulierungs-

verträge und Wirtschaftsberatungen in der hier beobach-

teten Variante.

Die Frage der Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit der Ver-

träge bleibt auch hier bei der Frage des Schadens außer

Betracht, maßgeblich ist der objektive Wertvergleich von

Leistung und Gegenleistung. Der Belastung des Schuld-

nervermögens steht nach den Vertragsinhalten kein

Anspruch auf adäquate Gegenleistung gegenüber.

Hinsichtlich Rechtswidrigkeit, Vorsatz und Schädigungs-

absicht liegt der Fall klar. Der Vermittler dürfte in aller

Regel wissen, dass die diversen Verträge nicht zusammen-

hängen. Rechtliche Bewertungen sind in diesen Fällen

nicht maßgeblich. Wer statt der Kreditvermittlung weitere

oder andere Verträge vermittelt, macht sich somit wegen

Betruges strafbar.

In allen oben beschriebenen Fällen der Strafbarkeit

wegen Betruges dürfte gleichzeitig ein besonders schwe-

rer Fall im Sinne von § 263 Abs. 3 StGB anzunehmen

sein. Das ist u.a. der Fall bei gewerbsmäßiger Begehung

42 Rechtsgutachten

(Nr.1), großer Schadenshöhe (Nr. 2, 2. Variante) oder

einem großen Kreis von Opfern.

In den Fällen, in denen oben das tatbestandsmäßige

Vorliegen des Betruges angenommen wurde, dürfte im

Regelfall auch ein besonders schwerer Fall des Betruges

gem. § 263 Abs. 3 StGB vorliegen. Dies ergibt sich in

diesen Fällen aus Abs. 3 Nr. 1 StGB, da die Täter gewerbs-

mäßig gehandelt haben22. Gewerbsmäßig handelt, wer

sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorü-

bergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle

verschaffen will. Die Vermittler haben in der Regel ihr Sys-

tem auf eine dauerhafte Gewerbetätigkeit ausgelegt, die

sie häufig über Jahre betreiben. Sie richten sich mit Ihrer

Werbung an eine nicht bestimmte Zahl von Kreditsuchen-

den, die im Einzelfall vergleichsweise geringen Gebühren

führen nach den Geschäftsmodellen erst dann zu einem

erheblichen Gewinn, wenn eine Vielzahl von Kunden

betreut wird. Entsprechend hoch ist in den Fällen die Zahl

der Geschädigten; im vom LG Stuttgart entschiedenen

Fall betrug die Anzahl der Geschädigten 50.000.

2.3 Strafbarkeit wegen Betruges bei Vermittlung

eines Kredits (§ 263 StGB)

Hat der Kreditsuchende, was in Einzelfällen vorkommt,

einen Kredit erhalten, also einen Darlehensvertrag abge-

schlossen, dessen Widerrufsfrist abgelaufen ist, kommt

eine Strafbarkeit wegen Betruges in Betracht, wenn der

vermittelte Kredit als solcher sittenwidrig überteuert ist.

Im Laufe der 80er Jahre ist eine gesicherte Rechtspre-

chung über die Frage der Sittenwidrigkeit von Verbrau-

cherkrediten entstanden. Liegen die Kreditkosten mehr

als 100% über den marktüblichen Konditionen, ist der

Kreditvertrag gemäß § 138 BGB sittenwidrig und damit

nichtig. Rechtsfolge auf Schuldnerseite sind die Zinslosig-

keit des Darlehens und die Rückzahlung der Valuta in

Raten.

Mit der Vorlage der Kreditverträge erklärt der Vermittler

schlüssig, ein gültiges Rechtsgeschäft zu vermitteln. Weil

der beabsichtigte Vertrag aber von Anfang an nichtig ist,

ist das falsch. Allerdings ist fraglich, ob darin lediglich

eine Täuschung über eine Rechtsauffassung oder über

22 LG Stuttgart, Urt. v. 21.02.2012, AZ 14 KLS 166 Js 9323/11, S. 916

eine falsche Tatsache vorliegt, die bei dem Kreditsuchen-

den einen entsprechenden Irrtum erregt.

Ebenfalls kommt in diesen Fällen eine Täuschung durch

Unterlassen in Betracht, wenn man annimmt, dass der

Vermittler den Kreditsuchenden auch über die rechtliche

Unwirksamkeit des Kreditvertrages aufzuklären hat.

Mit seiner Unterschrift unter den Kreditvertrag trifft der

Kreditsuchende eine Vermögensverfügung. Diese liegt

auch dann vor, wenn durch Täuschung ein unwirksamer,

anfechtbarer oder von vornherein nicht bestehender

Vertrag geschlossen wird, solange der Schein einer ver-

traglichen Bindung geschaffen wird. Unabhängig von der

Frage der Wirksamkeit geht der Kreditsuchende die

Verpflichtung ein, einen erhaltenen Kredit samt Zinsen

und Kosten zurückzuführen.

Fraglich ist, ob diese Verfügung bei dem Kreditsuchenden

zu einem korrespondierenden Vermögensschaden geführt

hat. Prinzipiell besteht ein Vermögensschaden im negati-

ven Saldo zwischen dem Wert des Vermögens vor und

nach der Vermögensverfügung. Normalerweise stehen

sich Kreditvergabe und Rückzahlung plus Zinsen als

gleichwertige Leistungen gegenüber. Bei einem sittenwid-

rigen Kreditvertrag allerdings liegen die Kreditkosten weit

über den marktüblichen Konditionen. Nach der Recht-

sprechung ist der Kreditnehmer überhaupt nicht zur Zah-

lung von Zinsen verpflichtet. Zahlt er die Zinsen dennoch,

so ist hierin unproblematisch ein Schaden zu sehen. Die

Tatsache, dass der Kreditnehmer hierzu nicht verpflichtet

war, ändert daran nichts. Zum einen muss er vermutlich

gerichtliche, zumindest aber anwaltliche Hilfe in

Anspruch nehmen, um seinen Anspruch durchzusetzen,

denn die Kreditinstitute pflegen die sittenwidrigen Zah-

lungen selbstverständlich auch zu verlangen, notfalls

durch Inkassobüros oder durch Titulierung im Mahnver-

fahren. Zum anderen ist anerkannt, dass ein Schaden

bzw. eine konkrete Vermögensgefährdung zumindest

solange vorliegt, wie der Geschädigte aufgrund mangeln-

der geschäftlicher Gewandtheit seine Rechte nicht kennt

und nicht hinreichend ausüben kann. Man darf davon

ausgehen, dass die Klientel der „SCHUFA-freien“ Anbie-

ter die Rechtsprechung zu sittenwidrigen Krediten nicht

kennt.

Umstritten ist allerdings die Frage, ob ein Schaden bzw.

eine schadensgleiche Vermögensgefährdung und damit

Rechtsgutachten 43

ein vollendeter Betrug bereits im Moment des Vertragsab-

schlusses vorliegen, wenn der Getäuschte seine Leistung

noch nicht erbracht hat. Denn prinzipiell muss die Wert-

minderung im Moment der Verfügungshandlung eintre-

ten. Auch innerhalb der Rechtsprechung ist die Bewer-

tung uneinheitlich. Im Ergebnis wird dann ein Schaden

angenommen, wenn der Getäuschte u.a. wegen man-

gelnder geschäftlicher Gewandtheit seine Rechte nicht

ohne weiteres ausüben kann. In den hier diskutierten

Fallgruppen jedenfalls wird man davon ausgehen können,

dass die getäuschten Kreditnehmer ihre Rechte nicht

kennen und zu einem großen Teil geschäftlich unerfahren

sind.

Auf Seiten des Vermittlers muss in subjektiver Hinsicht

Vorsatz und die Absicht der Erlangung eines rechtswidri-

gen Vermögensvorteils vorgelegen haben. Vermögens-

nachteil auf Seiten des Kreditnehmers und Vermögens-

vorteil auf Seiten des Vermittlers müssen stoffgleich sein.

Der Vermittler verdient die überhöhten Zinsen jedoch

nicht, ihm geht es um die Provision, die er für die Ver-

mittlung erhält. In solchen Fällen des Provisionsvertreter-

betruges ist allerdings anerkannt, dass auch ein Betrug

zugunsten eines Dritten, hier des Kreditinstitutes, ausrei-

chen kann. Vorsatz und Bereicherungsabsicht sind dann

gegeben, wenn der Kreditvermittler nicht erfolgreich

einen Irrtum über die Rechtswidrigkeit geltend machen

kann. Die Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvor-

teils – hier der sittenwidrig überhöhten Zinsen – ist beim

Betrug Tatbestandsmerkmal, muss also nur von einfa-

chem Vorsatz, auch dolus eventualis, umfasst sein. Letzt-

endlich hängt die Strafbarkeit des Vermittlers hier davon

ab, ob er die klare Rechtsprechung zu sittenwidrigen

Krediten kannte, ob er die Sittenwidrigkeit im konkreten

Fall zumindest billigend in Kauf genommen hat und ob

sich diese Kenntnis im Einzelfall beweisen lässt. Weiß der

Kreditvermittler also, dass der von ihm vermittelte Kredit

sittenwidrig ist, macht er sich wegen Betruges strafbar.

2.4 Strafbarkeit wegen Wuchers § 291 StGB

Kreditvermittler können sich außerdem wegen Wuchers,

§ 291 StGB, strafbar machen. Das ist der Fall, wenn

jemand u.a. die Zwangslage oder Unerfahrenheit eines

anderen dadurch ausbeutet, dass er sich für die Gewäh-

rung oder Vermittlung eines Kredites oder einer sonstigen

Leistung Vermögensvorteile versprechen lässt, die in

einem auffälligen Missverhältnis zur Leistung stehen.

Zunächst ist also festzustellen, ob die angebotene oder

tatsächliche Vermittlung von Krediten oder sonstigen Ver-

trägen unter Ausbeutung einer Schwächesituation beim

Kreditsuchenden erfolgt. Eine Zwangslage ist bei wirt-

schaftlicher Bedrängnis gegeben, die der Betroffene

durch die Leistung zu beseitigen sucht, und zwar nicht

erst bei einer Existenzgefährdung. Der Begriff ist weit

auszulegen. Ausreichend ist eine schwerwiegende Beein-

trächtigung der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit.

Die Zwangslage muss ernst, sie braucht nicht existenz-

bedrohend zu sein. Unerheblich ist, ob den Betroffenen

an seiner Situation ein Verschulden trifft.

In den hier relevanten Fällen werden mit dem Angebot

der „SCHUFA-freien“ Kredite gerade diejenigen ange-

sprochen, die bei einer seriösen Bank nicht mehr kredit-

würdig sind. Insofern muss davon ausgegangen werden,

dass sich die Kreditsuchenden in einer ernsten, wirt-

schaftlich problematischen Situation befinden, wenn sie

Kontakt zu Anbietern „SCHUFA-freier“ Kredite aufneh-

men. Damit liegt eine Zwangslage bei der Kreditsuchen-

den vor.

In einzelnen Fällen kommt möglicherweise auch Unerfah-

renheit hinzu, d.h. ein Mangel an Geschäftskenntnis und

Lebenserfahrung, die die Fähigkeit zur Beurteilung

bestimmter Lebensverhältnisse einschränkt. Diese Schwä-

chesituation muss von etwa gleichem Gewicht sein wie

die Zwangslage. Eine allgemeine Unkenntnis reicht nicht

aus.

