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Zweite Untersuchung zur Verbreitung
unseriöser Praktiken bei der Vermittlung
von Verbraucherkrediten
Studie 2012 Im Test:
„SCHUFA-freie“ Kredite
Impressum
Haftungsausschluss:
Alle Angaben wurden sorgfältig recherchiert und zusammen-
gestellt. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhaltes sowie
für zwischenzeitliche Änderungen übernehmen Redaktion und
Heraus geber keine Gewähr.
© Oktober 2012
Herausgeber:
SCHUFA Holding AG
Kormoranweg 5
65201 Wiesbaden
Projektleitung: Thomas Modig
Verantwortliche Redakteurin:
Jacqueline Preußer
F.A.Z.-Institut für Management-, Markt-
und Medieninformationen GmbH,
Mainzer Landstraße 199
60326 Frankfurt am Main
Gestaltung und Satz:
Christine Lambert, F.A.Z.-Institut
Lektorat: Vera Pfeiffer
Druck und Verarbeitung: Boschen Offsetdruck GmbH,
Alpenroder Straße 14, 65936 Frankfurt am Main
Mit Ökofarben auf umweltfreundlichem Papier gedruckt.
Diese Studie wurde klimaneutral hergestellt.
Der CO2-Ausstoß wurde durch Klimaschutzprojekte neutralisiert.
Inhaltsverzeichnis 3
Zusammenfassung:
Keine seriösen Kredite ohne Bonitätsprüfung 4
Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 6
von Christian Maltry
Sicherheit geht vor: Auswahl der Probandengruppen 6
Testpersonen werden persönlich ausgewählt ... 8
... sowie ausführlich geschult und betreut 8
Anbieter werden online ausgewählt 9
Anfragen werden nicht immer beantwortet 10
Bonitätsprüfungen trotz versprochener „SCHUFA-freier“ Kredite 10
Hohe Vorabgebühren – keine Leistung 11
Schnellbearbeitungsgebühren sind bar zu entrichten 12
„Auslagenerstattung“ ist unseriös 13
Kreditratenausfallversicherungen als Voraussetzung einer Kreditvermittlung 14
Unsinnige Beteiligungen 16
Hausbesuche setzen Kreditsuchende unter Druck 17
Gerne werden Finanzsanierungsverträge angeboten 18
Wirtschaftsberatungsverträge statt Kredit 20
Lukrativer Verkauf von Adressen 20
Erfolgreiche Kreditvermittlung ist selten 20
Stark verwobene Anbieterstrukturen 21
Schwer durchschaubare Netzwerke 21
Drohkulisse Inkasso 22
Fazit 23
Rechtsgutachten 24
von Prof. Dr. jur. Hugo Grote unter der Mitarbeit von Ass jur. Pamela Wellmann
1 Zivilrechtliche Einschätzung der Methoden 24
2 Strafrechtliche Beurteilung 34
3 Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht 49
4 Unterlassungsansprüche bei Verstößen gegen das Verbraucherrecht (UKlaG) 51
5 Betrügerische Kreditvermittlung und Ordnungsrecht 51
6 Fazit 57
Inhaltsverzeichnis
4 Zusammenfassung
„SCHUFA-freie“ Kredite – kommen nicht zustande
Die Chancen, bei schlechter Bonität oder Überschuldung
den gewünschten „SCHUFA-freien“ Kredit tatsächlich zu
erhalten, ist verschwindend gering: Trotz 177 Testkontak-
ten mit den verschiedenen Anbietern wäre es nur in zwei
Fällen tatsächlich zu einer Kreditgewährung gekommen.
Die Erfolgsquote der Anfragen liegt damit gerade einmal
bei 1%.
Einer der gewährten Kredite kommt auf einen effektiven
Jahreszins von 25,5%. Beide Kredite beinhalten verschie-
denen Nebenkosten, von denen die Kreditvermittlung
abhängig gemacht wird. Damit ist zu vermuten, dass die
Kredite sittenwidrig sind.
Keine seriösen Kredite ohne Bonitätsprüfung
Zum zweiten Mal nach 2007 hat die SCHUFA eine Studie
in Auftrag gegeben, um den Markt der „SCHUFA-freien“
Kredite zu analysieren. „SCHUFA-freie“ Kredite, also
Kredite ohne Bonitätsprüfung, werden heute vor allem
im Internet angeboten. Testpersonen unternahmen den
Versuch, ein „SCHUFA-freies“ Darlehen zu erhalten.
„SCHUFA-freie“ Kredite – unseriöse Angebote überwiegen
Betrachtet man die Angebote, die den Studienteilneh-
mern unterbreitet wurden, steht fest: Personen, die einen
„SCHUFA-freien“ Kredit suchen, treffen in mehr als acht
von zehn Fällen auf einen unseriösen, gegebenenfalls
sogar im Grenzbereich zur Kriminalität arbeitenden
Anbieter.
Unseriöse Angebote erkennt man daran, dass ...
J Vorabgebühren erhoben werden,
J Vertragsunterlagen per Nachnahme verschickt
werden,
J unsinnige Versicherungen vertrieben werden,
J (gefährliche) Beteiligungen veräußert werden,
J sinnlose Beratungsverträge verkauft werden,
J geltend gemachte Auslagen nicht nachgewiesen
werden,
J teure „Beratungshotlines“ genutzt werden müssen,
J unnötige, aber teure Hausbesuche gemacht werden,
J Kreditsuchende mit Finanzsanierungsangeboten
getäuscht werden,
J Überschuldeten Insolvenzberatung durch hierzu nicht
befugte Anbieter versprochen wird.
Legt man diese Kriterienliste zugrunde, dann sind die
Testpersonen bei 42 von 50 Firmen und damit in 84%
der Fälle auf Anbieter getroffen, deren Vorgehen
unseriös ist.
177 Testanfragen ergaben zwei Kredite
Zusammenfassung 5
Kreditsuchende werden über tatsächliche Vermittlungschancen getäuscht und abkassiert
Die Problematik, dass in großem Umfang unzulässige
Nebenentgelte kassiert werden, die beworbenen Kredite
aber fast nie vermittelt werden, ist gegenüber der Studie
2007 unverändert geblieben.
Nach wie vor täuschen die unseriösen Anbieter die Anfra-
genden über ihre tatsächlichen Vermittlungschancen.
Mit „Antragsannahmen“, „positiven Vorprüfungen“ und
ähnlichen Formulierungen erwecken sie den Eindruck
einer demnächst erfolgenden Kreditauszahlung, um die
Kreditsuchenden zum Abschluss diverser Verträge zu ver-
leiten. Hierin besteht das Kerngeschäft der Branche, eine
tatsächliche Kreditvermittlung aber stellt den Ausnahme-
fall dar.
Statt Kredit: teures Finanzsanierungsangebot
Auffällig ist der gegenüber 2007 deutlich größere Anteil
an Firmen, die Finanzsanierungsangebote unterbreiten
oder den Eindruck erwecken, dem Kunden in Bezug auf
ein Insolvenzverfahren helfen zu können und zu dürfen.
Während 2007 nur 6 von 49 Firmen (12%) derartige
Angebote darlegten, sind es jetzt 18 von 50 Firmen
(36%). Durchschnittlich sollen dafür Vermittlungsgebüh-
ren in Höhe von 400 1 gezahlt werden. Hinsichtlich der
Finanzsanierungsangebote existiert seit Jahren eine gefes-
tigte wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung, die die
Branche offensichtlich nicht an ihren Aktivitäten hindert.
Im Gegenteil: Waren viele Anbieter – im Nachgang zu
einer vom BGH bestätigten strafrechtlichen Verurteilung
eines Finanzsanierungsvermittlers – bisher aus dem Aus-
land aktiv, so steigt die Zahl der in Deutschland ansässi-
gen Firmen wieder.
Ordnungsrechtliches Instrumentarium wird nicht genutzt
Ordnungsrechtlich benötigt ein Kreditvermittlungsge-
werbe eine Erlaubnis nach § 34c GewO. Diese wird nur
bei Zuverlässigkeit erteilt und kann unter anderem auch
dann wieder entzogen werden, wenn der Vermittler
gegen verbraucherschützende Vorschriften verstößt.
Darüber hinaus hat die Ordnungsbehörde die Möglich-
keit, Buß gelder bis zur Höhe von 5.000 1 zu verhängen.
Hier ist eine große Diskrepanz zwischen Theorie und
Praxis festzustellen. Obwohl ein breites ordnungsrecht-
liches Instrumentarium zu Verfügung steht, wird dieses
offenbar nicht genutzt. Trotz der großen kriminellen
Energie, mit der manche Vermittler operieren, sind in den
vergangenen fünf Jahren keine Fälle bekannt geworden,
in denen Ordnungsbehörden entsprechende Maßnahmen
getroffen haben.
Kreditvermittlungsbetrug kann strafrechtlich verfolgt werden
Strafrechtlich sind die Geschäftspraktiken unseriöser
Kreditvermittler vor allem unter dem Gesichtspunkt des
Betrugs zu betrachten. Ein Betrug liegt nicht nur dann
vor, wenn der Anbieter schon von vornherein weiß, dass
er gar keinen Kredit ohne Bonitätsprüfung vermitteln
kann. Ein Betrug ist auch dann anzunehmen, wenn der
Vermittler über die Berechtigung der von ihm geforderten
Zahlungen täuscht, er also zum Beispiel Vorabgebühren
erhebt oder die Auslagen nicht einzeln aufführt.
In den vergangenen Jahren gab es zwar einige wenige
Strafverfahren, eine Verurteilung mit Freiheitsstrafe
gegen den vorbestraften Haupttäter – soweit ersichtlich –
aber nur in einem Verfahren des Landgerichts Stuttgart.
Betrügerische Kreditvermittler können sich offenbar nach
wie vor ungehindert an in wirtschaftliche Not geratenen
und damit für jegliche Kreditangebote besonders emp-
fänglichen Verbrauchern bereichern.
6 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter
Zum zweiten Mal nach 2007 wurde der Markt der
„SCHUFA-freien“ Kredite durch Testanfragen kreditun-
würdiger bzw. überschuldeter Personen analysiert.
Testpersonen, deren wirtschaftliches und soziales Profil –
nach den Erfahrungen der Schuldnerberatungsstellen
und Strafverfolgungsbehörden – den typischen Nach-
fragegruppen entsprach, sollten den Versuch unter-
nehmen, unter wahrheitsgemäßer Angabe der eigenen
wirtschaftlichen Situation ein „SCHUFA-freies“ Darlehen
zu erhalten.
Während des Projektzeitraumes von Februar bis Mitte
April 2012 stellten die Testpersonen jeweils mehrere
Anfragen nach Krediten ohne Bonitätsprüfung an eine
Reihe von Anbietern und dokumentierten die Abläufe
der Kreditanfragen.
Das Studiendesign entspricht weitestgehend1 der Vor-
läuferstudie, so dass die Ergebnisse vergleichbar sind.
Selbstverständlich kann die Studie nicht den Anspruch
der Repräsentativität erheben, hierzu wäre beispielsweise
eine größere Zahl von Probanden für die Testanfragen
notwendig gewesen. Dennoch sind die Ergebnisse geeig-
net, Methoden der Anbieter und insbesondere auch die
Entwicklungen im Markt zu beschreiben.
Sicherheit geht vor: Auswahl der Probandengruppen
Potentielle Nachfrager nach „SCHUFA-freien“ Krediten
lassen sich, nach den Erfahrungen der Strafverfolgungs-
behörden und der Schuldnerberatungsstellen, grob in drei
Gruppen einteilen. Vereinfacht lassen sich diese Gruppen
wie folgt beschreiben:
1 Abweichungen ergaben sich im Wesentlichen nur in der Form der Auswahl der Anbieter.
Gruppe A –
Arbeitslose unterhalb der Pfändungsfreigrenze
Die Gruppe besteht vornehmlich aus ALG-II-Empfängern,
Arbeitnehmern (teilweise mit geringer formaler Qualifika-
tion), die unter die „Working Poor“ zu rechnen sind, und/
oder Alleinerziehenden. Das Einkommen liegt regelmäßig
unterhalb der Pfändungsfreigrenzen. Die vorhandenen
Vorschulden sind in absoluten Beträgen nicht übermäßig
hoch, dennoch lässt das niedrige Einkommen keine
Tilgung zu. Diese Gruppe sucht in der Regel nach einem
Kleindarlehen, mit dem eine aktuelle Notsituation (Miet-
rückstand, Energie- oder Kontosperre) überwunden wer-
den kann bzw. soll. Teilweise wird auch nach einer Kredit-
zusammenfassung gesucht, um bestehende Verpflichtun-
gen mit geringerer Ratenbelastung bedienen zu können.
Gruppe B –
Überschuldete mit Einkommen um die Pfändungs-
freigrenzen und bestehenden Vorkrediten
Diese Personengruppe hat vielfach Schulden in erheblicher
Höhe. Teile der Verbindlichkeiten sind bereits tituliert, oft-
mals wurde die eidesstattliche Versicherung bereits abge-
geben. In aller Regel sind diese Überschuldeten immer
noch bemüht, die Verbindlichkeiten zu bedienen und leis-
ten Ratenzahlungen, teils sogar in existenzgefährdender
Höhe, obwohl oftmals ein (Verbraucher-)Insolvenzverfah-
ren sinnvoller wäre. Trotz dieser Zahlungen ist es aber –
bedingt durch Gläubigeranzahl, kostentreibende Weite-
rungen der Gläubiger u.a.m. – nur selten möglich, tat-
sächlich auch Tilgungseffekte zu erzielen. Die Gruppe
sucht oftmals nach einem Kredit zur Zusammenfassung
sämtlicher Verbindlichkeiten („nur noch eine Rate“), um
die Verbindlichkeiten neu zu ordnen und so dem Gläubi-
gerdruck zu entkommen. Die Kreditgeschichte, ggf. vor-
handene Negativmerkmale und/oder die Diskrepanz zwi-
schen Leistungsfähigkeit und Kreditbedarf, führt dazu,
dass Kreditanfragen bei der Hausbank abgelehnt werden.
Ein Darlehen über „SCHUFA-freie“ Anbieter erscheint des-
halb geeignet, die gewünschte Entlastung zu realisieren.
Kreative Praktiken unseriöser Anbieter
von Christian Maltry
Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 7
Gruppe C –
Selbständige – Kleingewerbetreibende
Existenzgründer oder Gewerbetreibende/Freiberufler mit
Bonitätsschwierigkeiten sind Angehörige dieser Gruppe.
Die Selbständigkeit wird in der Regel in der Rechtsform
einer Einzelfirma betrieben. Eine aktuelle und geordnete
Buchführung liegt vielfach nicht vor. Das gesuchte Darle-
hen wird für eine geplante Investition (Pkw, Maschine),
den Wareneinkauf oder zum Ausgleich eines eigenen
Forderungsausfalls benötigt. Die Hausbank hat eine
Kreditgewährung mit Hinweis auf frühere Zahlungs-
schwierigkeiten oder eine negative SCHUFA–Auskunft
verweigert. Teilweise ist Immobilienvermögen vorhanden,
das allerdings bereits mit Grundschulden belastet ist.
Der Kapitalbedarf liegt oftmals deutlich im sechsstelligen
Bereich.
Den Gruppen ist gemeinsam, dass sich die Betroffenen
in einer als erheblich belastend empfundenen Situation
befinden, die eine kritische Wertung der Angebote
zumindest erschwert.
Im Hinblick auf eine möglichst umfassende Dokumenta-
tion der Suche nach einem „SCHUFA-freien“ Kredit
erschien die Verwendung fiktiver Anfragen nicht geeig-
net, da in deren Verlauf von den Kreditsuchenden regel-
mäßig Nachweise über die wirtschaftlichen Verhältnisse
verlangt werden. Kreditanfragen hätten somit bei
Verwendung fiktiver Identitäten vorzeitig abgebrochen
werden müssen, da die entsprechenden Unterlagen nicht
existierten, Negativmerkmale in Bonitätsdatenbanken
nicht vorhanden, ein Hausbesuch nicht möglich gewesen
wäre etc. Aussagekräftige Informationen über den
Gesamtablauf einer Kreditanfrage waren demnach nur
zu erwarten, wenn die Anfragen auch von tatsächlich
existierenden Personen gestellt wurden.
Im Interesse einer möglichst umfassenden Exploration
des Markts wäre es sinnvoll gewesen, die Testanfragen
durch Testpersonen durchführen zu lassen, die den vor-
stehend geschilderten Nachfragegruppen entsprechen.
Zu berücksichtigen war allerdings auch, dass die Sicher-
heit der Testpersonen in keinem denkbaren Fall gefährdet
werden durfte.
Erfahrungsgemäß unterscheiden sich die Angebote und
das Vorgehen unseriöser Anbieter hinsichtlich der Test-
gruppen A und B kaum. Es wird regelmäßig behauptet,
auch bei ungünstigsten Voraussetzungen noch den
gewünschten Kredit vermitteln zu können, da man mit
Banken/privaten Finanzierern zusammenarbeite, welche
keine Bonitätsprüfung durchführten.
Tatsächlich wird allerdings versucht, obwohl eine Kredit-
vermittlung erkennbar nicht möglich sein wird, Vorabge-
bühren zu kassieren, zusätzliche Finanzdienstleistungen
(Versicherungen, Bausparverträge u.a.m.) als angebliche
Bonitätsverbesserung zu verkaufen, Anrufe bei kosten-
pflichtigen Telefonmehrwertdiensten zu provozieren etc.
Die unseriösen Anbieter bemühen sich zwar sehr um ein
scheinlegales Vorgehen, arbeiten aber tatsächlich mit vor-
sätzlicher Täuschung der Kreditsuchenden bis hin zum
Betrug.
Mögliche Risiken für die Testpersonen bestanden in einer
solchen Testumgebung „nur“2 im wirtschaftlichen
Bereich, nämlich durch die – im Zuge der vorgeblichen
Kreditvermittlung abzuschließenden – Finanzdienstleis-
tungsverträge, Vorabgebühren etc. und die daraus resul-
tierenden Zahlungsverpflichtungen. Die Testpersonen
wurden daher vertraglich von den wirtschaftlichen Risiken
freigestellt, die sich durch die Testkreditanfragen ergeben
konnten.
Die vorstehend beschriebenen Praktiken werden selbst-
verständlich auch bei der Nachfragegruppe der Selbstän-
digen/Freiberufler angewendet. Darüber hinaus werden
aber, teilweise auch aus dem Ausland, weitere Angebots-
varianten beworben. Auch hier ist eine tatsächliche Kre-
ditvermittlung i.d.R. nicht beabsichtigt, sondern es geht
einzig darum, Vorabgebühren zu kassieren. Typische
Angebote sind Kredite angeblicher Privatinvestoren aus
dem Ausland (für die vorab Notar- und Übersetzungsge-
bühren fällig werden), Kick-back-Darlehen („Bargeld
durch Immobilienkauf3“), aber auch Varianten der Depo-
sitendarlehen (Kredite, bei denen die Rückzahlung durch
eine vorab zu erbringende Einlage, „Deposit“, erfolgen
2 Im Einzelfall überstiegen die Haftungsrisiken der angebotenen Beteiligungen den gewünschten Kreditbetrag allerdings deutlich.
3 Der Kreditsuchende erwirbt, ggf. mit gefälschten Unterlagen zur Bonität, ohne Eigenkapital Wohneigentum. Der Kauf erfolgt zum überhöhten Preis, der zusätzlich noch einen Aufschlag enthält, der an den Kreditsuchenden ausgezahlt werden soll. Soweit der Kreditsuchende an Täuschungshandlun-gen gegenüber der finanzierenden Bank beteiligt ist, macht auch er sich strafbar. Ein entsprechender Vorschlag wurde einem Probanden telefonisch unterbreitet.
8 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter
soll4). Teilweise wird versucht, die Vorauszahlungen mit
Hilfe sogenannter „Rip-Deals“5 zu erlangen.
Eine Gefährdung der Testpersonen in diesem Szenario
konnte nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen
werden, da Rip-Deals zwar meist als Trickbetrugsvariante
abgewickelt, teilweise aber auch als Raub durchgeführt
werden. Entsprechend musste auf ein Testszenario, das
auch solche Angebote untersuchen könnte, verzichtet
werden.
Die Beschränkung auf die Testszenarien A und B deckte
den „Massenmarkt“ des Geschäftes mit „SCHUFA-freien“
Krediten ab und stellte zudem sicher, dass eine Gefähr-
dung der Testpersonen ausgeschlossen werden konnte.
Gleichzeitig sind die über die Testanfragen gewonnenen
Ergebnisse auch aussagekräftig, da sie auf realen wirt-
schaftlichen Verhältnissen der Testpersonen beruhen.
Testpersonen werden persönlich ausgewählt ...
Die Anwerbung von Testpersonen in Form eines öffentli-
chen Aufrufs schied bereits im Hinblick auf die notwen-
dige Vertraulichkeit der Studie aus. Darüber hinaus wäre
die Zuverlässigkeit solchermaßen gewonnener Testperso-
nen nur schwer einzuschätzen gewesen.
Ausgewählte Schuldnerberatungsstellen in Berlin, Nord-
rhein-Westfalen, Nordbayern und Stuttgart wurden,
um den Kreis der über die Studie informierten Personen
überschaubar zu halten, gebeten, unter der Klientel nach
Personen zu suchen, die zum einen die Vorgaben der
Testszenarien abdeckten, zum anderen die persönlichen
Voraussetzungen für eine Teilnahme sicherstellten.
Die auszuwählenden Testpersonen mussten in der Lage
sein, die Vorgänge im Zusammenhang mit der Beantra-
gung des „SCHUFA-freien“ Kredites sorgfältig zu doku-
mentieren. Zwar wurden die zu dokumentierenden
Daten, soweit möglich, in standardisierter Form erfragt,
4 Das Deposit soll angeblich in hochrentierlicher Form angelegt werden, so dass eine vergleichsweise kleine Anlage über Hebeleffekte die Tilgungs- und Zinszahlungen des Kredites abdecken soll.
5 Nach polizeilicher Definition (BKA: Jahresbericht Wirtschaftskriminalität 2002) blitzartiger Betrug, Diebstahl oder Raub. Zum Kontakt kommt es in der Regel aufgrund beabsichtigter Immobilien- , Devisengeschäfte oder Kre-ditaufnahmen. Kreditsuchende werden Kreditvermittlungsbemühungen vor-gespielt. Die Täter täuschen dem Opfer dabei eine erfolgreiche Vertragsan-bahnung vor, deren Umsetzung nur noch von einer Vorauszahlung abhängig sei. Diese Vorauszahlung soll, vielfach im Ausland, in bar übergeben werden. Anlässlich der Übergabe sichern sich die Täter die Vorauszahlung.
so dass der Aufwand für die Testpersonen möglichst
gering gehalten werden konnte. Dennoch setzte die
Dokumentation sowohl eine gewisse Schriftfertigkeit als
auch die Zuverlässigkeit der Teilnehmer voraus. Im Hin-
blick auf die abzuschließenden (Vermittlungs-)Verträge
und die im Projektverlauf an die Probanden gestellten
finanziellen Forderungen waren sowohl eine gewisse
Stabilität als auch ein Vertrauensverhältnis zur Projekt-
betreuung unverzichtbar. Die Einbindung der Beratungs-
stellen und deren Befürwortung des Projektes waren inso-
weit notwendig. Ausgewählt wurden 22 Testpersonen.
... sowie ausführlich geschult und betreut
Alle von den Schuldnerberatungsstellen benannten
Kandidaten für eine Projektteilnahme wurden im Vorfeld
zu einer ausführlichen Schulung (im Zeitumfang von ca.
drei Stunden) eingeladen. Gegenstand war zunächst eine
Einführung in die Problematik der Kreditvermittlung und
insbesondere der Vermittlung „SCHUFA-freier“ Kredit-
angebote. Die Teilnehmer wurden des Weiteren mit dem
grundsätzlichen Projektaufbau und insbesondere dem
Baustein „Testanfragen“ vertraut gemacht. Darüber hin-
aus wurden die vertraglichen Bedingungen der Projektteil-
nahme erläutert. Weiter wurden die Notwendigkeit einer
umfassenden Dokumentation vermittelt und die hierfür
vorbereiteten Formulare und Hilfsmittel vorgestellt.
Breiten Raum nahm die Darstellung der potentiellen
rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken sowie der ent-
sprechenden Haftungsfreistellung durch den Auftragge-
ber der Studie ein. Explizit wurde dabei der „idealtypi-
sche“ Ablauf einer „SCHUFA-freien“ Kreditvermittlung,
entsprechend der Ergebnisse der Studie aus 2007 im
Sinne eines „Worst-Case-Szenarios“ dargestellt. Eine aus-
führliche Erläuterung über die Rechtsgrundlagen und
Widerrufsmöglichkeiten der im Zusammenhang mit einer
Kreditanfrage möglicherweise abzuschließenden Verträge
(und selbstverständlich auch der Verträge, die die Test-
personen nicht abschließen sollten) beendete den allge-
meinen Schulungsteil.
Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 9
Mit den Testpersonen, die sich für eine Teilnahme am
Projekt entschieden, wurde jeweils eine individuelle
„Musterselbstauskunft“ erstellt, die sich an den von den
Anbietern verwendeten Formularen orientierte und deren
typische Fragestellungen beinhaltete. Die Selbstauskunft
diente als Vorlage für sämtliche Kreditanfragen, fasste die
wirtschaftliche Situation des Probanden wahrheitsgemäß
zusammen und umfasste auch den Kreditwunsch für die
Testanfrage. Kreditwünsche entsprachen der durch die
Testszenarien vorgegebenen Legende (Anschaffung,
Abdeckung einer Notsituation, Kreditzusammenfassung)
und der individuellen wirtschaftlichen Situation.
Allen Probanden wurde eine schriftliche Ausarbeitung der
Schulungsinhalte zu Verfügung gestellt. Diese beinhal-
tete, neben den grundlegenden Informationen zu Thema
und Ablauf, auch eine Reihe von vorbereiteten Muster-
schreiben zum Widerruf von abgeschlossenen Finanz-
dienstleistungsverträgen.
Während der Laufzeit der Studie stand den Probanden
ein fester, für alle Fragen hinsichtlich der Abwicklung der
Testanfragen kurzfristig erreichbarer Ansprechpartner zur
Verfügung. Die Betreuung traf auch die Entscheidung,
welche, gegebenenfalls kostenbelasteten, Verpflichtun-
gen die Probanden im Zuge der Anfragen eingehen soll-
ten bzw. an welchem Punkt die Abfragen abzubrechen
waren.
Rechtliche Fragen und Probleme, die nicht bereits mit
dem Betreuer geklärt werden konnten, wurden im Rah-
men der juristischen Beratung durch Herrn Prof. Dr. Grote
und externe Rechtsberater geklärt. Externe Beratung
umfasste auch die rechtliche Unterstützung im Hinblick
auf die Abwehr/Verfolgung von Ansprüchen aus der ord-
nungsgemäßen Abwicklung der Testanfragen. Die Kosten
der Rechtsverfolgung und Forderungsabwehr wurden
vom Auftraggeber der Studie übernommen.
Auch über das Ende des Projektzeitraumes hinaus steht
die rechtliche Unterstützung und Betreuung zur Verfü-
gung, da angebliche Ansprüche der Kreditvermittler bzw.
Anbieter auch noch lange im Nachgang geltend gemacht
werden könnten.
Anbieter werden online ausgewählt
Mit der zunehmenden Verbreitung der Internetnutzung in
Deutschland hat sich auch die Werbestrategie der Anbie-
ter von „SCHUFA-freien“ Krediten verändert. Werbung in
Printmedien hat entsprechend einen geringeren Umfang
als noch bei der Studie 2007 feststellbar. Die Auswahl der
Anbieter, bei denen die Anfragen nach einem „SCHUFA-
freien“ Kredit gestellt werden sollten, beruhte entspre-
chend auf online verfügbaren Quellen.
Die den Probanden als anzufragend vorgegebenen Anbie-
ter wurden einer Suche mit der Suchmaschine Google
vom 01.11.2011 entnommen. Als Suchbegriffe wurden
„Kredit“ und „ohne SCHUFA“ verwendet. Zur Auswahl
wurden die ersten 300 Treffer (von ca. 2,9 Millionen) und
die auf den Trefferseiten eingeblendete Werbung um
Mehrfachtreffer, redaktionelle Beiträge zum Thema, Ver-
weise auf andere Suchmaschinen, Portale (Verweise auf
mehrere Anbieter)6 und „tote“ Links bereinigt.
Nach der Bereinigung verblieben 52 Anbieter. Im Zuge
der Anfragen kam es zu Testkontakten mit weiteren sie-
ben Firmen über die Zufallsanfragen der Probanden sowie
19 Firmen durch die Weiterleitung von Testanfragen über
die Kreditvermittler. Die Mehrzahl der Firmen (62) hatte
den Firmensitz in Deutschland, ein Teil der Anbieter
residierte zumindest formal im Ausland, überwiegend
in Österreich und der Schweiz.
Jeweils sechs Anbieter aus der Vorauswahl wurden den
Testpersonen vorgegeben. Zusätzlich sollten die Proban-
den, nach eigener Entscheidung, zwei weitere Anbieter
auswählen und anfragen. Einzige Vorgabe für die selbst-
gewählten Anbieter war, dass diese Kredite „ohne
SCHUFA“ anbieten sollten. Die Studie bildet insoweit,
nach den Erfahrungen der Schuldnerberatungsstellen,
die Realität ab, da Kreditsuchende oftmals bei verschie-
denen Anbietern versuchen, einen Kredit zu erhalten.
Üblicherweise verteilen sich diese Mehrfachanfragen
allerdings über einen längeren Zeitraum als in der Studie
realisierbar.
6 Hierzu wurden auch Seiten von Partnerprogrammen (Affialiatemarketing) gerechnet.
10 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter
Anfragen werden nicht immer beantwortet
Die Mehrzahl der Kreditvermittler stellt in ihrem Internet-
auftritt Formulare zur Verfügung, in denen bereits die
wichtigsten Daten zur Person, dem Einkommen und Kre-
ditwunsch abgefragt werden. Die Testanfragen wurden,
aus Dokumentationsgründen, überwiegend über diese
Internetauftritte gestartet. Alternativ wurden Anfragen
per E-Mail an die Vermittler gesandt. Soweit dies nicht
möglich war, wurde telefonisch Kontakt mit den Anbie-
tern aufgenommen. Per E-Mail bzw. Telefon wurde auch
versucht, mit den Anbietern in Verbindung zu treten,
wenn technische Probleme mit den Kontaktformularen
auftraten, was erstaunlich häufig der Fall war. So waren
Kreditanfragen bei neun der vorausgewählten Firmen,
trotz während der Projektphase geschalteter Werbung,
nicht möglich, da die entsprechenden Anfrageseiten
Fehlermeldungen lieferten oder gar nicht erreichbar
waren. Insgesamt verblieben daher 50 Firmen, die von
den Probanden angefragt wurden.
Ein erheblicher Anteil der Firmen (18 Anbieter, d.h.
36%) beantwortete die Internetanfragen nicht, sieht
man von den in einigen Fällen durch automatische Mail-
systeme erzeugten Eingangsbestätigungen ab. Weitere
sieben Firmen (14%) reagierten zwar ebenfalls nicht,
reichten die Anfragen aber – nachvollziehbar – an andere
Vermittlungsunternehmen weiter, oder teilten mit, die
Kreditanfrage sei an einen weiteren, teils namentlich
genannten, Kreditvermittler weitergeleitet worden.
Es ist zwar zu vermuten, dass zumindest ein Teil der nicht
reagierenden Firmen die gewonnenen Daten der Kredit-
suchenden ebenfalls weiterleitete, Belege hierfür konnten
aus den verfügbaren Daten aber nicht gewonnen werden.
Die verbleibenden 25 Firmen übermittelten kurz nach
der Anfrage eine Nachricht, meist ebenfalls zunächst als
E-Mail, in der sie mitteilten, die Anfrage sei eingegangen
oder gar der Antrag sei genehmigt. Die Bestätigung ver-
wies auf die Übersendung von Unterlagen oder beinhal-
tete ein Selbstauskunftsformular zur Unterschrift.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen setzt der Vergü-
tungsanspruch des Kreditvermittlers voraus, dass eine
schriftliche Vermittlungsvereinbarung mit dem kredit-
suchenden Verbraucher getroffen wird. Die auf den Inter-
netseiten der Anbieter ausgefüllten Selbstauskünfte sind
nicht geeignet, die Schriftform zu ersetzen, so dass eine
Kontaktaufnahme zunächst auch zu erwarten war.
Darüber hinaus ist der Vermittler verpflichtet, den Kredit-
nehmer umfangreich über Einzelheiten des Kreditvermitt-
lungsvertrags zu unterrichten. Es wäre daher nahelie-
gend, dass die antwortenden Firmen entsprechende
Informationen übersandt hätten. Alleine im Hinblick auf
den Vergütungsanspruch wäre eine Übersendung von
Vermittlungsverträgen, die zumindest Provisionsregelun-
gen für die erfolgreiche Kreditvermittlung enthalten, zu
erwarten gewesen.
Tatsächlich verwendeten aber nur sechs der Firmen ein
Formular, in dem auch der Vergütungsanspruch des Ver-
mittlers geregelt war, die vorgeschriebenen Informations-
pflichten wurden in keinem Fall erfüllt.
Bonitätsprüfungen trotz versprochener „SCHUFA-freier“ Kredite
Die zentrale Werbebotschaft der Anbieter „SCHUFA-
freier“ Kredite lautet, dass eine Kreditvergabe auch dann
möglich sei, wenn der Kreditsuchende Negativmerkmale
in seiner SCHUFA–Auskunft habe. Die Werbebotschaft
setzt bei der Erfahrung an, dass Kreditwünsche der
potentiellen Kunden bereits abgelehnt wurden. Vielfach
wird diese Ablehnung mit dem Verweis auf eine
„schlechte SCHUFA“ verbunden.
Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob etwaige Negativ-
merkmale tatsächlich auch ausschlaggebend für die
Ablehnung des Kreditwunsches waren oder ob dieser
aufgrund anderer Faktoren, etwa einer bankinternen
Bonitätsprüfung, scheiterte. An dieser Erfahrung jeden-
falls setzt die Werbung an, indem sie den Eindruck
erweckt, dass Bonitätsüberlegungen bei der
Nicht alle angefragten Anbieter reagieren(Reaktionen der angefragten Kreditvermittler; in %)
n=50
Quelle: SCHUFA.
keine Reaktion
reichen Anfrage weiter
nehmen mit Kreditsuchenden Kontakt auf
36
50
14
Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 11
Kreditvergabe/-vermittlung keine oder nur eine unterge-
ordnete Rolle spielten, denn da der Anbieter „über Kon-
takte zu einer Vielzahl von in- und ausländischen Kredit-
gebern verfügt, kann ein Privatkredit auch in schwierigen
Situationen in der Regel zeitnah realisiert werden“.
Teilweise wird sogar explizit erklärt: „Es erfolgt keine
Bonitätsprüfung“.
Alle Anfragen der Testpersonen waren ausdrücklich auf
„SCHUFA-freie“ Angebote gerichtet. Dennoch fanden
sich in den Onlineformularen bzw. Vermittlungsaufträgen
bei 33 Firmen (66%) Klauseln, die den jeweiligen Kredit-
vermittler bzw. die anzufragende Bank ermächtigten,
Auskünfte einzuholen. In der Regel handelte es sich dabei
um förmliche SCHUFA-Klauseln, teilweise wurden auch
allgemeinere Formulierungen zur Bonitätsprüfung ver-
wendet. Dies ist letztlich auch zwingend, denn aus nahe-
liegenden wirtschaftlichen Gründen, aber natürlich auch
aufgrund gesetzlicher Vorgaben7, kann es selbstverständ-
lich keinen Kredit ohne Bonitätsprüfung geben.
Die Verwendung von SCHUFA-Klauseln steht aber in
deutlichem Widerspruch zur beabsichtigten Werbebot-
schaft, ein Umstand, der von den Kreditvermittlungen
kaum thematisiert wird. Drei Kreditvermittler erläuterten
dazu, eher verwirrend, dass sie – falls die Vermittlung
eines „SCHUFA-freien“ Kredites nicht möglich sei – als
zweite Möglichkeit prüften, „welches Darlehen mit
SCHUFA angeboten werden kann. Sollte die erste
Prüfung die Aussicht auf ein verbessertes Angebot mit
SCHUFA ergeben, kann auch in umgekehrter Reihenfolge
agiert werden.“
7 § 509 BGB, eingeführt mit der Umsetzung der Verbraucherkreditlinie der EU, verpflichtet dazu, „die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers zu bewerten“, was auch mit Hilfe der Bonitätsinformationen von Auskunfteien erfolgen kann.
