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  Studium online  

Studium Online - HS-Entwicklung Durch Neue Medien - Bertelsmann

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Bertelsmann Stiftung, Heinz Nixdorf Stiftung (Hrsg.)

Studium onlineHochschulentwicklungdurch neue Medien

 Verlag Bertelsmann Stiftung

Gütersloh 2000 

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Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme

Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei

Der Deutschen Bibliothek erhältlich.

 

2000 Verlag Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Verantwortlich: Ulrike Bentlage

Umschlaggestaltung: werkzwei, Lutz Dudek, Bielefeld 

Umschlagabbildung: Tony Stone/Pictor

Satz: digitron GmbH, Bielefeld 

Druck: Media-Print Merkur Druck GmbH + Co., Detmold 

ISBN 3-89204-483-X 

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 Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Peter Glotz

Zentrale Thesen des Expertenkreises . . . . . . . . . . . . . . 13

Szenario: Die Universität im Jahre 2005 . . . . . . . . . . . . 17

 José L. Encarnaçao, Wolfgang Leidhold, Andreas Reuter

Neue Technik verlangt neue pädagogische Konzepte . . . . . . 31

Friedrich W. Hesse, Heinz Mandl 

Qualitätssicherung interaktiver Studienangebote . . . . . . . . 51

Ulrich Glowalla, Heinz Lothar Grob, Rainer Thome

Technologie und Infrastruktur:

Standardisieren schafft Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

 José L. Encarnaçao, Wolfgang Kraemer,

August-Wilhelm Scheer, Dennis Tsichritzis

Finanzierung virtueller Studienangebote . . . . . . . . . . . . 103

Peter Glotz, Herbert Kubicek 

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Hochschulentwicklung durch neue Medien –

internationale Best-Practice-Projekte . . . . . . . . . . . . . . 139

Michael Brockhaus, Martin Emrich, Antonella Mei-Pochtler

Die Mitglieder des Expertenkreises . . . . . . . . . . . . . . . 165

 

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 Vorwort

Experten warnen, Deutschland laufe Gefahr, ein Bildungsimportland

zu werden. Während 1980 beispielsweise noch rund 50 Prozent aller

Auslandsstudenten aus Indonesien nach Deutschland kamen, sind es

heute nur noch knapp 10 Prozent. Stattdessen geht, wer es sich leis-

ten kann, zum Studieren in andere Länder, vorzugsweise in die USA.

Mit dem Internet kommt das Ausland jetzt mitten in die deutschen

Studierstuben. Gute Adressen wie Harvard oder Stanford bietenbereits post graduate-Studiengänge oder MBAs im Netz an. Parallel

dazu etablieren sich so genannte Wissensbroker. Sie beraten und in-

formieren nicht nur, sondern sorgen für den Verkauf des Wissens

internationaler Bildungsanbieter. Sie bereiten die Bildungsmodule

individuell für ihre Kunden auf und liefern ihre Wissenspakete online

an Corporate Universities und andere Kunden. Hunderte von Millio-

nen Dollar werden inzwischen in den USA in die verschiedenen

Spielarten von Virtual Universities investiert. So entsteht mit und

neben den traditionellen Universitäten ein Bildungsmarkt, für denUnternehmensberater prognostizieren, dass sich hier eines der größ-

ten e-commerce-Geschäftsfelder auftut. Bildung gilt ihnen als Zu-

kunftsbusiness. Universitäten in Europa und Deutschland müssen

sich in diesem Feld positionieren und sich dem globalen Wettbewerb

im Netz stellen.  Internet und Multimedia schaffen nicht nur globalen Wissenszu-

griff, sie helfen auch Präsenz-Universitäten, ihr Angebot zu verbes-

sern, Lernen zu erleichtern, zu optimieren und zu effektivieren. In 

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den Rankings der US-Universitäten gilt IT-Ausstattung bereits als

wichtiges Bewertungskriterium und geht oftmals mit akademischer

Exzellenz einher. Dabei rangieren immerhin knapp 40 Prozent deröffentlichen Universitäten in der Klasse der most wired  colleges.

Multimedia ist also keineswegs ein Privileg nur der teuren Privat-

Universitäten.  Auch deutsche Hochschulen gehen online. Im Jahr 2005, so die

Prognose, wird mindestens die Hälfte der Studenten zumindest ein-

zelne Teile des Studiums über das Netz absolvieren. Virtuelle Lehr-

veranstaltungen machen flexibel und helfen, Studienzeiten zu verkür-

zen; virtuelle Lernumgebungen unterstützen den Lernprozess mit

Simulationen und Multimedia-Präsentationen. So lernen Studenten

besser – davon sind jedenfalls Professoren an den wirtschaftswissen-

schaftlichen Fakultäten der Universitäten Münster und Köln über-

zeugt. Sie hatten gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung und der

Heinz Nixdorf Stiftung Pilotprojekte zum Studium mit Multimedia

aufgelegt. Zahlen aus den projektbegleitenden Evaluationsberich-

ten geben ihnen Recht. Multimedial unterstützt, erzielten diese Stu-

denten signifikant bessere Prüfungsergebnisse. Mit der Kooperation

»WINFOLine«, einem Zusammenspiel der Universitäten Saarbrü-cken, Göttingen, Kassel und Leipzig, steht eine virtuelle Lernwelt für

Wirtschaftsinformatik im Netz. Gleichzeitig werden in immer mehr

Bundesländern virtuelle Hochschulen im Universitätsverbund ausge-

rufen. Vieles wurde inzwischen angestoßen, manches ist bereits auf 

gutem Weg. Aber in der Hochschullandschaft muss sich noch mehr

noch schneller bewegen, damit Deutschland seinen Status als Bil-

dungsexportland zurückgewinnt.  In diesem Band sind Empfehlungen der Kommission »Hochschul-

entwicklung durch neue Medien« der Bertelsmann Stiftung und derHeinz Nixdorf Stiftung zusammengefasst; formuliert, um den Trans-

ferprozess in der deutschen Bildungslandschaft zu unterstützen.

Unser Dank gilt allen, die an diesen Empfehlungen mitgewirkt haben

und in besonderer Weise Prof. Peter Glotz, dem Vorsitzenden des

Expertenkreises.

Dr. Ingrid Hamm, Leitung Bereich Medien

Ulrike Bentlage, Projektleitung  

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 Einleitung

Peter Glotz

Die vorliegende Publikation geht auf die Arbeit des Expertenkreises

»Hochschulentwicklung durch neue Medien« zurück, den die Ber-

telsmann Stiftung und die Heinz Nixdorf Stiftung mit dem Ziel ein-

gerichtet haben, die Chancen und Risiken der Anwendung neuer

Medien in den Hochschulen zu untersuchen. Dem Expertenkreis ge-hörten 15 Wissenschaftler aus ebenso vielen Wissenschaftsinstitutio-

nen und zahlreichen Disziplinen an, die sich alle mit der Nutzung

neuer Medien auseinandergesetzt hatten.  Die Ergebnisse der Arbeit dieses Kreises, der siebenmal zusam-

menkam und viele Arbeitsgruppen-Sitzungen veranstaltete, sind auf 

den folgenden Seiten zusammengefasst.  Die Arbeit brachte schnell zu Tage, dass die vielfach genutzten

Schlagworte oft genug in die Irre führen. So geht es keineswegs nur

um »Multimedia«; in bestimmten Disziplinen können auch rein text-basierte Systeme gute Dienste leisten. Auch der Terminus »Online-

Lehre« umfasst nur einen Teil der möglichen Aktivitäten. Natürlich

können auch CD-ROMs, also Offline-Medien, eine wichtige Rolle

spielen. Es gibt Bildungsprodukte, die vollständig auf Virtualität set-

zen, aber auch vielfältige Angebote, die eine intelligente Integration

von Online-Angeboten und Präsenzlehre suchen. Zum gegenwärtigen

Zeitpunkt ist nicht leicht zu entscheiden, welches der Königsweg der

Zukunft sein wird. 

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Insgesamt ist der Expertenkreis zu der Überzeugung gekommen,

dass die neuen Medien einen nachhaltigen Einfluss auf das Bildungs-

system entwickeln werden. In dem »Szenario 2005« ist das im Über-blick ausgeführt. Vier weitere Beiträge behandeln die aufgeworfenen

Fragen im Einzelnen.  Die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens wird Bedürfnisse

nach Bildungsangeboten hervorbringen,die qualitativ hochwertig und

flexibel handhabbar sind. Die neuen Informationstechnologien bieten

dazu die erforderlichen Möglichkeiten.  Schon heute lässt sich gut erkennen, dass sich die großen ameri-

kanischen Universitäten, die über einen brillianten Ruf verfügen, da-

rauf vorbereiten, ihre Bildungsprodukte zu internationalisieren und

auf der ganzen Welt anzubieten. Oft suchen sie dazu die Kooperation

mit investitionsstarken Technologiefirmen. Wenn die Universitäten

der Bundesrepublik diese Entwicklung nicht frühzeitig wahrnehmen

und selbst entsprechende Produkte entwickeln, besteht die Gefahr,

dass ein gewisser Teil beweglicher und auch leistungsstarker Studie-

render den deutschen Hochschulen verloren geht. Dieser Entwick-

lung muss vorgebeugt werden.

  Auf der anderen Seite ist jedoch auch feststellbar, dass die neuenMedien nicht einfach Selbstläufer sind. Wie erfolglos vergleichbare

Bemühungen sein können, hat sich mit den Plänen zu einem »Fern-

studium in Medienverbund« Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre

erwiesen. Die einzig erfolgreiche Aktivität, die von diesen Bemühun-

gen übrig geblieben ist, ist die Fernuniversität Hagen. Eine vergleich-

bare Entwicklung könnte sich auch jetzt anbahnen; diesmal aber mit

höchst problematischen Konsequenzen für die deutsche Hochschul-

landschaft. Bisher gehörte die Bildung zu den non tradable services.

Wer die Bildungsangebote des Auslandes nutzen wollte, musste insAusland gehen. Diese Situation könnte sich rasch radikal verändern.  Dies bedeutet, dass die – höchst verteilten – Verantwortlichen sys-

tematisch überlegen müssen, wie eine neuartige nationale Lern-

Infrastruktur geschaffen werden kann, damit sich die neuen Me-

dien überhaupt nutzen lassen. Diese Verantwortlichen aber stehen

in unterschiedlichen Lagern; die Zuständigkeiten sind zersplittert.

Das sind der Bund, Länder, Hochschulen, es ist aber auch die Indust-

rie. Werden sie zu einer systematischen Kooperation finden, um 

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Einleitung

 

die offenen Probleme einer Lösung zuzuführen? Das ist bisher – trotz

vieler optimistisch stimmender Absichtserklärungen – nicht abzuse-

hen.  Offene Fragen gibt es viele. Die Intellectual Property Rights gehö-

ren ebenso dazu wie die Netzkostenstruktur. Das Entscheidende und

bisher gänzlich ungelöste Problem aber ist die Frage, wer für die Kos-

ten der Verwendung neuer Medien im Hochschulbereich aufkommen

soll. Intelligente Tools werden nur entstehen, wenn Unternehmen

sich dazu entschließen, solche Tools zu produzieren. Voraussetzung

aber dafür ist, dass diese Tools auch abgenommen werden. Letztlich

sind es vermutlich die Endabnehmer, also die Studierenden, die diese

Kosten tragen müssen. Eine Abwälzung auf die Universitäten (über

staatliche Etats) erscheint absolut unrealistisch.  Die Lösung dieses Problems verlangt politische Entscheidungen

von erheblicher Tragweite, auch das Problem der Studiengebühren

ist hier berührt. Die Dinge können nicht so bleiben, wie sie sind. Die

notwendigen Reformen verlangen aber schmerzhafte politische Ent-

scheidungen, ohne die sich die neue Entwicklung in Deutschland und

für Deutschland nicht in Bewegung setzen lässt. Wie gesagt: Wenn die

Entwicklung in Deutschland nicht in Gang kommt, heißt das nicht –wie in früheren Fällen –, dass sich gar nichts ändert. Es könnte dann

heißen, dass internationale Wettbewerber die Veränderungen tragen

und die Szenerie bestimmen.  Auch die Hochschulen müssen sich bewegen. Der Einsatz neuer

Technologien in der Universitätslehre macht nur Sinn, wenn nicht

jedes einzelne Institut »seine eigene Suppe kocht«. So, wie sich Lehr-

bücher bundesweit durchgesetzt haben, müssen sich auch Tools bun-

desweit durchsetzen. Das setzt Anerkennungsprozesse zwischen den

Universitäten voraus. Die Professoren an den Universitäten X und Ymüssen akzeptieren, dass ihre Studierenden bestimmte Wissensmodu-

le mit Hilfe von Online-Tools erworben haben, die von den Universi-

täten C und D stammen. Das verlangt eine geistige Öffnung für den

Wettbewerb und eine vollständige neuartige Beweglichkeit.  Der Expertenkreis ist davon überzeugt, dass die neuen Medien die

Hochschulen tiefgehend verändern können und dass sie sowohl eine

Optimierung als auch eine Rationalisierung der Lehre ermöglichen.

Aber die Aufgabe ist komplex; sie verlangt z. 

B. die Kooperation von 

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Technikern mit den Vertretern aller anderen Disziplinen; aber sie

verlangt auch, dass die Techniker auf die Bedürfnisse der unter-

schiedlichen Disziplinen eingehen und maximalistische Technik-Kon-zepte zurückstellen. Neue Kooperationsmuster sind notwendig. Wer

die Struktur der Hochschulbereiche kennt, weiß, dass es nicht ein-

fach sein wird, diese Kooperationsmuster durchzusetzen.  Derzeit ist die Benutzung neuer Medien in der Hochschullehre die

Sache einer Avantgarde. Die Mehrheit der Lehrenden arbeitet immer

noch mit klassischen Medien wie Tafel und Kreide und glaubt auch

nicht daran, dass sich daran etwas Grundlegendes ändern könnte.

Auch die Politik ist – z. B. durch utopische Finanzforderungen aus

den Hochschulen – eher verschreckt. Wir stehen am Anfang; nicht

nur in Deutschland. Auch in den Vereinigten Staaten, in denen die

großen Ivy-League-Universities sich auf die Zukunft systematischer

einstellen als unsere Universitäten, wird »nur mit Wasser gekocht«.

Auch dort ist die neue Welt noch nicht realisiert. Aber es kann kein

Zweifel darüber bestehen, dass wir an einer Schwelle stehen. Die

These des Expertenkreises lautet: 2005 wird es die ersten Anzeichen

dafür geben, dass die neuen Medien das Lehren und Lernen im ter-

tiären Bereich tiefgehend verändern. Es gilt, sich auf diese neue Ent-wicklung vorzubereiten.

 

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Zentrale Thesen des Expertenkreises

 Zentrale Thesen des Expertenkreises

1. Die nationalen Bildungssysteme geraten immer stärker unter den

Druck der Internationalisierung. Durch die zunehmende Nutzung

der Informationstechnologien für die Aus- und Weiterbildung ent-

steht Schritt für Schritt ein globaler Bildungsmarkt. Wollen die

Hochschulen konkurrenzfähig bleiben, müssen sie eine konse-

quente IT-Integration betreiben.

2. Wer in der Wissensgesellschaft Schritt halten will, muss lebens-lang lernen. Dies erfordert ein völlig neuartiges System der Wei-

terbildung. In Deutschland müssen die Universitäten für die Wei-

terbildung systematisch geöffnet werden. Sie müssen auch mit

neuen Partnern im Bildungsmarkt kooperieren, um Vielfältigkeit

des Lernens zu ermöglichen.

3. Der Einsatz neuer Medien in den Hochschulen führt zu einem

Paradigmenwechsel von »push«- zu »pull«-Angeboten. Wenn

Studierende künftig Inhalt, Zeit und Ort ihres Studiums selbst

bestimmen, müssen Selbstständigkeit und Eigenverantwortungder Lernenden gestärkt werden. Die Ausbildung von Lernfähig-

keit und Medienkompetenz werden unverzichtbare Schlüsselqua-

lifikationen für die Teilhabe an der Gesellschaft sein.

4. Neue Medien bieten das Potenzial für einen Quantensprung in der

Qualität und Effizienz des universitären Lehrens und Arbeitens.

Die Integration in ein geeignetes pädagogisches und didaktisches

Konzept ist von entscheidender Bedeutung für die Nutzung dieses

Potenzials. 

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Studium online

 

5. Auch virtuelle Studienangebote bedürfen der Qualitätssicherung.

Für einen optimalen und kompetenten Einsatz neuer Technolo-

gien in der Lehre ist es notwendig, durch gezielte Evaluation Er-kenntnisse über die spezifischen Potenziale neuer Medien zu ge-

winnen.

6. Die Qualitätssicherung muss sich sowohl auf die Bildungspro-

dukte – die Lernumgebungen, Tools, Begleitmaterialien etc. – als

auch auf die Abschlüsse (Prüfungen) beziehen. Die Bewertung

sollte nach transparenten Qualitätskritierien erfolgen, die ange-

sichts der veränderten Lern- und Wissenskultur neu entwickelt

werden müssen. Nur eine derartige Qualitätskontrolle kann im

globalen Bildungsmarkt Orientierung bieten.

7. Der Prozess der Wissenswertschöpfung setzt sich aus unterschied-

lichen Komponenten zusammen. Dazu gehören die Entwicklung

der Inhalte (Content-Generierung), die Produktion von Tools,

ihre Einbindung in ein pädagogisches Konzept sowie die Distri-

bution. Die Hochschulen sollten je nach Ziel und Art des Bil-

dungsproduktes entscheiden, welche dieser Komponenten sie

selbst erarbeiten und welche sie an externe Partner vergeben. Die

Kernkompetenz der Hochschulen liegt ohne Zweifel im Bereichder Entwicklung der Inhalte, aber auch in der pädagogischen Ein-

bindung von Online- oder Offline-Angeboten, also im Bereich der

Services.

8. Die technologische Infrastruktur der Hochschulen sollte flexibel

angelegt sein und auf Standards basieren, damit eine möglichst

hohe Wiederverwendbarkeit der Bildungsangebote ermöglicht

werden kann. Eine breite Nutzung neuer Medien wird nur ge-

währleistet werden können, wenn an den Hochschulen Service-

Center zur Verfügung stehen, die die Fachinstitute unterstützenund sie anregen, entsprechende Angebote zu entwickeln. Die er-

forderliche Ausstattung und die innere Struktur können von

Hochschule zu Hochschule differieren. Vermieden werden sollten

große Institutionen mit Dauerstellen nach Vorbild der Rechenzent-

ren.

9. Der Einsatz neuer Medien in den Universitäten wird nur erfolg-

reich sein, wenn die Hochschulen bei der Erstellung und vor allem

bei der Nutzung virtueller Studienangebote kooperieren. Ange- 

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Zentrale Thesen des Expertenkreises

 

sichts der wachsenden Notwendigkeit des lebenslangen Lernens

sollten sie dabei den Weiterbildungsmarkt – der derzeit vor allem

von Privatanbietern beherrscht wird – besetzen, und so die erfor-derlichen Investitionen erschließen.

10. Ein breiter Einsatz von neuen Medien im Universitätsbereich ver-

langt die Klärung offener Fragen. Die wichtigste ist dabei, wer

die entstehenden Kosten tragen soll (billing ) und wie das Pro-

blem der Intellectual Property Rights zu lösen ist. Deshalb ist die

Finanzierung einer neuartigen nationalen Lern-Infrastruktur nur

bei einer systematischen Kooperation von Bund, Ländern, Hoch-

schulen und Industrie zu leisten. Diese Partner müssen eine ge-

meinsame Initiative ergreifen, damit die Chancen der neuen Me-

dien genutzt werden können.

 

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 Szenario: Die Universität im Jahre 2005

 José L. Encarnaçao, Wolfgang Leidhold, Andreas Reuter

1 Die Universität im neuen Millennium

Die Universität ist seit dem Hochmittelalter die zentrale Institution

des Wissens. Diese Institution hat die Lebensform unserer Gesell-

schaften entscheidend geprägt. Wie wird ihre Rolle im neuen Millen-

nium aussehen?  Die Aufgabe einer zentralen Institution des Wissens war immer

mehr, als bloß ein Archiv des Wissens zu liefern. Wissen ist ein Roh-

stoff und das Ergebnis eines langen Prozesses. In diesen Prozess

gehen die Personen und ihre Ausbildung, ihr Denken und ihre Ent-

deckungen ebenso ein wie Zusammenarbeit und Wettbewerb in der

gesamten wissenschaftlichen Gemeinschaft, aber auch Politik und

Finanzen der öffentlichen oder privaten Träger sowie nicht zuletzt

die kommunikativen, technischen und wirtschaftlichen Möglichkei-

ten der jeweiligen Epoche. Die Universität spiegelt daher auch dieLebensform ihrer Epoche wider.

Auf dem Weg zur

globalen Wissens-

gesellschaft

  Zur Zeit durchläuft unsere Gesellschaft – und mit ihr auch die

Universität – einen epochalen Wandel. Getragen von den neuen In-

formations- und Kommunikationstechnologien entsteht die globale

Wissensgesellschaft.  In dieser Gesellschaft ist das Wissen nicht mehr ausschließlich

persönliche Qualifikation und stabiler Fundus, sondern zugleich der

wichtigste Produktionsfaktor. Das Wissen wird integraler Bestandteil 

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Studium online

 

des industriellen Prozesses. Und solch ein Bestandteil wird das Wis-

sen durch die neuen Informations- und Kommunikationstechnolo-

gien: Sie erlauben ein Arbeiten ohne Medienbrüche. Die wichtigstenTätigkeiten geschehen nun mit Computern und in digitalen Netz-

werken: Informieren, Planen, Konzipieren, Konstruieren, Simulieren,

Umsetzen, Steuern, Kontrollieren, Kommunizieren. Die Netzwerke

ermöglichen eine globale Verfügbarkeit und einen Zugriff ohne Zeit-

verzögerung. Die einmalig erworbene Qualifikation wird abgelöst

vom Prozess des lebenslangen Lernens. Die industrielle Produktion

entfaltet sich als wissensbasierte und permanente Innovation.  Was bedeutet dieser Umbruch für die Universität – das Ende ihrer

bisherigen Daseinsform?

2 Ein Szenario für das Jahr 2005

2.1 Der globale Bildungsmarkt

Eine neue Lernkultur

entsteht

Die Universitätslandschaft wird den Studierenden schon im Jahre

2005 ein gründlich verändertes Bild bieten. Sie wird sich als eineneue Palette von Bildungsangeboten darstellen, in denen sich neue

Lernkulturen herausbilden und neue Wege zum Wissen öffnen.  Was findet ein typischer Studienanfänger – nennen wir ihn

Thomas S. – in naher Zukunft vor? Wird sein erster Gedanke sein,

sich eine Hochschule nach ihrem allgemeinen Renommee auszusu-

chen? Wird er sie lieber in einer Großstadt oder eher in einem Städt-

chen besuchen wollen? Soll seine erste Alma Mater eher in der Nähe

(wegen der Freundin) oder doch lieber weiter fort (wegen der Eltern)

liegen? Nichts dergleichen wird ihn beschäftigen.

Der Bildungsbroker

Ein Markt für

Bildungsprodukte

Stattdessen wird Thomas S. das Internet absuchen, um sich – mit

Hilfe verschiedener Online-Bildungsbroker – über die weltweit ange-

botenen Kurse und Abschlüsse zu informieren. Hier findet er die

Palette der »Bildungsprodukte« – das meiste davon in englischer 

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Szenario: Die Universität im Jahre 2005

 

Sprache. Typischerweise ist nicht nur das Angebot online zugänglich,

sondern auch das Studium insgesamt. Seminare und Vorlesungen,

Kurse und Betreuung werden als multimediale Websites oder alstraining in the box angeboten. Manche Anbieter haben sich auf 

reines Telelearning in einer virtuellen Umgebung, andere auf hybride

Formen spezialisiert. Dazu gibt es persönliche Betreuung vor Ort.

Auch die konventionellen Universitäten sind noch zu finden. Die

klassische Hochschule hat allerdings eine höchst agile Konkurrenz

bekommen.

Die Bildungsangebote

Die Bildungsangebote haben sich in ihrer Struktur ebenso gewandelt

wie in ihrem Entstehungsprozess. Aus den früher getrennten Angebo-

ten von Ausbildung und Weiterbildung formt sich zunehmend ein

kontinuierlicher Prozess. Früher entstanden die Lerninhalte zuerst

lokal an einem Lehrstuhl, mit dem Professor als ihrem wichtigsten

Autor, und wurden dann über die Lehre sowie in Zusammenarbeit

mit Verlagen und Buchhandel verbreitet. Nunmehr hat sich eine neueund internationale Arbeitsteilung zwischen Professoren und Content-

Börsen, Bildungsportalen und diversen Providern, Multimedia-Pro-

duzenten und Medienfirmen, Forschern, Moderatoren, Tutoren und

Technikern herausgebildet.

2.2 Die neue Bildungslandschaft

Internationale

BildungskonsortienBesonders auffällig sind die internationalen Konsortien. Große Te-lekommunikationsfirmen, Fernsehanstalten und andere Medienun-

ternehmen werben mit »starken Partnern« um ihre Studierenden.

Diese Partner sind oft global operierende Großkonzerne, die als

Sponsoren auftreten und den Studierenden Praktikum, Training und

 Job bieten. Hier tauchen aber auch international bekannte klassi-

sche Universitäten auf, nämlich die, welche den Anschluss an die

neue Entwicklung gefunden haben. Wissenschaftler sorgen für die

Korrektheit und Aktualität der Inhalte. Diese Konsortien haben ein 

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Studium online

 

weltweites Netz an »Bodenstationen« aufgebaut. In diesen lokalen

Zentren können sich ihre Studierenden treffen, um sich persönlich

beraten zu lassen. Auch Prüfungen kann man hier nach wie vor ab-legen, wenn der eigene Lernplatz noch nicht als »mogelsicher« zerti-

fiziert ist.

Corporate Universities   Weltweit bilden zahlreiche Unternehmen ihre Nachwuchs- und

Führungskräfte in firmeneigenen Corporate Universities aus. Diese

Bildungsinstitute vermitteln den Mitarbeitern nicht nur das notwen-

dige Fachwissen, sondern auch die Kultur und Philosophie des Un-

ternehmens. Durch ihr unternehmensspezifisches Angebot für die

Aus- und Weiterbildung machen sie den Universitäten große Kon-

kurrenz. Bildungsinhalte werden den Mitarbeitern vielfach direkt

über den PC zugänglich gemacht. Sollte Thomas S. Interesse an einer

Laufbahn in einem speziellen Unternehmen haben, wird er sich di-

rekt dort bewerben und in der Corporate University ausbilden las-

sen. Immer häufiger bieten die Unternehmen erfolgreiche Inhouse-

Aus- und Weiterbildung auch auf dem freien Bildungsmarkt an.

Auch mit solchen Optionen ist Thomas S. im Jahre 2005 schon kon-

frontiert.

Universitätsnetzwerke   Neben Konsortien und Corporate Universities findet Thomas S.Netzwerke von Universitäten, die sich unter dem Druck dieser Kon-

kurrenz weiträumig zusammengeschlossen haben. Hier kann man

sich aus dem Lernangebot des Netzwerkes bedienen, wird an einer

traditionellen Präsenzuniversität oder an einer Fachhochschule bera-

ten und geprüft. Die Netzwerke praktizieren vornehmlich Hybrid-

Konzepte in der Lehre: Virtuelle Lernwelten werden in Verbindung

mit Präsenzlehre eingesetzt. Die virtuellen Inhalte stehen den jeweili-

gen Partnern in Pools zur Verfügung, Kurse und Zertifizierungen

sind weitgehend kompatibel. Auch die Netzwerke haben den Weiter-bildungsmarkt entdeckt, richten sich hier jedoch vornehmlich an

kleine und mittlere Unternehmen, Verwaltungen und sonstige In-

teressenten, die sich Eigenentwicklungen nicht leisten können.  Ihr multimediales Format ist nicht so aufwendig gestaltet wie

bei den Konsortien und den Corporate Universities. Dafür sind die

Gebühren erschwinglicher. Bislang bieten diese Netzwerke freilich

nur ausgewählte Studiengänge an – wie etwa einen M. B. A. in elec-

tronic commerce oder in Medieninformatik. Solche Netzwerke fin- 

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Szenario: Die Universität im Jahre 2005

 

det Thomas S. in den USA und Europa, aber einige davon agieren

bereits weltweit und haben Partner in Asien und Lateinamerika »an

Bord«.Virtuelle Universitäten  Während die Konsortien und Netzwerke immer nur bestimmte,

meist praxisnahe und kommerziell interessante Studieninhalte in

Ökonomie, Technik, Jura und Sprachen offerieren, versuchen andere

das Gesamtspektrum der bisherigen Universität unter einem virtuel-

len »Dach« zu vereinen. Führend sind auf diesem Gebiet ebenfalls

amerikanische und europäische Universitäten, insbesondere in

Großbritannien, Deutschland und in der Schweiz. Auch hier wird

das Angebot so aufbereitet, dass ein Großteil als Telelearning abruf-

bar ist. Das hat den Vorteil, dass nicht nur die Studierenden sich Zeit

und Ort ihres Lernens und Arbeitens persönlich auswählen können,

sondern es garantiert den Zugang zu den digitalen Bibliotheken und

zu gut betreuten Arbeitsgruppen: zwei Komponenten, die überall

zum Standard des neuen Lernens gehören. Gegenüber den speziali-

sierten Konsortien pflegen die virtuellen Universitäten das klassische

Fächerspektrum der Universität – von Betriebswirtschaft bis Byzan-

tinistik. In den neuen virtuellen Formen dominieren allerdings im di-

rekten Kontakt zu ihren Studierenden nicht die Wissenschaftler, son-dern die Moderatoren und Tutoren, welche die Inhalte nicht selbst

erarbeitet haben. Sie sind Vermittler von vorgefertigten Lehrangebo-

ten. Darin freilich sind sie gut geschulte Profis.

Lifelong learning  Alles in allem geht der Trend in der Welt des lifelong learning 

dahin, sich bei einer dieser vier neuen Formen der Universität einzu-

schreiben. Thomas S. interessiert sich dabei nicht nur für die nach-

vollziehbare – weil evaluierte – Qualität und Effizienz des Studiums,

sondern auch für die Zukunftsfähigkeit des Angebotes: Kann er seine

späteren Weiterbildungsbedürfnisse mit seinem Bildungspartnerfortsetzen? Oder hat der gar kein solches Angebot? Wenn Thomas S.

erst einmal eine Wissensbasis und genügend Lernpraxis hat, kann er

seine Weiterbildung gut und gern mit virtuellen Angeboten bestrei-

ten. Am besten erscheint ihm da natürlich ein Anbieter, der seine In-

halte dann kundennah anpassen, also »customizieren« kann. Aktuel-

le Statistiken vom Beginn des Jahres 2005 weisen aus, dass sich in

den Industriestaaten die Zahl der Studierenden, die sich in einer der

vier neuen Formen der Universität immatrikulieren, seit dem Jahr 

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Studium online

 

2000 alljährlich verdreifacht hat und bereits von weitaus mehr als

50 Prozent der Studenten genutzt wird.

Alma MaterMultimedialis

  Und die klassische Alma Mater? Sie hat in zweierlei Form über-lebt – in verringerter Zahl oder auf reduziertem Niveau. Dort, wo sie

überlebte, verfügt sie jetzt ebenfalls über ein Online-Angebot. Viele

Universitäten hatten jedoch rasch ihre Studierenden verloren, und

manche private und staatliche Träger sahen sich gezwungen, Institu-

tionen schrumpfen zu lassen oder ganz zu schließen, um ihre Kräfte

auf herausragende und zukunftsträchtige Einrichtungen zu konzent-

rieren. Daher findet man in diesem Segment, besonders in Deutsch-

land, vornehmlich zwei Typen: wenige Elite-Institutionen und etliche

althergebrachte Universitäten, die zwischen Rotstift, staatlich ver-

ordneten Reformen und einer agilen Konkurrenz um ihr Überleben

kämpfen.

Grundlagenforschung

und »Orchideen-

fächer« wandern an

die Elite-Hochschulen

  Die Stärke der neuen »alten« Universität liegt in den verbesserten

Studienbedingungen und der persönlichen Nähe der Studierenden zu

herausragenden Wissenschaftlern. Die Alma Mater wandelte sich

damit in einigen wenigen Fällen zu einer privilegierten Elite-Institu-

tion. Das Studium folgt weniger ökonomischen Anreizen als der wis-

senschaftlichen Neigung. Anders als in den Online-Organisationenversteht sich die Bildung an der Elite-Institution als Maßarbeit aus

Meisterhand. Wie im virtuellen Typus leistet man sich auch hier die

kostspieligen Disziplinen mit ihrer Grundlagenforschung – wie die

Archäologie, die Paläo-Anthropologie und die archaischen Sprachen,

die in den profitorientierten Institutionen ganz aus dem Lehrangebot

verschwunden sind.  Die Absolventen dieser weltweit herausragenden, aber wenigen

Institutionen sind heiß begehrt, denn sie sind unverzichtbare Genera-

listen mit gut ausgebildetem Teamgeist und mit Führungsqualitäten.Aber wer schafft es schon, hier aufgenommen zu werden? Und wer

kann es sich leisten? Wer sich weder in den virtuellen noch in den

elitären Universitäten ein Studium leisten kann, bleibt auf die bishe-

rigen Hochschulen in staatlicher Trägerschaft angewiesen. Deren Ni-

veau krankt freilich mehr und mehr daran, dass die guten Professo-

ren und Mitarbeiter zu den neuen Formen abwandern, genauer gesagt:

dass sie wie im Profi-Fußball mit guten Angeboten abgeworben wer-

den. Und natürlich bleiben dann auch die besseren Studierenden weg. 

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Szenario: Die Universität im Jahre 2005

 

Die Entscheidung des

Studenten: Karriere

oder Neigung?

  Thomas S. steht also im Jahre 2005 vor einer gründlich gewandel-

ten neuen Bildungslandschaft. Er kann sich aus der Palette der Or-

ganisationen irgendwo auf der Welt eine auswählen. Wenn ihm dasheimische Bildungssystem unattraktiv erscheint, nutzt er ein anderes

– vorausgesetzt, er kann es sich leisten und seine Englischkenntnisse

sind gut genug. Doch kann er sich nicht nur global bedienen, er

kann sich auch sein Studium nach seinen eigenen Bedürfnissen zu-

sammenstellen. Ein Bildungsbroker ist dafür der richtige Ansprech-

partner. Diese Agenturen vermitteln zwischen dem Studenten als

Kunden und der Organisation als Anbieter und garantieren die Qua-

lität des Angebotes sowie die Zertifizierung der Examina.