Erforderlich ist das bewusste, missbräuchliche Ausnutzen

der Schwächesituation des Opfers zur Erlangung über-

mäßiger Vorteile, mehr also als bloßes Streben nach

Vermögensvorteilen. Durch das gezielte Ansprechen von

Personen in prekärer finanzieller Situation beuten Kredit-

vermittler diese Zwangslage oder Unerfahrenheit aus.

Der Tatbestand des Wuchers erfordert weiter eine Leis-

tung des Täters, die er dem Betroffenen in Aussicht stellt

oder erbringt. Die Kreditgewährung und -vermittlung

sind ausdrücklich als typische Leistungen genannt, aber

auch die Vermittlung sonstiger Verträge ist von der Gene-

ralklausel des Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit Nr. 4

erfasst.

Damit fallen an dieser Stelle mangels Leistung solche Fälle

(angeblicher Kreditvermittlung) aus dem Tatbestand des

Wuchers heraus, in denen der Kreditvermittler Auslagen

oder sonstige Entgelte kassiert, aber keinerlei Vermitt-

44 Rechtsgutachten

lungsbemühungen nachweisen kann und auch keine

anderen Verträge vermittelt hat, er also gar nichts getan

hat. Dann liegt allerdings ohne Schwierigkeiten Betrug

vor.

Als Gegenleistung muss der Kreditvermittler sich oder

einem Dritten, also beispielsweise dem Versicherungsun-

ternehmen, Vermögensvorteile gewähren oder verspre-

chen lassen. § 291 StGB ist ein Vermögensgefährdungs-

delikt, insoweit ist bereits mit dem Eingehen der Ver-

pflichtung eine vollendete Tat gegeben. Versprochene

oder bereits geleistete Zahlungen des Schuldners, und

zwar sowohl die Provisionen und Entgelte an den

Vermittler als auch die Zahlungen auf die vermittelten

Verträge, sind als Gegenleistung des Schuldners und

Vermögensvorteil auf der anderen Seite zu werten.

Schließlich ist der Wuchertatbestand verwirklicht, wenn

Leistung und Vermögensvorteil in einem auffälligen Miss-

verhältnis stehen. Der Wert des Vermögensvorteils, hier

die Zahlungsverpflichtungen des Schuldners, muss den

Wert der Leistung so beträchtlich übersteigen, dass für

den Kundigen, sei es auch erst nach einer Aufklärung des

Sachverhaltes, ein unverhältnismäßiger Wertunterschied

zwischen den Leistungen unmittelbar ins Auge springt.

Festzuhalten ist zunächst, dass hier ausschließlich Fälle

des Vermittlungswuchers zu prüfen sind. Das ist wichtig

für die Frage, welche Leistungen gegenübergestellt wer-

den müssen. Auf der Seite des Vermittlers ist dies nämlich

die Vermittlung eines bestimmten Vertrages, also die Ver-

mittlungsleistung als solche und deren Wert, und nicht

der vermittelte Vertrag (z.B. das Darlehen).23

Demgegenüberzustellen ist der Vermögensvorteil für den

Vermittler oder einen Dritten, das sind sämtliche Zahlun-

gen, die der Schuldner an den Vermittler oder auf die

Verträge zahlt oder zu zahlen verspricht. Das auffällige

Missverhältnis ist nach herrschender Meinung von der

Seite des Gläubigers her zu beurteilen, nicht von der Seite

des Opfers. Unmaßgeblich sind deshalb die Vorteile, die

das Opfer mit der Leistung erlangt oder sich verspricht.

Das bedeutet natürlich nicht grundsätzlich, dass die Versi-

cherungsleistungen oder die anderen Ansprüche, die das

Opfer unmittelbar aus der Leistung erwirbt, bei der Wert-

23 Die Vermittlung eines nach obengenannten Kriterien sittenwidrigen Kredites ist als Wucher einzustufen. Fischer StGB 59. Aufl. § 291 Rn. 18 und 20; BGH wistra 1983, 191; OLG Stuttgart wistra 1982, 36; Müller/Wabnitz S. 42; Kühne MschKrim 1977, S. 107, S. 114. Wucherisch ist auch das Entgelt für eine Kreditvermittlung, die sich auf das Fünffache des üblichen Preises beläuft, BGH DB 1976, 573; NK-StGB-Kindhäuser § 291 Rz. 53.

berechnung gar nicht beachtet werden. Das Vermittelte

kann für den Wert der Vermittlung von Bedeutung sein.

Sind mehrere Leistungen miteinander verbunden, werden

Gesamtleistung und sämtliche Vorteile einander gegen-

übergestellt. Probleme ergeben sich, wenn die Leistung

für das Opfer nutzlos oder nicht zu verwenden ist. In der

Rechtsprechung wird in Anlehnung an die Kriterien des

individuellen Schadenseinschlags beim Betrug die Leis-

tung des Täters entsprechend gemindert.

Wird im Ergebnis kein Kredit vermittelt, so hängt der

Wert der Vermittlungsbemühungen davon ab, wie ernst-

haft und wie aussichtsreich die Vermittlungsversuche

waren. Sobald der Kreditvermittler beispielsweise weiß,

dass der Fall offensichtlich aussichtslos ist, sind Vermitt-

lungsversuche wertlos. Dann müssten die geforderten

Auslagen je nach Einzelfall gegen null tendieren. Verlangt

der Kreditvermittler dennoch Auslagen oder Entgelte, ist

die Wuchergrenze klar überschritten, weil die Vermögens-

vorteile die Leistung um ein Vielfaches übersteigen.

Werden zusätzliche Verträge vermittelt, so ist zu unter-

scheiden:

J Ohne allgemeinen Wert sind die Verträge mit Schul-

denregulierern sowie Wirtschaftsberatungsverträge.

Insofern ist auch die Vermittlung solcher Verträge

wertlos. Hierzu steht jeder Preis in einem auffälligen

Missverhältnis. Hinzu kommt, dass Schuldnerbera-

tungsstellen und Verbraucherzentralen leicht im Tele-

fonbuch zu finden sind. Eine Vermittlung stellt hier

kaum einen eigenen Wertfaktor dar.

J Versicherungen und Bausparverträge hingegen haben

einen objektiven Wert, auch wenn sie für den Schuld-

ner nicht brauchbar sind. Wenn das Provisionsverlan-

gen nicht nach den obigen Kriterien auffällig über-

höht ist, ist streitig, ob in der Vermittlung dieser

Verträge eine Strafbarkeit wegen Wuchers liegt.

2.5 Strafbarkeit wegen Erpressung (§ 253 StGB)

Teilweise wird den Kreditsuchenden mit einer Strafan-

zeige gedroht, wenn sie Gebühren für dubiose Leistun-

Rechtsgutachten 45

gen nicht zahlen, indem sie beispielsweise eine Nach-

nahme in Höhe von fast 400 1 nicht einlösen. Hier

könnte eine Strafbarkeit wegen Erpressung in Frage kom-

men. Erpressung bezweckt die rechtswidrige Bereiche-

rung mittels einer Nötigung. Wie beim Betrug ist auch

hier Vermögensbeschädigungsabsicht auf Täterseite

erforderlich.

Mittel der Tat sind Gewalt, die hier ausscheidet, oder

Drohung mit einem empfindlichen Übel. Die Drohung mit

einer Strafanzeige ist als empfindliches Übel anerkannt

und ein geeignetes Nötigungsmittel. Durch diese Dro-

hung mit der Anzeige soll der Kreditsuchende zu einer

Handlung veranlasst werden, nämlich die Zahlungen

vorzunehmen.

In nahezu allen Fällen – mit Ausnahme der erfolgreichen

Kreditvermittlung – ist festgestellt worden, dass die

Gebühren, Entgelte und Auslagen, die hier vereinnahmt

werden, angreifbar und rechtswidrig sind. Zahlt der

Schuldner eine nicht berechtigte Forderung, so erleidet er

einen Vermögensnachteil i.S.d. § 263 StGB. Unerheblich

ist dabei, ob er die Forderung rechtlich hätte angreifen

oder nachträglich die Leistung hätte zurückfordern

können. Vermögensschaden und Vermögensvorteil auf

Täterseite sind stoffgleich.

Rechtswidrig ist die Tat – ebenso wie bei der Nötigung –

gemäß Abs. 2 nur dann, wenn die Androhung des Übels

zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

Auch dieses Tatbestandsmerkmal dürfte hier zweifellos

vorliegen. So ist der Zweck, eine unberechtigte Leistung

zu vereinnahmen, ohne weiteres als verwerflich anzuse-

hen. Gleiches gilt für die Drohung mit einer in der Sache

unberechtigten Strafanzeige.

Beweisprobleme können hier, wie schon bei der Prüfung

der Betrugsstrafbarkeit, allenfalls wieder im Zusammen-

hang mit dem Bewusstsein der Rechtswidrigkeit auftre-

ten. So ist festzustellen, ob und wann der Vermittler von

der Rechtswidrigkeit der Forderung, zumindest mit dolus

eventualis, wusste.

Wer mittels Drohung mit einer unberechtigten Straf-

anzeige eine ebenso materiell unberechtigte Zahlung

einer Geldsumme zu erlangen versucht, macht sich somit

wegen versuchter, bzw. im „Erfolgsfalle“ bei Zahlung des

Schuldners wegen vollendeter, Erpressung strafbar.

2.6 Strafbare Werbung gemäß § 16 Absatz 1 UWG

Weil nahezu alle Geschäftspraktiken (Werbebotschaften,

Geschäftsbedingungen oder Verträge) der hier diskutier-

ten Fallgruppen als unlauter und irreführend i.S.v. §§ 3, 5

UWG einzustufen sind, kommt auch eine Strafbarkeit der

Vermittler wegen eines Vergehens gemäß § 16 Abs. 1

UWG in Betracht. Diese Vorschrift stellt die unwahre und

irreführende Werbung mit der Absicht, den Anschein

eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen,

unter Strafe.

Maßstab der Prüfung ist die Werbung der Vermittler. Sie

muss für einen größeren Personenkreis bestimmt sein.

Individualwerbung scheidet aus. Angaben, die nur

bestimmte Einzelpersonen täuschen, sind nach § 5 UWG

irreführend und können zu einer Betrugsstrafbarkeit füh-

ren. Sämtliche von den Kreditvermittlern geschalteten

Anzeigen in der Presse, im Teletext oder im Internet rich-

ten sich an ein breites Publikum und sind typische Fälle im

Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 UWG. Fraglich ist,

inwieweit auch die Direktwerbung mittels gekaufter

Adressen von kreditunwürdigen Personen unter den

Anwendungsbereich des § 16 UWG fällt. Hier könnte im

Sinne des § 16 Abs. 1 UWG eine Mitteilung vorliegen, die

für einen größeren Personenkreis bestimmt ist. Der Kreis

darf nicht von vornherein geschlossen sein, sondern muss

einen fest begrenzten engeren Personenkreis quantitativ

übersteigen. Wenn ein Kreis sehr groß ist, ist er nicht

mehr geschlossen, weil die Möglichkeit der Weiterverbrei-

tung besteht, außerdem, wenn die Mitglieder untereinan-

der nicht verbunden sind. Serienbriefe, die mit einem

standardisierten Text versehen sind und dann mit Hilfe

von Adressdatenbanken verschickt werden, werden inso-

fern von der Literatur zu Recht dem Anwendungsbereich

des § 16 Abs. 1 UWG zugeordnet. Insofern dürfte auch

die Direktwerbung der Anbieter mit Krediten ohne

SCHUFA-Auskunft, die sich regelmäßig an einen sehr

großen und nicht durch eine Innenbeziehung begrenzten

Personenkreis richtet, unter den Anwendungsbereich des

§ 16 Abs. 1 UWG fallen.