Unter Berücksichtigung der Finanzsanierungsangebote,
für die eine Bonitätsauskunft irrelevant ist, und der
Firmen, die ihre Rolle auf die Weiterleitung von Kredit-
anfragen an andere verbundene Unternehmen beschrän-
ken, wird von mehr als der Hälfte der Anbieter die
Möglichkeit einer SCHUFA-Anfrage vereinbart.
Im Widerspruch zu den Werbeversprechungen lösten die
Kreditanfragen auch tatsächliche SCHUFA-Anfragen aus.
Drei Testpersonen fanden bislang entsprechende Einträge
in ihrer Selbstauskunft. Diese Anfragen erfolgen über
diverse Teilzahlungskreditinstitute, nicht über die Kredit-
vermittler. Entsprechend war es leider nicht möglich,
die Anfragen einer bestimmten Kreditanfrage und damit
einem konkreten Kreditvermittler zuzuordnen. Die fest-
gestellten Einträge waren nicht als „Konditionenabfrage“
bezeichnet, sondern als „Kreditanfrage“ – mithin also für
die Scoreberechnung relevant.
Damit lässt sich feststellen, dass Anfragen nach
„SCHUFA-freien“ Krediten – entgegen der Vorstellung
der Kreditsuchenden – selbstverständlich doch mit einer
Überprüfung der persönlichen Bonität mit Hilfe von Aus-
kunfteien verbunden sind. Diese erfolgt durch die letztlich
angefragten Kreditgeber und nicht durch die Kredit-
vermittler selbst.
Hohe Vorabgebühren – keine Leistung
Vorabbearbeitungsgebühren wurden (ohne Berücksichti-
gung der Anbieter von Finanzsanierungsvermittlungen
und Versendern von Nachnahmen, hierzu siehe unten)
von drei Vermittlern veranlagt.
Ein Anbieter versprach gegen einen Betrag von 99,95 1
die Vermittlung „zu privaten und gewerblichen Darle-
hensgebern aus dem deutschsprachigen Raum, Luxem-
burg und den USA.“ Nach dem Ausfüllen einer umfang-
reichen Selbstauskunft und Zahlung der Gebühren über
einen Anbieter von Internetbezahlsystemen wurde der
Zugang zu einem geschützten Bereich des Internetauf-
tritts freigeschaltet.
Werbelüge „SCHUFA-frei“(Anteil der angefragten Kreditvermittler, die eine Klausel zur Bonitätsprüfung in ihren AGBs haben; in %)
n=50
Quelle: SCHUFA.
Bonitätsprüfung in AGBs
66
12 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter
Dieser Bereich ermöglichte zunächst den Zugriff auf
angebliche „Topreporte“ zu den Themen Kauf von
Doktortiteln, selbständig machen als Finanzmakler, Geld
ohne Auskunft (bestehend aus einer Anschriftensamm-
lung von Kreditvermittlern und Banken, Stand 2003) und
ähnlichen Schriftstücken. Darüber hinaus wurde ein Link
zu einem (nicht funktionsfähigen) Peer-to-Peer-Kreditpor-
tal (ohne Impressum) angeboten.
Weiter bestand die Möglichkeit einer sogenannten erwei-
terten Kreditanfrage. Um diese zu nutzen, musste
zunächst nochmals eine Selbstauskunft ausgefüllt wer-
den, die nach der Bestätigung an Kreditvermittler und
Banken gesandt werden sollte. Nach der Betätigung des
Absende-Buttons wurde eine Liste mit 109 Anbietern ein-
geblendet, denen die Kreditanfrage angeblich zugeleitet
worden sei. Ob dies tatsächlich der Fall war, konnte nicht
geprüft werden, jedenfalls erfolgte von keiner der geliste-
ten Firmen eine Kontaktaufnahme zum Probanden.
Einen umfangreichen Katalog von Leistungen für Privat-
und Geschäftskunden bewarb ein weiterer Anbieter.
Neben Firmengründungen, -liquidationen, Immobilienret-
tung, Schuldnerhilfen und Privatinsolvenzen wurden auch
„SCHUFA-freie“ Finanzierungen über „ein Netzwerk an
privaten Investoren aus Deutschland, Österreich, Luxem-
burg, Schweiz und Polen“ angeboten.
Die von den Probanden auszufüllende Selbstauskunft
enthielt, neben den üblichen Angaben zur Person und
den wirtschaftlichen Verhältnissen, auch eine Regelung
zum Honorar. Darin kündigte der Anbieter an, zunächst
ein individuelles Finanzierungskonzept erstellen zu wol-
len, dessen Kosten 1% des Finanzierungsbedarfs, min-
destens aber 500 1 betragen sollten. Für den Fall einer
erfolgreichen Finanzierung sei eine Provision von 2% des
Kreditbetrages fällig. Wenige Tage nach Absendung der
Selbstauskunft wurde telefonisch mitgeteilt, der Kredit sei
darstellbar und eine Rechnung angekündigt.
Die Rechnungsstellung über 595 1 (inkl. MwSt.) erfolgte
allerdings nicht durch den Anbieter selbst, sondern durch
ein weiteres Unternehmen. Nach Zahlung des Betrages
waren bis zum Redaktionsschluss keinerlei Aktivitäten der
Firmen mehr zu verzeichnen. Mehrere Nachfragen nach
dem Verfahrensstand blieben ebenso unbeantwortet
wie die Aufforderung, den geleisteten Betrag zurückzu-
erstatten.
Ein anderer Kreditvermittler versicherte in den Anschrei-
ben an die Probanden regelmäßig: „Es fallen keine
Vorkosten an“. Im weiteren Ablauf erhielten die Test-
personen dann allerdings die Nachricht, dass sich die
gewünschte Vermittlung als problematisch erweise:
„Ihre schlechte, bzw. fehlende Bonität lässt eine weitere
Bearbeitung in der gewünschten Form momentan nicht
zu. Um in der Sache weiter zu kommen, wäre ein
spezieller Bonitätsabgleich (bezogen auf Ihre persönliche
Situation) denkbar. Mit den sich darauf ergebenden
Werten könnte die fehlende Basis entsprechend unter-
mauert werden. Die Kosten hierfür betragen (…)“.
Flankiert wurde das Schreiben durch einen Anruf des
Vermittlers, oder eines Mitarbeiters, der versicherte, nach
Erstellung der speziellen Analyse wäre die Kreditaus-
zahlung kein Problem, eine entsprechende Zusage der
Bank läge vor.
Trotz Überweisung der Forderung (in Höhe von ca.
1% des gewünschten Kredits) verbesserte sich
die Bonität der Kreditsuchenden offensichtlich nicht,
da weder eine Vermittlung erfolgte noch Sachstands-
anfragen beantwortet wurden.
Schnellbearbeitungsgebühren sind bar zu entrichten
Kreditsuchende, die sich um „SCHUFA-freie“ Darlehen
bemühen, stehen, wie oben erläutert, oftmals unter gro-
ßem wirtschaftlichem Druck und sind an einer möglichst
raschen Kreditgewährung interessiert. Diesem Bedürfnis
trugen drei Anbieter Rechnung, indem sie gegen einen
Betrag von 10 bzw. 20 1, eine beschleunigte Abwicklung
der Kreditanfragen anboten. Wenn der Interessent sich
für diese bevorzugte Bearbeitung seiner Anfrage ent-
scheide, solle er den Betrag in bar seiner Kreditanfrage
beilegen.
Ein Anbieter wollte sich innerhalb von 48 Stunden beim
Kreditsuchenden melden, sofern dieser 20 1 für die
Eilbearbeitung beilege. Ein weiterer Anbieter versprach
im Anschreiben, mit dem die Selbstauskunft übersandt
wurde, eine „bevorzugte Eilabwicklung mit Antrags-
freigabe innerhalb von 24 Stunden (Zeitgewinn bis zu
4 Tagen)“. Ein Unterschied in der Bearbeitungsgeschwin-
digkeit ließ sich allerdings nicht feststellen.
Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 13
Telefonmehrwertdienstnummern wurden von neun der
Firmen eingesetzt, teilweise, indem sie als einzige Mög-
lichkeit einer telefonischen Kontaktaufnahme angeführt
waren, teilweise, indem sie gegenüber der Festnetznum-
mer herausgehoben wurden. Bei zwei Firmen fehlte die
gesetzlich vorgeschriebene Tarifangabe.
„Auslagenerstattung“ ist unseriös
Durch das Verbraucherkreditgesetz8 von 1991 wurde der
Vergütungsanspruch des Kreditvermittlers auf den Fall der
erfolgreichen, nicht mehr widerrufbaren Darlehensver-
mittlung beschränkt. Nebenentgelte darf der Kreditver-
mittler nicht verlangen. In diese Regelung wurde aber
integriert, dass der Kreditvermittler vereinbaren kann,
dass entstandene erforderliche Auslagen vom Kreditsu-
chenden zu erstatten sind. In aller Regel könnte es sich
hierbei im Bereich des üblichen Verbraucherkredites nur
um Kosten für Porti, Telefongebühren, Papier, Kopien und
Druck handeln. Die Höhe der hierfür anfallenden Beträge
steht allerdings in keinem vernünftigen Verhältnis zum
Aufwand, der mit einer Dokumentation dieser Kosten
verbunden wäre. Betriebswirtschaftlich macht es keinen
Sinn, Minimalbeträge arbeits- und kostenaufwendig zu
erfassen, um sich dann die entsprechenden Positionen
erstatten zu lassen, da der Erfassungsaufwand nicht
erstattungsfähig ist.
Seriöse Anbieter machen daher von der gesetzlichen
Möglichkeit der Vereinbarung von Auslagenerstattungen
keinen Gebrauch. Unseriöse Anbieter nutzen die gesetz-
liche Regelung, indem jedwede Geldforderung – als
„Auslage“ definiert – in Rechnung gestellt wird.
Eine Vereinbarung über die Verpflichtung zum Auslagen-
ersatz findet sich bei zehn der untersuchten Firmen. Dem
Umstand, dass eine gefestigte obergerichtliche Rechtspre-
chung seit einigen Jahren die Unzulässigkeit von pauscha-
len Auslagen entschieden hat, tragen die Anbieter Rech-
nung, indem sie eine Formulierung verwenden, mit der
sie die für Auslagen zu ersetzende Summe auf einen
Maximalbetrag9 begrenzen, der dann allerdings auch in
allen Fällen gefordert wurde.
8 Die entsprechenden Vorschriften sind mittlerweile ins BGB integriert.9 Die Beträge liegen dabei zwischen 39 und ca. 75 1.
Die verbleibenden Firmen traten gegenüber den Kreditsu-
chenden nur als Durchleitung zu einer anderen Firma auf,
reagierten auf die Kreditanfrage nicht mit Übersendung
eines Kreditvermittlungsvertrags, händigten im Hausbe-
such keine Unterlagen aus oder waren als Vermittler von
Finanzsanierungsverträgen nicht vergleichbar.
Geltend gemacht wurden angebliche Auslagen bislang
erst von vier Firmen. Die geringe Zahl erstaunt, nach den
Erfahrungen der Schuldnerberatung dürfte die niedrige
Zahl der Forderungen aber auf relativ lange Bearbeitungs-
zeiten bei den Anbietern zurückzuführen sein. Die
machen üblicherweise ihre Forderung erst zwei bis drei
Monate nach Abschluss des Kreditvermittlungsvertrags
geltend. Es ist daher davon auszugehen, dass sich die
Zahl der Forderung von „Auslagen“ in den nächsten
Wochen steigern wird.
Erstattungsfähig sind nach dem Gesetzestext10 nur die
entstandenen erforderlichen Auslagen (soweit eine
schriftliche Vereinbarung hierüber getroffen ist und sie in
Zusammenhang mit der Vermittlung des Darlehensver-
trags stehen), so dass erwartet werden kann bzw. muss,
dass ein seriöser Anbieter die verauslagten Gelder einzeln
verbucht, wenn er sich auf die Vereinbarung berufen will.
Dementsprechend müsste der Nachweis der Auslagen
ohne weiteres möglich sein.
Die gesetzliche Regelung ist auch durchaus bekannt, so
tragen die von einem Anbieter versandten Überweisungs-
träger den Vermerk „AE (Kundenname), nach § 655d
BGB“.
Dennoch wurden die Auslagenforderungen regelmäßig
ohne nähere Erläuterung, wie diese sich zusammensetz-
ten, in Rechnung gestellt. Auch auf ausdrückliche Nach-
frage der Probanden mit der Bitte, die geforderte Summe
aufzuschlüsseln, erteilten die Firmen in der Regel keine
detaillierte Abrechnung. Angesichts der fehlenden bzw.
ungenügenden Nachweise wurden die Rechnungen kom-
mentarlos nicht beglichen, so dass die ersten Rechnungen
von den Anbietern angemahnt wurden. Eine gerichtliche
Geltendmachung ist bislang noch nicht erfolgt, wohl aber
eine Weitergabe an Inkassounternehmen (siehe unten).
10 § 655d BGB: Der Darlehensvermittler darf für Leistungen, die mit der Vermittlung des Verbraucherdarlehensvertrags oder dem Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags zusammen-hängen, außer der Vergütung nach § 655c Satz 1 ein Entgelt nicht verein-baren. Jedoch kann vereinbart werden, dass dem Darlehensvermittler entstandene, erforderliche Auslagen zu erstatten sind.
14 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter
Ein Anbieter verband die – mit „AUSLAGENBESCHEID“
überschriebene – Rechnung mit einer positiven Nachricht
für die Testperson: „können wir Ihnen heute mitteilen,
daß die (...)Bemühungen um Ihren Kredit erfreulicher-
weise zum Abschluß kommen. Nach Ablehnung einzelner
Banken liegt uns jetzt die Übernahmezusage einer
unserer Finanzverbindungen vor.“
Nach Überweisung des geforderten Betrages betonte die
Firma im folgenden Schreiben zunächst nochmals ihre
beträchtlichen Anstrengungen und teilte dann mit: „ist es
uns im Rahmen der mit Ihnen vereinbarten Modalitäten
zur Realisierung Ihres Kreditwunsches gelungen, unseren
nachstehenden Finanzierungspartner für die Durch-
führung Ihres Vertrags zu gewinnen: …….“.
Ausweislich der im Schreiben angegebenen Anschrift
handelte es sich bei dem Finanzierungspartner um ein
Unternehmen, das aus anderen Testkontakten bekannt
war. Mithin hatte der Anbieter nicht, wie der „AUSLA-
GENBESCHEID“ einzig sinnvoll zu interpretieren war, eine
kreditgebende Bank gefunden, sondern den Probanden
schlicht an den nächsten Kreditvermittler weitergereicht.
Im Gegensatz zu anderen Anbietern schlüsselte ein
Anbieter die angeblichen Auslagen in mehrere Kostenpo-
sitionen auf. Die Rechnung umfasste die Positionen
Teilnahme bzw. Einleitung ILS-Verfahren,
inkl. Aktenanlegung Eintrag EDV-Anlage 29,00 1
Telefon/Faxgebühren, Kundenverwaltung
Pauschalbetrag: 11,50 1
Bereitstellung der Kreditsumme
durch den Geldgeber Pauschalbetrag: 27,50 1
MWSt.: 19%: 12,92 1
Gesamtbetrag : 80,92 1
Diese Auflistung ist allerdings nicht geeignet, angefallene
Auslagen nachzuweisen. Unabhängig davon, dass die,
nach Ansicht des Verfassers notwendige, Einzeldarstel-
lung der Kosten fehlt, ist allenfalls die zweite Position
ohne weiteres mit dem Begriff von Auslagen in Verbin-
dung zu bringen. Nachdem es sich bei den denkbaren
Auslagen i.S.d. Gesetzes letztlich überwiegend um Mate-
rialkosten handelt, ist die Kostenposition unglaubwürdig,
da ein mit Materialkosten im behaupteten Umfang
betriebener Aufwand im Massengeschäft Verbraucherkre-
dit weder notwendig noch sinnvoll wäre. Der Umstand,
dass in der „Abrechnung“ ein Pauschalbetrag für diese
Kostenposition verlangt wird, führt im Übrigen dazu, dass
die Position nicht abrechnungsfähig wäre, da pauschale
Kostenansätze vor der Rechtsprechung keinen Bestand
haben.
Die Rechnungsposten „Teilnahme bzw. Einleitung ILS-Ver-
fahren ...“ und „Kundenverwaltung“ sind unabhängig
von dem Umstand der Pauschalierung nicht erstattungs-
fähig. Bei den vom Vermittler erbrachten Arbeitsleistun-
gen bzw. den Kosten hierfür handelt es sich nicht um
Auslagen, sondern um Gemeinkosten des Vermittlers.
Daher kann die Übernahme von Aufwendungen für
Arbeitsleistung mit den Kreditsuchenden nicht wirksam
vereinbart werden.
Auch die Bezeichnung der dritten Kostenposition ist mit
dem Begriff der „Auslagen des Kreditvermittlers“ nur
schwer in Verbindung zu bringen, wird hier doch ein Auf-
wand in Rechnung gestellt, der bereits nach dem Text der
Rechnung eben nicht beim Kreditvermittler angefallen ist.
Letztlich behauptet die Kreditvermittlung, ein Kreditgeber
mache bereits vor Abschluss eines Kreditvertrags einen
Bereitstellungszins geltend, stelle diesen der Kreditver-
mittlung in Rechnung und erhalte den Rechnungsbetrag
von der Kreditvermittlung erstattet. Es versteht sich von
selbst, dass der behauptete Ablauf gänzlich unglaub-
würdig ist.
Insgesamt entstand der Eindruck, dass die Rechnungen
darauf angelegt sind, Auslagen vorzutäuschen, die tat-
sächlich nicht entstanden sind. Einzig logischer Schluss
aus der Verweigerung detaillierter Auslagenabrechnun-
gen muss sein, dass solche beim Kreditvermittler nicht
angefallen bzw. erfasst sind. Werden dann dennoch
Auslagen geltend gemacht, ist zwingend auf eine
Täuschungsabsicht der Kreditvermittlungen zu schließen,
da die Kenntnis der relevanten Rechtsvorschriften für den
eigenen Arbeitsbereich vorauszusetzen ist.
Kreditratenausfallversicherungen als Voraussetzung einer Kreditvermittlung
Restschuldversicherungen, auch als Restkreditversicherun-
gen bezeichnet, sichern den Kreditnehmer bzw. dessen
Hinterbliebene – je nach abgeschlossenem Risiko – gegen
Forderungen im Todesfall, bei Arbeitsunfähigkeit oder
Arbeitslosigkeit ab. Abgedeckt werden durch sie der
jeweils noch offene Restkredit bzw. die während der
Arbeitsunfähigkeit/Arbeitslosigkeit fällig werdenden
Raten. Restschuldversicherungen werden regelmäßig mit
Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 15
dem Kreditvertrag abgeschlossen und die – meist als
Einmalbeitrag anfallenden – Kosten mitfinanziert. Soweit
der Abschluss einer Restschuldversicherung von der Bank
zur Voraussetzung einer Kreditgewährung gemacht wird,
sind die Kosten bei der Berechnung des effektiven Jahres-
zinses zu berücksichtigen. Aus Sicht des Verbraucher-
schutzes sind Restschuldversicherungen nicht unumstrit-
ten, dennoch sind sie ein weitverbreitetes Sicherungs-
mittel für Konsumentenkredite.
Bei der Kreditratenausfallversicherung handelt es sich im
Gegensatz dazu um eine Unfallversicherung mit zusätz-
lichen Leistungen im Falle der Arbeitslosigkeit bzw.
Arbeitsunfähigkeit und einem Todesfallschutz, der aller-
dings nur bei Unfalltod greift. Die Versicherungsleistun-
gen bei Arbeitsunfähigkeit/Arbeitslosigkeit werden, nach
einer Karenzzeit von 120 Tagen, nur für einen Zeitraum
von maximal zwölf Monaten erbracht. Die Höhe der
Beiträge der angebotenen Verträge schwankte zwischen
29,90 1 und 49,90 1 im Monat.
Als Kreditsicherheit erscheint das Produkt allerdings,
angesichts einer Vielzahl von Haftungsausschlüssen, Vor-
bedingungen und Leistungsklauseln, insbesondere hin-
sichtlich des Risikos der Arbeitslosigkeit, kaum geeignet.
So beinhalten die Allgemeinen Versicherungsbedingun-
gen eines Anbieters nicht nur den üblichen Ausschluss
von Vorerkrankungen, sondern schränken auch den Kreis
der Personen ein, die eine Leistung beziehen können.
Voraussetzungen sind u.a. ein Alter des Versicherungs-
nehmers zwischen 18 und 55 Jahren, eine Anstellung in
einem unbefristeten und sozialversicherungspflichtigen
Arbeitsverhältnis mit einer Wochenarbeitszeit über
18 Stunden, das bei Versicherungsbeginn seit mindestens
24 Monate besteht, wobei Saisonarbeiten, kurzfristige
Beschäftigungen, Ausbildungs- und Referendarzeiten
ebenso wenig rechnen wie Arbeitsverhältnisse bei Ehe-
partnern oder Verwandten in direkter Linie. Selbständige
können grundsätzlich auch versichert werden, soweit
die Selbständigkeit nicht als Kleingewerbetreibender,
Geschäftsführer einer Ein-Personen-GmbH oder in einer
Reihe weiterer Funktionen und Branchen erfolgt.
Die Versicherungen wurden den Probanden ohne Rück-
sicht auf die in der Regel durch die Selbstauskünfte
bereits bekannte, individuelle berufliche Situation ange-
dient. Ganz offensichtlich ist die Absicherung der Arbeits-
losigkeit für Bezieher von Arbeitslosengeld II überflüssig.
Das hinderte die Kreditvermittlungen nicht daran, das
Produkt zu empfehlen.
Teilweise war der Antrag auf die Versicherung mit dem
Kreditvermittlungsantrag selbst verbunden. Alternativ
wurde das Versicherungsangebot mit der Anforderung
von Unterlagen gekoppelt. Der Aufbau der Schreiben er-
weckt hierbei den Eindruck, dass Kreditvermittlungs auf-
trag bzw. Unterlagen und Antrag auf Kreditratenausfall-
versicherung zusammen zurückgesandt werden müssten.
Ein Anbieter meldete sich telefonisch bei einem Proban-
den und teilte mit, der „Antrag hätte die Vorprüfung
positiv überstanden. Für die endgültige Entscheidung
benötige man noch Daten (...). Die Raten wären 137,80 1
über 40 Monate (...). Eine Kreditausfallversicherung wäre
dazu Pflicht“11. Trotz Rücksendung des unterzeichneten
Versicherungsantrages kam es nicht zu einer Kreditge-
währung.
Sonstige Finanzdienstleistungen spielten bei den Angebo-
ten an die Probanden nur eine geringe Rolle. Ein einziger
Anbieter schickte einen Bausparvertrag zur Unterzeich-
nung.
Neben der Kreditratenausfallversicherung wurde von
einem Anbieter versucht, die Probanden zum Abschluss
von Haftpflicht- und Hausratversicherungen zu bewegen.
Die entsprechenden Begleitschreiben suggerierten, dass
durch den Abschluss der Versicherung die Kreditvergabe
wahrscheinlicher würde, sie in „Zweifelsfällen“ gar
entscheidend sein könnten, indem sie Formulierungen
enthalten, wie, „Denn jeder Geldgeber sieht es positiv,
wenn ein Kreditnehmer vorgesorgt hat“.
11 Gedächtnisprotokoll Proband
Problematische Kreditratenausfallversicherung wird angeboten (Anteil der Kreditvermittler, die einen Kreditratenausfall- versicherung angeboten haben; in %)
n=50
Quelle: SCHUFA.
Angebot einer Kreditratenausfall-versicherung22
16 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter
Unsinnige Beteiligungen
Fünf Anbieter schickten den Anfragenden per Post einen
Antrag auf eine stille Beteiligung bzw. den Beitritt zu
einem Immobilienfonds oder einer Genossenschaft oder
überreichten diese beim Hausbesuch zur Unterschrift.
Die Zusendung der Anträge wurde in der Regel mit der
Anforderung von Unterlagen oder der Frage, in welcher
Form der gewünschte Kredit ausgezahlt werden solle,
verbunden. Diese Punkte hätten selbstverständlich schon
im vorausgegangenen Ablauf geklärt werden können.
Es ist daher davon auszugehen, dass die Anbieter darauf
abzielen, zumindest bei einem Teil der Kreditsuchenden
den Eindruck zu erwecken, dass die Rücksendung der
Anträge für die Kreditgewährung notwendig sei. Zwei
Anbieter erinnern bei ausbleibenden Rückantworten auch
an ihr Angebot und verwenden dabei Formulierungen
wie „(...) hatten wir Ihnen das Produkt zur Anlage der
Vermögenswirksamen Leistungen (...) empfohlen. Die
Rücksendung der Unterlagen erwarten wir bis zum“ oder
„übersenden wir Ihnen diese nochmals mit der dringen-
den Bitte um schnellstmögliche Rücksendung“.
Einer Probandin mit einem Kreditbedarf von 3.500 1
wurde in einem Schreiben, mit dem die Genehmigung
einer Finanzsanierung mitgeteilt wurde, eine Beteiligung
an einem Vermögensbildungsfonds beigelegt. Die Zeich-
nungssumme betrug 9.600 1. Sie wäre in monatlichen
Teilbeträgen von 50 1, entsprechend einer Laufzeit von
16 Jahren, zu erbringen gewesen.
Der Zeichnungsschein enthielt einen Passus, mit dem
der Kunde bestätigte, den jeweiligen Emissionsprospekt
erhalten/zur Kenntnis genommen zu haben. Einen Pros-
pekt – in Form einer CD – überreichte allerdings nur ein
Anbieter, so dass den Probanden i.d.R. eine Prüfung der
Risiken oder der Anlagestrategie nicht möglich war.
Durch die Unterzeichnung der Klausel über die Aushän-
digung des Prospektes verschlechtert sich die rechtliche
Position erheblich.
Mangels Prospekt wäre es den Kreditsuchenden auch
nicht möglich gewesen zu erkennen, ob und gegebenen-
falls in welchem Umfang sie für die Verbindlichkeiten des
Unternehmens haften. Der Zeichnungsschein eines Unter-
nehmens enthält immerhin eine Risikobelehrung, der zu
entnehmen ist, dass es sich bei der Anlageform um eine
unternehmerische Beteiligung, mit entsprechenden
Risiken bis hin zum Totalverlust, handele. Zur genaueren
Darstellung dieses Risikos wird dann allerdings auf den
(tatsächlich nicht) ausgehändigten Prospekt verwiesen.
Alle Beteiligungsscheine enthalten die Regelung, dass die
Zahlungen gegebenenfalls auch direkt vom Arbeitgeber
überwiesen werden sollen. Soweit ein vom Arbeitgeber
gezahlter Zuschuss im Rahmen der vermögenswirksamen
Leistungen nicht ausreicht, die Rate zu decken, wird der
Arbeitgeber angewiesen, den Differenzbetrag vom Netto-
einkommen des Kreditsuchenden einzubehalten. Die Zah-
lungsanweisung zugunsten etwa bestehender Verträge
über vermögenswirksame Leistungen wird gleichzeitig
widerrufen. Zusätzlich bzw. alternativ ist ein Auftrag zur
Einrichtung eines Dauerauftrags bei der kontoführenden
Bank des Kreditsuchenden enthalten.
Bei den Zeichnungsscheinen zugunsten des Vermögens-
bildungsfonds ist die Zahlung der Beteiligungssumme
durch eine Lohn- und Gehaltsabtretungsklausel gesichert.
Die Beteiligungsgesellschaft sichert12 sich damit für den
Fall ausbleibender Zahlungen, den schnellen und unmit-
telbaren Zugriff auf die pfändbaren Anteile von Lohn und
Lohnersatzleistungen ab, ohne dass es einer Titulierung
und gerichtlichen Beitreibung des Anspruchs bedarf.
Praktisch alle Kreditverträge im Konsumentenbereich
beinhalten ebenfalls eine solche Lohn- und Gehaltsabtre-
tung zur Sicherung der Rückzahlung. Da Lohnabtretun-
gen ihre Wirksamkeit bereits mit dem Datum der Unter-
schrift entfalten, ginge eine Lohnabtretung zugunsten
der Beteiligungsgesellschaft einer Abtretung zur Siche-
rung eines später vermittelten Kredits im Range voran.
Der Zugriff auf das pfändbare Einkommen des Kredit-
nehmers wäre durch die vorrangige Abtretung bis zur
vollständigen Erfüllung der Verpflichtungen aus der Betei-
ligung blockiert und die Abtretung im Kreditvertrag somit
faktisch entwertet. Soweit ein potentieller Kreditgeber
seine Kreditentscheidung (auch) von der Einräumung
einer Lohnabtretung abhängig macht, führt die Zeich-
nung der Beteiligung also dazu, dass die Chancen einer
Kreditgewährung geringer werden.
Tatsächlich sind die Verträge auch aus einem weiteren
Grund nicht geeignet, als Sicherheit für ein Darlehen zu
dienen. Werthaltig werden diese Anlagen allenfalls dann,
wenn sich – nach den vertraglichen Bestimmungen – ein
12 Die Sicherheit greift natürlich nur, wenn kein tarif- oder arbeitsvertraglicher Ausschluss von Lohnabtretungen vereinbart ist.
Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 17
Auseinandersetzungsguthaben ergibt oder die Beteili-
gung voll eingezahlt ist. Dies dürfte aber frühestens
mehrere Jahre nach Abschluss der Beteiligung der Fall
sein, so dass ein potentieller Kreditgeber die Anlage nicht
als Sicherheit einschätzen wird. Im Hinblick auf die vom
Kreditsuchenden eingegangene Haftungssituation hin-
sichtlich der Zeichnungssumme könnte die eingegangene
Verpflichtung die Aussicht auf eine Kreditvergabe eher
mindern.
Selbstverständlich werden aber Kreditsuchende solche
Verträge nur abschließen, weil sie sich eine Verbesserung
der Vermittlungsaussichten versprechen. Vor dem Hinter-
grund dieser Motivation rechnen sie sicherlich nicht
damit, dass die Verträge die Aussichten auf eine Darle-
hensgewährung eher schmälern, jedenfalls aber nicht
verbessern. Darüber hinaus sind ihnen die Anlageformen
nicht vertraut, so dass sie das allgemeine Risiko der Anla-
geform nicht einschätzen können, und die Bewertung des
konkreten Risikos ist, mangels Prospektinformationen,
vielfach ebenfalls nicht möglich.
Aus Sicht unseriöser Vermittler bieten sich die Verträge
dazu an, über die ausgezahlten Abschlussprovisionen
unter Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen Erträge
zu realisieren. Der Umstand, dass sie ihren Kunden
solchermaßen Haftungsrisiken überwälzen, die den
gewünschten Kreditbetrag im Einzelfall deutlich über-
schreiten, wird nicht nur nicht erwähnt, es wird vielmehr
aktiv darüber getäuscht, wenn Verträge als „VWL zur
Absicherung“ beworben werden.
Hausbesuche setzen Kreditsuchende unter Druck
Mit sieben Probanden wurde auf Initiative des Kreditver-
mittlers ein Hausbesuch vereinbart. Einem Probanden
wurde dabei telefonisch vorgeschlagen, den Kreditbedarf
durch den Kauf einer Immobilie abzudecken. Im Haus-
besuch, bei dem das Kreditmodell ursprünglich erläutert
werden sollte, wurde – wohl angesichts der bereits
bestehenden Verbindlichkeiten aus Immobilienkäufen –
stattdessen die Durchführung eines Insolvenzverfahrens
mit Hilfe des Anbieters vorgeschlagen. Ein Hausbesuch
wurde durch den Außendienstmitarbeiter nach fünf
Minuten beendet, möglicherweise im Hinblick auf die
Anwesenheit des Ehemanns der Probandin.
Soweit überhaupt eine Begründung für die Notwendig-
keit eines Hausbesuchs abgegeben wurde, erklärten die
Mitarbeiter der Anbieter, der Hausbesuch sei notwendig,
„um alles für den Vertrag fertig zu machen“13 oder
„um die Personaldaten zu verifizieren“.
Alle Testpersonen berichteten, dass die Hausbesuchssitua-
tion mit großem Zeitdruck, durch die Außendienstmitar-
beiter verursacht, verbunden war. Eine genaue Lektüre
der zu unterschreibenden Formulare sei nicht möglich
gewesen. Regelmäßig seien allerdings neben den Kredit-
anträgen weitere Unterlagen zur Unterschrift präsentiert
worden: „Als der Kreditantrag fertig ausgefüllt war und
ich unterschreiben sollte, wurde dieser zur Seite gelegt.
Der Mitarbeiter holte eine Broschüre aus seiner Mappe
und meinte: ‚Dann müssen wir noch unbedingt das hier
machen‘ Scoreoptimierung, Schuldenberatung und an die
zehn weitere Punkte“...„hat mir zuerst den Kreditvertrag
zum Unterschreiben hingelegt und direkt danach die
Versicherung. ... gefragt habe, ob bzgl. der Versicherung
wegen meiner chronischen Krankheit Einschränkungen
bestehen ... zuerst war er ein wenig irritiert, verneinte
dies dann aber. Ich selber habe nicht nach einer Versiche-
rung gefragt.“
Absprachegemäß versuchten die Testpersonen mit ver-
schiedenen Begründungen, die – teilweise bereits unter-
zeichneten – Verträge einzubehalten, was die Außen-
dienstmitarbeiter verweigerten bzw. nicht vollständig
zuließen. Eine vollständige Auflistung bzw. ein vollständi-
ger Einbehalt aller unterzeichneten Papiere war keinem
der Probanden möglich. Eine Probandin, der es gelungen
war, den Kreditvermittlungsvertrag, einen Dienstleistungs-
vertrag über die Erstellung eines Haushaltsbogens, eine
Beteiligung an zwei Unternehmen als Durchschlag zu
erhalten, ging davon aus, damit sämtliche abgeschlosse-
nen Verträge widerrufen zu können. Erst durch einen
Anruf der Hausbank, die nachfragte, ob der vorgelegte
Dauerauftrag tatsächlich ausgeführt werden solle, stellte
sie fest, dass zusätzlich noch eine weitere Beteiligung im
Hausbesuch unterzeichnet worden war.
Wenn es aber den Testpersonen, die im Zuge der Projekt-
vorbereitung und nochmals unmittelbar vor dem Besuch
ausführlich auf die Hausbesuchssituation und die zu
erwartenden Abläufe vorbereitet worden waren, nicht
möglich war, einen vollständigen Nachweis oder auch nur
13 Im Folgenden: Alle Zitate entstammen den Protokollen der Testpersonen.
18 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter
einen Überblick über die eingegangenen Verpflichtungen
zu erhalten, ist unschwer nachzuvollziehen, dass es „ech-
ten“ Kreditinteressenten genauso geht. Dieser Umstand
dürfte erklären, warum das Geschäftsmodell „Kredit-
vermittlung im Hausbesuch“ weiterhin betrieben wird.
Die „Leistungen“ der Außendienstmitarbeiter sollten mit
bis zu 200 1 bezahlt werden, wobei sich in mindestens
drei Fällen die Mitarbeiter einen Überweisungsträger
unterschreiben ließen. Auf Nachfrage wurde teilweise
erklärt, dieser werde erst bei der Bank eingereicht, wenn
der Kredit genehmigt sei. Tatsächlich wurden die Über-
weisungen den Banken vorgelegt, ohne dass eine Kredit-
zusage zustande kam.
Ein Besuchstermin wurde vorzeitig abgebrochen, ohne
dass es zu einer Unterzeichnung von Verträgen kam, als
der Proband auf der telefonisch zugesicherten Kostenfrei-
heit bestand: „...wurde der eben noch mühsam ausge-
füllte Kreditantrag theatralisch zerrissen, der Mitarbeiter
meinte: ‚Dann kann ich nichts für Sie tun‘. (...) zumindest
seinen zerrissenen Kreditantrag hat er liegenlassen“.
Das Vorgehen der Vermittler entspricht den Ergebnissen
der Studie aus 2007 und ist identisch mit Vorgehenswei-
sen unseriöser Anbieter, deren Aktivitäten Mitte und Ende
der 90er Jahre eine Reihe von (großen) Ermittlungsverfah-
ren und in der Folge teilweise auch Verurteilungen nach
sich zogen.