Hilfestellung durch

Bildungsbroker

  Die meisten Broker beraten auch bei der Wahl der Ausbildung. In

der Regel bieten sie dazu eine Prognose über die Chance auf eine

Anstellung bei gegebenem Notendurchschnitt zu einem gewünschten

Zeitpunkt nach dem Examen an. Einige von ihnen sind selbst als

Zertifizierer autorisiert – sie sind gewissermaßen die »TÜV-Prüfer«

unter den Brokern.  Thomas S. schwankt noch in seiner Entscheidung zwischen Kar-

riere und Neigung. Dank seines Broker hat er jedenfalls ein klare

Vorstellung davon, welche Optionen und Perspektiven sich ihmbieten. Bevor er zu seinem Wunschstudium zugelassen wird, muss er

noch ein persönliches Profil seiner Neigungen und Potenziale erstel-

len lassen und wird dann wohl zumindest zu einer informierten Wahl

fähig sein.  Die neuen Medien haben auf jeden Fall für eines gesorgt: Das Bil-

dungsangebot wurde transparenter. Und der Lernende liefert sich

nicht mehr dem institutionellen »push« aus, er wird nicht mehr nach

Notendurchschnitt und Verteilungsschlüsseln irgendwohin geschickt,

sondern bedient sich aus einem Angebot, trifft seine persönliche Ent-scheidung. Da fließen neben den Kosten dann auch die Qualitäten

des Bildungsangebotes ein, und immerhin ist die Qualität und ihre

Steigerung deutlich: Wer im Bildungsmarkt bestehen will, muss sich

der Konkurrenz und seinem Kunden stellen. Entschieden wird nach

Kosten und Nutzen.

Die Kosten des

»neuen« Studiums

  Diese Wahl wird Thomas S. gewiss nicht leichtfertig treffen, denn

das Studium kostet außerhalb des öffentlichen Bildungssystems meis-

tens zwischen 3 

000 und 15 

000 Euro pro Jahr. Diese Kosten entste- 

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Studium online

 

hen u. a. durch die hohen Produktionskosten für Multimedia und

durch die intensivere Betreuung während des Studiums, die dank des

Medieneinsatzes erreicht werden kann. Dieser direkte Kontakt zumDozenten bedeutet aber auch eine erhebliche Qualitätssteigerung für

das Studium.

Industrialisierung

der Bildung?

  Da die neuen Bildungsfirmen nur begrenzt auf öffentliche Mittel

zurückgreifen können, müssen sie sich über ihre Studenten finanzie-

ren. Der Vater von Thomas S. beklagt diese »Industrialisierung der

Bildung«, wie er sie nennt – aber was kann man von der älteren

Generation schon anderes erwarten? Sie hat das alte Bildungssystem

mit ihren Steuern getragen und muss nun gleichwohl die Studienge-

bühren ihrer Kinder aufbringen. Außerdem ist sie es nicht gewohnt,

Kultur und Bildung als ein kostspieliges Produkt anzusehen. Thomas

sagt sich stattdessen, er sähe sich lieber von Bildungsmanagern als

Kunde umworben als von Beamten pflichtgemäß mit Ausbildung

versorgt.  Wie wird seine Entscheidung fallen? Wird sie in erster Linie durch

die Kosten der Ausbildung und durch die späteren Karrierechancen

motiviert? Wird er sich überhaupt ein zutreffendes Bild seiner

Wahlmöglichkeiten im Reigen der Zertifikate machen können? Hater irgendeine Sicherheit, dass seine Qualifikationen überall akzeptiert

werden? Überlassen wir Thomas S. nunmehr sich selbst und betrach-

ten die neue Bildungslandschaft.  Unsere wichtigste Frage lautet: Wird dieses Szenario im Jahre

2005 eingetreten sein? Und wollen wir überhaupt, wollen Gesell-

schaft und Politik im Europa des neuen Millenniums, dass dieses

Szenario real wird?

3 Korridore der Entwicklung

Hier stellt sich die Frage, welche Entwicklungen in diese Richtung

weisen und welche Handlungsspielräume sich zur Gestaltung anbie-

ten. Da es sich nicht um starre Trends, sondern um Spielräume han-

delt, sollen anschließend so genannte »Korridore« erörtert werden.

Korridore, weil wir hier noch offene Spielräume sehen, wenngleich

sie schon in eine bestimmte Richtung weisen. Der erste Korridor be- 

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Szenario: Die Universität im Jahre 2005

 

trifft die geistigen Grundlagen der heutigen Universität: ihre Ge-

schichte und die Ideen, welche die Universität hervorgebracht und

getragen haben. Die Korridore zwei, drei, vier und fünf behandelndie Technik, die private und die staatliche Ökonomie sowie die

rechtlichen Rahmenbedingungen.

Korridor 1:

Geschichte

und Idee der

Universität

  Die mittelalterliche Universität beruhte im Kern auf Formen der

mündlichen Vermittlung. Das entsprach den Kommunikationsmög-

lichkeiten der Zeit: Vorlesung, lectio, und Streitgespräch, disputatio,

standen im Mittelpunkt von Lehre, Forschung und wissenschaftli-

cher Auseinandersetzung. Auch das Buch war immer ein persönli-

ches Produkt: Es musste von Hand geschrieben werden und war

daher eine Kostbarkeit.

Kloster und Hof  Organisiert wurde die Universität nach drei Modellen, die vereint

eine neue Institution ergaben: das Kloster als eine in sich geschlosse-

ne Gemeinschaft, die von einem geistlichen Orden getragen wurde;

die Zünfte und Gilden als Organisationsform der städtischen Wirt-

schaft (auch sie hießen damals universitas); sowie schließlich Frei-

heit in Gestalt besonderer Privilegien zur Selbstorganisation und

Wissenschaft, welche den Universitäten bei ihrer Gründung jeweils

von Kaiser oder Papst verliehen wurden. Die dominante gesellschaft-liche Kraft war – wie schon die meisten der berühmten Repräsentan-

ten wie Thomas v. Aquin und Albertus Magnus belegen – die Kirche

mit ihren Orden.  In der Neuzeit erhielt das Wissen mit dem Buchdruck und der

Post eine neue Form. Es wurde nun nicht mehr persönlich weiterge-

geben, in den Bildungsinstitutionen vorgetragen und in die Feder

diktiert, sondern vermittelte sich durch einen Markt und das Trans-

portwesen. Die Kommunikation verlief seither nicht mehr primär

mündlich, sondern schriftlich: Neben den Büchern kursierten diewissenschaftlichen Periodika, ergänzt durch die persönliche Korres-

pondenz.

Entstehung der

Gelehrtenrepublik

  Die Universitätsgründungen der Neuzeit sind fast durchweg staat-

liche Produkte, nunmehr getragen von den Landesherren. Diese Ent-

wicklung gipfelte in der Humboldtschen Universität. In ihr vereinte

sich eine neue staatliche Effizienz, nämlich die von Beamten mit einer

profunden Ausbildung getragene Bürokratie. Das Projekt glückte:

Die Universität wurde zum Inbegriff von Forschung, Lehre und In- 

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Studium online

 

novation und verbreitete sich weltweit. Mit den elektrischen Kom-

munikationsmitteln, wie Telegraf und Telefon, und der Beschleuni-

gung der Transportmittel, wie Bahn, Auto und Flugzeug, wuchs dieGelehrtenrepublik zu einer globalen Gesellschaft zusammen.

Das forschende

Unternehmen

  Mittlerweile hat jedoch die moderne Industrie sich des für sie

interessantesten Produktes der Universität, der anwendungsbezo-

genen Forschung, zunehmend selbst angenommen. Innovationen

werden immer seltener in der Universität erarbeitet. Seit dem 19.

 Jahrhundert hat sich die Forschungslandschaft durch Forschungs-

einrichtungen und Gesellschaften neben der Universität differen-

ziert, so dass in Deutschland z. B. nur noch 2 Prozent aller Patente

aus den Hochschulen kommen. Ruhte der Erfolg des Humboldtschen

Universitätsmodells auf der Vereinigung von Forschung und Lehre

mit dem Ziel, die Effizienz zu steigern, so hat die zeitgenössische

Universität diesen strategischen Vorteil nicht mehr als ihr Monopol

inne.  Die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien stel-

len die Universität in eine neue Umwelt. Nunmehr überträgt sich das

Modell des Betriebes auf die Universität. Will die Universität im

neuen Millennium weiter existieren, wird sie sich dieser Betriebsformöffnen müssen, um die Qualität und Effizienz ihrer Ausbildung zu

steigern. Das wird sowohl zu einem Wandel der Binnenstruktur und

auch zu einer Integration der neuen Medien in Lehre und Forschung

als auch zur Kooperation mit privaten Formen führen – etwa in

Gestalt der Produktion von Inhalten.

Korridor 2:

Die Technik

  Das Bildungssystem besaß, wie gezeigt, immer schon eine techno-

logische Basis, beispielsweise die Papierherstellung und den Buch-

druck. Andere Techniken, wie etwa der Brief und seine Logistik,

sorgten für die Kommunikation. Was hat sich nun geändert?Computer als

Integrationsmedium

  Etwas Grundlegendes hat sich geändert: Die neuen Informations-

und Kommunikationstechnologien vereinen erstmals alle Techniken

des Bildungssystems und der Produktion in einem einzigen Instru-

ment, im Netzwerk der Computer. Die Instrumente der Mitteilung:

über den Computer. Die Instrumente des Lernens: mit dem Compu-

ter. Die Instrumente der Logistik und Archivierung: Datenbanken,

digitale Bibliotheken und Archive im Computer. Die Produktion

neuer Bildungsprodukte: am Computer. Planen, Konzipieren, Kon- 

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Szenario: Die Universität im Jahre 2005

 

struieren, Simulieren, Umsetzen, Steuern, Kontrollieren: durch den

Computer.

  Der Hauptnutzen liegt daher in der Fusion von kooperativemArbeiten, Informieren und Lernen sowie in der Geschwindigkeit,

Flexibilität und freien Konfigurierbarkeit aller Komponenten. Denn:

Alle diese Prozesse laufen im Computer ab. Durch die neuen Techno-

logien wird es möglich, Lehre, Selbststudium und spätere Weiterbil-

dung zu integrieren. Die gleichzeitige Möglichkeit zur kostengüns-

tigen Tele-Kommunikation macht die meisten Prozesse weitgehend

orts- und zeitunabhängig.  Die Online-Medien werden in begrenztem Umfang von Speicher-

medien ergänzt. Deren Nachteil besteht darin, dass der physische

Träger transportiert werden muss und nur in geringem Maß (etwa

durch externe Ergänzungen) die Möglichkeit zur Aktualisierung er-

öffnet. Der Vorteil der höheren Geschwindigkeit beim Zugang zu

großen Datenmengen ist zwar heute noch gegeben, wird jedoch im

 Jahre 2005 keine Rolle mehr spielen.

Korridor 3:

Die private

Ökonomie

  Die neuen Medien ermöglichen eine kommerziell verwertbare

Produktion von Bildungsgütern neuer Qualität. Diese Bildungspro-

dukte bieten gegenüber dem Buch einen deutlichen Mehrwert: Aktu-alisierbarkeit, Wiederverwendbarkeit, Flexibilität in der Anpassung

an Kundenwünsche, multimediale Optionen und höherer Unterhal-

tungswert, Integration einer Vielfalt von technischen Funktionen

(Suche, Hypertext-Verknüpfung, Interaktivität, Simulation etc.). Da-

rüber hinaus bietet ihr Einsatz eine kostengünstige Alternative zu

den bisherigen Weiterbildungsmaßnahmen in den Unternehmen und

ihren Verbänden. Dieser Einsatz reduziert personalintensiven Unter-

richt ebenso wie Abwesenheit vom Arbeitsplatz und Anmietung teu-

rer Tagungshotels.  Die Produktion solcher technologisch hoch stehenden Bildungs-

güter wird aber nur dann rentabel, wenn dieser Prozess die gleiche

Rationalisierung erfährt wie alle bisherigen industriellen Produktions-

verfahren: Er muss taylorisiert werden, d. h., er wird in eine maßge-

schneiderte Folge von Arbeitsschritten zerlegt. Die Vorgänge werden

wie von Ingenieuren vermessen und standardisiert und dann in Vor-

gehens- und Organisationsmodelle umgesetzt. Diese Rationalisierung

erlaubt eine betriebswirtschaftliche Kostenrechnung für Bildungs- 

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Studium online

 

produkte. Diese Kosten wiederum werden in Zukunft selbst auf elek-

tronischem Weg mit dem Kunden abgerechnet.

  Soweit sich die Universität einer Qualitätskontrolle öffnet undsich im Produktionsprozess für Bildungsgüter selbst engagiert, kann

sie einen Teil dieses Marktes selbst erobern und ihren Gewinn davon

haben. Bei der Zukunft der Universität und der neuen Medien geht

es folglich nicht allein um das Lernen, sondern insgesamt um die In-

tegration des Wissens in den Produktionsprozess der Wissensgesell-

schaft. Das Stichwort heißt: Arbeiten ohne Medienbrüche. Arbeiten

meint hier: alle Wissensprozesse – vom Zugang zum Wissen, über

das Lernen, bis zur Kommunikation und zur Weiterverarbeitung zu

neuem Wissen. Durch die Digitalisierung können alle diese Prozesse

integriert werden.

Korridor 4:

Die Staatsfinanzen

  Die neuen Medien werden sich also auch deswegen durchsetzen,

weil sie eine kommerziell verwertbare Produktion von Bildungsgü-

tern ermöglichen. Die Investitionen werden freilich die Möglichkei-

ten der Hochschulen in staatlicher Trägerschaft und mit rein staatli-

cher Finanzierung übersteigen. Daher verlagern sich die Investitionen

vom staatlichen in den privaten Sektor. Die Investitionsmöglichkei-

ten, die sich den Universitäten durch ihren staatlichen Träger eröff-nen, sind zu gering, zu langsam und zu unflexibel. Einerseits werden

Multimedia-Initiativen gefördert, andererseits Personalstellen und

Finanzen immer mehr beschnitten. Während die Maxime von der

unternehmerischen Eigeninitiative immer beliebter wird, sind die

rechtlichen Spielräume für ein solches Handeln unzureichend. Noch

herrscht der Glaube, eigenverantwortliche Unternehmungslust und

Risikobereitschaft ließen sich staatlich verordnen.  Die Konkurrenz – insbesondere in der Wirtschaft der USA –

arbeitet nicht nur schneller, sondern auch mit größerem Mittel-einsatz und wird daher die staatlichen Universitäten auch in Deutsch-

land mit wachsender Konkurrenz bedrängen. Dieser Konkurrenz

kann man auf zwei Wegen Herr werden: durch Kooperation und

Anpassung (siehe Korridor 1) und durch die Entwicklung preis-

günstiger Alternativen.

Korridor 5:

Recht und

Zertifizierung

  Auch im 21. Jahrhundert wird, zumindest anfangs, der Staat die

Kompetenz im Bildungsbereich innehaben. Schule und Ausbildung

betrachtet der moderne Staat als zentrale Staatsaufgaben. Doch meh- 

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Szenario: Die Universität im Jahre 2005

 

ren sich die Anzeichen dafür, dass diese staatsrechtlich abgesicherte

Kompetenz allmählich ausgehöhlt wird.

  In der globalen Wissensgesellschaft erleben wir eine entsprechen-de weltweite Beweglichkeit – aber nicht nur als Wissen, das als »In-

formation« durch die Netze wandert, sondern auch als Student und

Lernender, der sich im globalen Angebot tummelt. Diese Mobilität

erfordert, soll sie nutzbar sein, eine globale Standardisierung. Diese

Standardisierung beginnt auf regionaler Ebene – etwa in der Europä-

ischen Union und in Nordamerika, um sich von hier aus weltweit

durchzusetzen. Werden die Staaten eine andere Wahl haben, als sich

dieser Dynamik anzuschließen?  Wie bei der Standardisierung von Industrieprodukten aller Art –

vom Kleinbildfilm bis zur Stahlproduktion, von Schnittstellen bis zur

Typologie der Buchstaben – etabliert sich ein globaler Standard der

Zertifizierung – und zwar mit oder ohne nationale Unterstützung.

Wer sich dem nicht anschließt, wird am künftigen Wettbewerb über-

haupt nicht mehr teilnehmen.

 

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 Neue Technik verlangtneue pädagogische Konzepte

Empfehlungen zur Gestaltung und Nutzung

von multimedialen Lehr- und Lernumgebungen

Friedrich W. Hesse, Heinz Mandl, unter Mitarbeit von

Gabi Reinmann-Rothmeier, Steffen-Peter Ballstaedt 

Thomas S. absolviert für ein halbes Jahr ein Praktikum. Die Arbeit

macht ihm Spaß, die Kollegen sind nett, alle loben seinen Einsatz.

Nur wenn es um sein Studium geht, nehmen Missverständnisse und

skeptische Nachfragen kein Ende. Selbst jüngere Kollegen, die erst

vor ein paar Jahren Examen gemacht haben, können sich nicht vor-stellen, wie das gehen soll: ein Studium, das größtenteils am Bild-

schirm stattfindet. Statt Seminare besucht Thomas Online-Diskussions-

foren. Meistens arbeitet er dort gemeinsam mit anderen Studenten

oder Tutoren aus seinem Jahrgang, mit denen er auch zu gemeinsa-

men Lehrveranstaltungen »im realen Leben« zusammenkommt. Aber

online trifft er des Öfteren auch hervorragende Wissenschaftler sei-

nes Studienfaches, bei denen sonst nie eine Sprechstunde zu bekom-

men war – nun diskutieren sie im Forum mit oder antworten auf 

seine E-Mails.Fazit: Der Weg vom

Lernen zur Anwen-

dung wird kürzer.

  Auf besonderes Misstrauen stoßen Thomas’ Berichte von den at-

traktiven Multimedia-Angeboten, die vielfach an die Stelle von Vor-

lesungen und Lehrbüchern getreten sind. »Alles nur Edutainment«,

ein paar ältere Kollegen waren sich zunächst einig – aber sie sind

nachdenklich geworden, seit alle sehen, dass Thomas nicht nur viel

weiß, sondern sein Wissen auch anwenden kann. »Wir arbeiten viel

mit Simulationen« erklärt Thomas dazu, »das konfrontiert uns mit

Situationen, in denen wir das Gelernte praxisnah anwenden müssen 

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Studium online

 

und am weiteren Gang der Dinge schnell sehen, ob wir es richtig ge-

macht haben.«

Die enormen Fortschritte auf dem Sektor der neuen Informations-

und Kommunikationstechnologien bieten zweifelsohne eine hervor-

ragende Grundlage für die Qualitäts- und Effizienzsteigerung der

Hochschullehre. Doch die Annahme, die Technik allein könne diese

Steigerung bereits garantieren, ist ein Irrtum. Neben technischen

Neuerungen sind neue pädagogische und didaktische Konzepte für

die Gestaltung multimedialer Lehr-Lernumgebungen erforderlich, die

über einzelne Modeerscheinungen hinaus wirklich Bestand haben.

Die Beschaffenheit und der Erfolg dieser Konzepte hängen in hohem

Maße davon ab, welche Auffassung vom Lernen und Lehren sich

langfristig durchsetzt.  Die bislang vorherrschende kognitivistische Lehr-Lernphilosophie

Eine integrative

Philosophie des

Lehrens und

Lernens verbindet

kognitivistische und

konstruktivistischeElemente.

geht von einem weitgehend problemlosen Wissenstransport vom

Lehrenden zum Lernenden aus. Lernen wird als ein weitgehend re-

zeptiver Prozess angelegt, der vom Lehrenden angeleitet und kontrol-

liert wird. Darin liegen gravierende Schwächen, die sich vor allem im

Phänomen des »trägen Wissens« manifestieren. Die konstruktivisti-sche Lehr-Lernphilosophie dagegen versteht Lernen als einen aktiven

Prozess, der von außen nur angeregt und unterstützt werden kann.

Allerdings mangelt es noch an theoretisch und empirisch gesicherten,

praxistauglichen Modellen. Vieles spricht heute für eine integrative

Lehr-Lernphilosophie, die unter dem Leitkonzept der Problemorien-

tierung kognitivistische und konstruktivistische Elemente bei der Ge-

staltung von Lernumgebungen verbindet.  Die Forderung nach problemorientiertem Lernen geht davon aus,

dass Menschen ihr Wissen aktiv, erfahrungsabhängig, situations-gemäß und eingebettet in soziale Kontexte konstruieren, wobei den

Lernenden grundsätzlich die Fähigkeit und Bereitschaft zur Eigenver-

antwortung zugestanden wird. Eine solche aktive und eigenver-

antwortliche Wissenskonstruktion schließt allerdings systematische

Wissensvermittlung und instruktionale Unterstützung der Lernenden

keineswegs aus. Erst beides zusammen gewährleistet wirksame Lehr-

Lernprozesse. Eine Lernkultur, in der eigenverantwortliches Lernen und die Be- 

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Neue Technik verlangt neue pädagogische Konzepte

 

Die Hochschulen

brauchen eine

Lernkultur, die zuraktiven Gestaltung

des Wandels befähigt.

reitschaft zum Wissens- und Erfahrungsaustausch kultiviert und so-

wohl für den Bereich der Forschung als auch für den Berufsalltag

eingeübt werden, gibt es an unseren Hochschulen nach wie vor nicht.Neben lernförderlichen Strukturen, Prozessen und Medien gehören

zu einer solchen Kultur Leitbilder und Visionen, in denen der Erwerb

flexibel nutzbaren Wissens ebenso angestrebt wird wie die Entfaltung

fachübergreifender Kompetenzen, die Motivierung zum lebenslangen

Lernen und die Entwicklung demokratischen Denkens und Handelns.

Ziel ist, alle Beteiligten zur Partizipation an relevanten Verände-

rungsprozessen zu befähigen.  In der Entwicklung und Gestaltung einer neuen Lernkultur liegt

die große pädagogische Herausforderung der neuen Technologien.

Die neuen Medien können diesen Umbruch nicht nur anstoßen und

unterstützen, in gewisser Weise erzwingen sie ihn auch. Doch bei

allen Auswirkungen, die neue Techniken haben: Kulturelle Verände-

rungen erfordern zuallererst einen Wandel in den Köpfen der Betei-

ligten.

Die Potenziale der neuen Medien für die Hochschullehre

Multimediale und netzgestützte Lernumgebungen können sowohl in

der wissenschaftlichen als auch in der berufsvorbereitenden und -be-

gleitenden Ausbildung der Hochschule gewinnbringend eingesetzt

werden. Sie bieten enorme Vorteile für eine Steigerung der Effizienz

sowie für die Erhöhung der Qualität des Lehrens und Lernens und

schaffen für Lehrende und Lernende neue Freiräume im akademi-

schen Betrieb.

Steigerung von

Qualität und Effizienz  Effizienzsteigerungen ergeben sich – nicht nur, aber vor allem –für Massenstudiengänge durch das Potenzial der neuen Medien,

bürokratische Abläufe zu vereinfachen, das Aktualisieren von und

Zugreifen auf Materialien zu optimieren und Informationen besser

zu verarbeiten. So erleichtern die neuen Verfahren allen Beteiligten

Verbesserte Abläufe

erleichtern Lehrenden

und Lernenden die

Arbeit.

den Zugang zu Veranstaltungs- und Prüfungsinformationen. Sie un-

terstützen den Zugang zu Literatur und anderen inhaltlichen Infor-

mationen, die etwa in Datenbanken verwaltet werden. Sie ermög-

lichen den orts- und zeitunabhängigen Zugriff und erleichtern die 

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Studium online

 

Aspekte einer

neuen Lernkultur

Weiterverarbeitung aller Dokumente ohne Medienbrüche. Durch

diese Vorteile können die Lehrenden an der Hochschule erheblich

entlastet werden. Außerdem erhöht sich die Transparenz der Lehr-Lerninhalte und -angebote an der Hochschule, was unmittelbare

Rückwirkungen auf die Qualität des Lehrens und Lernens hat.  Zentrales Ziel des Medieneinsatzes ist die Qualitätssteigerung der

Hochschullehre. Hierfür sind fundierte Konzepte erforderlich, wel-

che die Potenziale der neuen Medien offenlegen, spezifizieren und

nutzbar machen – eine integrative Lehr- und Lernauffassung bildet

hierzu eine wichtige Basis.

Auswirkungen

auf die Hochschule

  Im Folgenden sollen die Potenziale der neuen Medien näher er-

läutert und soll kurz diskutiert werden, inwieweit sie eine veränderte

Rollenverteilung innerhalb der Hochschule forcieren und struktu-

relle Veränderungen vorantreiben.

1. Eigenverantwortliches Lernen mit neuen Medien

Eigenverantwortlicher

Umgang mitInformation und

Wissen

Die Wissensgesellschaft stellt heute schon hohe Anforderungen an

die Kompetenz zum lebensbegleitenden Lernen. Eine zentrale Rollespielen dabei Bereitschaft und Fähigkeit, mit Hilfe der neuen Medien

einen eigenverantwortlichen Umgang mit Information und Wissen

zu praktizieren. Lehr-Lernumgebungen an der Hochschule müssen

der wachsenden Bedeutung des eigenverantwortlichen Lernens Rech-

nung tragen und Studierende aktiv darin unterstützen, entspre-

chende Fähigkeiten und Fertigkeiten zu entwickeln.

Medien und Netze

als Werkzeuge

  Die neuen Medien lassen sich sowohl online als auch offline und

in kombinierten Formen als »Werkzeuge« zum eigenverantwort-

lichen Lernen nutzen. Der große Vorteil besteht darin, dass multi-mediale Module zu individuellen Inhaltspaketen geschnürt werden,

einzelne Lernpfade zielbezogen angelegt und eigenverantwortlich be-

schritten werden können. Die Digitalisierung von Lehr-Lernmaterial

und deren Nutzung für das Selbststudium bedeutet nicht, dass Prä-

senzphasen obsolet werden, wohl aber, dass die Hochschulen von

der reinen Wissensvermittlung entlastet werden.  Dafür werden Raum und Zeit für vertiefende Dialoge, Diskussio-

nen und sozialen Austausch an der Hochschule geschaffen. Und: 

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Neue Technik verlangt neue pädagogische Konzepte

 

Der aktive Umgang mit neuen Medien forciert die Entwicklung von

Kompetenzen zum (persönlichen) Wissensmanagement, die in der

modernen Arbeitswelt immer mehr zu einem integralen Bestandteilberuflicher Tätigkeiten werden.

2. Problemorientiertes Lernen mit neuen Medien

Träges Wissen

belastet, aber

bewegt nicht.

Eine Vermittlung von Wissen, das vorrangig »träge« bleibt, kann

nicht Ziel der Hochschule sein. Vielmehr muss es um die Förderung

flexibel nutzbaren Fachwissens sowie um Kompetenzen für einen

intelligenten und lösungsorientierten Umgang mit Information und

Wissen gehen. Deshalb sollte die Hochschullehre mehr Anwen-

dungsbezug über authentische Kontexte herstellen und ein Lernen

anhand von Problemen (im Sinne von Fällen, Projekten oder persön-

lichen Erfahrungen) unterstützen. Lehr-Lernumgebungen sind daher

– wann immer es möglich ist – so zu gestalten, dass sie den Umgang

mit realitätsbezogenen Problemen und authentischen Situationen

ermöglichen und anregen. Um zu verhindern, dass situationsbezogen

erworbenes Wissen auf einen bestimmten Anwendungskontext fixiertbleibt, sollten spezifische Inhalte in verschiedene Situationen einge-

bettet und unter unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden

können.

Modelle und

Simulationen helfen,

erworbenes Wissen

übertragbar zu

machen.

  Die neuen Medien und Verfahren gestatten weit mehr als her-

kömmliche Methoden und Medien das Einbetten von Information in

unterschiedliche Kontexte. Zur Verdeutlichung einige konkrete Bei-

spiele:

– Fallbasierte Computerlernprogramme vermitteln etwa in der Me-

dizinerausbildung ein hohes Maß an Authentizität.– Unternehmensplanspiele ermöglichen die situationsbezogene An-

wendung betriebswirtschaftlichen Wissens.

– Simulationssysteme aus dem Bereich der Ökologie erlauben rea-

litätsnahe Manipulationen biologischer und biochemischer Ab-

läufe.

Fälle, Problemsituationen, Mikrowelten und Modellierungssysteme

lassen sich vielfältig variieren und ermöglichen so Analysen und

Umsetzungen von Wissensinhalten unter multiplen Perspektiven. Für 

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Studium online

 

das Bearbeiten von problem-, fall- oder projektbasierten Aufgaben

bieten darüber hinaus weltweite Datennetze eine unermessliche Fülle

an Informationsquellen, die jederzeit und überall genutzt werdenkönnen.

3. Kooperatives Lernen mit neuen Medien

Individuelles Lernen

und Kooperation – im

Netz kein Widerspruch

Auch wenn Lernen – vor allem an der Hochschule – auf den ersten

Blick vor allem ein individueller Prozess ist, spielen soziale Aspekte

beim Erwerb und bei der Anwendung von Wissen eine immer wich-

tigere Rolle. Nach dem Studium sehen sich Hochschulabsolventen

heute oft unvorbereitet mit Situationen konfrontiert, die in zuneh-

mendem Maße Teamfähigkeit und die Bereitschaft zum Wissens- und

Erfahrungsaustausch erfordern. Lehr-Lernumgebungen an der Hoch-

schule sollten daher kooperatives Lernen und Problemlösen fördern.

Phänomene wie verteilte Expertise und shared cognition infolge einer

Ko-Konstruktion von Wissen müssen bereits an der Hochschule

erfahr- und praktizierbar sein. Gruppenarbeit und teamorientierte

Projektarbeit, Tutorensysteme und Lerntandems, aber auch dieÖffnung der Hochschule für Kooperationen nach außen machen

soziale Kontexte erlebbar.

Das Netz als Medium

neuer sozialer

Kontexte innerhalb

und außerhalb der

Hochschule

  Die neuen Medien sind geeignet, dem Lehren und Lernen in der

Hochschule neue soziale Kontexte zu erschließen. Durch Computer-

netze werden kommunikative und kooperative Aktivitäten an der

Hochschule prinzipiell aus ihren räumlichen und zeitlichen Begren-

zungen befreit. Zahlreiche Anwendungen wie E-Mail, News-Groups,

Teletutoring oder Tele-Kooperation sind Beispiele für unterschied-

liche Varianten netzbasierten kooperativen Lernens, die den her-kömmlichen sozialen Kontext an der Hochschule bereichern. Freilich

muss abgewogen werden, wann, wo und wie oft dies geschehen soll.

Und den direkten Kontakt zwischen Studierenden untereinander

sowie zwischen Lehrenden und Studierenden werden die neuen Me-

dien nicht ersetzen können. Im Gegenteil: Tatsächlich bedarf es sogar

der Erweiterung und Intensivierung der persönlichen Interaktion –

allerdings auf einem anderen Qualitätsniveau, als es zur Zeit an vielen

Hochschulen der Fall ist. Die neuen Medien können und sollen phy- 

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Neue Technik verlangt neue pädagogische Konzepte

 

sische Möglichkeiten des Dialogs und der sozialen Konstruktion von

Wissen weder ersetzen noch verringern. Sie sollen vielmehr so einge-

setzt werden, dass sie den direkten sozialen Austausch ergänzen undauf Bereiche ausweiten, die ohne technische Unterstützung der ko-

operativen Auseinandersetzung verschlossen blieben.

4. Instruktionale Unterstützung mit neuen Medien

Systematische

Wissensvermittlung

und Anleitung bleiben

weiterhin erforderlich.

Weder das Plädoyer für mehr Eigenverantwortung noch die Forde-

rung nach problemorientiertem Lernen in authentischen und sozialen

Kontexten schließen traditionelle Elemente der Hochschullehre, wie

systematische Wissensvermittlung und instruktionale Anleitung und

Unterstützung, aus.  Teamfähigkeit und (Tele-)Kooperation, die Bewältigung kom-

plexer Aufgaben unter Berücksichtigung verschiedener Perspektiven

sowie der eigenverantwortliche Umgang mit den neuen Medien und

entsprechenden Informationsfluten sind Wege und Ziele problemori-

entierten Lernens zugleich. Sie können daher nicht als selbstverständ-

lich vorausgesetzt werden – auch an der Hochschule nicht. Wannimmer hierfür Anleitung und Unterstützung erforderlich sind, müs-

sen sie den Lernenden gegeben, individuell angepasst und bei Bedarf 

ausgeblendet werden.  Auch für die »klassischen Aspekte« der Wissensvermittlung und

instruktionalen Unterstützung bieten die neuen Medien zahlreiche

Potenziale, die in der Hochschullehre genutzt werden können: Sie

eröffnen neue und ausbaufähige Wege für interaktiven Wissenser-

werb, indem sie beispielsweise direkte und individualisierte Rück-

meldungen (etwa bei Aufgaben und Übungen) ermöglichen. IhreFähigkeit zur Visualisierung und Simulation von Zusammenhängen

und Abläufen sowie die Möglichkeit der hypermedialen Aufberei-

tung von Lehr-Lerninhalten erhöhen nicht nur die Authentizität

(s. o.), sondern steigern auch die didaktische Qualität der systemati-

schen Wissensvermittlung. Da sie unterschiedliche Darstellungsfor-

men und Kodierungen ermöglichen, können sie verschiedenen Lern-

typen entgegenkommen. Es liegt auf der Hand, dass auch der Medieneinsatz selbst in man- 

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Studium online

 

Das »neue Lernen«

muss erst erlernt

werden – die neuenMedien bieten

die Mittel dazu.

cher Hinsicht angeleitet und unterstützt werden muss. Praktische Er-

fahrungen wie auch erste empirische Resultate weisen eindeutig da-

rauf hin, dass auch das Lernen in multimedialen Lernumgebungenerst erlernt werden muss: Hohe Komplexität und große Informa-

tionsmengen, die oft nur gering strukturiert sind, sind für die meisten

Studierenden ohne professionelle Unterstützung kaum zu bewältigen.

Dies gilt ebenso für das netzbasierte kooperative Lernen. Es verlangt

nicht nur ungewohnte kommunikative Fähigkeiten, sondern auch

technische Fertigkeiten und besondere Strategien zur Koordinierung

und Strukturierung in der (virtuellen) Gruppe. Ein Teil der notwen-

digen Hilfestellung kann in mediengestützte Systeme selbst integriert

werden, etwa durch Beispiellösungen, Expertenkommentare oder

Strategieanleitungen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, den

Einsatz der neuen Medien mit personengebundenen Lösungen wie

Tele-Tutoring oder direktem Coaching zu kombinieren.