Die Strafbarkeit setzt weiter voraus, dass der Kreditver-

mittler mit unwahren Angaben – d.h. Tatsachenbehaup-

tungen – irreführend wirbt. Ausreichend ist die Eignung

zur Irreführung. Der Tatbestand stellt auf die Werbung

ab. Ein Vermögensschaden muss nicht eingetreten sein.

Die Vorschrift bezieht sich auf ein abstraktes Gefähr-

dungsdelikt. Kernaussage der hier untersuchten Anzeigen

ist die konkret in Aussicht gestellte Möglichkeit, ohne

46 Rechtsgutachten

SCHUFA-Auskunft oder sonstige Prüfung der Kreditwür-

digkeit bzw. auch bei allgemein schlechter Bonität einen

Kredit bekommen zu können. Die Botschaften dieser

Anzeigen sind sowohl unwahr als auch irreführend. Tat-

sächlich werden in den überwiegenden Fällen entgegen

der Werbeaussage überhaupt keine Kredite an das

beworbene Klientel vergeben. Soweit es doch zu einer

Kreditvermittlung kommt, erfolgt diese nicht ohne eine

vorherige Überprüfung der Bonität. Der Werbende will

durch die Betonung der problemlosen Krediterlangung

gezielt den falschen Eindruck erwecken, dass die Kredit-

würdigkeit keine Rolle spielte. Es handelt sich also bei der

Werbung mit „SCHUFA-freien“ Krediten in jedem Fall um

eine Werbung mit unwahren Angaben.

In subjektiver Hinsicht muss der Kreditvermittler vorsätz-

lich und mit der Absicht handeln, das Angebot als beson-

ders günstig erscheinen zu lassen. Besonders günstig

meint damit nicht preisgünstig im engeren Sinne, es

genügt irgendein Vorteil, der das Angebot in besonders

günstigem Licht erscheinen lässt. Besonders vorteilhaft

wirken die Angebote deshalb, weil die Vermittler prak-

tisch durchgängig eine problemlose Kreditgewährung

herausstellen, und zwar für einen besonderen Adressa-

tenkreis, der ein solches Angebot quasi nirgendwo sonst

realisieren kann. Keine strafbare Werbung liegt hingegen

vor, wenn der Werbende eine Leistung verspricht, die er

von vornherein nicht erbringen kann oder will. Damit sind

offenbar solche angeblichen Vermittler, die keine Kredite

vermitteln wollen und keine Kontakte zu Geldgebern

haben, nicht wegen § 16 Abs. 1 UWG zu bestrafen, in

diesem Fall aber dann eindeutig wegen (versuchten)

Betruges.

Der Vermittler muss den Anschein der besonderen Güns-

tigkeit beabsichtigen, im Übrigen bedingt vorsätzlich han-

deln. Es bestehen insoweit ähnliche Beweisprobleme wie

beim Betrug. Bei einem Gefährdungsdelikt dürfte der

Nachweis allerdings leichter fallen, da die Abhängigkeit

vom Einzelfall weniger groß ist.

Die hier untersuchten Kreditvermittlungsangebote sugge-

rieren bewusst Angebote, von denen die Vermittler wis-

sen, dass sie diese gar nicht wirklich vermitteln können.

Insofern machen sich die vermeintlichen Vermittler durch

ihre unwahren und irreführenden Anzeigen wegen § 16

Abs. 1 UWG strafbar. In der Praxis spielt der Tatbestand

der strafbaren Werbung allerdings keine besondere Rolle,

die veröffentlichten Entscheidungen sind spärlich, was

angesichts der Fülle der Vermittler und des Ausmaßes der

Werbung kaum verständlich ist, zumal Ermittlungen

wegen strafbarer Werbung quasi als Türöffner für weitere

Ermittlungen dienen könnten.

Handelt der Täter in der Absicht, sich durch die irrefüh-

rende Werbung einen Vermögensvorteil zu verschaffen,

so kann neben dem Tatbestand der strafbaren Werbung

auch der eines Betrugs vorliegen. Liegt der Betrug – wie

hier bei den Kreditvermittlungsfällen – in der Täuschungs-

handlung, die auch den Irreführungsvorwurf begründet,

so ist Tateinheit anzunehmen.

2.7 Strafbare Verletzung gewerberechtlicher Vorschriften

(§ 148 GewO):

Gravierende Verstöße gegen gewerberechtliche Vorschrif-

ten oder beharrliches Wiederholen bestimmter Verstöße

können gemäß § 148 GewO eine Strafbarkeit nach sich

ziehen. Eine Strafbarkeit kommt in Fällen in Betracht, in

denen der Vermittler gegen die Ordnungsvorschriften der

§ 144 Abs. 1 bzw. § 146 Abs. 1 verstoßen hat. Vorausset-

zung ist, dass dem Vermittler bereits durch die Behörde

die Erlaubnis entzogen wurde oder er einer bestimmten

Auflage oder Anordnung der Behörde zuwiderhandelt.

Dies setzt zunächst ein aufsichtsrechtliches Einschreiten

der Behörde voraus.

Eine Ordnungswidrigkeit gem. § 144 Abs. 1 GewO

begeht, wer ohne Erlaubnis Darlehen vermittelt oder zu

vermitteln vorgibt. Die Darlehensvermittlung (auch wenn

in diesem Fall nur im Ausnahmefall erfolgreich), ist gem.

§ 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GewO eine erlaubnispflichtige

Tätigkeit. Agiert der Vermittler ohne eine entsprechende

behördliche Erlaubnis, so stellt das eine Ordnungswidrig-

keit dar, die mit einem Bußgeld bis zu 5.000 1 belegt

werden kann.

Zu einer Strafbarkeit kommt es gem. § 148 GewO erst

dann, wenn der Vermittler die Zuwiderhandlung beharr-

lich wiederholt. Der Begriff der Beharrlichkeit setzt dabei

ein besonders hartnäckiges Verhalten voraus. Aus dem

Vorgehen muss die rechtsfeindliche Einstellung des Täters

gegenüber den in Frage kommenden rechtlichen Normen

deutlich werden. Dazu bedarf es keiner vorangegangenen

abgeschlossenen Bußgeldverfahren. Es reicht, wenn er

trotz einer etwaigen Ahndung, Abmahnung oder sonsti-

ger Erkenntnis an seiner rechtsfeindlichen Haltung fest-

hält. Subjektiv ist für die Strafbarkeit nach § 148 GewO –

anders als bei der Ordnungswidrigkeit, für die ein fahrläs-

Rechtsgutachten 47

siges Verhalten genügt – Vorsatz des Täters erforderlich.

Es genügt bedingter Vorsatz.

Wegen des geringen Höchststrafmaßes von einem Jahr ist

die Vorschrift bei der Strafverfolgung von betrügerischen

Kreditvermittlern wohl von untergeordneter Bedeutung.

In der Praxis kam die Strafvorschrift bisher selten zur

Anwendung.

2.8 Falsche Angaben des Kreditsuchenden

bei der Kreditantragstellung

In manchen Fällen wird von den Kreditvermittlern

behauptet, selbst durch falsche Angaben des Kreditsu-

chenden (insbesondere hinsichtlich der Höhe der Vorver-

schuldung) betrogen worden zu sein. Dies ändert die

Beurteilung des strafrechtlichen Verhaltens des Vermitt-

lers allerdings nicht.

Zu berücksichtigen ist zunächst, dass die falschen Anga-

ben der Kunden häufig auf Anregung der Vermittler

selbst vorgenommen werden, der dazu rät, nicht die

gesamte Vorverschuldung anzugeben, um die Chance auf

eine Vermittlung zu erhöhen.24 Getäuscht wird auch nicht

der Vermittler, der ja keine Vermögensverfügung vor-

nimmt, sondern allenfalls die kreditgebende Bank. Der

Vermittler erleidet auch keinen Schaden, denn die Wahr-

scheinlichkeit, dass er eine erhöhte Provision bekommt,

steigt durch das Verschweigen der Vorverschuldung.

Gegenüber der Bank kann allerdings ein (versuchter)

Eingehungsbetrug vorliegen.

2.9 Strafbarkeit der Rechtsanwälte und Inkassobüros

Neben der Strafbarkeit der Verantwortlichen der Vermitt-

lungsfirmen kommt auch eine Strafbarkeit der Gehilfen

und Mittäter in Betracht. Die Frage der Strafbarkeit rich-

tet sich natürlich nach den Einzelheiten der Tatbeteili-

gung, die im Einzelfall unterschiedlich sein kann.

Eine Strafbarkeit der Anwälte und Inkassobüros kann sich

sowohl im Bereich der Rechtsdurchsetzung der unge-

rechtfertigten Forderungen des Vermittlers ergeben als

auch durch eine selbständige Täuschung bzgl. der Gel-

tendmachung der eigenen Gebühren. Daneben kommt

24 Arbeitskreis Neue Armut S. 16; dazu auch BGH vom 21.07. 2005 – IX ZB 80/04 = ZInso 2005, 926 zu 290 InsO.

eine Strafbarkeit wegen sonstiger Unterstützung der

Haupttäter in Betracht, z.B. durch konzeptionelle recht-

liche Beratung.

Zunächst soll untersucht werden, ob die Rechtsanwälte

bzw. Inkassobüros durch das Einfordern der Forderung

des Vermittlers den Kreditsuchenden selbst täuschen.

Allerdings wird man wohl kaum in jeder Rechtsdurchset-

zung einer unberechtigten Forderung durch einen Anwalt

einen verwirklichten Betrug sehen können, selbst wenn

dieser weiß, dass die im Namen des Mandanten geltend

gemachte Forderung höchstwahrscheinlich gerichtlich

nicht durchsetzbar sein wird. Auch hier wird man eine

Täuschung nur dann annehmen können, wenn – je nach

Fallkonstellation – eine ausdrückliche oder konkludente

Täuschung über Tatsachen erfolgt, wenn z.B. der

Anspruch als unstreitig rechtmäßig dargestellt wird oder

eine Garantenpflicht zur Aufklärung des Schuldners anzu-

nehmen ist. Allerdings kann man wohl nicht annehmen,

dass der Anwalt verpflichtet ist, die gegnerische Partei

über die rechtlichen Zweifel an der Forderung seines

Mandanten aufzuklären. Insofern kommt es für die Frage

einer Täuschung entscheidend darauf an, wie die Mahn-

briefe des Anwalts gestaltet sind und inwieweit hierdurch

eine selbständige ausdrückliche oder konkludente Täu-

schung des Kreditsuchenden erfolgt. Im Einzelfall wird die

Abgrenzung zwischen einer Beteiligung an dem Betrug

des Vermittlers und einer selbständigen Strafbarkeit durch

eine eigene Täuschung schwierig sein.

Durch die Handlung des Anwalts wird dann ggf. ein

Irrtum hervorgerufen oder zumindest aufrechterhalten,

was als Tatbestandsvariante ausreicht. Auch eine Stoff-

gleichheit zwischen dem Vorteil (zugunsten eines ande-

ren, in diesem Fall des Vermittlers) und dem Schaden ist

vorhanden, denn der Vermittler ist durch die Zahlung des

Schuldners unmittelbar bereichert. Insofern handelt es

sich um die Variante des fremdnützigen Betruges. Auf der

subjektiven Seite ist Vorsatz erforderlich.