Gerne werden Finanzsanierungsverträge angeboten
21 Firmen boten den Testpersonen statt des gewünschten
Kredits einen Finanzsanierungsvertrag an, 3 davon woll-
ten den Weg in ein Insolvenzverfahren mit der Vermitt-
lung einer gewerblichen Schuldenregulierung eröffnen.
Insbesondere die Finanzsanierungsangebote waren dabei
so gestaltet, dass sie über den tatsächlichen Inhalt des
angebotenen Vertrags täuschten, denn die Formulierun-
gen der Werbe- und Angebotsschreiben suggerierten,
dass ein Kredit vermittelt werden könne, auch wenn
andere Vermittler oder Banken entsprechende Anträge
bereits abgelehnt hätten (Schein-Kreditvermittlung).
Ein Anbieter nahm in seinem Werbeschreiben Bezug auf
eine vorangegangene erfolglose Kreditsuche, in dem er
mitteilte „Sie haben eine Anfrage wegen einem Kredit
gestellt? Ihre Anfrage wurde in unserem Haus geprüft
und für eine Finanzsanierung genehmigt “. Andere
Anbieter schlossen mit Formulierungen wie: „Wir haben
Ihren Antrag von einem Finanzmakler erhalten.“ oder:
„Sie hatten bei einem Finanzdienstleister eine entspre-
chende Anfrage gestellt (...) Das Ergebnis unserer bisheri-
gen Vermittlungsbemühungen ist die endgültige Zusage
für die Annahme eines Finanzdienstleistungsauftrags.“
ebenfalls an vorangegangene Kreditanfragen an. Sie
erwecken damit auch gleichzeitig den Eindruck, dass sich
das folgende Angebot auf einen Kredit bezieht.
Probanden, die auf der Homepage eines Anbieters einen
„Online-Kredit-Antrag“ ausgefüllt hatten, erhielten von
dort einen Vermittlungsvertrag mit der eindeutigen Über-
schrift „Auftrags-/Vertragsgegenstand: Auftragserteilung
zur Vermittlung einer Darlehensbeschaffungsmaß-
nahme“. Angebote eines weiteren Anbieters nahmen
unter Angabe von Internetseite, Datum und Uhrzeit
Bezug auf die Kreditanfragen.
Die Bezugnahme auf die Kreditanfragen wurde in den
Anschreiben bei der Konkretisierung der jeweiligen Ange-
bote aufgegriffen, in dem i.d.R. für den in den Testanfra-
gen geäußerten Kreditwunsch eine Lösung angeboten
wurde. Die dort ursprünglich genannte Kreditsumme,
nun Regulierungssumme, Vertragsvolumen oder Auf-
tragserteilungsvolumen genannt, sollte, so das Angebot,
mit monatlichen Leistungs-, Tilgungsraten oder Raten in
einer bestimmten Laufzeit zurückgeführt werden. Sonder-
tilgungen seien ebenfalls (kostenfrei) möglich.
Die verwendeten Termini und Aussagen ergeben ganz
offensichtlich nur im Zusammenhang mit einem Kredit-
vertrag einen Sinn. Die geltend gemachten Vermittlungs-
Finanzsanierungsverträge anstatt Kredit(Kreditvermittler, die Finanzsanierungsverträge angeboten haben; in %)
n=50
Quelle: SCHUFA.
Angebot eines Finanzsanierungs-vertrags
42
Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 19
gebühren (durchschnittlich ca. 400 1) würden von den
Kreditsuchenden kaum gezahlt, wäre ihnen die tatsäch-
liche Leistung der Anbieter bewusst. Eine Vermittlungs-
leistung, im Sinne einer Suche nach möglichen Vertrags-
partnern des Kunden oder einer Auswahl aus verschiede-
nen Angeboten, findet tatsächlich nicht statt. Regelmäßig
leiten die Vermittler die Verträge an eine bestimmte Firma
weiter, mit der man zusammenarbeitet.
Die Anbieter erwecken demnach – von der Werbung bis
zum Abschluss der Vergütungsvereinbarung – bewusst
den falschen Eindruck, einen (Umschuldungs-)Kredit ver-
mitteln zu können. Dabei gehen sie zu Recht davon aus,
dass ein Abschluss nicht zustande käme, würden sie den
Kreditsuchenden über den tatsächlichen Vertragsgegen-
stand ins Bild setzen. Angesichts dieser Täuschungshand-
lungen tragen die Vermittler solcher Angebote ein relativ
hohes Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung.
Möglicherweise im Hinblick auf dieses Strafverfolgungs-
risiko finden sich in allen Werbeschreiben Formulierun-
gen, die die zu erbringende Leistung näher definieren,
genauer, die die scheinbaren Kreditversprechen wieder
revidieren sollen. So stellen die allgemeinen Vertrags-
bedingungen eines Anbieters fest, dass die Auftragneh-
merin keinen Kredit vermittelte und auch selbst keinen
gewährt.
Ein anderer Anbieter führt – in § 1 seiner Allgemeinen
Geschäftsbedingungen – sogar den kompletten Vertrags-
text des zu vermittelnden Vertrags auf. Der Text, ca.
7.000 Zeichen im Umfang, ist, ohne Absätze, in einer
Schriftgröße von 1,5 mm in hellgrauem Druck wieder-
gegeben.
Aber selbst wenn man die Angebote von vorneherein
nicht als Kreditvermittlungs-, sondern als Schuldenregu-
lierungsangebote verstehen will, sind sie dazu geeignet,
die potentiellen Kunden über das Angebot zu täuschen.
Unabhängig von der Frage einer unzulässigen Rechts-
dienstleistung, die gegebenenfalls zur Nichtigkeit14 der
mit den Gläubigern abzuschließenden Regulierungsver-
einbarungen führt, erwecken die Angebote den Eindruck,
die bestehenden Zahlungsverpflichtungen verringern zu
können. Unklar bleibt, wer diese Vereinbarungen mit den
14 Jäger: Gläubigerbenachteiligung und Gläubigerinteressen im Insolvenzver-fahren natürlicher Personen, ZVI 2/2003 , der darauf hinweist, dass Verein-barungen mit einem Schuldenregulierer, der nicht zur Rechtsberatung befugt ist, nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig sind.
Gläubigern treffen sollte, schließen die Verträge doch
regelmäßig eine Rechtsdienstleistung durch den Finanz-
sanierer aus.
Eine Änderung der ursprünglich vereinbarten Zahlungs-
bedingungen setzt aber zusätzlich natürlich ein entspre-
chendes Entgegenkommen des Gläubigers voraus. Eine
Werbeaussage wie „erhebliche Besserung Ihrer finanziel-
len Situation aufgrund drastischer Schuldenreduzierung“
erweckt jedoch den Eindruck, auf diese Zustimmung
käme es gar nicht an, bzw. sie sei problemlos zu
erlangen.
Zwei Anbieter nahmen nicht auf die Kreditvermittlung
Bezug, sondern gestalteten ihre Werbung eindeutig als
Schuldenregulierungsangebot, so dass ein Irrtum der
Kreditsuchenden hinsichtlich einer möglichen Kredit-
vermittlung nicht aufkommen konnte. Angeboten wurde
hier ausdrücklich eine Schuldenregulierung als außer-
gerichtlicher Einigungsversuch im Sinne der Insolvenzord-
nung und gegebenenfalls Einleitung eines (Verbraucher-)
Insolvenzverfahrens. Beide Anbieter sind allerdings durch
die zuständigen Anerkennungsbehörden nicht als geeig-
nete Stellen nach § 305 Insolvenzordnung anerkannt.
Eine solche Anerkennung wäre aber die Voraussetzung
für die rechtliche Beratung und Vertretung von Schuld-
nern im Zusammenhang mit der Verbraucherinsolvenz.
Die Anbieter arbeiten daher mit Rechtsanwälten zusam-
men, um dem Vorwurf der unzulässigen Rechtsdienstleis-
tung auszuweichen. Die Kunden werden dadurch doppelt
zur Kasse gebeten, da sie die Schuldenregulierungsfirma
und zusätzlich den Rechtsanwalt bezahlen müssen. Die
Kosten dieser Kombination liegen etwa beim Doppelten
bis Dreifachen dessen, was ein selbst gewählter und
damit nur dem Schuldner als Auftraggeber verpflichteter
Anwalt nach den Empfehlungen des deutschen Anwalts-
vereins berechnen würde.
Eine geldwerte Leistung ist den Verträgen der Schulden-
regulierungsanbieter, die sich im Übrigen nur minimal von
den Vertragsmustern der Finanzsanierungsangebote
unterscheiden, kaum zu entnehmen.
20 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter
Wirtschaftsberatungsverträge statt Kredit
Ein Anbieter verschickte regelmäßig einen Wirtschafts-
beratungsvertrag, genauer eine „Beratungsvereinbarung
Allfinanzberatung“, an die Testpersonen. Der Anfrage
über den Internetauftritt, in dem keine Selbstauskunft
auszufüllen war, folgte die Übersendung eines als
„Barkredit-Vermittlungsauftrag“ bezeichneten Selbst-
auskunftsformulars. Unabhängig von den individuellen
wirtschaftlichen Verhältnissen erhielten die Probanden
nach dessen Rücksendung die schriftliche Mitteilung:
„Da die Vorprüfung positiv verlaufen ist haben wir Ihren
Antrag angenommen. Nach erfolgter Unterschrift bemü-
hen wir uns die Kreditauszahlung schnellstmöglich zu
realisieren“.
Formaler Anlass des Schreibens war die Aufforderung
mitzuteilen, ob die Kreditauszahlung per Post oder Über-
weisung erfolgen sollte. In Fettdruck wurden die Proban-
den aufgefordert, die entsprechende schriftliche Erklä-
rung „mit den Unterlagen ausgefüllt und unterschrieben
an uns zurückzusenden“.
Die Vereinbarung, in der der Anbieter mit der Beratung
beauftragt wird, war zwar gesondert zu unterzeichnen,
dennoch erweckten Gestaltung und Ablauf den Eindruck
der Zugehörigkeit zum Vermittlungsauftrag. Die „All-
finanzberatung“ wurde als Abonnement mit einer Lauf-
zeit von zunächst zwölf Monaten zum Preis von 150 1,
gestaltet.
Lukrativer Verkauf von Adressen
Kreditsuchende müssen bei der Kreditanfrage, in Abfra-
geformularen auf der Homepage der Anbieter oder in
den Selbstauskunftsbögen, weitgehende Angaben zu den
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen machen.
Diese Daten sind ein wertvolles Handelsgut. Ein Teil der
Anbieter betreibt, gegebenenfalls im Firmenverbund, den
Handel mit (Adress-)Daten als (zusätzliches) Standbein.
Dementsprechend findet sich in der Mehrzahl der Allge-
meinen Geschäftsbedingungen und der Vermittlungsauf-
träge eine Einverständniserklärung zur Datenweitergabe.
Adresslisten von Kreditsuchenden werden in großem
Umfang zielgruppengerecht vermarktet. Die von den
Kreditvermittlern gewonnenen Anschriften werden hier-
bei vermietet, d.h. sie können nur für jeweils eine Werbe-
aktion genutzt werden. Die Preise betragen hierbei bis zu
160 1 je Tausend.
Der Gesamtumfang der Weiterveräußerung von Daten
entzieht sich der Beobachtung. Allerdings finden sich im
Internet einige Angebote von Adressvermietern, denen
Zahlen zu den vorhandenen Adressen zu entnehmen
sind. So bietet ein Listbroker die über einen unbekannten
Vermittler gewonnenen Anschriften von 310.000
„Menschen mit keinem oder nur geringen Einkommen.
Sie meldeten sich auf eine Zeitungsannonce oder Direkt-
werbung in der mit Kleinkrediten auch ohne SCHUFA-
Anfrage geworben wurde.“15 Ein weiterer Anbieter
offeriert Listen mit insgesamt rund 658.600 Adress-
datensätzen von Kreditsuchenden zweier Kreditvermitt-
lungen, die nach einem Strafverfahren gegen die Verant-
wortlichen aktuell nicht mehr am Markt aktiv sind.
Erfolgreiche Kreditvermittlung ist selten
Zwei der Testanfragen führten tatsächlich zum Erfolg,
nämlich der Vermittlung eines Kredits, wenn auch nicht in
der ursprünglich gewünschten Höhe. Die Darlehen wur-
den beide durch eine in Deutschland ansässige Bank aus-
gereicht, so dass nicht auszuschließen ist, dass der Kredit
auch bei einer Direktanfrage ohne den Umweg über
einen Kreditvermittler gewährt worden wäre. Eines der
Darlehen wurde auf das Konto der Probandin ausgezahlt
(und dann vereinbarungsgemäß widerrufen und zurück-
überwiesen). Im zweiten Fall trat die Testperson nach
Erhalt des Vertrags, aber vor Auszahlung, zurück.
Eines der tatsächlich zustande gekommenen Darlehen
wurde im Zuge eines Hausbesuchs vermittelt und wies
nicht die vollständigen Vermittlungskosten aus, da der
Vermittlungsaufwand für den Hausbesuch nicht im
Vertrag aufgeführt wurde.
Das zweite Darlehen wurde zu nachfolgenden Konditio-
nen vermittelt:
15 http://www.adressfit.de/datenkarten/Kleinkreditsuchende.php, zuletzt besucht am 30.04.12.
Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 21
Nettokreditbetrag: 12.000,00 1
Beitrag Restkreditversicherung: 3.178,11 1
Courtage 6%: 910,69 1
Sollzins 12,20%: 7.912,94 1
Bruttokredit: 24.001,74 1
84 Raten in Höhe von 285,73 1
Effektivzins laut Vertrag: 15,11%
Der Testperson wurde seitens der Kreditvermittlung der
Abschluss der Restkreditversicherung vorgegeben. Eine
Möglichkeit, hierauf zu verzichten, bestand nicht. Die
entsprechende Auswahl der Versicherungsbausteine
(Todesfall-, Arbeitsunfähigkeits- und Arbeitslosigkeits-
schutz) war bereits vorgewählt.
Nach der § 6 Preisangabenverordnung sind bei der
Berechnung des effektiven Jahreszinses die Kosten einer
Restkreditversicherung einzubeziehen, es sei denn,
sie wäre keine Voraussetzung der Kreditvergabe.
Wird die Restkreditversicherung entsprechend in die
Berechnung einbezogen, ergibt sich nicht der im Vertrag
ausgewiesene Zins, sondern ein effektiver Jahreszins von
rund 25,5%16.
Stark verwobene Anbieterstrukturen
Kreditanfragen im Internet erfolgen zu einem großen Teil
auch in Form des Affiliate-Marketings17, über die Seiten
von Werbepartnern des Anbieters. Diese betreiben ihre
Webseiten in eigener Verantwortung und gestalten sie
vor allem als Auftritte mit (mehr oder weniger umfang-
reichen) redaktionellen Inhalten, meist bezeichnet als
Blogs, oder als Vergleichsportal. Die entsprechenden
Angebote sind auf den Seiten der Affiliates in Form von
Werbebannern oder auch als Kreditanfrageformular
eingebunden, die dann zur Seite des Kreditvermittlers
(Merchands) führen.
16 Zum Vergleich: Der durchschnittliche Effektivzins für Konsumentenkredite mit einer anfänglichen Zinsbindung über fünf Jahre lag im Neukundenge-schäft in Deutschland, ausweislich der Statistik der Deutschen Bundesbank (http://www.bundesbank.de/statistik/statistik_zeitreihen.php?lang=de&open=&func=row&tr=SUD115), im Januar 2012 (der Zinssatz für März war bei Redaktionsschluss noch nicht veröffentlicht, der für Februar nur vorläufig angegeben) bei 8,2%.
Unter Berücksichtigung der Restkreditversicherung liegt der Vertragszins bei etwas mehr als dem Dreifachen dieses Zinssatzes. Die Rechtsprechung zum Verbraucherkredit geht bei einer Überschreitung des marktüblichen Zinses um mehr als 100% von der Sittenwidrigkeit des Kreditvertrags aus.
17 Im Internet weitverbreiteter Vertriebsweg, bei dem ein Anbieter (Merchand) seinen Vertriebspartnern (Affiliates) die Weiterleitung von Kunden, nach verschiedenen Vergütungsmodellen, honoriert. Klickt der potentielle Kunde einen entsprechenden Link auf der Homepage des Affiliates an, wird mit der Weiterleitung ein Abrechnungscode übergeben, so dass die Vermittlung dem Werbepartner zugeordnet werden kann.
Der Seitenbetreiber wird, je nach Ausgestaltung des
Partnerprogramms, für weitergeleitete Kreditanfragen,
ausgefüllte Kreditanträge und gegebenenfalls auch für
vermittelte Kredite honoriert.18 Einzelne Seitenbetreiber
schalten auch eigene Werbung in den diversen Such-
maschinen, deren Kosten sie selbst zu tragen haben.
Die Webauftritte sind teilweise so gestaltet, dass sie den
Eindruck erwecken, die Seite würde von einem Kreditver-
mittler betrieben. In der Mehrzahl der Fälle findet sich im
Impressum oder über die eingebetteten Anfrageformulare
aber der Hinweis19, dass der Seitenbetreiber selbst keine
Kreditvermittlung betreibt.
Ein Teil der untersuchten Kreditvermittlungsfirmen tritt
allerdings auch selbst als Affiliate auf und verlinkt zu
diversen Angeboten. Als besonders aktiv zeigte sich ein
Anbieter, der alle anfragenden Probanden mit einer Viel-
zahl von Mails bedachte. Die Firma, die selbst auch als
Merchand eines Partnerprogramms agiert (und 5 bis 10 1
je Kreditantrag unabhängig von einer Auszahlung ver-
güten will), verlinkte auf:
J das (Giro-)Kontoeröffnungsangebot einer Direktbank,
J das Angebot einer Prepaid-Kreditkarte einer Landes-
bank,
J den Webauftritt eines anderen Kreditvermittlers,
J das Angebot „SCHUFA-freier“ Telekommunikations-
verträge, Handys und Laptops.
Andere Anbieter verlinkten im Rahmen des Affiliate-
Marketings auf Peer-to-Peer-Kreditportale, Kreditkarten-
angebote und Versicherungsvergleichsportale.
Schwer durchschaubare Netzwerke
Ein Partnerprogramm mit einer Vielzahl von Werbepart-
nern wird mit Sitz in der Schweiz betrieben. Nach dem
Inhalt des Handelsregisters ist der Gegenstand des Unter-
nehmens allerdings nicht die Kreditvermittlung, sondern
„Dienstleistungen auf dem Gebiet der Werbung, Marke-
ting und Medien“. Gegenüber Kreditsuchenden tritt das
Unternehmen aber als Kreditvermittler auf.
18 Die Vergütung beträgt je nach Qualität der Daten und Anbieter 4 bis 10 1 je Adresse bzw. zurückgesandtem Kreditantrag. Im Falle einer Kreditvermitt-lung wird oftmals eine zusätzliche Provision von ca. 1% gezahlt.
19 Dies geschieht teilweise auch indirekt, indem auf die Maklererlaubnis des eigentlichen Kreditvermittlers oder auf dessen inhaltliche Verantwortung für Kreditanfrageformulare verwiesen wird.
22 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter
Die weitere Bearbeitung fand dann – zumindest bei
Kreditsuchenden, deren Selbstauskunft (etwa wegen
Arbeitslosigkeit) eine Kreditvergabe nicht von vorneherein
ausschloss – nicht mehr durch das Unternehmen selbst
statt, sondern erfolgte durch eine Finanzvermittlungs-
gesellschaft. Der Wechsel war allerdings für die Kredit-
suchenden kaum zu erkennen, da beide Firmen in ihrer
Außendarstellung eine einheitlich Bezeichnung verwen-
den. Das Vorgehen erweckt dabei den Eindruck, dass die
ursprünglich angefragte Unternehmung eine Sammel-
und Filterfunktion übernimmt. Mit hoher Wahrscheinlich-
keit werden die Adressen von Kreditsuchenden auch in
der Vermittlungsbranche weitervermarktet, wobei sich
der Verlauf der Weiterleitung nicht zweifelsfrei nachver-
folgen ließ.
Mit einer Vielzahl von Internetseiten wirbt eine Firmen-
gruppe aus Ahlen für „SCHUFA-freie“ Kredite. Besonde-
ren Wert legt die Firmengruppe dabei darauf, die wer-
benden Firmen der Gruppe als seriöse Unternehmen
darzustellen. Mit einer Vielzahl von Internetseiten, die
teilweise den Eindruck erwecken sollen, von Verbraucher-
organisationen betrieben zu werden, bestätigen sich die
Firmen ihre Seriosität. Die Vielzahl entsprechender
Internetseiten verdrängt zusätzlich kritische Erfahrungs-
berichte von Kreditsuchenden in den jeweiligen Such-
maschinen.
Im Zuge der Testanfragen wurden drei dieser Firmen kon-
taktiert. Beantwortet wurden die Anfragen jeweils durch
ein einziges Unternehmen, das sich zunächst bemühte,
den Kreditsuchenden Versicherungen und Genossen-
schaftsbeteiligungen zu verkaufen. Im weiteren Verlauf
wurde den Probanden dann ein Finanzsanierungsvertrag
angeboten. Nach Zahlung der Vermittlungsgebühren per
Nachnahme wurde ein Finanzsanierungsvertrag mit
einem weiteren Unternehmen dieser Firmengruppe aus-
gehändigt.
Drohkulisse Inkasso
Vergütungs- und Auslagenforderungen von Kredit-
vermittlern werden teilweise durch Inkassounternehmen
beigetrieben. In einigen Fällen bestehen personelle oder
finanzielle Verknüpfungen zwischen Kreditvermittlung
und Inkassofirma. Aufgabe der Inkassounternehmen ist
es, die (Auslagen-)Forderungen des Kreditvermittlungs-
unternehmens zu realisieren, wobei die Anbieter von
einem höheren Drohpotential und damit einer größeren
Zahlungswahrscheinlichkeit ausgehen, als dies bei
Mahnungen des Kreditvermittlers der Fall wäre. Bei den
Testpersonen wurde die Einschaltung von Inkasso-
unternehmen im Vorfeld auch unmissverständlich ange-
droht:
„Des weiteren wird bei Nichtzahlung unverzüglich
eine Inkassofirma beauftragt. Dieses würde erhöhte
Kosten, unnütze SCHUFA-Einträge, evtl. Einträge in
Schuldnerverzeichnisse und der evtl. Verlust der
Kreditwürdigkeit bedeuten. Des weiteren würden
wir ohne weitere Ankündigung eine Lohnpfändung,
bei Arbeitslosigkeit eine Pfändung der Bezüge oder
ein [sic!] Pfändung der Rente einleiten.“
Ein anderer Anbieter droht mit Formulierungen, aus
denen sich unschwer die Information des sozialen
Umfelds über die Nichtzahlung interpretieren lässt:
„An dieser Stelle möchten wir Sie darauf aufmerksam
machen, dass unser spezialisiertes Inkassounterneh-
men mit inkassobeauftragten Außendienstmitarbei-
tern bei Ihnen persönlich vor Ort arbeitet. Es kann
also auch sein, dass man in Ihrem Umfeld recherchie-
ren muss um heraus zu finden, wann man Sie am
besten antreffen und besuchen kann. Möchten Sie
z.B. beim Verlassen Ihrer Wohnung, wegen offener
Forderungen angesprochen werden?“
Tatsächlich beauftragten bis zum Redaktionsschluss zwei
Anbieter Inkassounternehmen mit der Beitreibung der
Forderung. Auffällig war dabei die lange Dauer zwischen
der letzten Mahnung der Anbieter und dem ersten
Schreiben der Inkassounternehmen. Diese mag mögli-
cherweise Verwaltungsabläufen geschuldet sein, mög-
licherweise setzen die Anbieter aber auch darauf, dass
Unterlagen über die erfolglose „Kreditvermittlung“ nicht
mehr vorhanden sind und die Kreditsuchenden deshalb
auf Gegenwehr verzichten.
Die eingeschalteten Inkassounternehmen zeichnen sich
durch eine auffällige Nähe zur Kreditvermittlungsbranche
aus. Gesellschafter beider Unternehmen sind auch an
Kreditvermittlungs- bzw. Schuldenregulierungsfirmen
beteiligt, so dass die Geschäftspraktiken der Branche
wohl als bekannt vorausgesetzt werden können.
Nach den Erfahrungen aus der Schuldnerberatung schal-
ten die Kreditvermittler Inkassounternehmen ein. Man
scheint sich dabei in erster Linie auf das Drohpotential
Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 23
der Unternehmen zu stützen, deren rechtliche Position
und Möglichkeiten von vielen Verbrauchern falsch einge-
schätzt werden.
Die Anbieter bemühen sich die (unberechtigten) Forderun-
gen außergerichtlich beizutreiben, aber nur einige wenige
versuchen dann auch mit Hilfe eines gerichtlichen Mahn-
verfahrens die Forderung zu titulieren20. In diesem verein-
fachten, automatisierten Verfahren findet keine gericht-
liche Überprüfung des behaupteten Anspruches statt,
soweit der in Anspruch Genommene (hier: der Kreditsu-
chende) kein Rechtsmittel einlegt. Erst wenn ein Wider-
spruch geltend gemacht wird, müsste der Kreditvermittler
seinen Anspruch in einem Zivilprozess begründen und
beweisen.
In aller Regel sind die Kreditvermittlungsfirmen aber an
einem solchen streitigen Verfahren und damit auch der
richterlichen Prüfung und Bewertung ihrer Geschäftsprak-
tiken nicht interessiert und verzichten auf die Einreichung
einer Klage, wenn der Kunde Rechtsmittel eingelegt hat.
Gegen Kreditsuchende, die sich – aus welchen Gründen
auch immer – nicht wehren, wird der Anspruch aber
tituliert. Damit kann dann versucht werden, über die
Gerichtsvollzieher letztlich unberechtigte Forderungen zu
realisieren.
Fazit
Die Chancen, bei schlechter Bonität oder Überschuldung
einen „SCHUFA-freien“ Kredit tatsächlich zu erhalten,
ist verschwindend gering: Bei 177 Testkontakten mit
verschiedenen Anbietern wäre es nur in zwei Fällen tat-
sächlich zu einer Kreditgewährung gekommen.
Die Praktiken der Anbieter haben sich dabei gegenüber
der Vorläuferstudie aus dem Jahr 2007 geringfügig
gewandelt: Eine größere Rolle spielt die verdeckte
Adressweitergabe. Sie ist klar festzustellen, aber der Weg
der Adressweitergabe lässt sich nicht eindeutig rekonstru-
ieren. Auffällig ist der deutlich größere Anteil an Firmen,
die Finanzsanierungsangebote unterbreiten oder den Ein-
druck erwecken, dem Kunden in Bezug auf ein Insolvenz-
verfahren helfen zu können und zu dürfen.
20 Bis Redaktionsschluss traf bei keiner der Testpersonen ein Mahnbescheid ein. Aus der Praxis der Schuldnerberatung sind nur einige wenige Kreditvermitt-lungen bekannt, die versuchen, ihre Ansprüche im gerichtlichen Verfahren zu realisieren.
Die Problematik, dass in großem Umfang versucht wird,
unzulässige Nebenentgelte zu kassieren, ist unverändert
geblieben. Nach wie vor geben sich unseriöse Anbieter
die größte Mühe, die Anfragenden über ihre tatsäch-
lichen Vermittlungschancen zu täuschen. Sie erwecken
mit Formulierungen wie „Antragsannahmen“, „positiven
Vorprüfungen“ und ähnlichem den Eindruck einer dem-
nächst erfolgenden Kreditauszahlung, um die Kreditsu-
chenden zum Abschluss diverser Verträge zu verleiten.
Hierin besteht das Kerngeschäft der Branche, eine tat-
sächliche Kreditvermittlung aber stellt den Ausnahmefall
dar.
24 Rechtsgutachten
Wie die Untersuchung zeigt, ist es eher selten, dass es
nach einer Werbung mit „SCHUFA-freien“ Krediten auch
tatsächlich zu einer Kreditvermittlung kommt. In jedem
Fall zahlt der Kunde einen hohen Preis. Im Folgenden
sollen die verschiedenen Methoden rechtlich bewertet
werden, wobei mit der zivilrechtlichen Wertung begon-
nen wird und später die strafrechtliche, ordnungsrecht-
liche und wettbewerbsrechtliche Seite betrachtet
werden.
1 Zivilrechtliche Einschätzung der Methoden
Bei der erfolgreichen Vermittlung eines Kleinkredits
trotz Überschuldung durch meist Schweizer Kredit-
institute ergeben sich verschiedene zivilrechtliche Frage-
stellungen. Zum einen drängt sich die Frage der Sitten-
widrigkeit der Kredite nach § 138 BGB auf, da diese
Kreditinstitute natürlich versuchen, ihr gestiegenes Risiko
durch höhere Kreditkosten auszugleichen. Diese Möglich-
keit ist aber durch eine gefestigte Rechtsprechung
begrenzt.
Der Bundesgerichtshof hat seit dem Ende der 1970er
Jahre zu der Frage eine recht spezifische Judikatur entwi-
ckelt, die eine Sittenwidrigkeit regelmäßig dann annimmt,
wenn die Kreditkosten des Vertrages mehr als 100% über
den marktüblichen Konditionen liegen. Da die Folgen
eines sittenwidrigen Kredites (Nichtigkeit des Vertrages,
Zinslosigkeit des Darlehens und Rückzahlungspflicht der
Valuta in Raten) relativ harsch sind, schenken die kredit-
gebenden Institute dieser Grenze viel Aufmerksamkeit.
Im Einzelnen besteht allerdings Streit darüber, welche
Kosten (Vermittlungsprovisionen, Restschuldversicherung)
in die vergleichsrelevanten Kreditkosten einzurechnen
sind. Die Restschuldversicherung ist nach § 6 Abs. 3
PAngVO jedenfalls dann in die Effektivzinsberechnung
einzubeziehen, wenn der Abschluss zur Bedingung für
die Kreditvergabe gemacht wird. Ist das der Fall, hat das
zur Folge, dass auch der Anspruch auf die Provision des
Vermittlers entfällt. In der Studie wurde tatsächlich ein
Kreditvertrag zur Unterschrift verschickt, der eindeutig als
sittenwidrig anzusehen war.1
Da somit bei der Gestaltung der vertraglichen Kreditkos-
ten relativ wenig Spielraum ist, um ein höheres Risiko
durch höhere Kreditkosten aufzufangen, kompensieren
die genannten Institute das hohe Risiko durch relativ
hohe Verzugskosten. Die Kredite werden – was ange-
sichts der prekären finanziellen Lage der Kreditnehmer
nicht überraschend ist – regelmäßig nicht vertragsgemäß
zurückgeführt. Die Verzugskosten, die den Kreditneh-
mern nach der Kreditkündigung in Rechnung gestellt
werden, sind zum Teil exorbitant hoch. So werden von
teilweise mehreren (mit den Kreditinstituten verbandel-
ten) sukzessive eingeschalteten Inkassobüros für einfache
Briefe 20 1 verlangt, für die Offenlegung einer Abtretung
100 1, für andere Inkassokosten ebenfalls erhebliche
Beträge. Die Verzugskosten sind dem Grunde nach durch
§§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB begründet. Allerdings
muss sich der Umfang des Ersatzanspruchs an der Scha-
densminderungspflicht des § 254 BGB messen lassen.
Dies bedeutet, dass der Gläubiger von gleichwirksamen
Maßnahmen nur die Preisgünstigste zur Forderungsein-
treibung verwenden und seine eigenen Bemühungen
nicht in Rechnung stellen darf.2
1 Nettokreditbetrag 12.000 1, Restschuldversicherung zwingend (vorgegeben im Vertrag) 3.178,11 1, (mitfinanziert) Bearbeitungsgebühr 910,69 1, Zinsen 7.912,41 1 = brutto 24.001,21 1, 84 Monate Laufzeit. Das entspricht einem effektiven Jahreszins von 25,57%, vergleichbarer Zins für Ratenkredit nach der Statistik der Deutschen Bundesbank im Februar 2012: 8,12% (http://www.bundesbank.de/statistik/statistik_zeitreihen.php?lang=de&open=&func=row&tr=SUD115) Das bedeutet in etwa eine Überschreitung des marktübli-chen Zinses um das Doppelte.
2 Vgl. hierzu den Ratgeber Inkassokosten der Verbraucherzentrale NRW, 1. Aufl. 2005, S. 54, 57.
Rechtsgutachten
von Prof. Dr. jur. Hugo Grote unter der Mitarbeit von Ass jur. Pamela Wellmann
Rechtsgutachten 25
Die Verzugskosten sind daher regelmäßig überhöht und
rechtlich angreifbar. Zu rechtlichen Auseinandersetzungen
über die berechtigte Höhe der Verzugskosten kommt es
allerdings nur selten. In vielen Fällen werden sie mit der
Kreditforderung im gerichtlichen Mahnverfahren durch
Vollstreckungsbescheide tituliert, so dass sie danach
wegen der entstanden Rechtskraft kaum noch angreifbar
sind.
Durch hohe Zinsen und erhebliche Kosten im Verzugsfall
können das Risiko der kreditgebenden Institute offenbar
kompensiert und darüber hinaus in diesem schwierigen
Sektor ein Gewinn für die kreditgebenden Unternehmen
erzielt werden.
Eine beliebte Praxis der Vermittler ist es, sich vom Kunden
Blankounterschriften auf dem Selbstauskunftsformular
geben zu lassen. Diese werden dann – auch aufgrund des
Provisionsinteresses der Vermittler – nur unvollständig
oder falsch ausgefüllt. Im Nachhinein ist natürlich nur
schwer feststellbar, ob dies im Zusammenwirken mit dem
Kunden geschah (der natürlich auch ein Interesse an der
Kreditvermittlung hat) oder allein auf der Initiative des
Kreditvermittlers beruhte. In beiden Fällen wird der
Schuldner später massiv von dem Kreditgeber unter
Druck gesetzt. Ihm wird Eingehungsbetrug vorgeworfen
und mit Strafanzeige gedroht. In einem späteren Insol-
venzverfahren wird versucht, dem Schuldner die Rest-
schuldbefreiung zu verbauen, indem Versagungsanträge
nach § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO gestellt werden oder die
Forderung im Sinne des § 302 InsO als ausgenommene
Forderung angemeldet wird. Dabei stellt sich natürlich die
Frage, inwieweit man jemanden über seine Kreditwürdig-
keit täuschen kann, der mit Krediten ohne Bonitätsprü-
fung wirbt, die Kreditunwürdigen also die Zielgruppe
sind. Die Instanzgerichte haben die Fälle der Blankounter-
schrift unterschiedlich beurteilt, der Bundesgerichtshof
hat in einer Entscheidung, bei der es um einen Versa-
gungsantrag nach § 290 Abs. 1 InsO wegen einer Blanko-
unterschrift ging, nicht formal auf die Unterschrift des
Antragstellers abgestellt. Für die Versagung der Rest-
schuldbefreiung wegen grober Fahrlässigkeit müsse fest-
gestellt werden, dass der Antragsteller die falschen oder
unvollständigen Angaben zumindest grob fahrlässig mit
verursacht habe.
1.1 Die Vereinnahmung von Provisionen
und Bearbeitungsgebühren
In ca. 98% der Fälle kommt es allerdings nicht zu einer
Vermittlung eines Kredites, dennoch werden meist per
Vorkasse, Rechnungsstellung oder durch die erzwungene
Ausstellung von Überweisungsträgern3 Bearbeitungsge-
bühren oder Provisionen vom Kreditsuchenden gefordert
und kassiert. Das Fordern einer Provision für einen nicht
vermittelten Kredit kollidiert allerdings mit den Vorschrif-
ten des früheren Verbraucherkreditgesetzes, die mit der
Schuldrechtsreform weitgehend inhaltsgleich ins BGB (§
655a ff. BGB) übernommen wurden. Voraussetzung für
die Anwendbarkeit der Normen ist dabei zunächst, dass
auf der einen Seite ein Verbraucher und auf der anderen
Seite ein Unternehmer beteiligt sind. Dies trifft in den
allermeisten Fällen der hier beschriebenen Problematik
zu.4 Die §§ 655a ff. BGB enthalten zahlreiche Einschrän-
kungen für die Tätigkeit des Darlehensvermittlers. Neben
Formvorschriften ist in § 655c BGB normiert, dass ein
Verbraucher nur zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet
ist, wenn das Darlehen tatsächlich erfolgreich vermittelt
wurde. In § 655d BGB ist festgehalten, dass der Darle-
hensvermittler neben der nur im Erfolgsfall fälligen Provi-
sion keine weiteren Entgelte vereinnahmen darf. Diese
Regelung ist klar und eindeutig und durch das Umge-
hungsverbot in § 655e BGB zusätzlich geschützt. Ohne
eine erfolgreiche Vermittlung eines Darlehens5 sind weder
eine Provision noch eine Bearbeitungsgebühr geschuldet.