5. Veränderte Rollenverteilung und strukturelle

Veränderungen durch neue Medien

Erforderlich:

ein neues

Rollenverständnis

der Lehrenden

Multimediale Lernumgebungen verlangen ein anderes Selbstver-

ständnis der Hochschuldozenten von ihrer Rolle. Um die Entwick-

lung der Hochschulen positiv zu beeinflussen, reicht es nicht aus,

ihnen das technische Rüstzeug zur Verfügung zu stellen. Ebenso-

wenig genügt die Entwicklung innovativer Lernkonzepte, um tat-

sächlich die Praxis der Hochschullehre zu verändern. Qualifizie-

rungsmaßnahmen, (direkter und elektronischer) Informations- und

Erfahrungsaustausch sowie eine aktive Partizipation der Lehrenden

an der Gestaltung multimedialer Lernumgebungen sind erforderlich,damit nicht nur technische Fertigkeiten erworben, sondern auch die

zugrunde liegenden konzeptionellen Ideen verstanden werden. Im

Rahmen multimedialer Lernumgebungen müssen traditionelle Auf-

gaben wie Informationspräsentation und Wissensvermittlung durch

Funktionen wie Coaching, Beratung und Unterstützung eigenver-

antwortlicher und sozialer Lernprozesse seitens der Studierenden er-

gänzt werden. Die neuen Lernformen verlangen nach grundlegenden Verände- 

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Neue Technik verlangt neue pädagogische Konzepte

 

Die neuen Lernformen

verlangen und ermög-

lichen tief reichendeVeränderungen bei

Studieninhalten und

Prüfungsverfahren.

rungen in doppelter Hinsicht: Zum einen müssen Studieninhalte ent-

rümpelt und insbesondere an thematischen Schnittstellen fach- oder

disziplinübergreifend gestaltet werden. Zum anderen folgt daraus,dass auch innovative Prüfungsverfahren erprobt und eingeführt wer-

den müssen. Es macht keinen Sinn, auf der einen Seite nach anwen-

dungsorientierten Formen des Lernens, nach mehr Eigenverantwor-

tung sowie nach situationsunabhängigen Kompetenzen im Umgang

mit Wissen zu rufen, und auf der anderen Seite immer größere In-

formationsberge aufzutürmen, die in immer kürzeren Zeiträumen

verarbeitet werden sollen. Es macht auch keinen Sinn, einerseits

Teamfähigkeit, (Tele-)Kooperation und eine intelligente Nutzung

weltweiter Informationsressourcen zu fordern, und andererseits

Prüfungen nach dem Multiple-Choice- oder anderen traditionellen

Verfahren durchzuführen. Die Universitäten werden Prüfungen ent-

wickeln müssen, die Verständnis erfassen und die kooperative Pro-

blemlösungskompetenz und auch den Umgang mit den neuen Me-

dien berücksichtigen. Vernetzung und neue Medien erlauben einen

aktuellen, bedarfsorientierten und schnellen Zugriff auf Inhalte der

unterschiedlichsten Formen und verfügen damit über das erforder-

liche Potenzial.  Die strukturellen Änderungen an den Hochschulen, die sich in

diesem Kontext vollziehen müssen, sind Spiegel stattfindender gesell-

schaftlicher Veränderungen. Jedes Ausweichen vor diesem Struktur-

wandel kann nur ins »Aus« führen.

6. Von Push zu Pull durch neue Medien

push: 

– Angebots-

orientierung

– linear

– stark strukturiert

Lehren und Lernen waren bisher auf effiziente push-Angebote orien-tiert. Solche Angebote waren dann gut gestaltet, wenn sie einen an-

gemessenen linearen Aufbau und eine kohärente inhaltliche Darstel-

lung aufwiesen und wenn sie eine ansteigende Schwierigkeit und

Komplexität, ein ausgewogenes Zusammenspiel zwischen Text und

Bild, zwischen Beschreibung oder Erklärung und konkretisierenden

Beispielen beinhalteten.  Der Lernende war gut auf das Angebot vorbereitet, wenn er auf-

merksam, motiviert und interessiert war, ein schnelles und gutes 

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Auffassungsvermögen besaß, über entsprechende Strukturierungs-,

Verarbeitungs- und Abrufmöglichkeiten verfügte und zwischen rele-

vanten und irrelevanten Teilen gut unterscheiden konnte.pull: 

– nachfrageorientiert

– modular

– schwach strukturiert

– orts- und zeit-

unabhängig

  Bei medienbasierten und netzgestützten pull -Angeboten verändern

sich die Anforderungen und Gestaltungsempfehlungen erheblich. Die

Ausgangssituation wird von drei Elementen gekennzeichnet: (1) Es

gibt eine größere Anzahl von Lehrangeboten mit zunächst unbe-

kannter Qualität. (2) Die Inhalte sind häufig modularisiert und als

Hypertext aufbereitet. (3) Der Zugang zu Informationen ist zeit- und

ortsunabhängig.

Kompetenzen für

die eigenverant-

wortliche Nutzung von

Medienangeboten

  Um pull -Angebote erfolgreich zu nutzen, muss der Lernende neue

Fähigkeiten entwickeln oder vorhandene entsprechend stärker aus-

bauen. Dazu gehören:

– (technische) Medienkompetenz,

– die Fähigkeit, die Qualität von Inhalt und technischer Realisie-

rung zu beurteilen,

– Differenzierung zwischen relevanten und irrelevanten Inhalten,

– die Fähigkeit, die eigene Lernkapazität realistisch einzuschätzen

und einen entsprechenden Umfang auszuwählen,

– die Fähigkeit, schwach strukturierte Informationsmengen nachsinnvollen inhaltlichen Zusammenhängen zu ordnen,

– die Fähigkeit, Metawissen aufzubauen, das sowohl Strategien zum

Lernen mit neuen Medien als auch Strategien des Zugriffs auf 

externe Ressourcen enthält.

Höhere Anforderungen

an die Lernenden

erfordern gesteigertes

Problembewusstsein

bei den Lehrenden.

Es fällt auf, dass damit eine deutlich höhere Eigenverantwortlichkeit

mit einem Mehr an Selbststeuerung, Selbstkontrolle und auch Selbst-

motivation des Studierenden einhergeht. Die Studenten müssen sinn-

voll auswählen können und dafür geeignete Kriterien entwickeln.

Wenn es gelingt, diese Angebote adäquat zu gestalten und die Ler-nenden in die Lage zu versetzen, effizient mit solchen Angeboten um-

zugehen, werden die Studierenden mehr und bessere Lernmöglichkei-

ten erhalten. Hinsichtlich der Gestaltung multimedialer, netzbasierter

Lernumgebungen muss es deshalb darum gehen, die Gestaltungsspiel-

räume zu konkretisieren und daraus Empfehlungen abzuleiten. Hin-

sichtlich der Lernenden gilt es, ihre Medienkompetenz entsprechend

aufzubauen.

 

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Empfehlungen für den Einsatz neuer Medien in der Hochschule

Das spezifischePotenzial der neuen

Medien nutzen

Erklärte Absicht dieser Empfehlungen ist es, in Ergänzung zu allge-meinen didaktischen Überlegungen die spezifischen Potenziale der

neuen Medien in den Vordergrund zu stellen. Damit ist klar, dass

kein allumfassendes, die medienspezifischen Punkte weit überschrei-

tendes, didaktisches Gestaltungskonzept vorgelegt wird. Vielmehr

geht es darum, verschiedene Lehr- und Lernformen zu skizzieren

sowie Empfehlungen zur technischen und inhaltlichen Gestaltung

von Lernumgebungen, zur Gestaltung ihres sozialen Kontextes und

zur Ausbildung von Medienkompetenzen zu formulieren.

1. Formen des Lehrens und Lernens

Selbstlernen oder

kooperativ Lernen –

beides erfordert tuto-

rielle Unterstützung.

Lernformen lassen sich unter anderem danach unterscheiden, ob der

Fokus mehr auf dem Selbstlernen oder auf dem kooperativen Lernen

liegt. Für beide Formen stellt tutorielle Unterstützung eine wichtige

Komponente dar.

  Selbstlernformen weisen den Lernenden hohe Eigenverantwor-tung für ihren Lernerfolg zu. Sie nehmen über Netzwerke an Lern-

angeboten teil und setzen sich mit den jeweiligen Inhalten ausein-

ander. Dabei sind folgende Formen zu unterscheiden:  CBT (Computer Based Training) präsentiert das zu vermittelnde

Wissen in einem Lernprogramm. Diese Lehreinheiten können als CD

an die Studierenden verteilt werden oder über Internet zugänglich

sein (WBT – Web Based Training).

Vorlesungen via

Internet

  Auf Video aufgezeichnete Vorlesungen werden live gesendet oder

später von einem Server abgerufen. Sie ermöglichen es den Lernen-den, den Vorlesungen unabhängig von Ort und Zeit zu folgen. Die

Inhalte werden didaktisch in besonderer Weise aufbereitet, so dass

die Lernenden das Unterrichtsgeschehen am Rechner nachvollziehen

können. Ergänzend zur Vorlesungsaufzeichnung sind erläuternde

Animationen, ein Glossar und die verwendeten Folien abruf- und

ausdruckbar. Live-Übertragungen geben Lernenden die Möglichkeit,

Fragen zu stellen.

 

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Expertenrunden   Videokonferenzen zwischen Experten zu einem Thema erlauben es

Studierenden, die Diskussion mitzuverfolgen; ein Moderator kann

Fragen von Zuhörenden in die Diskussion einbringen. KooperativeLernformen laufen in der Gruppe ab. Da sich jeder Teilnehmer in die

Gruppe einbringen muss, verlagert sich hier die Verantwortung für

den Lernerfolg zunehmend auf die Gruppe. Sie muss sich daher in

einerArtundWeiseorganisieren,dieLernenermöglicht(Zeitplanetc.).

Virtuelle Seminare   In dieser netzgestützten Lernform erarbeiten Gruppen von Ler-

nenden zusammen ein Thema und präsentieren am Ende ein gemein-

sames Ergebnis. Zur Unterstützung der Gruppenarbeit stehen den

Lernenden über spezielle Werkzeuge gemeinsame Arbeitsbereiche,

Diskussionsforen und themenspezifische Ressourcen zur Verfügung.

Diskussionsgruppen   In Diskussionsgruppen können wie bei den Expertenrunden Video-

konferenz-Technologien eingesetzt werden. Die Diskussion ist für

alle Beteiligten offen. Deshalb ist es wichtig, eine geeignete Gruppen-

größe zu wählen, bei der alle Teilnehmenden eine Chance auf Beteili-

gung haben. Experten können zu Diskussionsgruppen eingeladen

werden.

Online-Übungen   Im Gegensatz zu virtuellen Seminaren liegt bei Online-Übungen

der Schwerpunkt auf der Unterstützung der Lernenden in einem spe-ziellen Themengebiet. Ein Tutor vertieft ein Thema; er stellt konkrete

Aufgaben, die von den Lernenden bearbeitet werden. Anschließend

erhalten sie vom Tutor Rückmeldung über die Qualität ihrer Lösung.

Formen tutorieller

Unterstützung

  Sowohl in Selbstlernformen als auch in Kooperativen können

beim Lernen mit neuen Medien Fragen und Probleme auftreten. Des-

halb ist es wichtig, dass sich die Lernenden mit Fragen an den Do-

zenten wenden können.

Online-Sprechstunde   Hier ist der Dozent zu gewissen Zeiten über Videokonferenz oder

Chat erreichbar und beantwortet Fragen von Lernenden.Diskussionsforum   Fragen und Anregungen werden in einem für alle Mitglieder einer

bestimmten Gruppe zugänglichen Bereich des Netzes hinterlegt. Der

Dozent oder andere Studierende beantworten die Fragen bzw. stellen

ihre Sicht zu dem Thema dar. Der Lernende kann sicher sein, beim

nächsten Besuch eine Antwort auf seine Frage zu finden.

E-Mail-Support   Die Lernenden wenden sich mit ihren Fragen per E-Mail direkt an

den Dozenten – und können sicher sein, kurzfristig eine Antwort zu

erhalten. 

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Neue Technik verlangt neue pädagogische Konzepte

 

Expertenkontakte  Zusätzlich zum Dozenten stehen den Lernenden weitere Experten

zur Verfügung, an die sie sich mit Fragen zu themenspezifischen De-

tails wenden können.

2. Modularisierung des Wissens

Im Gegensatz zum Vortrag oder Buch bieten die neuen Medien Wis-

sen nicht prinzipiell in einer linearen Abfolge von Kapiteln, Unterka-

piteln und Abschnitten an, sondern in vernetzten Wissensmodulen.

Die hypertextuelle Aufbereitung von Wissen ist eine neue Anforde-

rung für die Lehrenden, die zwei Schritte umfasst:  Zunächst muss das Wissen in inhaltlich möglichst abgeschlossene

und selbstständige Module unterteilt werden. Ein Modul ist eine

minimale Lerneinheit, die – mit anderen Modulen verknüpft – zu

einem Themenkomplex kombiniert werden kann. Für die Präsenta-

tion auf dem Bildschirm ist eine Modulgröße anzustreben, die nur

einmaliges Scrollen erfordert.

Eine guided tour 

führt durch dieLerneinheit und

erläutert den

Lernstoff.

  In einem zweiten Schritt müssen die Module über Links miteinan-

der verknüpft werden. Für die Organisation des Wissens stehen for-male Strukturen und inhaltliche Schemata zur Verfügung. Bei der

Vernetzung sind nicht nur sachlogische, sondern auch didaktische

Aspekte von Bedeutung. In bestimmten Wissensbereichen kann es

sinnvoll sein, eine lineare guided tour vorzusehen.

Orientierung

in Hypertext

  Wissen in hypertextuellen Strukturen erfordert Hilfen zur Orien-

tierung und Navigation, damit sich ein Lernender nicht im Netz der

Verknüpfungen verliert. Ein brauchbares Navigationssystem muss

den Lernenden jederzeit darüber informieren,

– wo er sich gerade innerhalb der Gesamtstruktur befindet,– wohin er von der aktuellen Position gelangen kann,

– wo er ein gesuchtes inhaltliches Modul findet.

 

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3. Interaktivität

Interaktivität istentscheidend für

die Lernhaltung.

Ein didaktisch innovativer Aspekt der neuen Medien liegt in derInteraktivität zwischen Benutzer und Programm. Interaktivität be-

deutet stets Rückmeldung. Der Benutzende macht eine Eingabe und

das Programm reagiert in bestimmter Weise darauf. Interaktive Ele-

mente im Lernmaterial begünstigen eine aktive und konstruktive

Lernhaltung, da der Studierende immer wieder zu Reaktionen aufge-

fordert wird, auf die er eine Rückmeldung bekommt, die wiederum

zu Eingaben Anlass gibt usw.

Formen der

Realisierung von

Interaktion

  In einer effektiven medialen Lernumgebung sollte ein hoher Anteil

an interaktiven Elementen realisiert sein. Die von ihnen ausgehenden

Rückmeldungen erhalten die Lernmotivation aufrecht und begünsti-

gen die aktive Aneignung des Wissens. Interaktion wird in folgenden

Formen realisiert:

Grafische Navigation – direkte Navigation über Icons, Menüs, grafische Browser. Sie er-

laubt die Selektion von Lerneinheiten (Modulen) und die indivi-

duelle Gestaltung von Lernwegen bei hypermedialer Aufbereitung

des Wissens; hierher gehört auch die alternative Wahl verschiede-

ner Darstellungsformen, z. B. Tabelle oder Diagramm, Text oderBild;

clickables  – aktive Exploration von Abbildungen, Tabellen, Charts, Diagram-

men; durch Anklicken bestimmter Bereiche wird weitere Informa-

tion zur Verfügung gestellt, wie z. B. Detailansichten, Beschriftun-

gen, genaue Daten, Zusatztexte usw.;

Simulationen – Einbindung von Simulationen. Simulationen sind kognitive Werk-

zeuge zum Verstehen dynamischer Systeme und zur Lösung von

komplexen Problemen; in virtuellen Labors lassen sich z. B. durch

Eingaben Experimente durchführen, deren Ergebnisse visualisiertausgegeben werden; Simulationen sind in Realitätsbereichen un-

verzichtbar, in denen reale Beobachtungen nicht möglich oder ge-

fährlich sind;

Rückmeldungen – direkte Rückmeldung zu Lösungen von Aufgaben und Übungen;

diese sind besonders nützlich, wenn sie nicht nur aus »richtig«

oder »falsch« bestehen, sondern aufgrund einer Lernermodellie-

rung auch Hinweise auf den jeweiligen Fehler und seine Beseiti-

gung geben (individualisierte Rückmeldung). 

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Zwischen Eingabe und Rückmeldung sollte so wenig Zeit wie mög-

lich verstreichen, damit der Benutzer die Rückmeldung als unmittel-

bar durch sich verursacht erlebt. Mit zeitlichem Abstand sinkt dasGefühl der Verursachung, auch wenn das Wissen um eine verzögerte

Wirkung vorhanden ist. Hier wirkt ein zeitlicher Gestaltfaktor.

4. Visualisierung

Die »visuelle Wende«

oder »Ein Bild sagt

mehr ...«

Da lange Texte nicht gern auf dem Monitor gelesen werden, erfor-

dert die Präsentation von Wissen auf dem Bildschirm auch die Ver-

wendung nichtsprachlicher Darstellungsformen. Nachdem die digi-

tale Bilderstellung und -bearbeitung sowie die Datenkompression in

den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht haben, wird der

Anteil visueller Information als Ergänzung oder Ersatz der Sprache

weiter ansteigen. Die ausgerufene »visuelle Wende« bedeutet eine

neue sinnliche Qualität des Lernens, die mehr auf die Veranschauli-

chung als auf die sprachliche Beschreibung und Erklärung setzt.

Multiple

Repräsentation:Jeder nach seiner

Wahrnehmung

  Einer der besonderen Vorzüge multimedialer Vermittlung ist die

Möglichkeit, verschiedene Darstellungsformen anzubieten (Multi-codierung und Multimodalität). Jeder kann sich Wissen in der ihm

entsprechenden Präsentationsform aneignen. Auch wenn es den

viel beschworenen visuellen Lerntyp nicht geben sollte, fördert das

doppelte Informationsangebot eine multiple mentale Repräsenta-

tion.  Eine Form der Visualisierung findet derzeit besondere Beachtung:

die Animation. Durch Animation (Zeitraffer, Zeitlupe, Morphing)

können dynamische Prozesse visualisiert werden, die dem Auge in

der Realität nur schwer zugänglich sind. Animationen bringen fürdie Wissensvermittlung folgende Vorteile:

– Bewegung ist für das visuelle System ein starker Reiz, der eine

Zuwendungsreaktion auslöst. So kann über dynamische Bildan-

teile die Aufmerksamkeit gesteuert werden.

– Mentale Fähigkeiten wie z. B. das räumliche Vorstellen oder das

visuelle Vergleichen werden durch Animationen unterstützt: Ex-

tern vorgeführte Abläufe werden intern nachvollzogen.

– Abbildungen und Visualisierungen bieten Material für den Auf- 

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Studium online

 

bau mentaler Modelle, mit denen Abläufe und Problemlösungen

geistig simuliert werden können.

Eine wichtige Variable für die Gestaltung von Animationen ist dieBewegungsgeschwindigkeit. Zu schnell ablaufende Animationen sind

ineffektiv für das Lernen, zu langsam ablaufende Animationen wer-

den als unangenehm erlebt. Deshalb ist es sinnvoll, den Lernenden

die Möglichkeit zu geben, die Geschwindigkeit der Bewegungen und

Abläufe selbst einzustellen.  Unser Modellstudent Thomas S. nutzt die Online-Angebote seiner

Hochschule sehr rege. Durch die Möglichkeit, sich manche Vorle-

sung im Internet abzurufen, kann er über die Praktikumszeit hinaus

in einem Betrieb mitarbeiten und sich früh mit der Berufswelt aus-

einandersetzen. Die Kommunikation mit dem Tutor und den Dozen-

ten funktioniert online auch recht gut. Schwierig ist der Kontakt mit

seinen Arbeitsgruppen. Der Wissensstand ist oft sehr unterschied-

lich, und manche Kommilitonen kennt er gar nicht persönlich. Es ist

schwierig, sich über Regeln und Ziele zu verständigen. Besonders zu

Semesteranfang, wenn sich die neuen Gruppen bilden, ist das On-

line-Arbeiten zu anonym. Der Fachbereich, an dem er studiert, hat

die Defizite erkannt und sich die Arbeit in internationalen News-groups angeschaut. Auch dort ist die soziale Komponente eine we-

sentliche Voraussetzung für den Kontakt zwischen Personen, die sich

vielleicht nie im realen Leben begegnen werden. Mit einer Reihe von

Maßnahmen wird die Gruppenarbeit künftig verbessert:

5. Gestaltung des sozialen Kontextes

Mit Lernmaterial

allein geht es nicht.Medienbasierte Lernumgebungen können in hohem Maße nutzer-freundlich und lernförderlich gestaltet werden. Darüber hinaus be-

darf ihr Einsatz in aller Regel jedoch einer sozialen Einbettung, wie

z. B. durch die Unterstützung der sozialen Präsenz, der Bildung eines

gemeinsamen Wissenshintergrundes und der Erleichterung der Grup-

penkoordination. Auch die Unterstützung eines effektiven Informa-

tions- und Nachrichtenaustausches in der Gruppe ist unabdingbar.  Mangelnde soziale Präsenz und Schwierigkeiten, einen gemeinsa-

men Wissenshintergrund zu generieren, stehen in enger Wechselwir- 

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Neue Technik verlangt neue pädagogische Konzepte

 

kung mit der Koordination der Gruppenaktivitäten. Werden keine

geeigneten Maßnahmen zu ihrer Bewältigung ergriffen, erschweren

sie die reibungslose Kommunikation und das gemeinsame Verständ-nis der Gruppenmitglieder untereinander sowie die Abstimmung der

Arbeitsaktivitäten.

Das persönliche

Porträt im Web

– Eine Maßnahme zur Erhöhung der sozialen Präsenz besteht darin,

Information über die Teilnehmer und die Konferenz oder Arbeits-

gruppe bereitzustellen. So könnte jeder Teilnehmer zu Beginn

seinen persönlichen Auftritt gestalten. Dabei wählt er ein Porträt-

foto von sich aus und gestaltet ein eigenes Monogramm, mit dem

er zukünftig seine Nachrichten signiert. Ferner stellt er eine allen

zugängliche Liste mit den Aufgaben zusammen, die er für die

Gruppe übernimmt und macht Angaben zu seinem Ausbildungs-

und Wissenshintergrund. Darüber hinaus können in einem Teil-

nehmerverzeichnis alle Gruppen- oder Konferenzmitglieder auf-

geführt und aus einem who-is-online-Verzeichnis die jeweils aktu-

ell beteiligten Mitglieder ersichtlich sein.

– Um soziale Beziehungen zu unterstützen, kann ein Konferenzmo-

dul eingerichtet werden, das die Möglichkeit für informelle, per-

sönliche Mitteilungen bietet (i. S. einer Cafeteria). Der dadurchangeregte nicht-aufgabenbezogene Austausch hat gleichzeitig den

Vorteil, die themengebundene Gruppenarbeit von zusätzlichen

persönlichen Beiträgen zu entlasten.

Hilfsmittel der

nonverbalen

Kommunikation

– Um fehlende nonverbale Kommunikationsmöglichkeiten zumin-

dest ansatzweise auszugleichen und der mangelnden sozialen Prä-

senz entgegenzuwirken, können emoticons, wie z. B. Icons mit

unterschiedlichen Gesichtsausdrücken (Chernoff-Gesichter) ver-

wendet werden, die der Teilnehmer anklicken und mit denen er

seine jeweilige Stimmung signalisieren kann.– Speziell zur Förderung des gemeinsamen Wissenshintergrundes

kann eine Art Teilnehmer-Protokoll zu jeder versendeten Nach-

richt dienen. Dies ermöglicht den Teilnehmern, sich bei jedem

Beitrag darüber zu informieren, von wem eine Nachricht kommt

und wer sie wann bereits gelesen hat. Eine weitere Informations-

funktion haben Konferenzarchive. Sie bieten jedem Teilnehmer

die Möglichkeit, sich in Ruhe zu vergegenwärtigen, was bereits

diskutiert und erarbeitet wurde. Eine so ausführliche und genaue 

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Studium online

 

Dokumentation des Arbeitsprozesses ist in herkömmlichen Grup-

pen kaum möglich.

Regelung derTeilnehmerrechte

– Entsprechende Informationen sollten regelmäßig in nicht zu lan-gen Zeitintervallen auf den neuesten Stand gebracht werden. Ins-

gesamt ist anzustreben, dass die Konferenzteilnehmer ständig

darüber informiert sind, wenn ein Teilnehmer oder eine Subgrup-

pe ein gemeinsames Arbeitsprodukt weiterentwickelt oder Verän-

derungen vorgenommen hat.

6. Medienkompetenz

Die Medien machen

ein Angebot – lernen

muss jeder selbst.

Lernen selbst kann nur durch den Studierenden geleistet werden. Erst

durch die bei ihm ablaufenden Verarbeitungsprozesse wird aus ange-

botenen oder ausgewählten Informationen Wissen. In den bisherigen

Abschnitten wurde das Lehrangebot daraufhin betrachtet, wie es z. B.

technisch und instruktional zu gestalten oder wie der darin enthal-

tene Inhalt aufzubereiten ist. Entscheidend ist aber zusätzlich, dass

der Lernende das medial aufbereitete Angebot aufgreifen, auswählen

oder aber auch mitgestalten kann.Medienkompetenz –

dazu gehören:

allgemeine

Kompetenzen

  Zu solchen »erwünschten« Eigenschaften zählen auf einer allge-

meinen noch eher medienunspezifischen Ebene:

– eigenverantwortliches Handeln,

– selbstgesteuertes und selbstkontrolliertes Vorgehen,

– interaktives und kooperatives Arbeiten,

– selbstkonstruierendes Lernen anhand relevanter Frage- und Pro-

blemstellungen.

Technikkompetenz Für die Arbeit mit multimedialem Lehrmaterial und das Lernen im

Netz kommen weitere wichtige Bestandteile dazu:– der technische Umgang mit den neuen Medien,

– die Fähigkeit, sich zu orientieren und zu navigieren,

– die Fähigkeit, Qualitätskriterien für die Auswahl medialer Ange-

bote zu entwickeln,

– die Fähigkeit, Informationen effizient zu suchen,

– die Fähigkeit, hypertextuelle Bausteine und Module auch da in

kohärente Wissensstrukturen umzusetzen, wo solche Strukturen

nur schwach angelegt sind, 

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Neue Technik verlangt neue pädagogische Konzepte

 

– die Entwicklung einer Motivation zum (medien- und problemba-

sierten) Lernen.

Soziale KompetenzUnter Einbeziehung der sozialen Komponenten erweitern sich dieseAnforderungen noch um

– die Fähigkeit zur effizienten netzbasierten Kommunikation,

– die Fähigkeit zur Kooperation und Kollaboration in virtuellen

Lerngruppen.

Die Entwicklung dieser Medienkompetenz bei einem Studierenden

bedarf zunächst einer technisch, instruktional und sozial gestalteten

Lernumgebung. Zusätzlich erforderlich sind ein entsprechendes Trai-

ning und eine insgesamt medienfreundlich gestaltete Lernkultur.

Die Herausforderung annehmen

Den Wandel

beherrschen

Die Hochschulen können sich der Nutzung neuer Medien und dem

damit einhergehenden Strukturwandel nicht entziehen. Denn vor

dem Hintergrund der gesellschaftlichen Veränderungen, die lebens-

langes Lernen erfordern, nimmt die Bedeutung des problemorientier-

ten und eigenverantwortlichen Lernens ständig zu. Es ist die Aufgabeder Hochschule, die Lernenden auf die Anforderungen der Berufs-

welt vorzubereiten. Die Herausforderung besteht darin, den Wandel

zu beherrschen, indem die neuen Medien zur Gestaltung einer neuen,

zukunftsorientierten und emanzipatorischen Lernkultur genutzt wer-

den.

 

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 Qualitätssicherung interaktiverStudienangebote

Ulrich Glowalla, Heinz Lothar Grob, Rainer Thome

»Das ist wie bei anderen hochwertigen Produkten auch«, erklärt der

Studienberater, »vor dem Kauf muss man sich genau überlegen, was

man wirklich benötigt und wie viel man dafür ausgeben will.« Tho-

mas S. hatte bei der Zusammenstellung seines Halbjahresplanes die

Übersicht über die große Zahl der Angebote verloren und einen

Beratungstermin vereinbart, nicht online, sondern als Gespräch von

Mensch zu Mensch. Und nun hört er, dass die Entwicklung multi-medialer Lehrangebote von aufwendigen Verfahren der Qualitäts-

sicherung und Zertifizierung begleitet wird, die erhebliche Auswir-

kungen auf den Preis der Lehreinheiten haben können.  Weiterhin erfährt er, dass das Verhältnis von Preis und Quali-

tät nicht in jedem Fall eindeutig ist. »Manche Verfahren der Quali-

tätssicherung führen zu einer sehr rationellen Produktion, die sich

dann auch in günstigen Preisen niederschlägt«, führt der Berater aus,

»andererseits garantiert eine sehr umfassende und damit auch teure

internationale Zertifizierung nicht per se, dass eine Unterrichtsein-heit in Ihre persönliche Studienplanung passt und die ins Auge ge-

fasste spätere Tätigkeit fördert.«

Größere Freiheit

bei der Wahl der

Studieneinheiten

stärkt den Wunsch

nach Orientierung

und Bewertung.

  Als Konsequenz aus dem Gespräch wird Thomas S. demnächst

einen freiberuflichen Broker aufsuchen, der ihm bei der individuellen

Zusammenstellung seiner Bildungsbausteine behilflich ist – gegen

Honorar. Zuvor will er sich jedoch endlich einmal intensiv mit den

Ranking-Listen und Diskussionsgruppen im Internet befassen, in

denen sich die Erfahrungen von Studierenden und Prüfern mit vieler- 

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Studium online

 

lei Lehrangeboten niederschlagen. Die neue Freiheit der individuellen

Zusammenstellung des Lehrstoffes, so hat Thomas S. inzwischen ge-

lernt, hat ihren Preis – und der drückt sich nicht nur in Euro aus,sondern auch in der Anstrengung, aus dem globalen Angebot ein zu-

kunftssicheres individuelles Curriculum zusammenzustellen.

Gefragt: Globale Bildungsangebote für lifelong learning 

Die Zunahme des Wissens und immer kürzer werdende Innovations-

zyklen haben alte Lern- und Arbeitsmodelle obsolet werden lassen.

Neue Modelle des lebenslangen Lernens sind gefragt. Dazu gehört

eine Verkürzung der Studienzeiten ebenso wie eine Konzentration

auf Kernkompetenzen und Schlüsselqualifikationen.  Aufbau und Inhalt des Studiums müssen effizienter und zielgerich-

teter ausgelegt werden. Innovative und – ganz wesentlich – interak-

tive Bildungsprodukte können dazu beitragen.  Die veränderte Ausbildungssituation bietet den Hochschulen die

Chance, am quartären Bereich der Weiterbildung teilzuhaben. Das ist

für sie und die Hochschullehrer als zentrale Lieferanten der Inhalteallerdings nur dann interessant, wenn sich die rechtlichen und insti-

tutionellen Voraussetzungen ändern. Das Angebot von Bildungs-

produkten im quartären Bereich verlangt, dass nach marktwirtschaft-

lichen Prinzipien entwickelt und vermarktet wird: Marketing und

Brokerage sind dazu unentbehrlich.

Modelle des

lebenslangen Lernens

erfordern den Wandel

der Universitäten.

  Neben Wissenszuwachs und Innovationszyklen tritt als weiterer

Faktor die globale Vernetzung durch das Internet hinzu. Viele

Dienstleistungen und damit auch Bildungsprodukte lassen sich global

anbieten und abwickeln. Da die Möglichkeiten zur kommunikati-ven Unterstützung webbasierter Bildungsmaßnahmen kontinuierlich

zugenommen haben, ist der strategische Standortvorteil der deut-

schen Universitäten als lokaler Anbieter gegenüber globalen Mitbe-

werbern deutlich zurückgegangen. Alle Ivy-League-Universitäten

beispielsweise bauen verteilt über den Globus internationale campus

sites auf, um den Teil ihrer Angebote, der den persönlichen Aus-

tausch erfordert, kundennah anbieten zu können. Da global operie-

rende deutsche Unternehmen zunehmend an einer Internationalisie- 

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Qualitätssicherung interaktiver Studienangebote

 

rung ihrer human ressources interessiert sind und deshalb solche

Angebote gern nutzen, erhöht sich damit der Konkurrenzdruck auf 

deutsche Universitäten.  Die Ivy-League-Universitäten können übrigens als Beleg dafür

dienen, dass eine marktwirtschaftliche Komponente in der Universi-

tätsorganisation keineswegs mit einer Verschlechterung des Lehr-

und Forschungsangebotes einhergehen muss.

Neuorientierung

der deutschen

Universitäten hin zu

marktwirtschaftlicher

Konkurrenzfähigkeit

  Die extreme Verknappung öffentlicher Mittel hat auch die Uni-

versitäten schwer getroffen. Die Kürzungen sind – ohne Aussicht auf 

kurz- oder mittelfristige Änderung – so gravierend, dass an einigen

Standorten bzw. in einigen Universitätsbereichen kaum noch ein

geordneter Lehr- und Forschungsbetrieb aufrechterhalten werden

kann. Die Mittel, die von Bund und Ländern sowie einigen Stiftun-

gen für die Entwicklung interaktiver Bildungsangebote bereitgestellt

werden, sind im Vergleich zu den Mitteln der Ivy-League-Universitä-

ten und neuer finanzkräftiger Anbieter (z. B. Microsoft) viel zu ge-

ring, als dass der globalen US-amerikanischen Bildungsoffensive mit

großer Aussicht auf Erfolg begegnet werden könnte.

Reform der deutschen

Bildungspolitik imHinblick auf

Konkurrenzfähigeit

mit US-amerikani-

schen Universitäten

  Die Situation wird dadurch verschärft, dass den deutschen Hoch-

schulen die institutionellen und rechtlichen Voraussetzungen fehlen,ihre Bildungsprodukte global anzubieten und damit Gewinne erwirt-

schaften zu können.Wenn sich das nicht ändert, werden wir auch in

Bezug auf universitäre Bildungsprodukte Verhältnisse bekommen,

wie sie uns im Printbereich vor allem in den Naturwissenschaften seit

langem bekannt sind: Die Bildungsverantwortlichen goutieren bevor-

zugt Publikationen in amerikanischen Fachzeitschriften, und deut-

sche Hochschullehrer sind in zahlreichen Fächern dazu übergegan-

gen, ihre Studierenden auf der Basis amerikanischer Lehrbücher zu

unterrichten. Die politisch Verantwortlichen in der Bundesrepublikmüssen sich daher die Frage stellen, ob wir mit der Aufgabe des top-

level -Bildungsanspruches auch den Innovationsanspruch des Stand-

ortes Deutschland aufzugeben bereit sind oder die Kraft finden,

schnell, strategisch geplant und umfassend gegenzusteuern.