Der Anwalt, der die Forderung des Vermittlers durchsetzt,

obwohl sie nicht berechtigt ist, stellt dem Kreditsuchen-

den regelmäßig auch die Kosten seiner Inanspruchnahme

als Verzugsschaden (§§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB) in

Rechnung, die mangels Vorliegens einer fälligen Haupt-

forderung ebenso unberechtigt ist. Durch diese Rech-

48 Rechtsgutachten

nungsstellung könnte der Anwalt konkludent über die

Berechtigung seiner Forderung täuschen und damit einen

Betrug begehen.

Bei der Frage der Strafbarkeit von Rechtsanwälten im

Zusammenhang mit Gebührenforderungen ist allerdings

zunächst die Anwendbarkeit des § 352 StGB (Gebühren-

übererhebung) zu prüfen, denn in Rechtsprechung und

Literatur besteht Einigkeit darüber, dass § 352 StGB

wegen seiner Privilegierungsfunktion die Anwendbarkeit

von § 263 StGB sperren kann. Uneinigkeit besteht nur

hinsichtlich der Frage, wie weit die Privilegierung reicht.

Nach einer neueren Entscheidung des BGH soll die Privile-

gierung nur wirken, soweit sich die falsche Gebührener-

hebung auf Tatbestände des Gebührenrechts beschränkt.

Eine Strafbarkeit wegen Betruges soll daneben dann in

Betracht kommen, wenn über (weitere) Umstände

getäuscht wird, die der Zahlende nicht anhand der

Gebührenordnung überprüfen kann.25 Da es in den vor-

liegenden Fällen nicht um die Anwendbarkeit der Gebüh-

renordnung geht, sondern um die Frage, ob überhaupt

ein Anspruch der Vermittler besteht und somit unter dem

Gesichtspunkt des Verzugsschadens auch eine Forderung

in Höhe der angefallen anwaltlichen Gebühren gerecht-

fertigt ist, dürfte demzufolge hier keine Sperrwirkung

bestehen, so dass prinzipiell in diesen Fällen der Betrug

geprüft werden kann. Eine Anwendbarkeit des § 352

StGB dürfte darüber hinaus auch daran scheitern, dass

der Anwalt keinen direkten Gebührenanspruch gegen

den Kreditsuchenden hat, sondern nur gegenüber seinem

Mandanten, dem Vermittler. Diese wirkt sich nur mittel-

bar durch den Schadensersatzanspruch auf den Kreditsu-

chenden aus, so dass hier der § 352 StGB keine Anwen-

dung findet und die Verwirklichung des Tatbestandes des

§ 263 StGB grundsätzlich in Betracht kommt.

Es ist zu prüfen, ob der Anwalt den Kreditsuchenden

über das Bestehen seines Gebührenanspruchs täuscht,

wenn er weiß, dass die Forderung des Vermittlers – und

damit auch der Schadensersatzanspruch – nicht gerecht-

fertigt sind und er ihn dennoch einfordert.

Fraglich ist auch in diesen Fällen, ob eine Täuschungs-

handlung vorliegt. Auch hier wird man, wie oben, auf die

Umstände des Einzelfalles abstellen müssen, insbesondere

darauf welche ausdrücklichen oder konkludenten Erklä-

25 BGH NJW 2006, 3219, 3221 Rz. 18.

rungen die Briefe oder anderweitige Beitreibungsversuche

beinhalten. In Betracht kommt sowohl eine Täuschung

durch aktives Tun als auch eine Täuschung durch konklu-

dentes Handeln, durch die der Irrtum des Schuldners

erzeugt oder aufrechterhalten wird. Der zahlt in der

Annahme, dass die Forderung zumindest dem Grunde

nach berechtigt ist, auch wenn er möglicherweise Zweifel

an der Höhe hat. Durch die konkludente Erklärung, der

Verzugsschadensanspruch sei entsprechend entstanden,

ergibt sich bei der geschäftsunerfahrenen Klientel der

Irrtum der Verpflichtung zur Zahlung.

In diesem Fall dürfte eine eigennützige Betrugshandlung

vorliegen. Denn auch dann, wenn der Anwalt die Kosten

seiner Inanspruchnahme als Schadensersatzanspruch sei-

nes Mandanten geltend macht und er ohnehin einen ver-

traglichen Anspruch gegenüber seinem Mandanten auf

Zahlung der Gebühren hat, kommt ihm die Beitreibung

der Gebühren in der Praxis wohl unmittelbar zugute.

Denn dies sind ja im Grunde die ihm zustehenden

Gebühren, die er im Falle der Geldempfangsvollmacht

unmittelbar einbehält. Auch wird er intern in vielen Fällen

eine andere Vereinbarung mit seinem Auftraggeber

haben, nach der im Falle der Erfolglosigkeit der Beitrei-

bung vermutlich nicht die volle Anwaltsgebühr zu zahlen

sein wird. Die Täuschungsabsicht müsste entsprechend

nachgewiesen werden. Hierbei sind die Klarheit der zivil-

rechtlichen Rechtslage und die Erfahrungen aus dem

Massengeschäft wichtige Indizien, die im Einzelfall zu

prüfen sind.

Abgesehen von einer eigenen Täuschungshandlung des

Anwalts oder des Inkassobüros kommt eine Strafbarkeit

wegen Mittäterschaft oder Beihilfe am Betrug des Ver-

mittlers in Betracht.

Dies könnte sich insbesondere dann ergeben, wenn der

Anwalt sich durch entsprechende Tatbeiträge an dem

Kreditvermittlungsbetrug beteiligt. Das Geschäftsmodell

ist rechtlich ausgeklügelt, die Angebote der Vermittler

bewusst so strukturiert, dass das zivilrechtliche Verbot der

Auslagen- bzw. Provisionserhebung zumindest scheinbar

umgangen werden soll. Es ist naheliegend, dass dafür die

Hilfe von Anwälten in Anspruch genommen wird, die

nicht nur bei der Forderungsbeitreibung, sondern auch

bei der Konzeption der Anzeigen, Angebote und ver-

Rechtsgutachten 49

schiedenen Formulare mitarbeiten. Je nach Fallkonstella-

tion und Tatbeteiligung sind die Anwälte dabei als Mit-

täter anzusehen oder haben sich zumindest der Beihilfe

schuldig gemacht.

Für die Annahme einer Mittäterschaft ist nach heute

herrschender Meinung auf die Tatherrschaft abzustellen.

Erforderlich ist ein Tatbeitrag, der den Tatbeitrag der

anderen ergänzt. Eine Mittäterschaft ist gegeben, wenn

dem Mittäter das Verhalten der anderen aufgrund des

gemeinsamen Tatplans und der arbeitsteiligen Begehung

der Tat zugerechnet werden kann. Sein Tatbeitrag muss

nach der bewusst übernommen Rolle einen nicht nur

unwesentlichen Beitrag zum Gelingen der Tat darstellen.

Für eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Haupttat des Ver-

mittlers genügt es dagegen, wenn der Anwalt zu bloßen

Vorbereitungshandlungen Hilfe geleistet hat. Im Einzelfall

kommt es also zur Abgrenzung entscheidend auf die

einzelnen Tatbeiträge und die Tatherrschaft an.

Eine Beihilfe zum Betrug ist aber auch noch bis zur

Beendigung der Tat möglich, in den Kreditvermittlungs-

betrugsfällen also bis zur Leistung der geforderten Zah-

lungen. Insofern kommt eine vorsätzliche Beihilfeleistung

durch den Anwalt oder das Inkassobüro auch allein

dadurch in Betracht, dass sie versuchen, die unberech-

tigte Forderung beim Schuldner beizutreiben.

Da die bloße Forderungseintreibung einer unberechtigten

Forderung durch einen Anwalt oder ein Inkassobüro nicht

strafbewehrt ist, kommt es für die Frage der Beihilfe zum

Betrug entscheidend auf die subjektive Seite, aber auch

die internen Absprachen an. Eine Strafbarkeit wegen

(versuchter) Beihilfe ist anzunehmen, wenn der Anwalt

um die strukturelle Nichtberechtigung der Forderungen

weiß und sie dennoch im Massengeschäft einzutreiben

sucht.

2.10 Generelle Probleme bei der Strafverfolgung

Die Probleme bei der Strafverfolgung liegen darin, dass es

zum einen in diesen Fällen nur selten zu Strafanzeigen

kommt, da das Klientel meist keine Strafanzeigen stellt.

Die Vermittler haben sich zudem durch ihr Angebot einen

Bereich in der rechtlichen Grauzone gesucht. Ähnlich wie

bei der strafrechtlichen Beurteilung von Abofallen ist die

Strafbarkeit für die Staatsanwaltschaften nicht evident,

sondern bedarf genauer und wegen der Vielzahl der

Geschädigten oft umfangreicher Ermittlungen. In der

Regel können die Vermittler auf einige zivilrechtliche

Entscheidungen von Amtsgerichten verweisen, die ihr

Gebührenverlangen (zu Unrecht) zivilrechtlich nicht bean-

standet haben. Die an den Vermittler geflossenen Neben-

leistungen werden oftmals im Zivil- und Strafverfahren

übersehen. Unseriöse Kreditvermittler leben nach wie vor

von der Entgegennahme nicht vermittlungsfähiger Kredit-

wünsche und der damit verbundenen Erhebung von

Bearbeitungsgebühren.

Die Staatsanwaltschaft darf sich bei der Auswertung von

Zivilakten über die Auseinandersetzungen über die

Kreditvermittlungsprovision oder sonstige Vermittlungs-

kosten nur bedingt auf die dort gefällten Urteile stützen.

Diese können auf einem Beweisergebnis beruhen, das

durch die vom Kreditvermittler benannten willfährigen

Zeugen beeinflusst worden sein kann oder auf einer nur

oberflächlichen zivilrechtlichen Bewertung des Einzelfalls.

Nur die Auswertung aller beim Vermittler befindlichen

Unterlagen ermöglicht den Einblick in die vom Kredit-

vermittler tatsächlich erschlichenen Vorteile.

3 Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht

3.1 Unlauterkeit wegen Verstoßes gegen verbraucher-

schützende Vorschriften (§ 4 Nr. 11 UWG)

Ein Wettbewerbsverstoß, der nach dem UWG zu ahnden

wäre, könnte sich schon daraus ergeben, dass der

Vermittler in den vorliegenden Fällen gegen verbraucher-

schützende Vorschriften verstoßen hat. Schon nach dem

alten UWG lag in solchen Fällen ein Verstoß gegen

§ 655d BGB, der zur Wettbewerbswidrigkeit gem. § 1

UWG a.F. führte.

Nach den Reformen des UWG findet sich dieser Tatbe-

stand in § 4 Nr. 11 UWG wieder. Hiernach handelt unlau-

ter (§ 3 UWG), wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwider-

handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der

Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Hierunter

sind auch verbraucherschützende Normen zu subsumie-

ren. Gleichzeitig liegt auch ein abmahnfähiger Verstoß

gegen § 2 Abs. 2 Nr. 21 UKlaG vor, in dem die Vorschrif-

ten zur Darlehensvermittlung explizit erwähnt sind. Der

BGH hat entschieden, dass das UKlaG keine abschlie-

ßende Regelung darstellt und das Vorgehen eines Mitbe-

werbers nicht wegen eines Vorrangs des § 2 Abs. 1 Satz

1 und Abs. 2 Nr. 1 UKlaG ausgeschlossen ist. Verbrau-

50 Rechtsgutachten

cherverbänden steht die Klagebefugnis hinsichtlich beider

Gesetze nach § 3 UKlaG und § 8 UWG zu.