Das Verbot des § 655a Satz 1 BGB erfasst dabei auch den
Fall, dass der vermittelnde Unternehmer das Entgelt von
einem Dritten erhält. Eine Ausnahme gibt es nur im §
655d BGB für die Erstattung von Auslagen.
1.2 Die Erstattung von Auslagen
Eine Einschränkung dieses Provisionsverbots ohne erfolg-
reiche Vermittlung enthält allerdings Satz 2 des § 655d
BGB, der es dem Vermittler erlaubt, nach entsprechender
(schriftlicher) Vereinbarung tatsächlich entstandene,
erforderliche Auslagen in Rechnung zu stellen. § 655d
3 Manche Vermittler lassen sich bei einem Hausbesuch einen (oder auch mehrere) Überweisungsträger vom Klienten unterschreiben, den sie dann bei dessen Bank einreichen. Wenn die Überweisung ausgeführt ist, hat der Klient keine Möglichkeit mehr, die Transaktion rückgängig zu machen.
4 Dies ist natürlich nicht zwingend. Wenn sich z.B. ein Kleinunternehmer um einen „SCHUFA-freien“ Kredit bemüht, finden die Vorschriften des Verbrau-cherschutzes keine Anwendung, und die rechtliche Bewertung ist nach den allgemeinen Vorschriften vorzunehmen.
5 Erfolgreich ist die Vermittlung in diesem Sinne erst, wenn die Valuta ausge-zahlt wurden und der Darlehensvertrag nicht vom Verbraucher widerrufen wurde.
26 Rechtsgutachten
BGB übernimmt insofern inhaltsgleich die Regelung des
§ 17 VerbrKrG, bei dessen Kodifikation im Jahre 1990 die
Beschränkung des Provisionsverlangens des Darlehensver-
mittlers festgelegt wurde. Der Gesetzgeber hatte sich
gescheut, die Möglichkeit der Vereinbarung einer Ausla-
generstattung ganz auszuschließen. Andererseits war es
ihm wichtig, einen Missbrauch auch der Auslagenerstat-
tung zu verhindern. Die Begrenzung der erstattungsfähi-
gen Nebenentgelte sollte der schon damals verbreiteten
Praxis entgegenwirken, dass die Vermittler „....nicht ver-
mittlungsfähige Kreditwünsche entgegennehmen und
sich von vornherein auf die Erhebung von Nebenentgel-
ten, wie z.B. Bearbeitungspauschalen und Schreibgebüh-
ren beschränken.“ Trotz der klaren Zielrichtung des
Gesetzgebers zeigen die Erfahrungen sowohl der Studie
von 2007 als auch der Studie von 2012, dass dieses Ziel
bislang offenbar verfehlt wurde. Und trotz der vermeint-
lich klaren Rechtslage standen in der Praxis vor den Ins-
tanzgerichten immer wieder Fälle zur Entscheidung an,
in denen um die Zulässigkeit der Auslagenerstattungen
gestritten wurde. Mittlerweile ist durch die Rechtspre-
chung insbesondere der Oberlandesgerichte und durch
die Literatur der legale Anwendungsbereich der Ausla-
generstattung auf praktisch kaum noch bedeutsame
Sachverhalte reduziert worden. Auch aus diesen Gründen
sind die Vermittler offenbar davon abgerückt, ihre ver-
meintlichen Provisionsansprüche gerichtlich durchzu-
setzen.
Der Vermittler muss, wenn er die Erstattung von Aus-
lagen begehrt, zunächst nachweisen, dass diese Aus-
lagenerstattung (als Teil des Darlehensvermittlungsver-
trages) mit dem Kreditsuchenden schriftlich vereinbart
wurde. Ohne die Einhaltung der Schriftform ist die Erstat-
tungsabrede unwirksam und begründet keine Verpflich-
tung. In der Literatur wird es für zulässig gehalten, die
Verpflichtung zur Erstattung der im Sinne von § 655d
Satz 2 BGB getätigten und konkret nachzuweisenden
Auslagen in den AGB des Vermittlers zu vereinbaren.
Allerdings wird auch insoweit verlangt, dass unter dem
Gesichtspunkt des AGB-rechtlichen Transparenzgebotes
strenge Anforderungen an die Ausgestaltung und Platzie-
rung der Klausel zu stellen sind. Dabei reicht es nicht aus,
dass generell eine Auslagenerstattung vereinbart wird.
Vielmehr müssen alle erstattungsfähigen Auslagen im
Einzelnen aufgeführt und später bei der Abrechnung
nachgewiesen werden.
Der Begriff der Auslagenerstattung erlaubt es nur bei
Ex-post-Betrachtung, objektiv erforderliche Auslagen zu
verlangen. Dadurch verbietet es sich dem Vermittler,
allgemeine Betriebs- und Gemeinkosten auf den Verbrau-
cher umzulegen. Unter diese allgemeinen Betriebskosten
fallen nach der Rechtsprechung auch die Arbeitsstunden
des Außendienstmitarbeiters. Ebenso wenig ersatzfähig
sind Telefongrundgebühren, allgemeine Auskunftsgebüh-
ren, Bearbeitungs- und Schreibgebühren, da diese eben-
falls als Gemeinkosten anzusehen sind.
Auslagen, die zunächst der Anbahnung des Kreditvermitt-
lungsvertrages dienen, können dem Kunden nicht in
Rechnung gestellt werden. So ist insbesondere der Ansatz
von Fahrtkosten für den Abschluss des Darlehensvermitt-
lungsvertrages unzulässig. Dies gilt nach der Auffassung
des OLG Karlsruhe nicht nur für die Fahrtkosten des Ver-
mittlers für den ersten, vertragsanbahnenden Kundenbe-
such, sondern auch für etwaige anschließende Fahrtkos-
ten im Rahmen der Abwicklung des Vermittlungsvertra-
ges. Dies erscheint jedenfalls insoweit konsequent, als es
regelmäßig auch an der Erforderlichkeit solcher Fahrt-
kosten fehlen wird. Denn erstattungsfähig sind nach dem
Wortlaut des § 655d BGB nur die erforderlichen Aus-
lagen. Die Beweislast für die Erforderlichkeit liegt dabei
beim Vermittler.
In der Praxis wird immer wieder versucht, den Schuldnern
Pauschalen für generell erstattungsfähige Auslagen wie
Porti oder Telefonkosten in Rechnung zu stellen. Auch
solche Pauschalierungen sind aber nach herrschender
Meinung im Rahmen des § 655d BGB unzulässig. Eine
Pauschalierung ist auch dann unzulässig, wenn diese sich
als Festbetrag am wirklichen Aufwand orientiert. Nach
der Rechtsprechung soll es dagegen zulässig sein, einen
Höchstbetrag für die Auslagenerstattung („höchstens
64,50 1“) zu vereinbaren. Die Festlegung eines solchen
Höchstbetrages entbindet den Vermittler allerdings nicht
von der Verpflichtung, die Auslagen bis zu diesem
Höchstbetrag im Einzelnen nach den bereits aufgezeigten
Kriterien abzurechnen und nachzuweisen. In der Praxis
werden allerdings immer wieder diese Höchstbeträge
unberechtigterweise als Pauschalen ohne weiteren Nach-
weis in Rechnung gestellt und auch vom Kreditsuchenden
bezahlt. Insofern erscheint fraglich, ob die Vereinbarung
solcher Höchstgrenzen in den Vertragsbedingungen der
Vermittler nicht doch als irreführend anzusehen ist.
Auch der Versuch der Vermittler, den ausgeprägten
Verbraucherschutz der §§ 655a ff. BGB dadurch zu
umgehen, dass man sich von Kreditsuchenden ein
„Anerkenntnis“ der (unzulässigen) Vergütungsforderun-
Rechtsgutachten 27
gen unterschreiben lässt, wurde von der Rechtsprechung
zurückgewiesen. Ein solches Anerkenntnis ist eine offen-
sichtliche Form eines Umgehungsversuchs, der nach
§ 655e Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist. Auch ein ein-
seitiger „Verzicht“ auf die verbraucherschützenden
Normen des § 655a ff. BGB ist nicht möglich.
Im Bereich des Hauptanwendungsfalles der Norm, beim
Konsumentenkredit, bei dem es regelmäßig nicht um
Auslagen z.B. für die Erstellung eines Sachverständigen-
gutachtens zur Bewertung einer Immobilie geht, bleibt
damit kein sinnhafter Anwendungsbereich für die Erlaub-
nis der Auslagenerstattung nach § 655d Satz 2 BGB.
Denn erstattungsfähig wären in der Regel lediglich nach
Vertragsabschluss entstandene Auslagen für Telefonge-
spräche, Porti und Auskunftskosten, soweit diese schrift-
lich vereinbart wurden, erforderlich waren und im Einzel-
fall nachgewiesen wurden. Angesichts der Tatsache, dass
diese Auslagen regelmäßig gering sein dürften, steht der
(nicht erstattungsfähige) Abrechnungsaufwand hierzu in
keiner sinnvollen wirtschaftlichen Relation, so dass es
nicht verwundert, dass solche (legalen) Abrechnungen in
der Praxis des Konsumentenkredits bislang ausgeblieben
sind. Auf den ersten Blick erstaunlich ist daher, dass trotz
der klaren und durch instanzrechtliche Rechtsprechung
unterstützten Rechtslage in der Praxis immer noch unzu-
lässige Auslagen verlangt und von den Kreditsuchenden
gezahlt werden. Offensichtlich kann eine ganze Branche
davon leben, sanktionslos unzulässige Gebühren zu ver-
einnahmen.
Ein Grund dafür ist sicher, dass es aufgrund der relativ
geringen Streitwerte nur selten zu gerichtlichen Rückfor-
derungen oder auch anwaltlich unterstützten Abwehr-
maßnamen der Kreditsuchenden kommt. Es muss wohl
zur Kenntnis genommen werden, dass gerade die von
den Vermittlern angesprochene Klientel nur über einge-
schränkte Rechtsschutzmöglichkeiten verfügt und regel-
mäßig weder die Zuversicht noch die wirtschaftliche
Möglichkeit hat, kostenpflichtige Prozesse zu führen.6
So dürfte es nur in einem verschwindenden Teil der Fälle
zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen
Kreditsuchendem und Vermittler kommen. Viele der
bekannten Urteile, insbesondere der Oberlandesgerichte,
entstanden durch die Initiative der Verbraucherverbände
6 Dass ein Schuldner einen engagierten Rechtsanwalt findet, der bei einem Gegenstandswert von unter 300 1 bereit ist, auf der Grundlage von Bera-tungs- und Prozesskostenhilfe einen Rückforderungsprozess zu führen, kann als unwahrscheinlich angesehen werden.
im Wege von Verbandsklageverfahren nach § 8 UWG
oder 3 UKlaG.
In den Fällen, in denen sich der Kreditsuchende rechtlich
zur Wehr setzt, sind die Erfolgsaussichten gut, da die
(Vor-)Leistungen regelmäßig rechtsgrundlos geleistet wur-
den und somit ein Erstattungsanspruch nach § 812 Abs.
1 BGB besteht. Nicht selten werden überzogene Auslagen
und Ansprüche der Vermittler im Wege des gerichtlichen
Mahnverfahrens beigetrieben und durch Vollstreckungs-
bescheid tituliert. Die Möglichkeiten, gegen diese titulier-
ten Forderungen vorzugehen, sind dann begrenzt.
Außerdem versuchen viele Vermittler, ihre unberechtigten
Forderungen durch Schuldanerkenntnisse zu sichern.
In dem vom AG Hameln7 entschiedenen Fall hatte der
Vermittler für einen Hausbesuch Fahrtkosten in Höhe von
210,321 (956 x 0,221) geltend gemacht. Die Forderung
hatte er sich durch ein Anerkenntnis des Schuldners
bestätigen lassen. Das AG Hameln sah hier eine Umge-
hung der verbraucherschützenden Vorschriften gem.
§ 655e BGB und die Möglichkeit, auch das Anerkenntnis
des Schuldners gem. §§ 812 Abs. 2, 821 BGB
zu kondizieren.
1.3 Die Vermittlung von Bausparverträgen
und Versicherungen
Von Vermittlern wird insbesondere anlässlich von Haus-
besuchen häufig behauptet, dass für die Vermittlung
eines Kredites der Abschluss zusätzlicher Verträge not-
wendig sei oder die Aussicht auf einen Kredit verbessere.
Vom Kunden wird verlangt, dass er entweder Bausparver-
träge oder Unfall- oder auch Kapitallebensversicherungen
abschließt. Es wird ihm suggeriert, dass nach Abschluss
dieser Verträge der Kreditauszahlung nichts mehr im
Wege stünde. Diese Vermittlung ist aus verschiedenen
Gesichtspunkten rechtlich angreifbar.
Solche Vertragsabschlüsse können zunächst gem. § 123
BGB wegen arglistiger Täuschung anfechtbar sein. Dies
gilt jedenfalls dann, wenn der Kreditvermittler behauptet,
dass der Abschluss dieser Verträge notwendig sei, um ein
Darlehen zu erhalten. Eine solche Koppelung wäre einer-
seits unzulässig, andererseits macht sie keinen wirtschaft-
lichen Sinn, da z.B. ein neu abgeschlossener Bausparver-
7 Urteil vom 17.12.2007, AZ 23 C 278/07.
28 Rechtsgutachten
trag keine belastbare Kreditsicherheit darstellt. Vielmehr
ist es äußerst widersprüchlich, einem sich in einer finanzi-
ellen Notlage befindlichen Kreditsuchenden (und diese
Zielgruppe wird ja gezielt mit der Werbung angespro-
chen) einen Sparvertrag oder einen Vertrag mit weiteren
finanziellen Verpflichtungen zu vermitteln. Der Kreditsu-
chende wird diese Abschlüsse auch nur dann tätigen,
wenn sie zur Bedingung für eine Kreditgewährung
gemacht werden. Allerdings obliegt dem Verbraucher die
Darlegungslast dafür, dass der Vermittler eine entspre-
chende Aussage getätigt hat, da diese in der Regel nicht
schriftlich vorliegt. Dies führt in der Praxis zu großen
Schwierigkeiten. Die Folge des Verstoßes gegen § 123
BGB ist die Möglichkeit der Anfechtung der Erklärungen,
was gem. § 142 BGB die Nichtigkeit der Verträge zur
Folge hat. Die Anfechtungserklärung muss innerhalb
eines Jahres erfolgen, nachdem der Kreditsuchende von
der Täuschung Kenntnis erlangt hat.
Die gleiche Behauptung und die Beratung durch den
Kreditvermittler dahingehend, dass der Kreditsuchende
in der finanziell angespannten Situation zusätzliche finan-
zielle Belastungen durch Versicherungs- und Bausparver-
träge übernehmen müsse, sind natürlich auch aus dem
Gesichtspunkt der Aufklärungspflichtverletzung relevant.
Unabhängig davon, ob der Kreditvermittlungsvertrag
schon zustande gekommen ist, ergeben sich bereits im
Anbahnungsverhältnis des Kreditvermittlungsvertrages
bestimmte Schutz- und Aufklärungspflichten (§ 241
Abs. 2 in Verbindung mit § 311 Abs. 2 BGB).
Generell hat der Vertragspartner den potentiellen Kunden
auf Gefahren und besondere Nachteile des Produktes
hinzuweisen. In den Vermittlungsfällen fehlt es daran,
dass der Vermittler den von ihm gezielt angesprochenen
Kreditsuchenden vor dem Abschluss eines Vertrages
warnt, im Gegenteil empfiehlt und vermittelt er ihm aktiv
eine Konstellation, die den Kreditbedarf des Kunden in
keiner Weise befriedigt und die Liquidität noch weiter
belastet. Er macht in der Regel darüber hinaus die Kredit-
gewährung direkt oder suggestiv von dem Abschluss
dieser Verträge abhängig, ohne dass sich die Aussicht auf
eine Kreditvermittlung in irgendeiner Weise tatsächlich
verbessert.
Eine dahingehende Beratung wird man jedenfalls als
klaren Verstoß gegen die vertraglichen Nebenpflichten
nach § 241 Abs. 2 BGB werten können.
Losgelöst von der Vermittlung der Zusatzverträge, kann
eine Aufklärungspflicht des Kreditvermittlers auch bezüg-
lich der fehlenden Erfolgsaussicht seiner Vermittlungs-
bemühungen bestehen. So ist er z.B. verpflichtet, gege-
benenfalls darauf hinzuweisen, dass ihm noch nie eine
Kreditvermittlung gelungen sei, sondern die Klienten
letztendlich immer wieder vertröstet wurden. Derart auf-
geklärte Kreditsuchende würden natürlich keine Voraus-
zahlungen leisten und von jeglichen Vertragsabschlüssen
absehen. Eine solche Aufklärungspflicht kann auch nicht
erst dann angenommen werden, wenn in der Vergangen-
heit überhaupt keine Kredite vermittelt worden sind,
sondern auch schon dann, wenn die Erfolgsquote sehr
gering war oder die Kreditvermittlung aus anderen
Gründen unwahrscheinlich ist.
Ein Anspruch von Schadensersatz bzw. auf Befreiung von
den vertraglichen Verpflichtungen richtet sich nicht nur
gegen den Vermittler, sondern gemäß § 278 BGB auch
gegen die Unternehmen (also die Versicherung oder Bau-
sparkasse), die sich das Verschulden ihres Erfüllungsgehil-
fen wie eigenes Verschulden zurechnen lassen müssen.
Dies bezieht sich insbesondere auch auf die Verletzung
von Beratungs- und Aufklärungspflichten des Vertreters,
so dass die Versicherung den Versicherungsnehmer so
stellen muss, wie er bei ordnungsgemäßer Beratung
gestanden hätte.
Die Vermittlung einer Versicherung anlässlich einer Kredit-
vermittlung kann auch unter dem Gesichtspunkt des § 81
Abs. 2 Satz 3 VAG angreifbar sein. Diese Norm ermäch-
tigt die Aufsichtsbehörde zum Einschreiten, wenn Darle-
hensgeschäfte und Versicherungsabschlüsse so verbun-
den werden, dass die Versicherungssumme das auszu-
zahlende Darlehen übersteigt.8 In der Praxis ist das häufig
der Fall, da die Versicherungssummen insbesondere für
Lebensversicherungsverträge relativ hoch gewählt wer-
den, während die Darlehenssumme aus den bekannten
Gründen relativ begrenzt ist. Regelmäßig liegt daher ein
Verstoß gegen § 81 Abs. 2 Versicherungsaufsichtsgesetz
vor, der dem Kreditsuchenden jedoch keine eigene
Eingriffsmöglichkeit gibt. Allerdings kann die Versiche-
8 Prölls/Kollhoser, Versicherungsaufsichtsgesetz, 12. Aufl., § 81 Rz. 65. Die Vorschrift wurde 1931 geschaffen, als wegen der damaligen Kredit-knappheit die Kreditgeber die Vergabe von kurzfristigen Darlehen von dem Abschluss langfristiger Versicherungsverträge abhängig gemacht hatten.
Rechtsgutachten 29
rungsaufsichtsbehörde in diesen Fällen durch eine Unter-
sagungsverfügung tätig werden, die auch als Sammel-
verfügung erlassen werden kann.
Aufgrund der oben dargelegten, hinsichtlich des Zustan-
dekommens der Verträge zumindest sehr zweifelhaften
Rechtslage sind in der Praxis die betroffenen Bausparkas-
sen und Versicherungen regelmäßig bereit, eine kosten-
neutrale Auflösung der Verträge vorzunehmen. Kosten-
neutralität bedeutet in diesem Zusammenhang auch, dass
die Unternehmen nicht berechtigt sind, die Vermittlungs-
provision einzubehalten, die sie möglicherweise bereits an
den Vermittler ausgezahlt haben. Unabhängig davon,
dass bei Kreditvermittlungsverhältnissen im Stornofall die
Provision nicht fällig wird, hat der Kreditsuchende einen
originären Schadensersatz- bzw. Freistellungsanspruch
gegenüber dem Unternehmen, das sich durch den Ver-
mittler hat vertreten lassen.
Am 22. Mai 2007 ist die Neuregelung des Versicherungs-
vermittlerrechts in Kraft getreten, die umfangreiche
Pflichten insbesondere für freie Versicherungsvermittler
vorsieht.9 Unter anderem bestehen nach den neu gefass-
ten §§ 42b und 42c VVG umfangreiche Beratungspflich-
ten des Versicherungsvermittlers, deren schuldhafte Ver-
letzung neben den oben dargestellten Folgen in § 42d
VVG eine gesonderte Schadensersatzpflicht des Vermitt-
lers nach sich zieht. Dabei kann von einem Versicherungs-
vermittler, der seine Beratungspflicht verletzt haben soll,
verlangt werden, dass er darlegt, inwieweit er den Versi-
cherungsnehmer informiert, aufgeklärt und beraten
haben will.
1.4 Der Wirtschaftsberatungsvertrag
Einige Vermittler der Branche versuchen, mit dem Kunden
einen sogenannten Wirtschaftsberatungsvertrag abzu-
schließen. Rechtlich ist ein solcher Vertrag grundsätzlich
zulässig. Jedem steht es zu, durch einen Berater seine
wirtschaftliche Lage analysieren zu lassen und ihn dafür
zu bezahlen. Allerdings darf der Vertrag nicht isoliert
betrachtet werden, sondern ist im Zusammenhang mit
dem Vermittlungswunsch des Kreditsuchenden zu sehen.
Ebenso wie bei dem Abschluss der Versicherungsverträge
wird der Schuldner regelmäßig über die Möglichkeit der
Kreditvermittlung und die Notwendigkeit dieses Vertrages
9 BGBl. I 2006 Nr. 63 S. 3232 ff.
für die Vermittlung eines Kredites getäuscht. Er will einen
Kredit, der Wirtschaftsberatungsvertrag ist für ihn weder
von Nutzen noch von Interesse. Er wird ihn regelmäßig
nur unterschreiben, wenn der Vermittler erklärt, dass die-
ser Vertrag Bedingung für die Genehmigung des Kredites
sei. Insofern kommt eine Anfechtung wegen arglistiger
Täuschung in Betracht, wobei der Schuldner die Arglist
des Vermittlers nachzuweisen hat.
Daneben kommt eine Schadensersatzpflicht wegen der
Verletzung von (Neben-)Pflichten des Vermittlungsvertra-
ges gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB in Betracht. Der
Kreditvermittler muss über alle wesentlichen Umstände
der Kreditvermittlung aufklären, deren Aufklärung redli-
cherweise zu erwarten ist. Dies gilt erst recht für den
Wirtschaftsberater, den noch weitreichendere Pflichten
treffen.10 Dazu gehört auch, dass der Abschluss des Wirt-
schaftsberatungsvertrages weder eine generelle Voraus-
setzung der Kreditvermittlung ist noch dass durch diesen
eine Kreditvermittlung nach der Durchführung der Wirt-
schaftsberatung wahrscheinlicher wird. Da eine solche
Aufklärung naturgemäß nicht erfolgt, macht sich der
„Wirtschaftsberater“ gegenüber seinem Klienten scha-
densersatzpflichtig. Zum Schadensersatz gehört auch die
Befreiung von der Verbindlichkeit des (sinnlosen) Wirt-
schaftsberatungsvertrages.
Letztlich handelt es sich bei dieser Variante aber auch um
eine Umgehung der Vorschriften der §§ 655a ff. BGB
zum Provisionsverbot bei nicht erfolgreicher Vermittlung.
Gem. § 655e BGB ist jede Gestaltung, die zu einer Umge-
hung des § 655a ff. BGB führt, unzulässig. Dies ist der
Fall, wenn Gestaltungen darauf angelegt sind, die gesetz-
lichen Schutzvorschriften nicht zur Anwendung kommen
zu lassen, ohne dass eine Umgehungsabsicht vorzuliegen
braucht. In Fällen, in denen der Schuldner auf ein Kredit-
vermittlungsangebot reagiert und der Vermittler die
(angebliche) Kreditgewährung von dem Abschluss eines
Wirtschaftsberatungsvertrages abhängig macht, läuft das
Verbot der Vereinnahmung von Nebenentgelten des
§ 655d BGB ins Leere. Insofern ist in diesen Fällen der
Missbrauch der Gestaltung offensichtlich. Die Beweislast
für das Vorliegen des Gestaltungsmissbrauchs liegt aller-
dings beim Schuldner. Der Verstoß gegen das Umge-
hungsverbot führt zur Nichtigkeit der Vereinbarung, so
dass kein Vergütungsanspruch entsteht oder eine bereits
gezahlte Vergütung nach den Grundsätzen der unge-
10 Zur Differenzierung der Aufklärungspflicht zwischen Anlageberater und Anlagevermittler siehe BGH vom 18.01.2007, AZ ZR 44/06.
30 Rechtsgutachten
rechtfertigten Bereicherung vom Unternehmer heraus-
zugeben ist.
1.5 Die Hausbesuchsvereinbarung
Eine Hausbesuchsvereinbarung ist rechtlich ähnlich wie
ein Wirtschaftsberatungsvertrag einzuordnen. Im Regel-
fall wird für einen Hausbesuch zu keiner Phase der Ver-
mittlungsbemühungen überhaupt eine Notwendigkeit
bestehen, so dass die Koppelung der Kreditvergabe an
die Unterzeichnung einer kostenpflichtigen Hausbesuchs-
vereinbarung irreführend und in der Regel arglistig ist.
Hausbesuchsvereinbarungen werden in der Regel nur
deswegen getroffen, um das Provisionsverbot bei nicht
zustande gekommenen Krediten zu umgehen und mög-
lichst einen direkten Zugriff auf die (meist letzten) Zah-
lungsmittel des Kreditsuchenden zu bekommen. Insofern
wird hierin problemlos eine Umgehung der Verbraucher-
schutzvorschriften der §§ 655a ff. BGB zu sehen sein.
1.6 Die Vermittlung an gewerbliche
Schuldenregulierer
Häufig werden die mit einer Kreditvermittlung geköder-
ten Schuldner auch an sogenannte gewerbliche Schul-
denregulierer weitervermittelt. Für die rechtliche
Bewertung ist zwischen dem Vertrag mit dem Schulden-
regulierer und der Vermittlung an den Regulierer zu
unterscheiden. Im Rahmen der Untersuchung beschrän-
ken wir uns an dieser Stelle auf die Fallkonstellationen, in
denen eine Kreditvermittlung suggeriert oder versprochen
wird („Kredite ohne SCHUFA-Auskunft“), tatsächlich aber
keine Kreditvermittlung erfolgt, sondern lediglich eine –
kostenpflichtige – Vermittlung an Schuldenregulierer oder
Anwälte.11
Zu diesem Komplex gibt es unterschiedliche rechtliche
Ansatzpunkte für die verschiedenen Methoden der
sogenannten „gewerblichen Schuldenregulierer“.
Das Rechtsberatungsgesetz ist mit Wirkung zum
01.07.2008 durch das Rechtsdienstleistungsgesetz ersetzt
worden. Aber auch nach der „neuen“ Rechtslage haben
11 Nicht untersucht werden dagegen die Fälle, in denen der Schuldenregulierer selbst oder der Vermittler von vornherein mit Hilfeleistungen bei der Schul-denregulierung wirbt. Diese Vermittlungsangebote sind allerdings oftmals nicht trennscharf auseinanderzuhalten, wenn die Vermittler nicht ausdrück-lich mit der Kreditvergabe werben, eine solche aber durch ihre Werbung geschickt suggerieren („Wenn die Bank nein sagt ...“).
die eingeschalteten Regulierer in der Regel keine Erlaub-
nis zur Rechtsberatung. Der BGH hat in seiner Entschei-
dung vom 29.07.2009 („Finanzsanierung“) klargestellt,
dass auch nach der Ablösung des Rechtsberatungsgeset-
zes durch das neue Rechtsdienstleistungsgesetz der
Schutzzweck der Norm – im Interesse der Verbraucher
das Marktverhalten der Anbieter zu regeln – erhalten
bleibt. Rechtsdienstleistungen – so der BGH – seien gene-
rell verboten und dürften nur aufgrund gesetzlicher
Erlaubnis erbracht werden.
Eine erlaubnispflichtige Rechtsberatung liegt dabei schon
dann vor, wenn lediglich ein Einverständnis der Gläubiger
mit veränderten Zahlungsbedingungen angestrebt wird.
Jegliche Schuldnerberatung mit dem Ziel, zumindest mit
den Gläubigern Ratenzahlungen zu vereinbaren, ist daher
als erlaubnispflichtige Rechtsberatung anzusehen, für die
eine Erlaubnis benötigt wird. Über eine solche Erlaubnis
verfügen die Anbieter, die in dem hier untersuchten
Bereich der „SCHUFA-freien“ Kredite operieren, regelmä-
ßig nicht. Schon vor der Entscheidung des BGH zur
Finanzsanierung hatte das LG Ulm festgestellt, dass eine
umfassende und sozial geprägte Beratung und Betreuung
von Verschuldeten und Insolventen implizit auch eine
Rechtsberatung voraussetze. Eine solche Aufgabe ver-
langt zur sachgerechten Erfüllung eine umfassende recht-
liche Prüfung und stellt somit eine erlaubnispflichtige
Rechtsdienstleistung i.S.d. § 3 RDG dar.
Ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz hat in
Verbindung mit § 134 BGB die Nichtigkeit des Regulie-
rungsvertrages zur Folge, da gegen ein gesetzliches Ver-
bot verstoßen wird. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn
der Schuldenregulierer tatsächlich mit den Gläubigern
verhandelt, sondern bereits dann, wenn er eine solche
Verhandlung im Vertrag verspricht.
Um den Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz
zu vermeiden, haben sich einige Anbieter darauf zurück-
gezogen, keine Verhandlungen mit den Gläubigern zu
führen, sondern nur Vorarbeiten zu machen, wie die
Unterlagen des Schuldners zu sortieren bzw. ihn an
kooperierende Anwälte weiterzuverweisen. Aber auch in
diesen Fällen ist durch die Rechtsprechung mittlerweile
geklärt, dass dies nichts daran ändert, dass auch die vor-
Rechtsgutachten 31
bereitende Tätigkeit als erlaubnispflichtige Rechtsdienst-
leistung einzustufen ist. In diesem Fall stellt sich die
Frage, welche geldwerte Leistung der Schuldner über-
haupt für seine Gegenleistung bekommt. Insofern dürfte
hier der Tatbestand des Wuchers gem. § 138 Abs. 2 BGB
bzw. § 291 StGB regelmäßig erfüllt sein.
Besonders prekär sind die sogenannten Vermögensver-
waltungsfälle. Hier zahlt der Schuldner feste Raten an
den Regulierer, der verspricht, mit den Gläubigern zu ver-
handeln und diese zu befriedigen („Zahlen Sie nur noch
an eine Stelle“). Es wird eine Rate vereinbart, die der
Schuldenregulierer zunächst vereinnahmt und aus der die
(nach Verhandlungen reduzierten) Ansprüche der Gläubi-
ger befriedigt werden sollen. Tatsächlich werden hiervon
zunächst die eigenen Gebühren des Schuldenregulierers
einbehalten und nur in seltenen Fällen höhere Beträge an
die Gläubiger weitergeleitet. Dies hat in der Regel weitere
erhebliche Folgen für den Schuldner, der sich in dem
Glauben, nun würde alles reguliert, auf die vertröstenden
Aussagen des Schuldenregulierers verlässt. Er kümmert
sich nicht mehr selbst um wichtige Verhandlungen mit
den Gläubigern, die bei ausbleibenden Zahlungen natür-
lich Zwangsmaßnahmen einleiten. Durch die dann folgen-
den Kündigungen der Kredite, Verzugsfolgen und
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen entstehen dem Schuld-
ner nicht unerhebliche zusätzliche Schäden. In diesen
Fällen dürfte eine Schadensersatzpflicht des Vermittlers
aus vertraglichen Ansprüchen gem. §§ 280 ff. BGB, aber
auch unter deliktischen Gesichtspunkten gem. § 823 Abs.
2 BGB in Verbindung mit § 263 oder § 291 StGB gege-
ben sein. Hier dürfte auch kein Beweisproblem vorliegen,
da der Vermittler die Anzeige schaltet und somit weiß,
dass er keinen Kredit vermittelt.
Ist das Angebot der „gewerblichen Schuldenregulierer“
rechtlich zweifelhaft, so stellt sich die Frage, wie das Pro-
visionsverlangen des Vermittlers einzuordnen ist, wenn er
den Schuldner an diese Anbieter vermittelt. Auch in
diesen Fällen dürfte häufig eine arglistige Täuschung mit
entsprechenden Anfechtungsmöglichkeiten des Kredit-
suchenden vorliegen. Dies ist jedenfalls dann der Fall,
wenn der Vermittler bereits weiß, dass es (wie im Regel-
fall) nicht zu einer Kreditvermittlung kommen wird,
sondern lediglich zu einer Vermittlung an den Regulierer.
Darüber hinaus dürfte bei der Werbung mit einer Kredit-
vermittlung und anschließender Weitervermittlung an
einen gewerblichen Schuldenregulierer ähnlich wie bei
der Vermittlung eines Wirtschaftsberatungsvertrages die
Verletzung der vertraglichen und vorvertraglichen Aufklä-
rungspflichten anzunehmen sein, wenn dem Vermittler
bekannt ist, dass es gar nicht zu einer Kreditvergabe
kommt, oder er weiß, dass das Angebot des im Regelfall
mit ihm kooperierenden Schuldenregulierers für den
Schuldner nutzlos ist. Dann macht er sich nach § 280
Abs. 1 BGB gegenüber dem Schuldner schadensersatz-
pflichtig.
Bei der (ausdrücklichen oder suggestiven) Werbung mit
einer Kreditvermittlung besteht auch der Verdacht eines
Umgehungstatbestandes gem. § 655e BGB. Der Gesetz-
geber wollte durch die Schaffung der Vorschriften ver-
meiden, dass „... unseriöse Vermittler nicht vermittlungs-
fähige Kreditwünsche entgegennehmen, um sich von
vornherein auf das Erheben von Nebenentgelten zu
beschränken ...“.12 Um dieses Ziel zu erreichen sollte
jegliche Gestaltung, die zu einer Zahlung des Kunden
führt, ohne dass eine Kreditauszahlung erfolgt, unter-
bunden werden. Hierfür ist nicht entscheidend, ob tat-
sächlich ein Kreditvermittlungsvertrag abgeschlossen
wird. Es muss vielmehr als ausreichend angesehen wer-
den, wenn der Anbieter mit einer Kreditvermittlung wirbt
und der Kunde aufgrund dieses Versprechens – aufgrund
welcher Vertragsgestaltung auch immer – Entgelte an
den Vermittler entrichtet. Insofern liegt auch in diesen
Fällen ein Umgehungstatbestand i. S.d. § 655e BGB vor,
was die Unwirksamkeit der Vermittlung des Vertrags an
den gewerblichen Schuldenregulierer zur Folge hat.
Von dieser Einschätzung abgesehen, ist die Wirksamkeit
des Vertrages auch unter dem Gesichtspunkt des § 138
Abs. 2 BGB zweifelhaft. Wie oben bereits dargelegt, wird
ein wucherähnliches Rechtsgeschäft dann angenommen,
wenn eine Überteuerung von mehr als 100% über dem
marktüblichen Preis vorliegt und eine besondere Zwangs-
lage des Vertragspartners gegeben ist. Bei einem hoch-
verschuldeten Verbraucher, der bei einer seriösen Bank
nicht mehr kreditwürdig ist, liegt sicher eine extreme
Zwangslage vor, die die freie Willensbetätigung nicht
unerheblich beeinträchtigt. Er benötigt unbedingt Geld
und ist bereit, auch vagen Versprechungen des Vermitt-
lers zu glauben. Erschwerend kommt in diesen Fällen
12 BT-Drucks. 11/5462. S. 30.
32 Rechtsgutachten
hinzu, dass sich die Vermittler durch ihre Werbung gezielt
und ausschließlich an Verbraucher in finanzieller Notsitua-
tion wenden, um von dieser Leichtgläubigkeit zu profitie-
ren. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist ebenfalls auffallend.