 

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Studium online

 

Elemente einer strategischen Bildungsoffensive

Ein wichtiges Element einer solchen Offensive wird im Einsatz inter-aktiver Bildungsangebote im Rahmen veränderter universitärer Cur-

ricula bestehen. Die Entwicklung solcher Bildungsangebote sollte im

Wechselspiel von Qualitätsprüfung und Qualitätsentwicklung auf 

der Basis empirisch abgesicherter Befunde stattfinden.

Qualität prüfen und entwickeln

Interaktive

Bildungsangebote als

wichtiges Element

einer strategischen

Bildungsoffensive

Will man wissen, wie gut ein Produkt geeignet ist, seinen Zweck zu

erfüllen, muss man das anhand anerkannter, zuvor bestimmter Qua-

litätskriterien und im Rahmen eines gegebenenfalls mehrgliedrigen

Evaluationsprozesses überprüfen. Das gilt für ein einfaches Werk-

zeug wie einen Schraubenzieher ebenso wie für ein komplexes techni-

sches System oder ein interaktives Bildungsprodukt im Rahmen der

universitären Lehre.  Der Qualitätssicherungsprozess kommt im Allgemeinen nicht zu

dem Ergebnis, dass man bereits das ideale Produkt gefunden hat,sondern führt zu einer Stärken-/Schwächenanalyse. Diese kann man

im Sinne der Qualitätsentwicklung nutzen, um die festgestellten De-

fizite durch geeignete Vorkehrungen zu beseitigen und neue Er-

kenntnisse strategisch geplant in die Produktentwicklung einzubezie-

hen.  Zur Förderung der Akzeptanz qualitätssichernder Maßnahmen ist

es von großer Wichtigkeit, alle relevanten Personen und Institutionen

an der Festlegung der Qualitätskriterien zu beteiligen. Außerdem

müssen die vereinbarten Qualitätskriterien allen daran Interessiertenzugänglich gemacht werden.

Tranzparenz der

Qualitätskriterien

als Bedingung für

größere Akzeptanz

  Bei Bildungsprodukten denkt man im Hinblick auf die Qualitäts-

sicherung zunächst an die Feststellung der Lerneffektivität: Ist das

zu evaluierende Bildungsprodukt geeignet, das angestrebte Lernziel

möglichst schnell, gut und nachhaltig zu erreichen? Der Aspekt der

Kosten-Nutzen-Relation bleibt demgegenüber vielfach unberücksich-

tigt. Daher sind bei der Beurteilung von interaktiven Bildungspro-

dukten mindestens zwei zentrale Qualitätsbereiche zu beachten: 

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Qualitätssicherung interaktiver Studienangebote

 

Zentrales Anliegen eines Bildungsproduktes ist die möglichst

leicht verständliche und nachhaltige Vermittlung bestimmter Qua-

lifikationen, wobei diese Qualifikationen von Wissen bis Anwen-dungs- und Beurteilungskompetenz reichen können (und müssen?).

Lerneffektivität,

Nutzen-/Kosten-

effizienz und

informationstech-

nische Ergonomie

als entscheidende

Faktoren des

Evaluationsprozesses

  In Bezug auf interaktive Bildungsprodukte soll (und kann!) festge-

stellt werden, mit welchen Kosten ihre Produktion sowie ihre Nut-

zung behaftet ist und welcher Nutzen damit erzielt werden kann.  Ein weiterer Qualitätsbereich mit entscheidendem Einfluss auf 

die Lerneffektivität und die Nutzen-/Kosteneffizienz ist die informa-

tionstechnische Ergonomie.BeiderEntwicklunginteraktiver Bildungs-

produkte spielen neben dem Inhalt und der didaktischen Methode

die eingesetzten Entwicklungswerkzeuge, die sinnvolle Speicherung

der Bildungsinhalte und die Ergonomie der Darbietung eine zentrale

Rolle. Modularisierung, medienneutrale Datenhaltung, plattform-

übergreifende Darstellung und softwaretechnische Unterstützung von

Pflege und Wartung sind hier von entscheidender Bedeutung.

Rechtliche und administrative Rahmenbedingungen

Globale Vermarktung

interaktiver

Bildungsangebote

Damit interaktive Bildungsangebote auch global angeboten und ver-

marktet werden können, müssen die rechtlichen Voraussetzungen

geschaffen werden: Übernahme (Akkreditierung) eines Bildungsan-

gebotes der Universität A an der Universität B, telematisch gestützte

Zertifizierung, Vermarktung von Bildungsangeboten im quartären

Bildungsbereich, Erhebung von Gebühren zur Refinanzierung und

weiteren Entwicklung. Es muss möglich sein, Gewinne zu erwirt-

schaften, die nicht global dem Landes- oder Universitätshaushalt

zufließen, sondern auch den an der Entwicklung beteiligten Dozen-ten und Unternehmen. Dabei sind angemessene Ausgleichszahlungen

für die benutzten Landes- oder Universitätsressourcen selbstverständ-

lich.

 

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Studium online

 

Akkreditierung und Zertifizierung

Wachsende Bedeutungvon Akkreditierung

und Zertifizierung

interaktiver

Bildungsangebote

Bei traditionellen Bildungsprodukten wie Vorlesungen und Semina-ren ist die Akkreditierung schon allein dadurch geklärt, dass die

Bildungsprodukte von einer staatlich anerkannten Universität ange-

boten werden. Interaktive Bildungsangebote können demgegenüber

auch unabhängig von einer etablierten und akkreditierten Bildungs-

institution über das Internet zugänglich sein. Damit gewinnt der

Prozess der bildungsproduktbezogenen Akkreditierung zunehmend

an Bedeutung.  Vergleichbares gilt für die Zertifizierung. Wer ist befugt, auf der

Basis einer Prüfung ein Zertifikat auszustellen? Wie gut vergleichbar

sind Zertifikate? Wer erkennt sie an? etc. Hier sind klare Regelungen

unabdingbar.

Wie kann Lerneffektivität erzeugt und gesichert werden?

Entscheidend für die Qualität eines Bildungsproduktes ist seine Lern-

effektivität. Deshalb ist es gerechtfertigt, den Nachweis dieser Ef-fektivität einzufordern und seine empirische Absicherung zu verlan-

gen. Bevor dieser Prozess im Detail erläutert wird, sind ein paar

Bemerkungen zur Effektivität traditioneller Bildungsangebote ange-

zeigt.

Wie effektiv sind traditionelle Bildungsangebote?

Trotz der in vielen Bundesländern an den Universitäten durchgeführ-ten Lehrevaluationen weiß man über die Lerneffektivität traditionel-

ler universitärer Bildungsprodukte eher wenig. In den Evaluationen

wird nämlich nach den Einschätzungen der Studierenden in Bezug

auf die didaktische Qualität des Dozenten, die Aktualität des von

ihm vermittelten Lehrstoffes usw. gefragt. Die Frage allerdings, was

eine Vorlesung dazu beiträgt, eine Klausur oder eine Prüfung zu

bestehen oder gar eine berufsrelevante Qualifikation zu entwickeln,

ist damit nicht zu beantworten. 

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Qualitätssicherung interaktiver Studienangebote

 

Tatsächlich können Studierende bei schlechten Vorlesungen bzw.

Seminaren jederzeit durch Selbststudium ihre Leistungen verbessern –

ein gutes Abschneiden in einer Klausur lässt daher nicht zwangs-läufig auf eine gute Vorbereitung dieser Klausur durch die entspre-

chende Lehrveranstaltung schließen.

Suche nach

qualitativen

Unterschieden

zwischen traditionel-

len und interaktiven

Bildungsangeboten

im Hinblick aufLerneffektivität

  Aus dem Weiterbildungsbereich großer Unternehmen »weiß« man

immerhin, dass die Lerneffektivität des dort (immer noch) vorherr-

schenden Seminarbetriebes eher gering eingeschätzt wird. Von dem

Stoff, der in einem Weiterbildungsseminar behandelt wird, bleiben

bei den Adressaten kaum mehr als 20 bis 30 Prozent hängen, heißt

es hinter vorgehaltener Hand.  Dennoch ist die Frage nach der Lerneffektivität interaktiver Bil-

dungsangebote durchaus berechtigt. Schließlich geht es um Verbesse-

rungen des bestehenden Bildungsprozesses. Immer dann jedoch,

wenn Altes durch Neues ersetzt oder ergänzt werden soll, muss sich

das Neue die Frage gefallen lassen, ob es tatsächlich besser ist.

Lerneffektivität beurteilen

Lerneffektivität kann als Lernfortschritt in Relation zur Lernzeit

bestimmt werden. Einen entscheidenden Einfluss auf die Lernzeit hat

der Lernverlauf. Diese drei Variablen werden durch mindestens zwei

weitere Faktoren beeinflusst. Zum einen ist das Lernklima zu be-

rücksichtigen, zum anderen ist der curriculare Zusammenhang zu

beachten, in den ein interaktives Bildungsangebot eingebunden wer-

den soll. Für den Lernerfolg ist die didaktisch begründete curriculare

Einbettung des interaktiven Angebotes in ein Gesamtangebot von

entscheidender Bedeutung.  Der Lernfortschritt ist zu erfassen, um beurteilen zu können, ob

und wie viel Wissen die Lernenden beim Studium mit einem bestimm-

ten Bildungsprodukt erwerben. Hierbei kommt es vor allem darauf 

an, geeignete Methoden der Wissensdiagnostik einzusetzen, um das

erworbene Wissen adäquat erfassen zu können.  Der Zeitaufwand beim Lernen ist von großer praktischer Be-

deutung. Das wird unmittelbar deutlich, wenn man Lerneffektivität

als Lernfortschritt in einer bestimmten Lernzeit begreift und die Ana- 

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Studium online

 

logie zum physikalischen Leistungsbegriff (Arbeit in der Zeit) er-

kennt.

  In welcher Reihenfolge ein Lerner welche Inhalte studiert, wirdseinen Verstehensprozess unmittelbar beeinflussen. Wählt er eine un-

günstige Reihenfolge, so wird sich die Lernzeit verlängern. Darüber

hinaus liefert die Analyse des Lernverlaufs wichtige Hinweise darauf,

an welchen Stellen das Bildungsprodukt verbessert werden sollte.

Lernklima und allgemeine Rahmenbedingungen

spielen eine große Rolle

Lernfortschritt und

Lernzeit als Kriterien

für die Beurteilung

von Lerneffektivität

Nur ein Bildungsprodukt, das von den Lernenden positiv angenom-

men wird, führt auch langfristig zu gutem Lernerfolg. Umgekehrt

kann allerdings von einer hohen Akzeptanz keineswegs unmittelbar

auf gute Lerneffekte geschlossen werden.  Ob und in welchem Ausmaß ein interaktives Bildungsprodukt die

Lehre verbessert, hängt entscheidend davon ab, wie es in das beste-

hende Bildungsangebot integriert wird. Deshalb ist immer zu prüfen,

wie gut die curriculare Einbettung gelungen ist.

Wie sich Lerneffektivität erfassen lässt

Auf den ersten Blick scheint die Erfassung des Lernfortschritts ganz

einfach zu sein: Man misst, ob und wie weit der Lernende über das

Wissen verfügt, das er mit Hilfe des Bildungsproduktes hat erwerben

sollen. Fragt man aber danach, was genau der Lernende am Ende des

Lernprozesses können soll, so zeigt sich, dass man hier zwischenganz verschiedenen Fähigkeiten und Fertigkeiten unterscheiden muss.

Ein Beispiel soll erläutern, wie differenziert Wissen aus kognitions-

psychologischer Sicht betrachtet wird:  Zu Beginn des Spracherwerbs muss der Lernende beim Lesen

eines Satzes die Bedeutung eines jeden Wortes aus seinem Gedächtnis

abrufen und danach den Sinn mühsam entschlüsseln. Je weiter er

voranschreitet, desto mehr Wortdeutungen werden automatisiert:

Mit dem Hören oder Lesen stellt sich automatisch auch die Bedeu- 

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Qualitätssicherung interaktiver Studienangebote

 

tung des Wortes »im Kopf« ein. Neben einem entsprechenden Inven-

tar an Vokabeln sind auch grammatikalische Kenntnisse erforderlich.

Hierzu gehört nicht nur das Wissen über grammatische Regeln, son-dern auch das Wissen über Ausnahmen, Abweichungen von diesen

Normen. Um sich in einer Sprache flüssig ausdrücken zu können,

muss man feine Nuancen zwischen verschiedenen Wortbedeutungen

unterscheiden. Das geht nicht ohne umfangreiche Kenntnisse über

Idiome und den Kulturkreis der Sprache.  Will man vor diesem Hintergrund beurteilen, wie gut ein interak-

tives Sprachlernprogramm den Spracherwerb unterstützt, so muss

man zunächst prüfen, welche der verschiedenen kognitiven Fertigkei-

ten durch welche Programmteile vermittelt werden. Dann ist danach

zu fragen, wie gemessen werden kann, ob diese Fertigkeiten auch

erworben wurden.

Verfahren zur

Messung des

Lernfortschritts

  Um Wissen zu diagnostizieren, gibt es verschiedene Verfahren:

angefangen von Multiple-Choice-Aufgaben bis hin zum Abfassen

längerer schriftlicher Arbeiten. Alle Testformen haben ihre Stärken

und Schwächen hinsichtlich des Aufwandes und der Ergiebigkeit.

Daher muss bei jeder Testaufgabe überlegt werden, wie gut sie den

im Bildungsangebot vermittelten Lehrstoff abdeckt und ob ein Testwirklich das misst, was vermittelt wurde.

Messung von

Verstehens- und

Behaltensprozessen

  Ebenso wichtig wie die Frage, was man messen will, ist auch die,

wann man messen sollte. So kann man den Lernfortschritt direkt

nach einer Lernsitzung oder erst nach einem längeren Zeitintervall

erfassen. Diese Frage ist deshalb besonders interessant, weil wir in

der Regel erfahren möchten, ob ein Lernender das Wissen langfristig

behält.  Aus psychologischer Sicht unterscheidet man zwischen Verste-

hens- und Behaltensprozessen. Wenn wir von Verstehensprozessensprechen, meinen wir stets das direkte Nachvollziehen der dargebo-

tenen Informationen. Etwas behalten bedeutet, das Wissen auch

längerfristig bereit zu haben oder gar jemand anderem das Gelernte

erklären zu können. Das Verstehen von Informationen ist eine not-

wendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für längerfristiges

Behalten.

 

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Studium online

 

Lernzeit und Lernverlauf erlauben Rückschlüsse auf die Qualität

Verbesserung desLernsystems auf

der Basis exakten

Protokollierens

des Lernverlaufs

Lernzeit und Lernverlauf kann man anhand von Protokollen desNutzerverhaltens differenziert erfassen, um Stärken und Schwächen

der einzelnen Komponenten eines Bildungsproduktes zu erkennen.

Wenn beispielsweise zu bestimmten Textpassagen überdurchschnitt-

lich viele Erläuterungen aufgerufen werden oder einzelne Testaufga-

ben auffällig häufig falsch bearbeitet werden, so lässt dies in der

Regel auf mangelhaftes Kursmaterial schließen. Ein exaktes Proto-

koll des Lernverlaufs ermöglicht gezielte Verbesserungen eines Bil-

dungsangebotes. Vergleichbares gilt für die Benutzeroberfläche und

das Interaktionsdesign: Protokolle aller relevanten Benutzeraktivitä-

ten erlauben eine genaue Funktionsanalyse und so die Verminderung

überflüssiger oder hinderlicher Handlungsabläufe.

Akzeptanz: Kommt das Bildungsangebot an?

Bedeutung des

subjektivenLernerfolgs

Zum einen sollten die Lernenden beurteilen, wie ihnen ein Lernange-

bot gefällt. Dabei ist jeweils auch nach spezifischen Inhalten undFunktionen zu fragen, um das Angebot gezielt verändern zu können.

Entscheidend für eine hohe Akzeptanz bei Lernenden – zumindest

bei Erwachsenen – ist auch, dass sie das Gefühl haben, wirklich

etwas zu lernen und sinnvoll bei ihren Bemühungen unterstützt zu

werden. Auch wenn der Eindruck, viel gelernt zu haben, durchaus

nicht den tatsächlichen Lernerfolg widerspiegeln muss, ist der subjek-

tive Eindruck des Lernenden von großer Bedeutung, da er sich erheb-

lich auf die Bereitschaft auswirkt, mit dem Bildungsangebot zu arbei-

ten.Curriculare Einbettung

und Akzeptanz bei

Lehrenden und

Bildungs-

verantwortlichen

  Zwei Rahmenbedingungen sind für die Effektivität eines Lernsys-

tems von entscheidender Bedeutung: die curriculare Einbettung und

die Akzeptanz auch bei Lehrenden und Bildungsverantwortlichen.  Dabei geht es zunächst um die Fragen, welche Lernziele mit dem

Einsatz des interaktiven Bildungsproduktes erreicht werden sollen,

auf welche Weise das Bildungsprodukt dazu beiträgt und wie die

angestrebten Lernziele mit dem Gesamtcurriculum verbunden sind. Weiterhin ist zu erfassen, ob das Bildungsprodukt auch von den 

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Qualitätssicherung interaktiver Studienangebote

 

Lehrenden und Bildungsverantwortlichen akzeptiert wird. Nur wenn

die Personen, die ein Bildungsprodukt betreuen sollen, sich mit dem

Bildungsprodukt »anfreunden« können, werden sie den Einsatz un-terstützend begleiten.

Evaluationsstudien: Weshalb ist Bildungsmodell A besser als B?

Förderung der

Lerneffektivität

als Ziel von

Evaluationsstudien

Das Ziel einer Evaluationsstudie ist nicht nur die Feststellung, dass

das Bildungsangebot A besser ist als das Bildungsangebot B. Das

Erkenntnisinteresse besteht vielmehr darin herauszufinden, warum

Bildungsangebot A besser ist als Bildungsangebot B. Daher muss

stets genau geprüft werden, welche Komponenten eines Bildungsan-

gebotes zu welchen Lerneffekten führen, um substanzielle Erkennt-

nisse für die Verbesserung von Lehre identifizieren zu können.  Für Evaluationsstudien interaktiver Bildungsangebote sind zwei

zentrale Anforderungen aufzustellen: (1) Es sollten verschiedene

plausible Alternativen miteinander verglichen werden, um die Lernef-

fektivität beurteilen zu können. (2) Die Evaluation sollte einsatzbe-

gleitend ablaufen.  Wenn eine Evaluationsstudie ergibt, dass eine Lernergruppe A mit

dem Lernsystem X im Schnitt 60 Minuten braucht, um eine mittlere

Leistung von 80 Prozent im Behaltenstest zu erzielen, weiß man noch

nichts über die Lerneffektivität des Systems. Man weiß weder, ob 80

Prozent eine gute, eine mittlere oder eine schlechte Leistung bedeu-

ten, noch weiß man, ob 60 Minuten Lernzeit viel oder wenig sind.

Aussagen zur Effektitivät lassen sich in aller Regel nur als Vergleichs-

urteile abbilden.

  Für solche Vergleiche lassen sich mindestens drei Vorgehensmög-lichkeiten unterscheiden:

Konventionelle versus

interaktive

Bildungsangebote

  Die erste Klasse von Vergleichen umfasst die Gegenüberstellung

von interaktiven und konventionellen Lehrveranstaltungen. Will

man beispielsweise untersuchen, ob ein interaktives Lernangebot zu

besseren Ergebnissen führt als ein Seminar, so vergleicht man die

Lernergebnisse nach Bearbeiten des Lernsystems mit den Ergebnissen

am Ende des Seminars. Dieser Vergleich birgt jedoch eine Reihe von

methodischen Problemen: 

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Studium online

 

– Der Lernerfolg beim Seminar wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit

dann höher, wenn hier mehr individuelles Coaching stattfinden

würde als bei dem interaktiven Bildungsprodukt. Hat der Studentim Seminar nämlich die Möglichkeit, Verständnisfragen zu stellen

und direkt beantwortet zu bekommen, dann wird er Verständnis-

schwierigkeiten schneller beheben können, als dies mit einem

interaktiven Bildungsangebot möglich ist.

– Sind in das interaktive Bildungsprodukt Wissensdiagnosen einge-

baut, die dem Lerner erlauben, seinen Wissensstand zu erfahren

und gezielt Wissenslücken zu schließen, so wird am Ende vermut-

lich das Lernergebnis mit dem Bildungsprodukt deutlich höher

ausfallen.

Ein einfacher Vergleich der Lernergebnisse zwischen konventionel-

len und interaktiven Bildungsangeboten ist keineswegs trivial zu in-

terpretieren. Man muss sehr genau prüfen, in welchen Aspekten sich

die beiden Angebote unterscheiden, um klare Hinweise auf die tat-

sächlichen Ursachen für die gefundenen Unterschiede zu erhalten.

Unterschiedliche

Gruppen arbeiten mit

demselben Produkt.

  Die zweite Klasse von Vergleichen beobachtet verschiedene Ler-

nergruppen mit demselben Bildungsangebot. Bei interaktiven Bil-

dungsangeboten ist es jederzeit möglich und vor allem auch wün-schenswert, dass Studierende verschiedener Universitätsstandorte mit

demselben Bildungsangebot arbeiten. Ob und wie gut das gelingt,

sollte Gegenstand empirischer Untersuchungen sein.

Verschiedene

Varianten desselben

Bildungsproduktes

und Vergleich

plausibler

Alternativen

  Um Kursangebote schrittweise optimieren zu können, sollten ver-

schiedene Varianten desselben Bildungsangebotes realisiert werden,

bei denen man aufgrund bekannter Eigenschaften der beteiligten In-

formationsverarbeitungsprozesse positive Ergebnisse erwarten darf.

Dann kann im Rahmen von Vergleichsstudien beispielsweise geprüft

werden, ob aufwendige und kostenintensive Animationen zur Erläu-terung eines Sachverhaltes zu besseren Lernergebnissen führen als

einfachere und kostengünstigere Darstellungsformen des gleichen

Sachverhaltes.

Auswertung der

Qualität interaktiver

Bildungsprodukte auf

der Mikro- und

Makroebene

  Der Evaluationsprozess zur Bestimmung der Lerneffektivität sollte

auf der Mikroebene sukzessive und auf der Makroebene zyklisch

erfolgen.  Mikroebene: Beim Einsatz eines interaktiven Bildungsangebotes

ist im Allgemeinen festzustellen, dass bestimmte Bildungsinhalte gut, 

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Qualitätssicherung interaktiver Studienangebote

 

andere Inhalte eher schlecht vermittelt werden konnten. Ein solches

Ergebnisprofil kann in einer Stärken-/Schwächenanalyse dargestellt

werden. Nun kann vor dem nächsten Einsatz des Bildungsproduktesversucht werden, die Schwächen zu beseitigen. Bei der erneuten Eva-

luation des optimierten Bildungsproduktes stellt man dann hoffent-

lich fest, dass die im ersten Durchgang ermittelten Schwächen tat-

sächlich beseitigt werden konnten. Durch den wiederholten Einsatz

des Bildungsproduktes in der relevanten Zielgruppe und der Schritt

für Schritt erfolgenden Beseitigung der Mängel kann man so ein in-

teraktives Bildungsprodukt sukzessive optimieren.  Makroebene: Aufgrund der raschen Veränderungen in vielen

Qualifikationsbereichen sind Bildungsprodukte immer wieder an

neue Bedingungen anzupassen und um weitere Inhalte zu ergänzen.

Nach einer entsprechenden Erweiterung – respektive Überarbeitung

– sollte erneut geprüft werden, ob das Bildungsprodukt nach wie vor

hohe Lerneffizienz aufweist. Werden hierbei wiederum Schwächen

festgestellt, können diese erneut sukzessive beseitigt werden.

Rein statistische Auswertungen liefern magere Ergebnisse

Hat man in dem bisher beschriebenen Evaluationsprozess viele Daten

zur Lerneffektivität erhoben, stellt sich die Frage, welche Schlussfol-

gerungen aus den Ergebnissen gezogen werden können. Eine bloße

statistische Analyse reicht dazu nicht aus. Bei der Interpretation der

Ergebnisse ist ein erhebliches Maß an Sachverstand und Praxiswissen

einzubringen, um keine zu weit reichenden oder gar falschen Schlüs-

se zu ziehen.

  Stellt man beispielsweise in einem Evaluationsschritt fest, dass Stu-

dierende ein angebotenes Glossar selten nutzen und auch negativ be-

werten, so kann dies mindestens drei verschiedene Ursachen haben:

– Die Begriffserläuterungen im Glossar sind schwer verständlich

und unterstützen somit nicht den Lernprozess.

– Alle im Glossar vorgestellten Begriffe werden bereits im Bildungs-

angebot so gut erläutert, dass die Studierenden sie nicht nach-

schlagen müssen.

– Begriffe, die erläutert werden sollten, fehlen im Glossar. 

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Studium online

 

Sukzessive

Beseitigung der

Ursachen fürmangelnde

Lerneffizienz

Auf ein solches Ergebnis kann man auf zweierlei Weise reagieren:

Entweder kann man im nächsten Evaluationsschritt die Benutzung

des Glossars nochmals genau beobachten und die Lerner gezielt be-fragen, welche der Ursachen sie für plausibel halten.  Oder man kann einen gezielten Vergleich verschiedener Alternati-

ven durchführen, etwa indem man verschiedene Varianten des Glos-

sars anbietet und deren Nutzung beobachtet.

Wie verhalten sich Nutzen und Kosten zueinander?

Bei den folgenden Ausführungen wird zwischen der Entwicklung von

interaktiven Bildungsprodukten und Informationssystemen für die

Hochschullehre unterschieden. Interaktive Bildungsprodukte stellen

zum einen Anwendungen dar, die eine Wissensdomäne (z. B. eine

Standardvorlesung oder ein ausgewähltes Thema) multimedial prä-

sentieren; weiterhin gehören hierhin auch Werkzeuge, mit denen in-

teraktive Bildungsprodukte erzeugt werden. Informationssysteme für

die Hochschullehre dienen der Administration solcher Anwendungen

und anderer digitaler Objekte sowie der Kommunikation zwischenden Hochschulangehörigen. Sie unterstützen dabei entweder die ge-

samte Hochschule, einzelne Fakultäten, häufig aber auch nur Institu-

te, Lehrstühle oder Lehreinheiten.  Beispiele von Informationssystemen für die Hochschullehre sind

etwa die virtuelle Universität der Fern-Universität Hagen, das

VIRTUS-Projekt der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fa-

kultät der Universität zu Köln, das Konzept der computergestützten

Hochschullehre der Universität Münster sowie der WINFOLine-

Verbund, der von der Universität Saarbrücken koordiniert wird.  Eine Evaluation von Multimedia-Entwicklungen hat nach Mög-

lichkeit eine Quantifizierung des Nutzens und der Kosten im Rah-

men von Controlling-Modellen zum Ziel. Bei der Gestaltung der

Modelle sind die wesentlichen Eigenschaften von interaktiven Bil-

dungsprodukten und Informationssystemen für die Hochschullehre

differenziert zu betrachten. Ihre Entwicklung ist als wesentlicher Bei-

trag zur Qualitätssicherung von interaktiven Bildungsangeboten an-

zusehen. 

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Qualitätssicherung interaktiver Studienangebote

 

Wie wirtschaftlich sind interaktive Bildungsprodukte?

Es gibt für interaktive Bildungsprodukte keine einheitlichen Stan-dards, nicht einmal auf nationaler Ebene. Das wäre wohl auch zu viel

verlangt, da es das interaktive Bildungsprodukt nicht gibt. Vielmehr

existiert eine Vielzahl von Entwicklungen mit unterschiedlichen Zie-

len, die aus divergierenden Ansprüchen resultieren.

Probleme der

Methodik der

Nutzenbestimmung

  Bei der wirtschaftlichen Evaluation geht es vorrangig um den Nut-

zen eines Produktes. Untersucht werden kann, wie hoch einzelne

Teilnutzen (z. B. Verständnis- und Gedächtnisleistungen) bei einem

gegebenen Produkt – und damit auch bei einem gegebenem Budget –

zu bewerten sind. Diese Fragen sind zwar von besonderem Interesse

bei Entwicklung und Anpassung spezifischer Eigenschaften von

interaktiven Bildungsprodukten. Doch die Frage nach einer effizien-

ten Nutzen-Kosten-Relation des Gesamtproduktes wird damit noch

nicht beantwortet. Erst die Quantifizierung des Gesamtnutzens wür-

de die Möglichkeit bieten, einen Vergleich zwischen verschiedenen

Produkten anzustellen. Aber selbst wenn jeder Teilnutzen zufrieden-

stellend bewertet wird, besteht die methodische Schwierigkeit, die

Zwischenergebnisse zu einem Gesamtnutzen zu aggregieren, da dieeinzusetzenden multikriteriellen Verfahren, wie z. B. die Nutzwert-

analyse, erhebliche Schwächen beinhalten. Die Evaluation der Nut-

zenkomponente von interaktiven Bildungsprodukten ist keineswegs

als methodisch ausgereift anzusehen. Das Endergebnis einer Aggre-

gation kann deshalb nur unter Vorbehalt akzeptiert werden. Zur Un-

terstützung von Entscheidungen kann die Nutzenbestimmung durch-

aus akzeptiert werden.

»Quick and clean« 

als alternativeAnwendung zu

teuren Multi-

media-Produkten

  Neben dem Nutzen sind die Kosten der Entwicklung und des Ein-

satzes der Produkte zu untersuchen. Die Frage, wie teuer ein interak-tives Bildungsprodukt ist, ist wenig sinnvoll, da analog zur Nutzen-

seite auch hier zwischen einer Vielzahl von Varianten unterschieden

werden muss. Oft werden interaktive Bildungsprodukte mit Multi-

media-Produkten gleichgesetzt, von denen behauptet wird, sie wür-

den regelmäßig mehr als 1 000 000 DM kosten. Dies mag für kom-

plexe Anwendungen gelten, in denen neben Text tatsächlich stehende

und bewegte Bilder, aufwendige Animationen und Ton eingesetzt

werden. Es ist aber keinesfalls zwingend, alle interaktiven Wissens- 

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produkte im vollen Multimediaumfang zu produzieren. Quick-and-

clean-Lösungen (z. B. PowerPoint-Animationen, einfache HTML-

Seiten oder digitale Skripte) werden in vielen Fällen sogar zu einemhöheren Nutzen führen.  Es mag überraschen, dass auch die Konzepte zur Planung und

Kontrolle der Kosten von interaktiven Bildungsprodukten als noch

unterentwickelt anzusehen sind. Häufig wird nur das Kostenbudget

zur Entwicklung eines Produktes analysiert. Tatsächlich sollte sich

das Controlling auf den gesamten Lebenszyklus (life cycle) eines

Objektes beziehen und neben der Entwicklungsphase auch die Nut-

zungsphase beinhalten.  Zwischen den Kosten und den Nutzen von interaktiven Bildungs-

produkten besteht ein enger Zusammenhang. Dennoch sind die

Kosten keinesfalls als Nutzentreiber anzusehen. Man muss zwischen

spezifischen Kosten- und Nutzentreibern unterscheiden. Die Kosten

einer zusätzlichen HTML-Seite korrespondieren zwar unmittelbar

mit ihrem Nutzen, falls wirtschaftliches Verhalten vorausgesetzt

wird. Andere zu Kosten führende Ressourcenverbräuche weisen je-

doch keinen unmittelbaren (Teil-)Nutzen auf. Die Zusammenhänge

zwischen Nutzen, Kosten und ihren Determinanten sind nicht zuletztdeshalb so komplex, weil bei der Entwicklung von Multimedia-Pro-

dukten nicht nur das Wissen aus dem geplanten Anwendungsbereich

(z. B. Betriebswirtschaftslehre), sondern auch weitere Erkenntnisse

aus der Pädagogik, der Psychologie und der Gestaltungslehre zu be-

rücksichtigen sind.

Wie ein Controlling für die Hochschullehre aussehen könnte

Mehr Transparenz

auf der Kostenseite

Bei interaktiven Bildungsprodukten ist eine Kostenanalyse trotz der

hier dargelegten Probleme zumindest näherungsweise realisierbar,

wenn auf bewährte Budgetierungsverfahren und multikriterielle

Verfahren zurückgegriffen wird. Dagegen sind bei größeren interak-

tiven Bildungssystemen für die Hochschullehre neue Überlegungen

zum Controlling erforderlich. Der Nutzen innovativer Konzepte

dieser Kategorie ist im Regelfall nicht seriös quantifizierbar. Es han-

delt sich hier um strategische Entscheidungen einer Hochschulinsti- 

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Qualitätssicherung interaktiver Studienangebote

 

tution, die durch Argumente und Szenarien-Diskussionen qualitativ

formuliert werden sollten. Dabei sind insbesondere Vergleiche zur

Fortführung des Status quo vorzunehmen. Auch wenn die Nutzensei-te nicht allein unter Kostengesichtspunkten zu betrachten ist, sollten

Investitionsrechnungen für die geplante Inanspruchnahme von Res-

sourcen durchgeführt werden.  Neben der Planung und Kontrolle von Investitionsauszahlungen –

gegebenenfalls um Einzahlungen korrigiert – während der Entwick-

lung des Systems sollte hier auch ermittelt werden, wie hoch die

Ausgaben – und Einnahmen – während der Nutzungsphase im Ver-

gleich zu einem herkömmlichen Vorlesungsbetrieb sind. Allerdings

stellen die Einzahlungen lediglich einen Teil des ansonsten nicht

quantifizierbaren Nutzens dar.  Selbst wenn für die Analyse der Vorteilhaftigkeit eines interakti-

ven Bildungsvorhabens wegen der Bewertungsproblematik keine

Auszahlungen erhoben werden können, sondern »lediglich« die Ver-

bräuche von Sach- und Personalressourcen, ist dies schon ein erhebli-

cher Erkenntnisfortschritt gegenüber der derzeit vorherrschenden

Situation an den Hochschulen.

  Im Folgenden sollen einige Realisierungsvorschläge zum Controll-ing der oben skizzierten Produkte und Systeme unterbreitet werden.

Vorschläge für ein effizientes Controlling

Standardisiertes

Vorgehen als

Voraussetzung zur

Klassifizierunginteraktiver

Bildungssysteme

Um die Nutzen-Kosteneffizienz sinnvoll zu operationalisieren, emp-

fiehlt sich ein standardisiertes Vorgehen. Nur so ist eine vergleichen-

de Beurteilung möglich.

  Grundsätzlich ist ein prozessorientiertes Controlling zu fordern.Dabei steht der in Entwicklungs- und Nutzungsphasen gliederbare

Lebenszyklus von interaktiven Bildungsprodukten im Vordergrund

der Betrachtung. Die Vielzahl und Verschiedenartigkeit bereits reali-

sierter, aber auch denkbarer Bildungsobjekte macht ihre Klassifizie-

rung (Typologisierung) erforderlich.