Soweit der Vermittler bewusst Vereinbarungen durch-

setzt, die gegen § 655d BGB verstoßen, handelt er somit

unlauter im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG. Klagebefugt

wäre auch ein Mitbewerber, allerdings sind Klagen der

Wettbewerber untereinander bislang noch nicht bekannt

geworden. Die Aktivitäten der seriösen Kreditvermittler

zum Schutz des Rufes ihrer Branche waren in der Vergan-

genheit beeindruckend gering.

3.2 Irreführende Werbung (§ 5 UWG)

Die Unlauterkeit von Wettbewerbshandlungen nach § 3

UWG wird auch durch § 5 UWG konkretisiert. Ein Ver-

stoß gegen das UWG liegt insbesondere dann vor, wenn

der Anbieter für sein Produkt irreführend wirbt. § 5 Abs. 2

Nr. 1 UWG nennt ausdrücklich eine irreführende Wer-

bung über die Verfügbarkeit, Art oder Ausführung der

Ware oder Dienstleistung. Verboten sind nach § 5 UWG

alle Angaben geschäftlicher Art, die zu Wettbewerbszwe-

cken im geschäftlichen Verkehr gemacht werden und

geeignet sind, einen nicht unerheblichen Teil der Ver-

kehrskreise über das Angebot irrezuführen und Fehlvor-

stellungen von erheblicher Bedeutung für den Kaufent-

schluss hervorzurufen. Insofern ist eine Werbung jeden-

falls dann irreführend, wenn sie einen mit der

Wirklichkeit nicht übereinstimmenden tatsächlichen Sach-

verhalt behauptet. Der Tatbestand stellt auf die Werbung

ab. Ein Vermögensschaden muss nicht eingetreten sein.

Kernaussage der hier untersuchten Anzeigen ist die

konkret in Aussicht gestellte Möglichkeit, ohne SCHUFA-

Auskunft oder sonstige Prüfung der Kreditwürdigkeit

bzw. auch bei allgemein schlechter Bonität einen Kredit

bekommen zu können. Die Botschaften dieser Anzeigen

sind sowohl unwahr als auch irreführend. Werbungen

für Finanzdienstleistungen müssen das Angebot klar

beschreiben. Tatsächlich werden in den überwiegenden

Fällen entgegen der Werbeaussage überhaupt keine

Kredite an das beworbene Klientel vergeben. Soweit es

doch zu einer Kreditvermittlung kommt, erfolgt diese

nicht ohne eine vorherige Überprüfung der Bonität. Es

handelt sich daher bei der Werbung mit „SCHUFA-freien“

Krediten in jedem Fall um eine Werbung mit objektiv

unwahren Angaben. So wurde auch die Ankündigung für

Sofortkredite als irreführend angesehen, wenn keine

schnelle Antragsbearbeitung gewährleistet werden kann

und die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme

verschleiert werden. Das Gleiche gilt, wenn nicht klar

wird, dass ein Finanzierungsangebot mit einem niedrigen

Zinssatz von dem zusätzlichen Abschluss eines Bauspar-

vertrages abhängig ist. Ebenso handelt nach der Recht-

sprechung bereits irreführend, wer verschweigt, dass die

Inanspruchnahme eines Kredites eine solide Einkommens-

und Bonitätssituation erfordert, die gerade beim ange-

sprochenen Verkehrskreis nur ausnahmsweise vorliegt.

Dies muss natürlich erst recht gelten, wenn kreditunwür-

dige Verkehrskreise wahrheitswidrig damit beworben

werden, dass eine Bonitätsprüfung nicht erforderlich sei.

3.3 Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher

Verstöße

Die SCHUFA selbst kann sich nicht auf Wettbewerbs-

verstöße berufen, da sie in diesem Sinne mit Kreditver-

mittlern nicht in Wettbewerb tritt.

Damit verbleibt die Klagemöglichkeit der Verbände und

der konkurrierenden Kreditvermittler. Da von den zuletzt

Genannten als Wettwerber in der Vergangenheit keine

bemerkenswerten Initiativen zur Geltendmachung von

Unterlassungsansprüchen ausgingen, ist auch in Zukunft

nicht davon auszugehen, dass dies verstärkt erfolgen

wird.

Damit kommen nur die im Wettbewerbsrecht klagebefug-

ten Verbände als Aktivlegitimierte in Betracht.

Die Klagebefugnis der Verbände ergibt sich dabei aus § 8

UWG. Das sind zum einen die rechtsfähigen Verbände zur

Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher

Interessen gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, sowie die qualifi-

zierten Einrichtungen, die nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG

i.V.m. § 4 UKlaG klagebefugt sind.

Bisher haben sich vorwiegend die Verbraucherzentralen in

diesem Gebiet engagiert; die Tätigkeit auch anderer Ver-

bände zum Schutze des Wettbewerbs wäre wünschens-

wert. Allerdings muss auch erkannt werden, dass bei

einem geschätzten Volumen von mehreren Hundert

Firmen und einer großen Bereitschaft zur Fluktuation die

Abmahnung unseriöser Geschäftspraktiken kaum ein

geeignetes Mittel sein wird, um damit allein das Problem

in den Griff zu bekommen.

Rechtsgutachten 51

4 Unterlassungsansprüche bei Verstößen gegen das Verbraucher-recht (UKlaG)

Neben den Möglichkeiten, bei Verstößen gegen das UWG

eine Unterlassung von dem Anbieter zu fordern, haben

insbesondere die Verbraucherverbände die Möglichkeit,

bei Verstößen gegen verbraucherschützende Vorschriften

eine Unterlassung nach dem Unterlassungsklagengesetz

zu fordern.

4.1 Verstöße gegen das AGB-Recht (§ 1 UKlaG)

Die Verbände sind in der Lage, eine Inhaltskontrolle der

Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Anbieter vorzu-

nehmen und bei Verstößen Unterlassung zu fordern (§ 1

UKlaG). Die Geschäftsbedingungen der hier untersuchten

Kreditvermittler können an dieser Stelle nicht vollständig

untersucht werden. Auffällig ist aber, dass einige

Geschäftsbedingungen der Vermittler entgegen den

ausdrücklichen Angeboten der Werbung Bonitätsprü-

fungsklauseln enthielten. Hierin kann ein Verstoß gegen

§ 305b BGB liegen, wenn die Zusage, keine Bonitäts-

prüfung vorzunehmen, als Individualabrede zu verstehen

ist. Jedenfalls dürfte eine überraschende Klausel i.S.d.

§ 305c BGB vorliegen, denn nach der eindeutigen

Werbung der Anbieter kann der Verbraucher damit nicht

rechnen.

Nach dem Wortlaut des § 1 UKlaG können allerdings nur

Verstöße gegen §§ 307 bis 309 BGB mit dem Unterlas-

sungsanspruch geltend gemacht werden, eine Auswei-

tung auf andere Verstöße ist nach herrschender Auffas-

sung unzulässig. Allerdings kann eine überraschende

Klausel auch in ganz besonderem Maße den Rechtsver-

kehr zum Nachteil des Kunden belasten und ihn unange-

messen benachteiligen, so dass in diesen Fällen auch ein

Verstoß gegen § 307 BGB vorliegen kann. In den vorlie-

genden Fällen ist die versprochene Nichtüberprüfung der

Bonität quasi eine der Hauptleistungen, denn der Kredit-

suchende wendet sich nur deshalb an den Vermittler, weil

er weiß, dass die Bonitätsprüfung seinem Kreditwunsch

entgegensteht. Nur deshalb lässt er sich auf Zahlungen

oder den Abschluss von Zusatzverträgen ein. Insofern ist

die Klausel, die gerade diesen Wunsch ausschließt, sicher

nicht nur als überraschend, sondern auch als unangemes-

sene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB anzusehen.

Der Anbieter kann daher bei einer entsprechenden

Werbung nach § 1 UKlaG auf Unterlassung in Anspruch

genommen werden.

4.2 Unterlassung bei verbraucherschutzgesetzwidrigen

Praktiken (§ 2 UKlaG)

Die Vorschriften zum Schutz des Verbrauchers beim

Abschluss von Darlehensvermittlungsverträgen (§§ 655a

ff BGB) sind geschützte Vorschriften im Sinne des § 2

Abs. 2 Nr. 1 UKlaG. Einzige Voraussetzung für einen

Unterlassungsanspruch ist der Verstoß gegen Verbrau-

cherschutzgesetze. Es wurde oben bereits ausführlich

dargelegt, dass die Anbieter in vielfältiger Weise gegen

die verbraucherschützenden Vorschriften verstoßen und

sie zu umgehen versuchen. Auf einen zusätzlichen Wett-

bewerbsverstoß kommt es in diesem Zusammenhang

nicht an. Die klagebefugten Verbände können daher die

hier untersuchten Anbieter regelmäßig auf Unterlassung

in Anspruch nehmen.

5 Betrügerische Kreditvermittlung und Ordnungsrecht

Die oben beschriebenen Kreditvermittlungspraktiken

können auch gegen die Vorschriften des Ordnungsrechts

verstoßen. Gesetze wie die Gewerbeordnung sehen

Prüfungsmöglichkeiten der örtlichen Behörden vor und

geben diesen beispielsweise die Möglichkeit, Tätigkeiten

zu untersagen, eine erteilte Erlaubnis zu widerrufen oder

bei Gesetzesverstößen Bußgelder zu verhängen. Ord-

nungsbehörden können schnell auf illegale Praktiken

reagieren. Es ist – anders als bei Strafverfahren – nicht

erforderlich, nach einer Ermittlungsphase zunächst die

Entscheidung des Richters abzuwarten. Im Folgenden

wird untersucht, inwieweit die verschiedenen Vorschriften

des Ordnungsrechts ein illegales Verhalten der Vermittler

sanktionieren.

5.1 Verstöße gegen das Gesetz über das Kreditwesen

(KWG)

Bei der Tätigkeit von Kredit- oder ganz allgemein Finanz-

vermittlern ist zu prüfen, ob und welche Eingriffsmöglich-

keiten das Kreditwesengesetz als wichtigstes Aufsichts-

element für Finanzdienstleistungen bieten kann. Der Auf-

sicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

(BAFin) unterliegen gemäß § 1 KWG Kreditinstitute, die

52 Rechtsgutachten

Insofern macht die Einschaltung der Versicherungsauf-

sicht in den hier diskutierten Fällen durchaus Sinn, auch

wenn unmittelbare Maßnahmen gegen die Vermittler

nicht ausgesprochen werden können. Leitet aber die

Aufsichtsbehörde ihre Erkenntnisse an andere Aufsichts-

behörden, namentlich die Gewerbeämter, oder die Staats-

anwaltschaft weiter, so kommt einer solchen Anzeige

erfahrungsgemäß größeres Gewicht zu als entsprechen-

den Anzeigen von Geschädigten.

5.3 Verstöße gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz

In den Fällen, in denen das Angebot und die Beratung

der Vermittler über die bloße Kreditvermittlung hinausge-

hen und die Verträge Wirtschaftsberatung oder Schulden-

regulierung bzw. Vorbereitung zur Schuldenregulierung

zum Gegenstand haben, kommen auch Verstöße gegen

das Rechtdienstleistungsgesetz (RDG) in Betracht. Auch

das Rechtsdienstleistungsgesetz ermöglicht in § 20 RDG

die Verfolgung unbefugter Rechtsbesorgung als Ord-

nungswidrigkeit und das Verhängen von Geldbußen bis

zu 5.000 1.