Zwar sind die Gebühren für die Vermittlung, absolut
betrachtet, nicht besonders hoch (100 bis 300 1), die
Leistung ist allerdings völlig unbrauchbar. Adressen von
Schuldenregulierern sind frei zugänglich, so dass die
Adressenvermittlung ohne Wert ist. Im Gegenteil wird der
Schuldner ja an einen gewerblichen Schuldenregulierer
vermittelt, der weitere Gebühren von ihm verlangt. Hätte
der Schuldner sich dagegen selbst bei seiner Kommune
oder im Internet informiert, wäre er leicht auf die Adres-
sen kostenloser Schuldnerberatung gestoßen. Noch kras-
ser wird das Missverhältnis natürlich dann, wenn – wie in
vielen Fällen – die Vermittlung an eine Stelle erfolgt, die
dem Schuldner überhaupt keine Hilfestellung leistet, son-
dern ihm nur noch mehr Probleme bereitet. Eine kosten-
pflichtige Vermittlung an einen gewerblichen Schuldenre-
gulierer verstößt daher regelmäßig gegen § 138 Abs. 2
BGB und ist nichtig. Ein Anspruch auf eine Vermittlungs-
provision besteht damit nicht.
1.7 Die Vermittlung von Beteiligungen
Vermittler schrecken auch nicht davor zurück, den Kredit-
suchenden statt eines Kredites eine Vermögensanlage in
Form einer stillen Gesellschaftsbeteiligung oder eines
Kommanditanteils an einer Gesellschaft („geschlossene
Immobilienfonds“) in Höhe von mehreren Tausend Euro
zu verkaufen. Der Zweck der Gesellschaft besteht meist in
dem Erwerb und der Verwaltung von Immobilien, häufig
wird er aber auch offengehalten, oder er bleibt nebulös.
Prospekte werden in der Regel nicht ausgehändigt, was
die Vermittler nicht daran hindert, sich vom Kunden den
Erhalt des Prospektes quittieren zu lassen.13 Da der Kre-
ditsuchende naturgemäß nicht über die entsprechenden
Mittel verfügt, ist auf den Vordrucken der Beteiligung
meist gleich eine Ratenzahlungsvereinbarung vorhanden.
Dies wird dann nicht selten mit einer Lohn- und Sozial-
leistungsabtretung verbunden bzw. mit einer Anweisung
an den Arbeitgeber, z.B. monatlich 50 1 an die dubiose
Gesellschaft zu zahlen. Auch diese Beteiligung wird
natürlich mit der Begründung verkauft, dass diese lang-
fristige Geldanlage zur Sicherung des Kredites notwendig
sei. Diese Beteiligungen sind für den Schuldner besonders
13 Dazu auch eindrücklich Ökotest Heft 4/2007, S. 172.
ungünstig, da er zum einen in seiner finanziell engen
Situation weiter belastet wird und zum anderen diese
Beteiligungen wegen der geringen Möglichkeiten, diese
Produkte wieder zu veräußern (Fungibilität), und der
Zweifel an der Rentabilität der Unternehmen ohnehin
sehr ungünstige Anlageformen sind. Insofern hält der
Bundesgerichtshof einen Anlageberater für verpflichtet,
seinen (solventen) Kunden darauf hinzuweisen, dass eine
Kommanditbeteiligung an einem geschlossenen Immobili-
enfonds in Ermangelung eines entsprechenden Marktes
nur eingeschränkt veräußerbar ist. Dies muss natürlich
erst recht für die Vermittlung an einen illiquiden Kunden
gelten, der nur einen Kredit sucht und überhaupt nicht in
der Lage ist, weitere Belastungen zu tragen.
Im Prinzip gilt, rechtlich gesehen, Ähnliches, wie oben zu
der Vermittlung von Bausparverträgen und Versicherun-
gen ausgeführt wurde. Denn zu der Tatsache, dass diese
Produkte auch für einen liquiden Anleger ungünstig sind,
tritt hier der Umstand, dass einem insolventen und
dringend um Kredit bemühten Kunden eine Geldanlage
vermittelt wird, von der gleichzeitig wahrheitswidrig
behauptet wird, sie würde seine Kreditwürdigkeit verbes-
sern. Das Versprechen, durch die Zeichnung der Beteili-
gung der Kreditgewährung näherzukommen, erfüllt den
Tatbestand der arglistigen Täuschung. Es liegt aber auch
eine Verletzung der Aufklärungspflichten des Kreditver-
mittlungsvertrages vor, wenn der Vermittler zu solchen
unnützen und den Schuldner nur belastenden Beteiligun-
gen rät. Die Folge wäre eine Schadensersatzpflicht des
Vermittlers, die auch in der Befreiung von der Verbindlich-
keit bestehen kann. Aber auch im Rahmen des Abschlus-
ses des Vertrages über die Beteiligung bestehen Aufklä-
rungspflichten. Hier muss sich die Beteiligungsgesellschaft
im Rahmen des Vertragsschlusses das Verschulden ihres
Vermittlers, der den Kreditsuchenden nicht über die
Sinnlosigkeit der Beteiligung aufklärt, über § 278 BGB
anrechnen lassen.
1.8 Gebührenerhebung über Mehrwertdienste 0900
Auch die Gebührenerhebung über die kostenpflichtigen
Mehrwertdienste ist aus den oben bereits erwähnten
Gründen generell unzulässig. Es werden mit diesen
Gebühren keine vereinbarten und erforderlichen Ausla-
gen im Sinne des § 655d Satz 2 BGB kassiert. Die Kosten
Rechtsgutachten 33
entstehen vielmehr unabhängig von jeglichen Auslagen,
ohne schriftliche Vereinbarung und ausschließlich abhän-
gig von der Dauer des Gesprächs. Sie haben also schon
von daher keinen Anknüpfungspunkt zu erstattungsfähi-
gen Auslagen. Der Vermittler wählt in diesem Fall
bewusst einen Weg, mit dem er einen Gewinn erzielen
kann, ein „normaler“ Anruf des Kunden bei ihm würde
für den Vermittler keinerlei Kosten verursachen. Insofern
ist der Einsatz kostenpflichtiger Mehrwertdienste ein
geradezu klassischer Fall des Versuchs der Umgehung der
§§ 655a–e BGB.
Entsprechend besteht ein Verhaltenkodex des Verbandes
„FST Freiwillige Selbstkontrolle Telefonmehrwertdienste
e. V.“, der die Verwendung einer Premium-Rate-Rufnum-
mer zum Zwecke der Kreditvermittlung untersagt. Dem
Kreditsuchenden stehen in diesem Fall neben den allge-
meinen zivilrechtlichen Möglichkeiten auch die Ein-
spruchsmöglichkeiten des Telekommunikationsrechts zu.
Er sollte daher die Telefonrechnung um den nicht berech-
tigten Betrag kürzen und im Fall der Lastschrift der Belas-
tung widersprechen.
1.9 Rechtsdurchsetzung durch den Schuldner
Die zivilrechtlichen Möglichkeiten des Verbrauchers, sich
gegen die ungerechtfertigten Ansprüche zu wehren, sind
– wie oben dargelegt – recht aussichtsreich. Nachweis-
probleme kann es bei der arglistigen Täuschung geben,
die Umgehung verbraucherschützender Vorschriften
dürfte hingegen meist auf der Hand liegen.
Dennoch werden in sehr vielen Fällen Zahlungen von den
Schuldnern an die Vermittler geleistet. Dies geschieht
meistens durch Vorauszahlungen des Schuldners, dem
suggeriert wird, nur durch diese Zahlungen seinem Kre-
ditwunsch näherzukommen. Aber auch dann, wenn die
Vermittlung schon gescheitert ist, wird zum Teil massives
Inkasso durch Vermittler, Anwälte und Inkassobüros
betrieben. Von den Schuldnern werden in Unkenntnis
ihrer rechtlichen Abwehrmöglichkeiten nicht berechtigte
Forderungen bezahlt.
Da die Zahlungen des Schuldners regelmäßig ohne
Rechtsgrund geleistet wurden, könnten sie juristisch ohne
Probleme im Wege der Leistungskondiktion gem. § 812
Abs. 1 BGB zurückgefordert werden. Faktisch werden
diese Ansprüche aber nur in seltenen Fällen durchgesetzt.
Rückforderungsbegehren der Schuldner werden natürlich
von den Vermittlern kategorisch zurückgewiesen. Die
Schuldner sind in einer rechtlich komfortablen, aber fak-
tisch aussichtslosen Situation. Sie müssten einen Anwalt
beauftragen, Klage zu erheben, und auch insoweit wie-
der in Vorleistung treten. Nur wenige Anwälte sind bei
den vergleichsweise geringen Gegenstandswerten bereit,
für Beratungs- oder Prozesskostenhilfe tätig zu werden.
Oft werden die vermeintlichen Ansprüche gegen die
Schuldner zunächst von Inkassounternehmen beizutrei-
ben versucht und dann im gerichtlichen Mahnverfahren
tituliert. Aus den bekannten Gründen wehren sich die
Schuldner in der Regel nicht gegen die durch oft beachtli-
che Inkasso- und Verzugskosten permanent steigenden
Forderungen der Vermittler. Erst in einer späteren Phase
der Überschuldung, wenn der Schuldner den Weg in die
Verbraucher- oder Schuldnerberatungsstellen gefunden
hat, werden bei der Analyse der Gesamtforderungssitua-
tion die nunmehr rechtskräftig titulierten Forderungen
der Vermittler sichtbar.
Die Möglichkeiten, gegen rechtskräftige Vollstreckungs-
bescheide vorzugehen, sind rechtlich und faktisch
begrenzt. Lediglich § 826 BGB bietet eine Möglichkeit
des Rechtsschutzes.14 Der Schuldner müsste nachweisen,
dass der Vermittler den Weg des Mahnverfahrens gezielt
ausgenutzt hat, um hierdurch die Schlüssigkeitsprüfung
des Gerichts zu umgehen. Ob sich diese zur Sittenwidrig-
keit von Ratenkrediten und Verzugszinsen entwickelte
Rechtsprechung auf titulierte Gebühren und Auslagen
der Vermittler übertragen lässt, ist umstritten. Das AG
Suhl und das AG Würzburg hingegen sahen die Voraus-
setzungen für eine Rechtskraftdurchbrechung nicht gege-
ben, da es zumindest zum damaligen Zeitpunkt noch
positive Entscheidungen bzgl. der Erstattungsfähigkeit
von Auslagen zugunsten der Vermittler gab. Seit der
Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Ende der 1990er
Jahre sind die rechtlichen Grenzen einer Auslagenerstat-
tung (insbesondere das Verbot von Pauschalierungen und
Hausbesuchskosten zur Kreditanbahnung) aber weitge-
hend geklärt. Insoweit kann spätestens ab dem Jahr 2000
davon ausgegangen werden, dass die Kreditvermittler die
14 Ein Vollstreckungstitel ist ausnahmsweise nur dann angreifbar, wenn es mit dem Gerechtigkeitsgedanken schlechthin unvereinbar wäre, wenn der Gläubiger seine formale Rechtsstellung unter Missachtung der materiellen Rechtslage des Schuldners ausnutzte (BGH NJW 2005, 2991, 2994; Palandt-Sprau, BGB, 71. Aufl., § 826 Rz. 52; zum Ausnahmecharakter dieser Anfechtungsmöglichkeit zuletzt BGH NJW 2006, 154, 156.
34 Rechtsgutachten
Rechtsprechung kannten, und es kann unterstellt werden,
dass sie das gerichtliche Mahnverfahren zur Titulierung
wählten, um der (amtswegigen) Schlüssigkeitsprüfung im
Klageverfahren zu entgehen. So hat auch das AG Speyer
in einer Entscheidung aus dem Jahr 2002 bei einer pau-
schalierten Kostenforderung des Vermittlers in Höhe von
64,50 DM eine missbräuchliche Wahl des gerichtlichen
Mahnverfahrens angenommen und einen Schadenser-
satzanspruch nach § 826 BGB bejaht. Es muss allerdings
konstatiert werden, dass dieser Weg rechtlich schwierig
durchzusetzen ist und angesichts des Verhältnisses von
Streitwert, Aufwand und der bereits erwähnten allgemein
schwierigen Rechtsschutzsituation des Schuldners kaum
praktische Bedeutung erlangen wird.
Ist die Forderung nicht im gerichtlichen Mahnverfahren
durch einen Vollstreckungsbescheid, sondern durch ein
Urteil oder Versäumnisurteil tituliert, bestehen praktisch
keine rechtlichen Angriffsmöglichkeiten mehr, da in die-
sem Fall keine missbräuchliche Verfahrenswahl vorliegt.
2 Strafrechtliche Beurteilung
Die Praktiken auf dem Markt der unseriösen Kreditver-
mittlung müssen nicht zuletzt in strafrechtlicher Hinsicht
betrachtet werden. Die aufgezeigten zivilrechtlichen
Möglichkeiten sind – obwohl theoretisch vorhanden –
in der Praxis offenbar nicht geeignet, die weitverbreitete
Vereinnahmung unzulässiger Gebühren einzudämmen.
Zu selten sind die Beteiligten der Zielgruppe wirtschaftlich
oder psychosozial in der Lage, sich gegen die Vermittler
zu wehren. Bei einer Verknüpfung von relativ geringen
Schadenssummen und Massengeschäft mit der Ziel-
gruppe wirtschaftlich stark unter Druck stehender Ver-
braucher bietet das Zivilrecht keinerlei effektive Begren-
zungen des illegalen Geschäftsmodells. Für die Vermittler
besteht keinerlei wirtschaftliches Risiko bei der Verein-
nahmung rechtswidriger Gebühren.
Menschen in schwieriger oder gar auswegloser finanziel-
ler Situation wenden sich – wie bereits oben ausführlich
geschildert – aufgrund entsprechender Anzeigen an die
Vermittler, um einen Kredit zu erhalten. Tatsächlich erhal-
ten sie in der Regel keinen Kredit, sondern werden durch
dubiose Versprechen und Drohungen dazu veranlasst,
Provisionen, Auslagen o.Ä. zu bezahlen oder weitere für
sie wertlose Verträge zu unterzeichnen. Hierbei handelt
es sich nicht um Einzelphänomene, sondern um Massen-
geschäfte mit immer gleichen Methoden. Der Schaden
mag in jedem Einzelfall nach allgemeiner wirtschaftlicher
Bewertung zwar häufig gering sein, in der Summe ist er
jedoch enorm hoch. Zu berücksichtigen sind auch die
möglichen finanziellen Folgeschäden bei den Betroffenen,
wenn letzte finanzielle Mittel nicht an die seriösen Gläu-
biger fließen und diese dadurch bedingt die „Geduld“
verlieren und beispielsweise Zwangsvollstreckungsmaß-
nahmen einleiten. Die vernünftige, von entsprechenden
Beratungsstellen oder einem Rechtsanwalt begleitete
Verhandlung oder gar die Einleitung eines Verbraucherin-
solvenzverfahrens wird mit den bekannten Konsequenzen
weiter hinausgezögert. Die persönlichen und sozialen
Folgen für die Betroffenen sind hierbei nicht einmal
berücksichtigt. Die polizeiliche oder staatsanwaltliche
Verfolgung der Vermittler kann den Betroffenen auch bei
der zivilrechtlichen Durchsetzung ihrer Ansprüche helfen.
Im Folgenden sollen die strafrechtlichen Aspekte der
verschiedenen „Vertriebsformen“ untersucht werden.
2.1 Strafbarkeit wegen Betruges, wenn kein Kredit
vermittelt wurde (§ 263 StGB)
Erhält der Verbraucher bei einer Werbung mit „SCHUFA-
freien“ Krediten nach der Kontaktaufnahme mit einem
Kreditvermittler keinen Kredit, soll er jedoch eine Provi-
sion, eine Vergütung oder nicht gerechtfertigte Auslagen
bezahlen, so könnte sich der Vermittler hierdurch wegen
Betruges strafbar gemacht haben. Dazu müsste durch
eine vorsätzliche Täuschung des Vermittlers ein Irrtum
erregt worden sein, der auf Seiten des Kreditsuchenden
zu einer Vermögensverfügung zu seinem Schaden geführt
haben muss.
Fraglich ist, wie der in der Praxis wohl am häufigsten vor-
kommende Fall des Verlangens von „Auslagenerstattun-
gen“ strafrechtlich zu bewerten ist. Auch wenn kein Kre-
dit vermittelt wurde, darf der Vermittler theoretisch nach
§ 655d BGB entstandene, erforderliche und im Einzelfall
nachgewiesene Auslagen vom Kreditsuchenden verlan-
gen. Das bedeutet schon vom Begriff her, dass tatsäch-
liche Bemühungen stattgefunden haben müssen, für die
Aufwendungen entstanden sind, für die der Vermittler in
Vorleistung getreten ist. Nach einhelliger Rechtsprechung
ist darüber hinaus erforderlich, dass die Auslagen konkret
vereinbart sein und exakt abgerechnet werden müssen,
also nicht pauschaliert werden dürfen. Nicht zu den erfor-
derlichen Auslagen zählen beispielsweise Fahrtkosten und
Arbeitsaufwand des Vermittlers. Zivilrechtlich ist es so,
dass eine wirtschaftlich Sinn ergebende Anwendung des
Rechtsgutachten 35
§ 655d im Bereich der Konsumentenkreditvermittlung
quasi nicht existiert. Die Kosten der konkreten Aufstel-
lung und des Nachweises der wenigen zulässigen Ausla-
gen sind in der Regel höher als die damit zu erzielenden
Einnahmen. Rechtlich korrekte Abrechnungen über Aus-
lagenerstattungen kommen zumindest im Konsumenten-
kreditbereich in der Praxis auch nicht vor.
Wegen Betruges kann sich der Vermittler zum einen
dadurch strafbar machen, dass er Auslagen verlangt,
obwohl ein Kredit nie vermittelt werden sollte, und zum
anderen dadurch, dass er Auslagen verlangt, auf die er
zivilrechtlich keinen Anspruch hat.
Hat der Kreditvermittler gar keinen Kontakt zu Kreditinsti-
tuten hergestellt oder kann er Anfragen an potentielle
Kreditgeber bzw. erfolgreiche Vermittlungen überhaupt
nicht nachweisen, liegt die Täuschungshandlung klar auf
der Hand. Der Vermittler täuscht den Kreditsuchenden
durch die Anzeigen und die darauf folgende Geschäftsan-
bahnungsphase absichtlich über die Möglichkeit der Kre-
ditvermittlung. Bei diesem wird der Irrtum erzeugt, dass
er eine Chance auf eine Kreditvermittlung habe. Die Ver-
mögensverfügung des Kreditsuchenden liegt in der Zah-
lung der vom Vermittler verlangten Beträge. Der Kredit-
suchende erleidet hierdurch einen Vermögensschaden
(denn er hätte keinerlei Zahlungen geleistet, wenn er von
der fehlenden Erfolgsaussicht gewusst hätte), und zwar
unabhängig davon, ob er sich gegen die Forderung auch
zivilrechtlich hätte zur Wehr setzen können. Das Fordern
einer Auslagenerstattung gänzlich ohne zugrundelie-
gende Leistung ist von § 655d BGB überhaupt nicht
gedeckt. Insofern stellt auch die Kenntnis von der Rechts-
widrigkeit der Forderung kein Hindernis dar. Der Kredit-
vermittler macht sich in diesen Fällen wegen Betruges
strafbar.
Fraglich ist aber, ob sich diese Bewertung ändert, wenn in
seltenen Einzelfällen Kontakte zu Geldgebern stattgefun-
den haben und gegebenenfalls sogar erfolgreich Kredite
vermittelt bzw. ernsthafte Vermittlungsversuche unter-
nommen wurden. Dies ist der Anwendungsfall, der nach
den Studien von 2007 und 2012 in der Praxis am häu-
figsten anzutreffen ist. Es werden generell von all denje-
nigen, die sich auf die Werbung des Vermittlers melden,
erfolgsunabhängige und zivilrechtlich nicht gerechtfer-
tigte Gelder eingezogen; nur sehr vereinzelt kommt es
dann auch tatsächlich zur Vermittlung von Krediten. Das
kann bei denjenigen Kreditsuchenden der Fall sein, die
nur nach den strengen Kriterien ihrer Hausbank nicht
mehr kreditwürdig sind, bei denen auf dem Kleinkredit-
markt aber noch eine Chance auf einen Kleinkredit zu
überteuerten Konditionen besteht. Außerdem erreichen
die Vermittler mit ihrer Werbung (die sich in erster Linie
an nicht kreditwürdige Verbraucher richtet) quasi als
Nebeneffekt auch noch andere Gruppen. Das sind im
Prinzip solvente Kreditsuchende, die entweder eine über-
zogene Angst davor haben, einen Eintrag bei der SCHUFA
zu erhalten, oder denen es peinlich ist, bei ihrer Haus-
bank vor Ort um einen Kredit nachzufragen. Über die
zuletzt genannte Gruppe konnten leider in der Studie
keine Daten erhoben werden, es kann allerdings davon
ausgegangen werden, dass diese durch die zahlreichen
Möglichkeiten des mehr oder weniger anonymen Kon-
takts bei seriösen Internet- und Direktbanken geringer
geworden ist. Insofern ist die (ohnehin geringe) Erfolgs-
quote bei der Vermittlung wohl eher als Nebenprodukt
des Geschäftsmodells zu sehen denn als gewolltes Ergeb-
nis der Bewerbung der Zielgruppe.
Die große Gruppe der Fälle, in denen die Vermittler
Gebühren und Auslagen von den Kreditsuchenden kassie-
ren und nur im Einzelfall auch mal bei der Kreditvermitt-
lung erfolgreich sind, stellt zumindest in der Praxis der
Strafverfolgung auch rechtlich die am schwierigsten ein-
zuordnende Fallgruppe dar.
Die weitere Untersuchung wird aber zeigen, dass auch
diese vereinzelten Erfolge nichts an der Bewertung der
Strafbarkeit ändern, sondern dass auch in diesen Fällen
ein Betrug anzunehmen ist, da die allgemeine Aussicht,
unter den gegebenen Bedingungen einen Kredit zu erhal-
ten, um ein Vielfaches geringer ist, als dies durch die
Werbung suggeriert wird.
Eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB ist
jede Einwirkung eines Täters auf die Vorstellung des
Getäuschten, welche objektiv geeignet und subjektiv
bestimmt ist, bei Adressaten ein Fehlvorstellung über
tatsächliche Umstände hervorzurufen.
Durch die Werbung der Vermittler wird über die Erfolgs-
aussicht, einen Kredit zu erhalten, getäuscht. Zu berück-
sichtigen ist dabei die ganz besondere Zielgruppe der
Anzeigen: Es ist nicht die Gruppe der mehr oder weniger
normalen, durchschnittlich solventen Kreditsuchenden,
die angesprochen wird, sondern ganz gezielt eine Perso-
nengruppe, die zumeist schon in nicht nur kurzfristigen
finanziellen Schwierigkeiten steckt oder gar überschuldet
ist. Darauf zielt die Werbung eindeutig ab, die Begriffe
36 Rechtsgutachten
wie „Kredite ohne SCHUFA-Auskunft“ oder inhaltsähnli-
che Slogans verwendet: auf diejenigen, deren Kredit-
wunsch bei dem „normalen“ Kreditinstitut wegen man-
gelnder Bonität abgelehnt wurde oder würde. Insofern
müssen auch unter strafrechtlichen Aspekten Angebot,
Werbung und Zielgruppe für die Beurteilung der Straf-
barkeit als Gesamtheit betrachtet werden. Ähnlich wie
bei den „Abofallen“ dürfen die einzelnen Elemente des
Marketingkonzeptes nicht isoliert betrachtet werden. Die
Werbebotschaft ist für diese Zielgruppe besonders irre-
führend, denn das Angebot ist just für diese Adressaten
auf dem Markt so gut wie nicht vorhanden.
Diese Zielgruppe erhält im Normalfall und unter Normal-
bedingungen also keinen Kredit mehr. Es bleiben in weni-
gen Fällen einige, meist ausländische, Institute, die sich
das erhöhte Risiko bei einer solchen Vermittlung mit
hohen Zinsen, Provisionen und Verzugskosten bezahlen
lassen. Diese Teilgruppe ist, wie oben dargestellt, ver-
schwindend gering. Für die Vermittler ist von vornherein
klar, dass nur in Ausnahmefällen ein Kreditwunsch der
Zielgruppe zu realisieren sein wird. Die Marktuntersu-
chung hat darüber hinaus gezeigt, dass in Fällen, in
denen ein Kredit vermittelt wurde, offenbar zuvor die
Bonität der Kreditsuchenden – entgegen der Werbebot-
schaft – doch durch eine Anfrage bei der SCHUFA oder
einer anderen Kreditauskunftei überprüft wurde. Das ist
ein weiterer Beleg dafür, dass ohne Bonität kein Geld zu
bekommen ist. Damit wird letztlich auch in den wenigen
Fällen der erfolgreichen Kreditvermittlung getäuscht,
nämlich darüber, dass eine Kreditvergabe ohne Bonitäts-
prüfung erfolgen könne.
Durch den Inhalt der Werbebotschaft wird die falsche Tat-
sache suggeriert, eine konkrete Erfolgsaussicht bestünde
auch gerade für Kreditsuchende in finanziellen Schwierig-
keiten und bei schlechter Bonität15. Dies ist aber in der
Praxis nicht der Fall, da diese Klientel mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Kredit bekommen
wird. Dadurch wird dem Kunden zumindest konkludent
suggeriert, ein gewisser Umstand (nämlich die höchst-
wahrscheinliche Nichtvermittelbarkeit der Kredite) sei
nicht gegeben.
Auch die nähere Betrachtung der wirtschaftlichen Gege-
benheiten dieser Branche stützt den Vorwurf der Täu-
schung: Angesichts nur weniger erfolgreich zu vermitteln-
15 LG Stuttgart, Urt. v. 21.02.2012, AZ 14 KLS 166 Js 9323/11, S. 913
der Kredite innerhalb der angesprochenen Zielgruppe
können kaum Provisionen verdient werden, was ja die ori-
ginäre und eigentliche Einnahmequelle des Kreditvermitt-
lers ist. Das gesamte Geschäft könnte auf legale Weise
also nicht wirtschaftlich sein. Eine Quersubvention mit
anderen Geschäftsbereichen widerspräche jeglicher kauf-
männischen Vernunft. Und Auslagen sind, in welcher
Form auch immer, der Ersatz für entstandene Geschäfts-
kosten. Der Gewinnerzielung können sie schon ihrer
Natur nach nicht dienen.
Wer dennoch die hier diskutierte Form der Kreditvermitt-
lung als Geschäft betreibt, der weiß, dass seine Tätigkeit
wenig erfolgversprechend sein wird, wenn er sich an eine
Klientel in finanzieller Bedrängnis richtet und das legale
Provisionsgeschäft allein nicht kostendeckend ist, er kann
also nur dadurch Gewinn erzielen, dass die nicht vermit-
telbaren Kunden an eine Vermittlung glauben und hierfür
(nicht gerechtfertigte) Zahlungen leisten.
Durch die Täuschung wird beim Kreditsuchenden der
Irrtum erzeugt, dass der Vertragsschluss über die Kredit-
vermittlung und die damit verbundenen Zahlungen zu
einer hohen Wahrscheinlichkeit zu einer Kreditvermitt-
lung führen würden. Wüsste er, dass dies aufgrund seiner
Zugehörigkeit zu der Zielgruppe „hochverschuldet“ nur
äußerst unwahrscheinlich ist, hätte er die Verträge nicht
abgeschlossen bzw. die Zahlungen nicht geleistet.
Die Vermögensverfügung liegt in der Zahlung der vom
Vermittler geforderten Beträge; in dem Umfang ist dem
Kreditsuchenden ein Schaden entstanden.
Eine strafbare Täuschung kann aber auch unter einem
anderen Aspekt gegeben sein: Verlangt der Kreditvermitt-
ler Auslagen oder anderweitige Zahlungen, die im Rah-
men des § 655d BGB als nicht erforderlich einzustufen
sind, so kann hierin die schlüssige Vorspiegelung einer
falschen Tatsache, nämlich des Bestehens des Anspruchs
gesehen werden. In welchem Ausmaß ein Täter im
Zusammenhang mit dem Einfordern einer Leistung Tat-
sachen über die rechtliche Bewertung des Anspruches
miterklärt, ist umstritten.
Nach herrschender Auffassung gehört die Frage, ob die
Schuld besteht und die Leistung den Anspruch nicht
übersteigt, generell in den Risikobereich des Leistenden,
Rechtsgutachten 37
in diesem Fall des Kreditsuchenden. Der Betrugstatbe-
stand schützt nicht vor jeglicher Unredlichkeit im
Geschäftsverkehr. Die Forderung eines überhöhten Preises
enthält danach nicht auch die konkludente Erklärung,
der Preis sei angemessen oder üblich. Diese Auffassung
wurde aber hauptsächlich zu Fällen grundsätzlich freier
Preisgestaltung, wie etwa im Gebrauchtwagenhandel,
entwickelt.
Allerdings wird in der Forderung einer nicht berechtigten
– also einer mehr als nicht angemessenen – Leistung
durchaus eine Täuschungshandlung gesehen. Allerdings
ist die konkludent falsche Tatsachenbehauptung nicht
schon daraus zu konstruieren, dass lediglich ungerecht-
fertigte Beträge eingefordert werden. Eine Täuschung im
Sinne des § 263 StGB wird von der herrschenden Mei-
nung nur dann angenommen, wenn zusätzlich ein Bezug
zu einer unzutreffenden Tatsachenbasis hergestellt oder
die rechtliche Wirksamkeit eines Anspruchs wahrheits-
widrig als gesichert dargestellt wurde.
Nach einer weitergehenden Auffassung liegt eine Täu-
schung auch dann vor, wenn die nicht berechtigte Leis-
tung einseitig vom vermeintlichen Gläubiger eingefordert
wird oder wenn die Position des Getäuschten in der Form
schwächer ist, dass er auf die Richtigkeit einer Abrech-
nung vertrauen muss, weil er in der Nachprüfbarkeit ein-
geschränkt ist, namentlich wenn Tax- oder Listenpreise
oder andere Kriterien über den zulässigen Inhalt der
Abrechnung existieren.
Fraglich ist, inwieweit der Kreditvermittler bei der Verein-
nahmung ungerechtfertigter Auslagen über die der For-
derung zugrundeliegenden Tatsachen täuscht. Dabei ist
schon der Begriff der Auslagen zu beachten, der beinhal-
tet, dass dem Vermittler hier keine Provisionen oder
Gebühren zufließen, die der wirtschaftlichen Gewinner-
zielung dienen. Es sollen lediglich diejenigen Aufwendun-
gen ersetzt werden, die dazu führen, dass er die tatsäch-
lichen Bemühungen um die Kreditvermittlung kostenneu-
tral durchführen kann und im Fall der fehlgeschlagenen
Vermittlung nur seine Arbeitskraft und allgemeinen
Betriebskosten eingesetzt hat. Im Regelfall wird der Ver-
mittler durch das Verlangen von Auslagen auf der Rech-
nung schon über diese Tatsache täuschen. Denn wie oben
dargelegt geht es dem Vermittler ja gerade darum, nicht
nur Kostenneutralität zu erreichen, sondern durch diese
Einnahmen (die tatsächlich gar nicht oder nicht in der
Höhe entstanden sind) Gewinn zu erzielen.
Darüber hinaus dürfte aber auch eine konkludente
Täuschung über die tatsächlichen Voraussetzungen seines
Anspruchs vorliegen. Denn gerechtfertigt ist sein Aus-
lagenanspruch wie oben dargestellt nur, wenn die Aus-
lagen nicht pauschaliert sind, im Einzelnen vorher verein-
bart wurden und nicht lediglich die allgemeinen Betriebs-
kosten betreffen. Wie die Untersuchung gezeigt hat, ist
dies aber tatsächlich nie der Fall.
In einer jüngeren Entscheidung des 5. Strafsenats vom
09.06.200916 hat der BGH eine konkludente Täuschung
durch ein Stadtreinigungsunternehmen angenommen,
das von Grundstückseigentümern deutlich überhöhte
Gebühren für die Straßenreinigung gefordert hatte. Die
Täuschungshandlung sah der BGH darin, dass das Unter-
nehmen mit den Rechnungsschreiben konkludent miter-
klärt hatte, dass die Tarife unter Beachtung der entspre-
chenden Vorschriften ermittelt worden seien und sie
somit auch auf einer zutreffenden Bemessungsgrundlage
beruhten. Welcher Inhalt einer Erklärung zukommt, so
der BGH, bestimme sich ganz wesentlich auch durch den
Empfängerhorizont und die Erwartungen der Beteiligten.
Diese seien regelmäßig durch den normativen Gesamtz-
usammenhang geprägt, in dem die Erklärung stehe. Die
Entscheidung zeigt, dass für die Bewertung, ob der unge-
rechtfertigten Gebührenforderung auch eine Täuschung
über die der Forderung zugrunde liegenden Tatsachen
zugrunde lag, auch auf ein besonderes strukturelles
Ungleichgewicht des Falls abzustellen war. Weil der
Bürger die Gebührenordnung nur bedingt kontrollieren
konnte und zudem auf die Richtigkeit der Behörden-
entscheidung vertraute, sah der BGH in diesem Fall auch
eine Täuschung über die der Abrechnung zugrundelie-
gende Bemessungsgrundlage.
Auch bei den hier untersuchten Kreditvermittlungsfällen
besteht – wie bereits dargelegt – ein strukturelles
Ungleichgewicht zwischen dem Fordernden und dem
vermeintlich Zahlungspflichtigen. Zwar besteht in diesem
Fall kein besonderes Vertrauensverhältnis aufgrund einer
Amtsstellung. Hier wird man aber das Vorverhalten der
Vermittler mit in die Waagschale werfen müssen, die sich
durch ihre Werbung als Spezialisten für die Kreditvermitt-
lung an nicht kreditwürdige Adressaten gerierten.
16 BGH NStZ 2009, 506 ff., dazu die zustimmenden Anmerkungen von Voßen, NStZ 2009, 687, und Sieweke, wistra 2009, 341 ff.
38 Rechtsgutachten
Ein Kreditvermittler hat zudem – auch wenn er für seine
Gewerbeerlaubnis keine Sachkundeprüfung absolvieren
muss – zwangsläufig Kenntnisse über die wichtigen Vor-
schriften, die sein Gewerbe betreffen. Genaue Kenntnisse
der möglichen Berechtigung seiner Forderungen sind
konzeptioneller Bestandteil des Geschäftsmodells. Dazu
gehört im Regelfall die Kenntnis der zivilrechtlichen
Grenzen der Gebührenerhebung, die er als wesentlichen
Pfeiler seines Geschäftsmodells genau austariert. Der
Kreditsuchende verfügt dagegen in aller Regel nicht über
rechtliche Kenntnisse und wird von der Berechtigung der
erhobenen Forderungen ausgehen.17 Er ist aufgrund
seiner typischen Situation nicht in der Lage, die Berechti-
gung der Forderung zu prüfen und sich gegebenenfalls
dagegen zu wehren. Dieses strukturelle Ungleichgewicht
wird von den Vermittlern durch die Werbung gezielt aus-
genutzt. Sie wenden sich direkt an eine Klientel, die die
Berechtigung der geltend gemachten Forderungen nicht
einschätzen kann und zudem wirtschaftlich so unter
Druck steht, dass sie nur allzu bereit ist, leichte Zweifel an
der Berechtigung der Forderung in der Hoffnung auf die
ersehnte Kreditgewährung beiseitezuwischen. Auch diese
Umstände sind in die Gesamtbewertung mit einzubezie-
hen, das nach außen scheinbar verkehrsgerechte Verhal-
ten wird gezielt eingesetzt, um den Adressaten zu schädi-
gen, die Irrtumserregung ist damit nicht zufällig, sondern
gewollte Folge eines ausgetüftelten Systems.
Hinzu kommt, dass der Kreditsuchende kaum eine Mög-
lichkeit hat, die Berechtigung der Forderung zu prüfen.
Anders als im Fall der Gebührenerhebung – dort haben
die Betroffenen immerhin ein kostenloses verwaltungs-
rechtliches Widerspruchsverfahren mit der Chance der
Überprüfung zumindest durch die Widerspruchsbehörde
– wird er rein faktisch nicht in der Lage sein, die Berechti-
gung durch einen Anwalt zu überprüfen bzw. sich sogar
aktiv dagegen zu wehren. Erschwerend kommt hinzu,
dass es in den hier vorliegenden Fällen nicht nur um die
Frage geht, ob ein dem Grunde nach gerechtfertigter
Anspruch auch in der Höhe berechtigt ist, sondern es ist
aufgrund der zivilrechtlichen Vorschriften klar, dass der
Anspruch, der gegenüber dem Kreditsuchenden geltend
gemacht wird, überhaupt nicht gerechtfertigt ist.