Entwicklung eines

spezifischen

Vorgehensmodells

  Für jede Klasse sind spezifische Entwicklungsprozesse zu identi-

fizieren, denn es gibt kein einheitliches Vorgehensmodell zur Ent-

wicklung von interaktiven Bildungsobjekten. Interaktive Bildungspro- 

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dukte und -systeme für die Hochschullehre können als Beispiele für

spezifische (Ober-)Klassen angesehen werden, bei denen die typische

Kosten- und Nutzenentwicklung offensichtlich unterschiedlich ver-läuft. Bei interaktiven Bildungsprodukten fallen nach Abschluss des

Entwicklungsprozesses kaum noch Kosten an. Interaktive Bildungs-

systeme sind hingegen nicht nur durch hohe Entwicklungs-, sondern

auch durch hohe Nutzungskosten gekennzeichnet.

Analyse der

Nutzen-/Kosten-

effizienz unter

betriebswirtschaft-

lichen Aspekten

  Die prozessorientierte Betrachtung wird als geeignete Basis zur

Planung, Erfassung und Kontrolle von Nutzen und Kosten angese-

hen. Ihr spezieller Vorteil dürfte darin bestehen, dass die Beschäfti-

gung mit der Prozessgestaltung häufig zu einer Umstrukturierung

von Entwicklungsprozessen führt oder die Frage aufwirft, ob Kom-

ponenten selbst entwickelt oder zugekauft werden sollen. Insofern

kann die prozessorientierte Betrachtung der Kostenentstehung letzt-

lich auch zur Effizienzsteigerung beitragen.

So lassen sich Nutzen und Kosten beurteilen

Referenzmodelleals Mittel zur

Verdeutlichung des

Zusammenhanges

zwischen verschiede-

nen Klassen von

Multimedia-Objekten

Die Untersuchung von Nutzen und Kosten ist zunächst gesondertvorzunehmen, da hierfür spezifische Methoden erforderlich sind.  Zunächst ist zu klären, ob eine Quantifizierung des Nutzens über-

haupt möglich ist. Das ist insbesondere bei strategischen Vorhaben

kaum seriös realisierbar. Für diejenigen Objekte, die für eine Nut-

zenbewertung in Frage kommen, sind sodann die Nutzendeterminan-

ten (Nutzentreiber) zu bestimmen, um die gewünschten Klassen zu

bilden. Anschließend sind die zu untersuchenden Multimedia-Objekte

in die gebildeten Klassen einzuordnen. Dabei können einzelne klas-

senspezifische Mindestansprüche vorgegeben werden, um einen Min-

destnutzen zu garantieren.  Langfristig sollten für einzelne Klassen Referenzmodelle entwi-

ckelt werden, die den Zusammenhang zwischen den Klassen der

Multimedia-Objekte und den für diese typischen Entwicklungs- und

Nutzungsprozessen darstellen. Damit wird auch eine spezifische Kos-

tenbewertung möglich.  Das Bewerten von Kosten bzw. Ausgaben bei Entwicklung und

Einsatz von interaktiven Bildungsprodukten und -systemen sollte in 

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Qualitätssicherung interaktiver Studienangebote

 

Detallierte

Kostenplanung und

-erfassung bei derVergabe von

Fördermitteln

der universitären Praxis intensiver betrieben werden als bisher. Häu-

fig erfolgen nur eine intuitive Planung der benötigten Personal- und

Sachmittel sowie eine pauschale Kostenkontrolle, bei der lediglichdarauf geachtet wird, dass das vorgegebene Budget nicht überschrit-

ten wird. Ministerien oder Stiftungen sollten bei der Vergabe von

Fördermitteln eine detailliertere Planung und Erfassung der Ausga-

ben unter Berücksichtigung eines Systems von Kostentreibern zur

Auflage machen. Das gilt auch für das Self-Controlling bei eigenfi-

nanzierten Projekten. Für diese Aufgaben sollten konsequenterweise

finanzielle Mittel eingeplant werden.

Ermittlung der Kosten

von Bildungssystemen

mit Hilfe von

Referenzmodellen

  Die Bewertung der Kosten erfolgt für die jeweiligen Klassen von

Bildungssystemen auf Basis der erarbeiteten Referenzmodelle. Dazu

ist zunächst die zutreffende Variante des Referenzmodells zu identifi-

zieren. Dann sind die verwendeten Ressourcen zu planen bzw. zu

erfassen und zu quantifizieren. Dabei sind Zeit- und Mengengerüste

mit Kostensätzen oder Marktpreisen zu gewichten und zu untersu-

chen, ob automatische Zeiterfassung durch software monitoring 

möglich ist. Bei der Messung der Ressourcen-Inanspruchnahme ist

davon auszugehen, dass Mitarbeiter – gerade im universitären Be-

reich – selten ausschließlich mit der Entwicklung eines einzigen inter-aktiven Bildungsobjektes beschäftigt sind. Dies gilt insbesondere

auch für Hochschullehrer, deren Ressourcen-Einsatz regelmäßig bei

der Budgetierung von Projekten nicht explizit einbezogen wird. Auch

diese Kosten sollten im Gesamtbudget berücksichtigt werden.

Controlling-Analysen sind effizient

Effektive Durch-

führung von

Abweichungs-

analysen durch

den Einsatz von

Benchmark-Tests

sowie von Best-

Practice-Konzepten

Bei Controlling-Analysen geht es um Plan-, Ist- und Abweichungsbe-trachtungen. Die Planung des Nutzens und der Kosten ist konsequent

vor Projektbeginn durchzuführen.  ZurObjektivierungderKostenplanung lassensichdanndiezugehö-

rigen Referenzmodellvarianten heranziehen. Während und nach Ab-

schluss der Projektarbeit sind Ist-Werte zu erfassen. Zur Operationa-

lisierung des Ist-Nutzens können Hochschulen Marktanalysen, an

erster Stelle in Form von Nutzerbefragungen, durchführen. Bei fertigen, »marktreifen« interaktiven Bildungsprodukten sollte 

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Studium online

 

der Entwickler sein System in den Klassen von Multimedia-Objekten

positionieren und dann eine Konkretisierung der Lernziele zusam-

men mit seinem Produkt publizieren, um die geplante Lerneffizienztransparent und gegenüber den zukünftigen Nutzern (Marktteilneh-

mern) verbindlich zu machen. Eine derartige Standardisierung durch

Selbstauskunft gegenüber potenziellen Anwendern hat im Vergleich

zu einer zentralen Vergabe von Gütesiegeln erhebliche Vorteile.

InteraktiveBildungsangebote:Potenziale,ProblemeundPerspektiven

Beim Einsatz interaktiver Bildungsprodukte ist zurückhaltender Op-

timismus angebracht, da sie – zumindest bislang noch – von vielen

Beteiligten nicht akzeptiert werden. Die folgenden Thesen zeigen

exemplarisch auf, wo sich beim langjährigen Einsatz interaktiver

Selbstlernsysteme, multimedial unterstützter Vorlesungen und virtuel-

ler Lernumgebungen Probleme, aber auch Vorteile gezeigt haben.

Daraus können Erkenntnisse gewonnen werden, die bei der Anwen-

dung und der weiteren Entwicklung interaktiver Bildungsangebote

bedacht werden sollten.  Charakteristisch für die hier genannten und untersuchten Systeme

sind umfangreiche Lerninhalte, welche die Vermittlung ganzer Wis-

sensgebiete zum Ziel haben. Beispielhaft kann dies die »Einführung in

die BWL« in Würzburg mit etwa 100 Stunden aufzeigen. Mit der

Ausarbeitung des Inhaltes war die Entwicklung von Autorenwerk-

zeugen verbunden, die sowohl hypermediale Verknüpfungen des

Lernstoffes als auch die Angleichung der von verschiedenen Autoren

erstellten Beiträge unterstützen müssen. Entsprechend dem techni-

schen Fortschritt und der gewonnenen Erkenntnisse müssen laufendneue Generationen dieser Autorenwerkzeuge entstehen und – als

nicht zu unterschätzendes Problem – auch neue Darstellungsformen

für den Inhalt gefunden werden.  Zur Evaluation des multimedialen Lernens im Vergleich zum klas-

sischen Lehrangebot wurden die Klausurergebnisse von Gruppen

multimedial und konventionell unterrichteter Probanden verglichen,

die Teilnehmer über ihre Eindrücke befragt und das Lernverhalten

der Nutzer von Selbstlernsystemen beobachtet. 

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Qualitätssicherung interaktiver Studienangebote

 

Einige Probleme und ihre Lösungen

Rolle der Wissen-schaftsdiagnostik

bei der Entwicklung

multimedialer

Bildungsangebote

Studierende akzeptieren interaktive Lernsysteme noch nicht als allei-nige Lernumgebung. Es fehlt das Vertrauen in die Vollständigkeit des

Materials. Gleichzeitig kann einegute Präsentationsform einen »Schon-

klar-Effekt« (illusion-of-knowing effect ) erzeugen, der nur durch

integrierte Rückfragen und Aufgaben des Systems korrigiert werden

kann.  Das menschliche Erinnerungsvermögen erlaubt nur zum Teil die

direkte Reproduktion des Lehrstoffes. Oftmals kann man sich aber

an die Situation erinnern, in der etwas gelernt wurde. Um dieses

Wissen zu nutzen, muss der Lerner auch lange nach dem Bearbei-

tungsprozess des Stoffes in möglichst gleicher Weise auf das Lehrma-

terial zugreifen können (Reihenfolge, Seitenaufmachung, Farbgebung

etc.).  Dies verlangt bei der Verwendung rein netzbasierter Lernsysteme

auch die zeitlich dokumentierte Bereitstellung vorausgegangener

Versionen bzw. das Angebot zum Herunterladen. Das Sicherheitsge-

fühl, das durch die Nachschlagemöglichkeit beim Buch vermittelt

wird, ist auch für das Vertrauen in die Lernumgebung wichtig.  Die bisher übliche undifferenzierte Betrachtungsweise verwirrt die

heutigen Lehrkräfte, die nach Sparmöglichkeiten suchenden Politiker

und nicht zuletzt die Lernenden selbst. Die Konsequenzen der Diffe-

renzierung liegen in der Erkenntnis, dass das Lernen mit Multimedia

zwar anschaulicher und damit auch angenehmer gestaltet werden

kann, dass aber die Ausbildungskosten (Geld und Zeit) nur schwer zu

reduzieren sind. Die Entwicklung und Fortschreibung von erfolgrei-

chen Lernsystemen ist sehr kosten- und zeitintensiv. Gleichzeitig er-

warten und brauchen die Studierenden auch die persönliche Anlei-tung und das persönliche Interaktionstraining.

Einsatz und

Effektivität bei

Frontalunterricht,

Selbstlernen und

virtueller

Lernumgebung

  Das Üben von Fertigkeiten kann gut im Rahmen von virtuellen

Lernumgebungen unterstützt werden. Dabei wird auch das Ver-

ständnis der Funktionsgrundlagen gefördert. Die Entwicklung sol-

cher die Realität simulierender Lernumgebungen ist allerdings sehr

aufwendig, und ihre Anwendung bedingt auch einen hohen Personal-

aufwand für die Betreuung.

 

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Studium online

 

Verhältnis von

Darstellungsaufwand

und angestrebtemLernergebnis

  Durch schönere und damit aufwendigere Darstellungen wird nicht

unmittelbar ein besseres Lernergebnis erzielt. Es besteht sogar, wie

ausgeführt, die Gefahr, dass eine besonders einleuchtend und pro-blemlos gestaltete Umsetzung von komplexen Zusammenhängen beim

Betrachter die trügerische Sicherheit hervorrufen kann, er habe das

Gelernte verstanden. Andererseits ist die Finesse der Darstellung ein

wesentliches Bewertungselement für die Studierenden. Dieses Krite-

rium ist jedoch der laufenden technischen Weiterentwicklung und

neuen Trends unterworfen, so dass bei ständiger Anpassung ein

Amortisationsproblem entsteht.

Mit Qualitätssicherung und Controlling die Konkurrenzfähigkeitdeutscher Bildungsangebote sichern

Aus den geschilderten Einsatzerfahrungen und den aufgezeigten Pro-

blemlösungen ergeben sich drei zentrale Rahmenbedingungen, denen

bei der weiteren Entwicklung interaktiver Lernsysteme Beachtung

geschenkt werden sollte:

– Die Entwicklungsumgebung muss die konsistente Darstellung undVerknüpfung auch bei mehreren Autoren sichern.

Es ist für multimediale Lernsysteme notwendig und sinnvoll, dass

sie von mehreren Autoren entwickelt werden. Der Lernende soll

jedoch nicht durch verschiedene Darstellungsideen der Beteiligten

verwirrt werden.

– Die Systeme müssen von vornherein auf Erweiterbarkeit und Ak-

tualisierbarkeit angelegt sein.

Der große Entwicklungsaufwand macht einen längerfristigen

Einsatz notwendig. Nur eine objektbezogene Komposition derBildschirmseiten erlaubt eine effiziente Fortschreibung der In-

halte.

– Auch die Entwickler müssen den Lernstoff verstehen, und die

Autoren der Lerninhalte müssen über weitreichende Kenntnisse

der Möglichkeiten zur interaktiven und multimedialen Darstel-

lung verfügen.

Für die sinnvolle Nutzung der multimedialen Möglichkeiten ist

es notwendig, den Lernstoff in Beispielen bzw. Gleichnissen ab- 

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Qualitätssicherung interaktiver Studienangebote

 

zubilden und zu veranschaulichen. Dies kann nur im Zusammen-

spiel von medienbezogen ausgebildeten Fachautoren mit fach-

kundigen Medienentwicklern geschehen.Interaktive und multimediale Bildungsangebote werden auf dem

weltweiten Bildungsmarkt der Zukunft eine bedeutende Rolle spie-

len. Sie werden herkömmliche Bildungsformen nicht verdrängen,

aber in erheblichem Umfang ergänzen. Voraussetzung dafür, dass sie

wirkungsvoll und konkurrenzfähig eingesetzt werden können, ist

neben der Schaffung geeigneter rechtlicher Rahmenbedingungen die

Entwicklung angemessener Verfahren der Qualitätssicherung und des

Controlling. Eingeführte Methoden leisten hierzu bereits wertvolle

Beiträge. Sie sind entsprechend den besonderen Anforderungen der

Lehre und der technischen Entwicklung weiter zu vervollkommnen

und konsequent zu nutzen.

 

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 Technologie und Infrastruktur:Standardisieren schafft Vorteile

 José L. Encarnaçao, Wolfgang Kraemer,

August Wilhelm Scheer, Dennis Tsichritzis

So hat Thomas S. sich das nicht vorgestellt. Der Studienanfänger hat

sich für ein BWL-Studium mit dem Schwerpunkt »Internationales

Management und Consulting« bei einem Kooperationsverbund von

Universitäten entschieden, die mit dem Slogan Join the future – life-

long leadership werben. Doch gleich zu Beginn gibt es eine ärgerli-che Panne.  Dreißig Minuten vor Beginn des Einführungskurses in das E-

Learning erhält Thomas S. die Nachricht, dass wegen technischer

Probleme mit den zentralen Lernservern die Veranstaltung nicht wie

vorgesehen am Rechenzentrum, sondern von einem Assistenten an

einem Lehrstuhl seines Studienfaches durchgeführt wird. Auf eine

E-Mail-Anfrage, ob der geplante zweite Teil des Kurses in acht Wo-

chen stattfinden wird, erhält er nach sechs Wochen die Anwort, dass

die Zuständigkeit für die damit einhergehende Betreuung seit mehre-ren Jahren in einem Expertenkreis mehrerer Hochschulen intensiv

diskutiert werde und zur Zeit keine Ressourcen verfügbar seien.  Doch dies ist nur der Anfang des Ärgers. Nach sechs Monaten

intensivster Nutzung von multimedial aufbereiteten Lerninhalten

zieht Thomas S. eine niederschmetternde Zwischenbilanz:  Sein Curriculum bis zum Vordiplom setzt sich aus 36 Einzelleis-

tungen von 24 Lehrstühlen an zwölf Standorten zusammen. Wie sich

erst jetzt herausstellt, konnte sich der Kooperationsverbund aller- 

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Studium online

 

dings noch nicht auf ein einheitliches E-Learning-Anwendungssystem

einigen. Die Einschreibung zu den verschiedenen Online-Kursen

muss daher 36fach durchgeführt werden – obwohl alle Daten bereitsbei der Immatrikulation an seiner Heimat-Universität erfasst wurden.

Diese könnten, so wird ihm offiziell mitgeteilt, aus Datenschutz-

gründen nicht weitergeleitet werden. Inoffiziell ist zu hören, die Uni-

versität habe Probleme bei der Integration ihrer Informationssysteme

mit den E-Learning-Anwendungen.  Die Einarbeitung in zwölf verschiedene virtuelle Lern- und Wis-

senswelten im ersten Semester hat Thomas S. zwar mit den Vor- und

Nachteilen der einzelnen E-Learning-Anwendungen vertraut ge-

macht; das war aber derart zeitaufwendig, dass er kaum zur Be-

schäftigung mit den Inhalten kam. Erhebliche Schwierigkeiten berei-

tet ihm auch, dass die Lerninhalte völlig unterschiedlich aufbereitet

sind und vermittelt werden. So sind die Lerninhalte eines Lehrstuhls

eher mit textorientierten »Blättermaschinen« vergleichbar, während

ein anderer exzellent aufbereiteten multimedialen Content bietet.

Darüber hinaus gestaltet sich die Interaktion mit den Lehrenden

überaus schwierig, weil vier Lehrstühle nur über unzureichende

Netzbandbreiten verfügen und insgesamt sechs verschiedene Kom-munikations- und Kollaborationsdienste im Einsatz sind. Eine Be-

schwerde über die technischen Schwierigkeiten und die mangelhafte

Infrastruktur bringt wenig: Zwölf Professoren antworten auf seine

E-Mail-Anfrage überhaupt nicht, sechs Professoren verweisen per

Formbrief auf das Teletutoring ihrer Assistenten, vier Professoren tei-

len mit, dass Prüfungsleistungen der Partner-Universitäten aus Asien

und Lateinamerika nur mit Auflagen und vorbehaltlich einer noch

nicht erfolgten Abstimmung zertifiziert werden. Gerade einmal zwei

Professoren antworten schnell und zufriedenstellend.Fazit: Auf dem

Weg zur virtuellen

Universität sind bei

weitem nicht nur

technologische

Probleme zu lösen.

  Innerhalb der nächsten drei Semester wird Thomas S. von 48 ver-

schiedenen Teletutoren betreut. Die Aufzeichnungen zu seinen absol-

vierten Lerninhalten sowie den Lernfortschritt verwaltet Thomas S.

mittlerweile auf dem Papier. Bei der Bewerbung um ein Praktikum

bei einem internationalen Unternehmen stellt er fest, dass der elek-

tronische Lernpass leider nicht kompatibel zur Skill-Datenbank die-

ses Konzerns ist. Der Sprecher der Entwicklungsgruppe dieser in

einem Verbund mehrerer Hochschulen realisierten Software-Kompo- 

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Technologie und Infrastruktur: Standardisieren schafft Vorteile

 

nente teilt lapidar mit, dass die Gruppe sich den weltweit etablierten

Schnittstellenstandards wegen Zweifeln an deren Leistungsfähigkeit

nicht habe anschließen wollen. Die Praktikumsstelle geht an einenBewerber aus einem Entwicklungsland.  Die Erlebnisse unseres Musterstudenten Thomas S. mögen dras-

tisch und zugespitzt sein. Punktuell treffen sie auf den Alltag an

vielen deutschen Hochschulen zu.

Vorbereitungen für

den Bildungsmarkt

der Zukunft

  Es gibt heute kaum noch eine Bildungsinstitution, die sich nicht

mit der Fragestellung beschäftigt, wie sie eine stabile Wettbewerbs-

position im Bildungsmarkt der Zukunft erreichen kann. Die Ber-

telsmann Stiftung und die Heinz Nixdorf Stiftung haben dazu eine1ausführliche Dokumentation erarbeiten lassen. Die Liste netzba-

sierter und multimedial aufbereiteter Bildungsangebote rund um den

Globus wird täglich länger, das entsprechende Lehr- und Lernange-

bot an deutschen Hochschulen ist allerdings sehr heterogen. Begriffe

wie Telelearning, E-Learning, Distance Learning, Web based Trai-

ning, Teleteaching, virtueller Klassenraum, virtuelle Universität etc.

werden häufig in unterschiedlichen Kontexten, teilweise synonym

und ohne definitorische Abgrenzung verwendet. Das Spektrum reicht

von der schlichten Informationspräsentation zu einem Lehrstuhl imWorld Wide Web über die Möglichkeit der Kommunikation mit dem

Professor via E-Mail und die Bereitstellung von Übungsaufgaben und

Musterlösungen im Internet bis hin zur vollständigen Abwicklung

eines Studiengangs im Netz. Doch zum Alltag der Hochschulen ge-

hört der Einsatz netzbasierter und multimedialer Bildungsangebote

noch lange nicht.  Die folgenden Ausführungen fassen die Empfehlungen des Arbeits-

kreises »Technologie/Infrastruktur« in zwei Kapiteln thesenartig zu-

sammen. Der erste Teil legt ein Geschäftsmodell für Hochschulendar, aus dem sich auch unmittelbare Schlussfolgerungen für erforder-

liche technologische Infrastrukturen ergeben, die im zweiten Teil

näher erörtert werden.

 

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Studium online

 

Geschäftsmodelle für Hochschulen

Der Bildungsmarktstellt hohe

Anforderungen.

Mit der Wissensgesellschaft entsteht ein eigenständiger Bildungs-markt. Er ist charakterisiert durch dezentrale Wissensangebote, ubi-

quitären Wissenszugriff, vernetzte Ressourcen und individuelle bzw.

teamorientierte Wissensnutzung. Diese hoch differenzierte Land-

schaft verlangt nach Geschäftsmodellen und Standardisierungen für

die zugrunde liegende informationstechnologische Infrastruktur, die

Wissensinhalte sowie die Prozesse der Wissensaneignung und Wis-

sensnutzung.  75 Prozent aller Multimedia- und Telelearning-Projekte werden

zur Zeit als Einzelprojekte an einem Lehrstuhl oder innerhalb einer

Universität durchgeführt. Die Budgets dieser Projekte werden erfah-

rungsgemäß je zur Hälfte für die Basisentwicklung einer technologi-

schen Infrastruktur und für Content-Entwicklung eingesetzt.

Hochschulübergreifende Kooperationsmodelle statt Einzelprojekten

Stand und Reifegrad der heutigen Entwicklung von virtuellen Lern-und Wissenswelten sind insoweit mit den Vorgehensmodellen bei der

Entwicklung von Anwendungssoftware aus den 70er Jahren ver-

gleichbar. Individuelle Lösungen dominieren. Design und Präsenta-

tion, Instruktionslogik und Verwaltung der Inhalte sind so eng mit-

einander verknüpft, dass eine Wiederverwendung von Konzepten,

Inhalten, Technologie und Infrastruktur in verschiedenen Bildungs-

produkten nicht möglich ist. Diese »handwerkliche« Produktion

bringt erhebliche Kostennachteile mit sich. Systeme und Konzepte

veralten bei technologischen Neuerungen sehr schnell, und die War-tungskosten sind im Vergleich zu den Aufwendungen der Ersterstel-

lung viel zu hoch.  Es bietet sich also an, die Entwicklungsziele zu koordinieren und

Bildungsprodukte ressourcensparend im Verbund mit themenver-

wandten Projekten zu erstellen: Die Ergebnisse können dann weite-

ren Universitäten zur Verfügung gestellt werden, womit teure Dop-

pel-Entwicklungen vermieden werden. Damit wird zum einen die

Konzentration auf die eigentlichen Projektaufgaben unterstützt. Zum 

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Technologie und Infrastruktur: Standardisieren schafft Vorteile

 

anderen ermöglicht die kooperative Bereitstellung von Bildungspro-

dukten mehr Gestaltungsvarianten, als dies ein einzelner Lehrstuhl

erbringen kann. Für die Kooperation kommen zwei Hauptfelder in-frage:

Hauptfelder der

Kooperation:

Entwicklung

von Content

– Hunderte von multimedialen Bildungsangeboten zu einem The-

ma sind überflüssig. Sinnvoller ist die Entwicklung einiger Stan-

dardprodukte, die dann je nach Einsatzgebiet nur noch um in-

dividuellen Content ergänzt werden müssen. Damit verbunden

ist die Entwicklung wiederverwendbarer Wissensmodule, die so

adaptierbar und konfigurierbar sind, dass sie in unterschiedlichen

Bildungsangeboten und Lernkontexten eingesetzt werden können.

– Die administrative und informationstechnische Plattform für

Bildungsprodukte bedarf der Standardisierung. Damit die Vorteile

des Lernens mit neuen Medien zur Geltung kommen können,

müssen Mechanismen zur Verwaltung von Lerninhalten, Kurs-

teilnehmern und Lehrenden entwickelt werden. Hierzu gehören

z. B. Standardmodule zum Führen von Lernkonten, Definieren von

Curricula, Steuern von Lernenden, Gruppieren von Teilnehmern

in tutorgestützten Kursen für Tests und andere Aktivitäten.

Entwicklungkommerzieller

Software als Vorbild

Dieses Modell lässt sich im Prinzip auch für die Entwicklung vonvirtuellen Lernwelten nutzbar machen. Als Alternative zu den »Uni-

kat-Lösungen« bzw. zu hochschulübergreifenden Entwicklungsko-

operationen, die in der Regel im Rahmen von Forschungsprojekten

erfolgen – mit den damit verbundenen Problemen der Weiterentwick-

lungsgarantie und Wartungsgewährleistung – wird empfohlen, die

Entwicklungsanforderungen zu bündeln und auf einen kommerziel-

len Standardsoftware-Hersteller zu übertragen. Dadurch kann auch

sichergestellt werden, dass die E-Learning-spezifischen Komponenten

Schnittstellen zu den derzeit entwickelten administrativen Universi-täts-Standardsoftware-Systemen erhalten.

Konzentration auf Kernkompetenzen und Reduzierung

der Fertigungstiefe spart Zeit und Kosten

Lerninhalte werden

zu Contentware.

Lerninhalte nehmen in Zukunft den Charakter von Bildungs- bzw.

Wissensprodukten an, die auf einem Markt gehandelt werden. In 

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Studium online

 

2diesem Zusammenhang wird auch von Contentware gesprochen.

Die Verfügung über Wissensgüter wird einen entscheidenden Wett-

bewerbsvorteil auf zukünftigen Märkten darstellen. Es ist dahernotwendig, die erfolgreichen industriellen Produktions- und Distribu-

tionsmethoden auf das Produkt Wissen anzuwenden. Dies bedeutet

insbesondere:

– Entwicklung von Basis-Standards zur Kostenreduktion und Quali-

tätssteigerung bei Basis-Bausteinen,

– Konzentration auf die Wertschöpfungskomponenten der »Verede-

lung«, Individualisierung und Anpassung.

Übergang von

handwerklichen zu

industriellen

Produktionsverfahren

Wie weit wir heute noch davon entfernt sind, wird deutlich, wenn

man den aktuellen Stand bei der Entwicklung von Contentware auf 

ein Buchprojekt eines Lehrenden übertragen darstellt. Danach müsste

der Lehrbuchautor:

– selbst ein Textverarbeitungs- und Grafiksystem entwickeln,

– ein Druckereiunternehmen für die zur Abwicklung der Druck-

vorstufen und des eigentlichen Druckes sowie

– einen Verlag zur Vermarktung seines Buches gründen.

Dass Bücher arbeitsteilig geschrieben, produziert und vertrieben

werden, gilt als Selbstverständlichkeit. Diese Arbeitsteilung ist auchfür die Produktion von Contentware für den Bildungsmarkt der

Zukunft anzustreben. Erst wenn die Rollen und Leistungsbeziehun-

gen der Hochschulen in diesem Zusammenhang spezifiziert sind,

wird eine Diskussion hinsichtlich der einzusetzenden Technologie

sinnvoll.

Die Hochschulen entwickeln sich

zu Lieferanten von Contentware

Drei Akteure auf dem

Bildungsmarkt:

– Die Nachfrager

Das Erstellen und Vermarkten von Contentware erfordert eine grund-

legende Neuorganisation der Wissenslogistik. Der Kreis der Herstel-

ler und Broker von Contentware wird sich dabei um Unternehmen

aus der Branche der Informations- und Kommunikationstechnologie

erweitern. Dies führt zu einem wachstumsfördernden Wettbewerb

im Bildungsmarkt. Bildungsprodukte und damit verbundene Dienst-

leistungen werden global vermarktbar und exportierbar. 

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Technologie und Infrastruktur: Standardisieren schafft Vorteile

 

– Die Lieferanten  Zur Gruppe der Nachfrager gehören nicht nur Schüler und Stu-

denten, sondern auch Erwerbstätige in Industrie, Dienstleistung und

Verwaltung, Erwerbslose, die durch Weiterbildung ihre Chancen amArbeitsmarkt erhöhen wollen, und Selbstständige. Dazu kommen

betriebliche und unternehmensexterne Bildungseinrichtungen sowie

Hochschulen, die fremdbezogene Bildungsbausteine in ihr Lehrange-

bot mit aufnehmen. Die Wissenslieferanten sind die Hochschulen

und Unternehmen, die ihre Praxiserfahrungen als Lehrbeispiele zur

Verfügung stellen, sowie die betrieblichen und sonstigen Bildungsein-

richtungen.

– Die Vermittler  Die dritte Gruppe von Akteuren besteht aus den Bildungsbrokern,

die als Makler zwischen den Anbietern und den Nachfragern fungie-

ren sowie Betreuungs- und Beratungsleistungen übernehmen.

Welche Rolle spielen

die Hochschulen im

Bildungsmarkt der

Zukunft?

  Die Position und Rolle der Hochschulen in diesem Modell ist

noch nicht festgelegt: Zweifellos werden sie auch in Zukunft selbst

Wissen produzieren oder Contentware von anderen Hochschulen

erwerben und insoweit auf den Aufbau von eigenen Lehrressourcen

verzichten. Weiterhin ist es denkbar, dass die Hochschulen selbst die

Rolle von Bildungsbrokern übernehmen. Dabei könnte der Schwer-

punkt bei der Auswahl verfügbarer Bildungsprodukte und derenMontage zu zielgruppenspezifischen Curricula liegen.  In jedem Fall ist es sinnvoll, dass die Hochschulen ihre Kernkom-

petenzen als Wissensproduzenten mit spezialisierten Multimedia-

Dienstleistern, Network-Providern und Service-Providern verbinden,

die primär die Vermarktung und Abwicklung zum Endkunden vor-

nehmen. Für die Umsetzung solcher Lernallianzen ist es erforderlich,

den gesamten Prozess der Wissenswertschöpfung in seinen einzelnen

Elementen zu betrachten.

Die Wissens-

wertschöpfungs-

kette:

– Content-Providing

  Hochwertige und attraktive Wissensinhalte sind ein wichtiger Er-folgsfaktor in der Wissenswertschöpfung; ihre Urheberrechte liegen

in der Regel bei den Lehrenden. Durch Selektion und Bündelung der

Lerninhalte, Definition von Lernzielen, Auswahl von Lehrmethoden

sowie Festlegung der Lernzielkontrollen wird das Curriculum be-

stimmt. In dem Maße, in dem die Verfügbarkeit von medienbasierten

Lerninhalten über das Internet zunimmt, wächst die Bedeutung von

Ordnungs-, Filter- und Zertifizierungsaufgaben der Lehrenden. Das

ist insbesondere dann relevant, wenn es um die gegenseitige Aner- 

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Studium online

 

kennung von Prüfungsleistungen in virtuellen Studienverbünden

geht. Die Lehrenden fungieren somit nicht nur als Curricula-Ent-

wickler, sondern beraten die Studierenden bei der Auswahl multime-dialer Lerninhalte.

– Multimedia-

Produktion

  Eine einfache 1:1-Umsetzung von klassischen Bildungsprodukten

wie z. B. Büchern oder Skripten zum Abruf über das Internet entfaltet

keinesfalls die innovativen Anwendungspotenziale der neuen Medi-

entechnik. Ihre weitergehende Ausschöpfung ist jedoch nicht ohne

eingehende Überlegungen zur Kosten-Nutzen-Relation möglich. Die

Kosten für Entwicklung und Produktion liegen je nach Grad der

Multimedialität und der erwarteten Professionalität, zum Beispiel bei

der Einbeziehung von Sound-, Bild-, Video- und Animationselemen-

ten, zwischen 50 000 DM und 100 000 DM je Contentstunde. Dabei

kann davon ausgegangen werden, dass durch eine Contentstunde ein

halber bis ganzer Tag Präsenzlernen substituiert werden kann. An

den Hochschulen sind weder die Ressourcen noch die Medienkom-

petenzen für solche Entwicklungen vorhanden. Es erscheint deshalb

sinnvoll, dass sich die Hochschulen auf die Spezifikation der Curricu-

la und Entwicklung mediengemäßer »Vor- bzw. Zwischenprodukte«

konzentrieren und die Veredelung zu Endprodukten an spezialisierteMultimedia-Produzenten übertragen wird.

– Network-Providing   Der Zugang zu Contentware setzt eine entsprechende Informa-

tions- und Kommunikationsinfrastruktur voraus. Ihr Aufbau und Be-

trieb sind Aufgaben von Network-Providern.

– Service-Providing   Service-Provider übernehmen die Mechanismen des marktmäßi-

gen Tauschens von Leistungen und institutionalisieren somit einen

elektronischen Markt für Contentware. Neben der Vermarktung

werden von Service-Providern Beratungs-, Betreuungs- und Abrech-

nungsfunktionen wahrgenommen. Die Abrechnung mit den Wissens-lieferanten und -nutzern kann von den Service-Providern auf Basis

des Nutzungsumfangs der Bildungsproduke erfolgen.  Die Beherrschung dieser Wissenswertschöpfungskette – ganz oder

in Teilen – eröffnet Hochschulen die Möglichkeit, als Dienstleister im

Bildungssektor zu agieren. Dadurch wird vor allem die Form des

Das Studium mündet

in eine lebenslange

Lernbeziehung.

Wissensaustausches verändert. Die Leistungsbeziehungen zwischen

den Hochschulen und Studierenden enden nicht mehr mit der Exma-

trikulation, sondern werden in eine lebenslange Lernbeziehung über- 

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Technologie und Infrastruktur: Standardisieren schafft Vorteile

 

führt. Dabei koordinieren Bildungsbroker die gesamte Wertschöp-

fungskette der medienbasierten Bildungsprodukte. Auf diese Weise

entstehen zwischen den Beteiligten völlig neue Aufgaben und Leis-tungsbeziehungen, die durch ein Kunden-Lieferanten-Szenario, wie in

Abbildung 1 dargestellt, beschrieben werden können.

3Abbildung 1: Education Brokerage

B I L D U N G S B R O K E R  

W I S S E N S L I E F E R A N T E N  

F a c h h o c h -  

s c h u l e n  

U n i v e r s i t t e n  

w e i t e r e B i l -  

d u n g s d i e n s t l .  

. . . 