Nach der Systematik des RDG ist die Besorgung fremder

Rechtsangelegenheiten erlaubnispflichtig. Hierunter fällt

jede Tätigkeit, die auf die unmittelbare Förderung kon-

kreter fremder Rechtsangelegenheiten gerichtet ist, also

jede Tätigkeit, die darauf abzielt, konkrete fremde Rechte

zu verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse

zu gestalten oder zu verändern. Schutzzweck des Geset-

zes sind die reibungslose Abwicklung des Rechtsverkehrs

und der Schutz des Rechtsuchenden vor der Gefahr, dass

die Erledigung seiner Rechtsangelegenheit Personen

überlassen ist, die nicht über die hierfür erforderliche

Sachkunde verfügen: Damit fällt die schlichte Vermittlung

von Darlehensverträgen, die der Vermittler im eigenen

Interesse betreibt, nicht in den Anwendungsbereich des

RDG. Lediglich dann, wenn über die Vermittlung hinaus

eine Beratung etwa über die Gestaltung des Vertrages,

über die Kündigung alter Verbindlichkeiten oder Ähnli-

ches erfolgt, kann eine Besorgung fremder Rechtsangele-

genheiten vorliegen. Nicht einmal schlichtes Stellvertre-

terhandeln ohne weitere Beratung ist erlaubnispflichtige

Rechtsberatung.

Bankgeschäfte betreiben, und Finanzdienstleistungsinsti-

tute, die Finanzdienstleistungen erbringen, sowie Finanz-

unternehmen. Diese Aufsicht umfasst unter anderem die

Möglichkeit der Erlaubnisentziehung und der Verhängung

von Bußgeldern bei Verstößen gegen KWG-Vorschriften.

Kreditgeschäfte, also das Gewähren von Darlehen, sind

Bankgeschäfte im Sinne von § 1 Abs. 1 KWG. Kein Bank-

geschäft ist dagegen die Vermittlung von Krediten,

solange der Vermittler die Kreditanträge nicht: im eige-

nen Namen annimmt, die Haftung für den Kredit über-

nimmt oder ermächtigt ist, Auszahlungen vorzunehmen.

Jedenfalls bei der hier in Frage stehenden Sparte der

Kreditvermittlung trifft das nicht zu. Wenn überhaupt ein

Kredit vermittelt wird, so geschieht das jedenfalls nicht im

Namen des Vermittlers. Auch Auszahlungen werden nicht

von den Vermittlern vorgenommen.26

5.2 Verstöße gegen das Versicherungsaufsichtsgesetz

(VAG)

Werden im Zusammenhang mit der beworbenen Kredit-

vermittlung Restschuldversicherungen, Lebens- oder

Unfallversicherungen angeboten oder vermittelt, kommen

auch Aufsichts- und Ordnungsmittel des Versicherungs-

aufsichtsgesetzes (VAG) in Betracht.

Vom VAG werden in erster Linie Unternehmen erfasst, die

Versicherungsgeschäfte zum Gegenstand haben. Kein

Betrieb von Versicherungsgeschäften im Sinne von § 1

VAG liegt allerdings vor, wenn – ähnlich wie beim KWG –

lediglich Versicherungsgeschäfte vermittelt werden. Eine

verschärfte Aufsichtsmöglichkeit der Gewerbeämter

gegenüber den externen Versicherungsvermittlern gibt es

aber seit dem 22. Mai 2007 durch die Neuregelung des

Versicherungsvermittlerrechts. § 83 Abs. 5 Nr. 1 VAG

bezieht nunmehr auch die Versicherungsvermittler in die

Aufsicht ein. Des weiteren gibt es verstärkte Anforderun-

gen an die Vermittler von Versicherungen in § 34d GewO.

Die Aufsichtsbehörden können nur in der Weise ein-

schreiten, dass sie bei Missständen in der Versicherungs-

vermittlung zum unmittelbaren Vorgehen befugte Behör-

den einschalten, Strafanzeigen erstatten oder aber den

Versicherungsunternehmen Auflagen zur Überwachung

ihrer Agenten machen und ähnliche Dinge mehr.

26 Die Verpflichtung zur Einholung einer Erlaubnis nach dem KWG trifft auch eine Bank mit Sitz in der Schweiz, wenn sie aus dem Ausland heraus in Deutschland Kredite vergibt, EuGH „Fidium“, Urt. v. 03.10.2006 – Rs C-452/04 (Vorlage von VG Frankfurt/M. ZIP 2004, 2323 (LS)).

Rechtsgutachten 53

Anders sieht es mit der Schuldenregulierung aus. Nach

einhelliger Meinung ist die beabsichtigte Herbeiführung

einer Sanierung oder die Tätigkeit zum Zwecke der Schul-

denregulierung Besorgung fremder Rechtsangelegenhei-

ten und damit erlaubnispflichtig. Die Erlaubnis kann nur

einem begrenzten Personenkreis erteilt werden. Außer-

halb dieses Kreises ist jegliche Besorgung fremder Rechts-

angelegenheiten unzulässig und kann verfolgt werden.

Gewerblichen Schuldenregulierern kann eine Erlaubnis

nur im Rahmen der Anerkennung als geeignete Stelle

erteilt werden (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 RDG in Zusammenhang

mit den Ausführungsgesetzen der Bundesländer). Eine

Ausnahme von der Erlaubnispflicht ist nach § 5 RDG

möglich, wenn die Rechtsdienstleistung im Zusammen-

hang mit einer anderen Tätigkeit steht und sie als Neben-

leistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehört. Die

Schuldenregulierung ist aber das Hauptangebot der

Anbieter und daher nicht als erlaubnisfreie Nebenleistung

im Sinne des § 5 RDG anzusehen. Der BGH hat in seiner

Entscheidung vom 29.07.2009 „Finanzsanierer“ deutlich

gemacht, dass er auch nach dem Inkrafttreten des RDG

keine Veranlassung sieht, von der Erlaubnispflicht der

Schuldenregulierung abzusehen, und zwar auch dann

nicht, wenn sich der Anbieter der zusätzlichen Hilfe eines

Rechtsanwaltes bedient.

Der Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz kann

gemäß § 20 RDG als Ordnungswidrigkeit verfolgt und mit

einer Geldbuße von bis zu 5.000 1 geahndet werden.

5.4 Verstöße gegen die Gewerbeordnung

Wichtigster Ansatzpunkt für ordnungsrechtliches Vorge-

hen gegen Kreditvermittler und deren unseriöse Praktiken

ist die Gewerbeordnung. Die zuständigen Aufsichtsbehör-

den können im Rahmen der Gewerbeordnung unter

anderem Betriebe schließen und/oder bei Zuwiderhand-

lungen gegen bestimmte Pflichten Bußgelder verhängen.

Gemäß § 1 Gewerbeordnung (GewO) ist der Betrieb

eines Gewerbes, vorbehaltlich der in der GewO normier-

ten Ausnahmen, jedermann gestattet (Grundsatz der

Gewerbefreiheit). Die Tätigkeiten eines Kreditvermittlers

und auch eines Schuldenregulierers sind als gewerbliche,

das heißt selbständige, auf Dauer angelegte und auf

Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit einzustufen. Die

Ausnahmen des § 6 GewO bzw. des § 120c Abs.5 GewO

greifen für diese Gewerbetätigkeit nicht. Damit besteht

für den hier zu untersuchenden Kreis von Kreditvermitt-

lern die Pflicht, gemäß § 14 GewO die Aufnahme der

Tätigkeit bei der für den betreffenden Ort zuständigen

Behörde unmittelbar anzuzeigen.

Diese Anzeige dient dem Zweck, der zuständigen

Behörde die Überwachung der Gewerbeausübung zu

ermöglichen. Das ist notwendig, weil wegen § 1 GewO

keine generelle Genehmigungspflicht besteht. Die

Anzeige des Gewerbetreibenden als solche bedeutet also

nicht, dass die konkret angemeldete Tätigkeit materiell so

auch erlaubt ist.

Dementsprechend überschaubar sind auch die Angaben,

die der Gewerbetreibende auf dem notwendigen amtli-

chen Vordruck zu machen hat. Dies sind im Wesentlichen

Name, Anschrift und Geburtsdatum des Gewerbetreiben-

den, genaue Angaben zu vertretungsberechtigten Perso-

nen, Anzahl der Mitarbeiter sowie eine Kurzbeschreibung

der geplanten Tätigkeit. „Vermittlung von Krediten“ oder

„Wirtschaftliche Unterstützung überschuldeter Personen“

sind hier durchaus vorstellbar, ohne dass dem zuständi-

gen Sachbearbeiter daraus allein der Verdacht der

Unseriosität oder gar Strafbarkeit der geplanten Tätigkeit

kommen müsste.

Örtlich zuständig sind die Gewerbeämter, in deren Bezirk

das Gewerbe ausgeübt wird. Das gilt auch für Zweignie-

derlassungen. Sachlich zuständig sind gemäß §§ 14, 155

Abs. 2 GewO die durch Landesrecht hierzu bestimmten

Behörden. Die Regelungen hierzu sind durchaus unter-

schiedlich. Die angezeigten Gewerbe werden in einem

Gewerberegister bei den Städten und Gemeinden

geführt.

Höhere Anforderungen stellt die Vorschrift des § 34c

GewO, die bestimmte gewerbliche Tätigkeiten von einer

Erlaubnis durch die zuständige Behörde abhängig macht.

Einer solchen vorherigen Erlaubnis bedarf u.a., wer

gewerbsmäßig „... den Abschluss von Verträgen über ...

Darlehen ... vermitteln oder die Gelegenheit zum

Abschluss solcher Verträge nachweisen will“( § 34c Abs.

1 Satz 1 Nr. 1a GewO). Die Erlaubnis darf inhaltlich

beschränkt und jederzeit mit Auflagen verbunden wer-

den, wenn dies zum Schutz der Allgemeinheit oder der

Auftraggeber erforderlich ist. Die Erlaubnis ist personen-

bezogen, nicht übertragbar und bundesweit gültig.

Makler, die keine Kredite vermitteln, sondern deren

Tätigkeit lediglich in der Vermittlung von Verträgen über

gewerbliche Schuldenregulierung, Wirtschaftsberatung

54 Rechtsgutachten

oder Versicherungen besteht, sowie Schuldenregulierer

als solche werden von dieser Vorschrift nicht erfasst.

Fraglich ist, wie Vermittler zu beurteilen sind, die mit der

Vergabe von Krediten werben, tatsächlich aber gar keine

Vermittlung durchführen wollen. Zunächst einmal wird

man von jedem Gewerbetreibenden, der mit der Vermitt-

lung von Krediten wirbt, auch eine Erlaubnis nach § 34c

GewO verlangen müssen. Ansonsten ist die Frage wohl

eher theoretischer Natur: Wenn sich der Vermittler dahin-

gehend einlassen würde, dass er zwar mit der Kreditver-

mittlung wirbt, diese aber gar nicht beabsichtigt, würde

man ihn möglicherweise aus der Erlaubnispflicht entlas-

sen können. Der Vermittler würde sich damit aber selbst

der Strafbarkeit wegen Betruges bezichtigen. Darüber

hinaus liegen dann wegen der massiven Täuschung im

Bereich der Geschäftsanbahnung auch die Voraussetzun-

gen für eine Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO vor.