17 Nach der Rechtsprechung des BGH schließt Leichtgläubigkeit der potentiel-len Opfer oder Erkennbarkeit der Täuschung bei hinreichend sorgfältiger Prüfung die Täuschung nicht aus, BGH NStZ 2003, 313, 314; zu der Proble-matik der Abofallen siehe auch OLG Frankfurt vom 17.12.2010 = NJW 2011, 398 ff. Rz. 46.
Bewertet man also – wie vom BGH gefordert – den nor-
mativen Gesamtzusammenhang der Konstellation, so
muss auch in den Fällen des unberechtigten Verlangens
von Auslagenersatz eine konkludente Täuschung des Kre-
ditvermittlers über die Berechtigung der Gebühren ange-
nommen werden. Diese liegt – je nach Fallkonstellation –
in der Vorlage eines Vermittlungsvertrages, einer Hausbe-
suchsvereinbarung zur Unterschrift oder der Übersendung
von Unterlagen per Nachnahme mit der jeweils ausdrück-
lichen oder schlüssigen Erklärung, dass der Verbraucher
die unzulässigen Auslagen zu zahlen habe.18
Durch die nachdrückliche Gebührenforderung des Ver-
mittlers entsteht bei dem Kreditsuchenden der Irrtum, zur
Zahlung verpflichtet zu sein.
Zahlt der Verbraucher die geforderten Auslagen, so liegt
eine Vermögensverfügung vor. Weil die geforderte Ausla-
generstattung rechtswidrig ist, entsteht dem Verbraucher
auch ein entsprechender Vermögensschaden. Die Tatsa-
che, dass er eigentlich nicht zur Zahlung der nicht berech-
tigten Forderung verpflichtet wäre, ändert hieran nichts.
Leistet der Schuldner auf die Anforderungen des Vermitt-
lers nicht, so liegt lediglich ein versuchter Betrug seitens
des Vermittlers vor.
Eine Täuschung kann sich in den hier untersuchten Fällen
auch durch Unterlassen ergeben. Dies kann nur ange-
nommen werden, wenn dem Täter in Bezug auf die Mit-
teilung der Tatsache eine Garantenpflicht zukommt, ihm
also eine Rechtspflicht zur Aufklärung obliegt. Fraglich ist
also, ob der Vermittler den Kunden darüber aufklären
muss, dass der angebahnte Geschäftskontakt höchst-
wahrscheinlich nicht zu einer Erfüllung des Kreditwun-
sches führen wird. Eine solche Aufklärungspflicht kann
sich allein aus der vertraglichen Beziehung ergeben.
Dabei reicht freilich ein bloßer Vertragsschluss nicht aus.
Maßgebend für die Begründung einer Garantenstellung
ist vielmehr die tatsächliche Übernahme des Pflichten-
kreises. Allerdings begründet nicht jede Übertragung von
Pflichten auch eine Garantenstellung im strafrechtlichen
Sinne. Hinzutreten muss regelmäßig ein besonderes Ver-
trauensverhältnis, das den Übertragenden gerade dazu
18 LG Würzburg, Urt. v. 10.03.1997, 1 KLs 225 Js 13512/95: Betrug durch Vorspiegeln der Berechtigung, pauschale Fahrtkosten verlangen zu dürfen; AG Göppingen, Urt. v. 12.04.2000, AZ 4 LS 31 Js 984/99: Betrug durch Verlangen allgemeiner pauschaler Auslagen; LG Hamburg a.a.O.: Betrug durch Verlangen pauschaler Kosten.
Rechtsgutachten 39
veranlasst, dem Verpflichteten besondere Schutzpflichten
zu überantworten.
Wie oben dargelegt, treffen den Kreditvermittler verschie-
dene vertragliche Aufklärungspflichten. Er hat den Kredit-
suchenden über alle ihm bekannten Umstände aufzu-
klären, die für dessen Entschließung von Bedeutung sein
können. Dazu gehört z.B. die Pflicht, den Kreditsuchen-
den darüber aufzuklären, dass alle Kreditvermittlungsbe-
mühungen des Vermittlers bislang erfolglos waren, oder
darüber, dass dieser nur mit einer eingeschränkten Anzahl
von Banken verhandelt. Eine Aufklärungspflicht wird man
wohl auch dahingehend annehmen können, dass der
Vermittler deutlich machen muss, dass die Vermittlungs-
aussichten nach den Erfahrungen des Vermittlers zwar
nicht vollkommen aussichtslos, aber äußerst gering sind.
Zusätzlich ist in diesen Fällen das vorhergehende Verhal-
ten der Vermittler zu berücksichtigen, insbesondere die
gezielte Bewerbung (das Vermittlungsversprechen richtet
sich gezielt an eine Klientel, bei der die Vermittlung nicht
aussichtsreich ist) einer besonders leichtgläubigen Ziel-
gruppe, die bereit ist, sich in der scheinbar ausweglosen
wirtschaftlichen Situation an jeden Strohhalm zu klam-
mern. Insofern wird in diesen Fällen auch im Sinne einer
Ingerenz eine Garantenpflicht ausgelöst.
Klärt der Vermittler nicht über die voraussichtliche Erfolg-
losigkeit der Vermittlung auf, so täuscht er den Kredit-
suchenden über die realen Möglichkeiten einer Kredit-
gewährung. Daraus entwickelt sich der entsprechende
Irrtum, denn die Kreditsuchenden gehen davon aus, eine
realistische Aussicht auf einen Kredit zu haben und tref-
fen daraufhin durch die Zahlung der nicht berechtigten
Forderungen die Vermögensverfügungen, die den ent-
sprechenden Schaden entstehen lassen.
Auf der subjektiven Seite ist Vorsatz des Vermittlers
insbesondere hinsichtlich der Rechtswidrigkeit sowie
Schädigungsabsicht erforderlich. Prinzipiell muss der
Kreditvermittler zumindest billigend in Kauf nehmen, dass
die Forderung unberechtigt sein könnte. Dabei kommt es
nicht darauf an, ob der Täter nach den Anschauungen
seiner Kreise annimmt, einen Anspruch auf die Leistung
zu haben. Voraussetzung ist vielmehr die Vorstellung, der
Anspruch werde auch von der Rechtsordnung anerkannt.
Es kommt nicht darauf an, ob die mögliche Unkenntnis
von der Rechtswidrigkeit von dem Kreditvermittler ver-
schuldet wurde.
Es ist schwer vorstellbar, dass ein Kreditvermittler die
wichtigsten Vorschriften seines Geschäftsfeldes, die ver-
braucherschützenden Vorschriften der §§ 655a ff. BGB,
nicht kennt und von der Fülle an Rechtsprechung zum
Komplex zulässiger Auslagen nichts gehört haben will.
Gewerberechtlich ist er sogar verpflichtet, sich über die
einschlägigen Vorschriften seines Gewerbes zu unterrich-
ten. Das Landgericht Hamburg setzte sich in einem Straf-
urteil gegen Kreditvermittler sehr ausführlich mit der
Frage auseinander, ob und wann die Beschuldigten
Kenntnis von der Zulässigkeit bestimmter Auslagenklau-
seln hatten. Indizien für die entsprechende Kenntnis kön-
nen sein: Ablichtungen von Urteilen zum Themenkomplex
in den Geschäftsunterlagen des Vermittlers, Schreiben
oder Einschätzungen seiner Rechtsberater, Anpassung
von Auslagenklauseln an die Vorgaben der Interessenge-
meinschaft der Kreditvermittler, Kontakte zu Personen,
denen das Thema bekannt ist, Aufrechterhalten der Klau-
seln oder Forderungen, auch nach Rückforderungsschrei-
ben der Betroffenen mit Begründung. Da Eventualvorsatz
ausreicht, kann sich der Vermittler angesichts der zahlrei-
chen Entscheidungen der Oberlandesgerichte auch nicht
darauf zurückziehen, dass es einzelne instanzgerichtliche
Entscheidungen gibt, die pauschale Auslagenerstattun-
gen zulassen. Denn wer zumindest in Kauf nimmt, dass
die Auslagenforderung rechtswidrig sein könnte, handelt
in Schädigungsabsicht, wenn er sie dennoch beansprucht.
Kreditvermittler, die entgegen § 655d BGB und der hierzu
ergangenen gesicherten Rechtsprechung nicht berech-
tigte Auslagen von dem Verbraucher verlangen, machen
sich damit wegen Betruges strafbar.
2.2 Betrug durch die Vereinnahmung einer
Vermittlungsprovision ohne Kreditvermittlung
Erhält der Verbraucher, so wie es nahezu die Regel ist,
kein Darlehen, dann ist die Vereinnahmung einer Provi-
sion oder anderweitig benannten Vergütung gemäß
§§ 655c und e BGB gänzlich ausgeschlossen. Das Kredit-
vermittlungsrecht lässt eine Provisionszahlung ausschließ-
lich im Erfolgsfall zu. Einige Vermittler verlangen eine
solch offensichtlich rechtswidrige Zahlung dennoch von
dem Kreditsuchenden. Dabei ist es wegen des Umge-
hungsverbotes in § 655e BGB völlig unerheblich, wie der
Vermittler die Zahlung benennt oder dem Schuldner ver-
kauft. Die §§ 655a ff. sind Verbraucherschutzvorschriften
und als solche unabdingbar.
40 Rechtsgutachten
Fraglich ist, ob in der Geltendmachung der Forderung
auch in diesen Fällen eine Täuschung über die der Forde-
rung zugrundeliegenden Tatsachen vorliegt. Die Geltend-
machung der eindeutig unberechtigten Forderung alleine
wird hier nicht genügen. Die Täuschung kann sich aber
im Einzelfall aus dem Inhalt der Forderungsschreiben
ergeben, wenn dort auf falsche Tatsachen Bezug genom-
men wird. Allerdings könnte man in diesen Fällen auch
eine Täuschung durch Unterlassen annehmen. Dies aller-
dings nur, wenn man die vertragliche Aufklärungspflicht
des Kreditermittlers so weit spannt, dass man auch eine
Aufklärungspflicht dahingehend annimmt, dass der Ver-
mittler den Kunden auch darüber aufklären muss, dass
die von ihm geltend gemachte Forderung unrechtmäßig
ist.
Aufgrund des beim Verbraucher gegebenenfalls hierdurch
entstehenden Irrtums wird dieser zu einer Vermögensver-
fügung, zur Zahlung der Provision, veranlasst. Durch die
Zahlung erleidet der Verbraucher einen Vermögensscha-
den, dem ein stoffgleicher Vermögensvorteil auf Vermitt-
lerseite gegenübersteht. Es ist nicht denkbar, dass ein
Kreditvermittler nicht weiß, dass Provisionen im Bereich
der Konsumentenkredite nicht erfolgsunabhängig ver-
langt werden dürfen. Insofern sind Vorsatz und Schädi-
gungsabsicht klar gegeben. Somit können sich auch Kre-
ditvermittler, die eine Provision von dem Kreditsuchenden
vereinnahmen, ohne einen Kredit vermittelt zu haben,
wegen Betruges strafbar machen.19
Im Zusammenhang mit der Kreditvermittlung wird mitt-
lerweile regelmäßig eine ganze Reihe verschiedener
Zusatzverträge (Bausparverträge, Restschuldversicherun-
gen, Wirtschaftsberatung, Schuldensanierung, Sparanla-
gen, Kreditratenausfallversicherungen) vermittelt. Diese
sind praktisch durchgehend für den Kreditsuchenden
wirtschaftlich sinnlos. Zivilrechtlich sind sie deshalb auch
sämtlich wegen arglistiger Täuschung oder Falschbera-
tung angreifbar.
Damit stellt sich die Frage, ob die Vermittlung solcher
Verträge gleichzeitig einen strafbaren Betrug darstellt.
Der Kreditsuchende wird über die Notwendigkeit und die
Sinnhaftigkeit dieser Verträge getäuscht:
19 OLG Jena NJW 2002, 2404 zum Betrug durch angebliche Kreditvermittlung im Internet. Weil der Täter die Anzeige im Internet veröffentlichte, ist gem. § 263 Abs. 2 StGB ein besonders schwerer Fall angenommen worden.
Alle untersuchten Anzeigen sind so gestaltet, dass sich
Menschen, die akuten Finanzbedarf haben und diesen an
anderer Stelle nicht decken konnten, in der Hoffnung auf
einen Kredit an die Vermittler wenden. Nach allgemeinen
Geschäftsprinzipien wäre die erfolgreiche Kreditvermitt-
lung nun allein davon abhängig, ob der potentielle
Kreditnehmer hinreichend solvent ist und welche Sicher-
heiten er gegebenenfalls aufweisen kann. Stattdessen
wird den Kreditsuchenden aber mitgeteilt, der Abschluss
von Sparverträgen, Restschuldversicherungen oder Bau-
sparverträgen etc. sichere den Kredit und/oder erhöhe die
Aussicht auf Auszahlung.
Diese Behauptungen sind falsch und somit als Täuschung
über Tatsachen zu qualifizieren: In aller Regel wird kein
Kredit vermittelt, von einer Erhöhung der Kreditchancen
kann deshalb keine Rede sein. Was den Sicherungszweck
angeht, so ist davon auszugehen, dass die Kreditsuchen-
den keine freien zusätzlichen Mittel zur Bildung von Spar-
einlagen zur Verfügung haben. Außerdem können neu
angelegte Spareinlagen, Bausparverträge oder stille Betei-
ligungen einen Kredit kaum sichern. Vom Schuldner ein-
gezahlte Beträge werden zudem zunächst mit den meist
hohen Abschlussgebühren verrechnet, ohne dass es zu
einer Kapitalbildung kommt. Aus einer Kreditaufnahme
mit gleichzeitigem Ansparvertrag kann keine Sicherheit
erwachsen. Kommt der Schuldner mit seinen Kreditraten
in Verzug, dürfte er zuvor auch die Sparraten nicht ord-
nungsgemäß geleistet haben. Die beste Sicherheit wäre
die Teilrückzahlung des Kredites, das würde auch die
höchste Rendite bringen.
Auch im Falle der Vermittlung einer Wirtschaftsberatung
erhöhen sich die Chancen auf einen Kredit nicht. Die nor-
male Bonität des Kreditsuchenden muss vom Vermittler
oder potentiellen Geldgeber ohnehin vorab überprüft
werden. Eine Wirtschaftsberatung ist hier überflüssig.
Wesentlich an der Vermittlung an einen gewerblichen
Schuldenregulierer ist die Täuschung über den tatsächli-
chen Inhalt des vermittelten Vertrages. Die Annoncen der
Vermittler und die Regulierungsverträge sind so formu-
liert, dass die Kunden weiter von der Gewährung eines
Kredits ausgehen (Rate, Tilgungssumme, Beträge von
5.000 1 bis 30.000 1 sind kein Problem etc.).20
20 Siehe dazu auch den Fall des LG Stuttgart, vom 18.06.2008 – 37 O 30/08 = VuR 2008, 387 f., in dem das Gericht darauf hingewiesen hat, dass der Kunde entsprechende Schreiben zumindest so versteht (und auch so ver-stehen soll), als sei der Abschluss der anderweitig angebotenen Verträge förderlich für die erfolgreiche Kreditvermittlung.
Rechtsgutachten 41
Allenfalls bei der auch sonst üblichen Restschuldversiche-
rung kann ein tatsächlicher Sicherungszweck im Hinblick
auf einen Kredit gegeben sein. Wird die Versicherung
aber unabhängig vom Darlehensvertrag abgeschlossen,
ist sie ohne Sinn.21
Vermittler versuchen häufig, die Abhängigkeit der Zusatz-
verträge vom Darlehensvertrag durch schriftliche Verein-
barung zu verschleiern, um dem Täuschungsvorwurf zu
entgehen. Diese Vereinbarung ist gemäß § 116 BGB als
geheimer Vorbehalt unbeachtlich. Aus den geschilderten
finanziellen Umständen der Kreditsuchenden wird deut-
lich, dass sie die jeweiligen Verträge ausschließlich mit
Bezug zum erhofften Kredit abgeschlossen haben.
Die Aussagen des Vermittlers führen zu einem Irrtum auf
Seiten des Kreditsuchenden über die Notwendigkeit der
Verträge und zu einer entsprechenden Vermögensverfü-
gung, nämlich dem Unterzeichnen der Verträge, die er
bei Kenntnis der wahren Sachlage nicht abgeschlossen
hätte.
Die Frage des Schadens auf Kundenseite könnte zunächst
problematisch sein, weil die diversen zusätzlichen Ver-
träge nicht per se unwirksam oder rechtswidrig sind. Der
Vertragsunterzeichnung und der damit eingegangenen
Verpflichtung steht abstrakt eine entsprechende Gegen-
leistung gegenüber. Zu unterscheiden sind Verträge, die
abstrakt in Ordnung, aber für viele Menschen sinnvoll
sind, und solche, die auch objektiv eine wertlose Leistung
beinhalten. Zu ersterer Gruppe gehören in erster Linie
Versicherungen und Bausparverträge. Durch das Eingehen
der Verpflichtung, die Beiträge zu bezahlen, erwirbt der
Verbraucher als Gegenleistung vollen Versicherungsschutz
bzw. die Aussicht auf ein späteres zinsgünstiges Darle-
hen. Die Verträge sind lediglich für den Kreditsuchenden
in seiner aktuellen finanziellen Situation unbrauchbar.
Hier ist die Lehre vom sogenannten subjektiven Schadens-
einschlag zu beachten. Ein Schaden kann sich daraus
ergeben, dass die Gegenleistung für ihren Empfänger
nicht oder nicht in vollem Umfange zu dem vertraglich
vorausgesetzten Zweck brauchbar ist oder er sie auch
nicht in anderer zumutbarer Weise verwenden kann oder
wenn der Erwerber durch die eingegangene Verpflich-
21 Das gilt insbesondere für die häufigen Kreditratenausfallversicherungen, die neuerdings beliebt geworden sind und z.T. auch für den Fall abgeschlossen werden, dass gar kein Kredit vermittelt wird. Diese Verträge haben oben-drein noch so viele Ausschlussklauseln, dass sie in der Praxis bei der ange-sprochenen Klientel kaum greifen dürften, dazu Maltry, http://www.f-sb.de/akgeschaefte/armut/armut0001.htm.
tung zu Maßnahmen genötigt wird, die sein Vermögen
beeinträchtigen, bzw. wenn er infolge der Verpflichtung
die Mittel nicht mehr zur Verfügung hat, derer er nach
seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen
bedarf. Maßgebend ist hierbei ein objektiver Betrachter.
Nach diesen Kriterien kommt man hier trotz objektiv
gleichwertiger Gegenleistung zu einem Vermögensscha-
den auf Seiten der Kunden. Diese sind sämtlich bereits
vor der Kontaktaufnahme in finanziellen Schwierigkeiten,
so dass durch die neuerlichen Verträge, würden sie
erfüllt, eine Existenzgefährdung leicht gegeben wäre. Die
Verträge sind sämtlich nicht förderlich für die Kreditge-
währung, so dass sie ihren Zweck nicht erfüllen. Die Tat-
sache, dass die Versicherungen in der Regel bereit sind,
die Verträge kostenneutral zu stornieren, ändert gerade
in diesen Fällen nichts daran, dass der Schaden eingetre-
ten ist.
Die zweite Gruppe der Verträge zeichnet sich dadurch
aus, dass objektiv wertlose Leistungen der Verpflichtung
des Schuldners auf Zahlung der Gebühren oder Entgelte
gegenüberstehen. Hierzu zählen Schuldenregulierungs-
verträge und Wirtschaftsberatungen in der hier beobach-
teten Variante.
Die Frage der Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit der Ver-
träge bleibt auch hier bei der Frage des Schadens außer
Betracht, maßgeblich ist der objektive Wertvergleich von
Leistung und Gegenleistung. Der Belastung des Schuld-
nervermögens steht nach den Vertragsinhalten kein
Anspruch auf adäquate Gegenleistung gegenüber.
Hinsichtlich Rechtswidrigkeit, Vorsatz und Schädigungs-
absicht liegt der Fall klar. Der Vermittler dürfte in aller
Regel wissen, dass die diversen Verträge nicht zusammen-
hängen. Rechtliche Bewertungen sind in diesen Fällen
nicht maßgeblich. Wer statt der Kreditvermittlung weitere
oder andere Verträge vermittelt, macht sich somit wegen
Betruges strafbar.
In allen oben beschriebenen Fällen der Strafbarkeit
wegen Betruges dürfte gleichzeitig ein besonders schwe-
rer Fall im Sinne von § 263 Abs. 3 StGB anzunehmen
sein. Das ist u.a. der Fall bei gewerbsmäßiger Begehung
42 Rechtsgutachten
(Nr.1), großer Schadenshöhe (Nr. 2, 2. Variante) oder
einem großen Kreis von Opfern.
In den Fällen, in denen oben das tatbestandsmäßige
Vorliegen des Betruges angenommen wurde, dürfte im
Regelfall auch ein besonders schwerer Fall des Betruges
gem. § 263 Abs. 3 StGB vorliegen. Dies ergibt sich in
diesen Fällen aus Abs. 3 Nr. 1 StGB, da die Täter gewerbs-
mäßig gehandelt haben22. Gewerbsmäßig handelt, wer
sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorü-
bergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle
verschaffen will. Die Vermittler haben in der Regel ihr Sys-
tem auf eine dauerhafte Gewerbetätigkeit ausgelegt, die
sie häufig über Jahre betreiben. Sie richten sich mit Ihrer
Werbung an eine nicht bestimmte Zahl von Kreditsuchen-
den, die im Einzelfall vergleichsweise geringen Gebühren
führen nach den Geschäftsmodellen erst dann zu einem
erheblichen Gewinn, wenn eine Vielzahl von Kunden
betreut wird. Entsprechend hoch ist in den Fällen die Zahl
der Geschädigten; im vom LG Stuttgart entschiedenen
Fall betrug die Anzahl der Geschädigten 50.000.
2.3 Strafbarkeit wegen Betruges bei Vermittlung
eines Kredits (§ 263 StGB)
Hat der Kreditsuchende, was in Einzelfällen vorkommt,
einen Kredit erhalten, also einen Darlehensvertrag abge-
schlossen, dessen Widerrufsfrist abgelaufen ist, kommt
eine Strafbarkeit wegen Betruges in Betracht, wenn der
vermittelte Kredit als solcher sittenwidrig überteuert ist.
Im Laufe der 80er Jahre ist eine gesicherte Rechtspre-
chung über die Frage der Sittenwidrigkeit von Verbrau-
cherkrediten entstanden. Liegen die Kreditkosten mehr
als 100% über den marktüblichen Konditionen, ist der
Kreditvertrag gemäß § 138 BGB sittenwidrig und damit
nichtig. Rechtsfolge auf Schuldnerseite sind die Zinslosig-
keit des Darlehens und die Rückzahlung der Valuta in
Raten.
Mit der Vorlage der Kreditverträge erklärt der Vermittler
schlüssig, ein gültiges Rechtsgeschäft zu vermitteln. Weil
der beabsichtigte Vertrag aber von Anfang an nichtig ist,
ist das falsch. Allerdings ist fraglich, ob darin lediglich
eine Täuschung über eine Rechtsauffassung oder über
22 LG Stuttgart, Urt. v. 21.02.2012, AZ 14 KLS 166 Js 9323/11, S. 916
eine falsche Tatsache vorliegt, die bei dem Kreditsuchen-
den einen entsprechenden Irrtum erregt.
Ebenfalls kommt in diesen Fällen eine Täuschung durch
Unterlassen in Betracht, wenn man annimmt, dass der
Vermittler den Kreditsuchenden auch über die rechtliche
Unwirksamkeit des Kreditvertrages aufzuklären hat.
Mit seiner Unterschrift unter den Kreditvertrag trifft der
Kreditsuchende eine Vermögensverfügung. Diese liegt
auch dann vor, wenn durch Täuschung ein unwirksamer,
anfechtbarer oder von vornherein nicht bestehender
Vertrag geschlossen wird, solange der Schein einer ver-
traglichen Bindung geschaffen wird. Unabhängig von der
Frage der Wirksamkeit geht der Kreditsuchende die
Verpflichtung ein, einen erhaltenen Kredit samt Zinsen
und Kosten zurückzuführen.
Fraglich ist, ob diese Verfügung bei dem Kreditsuchenden
zu einem korrespondierenden Vermögensschaden geführt
hat. Prinzipiell besteht ein Vermögensschaden im negati-
ven Saldo zwischen dem Wert des Vermögens vor und
nach der Vermögensverfügung. Normalerweise stehen
sich Kreditvergabe und Rückzahlung plus Zinsen als
gleichwertige Leistungen gegenüber. Bei einem sittenwid-
rigen Kreditvertrag allerdings liegen die Kreditkosten weit
über den marktüblichen Konditionen. Nach der Recht-
sprechung ist der Kreditnehmer überhaupt nicht zur Zah-
lung von Zinsen verpflichtet. Zahlt er die Zinsen dennoch,
so ist hierin unproblematisch ein Schaden zu sehen. Die
Tatsache, dass der Kreditnehmer hierzu nicht verpflichtet
war, ändert daran nichts. Zum einen muss er vermutlich
gerichtliche, zumindest aber anwaltliche Hilfe in
Anspruch nehmen, um seinen Anspruch durchzusetzen,
denn die Kreditinstitute pflegen die sittenwidrigen Zah-
lungen selbstverständlich auch zu verlangen, notfalls
durch Inkassobüros oder durch Titulierung im Mahnver-
fahren. Zum anderen ist anerkannt, dass ein Schaden
bzw. eine konkrete Vermögensgefährdung zumindest
solange vorliegt, wie der Geschädigte aufgrund mangeln-
der geschäftlicher Gewandtheit seine Rechte nicht kennt
und nicht hinreichend ausüben kann. Man darf davon
ausgehen, dass die Klientel der „SCHUFA-freien“ Anbie-
ter die Rechtsprechung zu sittenwidrigen Krediten nicht
kennt.
Umstritten ist allerdings die Frage, ob ein Schaden bzw.
eine schadensgleiche Vermögensgefährdung und damit
Rechtsgutachten 43
ein vollendeter Betrug bereits im Moment des Vertragsab-
schlusses vorliegen, wenn der Getäuschte seine Leistung
noch nicht erbracht hat. Denn prinzipiell muss die Wert-
minderung im Moment der Verfügungshandlung eintre-
ten. Auch innerhalb der Rechtsprechung ist die Bewer-
tung uneinheitlich. Im Ergebnis wird dann ein Schaden
angenommen, wenn der Getäuschte u.a. wegen man-
gelnder geschäftlicher Gewandtheit seine Rechte nicht
ohne weiteres ausüben kann. In den hier diskutierten
Fallgruppen jedenfalls wird man davon ausgehen können,
dass die getäuschten Kreditnehmer ihre Rechte nicht
kennen und zu einem großen Teil geschäftlich unerfahren
sind.
Auf Seiten des Vermittlers muss in subjektiver Hinsicht
Vorsatz und die Absicht der Erlangung eines rechtswidri-
gen Vermögensvorteils vorgelegen haben. Vermögens-
nachteil auf Seiten des Kreditnehmers und Vermögens-
vorteil auf Seiten des Vermittlers müssen stoffgleich sein.
Der Vermittler verdient die überhöhten Zinsen jedoch
nicht, ihm geht es um die Provision, die er für die Ver-
mittlung erhält. In solchen Fällen des Provisionsvertreter-
betruges ist allerdings anerkannt, dass auch ein Betrug
zugunsten eines Dritten, hier des Kreditinstitutes, ausrei-
chen kann. Vorsatz und Bereicherungsabsicht sind dann
gegeben, wenn der Kreditvermittler nicht erfolgreich
einen Irrtum über die Rechtswidrigkeit geltend machen
kann. Die Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvor-
teils – hier der sittenwidrig überhöhten Zinsen – ist beim
Betrug Tatbestandsmerkmal, muss also nur von einfa-
chem Vorsatz, auch dolus eventualis, umfasst sein. Letzt-
endlich hängt die Strafbarkeit des Vermittlers hier davon
ab, ob er die klare Rechtsprechung zu sittenwidrigen
Krediten kannte, ob er die Sittenwidrigkeit im konkreten
Fall zumindest billigend in Kauf genommen hat und ob
sich diese Kenntnis im Einzelfall beweisen lässt. Weiß der
Kreditvermittler also, dass der von ihm vermittelte Kredit
sittenwidrig ist, macht er sich wegen Betruges strafbar.
2.4 Strafbarkeit wegen Wuchers § 291 StGB
Kreditvermittler können sich außerdem wegen Wuchers,
§ 291 StGB, strafbar machen. Das ist der Fall, wenn
jemand u.a. die Zwangslage oder Unerfahrenheit eines
anderen dadurch ausbeutet, dass er sich für die Gewäh-
rung oder Vermittlung eines Kredites oder einer sonstigen
Leistung Vermögensvorteile versprechen lässt, die in
einem auffälligen Missverhältnis zur Leistung stehen.
Zunächst ist also festzustellen, ob die angebotene oder
tatsächliche Vermittlung von Krediten oder sonstigen Ver-
trägen unter Ausbeutung einer Schwächesituation beim
Kreditsuchenden erfolgt. Eine Zwangslage ist bei wirt-
schaftlicher Bedrängnis gegeben, die der Betroffene
durch die Leistung zu beseitigen sucht, und zwar nicht
erst bei einer Existenzgefährdung. Der Begriff ist weit
auszulegen. Ausreichend ist eine schwerwiegende Beein-
trächtigung der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit.
Die Zwangslage muss ernst, sie braucht nicht existenz-
bedrohend zu sein. Unerheblich ist, ob den Betroffenen
an seiner Situation ein Verschulden trifft.
In den hier relevanten Fällen werden mit dem Angebot
der „SCHUFA-freien“ Kredite gerade diejenigen ange-
sprochen, die bei einer seriösen Bank nicht mehr kredit-
würdig sind. Insofern muss davon ausgegangen werden,
dass sich die Kreditsuchenden in einer ernsten, wirt-
schaftlich problematischen Situation befinden, wenn sie
Kontakt zu Anbietern „SCHUFA-freier“ Kredite aufneh-
men. Damit liegt eine Zwangslage bei der Kreditsuchen-
den vor.
In einzelnen Fällen kommt möglicherweise auch Unerfah-
renheit hinzu, d.h. ein Mangel an Geschäftskenntnis und
Lebenserfahrung, die die Fähigkeit zur Beurteilung
bestimmter Lebensverhältnisse einschränkt. Diese Schwä-
chesituation muss von etwa gleichem Gewicht sein wie
die Zwangslage. Eine allgemeine Unkenntnis reicht nicht
aus.
Erforderlich ist das bewusste, missbräuchliche Ausnutzen
der Schwächesituation des Opfers zur Erlangung über-
mäßiger Vorteile, mehr also als bloßes Streben nach
Vermögensvorteilen. Durch das gezielte Ansprechen von
Personen in prekärer finanzieller Situation beuten Kredit-
vermittler diese Zwangslage oder Unerfahrenheit aus.
Der Tatbestand des Wuchers erfordert weiter eine Leis-
tung des Täters, die er dem Betroffenen in Aussicht stellt
oder erbringt. Die Kreditgewährung und -vermittlung
sind ausdrücklich als typische Leistungen genannt, aber
auch die Vermittlung sonstiger Verträge ist von der Gene-
ralklausel des Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit Nr. 4
erfasst.
Damit fallen an dieser Stelle mangels Leistung solche Fälle
(angeblicher Kreditvermittlung) aus dem Tatbestand des
Wuchers heraus, in denen der Kreditvermittler Auslagen
oder sonstige Entgelte kassiert, aber keinerlei Vermitt-
44 Rechtsgutachten
lungsbemühungen nachweisen kann und auch keine
anderen Verträge vermittelt hat, er also gar nichts getan
hat. Dann liegt allerdings ohne Schwierigkeiten Betrug
vor.
Als Gegenleistung muss der Kreditvermittler sich oder
einem Dritten, also beispielsweise dem Versicherungsun-
ternehmen, Vermögensvorteile gewähren oder verspre-
chen lassen. § 291 StGB ist ein Vermögensgefährdungs-
delikt, insoweit ist bereits mit dem Eingehen der Ver-
pflichtung eine vollendete Tat gegeben. Versprochene
oder bereits geleistete Zahlungen des Schuldners, und
zwar sowohl die Provisionen und Entgelte an den
Vermittler als auch die Zahlungen auf die vermittelten
Verträge, sind als Gegenleistung des Schuldners und
Vermögensvorteil auf der anderen Seite zu werten.
Schließlich ist der Wuchertatbestand verwirklicht, wenn
Leistung und Vermögensvorteil in einem auffälligen Miss-
verhältnis stehen. Der Wert des Vermögensvorteils, hier
die Zahlungsverpflichtungen des Schuldners, muss den
Wert der Leistung so beträchtlich übersteigen, dass für
den Kundigen, sei es auch erst nach einer Aufklärung des
Sachverhaltes, ein unverhältnismäßiger Wertunterschied
zwischen den Leistungen unmittelbar ins Auge springt.
Festzuhalten ist zunächst, dass hier ausschließlich Fälle
des Vermittlungswuchers zu prüfen sind. Das ist wichtig
für die Frage, welche Leistungen gegenübergestellt wer-
den müssen. Auf der Seite des Vermittlers ist dies nämlich
die Vermittlung eines bestimmten Vertrages, also die Ver-
mittlungsleistung als solche und deren Wert, und nicht
der vermittelte Vertrag (z.B. das Darlehen).23
Demgegenüberzustellen ist der Vermögensvorteil für den
Vermittler oder einen Dritten, das sind sämtliche Zahlun-
gen, die der Schuldner an den Vermittler oder auf die
Verträge zahlt oder zu zahlen verspricht. Das auffällige
Missverhältnis ist nach herrschender Meinung von der
Seite des Gläubigers her zu beurteilen, nicht von der Seite
des Opfers. Unmaßgeblich sind deshalb die Vorteile, die
das Opfer mit der Leistung erlangt oder sich verspricht.
Das bedeutet natürlich nicht grundsätzlich, dass die Versi-
cherungsleistungen oder die anderen Ansprüche, die das
Opfer unmittelbar aus der Leistung erwirbt, bei der Wert-
23 Die Vermittlung eines nach obengenannten Kriterien sittenwidrigen Kredites ist als Wucher einzustufen. Fischer StGB 59. Aufl. § 291 Rn. 18 und 20; BGH wistra 1983, 191; OLG Stuttgart wistra 1982, 36; Müller/Wabnitz S. 42; Kühne MschKrim 1977, S. 107, S. 114. Wucherisch ist auch das Entgelt für eine Kreditvermittlung, die sich auf das Fünffache des üblichen Preises beläuft, BGH DB 1976, 573; NK-StGB-Kindhäuser § 291 Rz. 53.
berechnung gar nicht beachtet werden. Das Vermittelte
kann für den Wert der Vermittlung von Bedeutung sein.
Sind mehrere Leistungen miteinander verbunden, werden
Gesamtleistung und sämtliche Vorteile einander gegen-
übergestellt. Probleme ergeben sich, wenn die Leistung
für das Opfer nutzlos oder nicht zu verwenden ist. In der
Rechtsprechung wird in Anlehnung an die Kriterien des
individuellen Schadenseinschlags beim Betrug die Leis-
tung des Täters entsprechend gemindert.
Wird im Ergebnis kein Kredit vermittelt, so hängt der
Wert der Vermittlungsbemühungen davon ab, wie ernst-
haft und wie aussichtsreich die Vermittlungsversuche
waren. Sobald der Kreditvermittler beispielsweise weiß,
dass der Fall offensichtlich aussichtslos ist, sind Vermitt-
lungsversuche wertlos. Dann müssten die geforderten
Auslagen je nach Einzelfall gegen null tendieren. Verlangt
der Kreditvermittler dennoch Auslagen oder Entgelte, ist
die Wuchergrenze klar überschritten, weil die Vermögens-
vorteile die Leistung um ein Vielfaches übersteigen.
Werden zusätzliche Verträge vermittelt, so ist zu unter-
scheiden:
J Ohne allgemeinen Wert sind die Verträge mit Schul-
denregulierern sowie Wirtschaftsberatungsverträge.
Insofern ist auch die Vermittlung solcher Verträge
wertlos. Hierzu steht jeder Preis in einem auffälligen
Missverhältnis. Hinzu kommt, dass Schuldnerbera-
tungsstellen und Verbraucherzentralen leicht im Tele-
fonbuch zu finden sind. Eine Vermittlung stellt hier
kaum einen eigenen Wertfaktor dar.