C o n t e n t /  

E d u c a t i o n  

P r o v i d i n g  

M u l t i m e d i a  

P r o d u c t i o n  

N e t w o r k  

P r o v i d i n g  

S e r v i c e  

P r o v i d i n g  

O u t s o u r c i n g  

K U N D E N  

S t u d e n t e n  

H o c h s c h u l e n  

I n d u s t r i e ,  

D i e n s t l e i s t u n g ,  

V e r w a l t u n g  

B i l d u n g s -  

e i n r i c h t u n g e n  

K U N D E N  

S t u d e n t e n  

H o c h s c h u l e n  

I n d u s t r i e ,  

D i e n s t l e i s t u n g ,  

V e r w a l t u n g  

B i l d u n g s -  

e i n r i c h t u n g e n  

A u s w a h l ,  

D e f . d e s  

P r o d u k t -  

p o r t f o l i o s  

K o o r d i n a t i o n  

M o n t a g e ,  

V e r m a r k t u n g  

 K

 u

 n

 d

 e

 n

 a

 n

 f

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 r

 d

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 r

 u

 n

 g

 e

 n

E r l s e a u s d e r  

W i s s e n s v e r w e r t u n g  

 K

 u

 n

 d

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 n

 s

 p

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 z

 i

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 h

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 B

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 l

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 u

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 g

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 d

 i

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 n

 s

 t

 l

 .

E r l s e a u s d e r  

W i s s e n s v e r w e r t u n g  

Das Modell der Leistungsbeziehungen zeigt, wie zunächst durch die

Anforderungen der Kunden aus »Roh-Inhalten« der Wissenslieferan-

ten kundenspezifische Bildungsdienstleistungen entstehen können.

Mit der Vermarktung dieser Bildungsdienstleistungen durch Bil-dungsbroker entsteht dann ein elektronischer Bildungsmarkt. Auf 

diesem Markt stehen die Angebote vergleichbar nebeneinander, und

letztendlich entscheiden dann die Kunden über den Erfolg bzw.

»Hitlisten« für

Bildungsprodukte

Misserfolg einzelner Bildungsdienstleistungen. Es wird im elektroni-

schen Bildungsmarkt »Hitlisten« der erfolgreichsten Bildungspro-

dukte geben, die Aufschluss über die Zufriedenheit der Kunden

geben und gleichzeitig als Indikator für die Qualität der angebotenen

Bildungsdienstleistungen fungieren. Dabei kann letztendlich auch auf 

 

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Studium online

 

die Leistungsfähigkeit der Lieferanten, also der Hochschulen, ge-

schlossen werden. Die Bildungsbroker können sich bei der Lieferan-

tenauswahl der Bildungsbausteinanbieter an diesen Evaluationser-gebnissen orientieren.  Ein weiteres Argument für das Engagement der Hochschulen an

den Bildungsmärkten sind die zusätzlichen Einnahmepotenziale aus der

Vermarktung dieser Lerninhalte durch die Bildungsbroker. Diese Ein-

nahmen fließen anteilig an die Wissenslieferanten zurück und sind

somit unter den gegenwärtigen finanzpolitischen Restriktionen eine

höchst willkommene Ergänzung der staatlichen Grundfinanzierung.

Hochschulen fungieren als Bauherren und Architekten

von Contentware und weniger als Bauunternehmer

Curricula als

Storyboard für

multimediale

Bildungsprodukte

Mit der Überführung von Bildungsangeboten in Contentware nimmt

die Bedeutung der Curricula zu. Ihre Entwicklung bleibt die Aufgabe

der Lehrenden. Curricula übernehmen nicht nur die Funktion von

Bauplänen, die verbindlich angeben, welche Lerninhalte erarbeitet

werden sollen, sie legen auch auf der Grundlage von konkretenLernzielen die inhaltliche Struktur und den zeitlichen Ablauf eines

Bildungsangebotes fest. Da sie auch didaktisch aufbereitete Unter-

richtsmaterialien enthalten, bestimmen sie zusätzlich die einzusetzen-

den Unterrichtsmethoden. Sie stellen daher ein ideales Instrument zur

Planung und »Konstruktion« von Aus- und Weiterbildungsmaßnah-

men dar und können als Grundlage für die technische Realisierung

eines multimedialen Bildungsproduktes im Sinne eines Storyboards

herangezogen werden.

Vom Prototyp zur

Endmontage  Die pädagogisch-didaktischen Vorgaben des Curriculums sind imRahmen einer medientechnischen Realisierung umzusetzen. Hierzu

können entsprechende Vorgehensmodelle, wie beispielhaft in der

Abbildung dargestellt, eingesetzt werden:

– In einer Analyse-Phase überprüfen Implementierungsspezialisten

die Vorgaben des Curriculums auf technische und finanzielle Rea-

lisierbarkeit. Gegebenenfalls müssen gemeinsam mit den Lehren-

den und Instruktionsdesignern alternative Lösungsvarianten für

Ausschnitte des Curriculums entwickelt werden. 

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Technologie und Infrastruktur: Standardisieren schafft Vorteile

 

4Abbildung 2: Vorgehensmodell zur Entwicklung multimedialer Bildungsprodukte

A n a l y s i s  

C o n t e n t D e s i g n M e d i a P r o d u c t i o n  

T e s t & R e d e s i g n  

D o c u m e n t a t i o n a n d Q u a l i t y A s s u r a n c e  

Z i e l d e f i n i t i o n  

B e n u t z e r a n a l y s e  

T e c h n i k  

G r o b k o n z e p t  

I d e n t i f i k a t i o n  

S p e z i f i k a t i o n  

E n t w i c k l u n g  

S t o r y b o a r d i n g  

M e d i e n b a u s t e i n e  

P r o g r a m m i e r -  

a n w e i s u n g e n  

I n t e r a k t i o n s -  

s t r u k t u r  

B e n u t z e r o b e r -  

f l c h e n d e s i g n  

P r o t o t y p  

T e x t - , B i l d , - A u d i o - ,  

V i d e o b e a r b e i t u n g  

u n d - e r s t e l l u n g  

  A n i m a t i o n e n  

I m p l e m e n t a t i o n  

  A l p h a - V e r s i o n  

B e t a - V e r s i o n  

P r o g r a m m i n g  

P l a t t f o r m t e s t  

P e r f o r m a n c e t e s t  

U s a b i l i t y t e s t  

E n d - V e r s i o n  

P r o d u k t r o l l o u t  

Q M - P l a n , D o k u m e n t a t i o n s p l a n , S t a t u s r e p o r t s , T e i l e r g e b n i s p r s e n t a t i o n e n , D o k u m e n t a t i o n  

P r o j e k t p l a n  

B u d g e t i e r u n g  

P r o d u c t -  

r o l l o u t  

K i c k - O f f  

P r o j e c t M a n a g e m e n t  

Ein Vorgehensmodell

für die medien-

technische

Realisierung

– Nach der Verabschiedung eines Grobkonzeptes kann die Fertigung

des Bildungsproduktes geplant und budgetiert werden.

– Im Rahmen der Phase Content Design werden die zu produzie-

renden Medienbausteine identifiziert und Anforderungen an ihre

Qualität spezifiziert. Für die Erstellung von Animationen müssenin der Regel eigene Storyboards, Programmieranweisungen und

Interaktionsstrukturen entwickelt werden. Sofern keine Vorgaben

für das Benutzeroberflächendesign existieren, bietet es sich an,

zum Abschluss dieser Projekt-Phase einen Prototyp zu entwi-

ckeln, der einen ersten Eindruck des fertigen Bildungsproduktes

vermitteln kann.

– Im Anschluss werden die zu erstellenden Medienbausteine von

unterschiedlichen Spezialisten, wie beispielsweise Fotografen, Vi- 

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Studium online

 

deoproduzenten oder Grafik- bzw. Screendesignern, erstellt und

abschließend im Rahmen der Implementierung zum fertigen Bil-

dungsprodukt montiert.– Nach der Durchführung von Qualitätssicherungsmaßnahmen

wird das Bildungsprodukt zur Nutzung freigegeben und in den

elektronischen Bildungsproduktkatalog aufgenommen.

Verteilung von

Kompetenzen und

Ressourcen

Dieses Vorgehensmodell für Multimedia- bzw. E-Learning-Projekte

an den Hochschulen zeigt eine mögliche Kompetenz- und Ressour-

cenverteilung:

– Die Entwicklung von multimedialen »Vor- bzw. Zwischenpro-

dukten« bis zum Storyboard wird von den Hochschulen vorge-

nommen.

– Die weiterführende Multimedia-Produktion wird von spezialisier-

ten Unternehmen übernommen.

– Der »Betrieb« der virtuellen Lern- und Wissenswelten erfolgt

durch entsprechende Service- und Network-Provider.

Der Technologieeinsatz für die Produktion von Wissensmodulen

sowie die Anforderungen an die Infrastruktur an den Hochschulen

reduzieren sich somit auf ein Minimum von bereits existierenden und

in der Regel auch verfügbaren Softwaresystemen wie Textverarbei-tungssysteme, Grafikprogramme sowie HTML-Editoren. Ergänzend

erscheint es darüber hinaus sinnvoll, standardisierte Storyboard-

Templates zu entwerfen, die die Lehrenden in die Lage versetzen,

multimediale Vorprodukte zu entwickeln.

Aufbau einer integrierten Wissenskette:

internetgestütztes Lernen, Training und Qualifikation

Gegenwärtige

Schwachpunkte der

Wissensvermittlung:

Heutige Techniken der Wissensvermittlung haben folgende charakte-

ristische Mängel:

– Die Wissensvermittlung findet oft reaktiv auf bereits vollzogene

technologische Änderungen statt. Daraus ergibt sich das Problem

der Vermittlung veralteten Wissens.

– Wissensvermittlung erfolgt in separaten, oft praxisfernen Um-

gebungen. Daraus resultiert das Problem des Umgebungstrans-

fers. 

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Technologie und Infrastruktur: Standardisieren schafft Vorteile

 

– Zur Wissensvermittlung werden oft praxisferne Beispiele herange-

zogen. Daraus ergibt sich das Problem des Wissenstransfers.

Nutzung vonSynergien zwischen

Hochschulen und

Wirtschaft

Internetgestützte Wissenssysteme können wesentlich zur Lösung die-ser Probleme beitragen. Durch den Einsatz von Internet-Technologien

kann sich die Universität öffnen, Wissen von außerhalb schneller he-

reinholen und ihre Ergebnisse auch Unternehmen im kooperativen

Verbund zur Verfügung stellen. Mit der zunehmenden elektronischen

Erfassung von Unternehmenswissen (knowledge management) erge-

ben sich neue Möglichkeiten hinsichtlich einer Integration in Lehr-

materialien. Lern- und Wissensbausteine der Hochschulen sowie Un-

ternehmenswissen haben ein hohes Synergiepotenzial.

Stärken des

multimedialen

Lernens

  Der Einsatz des Internet kann die Probleme des Wissenstransfers

erheblich verringern. Ein Portfolio unterschiedlicher Wissensvermitt-

lungsstrategien sollte theoriebasiertes Lernen, praxisorientierte Trai-

nings sowie eine Online-Qualifikation im Produktionsprozess umfas-

sen.

– Das theorieorientierte Lernen dient der Vermittlung von Metho-

denwissen in Lehrveranstaltungen, auf die sich die Lernenden

gezielt vorbereiten können, so dass ein möglichst homogener Vor-

wissensstand erreicht wird. Dabei umfasst Lernen in der (zukünf-tigen) Informations- und Wissensgesellschaft immer den Erwerb

von Wissen über Inhalte und den Erwerb von Wissen über den

Umgang mit modernen Medien, d. h. den Erwerb von Medien-

kompetenz.

– In praxisorientierten Trainings vermittelt ein Tutor Werkzeugwis-

sen, dabei übernimmt er zunehmend die Rolle eines Coach. Diese

Trainings können stufenweise reale Geräte einbeziehen und die

Bereiche Virtual Reality Training und Augmented Reality Training

abdecken.– Bei der praktischen Anwendung in der produktiven Umgebung

kann der Lernende schließlich bei Bedarf auf eine Online-Hilfe

oder einen zuschaltbaren Consultant zugreifen.

Unterstützungneuer

wissensgestützter

Arbeitsformen

Das oben skizzierte Modell der Übertragung von Wissen aus Lern-

und Arbeitsumgebungen gilt auch für die Techniken der Wissens-

vermittlung selbst. Internetbasiertes Lernen und Training unter

Ausschöpfung des Potenzials von Teamarbeit, Tele-Tutoring, Online-

Consulting und der Zugriff auf verteilte Ressourcen leisten damit 

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Studium online

 

einen wichtigen Beitrag zur Etablierung netzgestützten Arbeitens im

Unternehmen. Die Möglichkeiten der internetgestützten Wissensver-

mittlung sind daher von den Universitäten auch unter dem Aspekt zuforcieren, dass sie damit eine wichtige Vorreiterrolle bei der Einfüh-

rung neuer, wissensgestützter Arbeitsformen einnehmen können.

Technologische Infrastruktur

Konsequenzen für die

Infrastruktur der

Hochschulen

Die Ausführungen im ersten Teil haben deutlich gemacht, dass es in

allen Bereichen der Konzeption, Implementierung, Evaluation und

Aktualisierung von Online-Bildungsangeboten erforderlich ist, bis-

lang getrennte und nebeneinander herlaufende Entwicklungen und

Projekte zu koordinieren und zu konzentrieren, um die Qualität und

Nachhaltigkeit der Lernsysteme zu steigern. Im Folgenden wird er-

läutert, welche technologischen Notwendigkeiten die Hochschulen

dazu bedenken sollten und welche Anforderungen daraus für die

eigene Infrastruktur resultieren.

Entwicklung einer E-Learning-Referenzarchitektur

Es erscheint sinnvoll, eine E-Learning-Referenzarchitektur (Abbil-

dung 3) zu entwickeln:

Campus-Komponenten   Campus-Komponenten stellen ihre Dienste ohne Bezug zu einem

konkreten Bildungsprodukt allen registrierten Personengruppen einer

virtuellen Lernwelt zur Verfügung. Hierzu zählen Komponenten zur

Identifizierung gegenüber dem System, allgemeine Informations-

dienste wie z. B. Yellow Pages, Listen mit Hinweisen auf interessanteInformationsangebote im Internet oder eine Mediathek, welche die

Funktion einer multimedialen Bibliothek übernimmt. Weiterhin ste-

hen auf dieser Ebene synchrone und asynchrone Kommunikations-

und Kollaborationsdienste zur Verfügung, die auch bildungspro-

duktbezogen von einzelnen Gruppen genutzt werden können.

Classroom-

Komponenten

  Der private Arbeitsbereich eines Teilnehmers gehört zu den Class-

room-Komponenten der E-Learning-Applikation. Hier kann der

Teilnehmer seine personenbezogenen Daten verwalten. Analog zum 

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Technologie und Infrastruktur: Standardisieren schafft Vorteile

 

privaten Arbeitsbereich eines Lernenden verfügt jeder Tutor ebenfalls

über seinen eigenen privaten Arbeitsbereich. Die Komponente Öf-

fentlicher Arbeitsbereich steht bildungsproduktbezogen den Teil-nehmern eines bestimmten Kurses zur Verfügung. Sie dient als

Kommunikations- und Kollaborationsplattform zwischen Lehrendem

und Lernenden sowie zwischen den Lernenden und ermöglicht so die

Realisierung von offenen und geschlossenen Lerngruppen.

5Abbildung 3: E-Learning-Referenzarchitektur

H o m e p a g e  

M a i l b o x  

A r b e i t s m a p p e  

L e r n k o n t o  

P r i v a t e r A r b e i t s b e r e i c h T e i l n e h m e r  

H o m e p a g e  

M a i l b o x  

A r b e i t s m a p p e  

C o a c h i n g -  

K o n t o  

P r i v a t e r A r b e i t s b e r e i c h T u t o r  

B i l d u n g s p r o d u k t -  

b e z o g e n e r  

f f e n t l i c h e r  

  A r b e i t s b e r e i c h  

C h a t  

D i s k u s -  

s i o n s -  

f o r e n  

N e w s -  

g r o u p s  

Y e l l o w  

P a g e s  

N e w s  

M e d i a -  

t h e k  

F A Q 

B i l d u n g s b e d a r f s -  

a n a l y s e  

L i n k -  

L i s t e n  

W h i t e -  

B o a r d  

V a l u e A d d e d S e r v i c e s ( I n f o r m a t i o n s d i e n s t e )  

K a r r i e r e - / B i l d u n g s -  

b e r a t u n g  

P r o d u k t -  

K a t a l o g  

C u r r i c u l u m - M a n a g e m e n t  

B i l d u n g s p r o d u k t -  

a n f o r d e r u n g e n  

C u r r i c u l u m - P l a n u n g  

u n d - D e s i g n  

L e i s t u n g s k o n t r o l l e n  

B i l d u n g s p r o d u k t - F r e i g a b e  

V e r a n -  

s t a l t u n -  

g e n 

G l o s s a r  

I n f o -  

A b o 

( P u s h )  

R e g i s t i s t r i e r u n g  

( I m m a t r i k u l a t i o n )  

S y s t e m a n m e l d u n g  

( L o g i n / L o g o u t )  

I d e n t i f i z i e r u n g  

S t a k e h o l d e r - D B  

C u r r i c u l u m -  

D B 

P r o f i l - D B  

E v a l u a t i o n s -  

D B 

N u t z u n g s -  

s t a t i s t i k e n ,  

T e i l n e h m e r -  

M o n i t o r i n g . . .  

D e m o g r a f i s c h e  

P r o f i l e ,  

B i l d u n g s p r o f i l e ,  

S t e l l e n p r o f i l e  

T e i l n e h m e r ,  

T u t o r e n ,  

I n s t r u k t i o n s -  

d e s i g n e r ,  

A u t o r e n , . . .  

C o n t e n t - D B  

( Q u e l l - ) T e x t e ,  

B i l d e r , A u d i o s ,  

V i d e o s ,  

A n i m a t i o n e n ,  

. . . .  

B i l d u n g s p r o d u k t -  

s t r u k t u r , R e f e -  

r e n z l e r n p f a d e ,  

L e r n z i e l e , U n t e r -  

r i c h t s f o r m e n . . .  

F r a m e w o r k - R e p o s i t o r y  

D e s i g n - T e m p l a t e s M a s k e n - T e m p l a t e s F u n k t i o n s b i b l i o t h e k e n  

C a m p u s -  

K o m p o n e n t e  

C l a s s r o o m -  

K o m p o n e n t e  

P r o d u k t i o n s -  

K o m p o n e n t e  

D a t e n b a n k -  

K o m p o n e n t e  

C o n t e n t - M a n a g e m e n t  

P r o d u k t i o n s -  

p l a n u n g  

C o n t e n t -  

F e r t i g u n g  

C o n t e n t - F r e i g a b e  

L e r n g r u p p e n  

K o m m u n i k a t i o n s - u n d K o l l a b o r a t i o n s d i e n s t e  

 

89

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Studium online

 

Produktions-

komponenten

Die Produktionskomponenten unterstützen die arbeitsteiligen Prozes-

se zwischen den Instruktionsdesignern eines Bildungsproduktes und

den Entwicklern der Medienbausteine. Hierbei ist zwischen Kompo-nenten zum Curriculum-Management und Komponenten zum Con-

tent-Management zu unterscheiden.

Datenbank-

Komponenten

  Die Datenbank-Komponenten bilden die inhaltliche Integrations-

basis der E-Learning-Applikation. Logisch ist zwischen Informations-

daten (Stakeholder-DB, Profil-DB) und Bildungsprodukten (Curricu-

lum-DB, Content-DB, Evaluations-DB) zu unterscheiden. Durch die

semantische und syntaktische Beschreibung dieser Datenbestände in

einem Repository kann die Applikation an die spezifischen Anforde-

rungen eines Lernweltbetreibers flexibel angepasst und erweitert wer-

den.

Allgemeine Standards als Basis für E-Learning-Umgebungen

Im Bereich neuer Lernmedien und -systeme gibt es bisher nur wenige

allgemein akzeptierte Standards. Auf der Ebene der eigentlichen

Lerninhalte (Texte, Bilder oder Videos) ist die Übernahme allgemei-ner Standards und Formate sinnvoll. Dafür spricht auch die Menge

der vorhandenen Werkzeuge zur Erstellung, Rezeption und Pflege

dieser Inhalte. Auf der Meta-Ebene der Beschreibung der Wissens-

bausteine oder der Lernprozesse sind demgegenüber lernspezifische

Standards notwendig und sinnvoll.

Ein Fundus an

Standards und

Konventionen

  Für vollständige Lernumgebungen, die aus einer Vielzahl von

Subsystemen zusammengesetzt sind, gibt es bislang so gut wie keine

Standardarchitekturen und Konstruktionsprinzipien. Von solchen

Architekturen und Prinzipien ist zu verlangen, dass sie Entwurf,Standardisierung und Verbreitung neuer Technologien (vgl. z. B. die

Entwicklung im Bereich der Informationssysteme) unterstützen. Es

ist ein Fundus an Standards und Konventionen für Lernsysteme

anzustreben, der die Möglichkeiten zur Konstruktion solcher Syste-

me auf der Basis abstrakter Bausteine und ihrer Schnittstellen be-

schreibt. Dieser design space stellt eine einheitliche Terminologie

für Lernumgebungen bis hin zur Definition von technischen Schnitt-

stellen zur Verfügung. Dies ermöglicht zum einen eine Verständigung 

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Technologie und Infrastruktur: Standardisieren schafft Vorteile

 

zwischen unterschiedlichen Personengruppen – z. B. Anwendern, Ent-

wicklern und Betreibern – und zum anderen eine eindeutige Spezifi-

kation und Beurteilung von Alternativen.  Ein solcher design space lässt sich etwa als System von Soft-

warepatterns für den Gegenstandsbereich beschreiben. Konkrete

Ausprägungen von Teilpatterns (d. h. konkrete Bausteine oder Sys-

teme z. B. für Benutzerprofil, Authentifizierung, ISDN-Verbindung,

application sharing, A/V-Konferenz, E-Mail) können dann einfacher

wiederverwendet und ggf. gegeneinander ausgetauscht werden. Dies

erhöht die Effizienz der Implementierung für Lernumgebungen. Die

folgende Abbildung zeigt eine mögliche Grobstruktur eines design

space:

Abbildung 4: Grobstruktur des design space

Wissens-plattform

IuK-Plattform

Wissensinhalte Wissensvermittlung

Meta-Wissen

Workflow

ContentManagement

Web-Server

Wissenspools:strukturiertes Wissen

koop. Arbeits-umgebung

Broker-Umgebungen

integriert inArbeitsprozesse

integrierteLernumgebungen

Mobilität

Profiling

Marktanalyse

Zertifizierung

e-commerce Copyright

Administration vonWissenspools

Authoring,Redaktion

Nutzungs-profile

Authenti-fizierung

Accounting/Billing

A/V-Conferencing/chat/e-mail

Such-maschinen

Krypto-graphie

Kommunikation(IP/ISDN

Wissens-module

Kommunikations- undKooperationsplattform

 

91

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Studium online

 

Verwendung von Meta-Daten zur Standardisierung von Inhalten

und als Retrieval-Werkzeug für Autoren und Lernende

Die Nutzung von im Internet angebotenen Wissensbausteinen erfor-

dert intelligente Such- und Auswahlmöglichkeiten. Heutige, inhalts-

orientierte Suchmaschinen (wie Altavista, Yahoo) sind hierfür nicht

ausreichend, da sie zu viele Treffer, aber zu wenige Informationen

vermitteln. Diese Suchmaschinen sind gut geeignet, um Kursmateria-

lien auf der Basis von Volltextsuche oder Schlüsselworten zu ermit-

teln. Sie versagen jedoch bei Anfragen, die beispielsweise den Lern-

kontext oder das Nutzerprofil einbeziehen und deren Beantwortung

daher nicht direkt aus einem Dokument abgeleitet werden kann.

Hierzu sind zusätzliche Informationen in Form so genannter Meta-

Daten notwendig.

Meta-Daten

erleichtern das

Auffinden von

geeignetem

Lehrmaterial.

  Meta-Daten attributieren die eigentlichen Lerninhalte mit zusätz-

lichen Informationen zu Lernzielen, didaktischen Strategien, erfor-

derlichem Vorwissen etc. Die Verwendung von Meta-Daten stellt

dem Lernenden erweiterte Suchmöglichkeiten zur Verfügung und

unterstützt die Wiederverwendung bereits erstellten Wissens durch

Autoren und Entwickler.  Meta-Daten können unabhängig von der Produktion des eigentli-

chen Inhalts erstellt werden. Ein Pädagoge kann einen bereits existie-

renden Content für seine Zwecke attributieren und damit in einen

bestimmten Lehrzusammenhang stellen. Außerdem können verschie-

dene Meta-Daten denselben Content referenzieren. Dies gestattet die

Verwendung derselben Inhalte in verschiedenen Vorlesungen.

Knowledge engines

ergänzen die

herkömmlichenSuchmaschinen.

  Die Suche nach Wissen wird künftig neben klassischen Suchma-

schinen auch über knowledge engines erfolgen, die bei der Suche

bereits das Lernprofil berücksichtigen können. Hierdurch können imBereich des Retrieval inhaltliche und didaktische Aspekte sinnvoll

ergänzt werden.  Zur Standardisierung von Meta-Daten wird die Erstellung von

Katalogen zur Wissensklassifikation vorgeschlagen. Solche Kataloge

sind spezifisch für verschiedene Fachdisziplinen zu entwerfen und,

soweit möglich, untereinander abzustimmen. Hierzu sollten entspre-

chende internationale Aktivitiäten (z. B. ARIADNE, IMS, IEEE-

LTSC, Prometeus-Initiative der EU) intensiv verfolgt und auf der 

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Technologie und Infrastruktur: Standardisieren schafft Vorteile

 

Basis der dort erzielten Ergebnisse Prototyp-Entwicklungen und Feld-

versuche durchgeführt werden. Es ist anzustreben, Ausbildungsmaß-

nahmen künftig konsequent auf der Meta-Ebene zu beschreiben undanschließend mit Inhalten zu füllen.

Entwurf modularer,

wiederverwendbarer Wissensbausteine

Wissensbausteine

erleichtern die

Präsentation und

Aktualisierung des

Lehrstoffes.

Modularität erlaubt die präzise Definition von Wissensbausteinen

und ist damit die Voraussetzung für Wiederverwendung. Die Kom-

position modularer Elemente führt zu komplexen Wissenselementen

– das ist insoweit eine Übertragung des aus dem Software-Entwurf 

bekannten Baukastenprinzips. Die Realisierung abstrakter Kursmus-

ter gestattet den Entwurf und die formale Prüfung von Qualifika-

tionsmaßnahmen vor der eigentlichen Implementierung. Weiterhin

erlaubt sie die Normung und Standardisierung von Vorgehensmodel-

len. Die Wiederverwendung von Wissenselementen kann vor allem

bei der Konfiguration und der Anpassung von Wissenselementen für

konkrete Zusammenhänge sinnvoll eingesetzt werden. Es ist eben-falls möglich, die Präsentation von Wissen dem aktuellen Wissens-

stand eines Lernenden optimal anzupassen.  Es sind sowohl Technologien für Wissensinhalte wie auch für

Wissensstrukturen zu entwickeln. Hier sind statische Strukturen und

dynamische Navigationsmuster zu unterscheiden. Statische Struktu-

ren entsprechen kanonischen Wissensklassifikationen; als Beispiel

kann die Strukturierung von Büchern dienen. Dynamische Naviga-

tionsmuster werden typischerweise von Pädagogen individuell auf 

statischen Wissensstrukturen definiert; hier sind beispielsweise re-

commended readings,  guided tours oder auch berechnete Naviga-

tionspfade bei programmiertem Lernen zu nennen. Aus pädagogi-

scher Sicht sind hier die entsprechenden Strukturen und Muster zu

entwerfen, aus technischer Sicht sind Visualisierungen für die Navi-

gation in Wissensstrukturen zu entwickeln.  Die Übertragung der Ansätze der Objektorientierung auf die

Gestaltung von Contentware führt zu so genannten Content Learning

Objects (CLO), wie in Abbildung 5 dargestellt. 

93

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Studium online

 

Content Learning

Objects übertragen

die Ansätze derObjektorientierung

auf die Produktion

von Contentware.

  Ein Content Learning Object stellt Lernmethoden bereit, die je

nach Lerninhalt verwendet werden. Beispielsweise enthält es für gra-

fisch animierte Veranschaulichungen kognitive Lernmethoden. Sollein Nutzer seinen Lerninhalt selbst entwickeln, werden konstruktivis-

tische Lernmethoden vom CLO vordefiniert. Sofern der Lernerfolg

geprüft werden soll, stehen Testmethoden zur Verfügung. Soll der

Nutzer die Inhalte selbst erkunden, so werden explorativ die Lehr-

inhalte bereitgestellt.  Content Learning Objects können in einem Content Learning

Object Repository verwaltet werden. Ein Lernsystem greift über die

Metabeschreibung auf das Content Learning Object Repository zu

und »zieht« die von einem Lernenden angeforderten Lerninhalte und

Medienelemente. Diese können so zu einem individuellen Curricu-

lum flexibel zusammengestellt und konfiguriert werden.

6Abbildung 5: Content Learning Objects in Lernsystemen

L e r n -  

e i n h e i t  

L e r n -  

e i n h e i t  

. . . 

L e r n -  

w e l t  

S y s t e m -  

k o m p o -  

n e n t e n  

L e r n -  

s y s t e m  

s s e n s -  

d a t e n -  

b a n k  

C o n t e n t L e a r n i n g O b j e c t ( C L O )  

L e r n z i e l e  

B i l d e r /  

G r a f i k e n  

T e x t e  

A u d i o s /  

V i d e o s  

A n i m a -  

t i o n e n  

E i g e n s c h a f t e n e i n e s C L O :  

¥  G r a n u l a r e K a p s e l u n g v o n W i s s e n  

¥  B e r e i t s t e l l u n g v o n L e r n f u n k t i o n e n  

¥  D e f i n i e r t e L e r n - / N u t z u n g s d a u e r  

¥  W i e d e r v e r w e n d b a r i n  

u n t e r s c h i e d l i c h e m K o n t e x t  

¥  A n p a s s b a r k e i t u n d A u s t a u s c h -  

b a r k e i t d e r g e k a p s e l t e n  

M e d i e n e l e m e n t e ( z . B . f r  

u n t e r s c h i e d l i c h e S p r a c h e n ,  

L e r n k u l t u r e n , . . . )  

 

94

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Technologie und Infrastruktur: Standardisieren schafft Vorteile

 

Harmonisierung eines Produktmodells und -lebenszyklus für Wissen

Mit höhererRationalität von der

Produktion bis zur

Entsorgung

Zum Produkt Wissen tragen verschiedene Komponenten wie Infra-strukturen, Content, Dienstleistungen und Methoden bei. Ein Tele-

Tutoring-Szenario verlangt beispielsweise eine Infrastruktur, die

Telekommunikation und Tele-Conferencing zum gemeinsamen Zu-

griff auf Lehrmaterialien unterstützt. Es setzt typischerweise auf 

simulationsgestützten Inhalten auf, kann von einem Experten als

Dienstleistung erbracht werden und beruht auf einer bestimmten

Trainingsmethode. Szenarios der Wissensgenerierung und der Wis-

sensnutzung basieren auf einem Zusammenwirken der verschiedenen

Komponenten. Es sind Produktmodelle zu entwickeln, die dieses

Zusammenwirken formalisieren. Es wird empfohlen, hier Vorge-

hensweisen aus dem Bereich des Entwurfs industrieller Produktmo-

delle zu übernehmen und entsprechend anzupassen.  Weiter sind Modelle für den Produktlebenszyklus von Wissen zu

entwickeln, wie in der Abbildung unten dargestellt, die alle Phasen

(Design, Autorierung, Konfiguration, Nutzung, Beurteilung, Auswer-

tung) abdecken. Der Entwurf eines solchen Produktlebenszyklus

wird es insbesondere erleichtern, verschiedenartige Implementierun-gen der einzelnen Phasen durchzuführen und die Schnittstellen zwi-

schen ihnen zu definieren. Insgesamt kann damit ein Referenzmodell

für das Wissensprodukt und seinen Lebenszyklus entwickelt werden.

Wissensprodukt Lebenszyklus

Von besonderer Bedeutung für die internetbasierte Wissensvermitt-

lung sind dabei die Aspekte Konfiguration und Auswertung. DasSchaffen von Wissen im Internet wird zunehmend auf der Wieder-

verwendung bereits vorhandener Bausteine basieren. Es sind daher

spezielle Techniken zu entwickeln, welche die Konfiguration von

Wissen aus vorhandenen Bausteinen unterstützen (Baukastenprinzip).

Mit der explosionsartigen Wissenszunahme sowie der sich ständig

verkürzenden Gültigkeit von Wissen gewinnt die Auswertung von

Wissensszenarios an Bedeutung. Daraus können dann verschiedene

Maßnahmen abgeleitet werden: zum einen das Redesign von Wissens- 

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Studium online

 

bausteinen mit dem Ziel einer kontinuierlichen Verbesserung, zum

anderen das gezielte Verlernen nicht mehr aktuellen Wissens bzw.

das »Entsorgen« von Wissensinhalten.

Abbildung 6

Design

 Autorierung

Konfiguration

Nutzung

 Auswertung

Inhalte

Strukturen

Curricula

Neuerstellung

Anpassung

Komposition

Update

Anpassung

Komposition

Wiederverwendung inanderen Kontexten

Lernen

Tutoring

Coaching

Lernerfolg

Kursqualität

Zertifizierung

Lernende

TutorenKurse

Beurteilung

Es sind daher Maßnahmen zu entwickeln, die den Lernenden über

Wissens-Updates oder die Ungültigkeit erworbenen Wissens infor-

mieren. Dazu sind sowohl konzeptionelle als auch technische Vor-

leistungen zu erbringen; es sind Konzepte zu entwickeln, die die Gül-

tigkeit von Wissen formalisieren. Aus technischer Sicht können hier

beispielsweise Regelsysteme verwendet werden. Weiterhin sind

Technologien (beispielsweise auf der Basis von Agenten) zu entwi-

ckeln, die die Beurteilungsergebnisse autonom abfragen und den Be-

nutzer hierüber informieren.