Ebenfalls erlaubnispflichtig ist die Kapitalanlagevermitt-

lung nach § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GewO, solange das

KWG gemäß Abs. 5 nicht anzuwenden ist. Das kommt in

den hier untersuchten Fällen in Betracht, wenn beispiels-

weise Anteile an Kommanditgesellschaften oder stille

Beteiligungen an Unternehmen vermittelt werden, die

über häufig jahrelanges Ansparen der Kunden finanziert

werden sollen.

Dabei ist zu beachten, dass das Recht der Kapitalanlage-

vermittlung auch ordnungsrechtlich eine grundlegende

Änderung erfahren hat. Das Gesetz zur Novellierung des

Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts ist

am 06.12.2011 verkündet worden und trat am

01.04.2012 in Kraft. Das Gesetz enthält unter anderem

die Verpflichtung zur Sachkundeprüfung (§ 34f Abs. 2

Nr. 4 GewO) und die Verpflichtung zu Information und

Dokumentation (§ 34g GewO). Die Neuregelung betrifft

aber nur die Vermittlung von Kapitalanlagen und gilt

nicht für die reine Kreditvermittlung.

Die weitere inhaltliche Ausgestaltung der Erlaubnis,

Auflagen und bestimmte Pflichten des Gewerbetreiben-

den regelt eine Rechtsverordnung. Gemäß § 34c Abs. 3

GewO hat der Gesetzgeber mit der Makler- und Bau-

trägerverordnung (MaBV) von dieser Verordnungsermäch-

tigung Gebrauch gemacht. Kreditvermittler sind danach

verpflichtet, den Behörden ihre mit der Leitung beauf-

tragten Personen anzuzeigen, Geschäftsunterlagen

fünf Jahre aufzubewahren, bestimmte Tatbestände aufzu-

zeichnen, eine Inseratensammlung anzulegen, Buch zu

führen und auf ihre Kosten gemäß § 16 MaBV auf Anord-

nung der Behörde durch einen unabhängigen Prüfer eine

außerordentliche Gewerbeprüfung durchführen zu lassen.

Stellt der Kreditvermittler den entsprechenden Antrag auf

Erlaubniserteilung, wird geprüft, ob er die für den Betrieb

erforderliche Zuverlässigkeit besitzt und nicht in ungeord-

neten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. § 34c Abs. 2

GewO stellt hinsichtlich der entsprechenden Versagungs-

gründe einige Regelvermutungen auf. Liegt kein Versa-

gungsgrund vor, so steht dem Antragsteller ein Anspruch

auf die erstrebte Erlaubnis zu.

Bei der Frage der Zuverlässigkeit ist auch auf eine mit der

Leitung des Betriebes oder der Zweigniederlassung beauf-

tragte Person abzustellen. Damit soll verhindert werden,

dass unzuverlässige Makler nach außen einen Strohmann

vorschieben, aber selbst die Leitung des Betriebes behal-

ten. Unzuverlässigkeit liegt nach der Regelvermutung vor,

wenn die betreffende Person bis zu fünf Jahre vor der

Antragstellung wegen eines Verbrechens oder wegen

bestimmter Vermögensdelikte rechtskräftig verurteilt

worden ist. Diese Aufzählung ist nicht abschließend.

Der Gewerbetreibende kann auch aus anderen Gründen

unzuverlässig sein. Voraussetzung ist in jedem Fall, dass

der Gewerbetreibende nicht bereit oder nicht fähig ist,

sein Gewerbe einwandfrei zu führen. Bei der Bewertung

der Tatsachen, die Unzuverlässigkeit begründen können,

ist immer ein konkreter Zusammenhang zum ausgeübten

Gewerbe erforderlich.

Als Beispiele für Unzuverlässigkeit werden häufig

genannt: Steuerschulden, Verletzung sozialversicherungs-

rechtlicher Pflichten, frühere Gewerbeuntersagung nach

§ 35 GewO, Rücknahme oder Widerruf einer Erlaubnis

nach §§ 48, 49 VwVfG, Fehlen elementarer Grundkennt-

nisse für den beantragten Gewerbezweig, Verurteilung

wegen anderer als der genannten Straftaten oder wegen

gewerbebezogener Ordnungswidrigkeiten, jeweils dann,

wenn bei nur einem oder wenigen Verstößen die Tat im

Hinblick auf das jeweilige Gewerbe einiges Gewicht hat.

Eine Vielzahl kleinerer Verstöße rechtfertigt die Annahme

von Unzuverlässigkeit, wenn aus ihnen ein eingewurzelter

Hang zur Missachtung der Berufspflichten ersichtlich ist.

Der hessische VGH hat eine Unzuverlässigkeit dann ange-

nommen, wenn ein Makler beharrlich gegen die Prü-

fungs- und Aufzeichnungspflichten verstößt, die sich aus

der MaBV ergeben. Auch bei den Anbietern „SCHUFA-

freier“ Kredite ist fraglich. ob sie die Aufzeichnungs-,

Rechtsgutachten 55

Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten der MaBV

erfüllt haben, zumal die Aufzeichnungen anderen Behör-

den allzu leicht zu Beweiszwecken dienen können.

Unzuverlässigkeit ist beispielsweise auch angenommen

worden bei einem Wohnungsmakler, der über Jahre die

Erlaubnispflichtigkeit durch Gründung eines Vereins

umgangen hatte, obwohl er die Auffassung der Behörde

kannte und im gleichen Zeitraum entgegen verbraucher-

schützenden Vorschriften erfolgsunabhängige Zahlungen

im Voraus gefordert hatte.

Der permanente Verstoß gegen Vorschriften des Verbrau-

cherschutzes ist auch bei den hier untersuchten Kredit-

vermittlern eine augenfällige Konstellation. Die entspre-

chenden Vorschriften für das Kreditvermittlergewerbe,

die §§ 655c–e BGB, dienen ausschließlich dem Verbrau-

cherschutz. Sie regeln maßgeblich die Grenzen zulässiger

Ausübung des Kreditvermittlergewerbes. Insofern können

häufige Verstöße gegen diese Vorschriften, zum Beispiel

dadurch, dass Vermittler die erfolgsunabhängige Provisio-

nen oder unzulässige Auslagen verlangen, im Rahmen der

Bewertung der Zuverlässigkeit berücksichtigt werden. Das

Gleiche gilt, wenn der Betrieb über längere Zeit ohne

Erlaubnis geführt wird, oder bei der Vermittlung wirt-

schaftlich unsinniger und kostenintensiver Zusatzverträge

an Personen, die in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind.

Hier liegt in nahezu jedem Einzelfall sowohl arglistige

Täuschung des Kunden als auch Falschberatung vor.

In der Rechtsprechung und Literatur wird die Annahme

von Unzuverlässigkeit wegen der Verletzung zivilrechtli-

cher oder wettbewerbsrechtlicher Pflichten eher restriktiv

gehandhabt. Öffentliche Belange seien prinzipiell in

diesen Fällen nicht berührt, die Beteiligten daher zur

Durchsetzung ihrer Ansprüche auf den Zivilrechtsweg zu

verweisen. Anders wird das aber dann gesehen, wenn

Gewerbetreibende hartnäckig und in erheblichem

Umfang wettbewerbsrechtliche oder zivilrechtliche

Vorschriften missachten, um sich einen Vorteil zu ver-

schaffen. Aus dem Gesamtverhalten würden charakter-

liche Mängel sichtbar, die gewerberechtliche Unzuverläs-

sigkeit begründeten. In solchen Fällen sei nicht mehr nur

der Einzelne, sondern die Allgemeinheit betroffen, wenn

– und das ist Grundvoraussetzung – eine Vielzahl von

Personen betroffen oder geschädigt ist. Gerade in Fällen,

in denen die Mittel des Zivilrechts versagen, weil die

Anbieter sich gezielt an eine Klientel wenden, die keinen

ausreichenden Rechtsschutz hat, besteht auch ein Bedürf-

nis an ordnungsrechtlichen Sanktionen.

Werden Anzeigen über die angebliche Vermittlung

„SCHUFA-freier“ Kredite geschaltet, ohne dass es in einer

wesentlichen Zahl der Fälle tatsächlich zur Auszahlung

eines Darlehens kommt, und werden stattdessen wirt-

schaftlich unsinnige Zusatzverträge abgeschlossen, liegt

planmäßiges Handeln des Kreditvermittlers vor. Verletzt

werden in massiver Weise verbraucherschützende Vor-

schriften zu gerade diesem Kreditvermittlergewerbe, häu-

fig gepaart mit arglistiger Täuschung und Betrug. Die

Anzahl der Geschädigten ist hoch, und ihre zivilrecht-

lichen Möglichkeiten bieten keine Chance für einen inter-

essengerechten Ausgleich. In diesen Fällen ist nicht nur

der Einzelne, sondern auch die Allgemeinheit betroffen.

Bei derart gezielter Täuschung kann nicht von einer ein-

wandfreien Ausübung des Gewerbes die Rede sein.

In einigen Fällen umgehen Kreditvermittler das Verbot der

Auslagenerstattung und der erfolgsunabhängigen Provi-

sion, indem Kontakt über 0900-Rufnummern hergestellt

wird. Auch in einem solchen Fall wurde Unzuverlässigkeit

angenommen, weil die versprochene Gegenleistung nicht

entrichtet werden soll.

Eine Erlaubnis zum Betrieb eines Kreditvermittlergewer-

bes wird auch demjenigen verweigert, der in ungeordne-

ten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. Hauptanwen-

dungsfälle der Praxis sind die, dass über das Vermögen

des Antragstellers das Insolvenzverfahren eröffnet oder er

in das Schuldnerverzeichnis eingetragen wurde (z.B. weil

die eidesstattliche Versicherung abgegeben wurde). In

den hier diskutierten Fällen der betrügerischen Kreditver-

mittler stellt die fehlende wirtschaftliche Leistungsfähig-

keit keine typische Fallgruppe dar.

Die Verweigerung der Erlaubnis wegen ungeordneter Ver-

hältnisse setzt ganz allgemein weder ein Verschulden im

Sinne eines moralischen oder ethischen Vorwurfs noch

einen Charaktermangel voraus. Es ist deshalb völlig uner-

heblich, ob der Gewerbetreibende durch die Schuld eines

Dritten in die wirtschaftliche Zwangslage geraten ist. Der

Schutz der Allgemeinheit ist höher zu bewerten, wenn

dem Gewerbetreibenden die erforderlichen Mittel zur

Ausübung des Gewerbes fehlen.

Unabhängig von der Frage nach dem Erfordernis für eine

Erlaubnis gem. § 34c GewO für Kreditvermittler sieht die

Gewerbeordnung in § 35 generell die Möglichkeit vor, die

Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu unter-

sagen. Voraussetzung ist, dass Tatsachen vorliegen, wel-

che die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder

56 Rechtsgutachten

einer mit der Leitung beauftragten Person belegen. Die

Unzuverlässigkeit muss gewerbebezogen, die Untersa-

gung zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich sein.

Die Untersagung des Gewerbes nach § 35 GewO zieht

für den Betroffenen automatisch eine Sperre für eine

zukünftige gewerbliche Tätigkeit nach sich, solange ihm

diese nicht ausdrücklich nach § 35 Abs. 6 wieder gestat-

tet wird. Die Versagung oder Rücknahme einer Erlaubnis

nach § 34c GewO bewirkt hingegen nur, dass der Gewer-

betreibende sonstigen Staatsbürgern gleichgestellt wird,

die ebenfalls keine Erlaubnis für dieses Gewerbe besitzen.

Ein erneuter Antrag auf Erlaubnis ist theoretisch möglich.