J Versicherungen und Bausparverträge hingegen haben
einen objektiven Wert, auch wenn sie für den Schuld-
ner nicht brauchbar sind. Wenn das Provisionsverlan-
gen nicht nach den obigen Kriterien auffällig über-
höht ist, ist streitig, ob in der Vermittlung dieser
Verträge eine Strafbarkeit wegen Wuchers liegt.
2.5 Strafbarkeit wegen Erpressung (§ 253 StGB)
Teilweise wird den Kreditsuchenden mit einer Strafan-
zeige gedroht, wenn sie Gebühren für dubiose Leistun-
Rechtsgutachten 45
gen nicht zahlen, indem sie beispielsweise eine Nach-
nahme in Höhe von fast 400 1 nicht einlösen. Hier
könnte eine Strafbarkeit wegen Erpressung in Frage kom-
men. Erpressung bezweckt die rechtswidrige Bereiche-
rung mittels einer Nötigung. Wie beim Betrug ist auch
hier Vermögensbeschädigungsabsicht auf Täterseite
erforderlich.
Mittel der Tat sind Gewalt, die hier ausscheidet, oder
Drohung mit einem empfindlichen Übel. Die Drohung mit
einer Strafanzeige ist als empfindliches Übel anerkannt
und ein geeignetes Nötigungsmittel. Durch diese Dro-
hung mit der Anzeige soll der Kreditsuchende zu einer
Handlung veranlasst werden, nämlich die Zahlungen
vorzunehmen.
In nahezu allen Fällen – mit Ausnahme der erfolgreichen
Kreditvermittlung – ist festgestellt worden, dass die
Gebühren, Entgelte und Auslagen, die hier vereinnahmt
werden, angreifbar und rechtswidrig sind. Zahlt der
Schuldner eine nicht berechtigte Forderung, so erleidet er
einen Vermögensnachteil i.S.d. § 263 StGB. Unerheblich
ist dabei, ob er die Forderung rechtlich hätte angreifen
oder nachträglich die Leistung hätte zurückfordern
können. Vermögensschaden und Vermögensvorteil auf
Täterseite sind stoffgleich.
Rechtswidrig ist die Tat – ebenso wie bei der Nötigung –
gemäß Abs. 2 nur dann, wenn die Androhung des Übels
zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.
Auch dieses Tatbestandsmerkmal dürfte hier zweifellos
vorliegen. So ist der Zweck, eine unberechtigte Leistung
zu vereinnahmen, ohne weiteres als verwerflich anzuse-
hen. Gleiches gilt für die Drohung mit einer in der Sache
unberechtigten Strafanzeige.
Beweisprobleme können hier, wie schon bei der Prüfung
der Betrugsstrafbarkeit, allenfalls wieder im Zusammen-
hang mit dem Bewusstsein der Rechtswidrigkeit auftre-
ten. So ist festzustellen, ob und wann der Vermittler von
der Rechtswidrigkeit der Forderung, zumindest mit dolus
eventualis, wusste.
Wer mittels Drohung mit einer unberechtigten Straf-
anzeige eine ebenso materiell unberechtigte Zahlung
einer Geldsumme zu erlangen versucht, macht sich somit
wegen versuchter, bzw. im „Erfolgsfalle“ bei Zahlung des
Schuldners wegen vollendeter, Erpressung strafbar.
2.6 Strafbare Werbung gemäß § 16 Absatz 1 UWG
Weil nahezu alle Geschäftspraktiken (Werbebotschaften,
Geschäftsbedingungen oder Verträge) der hier diskutier-
ten Fallgruppen als unlauter und irreführend i.S.v. §§ 3, 5
UWG einzustufen sind, kommt auch eine Strafbarkeit der
Vermittler wegen eines Vergehens gemäß § 16 Abs. 1
UWG in Betracht. Diese Vorschrift stellt die unwahre und
irreführende Werbung mit der Absicht, den Anschein
eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen,
unter Strafe.
Maßstab der Prüfung ist die Werbung der Vermittler. Sie
muss für einen größeren Personenkreis bestimmt sein.
Individualwerbung scheidet aus. Angaben, die nur
bestimmte Einzelpersonen täuschen, sind nach § 5 UWG
irreführend und können zu einer Betrugsstrafbarkeit füh-
ren. Sämtliche von den Kreditvermittlern geschalteten
Anzeigen in der Presse, im Teletext oder im Internet rich-
ten sich an ein breites Publikum und sind typische Fälle im
Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 UWG. Fraglich ist,
inwieweit auch die Direktwerbung mittels gekaufter
Adressen von kreditunwürdigen Personen unter den
Anwendungsbereich des § 16 UWG fällt. Hier könnte im
Sinne des § 16 Abs. 1 UWG eine Mitteilung vorliegen, die
für einen größeren Personenkreis bestimmt ist. Der Kreis
darf nicht von vornherein geschlossen sein, sondern muss
einen fest begrenzten engeren Personenkreis quantitativ
übersteigen. Wenn ein Kreis sehr groß ist, ist er nicht
mehr geschlossen, weil die Möglichkeit der Weiterverbrei-
tung besteht, außerdem, wenn die Mitglieder untereinan-
der nicht verbunden sind. Serienbriefe, die mit einem
standardisierten Text versehen sind und dann mit Hilfe
von Adressdatenbanken verschickt werden, werden inso-
fern von der Literatur zu Recht dem Anwendungsbereich
des § 16 Abs. 1 UWG zugeordnet. Insofern dürfte auch
die Direktwerbung der Anbieter mit Krediten ohne
SCHUFA-Auskunft, die sich regelmäßig an einen sehr
großen und nicht durch eine Innenbeziehung begrenzten
Personenkreis richtet, unter den Anwendungsbereich des
§ 16 Abs. 1 UWG fallen.
Die Strafbarkeit setzt weiter voraus, dass der Kreditver-
mittler mit unwahren Angaben – d.h. Tatsachenbehaup-
tungen – irreführend wirbt. Ausreichend ist die Eignung
zur Irreführung. Der Tatbestand stellt auf die Werbung
ab. Ein Vermögensschaden muss nicht eingetreten sein.
Die Vorschrift bezieht sich auf ein abstraktes Gefähr-
dungsdelikt. Kernaussage der hier untersuchten Anzeigen
ist die konkret in Aussicht gestellte Möglichkeit, ohne
46 Rechtsgutachten
SCHUFA-Auskunft oder sonstige Prüfung der Kreditwür-
digkeit bzw. auch bei allgemein schlechter Bonität einen
Kredit bekommen zu können. Die Botschaften dieser
Anzeigen sind sowohl unwahr als auch irreführend. Tat-
sächlich werden in den überwiegenden Fällen entgegen
der Werbeaussage überhaupt keine Kredite an das
beworbene Klientel vergeben. Soweit es doch zu einer
Kreditvermittlung kommt, erfolgt diese nicht ohne eine
vorherige Überprüfung der Bonität. Der Werbende will
durch die Betonung der problemlosen Krediterlangung
gezielt den falschen Eindruck erwecken, dass die Kredit-
würdigkeit keine Rolle spielte. Es handelt sich also bei der
Werbung mit „SCHUFA-freien“ Krediten in jedem Fall um
eine Werbung mit unwahren Angaben.
In subjektiver Hinsicht muss der Kreditvermittler vorsätz-
lich und mit der Absicht handeln, das Angebot als beson-
ders günstig erscheinen zu lassen. Besonders günstig
meint damit nicht preisgünstig im engeren Sinne, es
genügt irgendein Vorteil, der das Angebot in besonders
günstigem Licht erscheinen lässt. Besonders vorteilhaft
wirken die Angebote deshalb, weil die Vermittler prak-
tisch durchgängig eine problemlose Kreditgewährung
herausstellen, und zwar für einen besonderen Adressa-
tenkreis, der ein solches Angebot quasi nirgendwo sonst
realisieren kann. Keine strafbare Werbung liegt hingegen
vor, wenn der Werbende eine Leistung verspricht, die er
von vornherein nicht erbringen kann oder will. Damit sind
offenbar solche angeblichen Vermittler, die keine Kredite
vermitteln wollen und keine Kontakte zu Geldgebern
haben, nicht wegen § 16 Abs. 1 UWG zu bestrafen, in
diesem Fall aber dann eindeutig wegen (versuchten)
Betruges.
Der Vermittler muss den Anschein der besonderen Güns-
tigkeit beabsichtigen, im Übrigen bedingt vorsätzlich han-
deln. Es bestehen insoweit ähnliche Beweisprobleme wie
beim Betrug. Bei einem Gefährdungsdelikt dürfte der
Nachweis allerdings leichter fallen, da die Abhängigkeit
vom Einzelfall weniger groß ist.
Die hier untersuchten Kreditvermittlungsangebote sugge-
rieren bewusst Angebote, von denen die Vermittler wis-
sen, dass sie diese gar nicht wirklich vermitteln können.
Insofern machen sich die vermeintlichen Vermittler durch
ihre unwahren und irreführenden Anzeigen wegen § 16
Abs. 1 UWG strafbar. In der Praxis spielt der Tatbestand
der strafbaren Werbung allerdings keine besondere Rolle,
die veröffentlichten Entscheidungen sind spärlich, was
angesichts der Fülle der Vermittler und des Ausmaßes der
Werbung kaum verständlich ist, zumal Ermittlungen
wegen strafbarer Werbung quasi als Türöffner für weitere
Ermittlungen dienen könnten.
Handelt der Täter in der Absicht, sich durch die irrefüh-
rende Werbung einen Vermögensvorteil zu verschaffen,
so kann neben dem Tatbestand der strafbaren Werbung
auch der eines Betrugs vorliegen. Liegt der Betrug – wie
hier bei den Kreditvermittlungsfällen – in der Täuschungs-
handlung, die auch den Irreführungsvorwurf begründet,
so ist Tateinheit anzunehmen.
2.7 Strafbare Verletzung gewerberechtlicher Vorschriften
(§ 148 GewO):
Gravierende Verstöße gegen gewerberechtliche Vorschrif-
ten oder beharrliches Wiederholen bestimmter Verstöße
können gemäß § 148 GewO eine Strafbarkeit nach sich
ziehen. Eine Strafbarkeit kommt in Fällen in Betracht, in
denen der Vermittler gegen die Ordnungsvorschriften der
§ 144 Abs. 1 bzw. § 146 Abs. 1 verstoßen hat. Vorausset-
zung ist, dass dem Vermittler bereits durch die Behörde
die Erlaubnis entzogen wurde oder er einer bestimmten
Auflage oder Anordnung der Behörde zuwiderhandelt.
Dies setzt zunächst ein aufsichtsrechtliches Einschreiten
der Behörde voraus.
Eine Ordnungswidrigkeit gem. § 144 Abs. 1 GewO
begeht, wer ohne Erlaubnis Darlehen vermittelt oder zu
vermitteln vorgibt. Die Darlehensvermittlung (auch wenn
in diesem Fall nur im Ausnahmefall erfolgreich), ist gem.
§ 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GewO eine erlaubnispflichtige
Tätigkeit. Agiert der Vermittler ohne eine entsprechende
behördliche Erlaubnis, so stellt das eine Ordnungswidrig-
keit dar, die mit einem Bußgeld bis zu 5.000 1 belegt
werden kann.
Zu einer Strafbarkeit kommt es gem. § 148 GewO erst
dann, wenn der Vermittler die Zuwiderhandlung beharr-
lich wiederholt. Der Begriff der Beharrlichkeit setzt dabei
ein besonders hartnäckiges Verhalten voraus. Aus dem
Vorgehen muss die rechtsfeindliche Einstellung des Täters
gegenüber den in Frage kommenden rechtlichen Normen
deutlich werden. Dazu bedarf es keiner vorangegangenen
abgeschlossenen Bußgeldverfahren. Es reicht, wenn er
trotz einer etwaigen Ahndung, Abmahnung oder sonsti-
ger Erkenntnis an seiner rechtsfeindlichen Haltung fest-
hält. Subjektiv ist für die Strafbarkeit nach § 148 GewO –
anders als bei der Ordnungswidrigkeit, für die ein fahrläs-
Rechtsgutachten 47
siges Verhalten genügt – Vorsatz des Täters erforderlich.
Es genügt bedingter Vorsatz.
Wegen des geringen Höchststrafmaßes von einem Jahr ist
die Vorschrift bei der Strafverfolgung von betrügerischen
Kreditvermittlern wohl von untergeordneter Bedeutung.
In der Praxis kam die Strafvorschrift bisher selten zur
Anwendung.
2.8 Falsche Angaben des Kreditsuchenden
bei der Kreditantragstellung
In manchen Fällen wird von den Kreditvermittlern
behauptet, selbst durch falsche Angaben des Kreditsu-
chenden (insbesondere hinsichtlich der Höhe der Vorver-
schuldung) betrogen worden zu sein. Dies ändert die
Beurteilung des strafrechtlichen Verhaltens des Vermitt-
lers allerdings nicht.
Zu berücksichtigen ist zunächst, dass die falschen Anga-
ben der Kunden häufig auf Anregung der Vermittler
selbst vorgenommen werden, der dazu rät, nicht die
gesamte Vorverschuldung anzugeben, um die Chance auf
eine Vermittlung zu erhöhen.24 Getäuscht wird auch nicht
der Vermittler, der ja keine Vermögensverfügung vor-
nimmt, sondern allenfalls die kreditgebende Bank. Der
Vermittler erleidet auch keinen Schaden, denn die Wahr-
scheinlichkeit, dass er eine erhöhte Provision bekommt,
steigt durch das Verschweigen der Vorverschuldung.
Gegenüber der Bank kann allerdings ein (versuchter)
Eingehungsbetrug vorliegen.
2.9 Strafbarkeit der Rechtsanwälte und Inkassobüros
Neben der Strafbarkeit der Verantwortlichen der Vermitt-
lungsfirmen kommt auch eine Strafbarkeit der Gehilfen
und Mittäter in Betracht. Die Frage der Strafbarkeit rich-
tet sich natürlich nach den Einzelheiten der Tatbeteili-
gung, die im Einzelfall unterschiedlich sein kann.
Eine Strafbarkeit der Anwälte und Inkassobüros kann sich
sowohl im Bereich der Rechtsdurchsetzung der unge-
rechtfertigten Forderungen des Vermittlers ergeben als
auch durch eine selbständige Täuschung bzgl. der Gel-
tendmachung der eigenen Gebühren. Daneben kommt
24 Arbeitskreis Neue Armut S. 16; dazu auch BGH vom 21.07. 2005 – IX ZB 80/04 = ZInso 2005, 926 zu 290 InsO.
eine Strafbarkeit wegen sonstiger Unterstützung der
Haupttäter in Betracht, z.B. durch konzeptionelle recht-
liche Beratung.
Zunächst soll untersucht werden, ob die Rechtsanwälte
bzw. Inkassobüros durch das Einfordern der Forderung
des Vermittlers den Kreditsuchenden selbst täuschen.
Allerdings wird man wohl kaum in jeder Rechtsdurchset-
zung einer unberechtigten Forderung durch einen Anwalt
einen verwirklichten Betrug sehen können, selbst wenn
dieser weiß, dass die im Namen des Mandanten geltend
gemachte Forderung höchstwahrscheinlich gerichtlich
nicht durchsetzbar sein wird. Auch hier wird man eine
Täuschung nur dann annehmen können, wenn – je nach
Fallkonstellation – eine ausdrückliche oder konkludente
Täuschung über Tatsachen erfolgt, wenn z.B. der
Anspruch als unstreitig rechtmäßig dargestellt wird oder
eine Garantenpflicht zur Aufklärung des Schuldners anzu-
nehmen ist. Allerdings kann man wohl nicht annehmen,
dass der Anwalt verpflichtet ist, die gegnerische Partei
über die rechtlichen Zweifel an der Forderung seines
Mandanten aufzuklären. Insofern kommt es für die Frage
einer Täuschung entscheidend darauf an, wie die Mahn-
briefe des Anwalts gestaltet sind und inwieweit hierdurch
eine selbständige ausdrückliche oder konkludente Täu-
schung des Kreditsuchenden erfolgt. Im Einzelfall wird die
Abgrenzung zwischen einer Beteiligung an dem Betrug
des Vermittlers und einer selbständigen Strafbarkeit durch
eine eigene Täuschung schwierig sein.
Durch die Handlung des Anwalts wird dann ggf. ein
Irrtum hervorgerufen oder zumindest aufrechterhalten,
was als Tatbestandsvariante ausreicht. Auch eine Stoff-
gleichheit zwischen dem Vorteil (zugunsten eines ande-
ren, in diesem Fall des Vermittlers) und dem Schaden ist
vorhanden, denn der Vermittler ist durch die Zahlung des
Schuldners unmittelbar bereichert. Insofern handelt es
sich um die Variante des fremdnützigen Betruges. Auf der
subjektiven Seite ist Vorsatz erforderlich.
Der Anwalt, der die Forderung des Vermittlers durchsetzt,
obwohl sie nicht berechtigt ist, stellt dem Kreditsuchen-
den regelmäßig auch die Kosten seiner Inanspruchnahme
als Verzugsschaden (§§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB) in
Rechnung, die mangels Vorliegens einer fälligen Haupt-
forderung ebenso unberechtigt ist. Durch diese Rech-
48 Rechtsgutachten
nungsstellung könnte der Anwalt konkludent über die
Berechtigung seiner Forderung täuschen und damit einen
Betrug begehen.
Bei der Frage der Strafbarkeit von Rechtsanwälten im
Zusammenhang mit Gebührenforderungen ist allerdings
zunächst die Anwendbarkeit des § 352 StGB (Gebühren-
übererhebung) zu prüfen, denn in Rechtsprechung und
Literatur besteht Einigkeit darüber, dass § 352 StGB
wegen seiner Privilegierungsfunktion die Anwendbarkeit
von § 263 StGB sperren kann. Uneinigkeit besteht nur
hinsichtlich der Frage, wie weit die Privilegierung reicht.
Nach einer neueren Entscheidung des BGH soll die Privile-
gierung nur wirken, soweit sich die falsche Gebührener-
hebung auf Tatbestände des Gebührenrechts beschränkt.
Eine Strafbarkeit wegen Betruges soll daneben dann in
Betracht kommen, wenn über (weitere) Umstände
getäuscht wird, die der Zahlende nicht anhand der
Gebührenordnung überprüfen kann.25 Da es in den vor-
liegenden Fällen nicht um die Anwendbarkeit der Gebüh-
renordnung geht, sondern um die Frage, ob überhaupt
ein Anspruch der Vermittler besteht und somit unter dem
Gesichtspunkt des Verzugsschadens auch eine Forderung
in Höhe der angefallen anwaltlichen Gebühren gerecht-
fertigt ist, dürfte demzufolge hier keine Sperrwirkung
bestehen, so dass prinzipiell in diesen Fällen der Betrug
geprüft werden kann. Eine Anwendbarkeit des § 352
StGB dürfte darüber hinaus auch daran scheitern, dass
der Anwalt keinen direkten Gebührenanspruch gegen
den Kreditsuchenden hat, sondern nur gegenüber seinem
Mandanten, dem Vermittler. Diese wirkt sich nur mittel-
bar durch den Schadensersatzanspruch auf den Kreditsu-
chenden aus, so dass hier der § 352 StGB keine Anwen-
dung findet und die Verwirklichung des Tatbestandes des
§ 263 StGB grundsätzlich in Betracht kommt.
Es ist zu prüfen, ob der Anwalt den Kreditsuchenden
über das Bestehen seines Gebührenanspruchs täuscht,
wenn er weiß, dass die Forderung des Vermittlers – und
damit auch der Schadensersatzanspruch – nicht gerecht-
fertigt sind und er ihn dennoch einfordert.
Fraglich ist auch in diesen Fällen, ob eine Täuschungs-
handlung vorliegt. Auch hier wird man, wie oben, auf die
Umstände des Einzelfalles abstellen müssen, insbesondere
darauf welche ausdrücklichen oder konkludenten Erklä-
25 BGH NJW 2006, 3219, 3221 Rz. 18.
rungen die Briefe oder anderweitige Beitreibungsversuche
beinhalten. In Betracht kommt sowohl eine Täuschung
durch aktives Tun als auch eine Täuschung durch konklu-
dentes Handeln, durch die der Irrtum des Schuldners
erzeugt oder aufrechterhalten wird. Der zahlt in der
Annahme, dass die Forderung zumindest dem Grunde
nach berechtigt ist, auch wenn er möglicherweise Zweifel
an der Höhe hat. Durch die konkludente Erklärung, der
Verzugsschadensanspruch sei entsprechend entstanden,
ergibt sich bei der geschäftsunerfahrenen Klientel der
Irrtum der Verpflichtung zur Zahlung.
In diesem Fall dürfte eine eigennützige Betrugshandlung
vorliegen. Denn auch dann, wenn der Anwalt die Kosten
seiner Inanspruchnahme als Schadensersatzanspruch sei-
nes Mandanten geltend macht und er ohnehin einen ver-
traglichen Anspruch gegenüber seinem Mandanten auf
Zahlung der Gebühren hat, kommt ihm die Beitreibung
der Gebühren in der Praxis wohl unmittelbar zugute.
Denn dies sind ja im Grunde die ihm zustehenden
Gebühren, die er im Falle der Geldempfangsvollmacht
unmittelbar einbehält. Auch wird er intern in vielen Fällen
eine andere Vereinbarung mit seinem Auftraggeber
haben, nach der im Falle der Erfolglosigkeit der Beitrei-
bung vermutlich nicht die volle Anwaltsgebühr zu zahlen
sein wird. Die Täuschungsabsicht müsste entsprechend
nachgewiesen werden. Hierbei sind die Klarheit der zivil-
rechtlichen Rechtslage und die Erfahrungen aus dem
Massengeschäft wichtige Indizien, die im Einzelfall zu
prüfen sind.
Abgesehen von einer eigenen Täuschungshandlung des
Anwalts oder des Inkassobüros kommt eine Strafbarkeit
wegen Mittäterschaft oder Beihilfe am Betrug des Ver-
mittlers in Betracht.
Dies könnte sich insbesondere dann ergeben, wenn der
Anwalt sich durch entsprechende Tatbeiträge an dem
Kreditvermittlungsbetrug beteiligt. Das Geschäftsmodell
ist rechtlich ausgeklügelt, die Angebote der Vermittler
bewusst so strukturiert, dass das zivilrechtliche Verbot der
Auslagen- bzw. Provisionserhebung zumindest scheinbar
umgangen werden soll. Es ist naheliegend, dass dafür die
Hilfe von Anwälten in Anspruch genommen wird, die
nicht nur bei der Forderungsbeitreibung, sondern auch
bei der Konzeption der Anzeigen, Angebote und ver-
Rechtsgutachten 49
schiedenen Formulare mitarbeiten. Je nach Fallkonstella-
tion und Tatbeteiligung sind die Anwälte dabei als Mit-
täter anzusehen oder haben sich zumindest der Beihilfe
schuldig gemacht.
Für die Annahme einer Mittäterschaft ist nach heute
herrschender Meinung auf die Tatherrschaft abzustellen.
Erforderlich ist ein Tatbeitrag, der den Tatbeitrag der
anderen ergänzt. Eine Mittäterschaft ist gegeben, wenn
dem Mittäter das Verhalten der anderen aufgrund des
gemeinsamen Tatplans und der arbeitsteiligen Begehung
der Tat zugerechnet werden kann. Sein Tatbeitrag muss
nach der bewusst übernommen Rolle einen nicht nur
unwesentlichen Beitrag zum Gelingen der Tat darstellen.
Für eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Haupttat des Ver-
mittlers genügt es dagegen, wenn der Anwalt zu bloßen
Vorbereitungshandlungen Hilfe geleistet hat. Im Einzelfall
kommt es also zur Abgrenzung entscheidend auf die
einzelnen Tatbeiträge und die Tatherrschaft an.
Eine Beihilfe zum Betrug ist aber auch noch bis zur
Beendigung der Tat möglich, in den Kreditvermittlungs-
betrugsfällen also bis zur Leistung der geforderten Zah-
lungen. Insofern kommt eine vorsätzliche Beihilfeleistung
durch den Anwalt oder das Inkassobüro auch allein
dadurch in Betracht, dass sie versuchen, die unberech-
tigte Forderung beim Schuldner beizutreiben.
Da die bloße Forderungseintreibung einer unberechtigten
Forderung durch einen Anwalt oder ein Inkassobüro nicht
strafbewehrt ist, kommt es für die Frage der Beihilfe zum
Betrug entscheidend auf die subjektive Seite, aber auch
die internen Absprachen an. Eine Strafbarkeit wegen
(versuchter) Beihilfe ist anzunehmen, wenn der Anwalt
um die strukturelle Nichtberechtigung der Forderungen
weiß und sie dennoch im Massengeschäft einzutreiben
sucht.
2.10 Generelle Probleme bei der Strafverfolgung
Die Probleme bei der Strafverfolgung liegen darin, dass es
zum einen in diesen Fällen nur selten zu Strafanzeigen
kommt, da das Klientel meist keine Strafanzeigen stellt.
Die Vermittler haben sich zudem durch ihr Angebot einen
Bereich in der rechtlichen Grauzone gesucht. Ähnlich wie
bei der strafrechtlichen Beurteilung von Abofallen ist die
Strafbarkeit für die Staatsanwaltschaften nicht evident,
sondern bedarf genauer und wegen der Vielzahl der
Geschädigten oft umfangreicher Ermittlungen. In der
Regel können die Vermittler auf einige zivilrechtliche
Entscheidungen von Amtsgerichten verweisen, die ihr
Gebührenverlangen (zu Unrecht) zivilrechtlich nicht bean-
standet haben. Die an den Vermittler geflossenen Neben-
leistungen werden oftmals im Zivil- und Strafverfahren
übersehen. Unseriöse Kreditvermittler leben nach wie vor
von der Entgegennahme nicht vermittlungsfähiger Kredit-
wünsche und der damit verbundenen Erhebung von
Bearbeitungsgebühren.
Die Staatsanwaltschaft darf sich bei der Auswertung von
Zivilakten über die Auseinandersetzungen über die
Kreditvermittlungsprovision oder sonstige Vermittlungs-
kosten nur bedingt auf die dort gefällten Urteile stützen.
Diese können auf einem Beweisergebnis beruhen, das
durch die vom Kreditvermittler benannten willfährigen
Zeugen beeinflusst worden sein kann oder auf einer nur
oberflächlichen zivilrechtlichen Bewertung des Einzelfalls.
Nur die Auswertung aller beim Vermittler befindlichen
Unterlagen ermöglicht den Einblick in die vom Kredit-
vermittler tatsächlich erschlichenen Vorteile.
3 Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht
3.1 Unlauterkeit wegen Verstoßes gegen verbraucher-
schützende Vorschriften (§ 4 Nr. 11 UWG)
Ein Wettbewerbsverstoß, der nach dem UWG zu ahnden
wäre, könnte sich schon daraus ergeben, dass der
Vermittler in den vorliegenden Fällen gegen verbraucher-
schützende Vorschriften verstoßen hat. Schon nach dem
alten UWG lag in solchen Fällen ein Verstoß gegen
§ 655d BGB, der zur Wettbewerbswidrigkeit gem. § 1
UWG a.F. führte.
Nach den Reformen des UWG findet sich dieser Tatbe-
stand in § 4 Nr. 11 UWG wieder. Hiernach handelt unlau-
ter (§ 3 UWG), wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwider-
handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der
Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Hierunter
sind auch verbraucherschützende Normen zu subsumie-
ren. Gleichzeitig liegt auch ein abmahnfähiger Verstoß
gegen § 2 Abs. 2 Nr. 21 UKlaG vor, in dem die Vorschrif-
ten zur Darlehensvermittlung explizit erwähnt sind. Der
BGH hat entschieden, dass das UKlaG keine abschlie-
ßende Regelung darstellt und das Vorgehen eines Mitbe-
werbers nicht wegen eines Vorrangs des § 2 Abs. 1 Satz
1 und Abs. 2 Nr. 1 UKlaG ausgeschlossen ist. Verbrau-
50 Rechtsgutachten
cherverbänden steht die Klagebefugnis hinsichtlich beider
Gesetze nach § 3 UKlaG und § 8 UWG zu.
Soweit der Vermittler bewusst Vereinbarungen durch-
setzt, die gegen § 655d BGB verstoßen, handelt er somit
unlauter im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG. Klagebefugt
wäre auch ein Mitbewerber, allerdings sind Klagen der
Wettbewerber untereinander bislang noch nicht bekannt
geworden. Die Aktivitäten der seriösen Kreditvermittler
zum Schutz des Rufes ihrer Branche waren in der Vergan-
genheit beeindruckend gering.
3.2 Irreführende Werbung (§ 5 UWG)
Die Unlauterkeit von Wettbewerbshandlungen nach § 3
UWG wird auch durch § 5 UWG konkretisiert. Ein Ver-
stoß gegen das UWG liegt insbesondere dann vor, wenn
der Anbieter für sein Produkt irreführend wirbt. § 5 Abs. 2
Nr. 1 UWG nennt ausdrücklich eine irreführende Wer-
bung über die Verfügbarkeit, Art oder Ausführung der
Ware oder Dienstleistung. Verboten sind nach § 5 UWG
alle Angaben geschäftlicher Art, die zu Wettbewerbszwe-
cken im geschäftlichen Verkehr gemacht werden und
geeignet sind, einen nicht unerheblichen Teil der Ver-
kehrskreise über das Angebot irrezuführen und Fehlvor-
stellungen von erheblicher Bedeutung für den Kaufent-
schluss hervorzurufen. Insofern ist eine Werbung jeden-
falls dann irreführend, wenn sie einen mit der
Wirklichkeit nicht übereinstimmenden tatsächlichen Sach-
verhalt behauptet. Der Tatbestand stellt auf die Werbung
ab. Ein Vermögensschaden muss nicht eingetreten sein.
Kernaussage der hier untersuchten Anzeigen ist die
konkret in Aussicht gestellte Möglichkeit, ohne SCHUFA-
Auskunft oder sonstige Prüfung der Kreditwürdigkeit
bzw. auch bei allgemein schlechter Bonität einen Kredit
bekommen zu können. Die Botschaften dieser Anzeigen
sind sowohl unwahr als auch irreführend. Werbungen
für Finanzdienstleistungen müssen das Angebot klar
beschreiben. Tatsächlich werden in den überwiegenden
Fällen entgegen der Werbeaussage überhaupt keine
Kredite an das beworbene Klientel vergeben. Soweit es
doch zu einer Kreditvermittlung kommt, erfolgt diese
nicht ohne eine vorherige Überprüfung der Bonität. Es
handelt sich daher bei der Werbung mit „SCHUFA-freien“
Krediten in jedem Fall um eine Werbung mit objektiv
unwahren Angaben. So wurde auch die Ankündigung für
Sofortkredite als irreführend angesehen, wenn keine
schnelle Antragsbearbeitung gewährleistet werden kann
und die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme
verschleiert werden. Das Gleiche gilt, wenn nicht klar
wird, dass ein Finanzierungsangebot mit einem niedrigen
Zinssatz von dem zusätzlichen Abschluss eines Bauspar-
vertrages abhängig ist. Ebenso handelt nach der Recht-
sprechung bereits irreführend, wer verschweigt, dass die
Inanspruchnahme eines Kredites eine solide Einkommens-
und Bonitätssituation erfordert, die gerade beim ange-
sprochenen Verkehrskreis nur ausnahmsweise vorliegt.
Dies muss natürlich erst recht gelten, wenn kreditunwür-
dige Verkehrskreise wahrheitswidrig damit beworben
werden, dass eine Bonitätsprüfung nicht erforderlich sei.
3.3 Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher
Verstöße
Die SCHUFA selbst kann sich nicht auf Wettbewerbs-
verstöße berufen, da sie in diesem Sinne mit Kreditver-
mittlern nicht in Wettbewerb tritt.
Damit verbleibt die Klagemöglichkeit der Verbände und
der konkurrierenden Kreditvermittler. Da von den zuletzt
Genannten als Wettwerber in der Vergangenheit keine
bemerkenswerten Initiativen zur Geltendmachung von
Unterlassungsansprüchen ausgingen, ist auch in Zukunft
nicht davon auszugehen, dass dies verstärkt erfolgen
wird.
Damit kommen nur die im Wettbewerbsrecht klagebefug-
ten Verbände als Aktivlegitimierte in Betracht.
Die Klagebefugnis der Verbände ergibt sich dabei aus § 8
UWG. Das sind zum einen die rechtsfähigen Verbände zur
Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher
Interessen gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, sowie die qualifi-
zierten Einrichtungen, die nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG
i.V.m. § 4 UKlaG klagebefugt sind.
Bisher haben sich vorwiegend die Verbraucherzentralen in
diesem Gebiet engagiert; die Tätigkeit auch anderer Ver-
bände zum Schutze des Wettbewerbs wäre wünschens-
wert. Allerdings muss auch erkannt werden, dass bei
einem geschätzten Volumen von mehreren Hundert
Firmen und einer großen Bereitschaft zur Fluktuation die
Abmahnung unseriöser Geschäftspraktiken kaum ein
geeignetes Mittel sein wird, um damit allein das Problem
in den Griff zu bekommen.
Rechtsgutachten 51
4 Unterlassungsansprüche bei Verstößen gegen das Verbraucher-recht (UKlaG)
Neben den Möglichkeiten, bei Verstößen gegen das UWG
eine Unterlassung von dem Anbieter zu fordern, haben
insbesondere die Verbraucherverbände die Möglichkeit,
bei Verstößen gegen verbraucherschützende Vorschriften
eine Unterlassung nach dem Unterlassungsklagengesetz
zu fordern.
4.1 Verstöße gegen das AGB-Recht (§ 1 UKlaG)
Die Verbände sind in der Lage, eine Inhaltskontrolle der
Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Anbieter vorzu-
nehmen und bei Verstößen Unterlassung zu fordern (§ 1
UKlaG). Die Geschäftsbedingungen der hier untersuchten
Kreditvermittler können an dieser Stelle nicht vollständig
untersucht werden. Auffällig ist aber, dass einige
Geschäftsbedingungen der Vermittler entgegen den
ausdrücklichen Angeboten der Werbung Bonitätsprü-
fungsklauseln enthielten. Hierin kann ein Verstoß gegen
§ 305b BGB liegen, wenn die Zusage, keine Bonitäts-
prüfung vorzunehmen, als Individualabrede zu verstehen
ist. Jedenfalls dürfte eine überraschende Klausel i.S.d.
§ 305c BGB vorliegen, denn nach der eindeutigen
Werbung der Anbieter kann der Verbraucher damit nicht
rechnen.
Nach dem Wortlaut des § 1 UKlaG können allerdings nur
Verstöße gegen §§ 307 bis 309 BGB mit dem Unterlas-
sungsanspruch geltend gemacht werden, eine Auswei-
tung auf andere Verstöße ist nach herrschender Auffas-
sung unzulässig. Allerdings kann eine überraschende
Klausel auch in ganz besonderem Maße den Rechtsver-
kehr zum Nachteil des Kunden belasten und ihn unange-
messen benachteiligen, so dass in diesen Fällen auch ein
Verstoß gegen § 307 BGB vorliegen kann. In den vorlie-
genden Fällen ist die versprochene Nichtüberprüfung der
Bonität quasi eine der Hauptleistungen, denn der Kredit-
suchende wendet sich nur deshalb an den Vermittler, weil
er weiß, dass die Bonitätsprüfung seinem Kreditwunsch
entgegensteht. Nur deshalb lässt er sich auf Zahlungen
oder den Abschluss von Zusatzverträgen ein. Insofern ist
die Klausel, die gerade diesen Wunsch ausschließt, sicher
nicht nur als überraschend, sondern auch als unangemes-
sene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB anzusehen.
Der Anbieter kann daher bei einer entsprechenden
Werbung nach § 1 UKlaG auf Unterlassung in Anspruch
genommen werden.
4.2 Unterlassung bei verbraucherschutzgesetzwidrigen
Praktiken (§ 2 UKlaG)
Die Vorschriften zum Schutz des Verbrauchers beim
Abschluss von Darlehensvermittlungsverträgen (§§ 655a
ff BGB) sind geschützte Vorschriften im Sinne des § 2
Abs. 2 Nr. 1 UKlaG. Einzige Voraussetzung für einen
Unterlassungsanspruch ist der Verstoß gegen Verbrau-
cherschutzgesetze. Es wurde oben bereits ausführlich
dargelegt, dass die Anbieter in vielfältiger Weise gegen
die verbraucherschützenden Vorschriften verstoßen und
sie zu umgehen versuchen. Auf einen zusätzlichen Wett-
bewerbsverstoß kommt es in diesem Zusammenhang
nicht an. Die klagebefugten Verbände können daher die
hier untersuchten Anbieter regelmäßig auf Unterlassung
in Anspruch nehmen.