 

96

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Technologie und Infrastruktur: Standardisieren schafft Vorteile

 

Mit kooperativen Lernumgebungen lassen sich die Probleme

des individualistischen Lernparadigmas überwinden

Eine der wichtigsten Erkenntnisse der Pädagogik und pädagogischen

Psychologie der letzten Jahre ist die Notwendigkeit, Lernprozesse zu

situieren, d. h. auf konkrete Situationen zu beziehen, und damit u. a.

auch in soziale Kontexte zu stellen, um Anwendung und Transfer des7Gelernten zu fördern. Die Möglichkeit der personalen Ansprache,

Anleitung, Unterstützung und Rückmeldung durch Lehrende und

Tutoren ist daher in der Regel eine Voraussetzung für effektives

Lernen. Die Notwendigkeit kooperativen Lernens liegt ferner im

Wandel der Lerninhalte und -ziele begründet: Maxime und Ziel des

Lernens wird – weit über das Aneignen einfacher Fakten und Metho-

den hinausgehend – die Fähigkeit zum Erkennen, Gestalten und zur

Bewältigung komplexer Alltagssituationen sein. Dies kann nur dann

gelingen, wenn das Lernen unter den Anwendungssituationen ver-

gleichbaren Bedingungen erfolgt.  Es gibt bereits eine Anzahl IT-gestützter kooperativer Basisdiens-

te, sei es zur asynchronen Kooperation mit Hilfe von elektronischer

Post und Nachrichtenbrettern, sei es zur synchronen Kooperationdurch gemeinsames Benutzen von Anwendungsprogrammen (appli-

cation sharing ) oder durch Audio-/  Videokonferenzsysteme. Diese

Dienste werden zur Zeit meist als Einzellösungen angeboten. Not-

wendig ist die Integration dieser Dienste in einer umfassenden Lern-

und Kooperationsplattform mit definierten Schnittstellen zu Lern-

werkzeugen und Wissensbausteinen.  Die bestehenden Ansätze zur Kooperationsunterstützung berück-

sichtigen noch nicht im nötigen Umfang die besonderen Koopera-

tionselemente in Lernprozessen. Auch bei der Flexibilität, die für dielernspezifische Ausprägung dieser Elemente erforderlich ist, gibt es

noch Mängel. Unter anderem wohl auch deshalb werden vorhandene

Technologien und Werkzeuge zur Zeit nicht im möglichen Maße

akzeptiert und eingesetzt. Durch die Definition lernspezifischer

Kooperationsprozesse und die Orientierung an den Anforderungen

der Autoren, Lehrenden, Tutoren und Lernenden können deren

Zugangshemmnisse abgebaut, die Akzeptanz erleichtert sowie das8

Einsatzpotenzial kooperativer Lernumgebungen vergrößert werden. 

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Studium online

 

Der Einsatz von Technologien hat sich den Anwendungszwecken

unterzuordnen: Lernen und Training im Internet ist nicht Technolo-

gie-getrieben, sondern Technologie-gestützt. Dies bedeutet auch, dassdie zugrunde liegende Technologie den Anwender nicht behindern

darf – Idealvorstellung ist das transparent computing , das die zu-

grunde liegende Technologie vor dem Anwender verbirgt, ihm jedoch

andererseits alle Möglichkeiten offen lässt.

Hybride Lernszenarios erfordern skalierbare

und flexible Infrastrukturen

Vier Szenarios,

die einander nicht

ausschließen,

sondern ergänzen

Von besonderer Bedeutung ist die Unterstützung unterschiedlicher

Szenarios der Wissensnutzung:

– Beim Online-Lernen steht genügend Bandbreite kostenfrei zur

Verfügung, so dass der Benutzer in ständiger Verbindung zu Lern-

servern, Dozenten, Tutoren oder Kommilitonen stehen kann. In

diesen Bereich fallen Szenarien wie virtuelles Klassenzimmer,

Lernlabor oder Lernen am Arbeitsplatz.

– Der Wissenszugriff von zu Hause oder von kleinen und mittlerenUnternehmen erfolgt in aller Regel über schmalbandige Netze.

Hier sind dann auch die Übertragungskosten ein wichtiger Faktor.

Daher ist es hier notwendig, größere Lerneinheiten an den Ar-

beitsplatz laden zu können, sie lokal zu bearbeiten und die Ergeb-

nisse anschließend zum Lernserver übertragen zu können (Off-

line-Lernen).

– Daneben sind auch stand-alone-Szenarios, beispielsweise auf Basis

von CD-ROM oder DVD, zu unterstützen. Diese bieten sich vor

allem für datenintensive Multimedia Trainings (z. B. im Bereichder Medizin) an.

– Künftig werden zunehmend auch Hybridszenarien anzutreffen

sein, bei denen beispielsweise die hochquantitativen Inhalte auf 

DVD lokal vorliegen, für Wissenskontrollzwecke oder Tutoring

jedoch eine Online-Verbindung aufgebaut wird.

Lernsysteme sollten mehrere Nutzungsarten vorsehen und insbeson-

dere auch den reibungslosen Übergang zwischen verschiedenen Nut-

zungsarten unterstützen. 

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Technologie und Infrastruktur: Standardisieren schafft Vorteile

 

Verschiedene

Einsatzformen

bedingen den Einsatzunterschiedlicher

Techniken.

  Die verschiedenen Szenarien sind bereits bei der Entwicklung von

Wissensbausteinen zu beachten: So können für bestimmte Inhalte

Alternativen (z. B. Animationen mit unterschiedlicher Qualität, Bildermit unterschiedlicher Auflösung) entwickelt werden. Aus technischer

Sicht sind Werkzeuge zur Abfrage von Bildschirmauflösung, Multi-

mediafähigkeit und aktuell verfügbarer Netzbandbreite bereitzustel-

len. Aus diesen Informationen lassen sich Geräteprofile ableiten, die

als Parameter zur Auswahl der am besten geeigneten Präsentationen

dienen können.  Im Bereich der Lernszenarios sind unterschiedliche pädagogische

Formen der Wissensnutzung zu unterstützen. Hier sind Modelle zur

Unterstützung von induktivem, deduktivem, explorativem Lernen,

zum Zugriff auf Testpools, zur Bereitstellung von Glossaren, zur

Wissensüberprüfung und zum Differenzlernen zu entwickeln. Als

Maßnahme wird die Gründung einer Expertengruppe von Pädagogen

zur Entwicklung dieser Modelle vorgeschlagen. In einem zweiten

Schritt sind die entwickelten Modelle dann in Kooperation mit einem

Team von IT-Experten auf eine Referenzarchitektur für flexibles

Lernen abzubilden. Auf Basis dieser Architektur können dann modu-

lare Wissenskomponenten entwickelt werden, aus denen der Lernen-de seine individuelle Lernwelt konfigurieren kann.

Konsequenz

 Just Start Now!

Die beschleunigte

Entwicklungrelativiert den Wert

von Erfahrungen.

Es liegt eine Vielzahl von Erfahrungen mit dem Einsatz von – jeweils

neuen – Medien in Lernprozessen vor. Es hat sich beispielsweise ge-zeigt, dass die formale Betrachtung von Medien (vgl. z. B. die ver-

schiedenen Versuche der Medienklassifikation in den 60er und 70er

 Jahren) nur eine sehr grobe Orientierung vermitteln kann. Durch

die Geschwindigkeit der technischen Entwicklungen verlieren auch

die bisher favorisierten Ansätze wie summative Evaluation oder um-

fangreiche Labor-, Pilot- oder Modellprojekte zunehmend ihre Be-

rechtigung bzw. ihre entwicklungssteuernde Wirkung. Das frühzeitige Einbeziehen aller potenziell Betroffenen ist ent- 

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Studium online

 

scheidend für die Eignung und die Akzeptanz neuer Medien und

Systeme zur Unterstützung von Lehr- und Lernprozessen. Insbeson-

dere die Auswahl und Entwicklung von Technologie muss sich nachden konkreten Erfordernissen vor Ort richten. Basierend auf der

Analyse der technologischen Infrastrukturen wird ein bottom-up-

Ansatz favorisiert, welcher den schrittweisen Aufbau der benötigten

Infrastruktur erlaubt. Zwei wichtige Vorteile dieser Vorgehensweise

gegenüber der üblicheren top-down-Vorgehensweise sind:

– Die Kosten werden gering gehalten, weil die benötigten technolo-

gischen Bausteine nach Bedarf schrittweise hinzugefügt werden.

– Im Gegensatz zu einem top-down-Modell kann sehr flexibel auf 

sich ändernde technologische Randbedingungen eingegangen wer-

den.

Eine effektive Förderung des Einsatzes neuer Lernmedien und Lern-

systeme erfordert deshalb nach Ansicht der Autoren den zeitnahen

Einsatz neuer Entwicklungen der Lerntechnologie, die Partizipation

der Betroffenen im Sinne formativer Evaluation sowie technisch eine

bottom-up-Vorgehensweise.  Vor allem aber geht es angesichts der hohen Dynamik der Ent-

wicklung darum, mit der praktischen Nutzung der aktuell vorhande-nen Möglichkeiten zu beginnen. Die Hochschulen können und soll-

ten dabei nicht auf abgesicherte und abschließende Ergebnisse der

Medien- und Lernforschung als Grundlage ihrer Planung warten.

Abschließende Ergebnisse wird es in der Wissensgesellschaft immer

weniger geben.

Anmerkungen

1 Vgl. hierzu Kraemer, W.; Milius, F.; Scheer, A.-W. in: Bertelsmann Stiftung/Heinz Nix-

dorf Stiftung (Hrsg.), Virtuelles Lehren und Lernen an deutschen Universitäten – Eine Do-

kumentation, 2. Auflage, Gütersloh 1998, S. 11, und www.big-internet.de.

2 Vgl. hierzu Kraemer, W.; Scheer, A.-W.: Erschließung neuer Märkte für deutsche Hoch-

schulen durch die Entwicklung medienbasierter Contentware, in: Küting, K.; Langenbucher,

G. (Hrsg.): Internationale Rechnungslegung, Festschrift für Prof. Dr. Claus-Peter Weber

zum 60. Geburtstag, Stuttgart 1999, S. 13  – 36.

3 Vgl. Kraemer, W.: Education Brokerage – Wissensallianzen zwischen Hochschulen und

Unternehmen, in: Information Management & Consulting 14(1999)1, S. 24. 

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Technologie und Infrastruktur: Standardisieren schafft Vorteile

 

4 Vgl. Milius, F.; Zimmermann, V.: Neues Wissen – Neue Medien: Internetbasierte Ma-

nagementkonzepte für Intellectual Capital, in: Scheer, A.-W. (Hrsg.): Electronic Business

und Knowledge Management – Neue Dimensionen für den Unternehmenserfolg, Tagungs-

band zur 20. Saarbrücker Arbeitstagung für Industrie, Dienstleistung und Verwaltung, Hei-

delberg 1999, S. 527 – 542.

5 Vgl. Milius, F.: E-Learning Framework, in: Information Management & Consulting

14(1999)1, S. 40.

6 Vgl. Kraemer, W.; Milius, F.; Zimmermann, V.: Elektronische Bildungsmärkte für ein

integriertes Wissens- und Qualifikationsmanagement, in: Scheer, A.-W. (Hrsg.): Neue

Märkte, neue Medien, neue Methoden – Roadmap zur agilen Organisation, Tagungsband

zur 19. Saarbrücker Arbeitstagung für Industrie, Dienstleistung und Verwaltung, Heidel-

berg, 1998, S. 571 – 599.

7 Siehe hierzu auch den Beitrag Mandl/Hesse zum Thema »Neue Technik verlangt neue

pädagogische Konzepte«.

8 Vgl. Wessner, M.; Haake, J. M.: Kooperative Lernumgebungen, in: Der GMD-Spiegel,

 Juni 1998, S. 32  – 34

 

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 Finanzierung virtueller Studienangebote

Peter Glotz, Herbert Kubicek

Eine nationale Lern-Infrastruktur für1die Bundesrepublik Deutschland

Die amerikanische Politik hat den Begriff der National-Information-

Infrastructure (NII) geprägt. In Anlehnung daran sprechen wir von2einer »nationalen Lern-Infrastruktur« , wenn es um neuartige Rah-

menbedingungen für das Lernen in einer computerisierten Gesell-

schaft geht. Die folgenden Überlegungen konzentrieren sich auf den

Hochschulbereich. Wenn die Politik der Bundesrepublik Deutschland

allerdings den »großen Sprung« zu einer breit verankerten Medien-

und Computerkompetenz in der Bevölkerung schaffen möchte, muss

sie die Felder Schule und Weiterbildung ebenso einbeziehen.  Bildung hat in der Wissensgesellschaft eine zentrale Bedeutung.

Auf dem europäischen Kontinent ist Bildung aber nur ein adminis-trierter Bereich. Im deutschen föderalistischen System gibt es unter-

schiedliche Akteure und die Zuständigkeiten sind zersplittert, wo-

raus sich vielfältige Komplikationen ergeben. Des Weiteren haben

wir es mit einem typischen Henne/Ei-Problem zu tun: Da Studierende

(oder auch Schüler) nicht ausreichend mit Hardware ausgestattet

sind, lohnt sich die Produktion von Bildungssoftware nicht. Da es

andererseits nicht genügend Bildungssoftware (und genügend ausge-

bildete Hochschullehrer bzw. Lehrer) gibt, besteht auch kein Grund 

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Studium online

 

für eine große Initiative zur Ausstattung der Lernenden mit Hard-

ware. So bleibt es bei Modellversuchen in Modellhochschulen oder

-schulen. Eine prinzipielle Modernisierung der Lehr- und Lernprozes-se durch den systematischen Einsatz von Online- und Offline-Medien

findet nicht statt.  Diese Modernisierung erreicht man nicht, indem die eine oder

andere Lehrveranstaltung durch neue Medien ergänzt wird, sondern

nur durch die systematische Ersetzung bestimmter Teile der Lehre

durch Tools oder virtuelle Seminare. Im selben Augenblick aber, in

dem neue Medien nicht als zusätzlicher Luxus, sondern als obligatori-

sche Regelveranstaltung angeboten werden, ist massiver Widerstand

zu erwarten, der auch mit Hilfe des Hochschulrechts geleistet werden

wird. Können virtuelle Seminare überhaupt Pflichtveranstaltungen

sein, wenn die Universität nicht jedem einzelnen Studierenden einen

Laptop (und die entsprechende Grundausbildung) kostenlos zur

Verfügung stellt? Den Schlachtruf kann man schon hören: Einfüh-

rung von Gebühren durch die Hintertür.

Wie die Hoch-

schule zu einem

Medieneinsatzauf breiter

Front kommen

kann

  Der Gordische Knoten scheint unlösbar. Eine wirkliche Verbilli-

gung der Lehre durch neue Medien ist nur möglich, wenn neue Me-

dien auf breiter Front eingesetzt werden. Umfassender Einsatz schei-tert aber an mangelnder Hard- und Software. Der Staat allein kann

die Kosten für die technische Ausstattung keineswegs aufbringen.

Also muss ein neues System von accounting und billing entwickelt

werden. Hierfür ist eine nationale Strategie nötig. Klaus Haefner hat

auf folgende Felder hingewiesen:

Das Netz

Mit dem Deutschen Forschungsnetz (DFN) steht ein leistungsfähiges

Instrument zur Verfügung, das aber ausgeweitet und angepasst wer-

den muss.

 

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Finanzierung virtueller Studienangebote

 

Mobile Personalcomputer auf der Anwenderseite

Die 1,8 Mio. Studierenden müssen über Laptops/Notebooks verfü-gen.

Software

Für existierende und neu zu schaffende Unternehmen muss es sich

lohnen, den Bildungsmarkt mit neuartigen Tools zu bedienen.

Umsetzung in den Hochschulen

Neben den Rechenzentren müssen Kompetenzzentren für neue Me-

dien entstehen, welche die einzelnen Hochschulmitglieder in die Lage

versetzen, ihre intellektuelle Arbeit (z. B. Vorlesungen, Seminare,

Skripts etc.) online oder offline umzusetzen.

Portale

Die scientific community muss in die Lage versetzt werden, alle

unterschiedlichen Angebote aus dem Markt für neue Medien zur

Kenntnis zu nehmen. Das gilt national wie international. Dazu sind

Portale notwendig, welche die Navigation zu den unterschiedlichen

Angeboten in übersichtlicher Form ermöglichen.

Hochschuldidaktische Forschung 

Von zentraler Bedeutung für die Akzeptanz neuer Medien in der

Hochschule ist eine systematische hochschuldidaktische Forschung.

Ihre Aufgabe ist die Analyse unterschiedlicher Bildungsprodukte: In

welchen Bereichen sind standardisierte Produkte sinnvoll, wie z. B.

computerunterstützte Lehr- und Lernprogramme, in welchen ist eine

Kombination von neuen Medien und Präsenzlehre notwendig, und 

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Studium online

 

auf welchen Feldern muss die klassische Form des Präsenzunterrichts

unbedingt beibehalten werden?

  Die »nationale Strategie« muss den Gordischen Knoten durch-schlagen. Das administrierte Feld Bildung ist so weiterzubearbeiten,

dass sich Marktprozesse entwickeln können. Ist dies geschehen, kann

der Staat zurücktreten und darauf vertrauen, dass ein neuartiger

Markt der Bildungsmedien entsteht.

Kooperation

als Strategie

  Eine nationale Lern-Infrastruktur setzt die systematische Koopera-

tion von Bund, Ländern, Hochschulen und Industrie voraus. Zu

denken wäre an einen hochrangigen Initiativkreis unter der Schirm-

herrschaft des Bundespräsidenten mit Beteiligung von Bundesregie-

rung, Ministerpräsidentenkonferenz, Hochschulrektorenkonferenz

sowie Industrie, und zwar BDI, Netzbetreiber, Hersteller von Soft-

und Hardware, Verlage. Die Erfahrungen aus vielfältigen Technisie-

rungsprozessen könnten hier einfließen.  Entscheidend ist nicht die Investition, die für den anstehenden

Umbau aufgebracht wird. Vielmehr geht es um die mentale Verände-

rung unter den Beteiligten. Die zentrale Veröffentlichung zu diesem

Thema stammt von dem Schweizer Technikhistoriker David Gugerli.

Sie trägt den bezeichnenden Titel »Redeströme« und beschreibt dieBedeutung der Bewusstseinsveränderungen bei der Elektrifizierung

der Schweiz. Für die Computerisierung der Bundesrepublik gelten

vergleichbare Grundbedingungen.  Auch wenn dem Bewusstseinswandel dabei die ausschlaggebende

Rolle zukommt, sind sich die Autoren dessen bewusst, dass dieser

Prozess erhebliche finanzielle Anstrengungen erfordern wird. Der

Expertenkreis schließt seine Ausführungen deshalb mit ersten Über-

legungen zu den Kosten für die Einführung computergestützter Lehr-

und Lernverfahren im Hochschulwesen. Diese Ansätze bedürfen derÜberprüfung, Weiterentwicklung und Präzisierung. Sie lassen erken-

nen, dass hier ein Finanzvolumen aufzubringen ist, das mit den her-

kömmlichen Mitteln nicht mehr bestritten werden kann. Aber sie las-

sen auch erkennen, dass es aufzubringen ist, wenn die Gesellschaft

sich nur dazu entschließt.

 

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Finanzierung virtueller Studienangebote

 

Erste Überlegungen zur Finanzierung3von Multimedia in der Hochschule

Die folgenden Überlegungen können nur vorläufige Schätzungen der

Kosten des Multimedia-Einsatzes in Hochschulen wiedergeben, weil

es bisher keine fundierten empirischen Daten über die Kosten von

Online-Studienangeboten oder gar kompletten Online-Studiengängen

gibt. Dies liegt nicht nur daran, dass sich die Szenarien mit neu-

artigen Konstellationen präsentieren. Auch dort, wo bereits einzelne

Online-Kurse angeboten werden, verfügen die betreffenden Hoch-

schulen in der Regel nicht über ein differenziertes System der Kosten-

rechnung, das es erlauben würde, die speziell für die multimedialen

Online-Angebote entstehenden Zusatzkosten genau zu erfassen.

Gleichwohl ist es, um diese Szenarien umzusetzen, unverzichtbar, die

damit verbundenen Kosten einigermaßen zutreffend zu schätzen. Erst

dann kann über Finanzierungsmöglichkeiten, Anforderungen an

Wirtschaft und Politik sowie hochschulpolitische Schlussfolgerungen

gesprochen und Konkreteres eingeleitet werden. Die folgenden Aus-

führungen sind dazu ein erster Schritt.

Ein konzeptionellesGerüst für Kosten-

kategorien und -arten

  Zum einen geht es um ein konzeptionelles Gerüst für solcheSchätzungen, indem die Kostenkategorien und -arten für verschiede-

ne, durch Annahmen definierte Modelle benannt werden. Dabei sind

die Modelle an die Szenarien angelehnt, die Kostenarten beziehen

sich weitestgehend auf die Elemente der Telelearning-Referenzarchi-

tektur aus dem Kapitel Technologie/Infrastruktur dieses Berichtes.

Abgleich mit

Erfahrungen der

Wirtschaft

  Zum anderen werden für die einzelnen Komponenten der ver-

schiedenen Modelle vorläufige Kostenschätzungen vorgenommen.

Da entsprechende Daten aus dem Hochschulbereich fehlen, dienten

als Vergleichsgrößen Kostenansätze für Online-Kurse in der betriebli-chen Weiterbildung bei Siemens Qualification and Training, die Jür-

gen Guttmann freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. Weil die

Bedingungen des Online-Lernens in der betrieblichen Weiterbildung

und der Hochschulgrundausbildungnicht identisch sind, können diese

Kostenansätze nur Anhaltspunkte für die Größenordnung von Kos-

tenarten bieten, die mittelfristig bei professionellem Management zu

erwarten sind. Außerdem beinhalten die Berechnungen ein hohes

Maß an subjektiven Schätzungen. Methodisch können die hier vor- 

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Studium online

 

gelegten Zahlen als erster Input in einem Delphi-Prozess begriffen

werden, der in zwei oder drei weiteren Schritten von Experten mit

unterschiedlichen Erfahrungen fortzuführen ist.  Wichtiger als die absoluten Beträge sind zunächst die Relationen,

die sich beim Vergleich der Werte für die verschiedenen Modelle

ergeben. Wenn bei allen vier Modellen der gleiche Schätzfehler ge-

macht wird, so kann man daraus trotzdem etwas über die Kostenre-

lationen ableiten. Methodisch müsste dieser Vergleich zu Sensitivi-

tätsanalysen ausgebaut werden, bei denen man kritische Elemente

identifiziert, indem man u. a. feststellt, welchen Effekt ein Ausbau

oder eine Reduzierung eines Elementes auf die Gesamtkosten hat.

Einige vorläufige Thesen zu derartigen Relationen sind am Ende die-

ses Papiers formuliert.

Vier Modelle als Basis für einen Vergleich

Die Kosten für Multimedia hängen unmittelbar mit der Breite und

Tiefe des Multimedia-Einsatzes zusammen. Zunächst erscheint es

sinnvoll, vier Modelle zu betrachten, die auch als unterschiedlicheAusbaustufen begriffen werden können. Für die Modellrechnungen

wird ein einzelner Studiengang an einer Präsenz-Universität als Be-

zugsbasis gewählt, weil die Entwicklung in den Universitäten in

erster Linie studiengangsweise voranschreitet.

Modell 1:

Multimedia-Unter-

stützung in der

Präsenzlehre

  Multimedia-Techniken werden zur Präsentation in Lehrveranstal-

tungen sowie in Übungen eingesetzt. Ergänzende Informationsange-

bote (Kursmaterial, Übungsaufgaben) stellt das Internet bereit. Über

E-Mail-Kontakte hinaus findet noch keine regelmäßige elektronische

Kommunikation statt.Modell 2:

Kombi-Modell mit

30 Prozent Anteil

von Online-Kursen

einfacher Art

  Während der Schwerpunkt beim Präsenzstudium liegt, werden

einzelne besonders geeignete Kurse (z. B. Propädeutik, Grundstu-

diumsveranstaltungen, Übungen) als Online-Kurse mit wenigen Prä-

senzstunden angeboten. Dazu gehören nicht nur die Betreuung per

E-Mail, Diskussionsliste und/oder Chat, sondern auch interaktive

Kursinhalte für das Selbststudium sowie Prüfungsleistungen. Daraus

ergeben sich bestimmte Anforderungen an die Zugangskontrolle und

die Benutzerverwaltung. 

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Finanzierung virtueller Studienangebote

 

Die interaktiven Kursinhalte entstehen in diesem Modell unmit-

telbar aus den herkömmlichen Unterrichtsmaterialien wie Skripts,

Folien, PowerPoint-Dateien oder Videoaufzeichnungen von Vorle-sungen. Das vorhandene wissenschaftliche Personal bereitet diese

technisch auf, stellt sie im Netz bereit und ergänzt die Materialien

durch Link-Sammlungen sowie Übungsaufgaben. Alle Prüfungen er-

folgen noch in der herkömmlichen Form des Präsenz-Studiums. Die

Unterrichtsmaterialien und die didaktische Lernsituation entsprechen

im Wesentlichen Offline-Fernstudiengängen. Modell 2 beinhaltet

also überwiegend herkömmliches Unterrichtsmaterial mit überwie-

gend selbstgemachten oder wenigen zugekauften Multimedia-Einhei-

ten, wie sie heute auf CD-ROMs angeboten werden.

Modell 3:

Kombi-Modell mit

30 Prozent Anteil

von Online-Kursen

anspruchsvoller Art

  Auch hier bleibt der Schwerpunkt auf dem Präsenzstudium. Für

den Online-Anteil werden jedoch die technischen Möglichkeiten von

Multimedia und Hypertexten in Form von hypermedialen Lernräu-

men intensiv genutzt. Im Sinne konstruktivistischer Lerntheorien

werden Räume geschaffen, in denen sich die Lernenden auf unter-

schiedlichen Pfaden bewegen und dabei ihre Kenntnisse erweitern

und überprüfen können. Diese Lernräume sind unter Ausschöpfung

aller technischen Möglichkeiten (Animation, Simulation, Audio- undVideo-Clips sowie Online-Datenzugriffen und -Aktualisierungen)

gestaltet. Die Technik ersetzt weitgehend die vermittelnde, Kontext

herstellende und individuelle Lernerfolge verstärkende Funktion der

Lehrenden in den Präsenzveranstaltungen.  Solche hypermedialen Lernräume gibt es bisher nur in Ansätzen.

Der Aufwand für ihre Entwicklung besteht nicht nur in der Pro-

grammierung, sondern zuvor in einem konzeptionellen Entwurf, der

alle Varianten des erforschenden Lernens berücksichtigen muss. Für

die Erstellung solcher hypermedialen Lernräume sind über Fachwis-sen hinaus nicht nur Programmierkenntnisse erforderlich, sondern

auch didaktische und designerische Fähigkeiten. Es sind Skripts und

Hypermaps für die verschiedenen Pfade zu entwickeln. Die Entwick-

lung solcher Lernmaterialien ebenso wie die technische Herstellung

müssen entweder von Experten in der Hochschule unterstützt oder

nach außen vergeben werden.  In Modell 4 sind die Relationen im Vergleich zu den Modellen 2

und 3 umgekehrt. Es handelt sich um einen Online-Studiengang, in 

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Studium online

 

Modell 4:

Online-Studiengang

mit 30 ProzentPräsenzanteil

dem sich die Studierenden online anmelden, den überwiegenden Teil

des Lehrangebotes online bearbeiten sowie Übungsaufgaben und

einen Teil der Prüfungen online absolvieren. Aber auch ein solcherOnline-Studiengang wird nicht vollständig über elektronische Medi-

en von zu Hause aus abgewickelt und ausschließlich virtuell sein. Die

Formulierung »virtuelle Hochschule« soll daher nicht wörtlich ge-

nommen werden. Präsenzphasen finden nach wie vor statt

– für bestimmte Lernziele, insbesondere im Bereich sozialer Kompe-

tenzen und Schlüsselqualifikationen (z. B. Team- und Konfliktfä-

higkeit),

– für den Erwerb der Medienkompetenz, die notwendig ist, um die

Online-Angebote souverän und effektiv zu nutzen,

– zur Kundenbindung und für einzelne Prüfungseinheiten.

Neben dem höheren Online-Anteil unterscheidet sich Modell 4 von

Modell 3 zusätzlich dadurch, dass die gesamte Studien- und Prüfungs-

verwaltung online abgewickelt wird und daher alle elektronischen

Kommunikationsvorgänge ein höheres Maß an rechtlicher Verbind-

lichkeit haben müssen. Daraus ergeben sich höhere Anforderungen

an Datensicherheit und Datenschutz bei der technischen Ausgestal-

tung.

Kostenkategorien für vier Komponenten

In Anlehnung an die E-Learning-Referenzarchitektur aus dem Kapi-

tel Technologie und Infrastruktur (s. S. 89, Abbildung 3) werden vier

Komponenten mit jeweils einschlägigen Kostenarten unterschieden:

(1) Campus-Komponente

Allgemeine

Infrastruktur

Campus-Komponenten stellen Infrastrukturleistungen für alle Kurse

und Teilnehmer zur Verfügung. Dazu gehören

– Nutzerverwaltung in technischer Hinsicht (Zugangsberechtigun-

gen),

– Orientierungsinformationen, FAQs und andere Informations-

dienste, 

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– Kommunikations- und Kollaborationsdienste wie Chat und Dis-

kussionsforen und, sofern noch nicht vorhanden,

– technische Einwahlmöglichkeiten für Studierende von außen indas Campusnetz sowie das Campusnetz selbst mit dem high-

speed -Internet-Zugang.

Die Siemens AG, die als Vergleichsbeispiel der betrieblichen Weiter-

bildung dient, unterscheidet folgende Kostenkategorien:

– Entwicklung eines Portals ( portal development ),

– Benutzernavigation (user navigation),

– Nutzereinwahl und -zugang (user access),

– Abrechnung (billing ),

– Netzbereitstellung (net providing ),

– Basisdienste für Betreuung (teletutoring basic service),

– grundlegende technische Dienstleistungen (basic value added serv-

ice), z. B. Datensicherung.

Für diese Kategorien werden jeweils die Kosten für Hard- und Soft-

ware, Personal, Lizenzen und sonstige laufende Aufwendungen ange-

setzt.

(2) Classroom-Komponente

Multimedia-Technik

für die

Unterrichtsräume

In der Präsenz-Universität besteht die Classroom-Komponente vor

allem in der Ausstattung vorhandener Räume mit geeigneter Multi-

media-Technik. In den Hörsälen und Seminarräumen geht es um

Beamer, Verdunkelung, Leinwände, Beschallungsanlagen etc. Außer-

dem benötigt man Multimedia-Arbeitsräume mit 15 bis 20 vernetz-

ten Multimedia-Rechnern, damit praktische Übungen gemeinsam

durchgeführt werden können. Diese Technikausstattung muss vongeeignetem Personal betreut werden.  Beim Telelearning bedeutet Classroom-Komponente, wie im Kapi-

tel Technologie/Infrastruktur definiert, vor allem die Einrichtung von

Arbeitsbereichen für die Online-Studierenden. Dabei sind öffentliche,

geschlossene und private Bereiche vorzugeben und entsprechend zu

sichern.  Hierfür führt Siemens folgende Kostenkategorien auf:

– Multimedia-Präsentationstechnik, 

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Studium online

 

– Multimedia-Trainingsraum,

– Klassenraum-Unterstützung (Classroom-Service),

– Online-Service.Dabei wird davon ausgegangen, dass die Rechner in dem Trainings-

raum nach ein bis zwei Jahren ausgetauscht werden müssen. Für die

Hochschulen nehmen wir eine durchschnittliche Nutzungsdauer von

vier Jahren an.

(3) Produktionskomponente

Von der Planung über

die Produktion

bis zur Anwender-

unterstützung

Die Produktionskomponente betrifft das Planen, Erstellen, Warten

und Betreuen von multimedialen Lerninhalten. Hier ist das Curricu-

lum- und Content-Management ebenso zu berücksichtigen wie die

arbeitsteilige Produktion von Lernsoftware und die spätere Betreu-

ung und Beratung der Studierenden.  Der Aufwand für die Produktion hängt stark davon ab, inwieweit

die multimedialen Möglichkeiten für das erforschende Lernen auf der

Basis konstruktivistischer Konzepte genutzt werden. Die bloße Auf-

bereitung von Texten und Folien zu Web-Seiten kann weitestgehendmit dem vorhandenen Personal erfolgen. Computergestütztes Lernen

mittels multimedialer Elemente, das die Funktionen der Lehrenden

weitgehend integriert, erfordert indes einen komplexen und aufwen-

digen Produktionsprozess.  In der Referenzarchitektur wird zwischen Curriculum- und Content-

Management unterschieden. Zum Ersten gehören Curriculum-Pla-

nung und -Design, Definition von Bildungsproduktanforderungen,

Leistungskontrollen und Bildungsproduktfreigabe. Content-Manage-

ment umfasst Produktionsplanung, Content-Fertigung und -Freigabe.Grenzen des

Vergleiches von

Wissensprodukten an

Hochschulen und in

der Wirtschaft

  Siemens begreift Content als Bildungsprodukt und unterscheidet

zwischen Produktentwicklung und Produktion. Zur Produktentwick-

lung gehören Curriculum-Planung, Akquisition von relevanten Inhal-

ten, Content-Vorproduktion (Skript-Erstellung), Beratung, Markt-

einführung sowie Unterstützung der Betreuung (teletutoring ) und

Bildung von Lerngemeinschaften (communities). Zur Produktion

zählen Medienplanung, Verhandlungen mit Agenturen (agency ac-

quisition), Content-Produktion sowie Test und Qualitätskontrolle. 

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Finanzierung virtueller Studienangebote

 

Die Wirtschaft verfügt

über Kompetenzen in

der Organisation vonProduktionsprozessen.

  Dies verdeutlicht, dass die organisatorischen und inhaltlichen

Unterschiede zwischen betrieblicher Weiterbildung (corporate uni-

versities) und allgemeiner Hochschulausbildung für die Produktions-komponente besonders groß sind. Im Weiterbildungsbereich sucht

man zunächst Träger von inhaltlichem Wissen, das als Rohmaterial

Die Hochschulen

verfügen über

das »Rohmaterial«:

Wissen.

eingekauft und von anderen Partnern didaktisch aufbereitet und von

wiederum anderen technisch multimedial umgesetzt wird. Content-

Produktion bietet sich hier vor allem als Organisations- und Ma-

nagementprozess von Lernprodukten dar.  Anders an den Hochschulen: Hier verfügt das wissenschaftliche

Personal über das fachlich-inhaltliche Wissen. Das Rohmaterial ist

vorhanden. Jedoch fehlen Kenntnisse für die didaktische Aufberei-

tung und anspruchsvollere, professionelle technische Realisierung.

Auch Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit externen Dienstleis-

tern für Design und Produktion sowie mit der Organisation von

Online-Kursen sind kaum vorhanden. Um diese Kompetenzen zu ge-

winnen, haben die Hochschulen zwei Optionen: Entweder sie arbei-

ten wie die betrieblichen Weiterbildungsträger mit professionellen

und kommerziellen Partnern zusammen – und zahlen dann auch die

marktüblichen Preise im Bereich der Managementweiterbildung –,oder sie bauen eigene Multimedia-Zentren mit entsprechendem pro-

fessionellen Personal auf.

(4) Datenbank-Komponente

Datenbanken bilden

die Grundlagen der

Administration.