Der Begriff der Unzuverlässigkeit ist hier im Prinzip nicht

anders zu verstehen als in § 34c GewO. Wegen des wei-

ten Anwendungsbereiches ist allerdings auf einen Katalog

von Regelbeispielen verzichtet worden. Nach ständiger

Rechtsprechung ist gewerberechtlich unzuverlässig, wer

keine Gewähr dafür bietet, dass er in Zukunft sein

Gewerbe ordnungsgemäß ausüben wird. Die Behörde

kann nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grund-

sätzen eine Versagung nur dann aussprechen, wenn sie

erforderlich und verhältnismäßig erscheint.

Dieser Begriff ist gerichtlich voll überprüfbar. Es müssen

Tatsachen vorliegen, also ein gewisser Vergangenheitsbe-

zug, die für die Zukunft die Unzuverlässigkeit als wahr-

scheinlich erscheinen lassen. Auch diese wird man bei

den oben beschriebenen hartnäckigen Verletzungen zivil-

und wettbewerbsrechtlicher Pflichten der Kreditvermittler

annehmen können.

Wie oben dargestellt, ist die Vermittlung von Versicherun-

gen eine der Einnahmequellen betrügerischer Kreditver-

mittler. An die Vermittlung von Versicherungen werden

aber seit der Änderung der GewO im Jahre 2007 ver-

schärfte Anforderungen gestellt. So bedarf es für die

Vermittlung von Versicherungen nach § 34d GewO einer

gesonderten Erlaubnis, die nur zu erteilen ist, wenn der

Vermittler eine Sachkundeprüfung vor der Industrie- und

Handelskammer absolviert hat (§ 34d Abs. 3 Nr. 4

GewO). Alle Versicherungsvermittler (d.h. auch die keiner

Erlaubnis unterliegenden bzw. die erlaubnisbefreiten) sind

gemäß § 34d Abs. 7 GewO verpflichtet, sich in das von

der Industrie- und Handelskammer geführte Vermittler-

register eintragen zu lassen. Darüber hinaus bestehen

gem. § 61 VVG und der Versicherungsvermittlungsver-

ordnung vom 15.05.200727 umfangreiche Informations-

und Dokumentationspflichten gegenüber dem Kunden.

Verstöße gegen diese Vorschriften können Schadenser-

satzansprüche des Kunden (§ 63 VVG) nach sich ziehen,

aber auch ordnungsrechtliche Sanktionen.

Wer die Anzeige nicht erstattet hat, ist verpflichtet, diese

nachzuholen. Die Behörde hat die Möglichkeit, die

Anzeige eines Gewerbes mit den Mitteln der Verwal-

tungsvollstreckung, also etwa mit der Festsetzung eines

Zwangsgeldes, durchzusetzen. Die Nichtanzeige des

Gewerbes ist zudem gem. § 146 Abs. 2 Nr.1 GewO

ordnungswidrig. Diese Ordnungswidrigkeit kann gemäß

§ 146 Abs. 3 GewO mit einer Geldbuße von bis zu 1.000 1

geahndet werden.

Für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten ist das Ord-

nungswidrigkeitengesetz (OWiG) anzuwenden. Gemäß

§ 47 Abs.1 OWiG liegt die Verfolgung der Ordnungs-

widrigkeit im Ermessen der Verfolgungsbehörde. Beide

der obengenannten Verfolgungsmöglichkeiten (Bußgeld

und Zwangsgeld) können nebeneinander durchgeführt

werden, ohne dass eine Rangfolge besteht.

Die Anzeigepflicht nach § 14 GewO ist bloße Ordnungs-

vorschrift. Das bedeutet, dass Verstöße gegen die Anzei-

gepflicht zwar ordnungswidrig sind, der Betrieb des

Gewerbes aus diesem Grund allein allerdings nicht rechts-

widrig ist oder wird. Wegen eines einmaligen Verstoßes

gegen die Anzeigepflicht allein kann die Behörde den

Betrieb des Gewerbes nicht unterbinden. In der Praxis ist

die sofortige Verhängung einer Geldbuße selten. In der

Regel wird die Ordnungsbehörde den Gewerbetreibenden

zunächst einmal nur auffordern, die Anzeige nachzu holen.

Betreibt ein Kreditvermittler das Gewerbe ohne die nach

§ 34c GewO erforderliche Erlaubnis, kann die zuständige

Behörde gemäß § 15 Abs. 2 GewO die Fortsetzung des

Betriebes verhindern. Kreditvermittlern, die ohne Erlaub-

nis agieren, kann die zuständige Behörde sofort jede wei-

tere Tätigkeit untersagen. Dabei hat sie selbstverständlich

die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit zu beachten.

Diese Beurteilung kann schwierig sein. Bei materieller

Rechtswidrigkeit des Betriebes, wenn die Genehmigung

wegen fehlender Voraussetzung – etwa Unzuverlässigkeit

– gar nicht erteilt werden kann, ist der Betrieb sofort zu

schließen. Bei lediglich formeller Rechtswidrigkeit ist

27 http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/versvermv/gesamt.pdf

Rechtsgutachten 57

umstritten, ob der bloße fehlende Antrag auf Erlaubnis

bzw. Genehmigung zur sofortigen Schließung führen

kann. Verneint man das, würde allerdings das Erfordernis

nach vorheriger Erlaubniserteilung leerlaufen. Jedenfalls

dann, wenn der Gewerbetreibende auch auf Anforderung

eine Genehmigung nicht beantragt, wird man im Rahmen

der Ermessensausübung wohl zu einer Verhinderung der

Betriebsfortsetzung kommen müssen.

Die zuständigen Behörden können – zumindest in der

Theorie – relativ schnell den Betrieb eines Kreditvermitt-

lers schließen. Die Durchsetzung der entsprechenden

Verfügung ist mit den Mitteln der Verwaltungsvollstre-

ckung möglich. Offenbar wird aber von den Möglich-

keiten des § 15 GewO in der Praxis relativ selten

Gebrauch gemacht.

Liegen die Voraussetzungen für eine Erlaubniserteilung

nicht vor, wird die Erlaubnis oder Genehmigung versagt.

Im Falle der Betriebsfortführung kann die Behörde gemäß

§ 15 Abs. 2 GewO einschreiten und den Betrieb schlie-

ßen. Tritt ein Versagungsgrund, also beispielsweise

Unzuverlässigkeit aufgrund der Verurteilung wegen einer

Straftat, erst später, nach Erlaubniserteilung, ein, kann

die Behörde die Erlaubnis gemäß § 49 VwVfG widerrufen

und im Falle der Betriebsfortführung wie oben gemäß

§ 15 GewO verfahren.

Darüber hinaus erfüllt die Kreditvermittlung ohne Erlaub-

nis den Tatbestand des § 144 Abs. 1 Buchst. h), GewO,

der mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 1 geahndet

werden kann. Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder

Geldstrafe wird bestraft, wer die Kreditvermittlung ohne

Erlaubnis beharrlich wiederholt. Wer gegen Auflagen

oder gegen die MaBV verstößt, handelt gemäß § 144

Abs. 2 Nr. 5 und 6 GewO ebenfalls ordnungswidrig. Die

Geldbuße beträgt ebenfalls bis zu 5.000 1.

Im Falle der Vermittlung von Anlagen (beispielsweise

KG-Anteilen) ohne Erlaubnis beträgt die Geldbuße gemäß

§ 144 Abs. 1 Buchst. i) GewO bis zu 50.000 1.

Ist ein Gewerbetreibender gemäß § 35 GewO unzuverläs-

sig, so wird ihm die zuständige Gewerbebehörde den

Betrieb des Gewerbes per Verwaltungsakt untersagen.

Dieser Dauerverwaltungsakt wirkt bis zur Wiedergestat-

tung des Gewerbes nach § 35 Abs. 6 GewO. Die Wirkung

ist stärker als bei der bloßen Versagung einer Erlaubnis

nach § 34c GewO.

Wird ein erlaubnispflichtiges Gewerbe wie die Kredit-

vermittlung ohne Erlaubnis betrieben, können die Versa-

gung der Betriebsfortführung nach § 15 GewO und die

Untersagung nach § 35 GewO parallel erfolgen. Lediglich

dann, wenn früher eine Erlaubnis erteilt wurde, der

Kreditvermittler nun aber unzuverlässig geworden ist,

muss die Erlaubnis gemäß § 49 VwVfG zurückgenommen

bzw. widerrufen werden. § 35 GewO ist wegen Abs. 8

(Vorrang spezialgesetzlicher Rücknahmevorschriften

wegen Unzuverlässigkeit) dann nicht anwendbar.

Praktisch problematisch wird für die zuständigen Behör-

den zunächst sein, Kenntnis über das ordnungsrechtlich

relevante Vorgehen der diversen Vermittler zu erlangen.

Neben der Möglichkeit der vermutlich eher seltenen

stichprobenartigen Überprüfung etwa von Werbeanzei-

gen ist sicherlich die Anzeige durch Geschädigte oder

deren Vertreter wie Rechtsanwälte bzw. Schuldnerbera-

tungen oder Verbraucherzentralen praktisch relevant.

Auch durch Weiterleitung von Erkenntnissen anderer

Behörden (Staatsanwaltschaft, Finanzämter etc.) oder die

Mitteilung in Zivilsachen seitens der Gerichte kann ein

Prüfungsverfahren initiiert werden. Die Anzeige von

Sachverhalten unlauterer Vermittlungsvorgänge an die

Gewerbebehörden ist daher wichtig, denn nur dann

können die Behörden tätig werden und die Möglichkeiten

der Gewerbeordnung bis hin zur Betriebsschließung aus-

schöpfen. Bei der Kreditvermittlung dürfen die Behörden,

um weitere Erkenntnisse zu erhalten, gem. § 29 GewO

umfassende Auskünfte von dem Vermittler verlangen und

dessen Geschäftsräume betreten, um Unterlagen ausführ-

lich überprüfen zu können.

6 Fazit

Das Ergebnis der Überarbeitung des Gutachtens fünf

Jahre nach der Ersterstellung ist ernüchternd. Aus den

angestellten Untersuchungen ergibt sich, dass das Ange-

bot der „SCHUFA-freien“ Kredite rechtlich höchst zwei-

felhaft ist und offenbar auch nicht wie angepriesen exis-

tiert. In den seltenen Fällen, in denen Kredite vermittelt

werden, erfolgt die Kreditgewährung offenbar nicht ohne

eine Bonitätsprüfung durch eine Kreditauskunftei. Wenn

es tatsächlich zu einer Kreditvermittlung kommt, sind die

Kredite aufgrund der verschiedenen Nebenkosten, von

denen die Kreditvermittlung abhängig gemacht wird, oft

als sittenwidrig anzu sehen, bzw. liegen sie mit ihren Kon-

ditionen an der Grenze zur Sittenwidrigkeit.

58 Rechtsgutachten

Im zivil- und ordnungsrechtlichen Bereich hat es kaum

Entwicklungen gegeben. Im strafrechtlichen Bereich gibt

es lediglich die Entscheidung des Landgerichts Stuttgart.28

Diese Entscheidung bietet Grund zur Hoffnung; andere

strafrechtliche Urteile sind zu dem untersuchten Thema

nicht bekanntgeworden. Der Gesetzgeber ist dringend

gefordert, die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Ein-

dämmung des Problems zu verbessern.

28 LG Stuttgart, Urt. v. 21.02.2012, AZ 14 KLS 166 Js 9323/11