5 Betrügerische Kreditvermittlung und Ordnungsrecht
Die oben beschriebenen Kreditvermittlungspraktiken
können auch gegen die Vorschriften des Ordnungsrechts
verstoßen. Gesetze wie die Gewerbeordnung sehen
Prüfungsmöglichkeiten der örtlichen Behörden vor und
geben diesen beispielsweise die Möglichkeit, Tätigkeiten
zu untersagen, eine erteilte Erlaubnis zu widerrufen oder
bei Gesetzesverstößen Bußgelder zu verhängen. Ord-
nungsbehörden können schnell auf illegale Praktiken
reagieren. Es ist – anders als bei Strafverfahren – nicht
erforderlich, nach einer Ermittlungsphase zunächst die
Entscheidung des Richters abzuwarten. Im Folgenden
wird untersucht, inwieweit die verschiedenen Vorschriften
des Ordnungsrechts ein illegales Verhalten der Vermittler
sanktionieren.
5.1 Verstöße gegen das Gesetz über das Kreditwesen
(KWG)
Bei der Tätigkeit von Kredit- oder ganz allgemein Finanz-
vermittlern ist zu prüfen, ob und welche Eingriffsmöglich-
keiten das Kreditwesengesetz als wichtigstes Aufsichts-
element für Finanzdienstleistungen bieten kann. Der Auf-
sicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(BAFin) unterliegen gemäß § 1 KWG Kreditinstitute, die
52 Rechtsgutachten
Insofern macht die Einschaltung der Versicherungsauf-
sicht in den hier diskutierten Fällen durchaus Sinn, auch
wenn unmittelbare Maßnahmen gegen die Vermittler
nicht ausgesprochen werden können. Leitet aber die
Aufsichtsbehörde ihre Erkenntnisse an andere Aufsichts-
behörden, namentlich die Gewerbeämter, oder die Staats-
anwaltschaft weiter, so kommt einer solchen Anzeige
erfahrungsgemäß größeres Gewicht zu als entsprechen-
den Anzeigen von Geschädigten.
5.3 Verstöße gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz
In den Fällen, in denen das Angebot und die Beratung
der Vermittler über die bloße Kreditvermittlung hinausge-
hen und die Verträge Wirtschaftsberatung oder Schulden-
regulierung bzw. Vorbereitung zur Schuldenregulierung
zum Gegenstand haben, kommen auch Verstöße gegen
das Rechtdienstleistungsgesetz (RDG) in Betracht. Auch
das Rechtsdienstleistungsgesetz ermöglicht in § 20 RDG
die Verfolgung unbefugter Rechtsbesorgung als Ord-
nungswidrigkeit und das Verhängen von Geldbußen bis
zu 5.000 1.
Nach der Systematik des RDG ist die Besorgung fremder
Rechtsangelegenheiten erlaubnispflichtig. Hierunter fällt
jede Tätigkeit, die auf die unmittelbare Förderung kon-
kreter fremder Rechtsangelegenheiten gerichtet ist, also
jede Tätigkeit, die darauf abzielt, konkrete fremde Rechte
zu verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse
zu gestalten oder zu verändern. Schutzzweck des Geset-
zes sind die reibungslose Abwicklung des Rechtsverkehrs
und der Schutz des Rechtsuchenden vor der Gefahr, dass
die Erledigung seiner Rechtsangelegenheit Personen
überlassen ist, die nicht über die hierfür erforderliche
Sachkunde verfügen: Damit fällt die schlichte Vermittlung
von Darlehensverträgen, die der Vermittler im eigenen
Interesse betreibt, nicht in den Anwendungsbereich des
RDG. Lediglich dann, wenn über die Vermittlung hinaus
eine Beratung etwa über die Gestaltung des Vertrages,
über die Kündigung alter Verbindlichkeiten oder Ähnli-
ches erfolgt, kann eine Besorgung fremder Rechtsangele-
genheiten vorliegen. Nicht einmal schlichtes Stellvertre-
terhandeln ohne weitere Beratung ist erlaubnispflichtige
Rechtsberatung.
Bankgeschäfte betreiben, und Finanzdienstleistungsinsti-
tute, die Finanzdienstleistungen erbringen, sowie Finanz-
unternehmen. Diese Aufsicht umfasst unter anderem die
Möglichkeit der Erlaubnisentziehung und der Verhängung
von Bußgeldern bei Verstößen gegen KWG-Vorschriften.
Kreditgeschäfte, also das Gewähren von Darlehen, sind
Bankgeschäfte im Sinne von § 1 Abs. 1 KWG. Kein Bank-
geschäft ist dagegen die Vermittlung von Krediten,
solange der Vermittler die Kreditanträge nicht: im eige-
nen Namen annimmt, die Haftung für den Kredit über-
nimmt oder ermächtigt ist, Auszahlungen vorzunehmen.
Jedenfalls bei der hier in Frage stehenden Sparte der
Kreditvermittlung trifft das nicht zu. Wenn überhaupt ein
Kredit vermittelt wird, so geschieht das jedenfalls nicht im
Namen des Vermittlers. Auch Auszahlungen werden nicht
von den Vermittlern vorgenommen.26
5.2 Verstöße gegen das Versicherungsaufsichtsgesetz
(VAG)
Werden im Zusammenhang mit der beworbenen Kredit-
vermittlung Restschuldversicherungen, Lebens- oder
Unfallversicherungen angeboten oder vermittelt, kommen
auch Aufsichts- und Ordnungsmittel des Versicherungs-
aufsichtsgesetzes (VAG) in Betracht.
Vom VAG werden in erster Linie Unternehmen erfasst, die
Versicherungsgeschäfte zum Gegenstand haben. Kein
Betrieb von Versicherungsgeschäften im Sinne von § 1
VAG liegt allerdings vor, wenn – ähnlich wie beim KWG –
lediglich Versicherungsgeschäfte vermittelt werden. Eine
verschärfte Aufsichtsmöglichkeit der Gewerbeämter
gegenüber den externen Versicherungsvermittlern gibt es
aber seit dem 22. Mai 2007 durch die Neuregelung des
Versicherungsvermittlerrechts. § 83 Abs. 5 Nr. 1 VAG
bezieht nunmehr auch die Versicherungsvermittler in die
Aufsicht ein. Des weiteren gibt es verstärkte Anforderun-
gen an die Vermittler von Versicherungen in § 34d GewO.
Die Aufsichtsbehörden können nur in der Weise ein-
schreiten, dass sie bei Missständen in der Versicherungs-
vermittlung zum unmittelbaren Vorgehen befugte Behör-
den einschalten, Strafanzeigen erstatten oder aber den
Versicherungsunternehmen Auflagen zur Überwachung
ihrer Agenten machen und ähnliche Dinge mehr.
26 Die Verpflichtung zur Einholung einer Erlaubnis nach dem KWG trifft auch eine Bank mit Sitz in der Schweiz, wenn sie aus dem Ausland heraus in Deutschland Kredite vergibt, EuGH „Fidium“, Urt. v. 03.10.2006 – Rs C-452/04 (Vorlage von VG Frankfurt/M. ZIP 2004, 2323 (LS)).
Rechtsgutachten 53
Anders sieht es mit der Schuldenregulierung aus. Nach
einhelliger Meinung ist die beabsichtigte Herbeiführung
einer Sanierung oder die Tätigkeit zum Zwecke der Schul-
denregulierung Besorgung fremder Rechtsangelegenhei-
ten und damit erlaubnispflichtig. Die Erlaubnis kann nur
einem begrenzten Personenkreis erteilt werden. Außer-
halb dieses Kreises ist jegliche Besorgung fremder Rechts-
angelegenheiten unzulässig und kann verfolgt werden.
Gewerblichen Schuldenregulierern kann eine Erlaubnis
nur im Rahmen der Anerkennung als geeignete Stelle
erteilt werden (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 RDG in Zusammenhang
mit den Ausführungsgesetzen der Bundesländer). Eine
Ausnahme von der Erlaubnispflicht ist nach § 5 RDG
möglich, wenn die Rechtsdienstleistung im Zusammen-
hang mit einer anderen Tätigkeit steht und sie als Neben-
leistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehört. Die
Schuldenregulierung ist aber das Hauptangebot der
Anbieter und daher nicht als erlaubnisfreie Nebenleistung
im Sinne des § 5 RDG anzusehen. Der BGH hat in seiner
Entscheidung vom 29.07.2009 „Finanzsanierer“ deutlich
gemacht, dass er auch nach dem Inkrafttreten des RDG
keine Veranlassung sieht, von der Erlaubnispflicht der
Schuldenregulierung abzusehen, und zwar auch dann
nicht, wenn sich der Anbieter der zusätzlichen Hilfe eines
Rechtsanwaltes bedient.
Der Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz kann
gemäß § 20 RDG als Ordnungswidrigkeit verfolgt und mit
einer Geldbuße von bis zu 5.000 1 geahndet werden.
5.4 Verstöße gegen die Gewerbeordnung
Wichtigster Ansatzpunkt für ordnungsrechtliches Vorge-
hen gegen Kreditvermittler und deren unseriöse Praktiken
ist die Gewerbeordnung. Die zuständigen Aufsichtsbehör-
den können im Rahmen der Gewerbeordnung unter
anderem Betriebe schließen und/oder bei Zuwiderhand-
lungen gegen bestimmte Pflichten Bußgelder verhängen.
Gemäß § 1 Gewerbeordnung (GewO) ist der Betrieb
eines Gewerbes, vorbehaltlich der in der GewO normier-
ten Ausnahmen, jedermann gestattet (Grundsatz der
Gewerbefreiheit). Die Tätigkeiten eines Kreditvermittlers
und auch eines Schuldenregulierers sind als gewerbliche,
das heißt selbständige, auf Dauer angelegte und auf
Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit einzustufen. Die
Ausnahmen des § 6 GewO bzw. des § 120c Abs.5 GewO
greifen für diese Gewerbetätigkeit nicht. Damit besteht
für den hier zu untersuchenden Kreis von Kreditvermitt-
lern die Pflicht, gemäß § 14 GewO die Aufnahme der
Tätigkeit bei der für den betreffenden Ort zuständigen
Behörde unmittelbar anzuzeigen.
Diese Anzeige dient dem Zweck, der zuständigen
Behörde die Überwachung der Gewerbeausübung zu
ermöglichen. Das ist notwendig, weil wegen § 1 GewO
keine generelle Genehmigungspflicht besteht. Die
Anzeige des Gewerbetreibenden als solche bedeutet also
nicht, dass die konkret angemeldete Tätigkeit materiell so
auch erlaubt ist.
Dementsprechend überschaubar sind auch die Angaben,
die der Gewerbetreibende auf dem notwendigen amtli-
chen Vordruck zu machen hat. Dies sind im Wesentlichen
Name, Anschrift und Geburtsdatum des Gewerbetreiben-
den, genaue Angaben zu vertretungsberechtigten Perso-
nen, Anzahl der Mitarbeiter sowie eine Kurzbeschreibung
der geplanten Tätigkeit. „Vermittlung von Krediten“ oder
„Wirtschaftliche Unterstützung überschuldeter Personen“
sind hier durchaus vorstellbar, ohne dass dem zuständi-
gen Sachbearbeiter daraus allein der Verdacht der
Unseriosität oder gar Strafbarkeit der geplanten Tätigkeit
kommen müsste.
Örtlich zuständig sind die Gewerbeämter, in deren Bezirk
das Gewerbe ausgeübt wird. Das gilt auch für Zweignie-
derlassungen. Sachlich zuständig sind gemäß §§ 14, 155
Abs. 2 GewO die durch Landesrecht hierzu bestimmten
Behörden. Die Regelungen hierzu sind durchaus unter-
schiedlich. Die angezeigten Gewerbe werden in einem
Gewerberegister bei den Städten und Gemeinden
geführt.
Höhere Anforderungen stellt die Vorschrift des § 34c
GewO, die bestimmte gewerbliche Tätigkeiten von einer
Erlaubnis durch die zuständige Behörde abhängig macht.
Einer solchen vorherigen Erlaubnis bedarf u.a., wer
gewerbsmäßig „... den Abschluss von Verträgen über ...
Darlehen ... vermitteln oder die Gelegenheit zum
Abschluss solcher Verträge nachweisen will“( § 34c Abs.
1 Satz 1 Nr. 1a GewO). Die Erlaubnis darf inhaltlich
beschränkt und jederzeit mit Auflagen verbunden wer-
den, wenn dies zum Schutz der Allgemeinheit oder der
Auftraggeber erforderlich ist. Die Erlaubnis ist personen-
bezogen, nicht übertragbar und bundesweit gültig.
Makler, die keine Kredite vermitteln, sondern deren
Tätigkeit lediglich in der Vermittlung von Verträgen über
gewerbliche Schuldenregulierung, Wirtschaftsberatung
54 Rechtsgutachten
oder Versicherungen besteht, sowie Schuldenregulierer
als solche werden von dieser Vorschrift nicht erfasst.
Fraglich ist, wie Vermittler zu beurteilen sind, die mit der
Vergabe von Krediten werben, tatsächlich aber gar keine
Vermittlung durchführen wollen. Zunächst einmal wird
man von jedem Gewerbetreibenden, der mit der Vermitt-
lung von Krediten wirbt, auch eine Erlaubnis nach § 34c
GewO verlangen müssen. Ansonsten ist die Frage wohl
eher theoretischer Natur: Wenn sich der Vermittler dahin-
gehend einlassen würde, dass er zwar mit der Kreditver-
mittlung wirbt, diese aber gar nicht beabsichtigt, würde
man ihn möglicherweise aus der Erlaubnispflicht entlas-
sen können. Der Vermittler würde sich damit aber selbst
der Strafbarkeit wegen Betruges bezichtigen. Darüber
hinaus liegen dann wegen der massiven Täuschung im
Bereich der Geschäftsanbahnung auch die Voraussetzun-
gen für eine Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO vor.
Ebenfalls erlaubnispflichtig ist die Kapitalanlagevermitt-
lung nach § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GewO, solange das
KWG gemäß Abs. 5 nicht anzuwenden ist. Das kommt in
den hier untersuchten Fällen in Betracht, wenn beispiels-
weise Anteile an Kommanditgesellschaften oder stille
Beteiligungen an Unternehmen vermittelt werden, die
über häufig jahrelanges Ansparen der Kunden finanziert
werden sollen.
Dabei ist zu beachten, dass das Recht der Kapitalanlage-
vermittlung auch ordnungsrechtlich eine grundlegende
Änderung erfahren hat. Das Gesetz zur Novellierung des
Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts ist
am 06.12.2011 verkündet worden und trat am
01.04.2012 in Kraft. Das Gesetz enthält unter anderem
die Verpflichtung zur Sachkundeprüfung (§ 34f Abs. 2
Nr. 4 GewO) und die Verpflichtung zu Information und
Dokumentation (§ 34g GewO). Die Neuregelung betrifft
aber nur die Vermittlung von Kapitalanlagen und gilt
nicht für die reine Kreditvermittlung.
Die weitere inhaltliche Ausgestaltung der Erlaubnis,
Auflagen und bestimmte Pflichten des Gewerbetreiben-
den regelt eine Rechtsverordnung. Gemäß § 34c Abs. 3
GewO hat der Gesetzgeber mit der Makler- und Bau-
trägerverordnung (MaBV) von dieser Verordnungsermäch-
tigung Gebrauch gemacht. Kreditvermittler sind danach
verpflichtet, den Behörden ihre mit der Leitung beauf-
tragten Personen anzuzeigen, Geschäftsunterlagen
fünf Jahre aufzubewahren, bestimmte Tatbestände aufzu-
zeichnen, eine Inseratensammlung anzulegen, Buch zu
führen und auf ihre Kosten gemäß § 16 MaBV auf Anord-
nung der Behörde durch einen unabhängigen Prüfer eine
außerordentliche Gewerbeprüfung durchführen zu lassen.
Stellt der Kreditvermittler den entsprechenden Antrag auf
Erlaubniserteilung, wird geprüft, ob er die für den Betrieb
erforderliche Zuverlässigkeit besitzt und nicht in ungeord-
neten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. § 34c Abs. 2
GewO stellt hinsichtlich der entsprechenden Versagungs-
gründe einige Regelvermutungen auf. Liegt kein Versa-
gungsgrund vor, so steht dem Antragsteller ein Anspruch
auf die erstrebte Erlaubnis zu.
Bei der Frage der Zuverlässigkeit ist auch auf eine mit der
Leitung des Betriebes oder der Zweigniederlassung beauf-
tragte Person abzustellen. Damit soll verhindert werden,
dass unzuverlässige Makler nach außen einen Strohmann
vorschieben, aber selbst die Leitung des Betriebes behal-
ten. Unzuverlässigkeit liegt nach der Regelvermutung vor,
wenn die betreffende Person bis zu fünf Jahre vor der
Antragstellung wegen eines Verbrechens oder wegen
bestimmter Vermögensdelikte rechtskräftig verurteilt
worden ist. Diese Aufzählung ist nicht abschließend.
Der Gewerbetreibende kann auch aus anderen Gründen
unzuverlässig sein. Voraussetzung ist in jedem Fall, dass
der Gewerbetreibende nicht bereit oder nicht fähig ist,
sein Gewerbe einwandfrei zu führen. Bei der Bewertung
der Tatsachen, die Unzuverlässigkeit begründen können,
ist immer ein konkreter Zusammenhang zum ausgeübten
Gewerbe erforderlich.
Als Beispiele für Unzuverlässigkeit werden häufig
genannt: Steuerschulden, Verletzung sozialversicherungs-
rechtlicher Pflichten, frühere Gewerbeuntersagung nach
§ 35 GewO, Rücknahme oder Widerruf einer Erlaubnis
nach §§ 48, 49 VwVfG, Fehlen elementarer Grundkennt-
nisse für den beantragten Gewerbezweig, Verurteilung
wegen anderer als der genannten Straftaten oder wegen
gewerbebezogener Ordnungswidrigkeiten, jeweils dann,
wenn bei nur einem oder wenigen Verstößen die Tat im
Hinblick auf das jeweilige Gewerbe einiges Gewicht hat.
Eine Vielzahl kleinerer Verstöße rechtfertigt die Annahme
von Unzuverlässigkeit, wenn aus ihnen ein eingewurzelter
Hang zur Missachtung der Berufspflichten ersichtlich ist.
Der hessische VGH hat eine Unzuverlässigkeit dann ange-
nommen, wenn ein Makler beharrlich gegen die Prü-
fungs- und Aufzeichnungspflichten verstößt, die sich aus
der MaBV ergeben. Auch bei den Anbietern „SCHUFA-
freier“ Kredite ist fraglich. ob sie die Aufzeichnungs-,
Rechtsgutachten 55
Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten der MaBV
erfüllt haben, zumal die Aufzeichnungen anderen Behör-
den allzu leicht zu Beweiszwecken dienen können.
Unzuverlässigkeit ist beispielsweise auch angenommen
worden bei einem Wohnungsmakler, der über Jahre die
Erlaubnispflichtigkeit durch Gründung eines Vereins
umgangen hatte, obwohl er die Auffassung der Behörde
kannte und im gleichen Zeitraum entgegen verbraucher-
schützenden Vorschriften erfolgsunabhängige Zahlungen
im Voraus gefordert hatte.
Der permanente Verstoß gegen Vorschriften des Verbrau-
cherschutzes ist auch bei den hier untersuchten Kredit-
vermittlern eine augenfällige Konstellation. Die entspre-
chenden Vorschriften für das Kreditvermittlergewerbe,
die §§ 655c–e BGB, dienen ausschließlich dem Verbrau-
cherschutz. Sie regeln maßgeblich die Grenzen zulässiger
Ausübung des Kreditvermittlergewerbes. Insofern können
häufige Verstöße gegen diese Vorschriften, zum Beispiel
dadurch, dass Vermittler die erfolgsunabhängige Provisio-
nen oder unzulässige Auslagen verlangen, im Rahmen der
Bewertung der Zuverlässigkeit berücksichtigt werden. Das
Gleiche gilt, wenn der Betrieb über längere Zeit ohne
Erlaubnis geführt wird, oder bei der Vermittlung wirt-
schaftlich unsinniger und kostenintensiver Zusatzverträge
an Personen, die in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind.
Hier liegt in nahezu jedem Einzelfall sowohl arglistige
Täuschung des Kunden als auch Falschberatung vor.
In der Rechtsprechung und Literatur wird die Annahme
von Unzuverlässigkeit wegen der Verletzung zivilrechtli-
cher oder wettbewerbsrechtlicher Pflichten eher restriktiv
gehandhabt. Öffentliche Belange seien prinzipiell in
diesen Fällen nicht berührt, die Beteiligten daher zur
Durchsetzung ihrer Ansprüche auf den Zivilrechtsweg zu
verweisen. Anders wird das aber dann gesehen, wenn
Gewerbetreibende hartnäckig und in erheblichem
Umfang wettbewerbsrechtliche oder zivilrechtliche
Vorschriften missachten, um sich einen Vorteil zu ver-
schaffen. Aus dem Gesamtverhalten würden charakter-
liche Mängel sichtbar, die gewerberechtliche Unzuverläs-
sigkeit begründeten. In solchen Fällen sei nicht mehr nur
der Einzelne, sondern die Allgemeinheit betroffen, wenn
– und das ist Grundvoraussetzung – eine Vielzahl von
Personen betroffen oder geschädigt ist. Gerade in Fällen,
in denen die Mittel des Zivilrechts versagen, weil die
Anbieter sich gezielt an eine Klientel wenden, die keinen
ausreichenden Rechtsschutz hat, besteht auch ein Bedürf-
nis an ordnungsrechtlichen Sanktionen.
Werden Anzeigen über die angebliche Vermittlung
„SCHUFA-freier“ Kredite geschaltet, ohne dass es in einer
wesentlichen Zahl der Fälle tatsächlich zur Auszahlung
eines Darlehens kommt, und werden stattdessen wirt-
schaftlich unsinnige Zusatzverträge abgeschlossen, liegt
planmäßiges Handeln des Kreditvermittlers vor. Verletzt
werden in massiver Weise verbraucherschützende Vor-
schriften zu gerade diesem Kreditvermittlergewerbe, häu-
fig gepaart mit arglistiger Täuschung und Betrug. Die
Anzahl der Geschädigten ist hoch, und ihre zivilrecht-
lichen Möglichkeiten bieten keine Chance für einen inter-
essengerechten Ausgleich. In diesen Fällen ist nicht nur
der Einzelne, sondern auch die Allgemeinheit betroffen.
Bei derart gezielter Täuschung kann nicht von einer ein-
wandfreien Ausübung des Gewerbes die Rede sein.
In einigen Fällen umgehen Kreditvermittler das Verbot der
Auslagenerstattung und der erfolgsunabhängigen Provi-
sion, indem Kontakt über 0900-Rufnummern hergestellt
wird. Auch in einem solchen Fall wurde Unzuverlässigkeit
angenommen, weil die versprochene Gegenleistung nicht
entrichtet werden soll.
Eine Erlaubnis zum Betrieb eines Kreditvermittlergewer-
bes wird auch demjenigen verweigert, der in ungeordne-
ten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. Hauptanwen-
dungsfälle der Praxis sind die, dass über das Vermögen
des Antragstellers das Insolvenzverfahren eröffnet oder er
in das Schuldnerverzeichnis eingetragen wurde (z.B. weil
die eidesstattliche Versicherung abgegeben wurde). In
den hier diskutierten Fällen der betrügerischen Kreditver-
mittler stellt die fehlende wirtschaftliche Leistungsfähig-
keit keine typische Fallgruppe dar.
Die Verweigerung der Erlaubnis wegen ungeordneter Ver-
hältnisse setzt ganz allgemein weder ein Verschulden im
Sinne eines moralischen oder ethischen Vorwurfs noch
einen Charaktermangel voraus. Es ist deshalb völlig uner-
heblich, ob der Gewerbetreibende durch die Schuld eines
Dritten in die wirtschaftliche Zwangslage geraten ist. Der
Schutz der Allgemeinheit ist höher zu bewerten, wenn
dem Gewerbetreibenden die erforderlichen Mittel zur
Ausübung des Gewerbes fehlen.
Unabhängig von der Frage nach dem Erfordernis für eine
Erlaubnis gem. § 34c GewO für Kreditvermittler sieht die
Gewerbeordnung in § 35 generell die Möglichkeit vor, die
Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu unter-
sagen. Voraussetzung ist, dass Tatsachen vorliegen, wel-
che die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder
56 Rechtsgutachten
einer mit der Leitung beauftragten Person belegen. Die
Unzuverlässigkeit muss gewerbebezogen, die Untersa-
gung zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich sein.
Die Untersagung des Gewerbes nach § 35 GewO zieht
für den Betroffenen automatisch eine Sperre für eine
zukünftige gewerbliche Tätigkeit nach sich, solange ihm
diese nicht ausdrücklich nach § 35 Abs. 6 wieder gestat-
tet wird. Die Versagung oder Rücknahme einer Erlaubnis
nach § 34c GewO bewirkt hingegen nur, dass der Gewer-
betreibende sonstigen Staatsbürgern gleichgestellt wird,
die ebenfalls keine Erlaubnis für dieses Gewerbe besitzen.
Ein erneuter Antrag auf Erlaubnis ist theoretisch möglich.
Der Begriff der Unzuverlässigkeit ist hier im Prinzip nicht
anders zu verstehen als in § 34c GewO. Wegen des wei-
ten Anwendungsbereiches ist allerdings auf einen Katalog
von Regelbeispielen verzichtet worden. Nach ständiger
Rechtsprechung ist gewerberechtlich unzuverlässig, wer
keine Gewähr dafür bietet, dass er in Zukunft sein
Gewerbe ordnungsgemäß ausüben wird. Die Behörde
kann nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grund-
sätzen eine Versagung nur dann aussprechen, wenn sie
erforderlich und verhältnismäßig erscheint.
Dieser Begriff ist gerichtlich voll überprüfbar. Es müssen
Tatsachen vorliegen, also ein gewisser Vergangenheitsbe-
zug, die für die Zukunft die Unzuverlässigkeit als wahr-
scheinlich erscheinen lassen. Auch diese wird man bei
den oben beschriebenen hartnäckigen Verletzungen zivil-
und wettbewerbsrechtlicher Pflichten der Kreditvermittler
annehmen können.
Wie oben dargestellt, ist die Vermittlung von Versicherun-
gen eine der Einnahmequellen betrügerischer Kreditver-
mittler. An die Vermittlung von Versicherungen werden
aber seit der Änderung der GewO im Jahre 2007 ver-
schärfte Anforderungen gestellt. So bedarf es für die
Vermittlung von Versicherungen nach § 34d GewO einer
gesonderten Erlaubnis, die nur zu erteilen ist, wenn der
Vermittler eine Sachkundeprüfung vor der Industrie- und
Handelskammer absolviert hat (§ 34d Abs. 3 Nr. 4
GewO). Alle Versicherungsvermittler (d.h. auch die keiner
Erlaubnis unterliegenden bzw. die erlaubnisbefreiten) sind
gemäß § 34d Abs. 7 GewO verpflichtet, sich in das von
der Industrie- und Handelskammer geführte Vermittler-
register eintragen zu lassen. Darüber hinaus bestehen
gem. § 61 VVG und der Versicherungsvermittlungsver-
ordnung vom 15.05.200727 umfangreiche Informations-
und Dokumentationspflichten gegenüber dem Kunden.
Verstöße gegen diese Vorschriften können Schadenser-
satzansprüche des Kunden (§ 63 VVG) nach sich ziehen,
aber auch ordnungsrechtliche Sanktionen.
Wer die Anzeige nicht erstattet hat, ist verpflichtet, diese
nachzuholen. Die Behörde hat die Möglichkeit, die
Anzeige eines Gewerbes mit den Mitteln der Verwal-
tungsvollstreckung, also etwa mit der Festsetzung eines
Zwangsgeldes, durchzusetzen. Die Nichtanzeige des
Gewerbes ist zudem gem. § 146 Abs. 2 Nr.1 GewO
ordnungswidrig. Diese Ordnungswidrigkeit kann gemäß
§ 146 Abs. 3 GewO mit einer Geldbuße von bis zu 1.000 1
geahndet werden.
Für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten ist das Ord-
nungswidrigkeitengesetz (OWiG) anzuwenden. Gemäß
§ 47 Abs.1 OWiG liegt die Verfolgung der Ordnungs-
widrigkeit im Ermessen der Verfolgungsbehörde. Beide
der obengenannten Verfolgungsmöglichkeiten (Bußgeld
und Zwangsgeld) können nebeneinander durchgeführt
werden, ohne dass eine Rangfolge besteht.
Die Anzeigepflicht nach § 14 GewO ist bloße Ordnungs-
vorschrift. Das bedeutet, dass Verstöße gegen die Anzei-
gepflicht zwar ordnungswidrig sind, der Betrieb des
Gewerbes aus diesem Grund allein allerdings nicht rechts-
widrig ist oder wird. Wegen eines einmaligen Verstoßes
gegen die Anzeigepflicht allein kann die Behörde den
Betrieb des Gewerbes nicht unterbinden. In der Praxis ist
die sofortige Verhängung einer Geldbuße selten. In der
Regel wird die Ordnungsbehörde den Gewerbetreibenden
zunächst einmal nur auffordern, die Anzeige nachzu holen.
Betreibt ein Kreditvermittler das Gewerbe ohne die nach
§ 34c GewO erforderliche Erlaubnis, kann die zuständige
Behörde gemäß § 15 Abs. 2 GewO die Fortsetzung des
Betriebes verhindern. Kreditvermittlern, die ohne Erlaub-
nis agieren, kann die zuständige Behörde sofort jede wei-
tere Tätigkeit untersagen. Dabei hat sie selbstverständlich
die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit zu beachten.
Diese Beurteilung kann schwierig sein. Bei materieller
Rechtswidrigkeit des Betriebes, wenn die Genehmigung
wegen fehlender Voraussetzung – etwa Unzuverlässigkeit
– gar nicht erteilt werden kann, ist der Betrieb sofort zu
schließen. Bei lediglich formeller Rechtswidrigkeit ist
27 http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/versvermv/gesamt.pdf
Rechtsgutachten 57
umstritten, ob der bloße fehlende Antrag auf Erlaubnis
bzw. Genehmigung zur sofortigen Schließung führen
kann. Verneint man das, würde allerdings das Erfordernis
nach vorheriger Erlaubniserteilung leerlaufen. Jedenfalls
dann, wenn der Gewerbetreibende auch auf Anforderung
eine Genehmigung nicht beantragt, wird man im Rahmen
der Ermessensausübung wohl zu einer Verhinderung der
Betriebsfortsetzung kommen müssen.
Die zuständigen Behörden können – zumindest in der
Theorie – relativ schnell den Betrieb eines Kreditvermitt-
lers schließen. Die Durchsetzung der entsprechenden
Verfügung ist mit den Mitteln der Verwaltungsvollstre-
ckung möglich. Offenbar wird aber von den Möglich-
keiten des § 15 GewO in der Praxis relativ selten
Gebrauch gemacht.
Liegen die Voraussetzungen für eine Erlaubniserteilung
nicht vor, wird die Erlaubnis oder Genehmigung versagt.
Im Falle der Betriebsfortführung kann die Behörde gemäß
§ 15 Abs. 2 GewO einschreiten und den Betrieb schlie-
ßen. Tritt ein Versagungsgrund, also beispielsweise
Unzuverlässigkeit aufgrund der Verurteilung wegen einer
Straftat, erst später, nach Erlaubniserteilung, ein, kann
die Behörde die Erlaubnis gemäß § 49 VwVfG widerrufen
und im Falle der Betriebsfortführung wie oben gemäß
§ 15 GewO verfahren.
Darüber hinaus erfüllt die Kreditvermittlung ohne Erlaub-
nis den Tatbestand des § 144 Abs. 1 Buchst. h), GewO,
der mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 1 geahndet
werden kann. Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder
Geldstrafe wird bestraft, wer die Kreditvermittlung ohne
Erlaubnis beharrlich wiederholt. Wer gegen Auflagen
oder gegen die MaBV verstößt, handelt gemäß § 144
Abs. 2 Nr. 5 und 6 GewO ebenfalls ordnungswidrig. Die
Geldbuße beträgt ebenfalls bis zu 5.000 1.
Im Falle der Vermittlung von Anlagen (beispielsweise
KG-Anteilen) ohne Erlaubnis beträgt die Geldbuße gemäß
§ 144 Abs. 1 Buchst. i) GewO bis zu 50.000 1.
Ist ein Gewerbetreibender gemäß § 35 GewO unzuverläs-
sig, so wird ihm die zuständige Gewerbebehörde den
Betrieb des Gewerbes per Verwaltungsakt untersagen.
Dieser Dauerverwaltungsakt wirkt bis zur Wiedergestat-
tung des Gewerbes nach § 35 Abs. 6 GewO. Die Wirkung
ist stärker als bei der bloßen Versagung einer Erlaubnis
nach § 34c GewO.
Wird ein erlaubnispflichtiges Gewerbe wie die Kredit-
vermittlung ohne Erlaubnis betrieben, können die Versa-
gung der Betriebsfortführung nach § 15 GewO und die
Untersagung nach § 35 GewO parallel erfolgen. Lediglich
dann, wenn früher eine Erlaubnis erteilt wurde, der
Kreditvermittler nun aber unzuverlässig geworden ist,
muss die Erlaubnis gemäß § 49 VwVfG zurückgenommen
bzw. widerrufen werden. § 35 GewO ist wegen Abs. 8
(Vorrang spezialgesetzlicher Rücknahmevorschriften
wegen Unzuverlässigkeit) dann nicht anwendbar.
Praktisch problematisch wird für die zuständigen Behör-
den zunächst sein, Kenntnis über das ordnungsrechtlich
relevante Vorgehen der diversen Vermittler zu erlangen.
Neben der Möglichkeit der vermutlich eher seltenen
stichprobenartigen Überprüfung etwa von Werbeanzei-
gen ist sicherlich die Anzeige durch Geschädigte oder
deren Vertreter wie Rechtsanwälte bzw. Schuldnerbera-
tungen oder Verbraucherzentralen praktisch relevant.
Auch durch Weiterleitung von Erkenntnissen anderer
Behörden (Staatsanwaltschaft, Finanzämter etc.) oder die
Mitteilung in Zivilsachen seitens der Gerichte kann ein
Prüfungsverfahren initiiert werden. Die Anzeige von
Sachverhalten unlauterer Vermittlungsvorgänge an die
Gewerbebehörden ist daher wichtig, denn nur dann
können die Behörden tätig werden und die Möglichkeiten
der Gewerbeordnung bis hin zur Betriebsschließung aus-
schöpfen. Bei der Kreditvermittlung dürfen die Behörden,
um weitere Erkenntnisse zu erhalten, gem. § 29 GewO
umfassende Auskünfte von dem Vermittler verlangen und
dessen Geschäftsräume betreten, um Unterlagen ausführ-
lich überprüfen zu können.
6 Fazit
Das Ergebnis der Überarbeitung des Gutachtens fünf
Jahre nach der Ersterstellung ist ernüchternd. Aus den
angestellten Untersuchungen ergibt sich, dass das Ange-
bot der „SCHUFA-freien“ Kredite rechtlich höchst zwei-
felhaft ist und offenbar auch nicht wie angepriesen exis-
tiert. In den seltenen Fällen, in denen Kredite vermittelt
werden, erfolgt die Kreditgewährung offenbar nicht ohne
eine Bonitätsprüfung durch eine Kreditauskunftei. Wenn
es tatsächlich zu einer Kreditvermittlung kommt, sind die
Kredite aufgrund der verschiedenen Nebenkosten, von
denen die Kreditvermittlung abhängig gemacht wird, oft
als sittenwidrig anzu sehen, bzw. liegen sie mit ihren Kon-
ditionen an der Grenze zur Sittenwidrigkeit.
58 Rechtsgutachten
Im zivil- und ordnungsrechtlichen Bereich hat es kaum
Entwicklungen gegeben. Im strafrechtlichen Bereich gibt
es lediglich die Entscheidung des Landgerichts Stuttgart.28
Diese Entscheidung bietet Grund zur Hoffnung; andere
strafrechtliche Urteile sind zu dem untersuchten Thema
nicht bekanntgeworden. Der Gesetzgeber ist dringend
gefordert, die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Ein-
dämmung des Problems zu verbessern.
28 LG Stuttgart, Urt. v. 21.02.2012, AZ 14 KLS 166 Js 9323/11