Schließlich wird im Kapitel Infrastruktur eine umfassende Daten-

bank-Komponente vorgeschlagen mit

– Curriculum-Datenbank (Bildungsproduktstrukturen),– Content-Datenbank (Quellentexte, Bilder, Videos, Animationen),

– Evaluations-Datenbank (Nutzungsstatistiken, Teilnehmermoni-

toring),

– Stakeholder-Datenbank (Teilnehmer, Tutoren, Autoren) und eine

– Profildatenbank (Bildungsprofile, Stellenprofile).

Diese Datenbank dient der Verwaltung der Studierenden und der

Inhalte sowie einer kontinuierlichen Qualitätssicherung. Der Ein-

fachheit halber wird hier nur von Content-Verwaltung und Teilneh- 

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Studium online

 

merverwaltung mit jeweils entsprechenden Datenbanken ausgegan-

gen.

Eine realistischeGrundlage für die

Kostenabschätzung

  Bei den folgenden Schätzungen für multimediale Angebote setzenwir generell nur die zusätzlichen Kosten im Vergleich zum traditio-

nellen Präsenzunterricht an. Die Ausstattung von Studiengängen mit

Rechnern, Netzanschlüssen für Lehrende und Veranstaltungsräume

ist zur Zeit allerdings sehr unterschiedlich. Vielfach ist nur eine Mini-

malausstattung vorhanden, die im Wesentlichen aus PCs mit Inter-

net-Anschluss in den Büros der Professoren und wissenschaftlichen

Mitarbeiter besteht. Veranstaltungs- und Übungsräume haben keinen

Netzzugang, wodurch die Verbindung nach außen nur eingeschränkt

möglich ist.  Auf der anderen Seite gibt es wenige ideal ausgestattete Einrich-

tungen, in denen Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter nicht

nur leistungsfähige Rechner in ihren Büros haben, sondern ihre Ar-

beitsgruppen zusätzlich über leistungsstarke Server vernetzen. Veran-

staltungs- und Seminarräume sind an das Campus-Netz angeschlossen

und verfügen zum Teil über Projektions- und Verdunkelungsmöglich-

keiten. Für die Betreuung steht technisches Personal bereit. Eine

multimediale Unterstützung der Lehrveranstaltungen ist hier bereitssehr gut möglich. Es fehlen allerdings geeignete vernetzte Lernsyste-

me in speziellen Übungsräumen und Produktionsmöglichkeiten ins-

besondere für AV-Anteile.  Den folgenden Überlegungen liegt eine mittlere Ausstattungsquali-

tät zugrunde, wie sie dem Durchschnitt der zur Zeit in vielen Stu-

diengängen vorhandenen oder mittelfristig realisierbaren Ausrüstung

entsprechen dürfte. Veranstaltungs- und Übungsräume sind zwar an

das Campus-Netz angeschlossen, jedoch nicht mit multimedialer

Präsentations- und Übungstechnik ausgestattet. Es gibt auch keinetechnischen und personellen Ressourcen für die Produktion von

audiovisuellen und anderen technisch anspruchsvolleren multimedia-

len Inhalten.

 

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Erste Schätzwerte für vier Modelle

Die im Folgenden zur Diskussion gestellten Ausgangswerte orientier-ten sich an eigenen Schätzungen für die Komponenten des Architek-

turmodells sowie an Werten aus dem Siemens-Beispiel. In den meis-

ten Fällen ergibt sich eine erstaunlich hohe Übereinstimmung.

Bezugsbasis ist ein Studiengang mit 4 000 bis 5 000 Studierenden,

15 Professoren und 30 wissenschaftlichen Mitarbeitern (Alle in den

Tabellen nachfolgenden Beträge sind in DM angegeben).

Modell 1:

Präsenzveran-

staltungen mit

multimedialer

Ergänzung

  Multimediale Unterstützung des Präsenzunterrichts bedeutet,

dass Vorlesungen zumindest teilweise aus PowerPoint-Präsentatio-

nen, Videovorführungen und unmittelbaren WWW-Zugriffen beste-

hen. Dazu müssen Rechner, Beamer und Beschallungsanlagen für die

Veranstaltungsräume beschafft und diese Räume an das Campusnetz

angeschlossen werden. Für aktiv multimediale Übungen unter Anlei-

tung reichen Rechner-Pools nicht aus. Vielmehr benötigt man dazu

Räume mit einem Dozenten- und zehn bis zwanzig Übungsrechnern,

die über ein entsprechend konfiguriertes Netz verbunden sind. Von

jedem Rechner aus sollte jederzeit der Bildschirminhalt auf einen

Großbildschirm übertragen und damit von der ganzen Gruppe dis-kutiert werden können. Dazu sind elektronische whiteboards und

 groupware-Systeme notwendig.  Multimediale Ergänzung besteht darin, dass Studierende zusätz-

lich zu den Lehrveranstaltungen die Inhalte über das Netz abrufen

können, elektronisch Fragen zu dem Stoff stellen und diese von dem

Veranstalter oder Tutor per E-Mail beantwortet werden können.

Zudem werden gelegentlich Diskussionsforen eingerichtet. Technisch

setzt man dazu vorhandene Internet-Basisdienste mit standard server-

und client -Funktionen wie newsgroups, Listen, chat ein.Ohne Schulung

geht es nicht.

  Derzeit sind bereits einige wissenschaftliche Mitarbeiter in der

Lage, diese Dienste zu nutzen, und ihre Zahl wird sich in Zukunft

deutlich erhöhen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Anforde-

rungen an Design, Gestaltung und Funktionalität solcher Angebote

im WWW steigen werden. Es erscheint daher erforderlich, die wis-

senschaftlichen Mitarbeiter in den jeweiligen Studiengängen für den

Benutzersupport zu schulen. In der Wirtschaft ist dieser support für

die dort üblichen Anwendungen in der Regel vorhanden, in den 

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Studium online

 

Hochschulen ist die Unterstützung zumeist unzureichend und für

multimediale Gestaltungsfragen noch völlig unzulänglich.

  Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Ausgangsbedingun-gen werden folgende zusätzlichen Aufwendungen geschätzt:

Kosten für die

Campus-Komponente

  Die vorhandenen Einwahlmöglichkeiten sollten für die Zugriffe

auf die ergänzenden Online-Materialien ausreichen; notfalls können

Kapazitätserweiterungen aus den laufenden Mitteln vorgenommen

werden. Die Gestaltung des inhaltlichen Angebotes (Homepage, Orien-

tierungsinformationen, FAQs) erfolgt durch die wissenschaftlichen

Mitarbeiter.

Kosten für die

Classroom-

Komponente

  Erforderlich sind für einen Studiengang der genannten Größen-

ordnung:

– drei Hörsäle mit Multimedia-Präsenztechnik,

– zwei Übungsräume mit jeweils 15 vernetzten Übungsrechnern,

elektronischem whiteboard  und entsprechende Projektionsmög-

lichkeiten.

Außerdem muss Betreuungspersonal für diese Systeme eingestellt

werden.  Für die Ausstattung eines Hörsaals mit multimedialer Präsenta-

tionstechnik (Notebook, Beamer, Videorecorder, Lautsprecheran-lage) wurden von einer Arbeitsgruppe der Universität Bremen bei

fünfjähriger Nutzungsdauer jährliche Aufwendungen von 15 000 DM

ermittelt. Darin sind bauliche Maßnahmen für Verdunkelung und

Internet-Anschluss nicht enthalten. Drei Hörsäle kosten demnach

45 000 DM pro Jahr.  In dem Vergleichsbeispiel aus der betrieblichen Weiterbildung

werden für einen Übungsraum mit 15 Rechnern folgende Kosten an-

gesetzt (Sachaufwendungen um 10 000 DM reduziert):

Investitionen 120 000 30 000

(Hardware/Software) (bei vier Jahren Nutzungsdauer)  

lfd. Sachaufwendungen 30 000 30 000

Personal 60 000 60 000

Lizenzen 20 000 5 000

  (bei vier Jahren Nutzungsdauer)  

insgesamt 230 000

jährlich: 125 000

 

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Finanzierung virtueller Studienangebote

 

Bei zwei Räumen können bei Personal und Sachaufwendungen De-

gressionseffekte genutzt werden, so dass man insgesamt von jährli-

chen Kosten von 210 000 DM ausgehen kann:

Investitionen 60 000

Sachaufwendungen 40 000

Personal 100 000

Lizenzen 10 000

insgesamt 210 000

Kosten für die

Produktions-

bzw. Verwaltungs-

und Datenbank-

komponente

Die Produktion besteht in diesem Modell vor allem in der Um-

wandlung von Texten und Powerpoint-Präsentationen in HTML-

Dokumente. Dies geschieht durch die wissenschaftlichen Mitarbeiter

und gegebenenfalls durch studentische Hilfskräfte. Ein zusätzlicher

wissenschaftlicher Mitarbeiter für Schulung, Beratung und Betreuung

erscheint jedoch notwendig.  Zusätzliche Verwaltungsprozesse sind nicht erforderlich.

 Jährliche Gesamtkosten Modell 1

 Jährliche Gesamtkosten für

Präsenzlehre mit Multimedia-

Unterstützung bei angenom-

mener durchschnittlicher

Ausstattung

Investitionen Sachkosten Personal Rechte/ 

Content

Summe

Campus-Komponente – – – – –

Classroom-Komponente 105 000 40 000 100 000 10 000 255 000

Produktionskomponente – – 120 000 – 120 000

Verwaltungskomponente – – – – –insgesamt 105 000 40 000 220 000 10 000 375 000

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Studium online

 

Modell 2:

Modell mit 30 Prozent

Online-Kurseneinfacher Art

Beim Übergang auf Modell 2 steigen die Anforderungen an Infra-

struktur (Campus-Komponente), Produktion von Inhalten, aber auch

an Verwaltungsprozesse (Datenbank-Komponente). Zunächst einBlick auf die Erfahrungen in der betrieblichen Weiterbildung.  Bei Siemens werden die Kosten für ein Campus-Portal wie folgt

angegeben:

(1) Campus-Komponente

Lfd. Sach-

kosten

Sachkosten Personal Rechte/ 

Content

Summe

Portal Entwicklung 50 000 50 000 200 000 20 000 320 000

User Navigation 20 000 5 000 50 000 5 000 80 000

User Access 10 000 10 000 100 000 5 000 125 000

billing 10 000 10 000 30 000 20 000 70 000

Net Providing 20 000 10 000 50 000 5 000 85 000

Teletutoring Basic Service 20 000 20 000 20 000 20 000 80 000

Basic Value added Service 20 000 10 000 100 000 20 000 150 000

insgesamt 160 000 115 000 550 000 95 000 910 000

pro Jahr 40 000 115 000 550 000 25 000 730 000

Steigende

Anforderungen

an die Leistung

des Netzes

Geht man von den Elementen der Referenzarchitektur aus, so gelangt

man zu einem Betrag von 650 000 DM. Dabei werden folgende

Maßnahmen zugrunde gelegt, die auf der definierten Bezugsbasis

aufbauen: Bei der angenommenen durchschnittlichen Ausstattung

existiert zwar ein Campus-Netz mit Einwahlmöglichkeiten, jedoch

ohne garantierte Leistungsqualität. Für das individuelle Surfen istdies auch nicht notwendig, für die Nutzung von Pflichtbestandteilen

eines Studiums hingegen schon. Hier muss die Netzverfügbarkeit si-

chergestellt sein. Zudem müssen differenzierte Zugriffsberechtigun-

gen vergeben und verwaltet werden. Bei 4 000 bis 5 000 Studierenden

ist dafür eine zusätzliche Stelle erforderlich.

 

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Campus-Komponente Hardware-

Invest./ 

Software-Entwicklung

lfd. Sach-

kosten

Personal Rechte/ 

Content

Summe

Nutzerverwaltung – – 120 000 – 120 000

Portal, Orientierungshilfen,

FAQ etc.

50 000 – 120 000 – 170 000

Kommunikations- und

Kooperationstechnik

120 000 – – – 120 000

Internet-Kosten für

zusätzlichen Verkehr

– 100 000 – – 100 000

Erweiterung der

Einwahlmöglichkeiten

– 20 000 120 000 – 140 000

insgesamt 170 000 120 000 360 000 – 650 000

Für die Entwicklung von Portal, Orientierungs- und Navigationshil-

fen, FAQs sind einmalige Software-Entwicklung und laufende in-

haltliche Pflege geboten. Das zuständige Personal pflegt die Einzel-

module. Die Redaktion des Gesamtangebotes erfordert jedoch einezusätzliche Stelle. Wenn 4 000 bis 5 000 Studierende ein Drittel ihrer

Lehrveranstaltungen online abwickeln, führt dies zu einem erhebli-

chen Anstieg des Datenverkehrvolumens und erfordert eine Erweite-

rung der Einwahlmöglichkeiten. In der Regel sind bisher auch keine

individuell abgesicherten Bereiche für einzelne Studierende eingerich-

tet, auf denen sie ihre Arbeitsmappen geschützt ablegen können. Für

diese und die darauf aufbauenden CSCW-Anwendungen bedarf es

einer einmaligen Software-Entwicklung; Wartung und inhaltliche

Anwendung kann dann durch das wissenschaftliche Personal erfol-gen.

(2) Classroom-Komponente

Kosten für die

Classroom-

Komponente

Bei einem Online-Anteil von 30 Prozent kommen zur Ausstattung

der Hörsäle und Seminarräume im ersten Modell weitere Kosten für

die intensivere Betreuung hinzu. Das Online-Tutoring kann bei An-

 

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Studium online

 

geboten einfacher Art aber noch mit dem vorhandenen wissenschaft-

lichen Personal und studentischen Tutoren bewältigt werden.

  Der Einsatz einer eigenen client-software würde enorme Kostenfür Wartung und Pflege verursachen. Sie lassen sich vermeiden, wenn

stattdessen der Standard-Browser für Kommunikation und Doku-

mentenablage verwandt wird.

(3) Produktionskomponente

Kosten für die

Produktions-

komponente

In diesem Modell werden Inhalte einfacher Art im Netz angeboten,

die von dem wissenschaftlichen Personal aus den inhaltlich verant-

wortlichen Arbeitsgruppen mit etwas Anlernung und Betreuung er-

stellt werden können. Zwei zusätzliche technische Mitarbeiter er-

scheinen dafür ausreichend. Außerdem wird in geringem Umfang

multimedialer Content eingekauft.

Modell 2: Produktionskomponente

Content-Produktion Investitionen Sachkosten Personal Rechte/ Content Summe

Curriculum-Planung – 10 000 120 000 – 130 000

Betreuung und Beratung – 10 000 240 000 – 250 000

Einkauf von MM Content – – – 30 000 30 000

insgesamt – 20 000 360 000 30 000 410 000

(4) Datenbank-/Verwaltungskomponente

Höhere Kosten

für Verwaltungs-

und Datenbank-

Komponenten

Wenn Online-Kurse gebucht und prüfungsrelevante Leistungen on-

line erbracht werden sollen, muss eine entsprechende, für die Studie-

renden transparente Nutzer- und Studierendenverwaltung aufgebaut

werden. Ein vorhandenes lokales Prüfungsverwaltungssystem muss

für die Online-Selbstbedienung weiterentwickelt werden. Dafür sind

Entwicklungskosten von rund 1 Mio. DM anzusetzen, die über fünf 

 Jahre verteilt werden können. Der Aufwand für Betreuung, Wartung 

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und Pflege über die Präsenzlehre hinaus wird auf 40 000 DM jährlich

geschätzt.

  Bei der Gesamtkalkulation werden wegen der besseren Vergleich-barkeit jeweils die eigenen Schätzungen übernommen. Die Zahlen

aus der betrieblichen Weiterbildung liegen ähnlich hoch, weisen

jedoch öfter und insbesondere zwischen den Kostenarten Personal

und Lizenzen/Rechte eine andere Verteilung auf, weil Fremdvergabe

die Regel ist.

 Jährliche Gesamtkosten Modell 2

Kombimodell mit

30 Prozent Online-Kursen

Investitionen Sachkosten Personal Rechte/ 

Content

Summe

Campus-Komponente 170 000 120 000 360 000 – 650 000

Classroom-Komponente 105 000 40 000 120 000 10 000 275 000

Produktionskomponente – 20 000 360 000 30 000 410 000

Verwaltungskomponente 200 000 – 40 000 – 240 000

insgesamt 475 000 180 000 880 000 40 000 1 575 000

Modell 3:

Kombi-Modell mit

30 Prozent Anteil

anspruchsvoller

Online-Kurse

Modell 3 hebt sich vor allem durch die anspruchsvolleren multi-

medialen Lerninhalte ab, die insbesondere die Aufwendungen für die

Content-Produktion steigen lassen. Zudem haben multimediale In-

halte ein wesentlich höheres Datentransfervolumen zur Folge, mit

entsprechenden Konsequenzen für die externe Netzanbindung und

die Einwahlmöglichkeiten.

(1) Campus-Komponente

Kosten für die

Campus-Komponente

steigen.

Gegenüber Modell 2 verdoppeln sich die Kosten für die Netzanbin-

dung (Internet-Kosten) von 100 000 DM auf 200 000 DM. Für die

Einwahl reichen die analogen Modems nicht mehr aus. Stattdessen

müssen mehrere ISDN-Kanäle zusammengeschaltet, XDSL-Eingangs-

möglichkeiten geschaffen und/oder Kabelmodems eingesetzt werden.

Zusätzliche Investitionen fallen an.

 

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Studium online

 

Campus-Komponente Hardware-

Invest./ 

Software-Entwicklung

lfd. Sach-

kosten

Personal Rechte/ 

Lizenzen

Summe

Nutzerverwaltung – – 120 000 – 120 000

Portal, Orientierungshilfen,

FAQ etc.

50 000 – 120 000 – 170 000

Kommunikations- und

Kooperationstechnik

120 000 – – – 120 000

Internet-Kosten für

zusätzlichen Verkehr

– 200 000 – – 200 000

Erweiterung der

Einwahlmöglichkeiten

50 000 20 000 120 000 – 190 000

insgesamt 220 000 220 000 360 000 – 800 000

(2) Classroom-Komponente

Unveränderte Kosten

für die Classroom-Komponente

Bei der Classroom-Komponente ändert sich gegenüber Modell 2

nichts. Zunächst sollen zwei Kalkulationen für eine überwiegendeFremdvergabe vorgenommen, anschließend soll eine Vergleichsschät-

Deutlich höhere Kosten

für die Produktions-

komponente

zung für die überwiegende Eigenproduktion in einem Multimedia-

Zentrum präsentiert werden.

(3) Produktionskomponente

Fall A:

Überwiegend

Fremdproduktion

Folgende Kosten fallen für die Produktion von fünf Stunden Multi-4media-Unterricht an , wobei die Entsprechung mit herkömmlichen

Unterrichtsstunden mit dem Faktor 1,5 angegeben wird.

 

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Investi-

tionen

Lfd. Sach-

kosten

Personal Lizenzen Summe

Produktentwicklung 

Curriculum-Planung 2 000 2 000 5 000 – 9 000

Content Akquisition 2 000 2 000 5 000 2 000 11 000

Pre-Production (Script etc.) 5 000 2 000 5 000 2 000 14 000

Consulting – 2 000 2 000 – 4 000

Teletutor/Community 2 000 2 000 2 000 – 6 000

Produktion

Media Planning – 1 000 5 000 – 6 000

Agentur Akquisition – 1 000 1 000 – 2 000

Content Production – – 80 000 – 80 000

Test 2 000 2 000 5 000 – 9 000

Quality 2 000 1 000 5 000 – 8 000

insgesamt für 5 Std. 15 000 15 000 115 000 4 000 149 000

für 1 Std. 3 000 3 000 23 000 ca. 1 000 ca. 30 000

230 Std. in Alleinvergabe 690 000 690 000 5 290 000 230 000 6 900 000

230 Std. im Gemeinschafts-

auftrag von 4 Hochschulen

172 500 172 500 1 322 500 57 500 1 725 000

insgesamt für 460 Stunden

bei 4 Partnern

862 500 862 500 6 612 500 287 500 8 625 000

bei 3-jähriger Nutzung:

Kosten p. a.

287 500 287 500 2 204 000 95 800 2 875 000

Ein Studiengang im Umfang von acht Semestern mit durchschnittlich

20 Semesterwochenstunden und 13 Wochen pro Semester umfasst

2080 Unterrichtsstunden. Bei einem Online-Angebot im Umfangeines Drittels und bei einem Faktor von 1,5 entspricht dies 460 On-

line-Stunden. Da sich die oben angegebenen Kosten auf jeweils fünf 

Stunden beziehen, ergeben sich Gesamtkosten von 149 000 x 460/5 =

13 708 000 DM.

Möglichkeiten

der Vermarktung

  Die Möglichkeiten, durch Vermarktung dieser Produkte zusätzli-

che Einnahmen zu erzielen, sind zurückhaltend zu bewerten. Zum

einen steigt der Aufwand für eine entsprechende Produktentwick-

lung, und für Vertrieb, Werbung sowie Wartung und Pflege kommen

 

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Studium online

 

nochmals Kosten hinzu. Angesichts eines steigenden Wettbewerbs

und des daraus resultierenden Druckes zur Differenzierung werden

zum anderen Hochschulen bzw. Studiengänge nur in begrenztemUmfang bereit sein, Produkte von Mitbewerbern zu kaufen und un-

verändert einzusetzen. Sinnvoll und realistisch erscheint demgegen-

über die gemeinsame Entwicklung einzelner Kurse durch Hochschul-

lehrer unterschiedlicher Universitäten, wie dies bereits gelegentlich

bei Lehrbüchern vorkommt. Potenzielle Vermarktungsmöglichkeiten

solcher Bildungsprodukte bestehen im Weiterbildungsbereich, bei

wettbewerbsschwächeren Universitäten oder bei Universitäten, die in

dem jeweiligen Bereich keine eigene Profilierung anstreben.  Bei einer kooperativen Entwicklung von vier Partnern reduzieren

sich die Kosten für die 460 Online-Stunden auf 8,6 Mio. DM. Bei

einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von drei Jahren ergeben sich

daraus jährliche Kosten von knapp 3 Mio. DM.

Standardschätzungen

erscheinen überhöht.

  Als Produktionskosten für multimediale Lernräume werden in der

Regel Beträge von ca. 100 000 DM pro Stunde genannt. Der Betrag

dürfte zunächst eher bei 70 000 DM liegen und später auf 50 000

DM sinken. Die Differenz zu dem soeben geschilderten Beispiel liegt

zur Zeit und auch zukünftig vor allem in der Position pre-production,d. h. bei der Skripterstellung und thematischen Strukturierung des

Lernraums. Da die Anforderungen nicht bei allen Kursen gleich kom-

plex sein dürften, erscheint ein Durchschnittssatz von 50 000 DM/h

angemessen. Zum Vergleich auch hier eine eigene Schätzung auf der

Basis der Referenzarchitektur.

Kostenrechnung

anhand der

Referenzarchitektur

  Geht man von der Gliederung der Referenzarchitektur aus, so ist

eine Stelle für die Planung und Koordination des Online-Angebotes

(Curriculum-Planung) anzusetzen. Für einige Angebotsstunden wird

Content fertig eingekauft (200 000 DM), für kleinere Eigenentwick-lungen wird eine Beratungsstelle eingesetzt. Daneben sind technische

Mittel für ein Videostudio und für Bild- und Tonbearbeitung erfor-

derlich (300 000 DM insgesamt, bei dreijähriger Nutzung 100 000

DM p. a.). Wenn der größte Anteil des anspruchsvollen Content an

professionelle Firmen vergeben wird, soll von den längerfristig zu

erwartenden Kosten für die inhaltliche Entwicklung und die techni-

sche Herstellung von durchschnittlich 50 000 DM pro Stunde ausge-

gangen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein erheblicher 

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Anteil in die inhaltlich-didaktische Entwicklung fließt, bei der sich

die Preise nicht durch technische Entwicklungen senken lassen. Und

es ist noch einmal zu betonen, dass die Qualität der Angebote imWettbewerb entscheidend ist. Bei 460 Stunden à 50 000 DM ergeben

sich Kosten von 23 Mio. DM, was bei einer dreijährigen Nutzungs-

dauer jährlichen Kosten von 7,7 Mio. DM entspricht. Insgesamt ad-

dieren sich die Kosten auf ca. 8 Mio. DM pro Jahr. Teilen sich drei

Studiengänge diese Entwicklungskosten, reduziert sich der jährliche

Gesamtaufwand auf knapp 3,1 Mio. DM. Dieser Betrag liegt nur

knapp über dem, der sich auf der Basis der betrieblichen Kalkulation

in Höhe von 2,875 Mio. DM ergibt.

Alternativrechnung mit Einkaufspreisen von durchschnittlich 50 000 DM pro Lernstunde

Produktionskomponente

Modell 3 bei Fremdproduktion

Investitionen Sachkosten Personal Rechte/ 

Content

Summe

Curriculum-Planung – – 120 000 – 120 000

Content-Beschaffung – – – 200 000 200 000

Content-Planung (inhaltliche

Entwicklung) und -Produktionvon 460 Std. (50 000 DM/h)

bei dreijähriger Nutzung

100 000 – 120 000 7 650 000 7 870 000

Betreuung und Beratung

von Lehrenden

– – 120 000 – 120 000

insgesamt 100 000 – 360 000 7 850 000 8 310 000

Bei Gemeinschaftsentwicklung

von 3 Studiengängen

100 000 – 360 000 2 616 000 3 076 000

Kosten für die

Produktions-

komponente

Eine Reihe von Universitäten richtet Multimedia-Zentren ein, die

zunächst die Unterstützung und Ergänzung der Präsenzlehre (Mo-

dell 1) fördern, perspektivisch aber auch bei der Produktion von On-

line-Content mitwirken oder diese gar übernehmen sollen.

Fall B:

Überwiegend

Eigenproduktion

  Würde man statt der Fremdvergabe der Content-Entwicklung und

-Herstellung ein eigenes Multimedia-Zentrum der Hochschule auf-

bauen und einsetzen, so kann in Anlehnung an die Planung an der

Universität Bremen von folgenden Kosten ausgegangen werden: 

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Studium online

 

Personal 

1 Leiter 140 0001 Sekretariat/Verwaltung 90 000

6 wissenschaftl. Mitarbeiter für Script-Entwicklung, Design 600 000

6 technische Mitarbeiter für Produktion 600 000

4 studentische Hilfkräfte 60 000

Investitionen

Arbeitsplatzausstattung 15 x 8 000 = 120 000 : 3 Jahre 40 000

AV-Studio 300 000 : 3 Jahre 100 000

insgesamt 1 630 000

Zum Vergleich: Die Universität Erfurt gibt die jährlichen Kosten des

Multimedia-Zentrums mit 1,5 Mio. DM an.

Kontinuierlicher

Ausbau des Angebotes

reduziert Kosten.

  Ein solches Multimedia-Zentrum soll im Prinzip alle Studiengänge

unterstützen. Dabei ist jedoch davon auszugehen, dass die Studien-

gänge erst nach und nach Online-Kurse anbieten wollen und dieses

Angebot auch jeweils Kurs für Kurs entwickeln. Pro Studiengang

sind drei Kurse pro Semester bzw. sechs Kurse pro Jahr anzubieten,

wenn ein Drittel des Angebotes online sein soll. Geht man davon aus,dass ein zweiköpfiges Team ein halbes Jahr an einem Kurs arbeitet,

dann kann mit der skizzierten Ausstattung die Entwicklung und

Produktion für zwei Studiengänge garantiert werden. Die anteiligen

jährlichen Kosten pro Studiengang reduzieren sich damit auf 

810 000 DM.  Zu den Personal- und Investitionskosten kommen noch die Kos-

ten für den Einkauf von Rechten an Bildern und anderen Werken.

 

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Produktionskomponente

Modell 3 mit

Multimedia-Zentrum

Investitionen Sachkosten Personal Rechte/ 

Content

Summe

Curriculum-Planung – – 120 000 – 120 000

Content-Beschaffung – – – 400 000 400 000

Content-Planung

(inhaltliche Entwicklung)

und -Produktion von 460 Std.

70 000 – 745 000 – 815 000

insgesamt 70 000 – 865 000 400 000 1 335 000

Stärken undSchwächen der

Eigenproduktion

Folgt man diesen Kostenschätzungen, so erscheint die Produktiondurch ein eigenes Multimedia-Zentrum deutlich günstiger als die

Vergabe an externe Auftragnehmer. Das trifft auf die Auftragsertei-

lung durch eine einzelne Universität ebenso zu wie auf die gemein-

same Vergabe durch mehrere Hochschulen. Dieser Eindruck rührt da-

her, dass für das Zentrum, auch wenn es neu errichtet werden muss,

in diesem Rechenmodell nur die Personalkosten und unmittelbaren

Investitionen in Arbeitsmittel, nicht aber die Kosten für die Arbeits-

plätze (Baumaßnahmen/Mieten), die laufenden Sachaufwendungen

und Gemeinkosten u. a. m. berücksichtigt wurden, die von externen

Auftragnehmern selbstverständlich in Rechnung gestellt werden. Alle

hier vorgenommenen Schätzungen sind jedoch auf die zusätzlich an-

fallenden Kosten begrenzt und beziehen keine Fixkosten für die Ar-

beitsplätze mit ein. Auf der anderen Seite ist jedoch zu fragen, ob

ein hochschuleigenes Zentrum auf Dauer die erforderliche Qualität

garantieren kann. Die technischen Anforderungen und Realisierungs-

möglichkeiten ändern sich laufend, und es ist fraglich, ob das festan-

gestellte hochschuleigene Personal, sofern keine intensive Weiterbil-dung erfolgt, die jeweils neuen Anforderungen so gut erfüllen kann

wie speziell ausgewählte, wechselnde Auftragnehmer. Die Erfahrun-

gen mit den Hochschulrechenzentren zeigen, dass dies durchaus ein

Problem darstellen kann.  Daher wird für dieses Modell mit der Alternative der externen

Auftragsvergabe mit 50 000 DM/h kalkuliert.

 

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Studium online

 

(4) Datenbank-/Verwaltungskomponente

Kosten für dieVerwaltungs-

komponente

Gegenüber Modell 2 ergeben sich hier keine Änderungen.

 Jährliche Gesamtkosten Modell 3

Kombimodell mit 30 Prozent

Online-Kursen anspruchs-

voller Art

Investitionen Sachkosten Personal Rechte/ 

Content

Summe

Campus-Komponente 220 000 220 000 360 000 – 800 000

Classroom-Komponente 105 000 40 000 120 000 10 000 275 000

Produktionskomponente 100 000 – 360 000 2 616 000 3 076 000

Verwaltungskomponente 200 000 – 40 000 – 240 000

insgesamt 625 000 260 000 880 000 2 626 000 4 391 000

(1) Campus-Komponente

Modell 4:

Online-Studiengang

mit 30 Prozent

Präsenzanteil

Höhere Kosten der

Campus-Komponente

In Modell 4 sind die Relationen im Vergleich zu 2 und 3 umgekehrt.

Die Online-Kurse sind bestimmend für das Studiengeschehen. Darauf 

müssen sich die Infrastruktur und die Verwaltung einstellen. Die An-

forderungen an die Gestaltung der Kurse und den support steigen,

weil nicht mehr alle offenen Fragen und Probleme aus den Online-

Aktivitäten in den Präsenzphasen besprochen und geklärt werden

können. Gegenüber Modell 3 sind die Kosten für die Netzanbindung (In-ternet-Kosten) von 200 000 DM auf 400 000 DM erhöht worden.

Auch die Hardware und die Kapazität der Telekommunikationsein-

richtungen für die Internet-Anbindung müssen erweitert werden.

Zusätzliche technische Maßnahmen sind erforderlich, um rechtsver-

bindliche Transaktionen zu ermöglichen und die entsprechende

Sicherheit zu garantieren. Die Universität kooperiert mit einer Zerti-

fizierungsstelle (trust-center) und fungiert selbst als Registrierungs-

stelle für digitale Signaturen.

 

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Finanzierung virtueller Studienangebote

 

Campus-Komponente Hardware-

Invest./ 

Software-Entwick-

lung

lfd. Sach-

kosten

Personal Rechte/ 

Content

Summe

Nutzerverwaltung – – 240 000 – 240 000

Portal, Orientierungshilfen,

FAQ etc.

100 000 – 120 000 – 220 000

Registrierungsstelle,

Sicherheitsfunktionen

200 000 100 000 120 000 – 420 000

Kommunikations- und Koope-

rationstechnik, auch für rechts-

verbindliche Transaktionen

300 000 – – – 300 000

Internetkosten für

zusätzlichen Verkehr

– 400 000 – – 400 000

Erweiterung der

Einwahlmöglichkeiten

100 000 20 000 120 000 – 240 000

insgesamt 700 000 520 000 600 000 – 1 820 000

(2) Claasroom-Komponente

Keine Kosten-

reduktion für

die Classroom-

Komponente

Bei der Classroom-Komponente ändert sich gegenüber den bisherigen

Modellen nichts. Denn auch für einen Präsenzanteil von 30 Prozent

kann auf die drei Hörsäle und zwei Übungsräume mit Multimedia-

technik nicht verzichtet werden.

(3) Produktionskomponente

Kosten der

Produktions-

komponente

für 1 000

Lernstunden

Bei dem höheren Anteil an Online-Kursen dürfte es zur Kombination

verschiedener Produktionsformen kommen.  Ein Studiengang im Umfang von acht Semestern mit durchschnitt-

lich 20 Semesterwochenstunden und 13 Wochen pro Semester um-

fasst 2 080 Stunden. Bei einem Online-Anteil von 70 Prozent sind

dies 1 

456 Stunden. Bei einem Faktor von 1,5 für die multimediale 

129

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Studium online

 

Lernstunde sind ca. 1 000 multimediale Lernstunden zu produzieren.

Für diese wird folgende Verteilung angenommen:

– 200 Stunden in individuellem Auftrag (Profilierung gegenüberWettbewerbern),

– 600 Stunden durch Gemeinschaftsaufträge,

– 100 Stunden durch Einkauf von Standardmaterial,

– 100 Stunden durch Eigenproduktion.

Private Anschaffung

digitaler Unterrichts-

materialien

Für das Standardmaterial wird von Lizenzkosten von durchschnitt-

lich 4 000 DM ausgegangen. Dabei wird angenommen, dass Studie-

rende bestimmte elektronische Nachschlagewerke und elektronische

Standardlehrbücher, die sie lokal auf ihren Rechnern jederzeit verfüg-

bar haben wollen, selbst erwerben und dass die Universität diese Li-

zenzen ebenso wenig jedem Einzelnen zur Verfügung stellt, wie sie

dies heute mit Lehrbüchern tut.  Die Eigenproduktion soll sich auf die didaktisch und technisch

weniger anspruchsvollen Teile beschränken, die es auch in einem ins-

gesamt hochwertigen Angebot gibt. Sie kann daher weitgehend durch

die wissenschaftlichen Mitarbeiter erfolgen. Für Schulung, Beratung

und Betreuung dieser wissenschaftlichen Mitarbeiter sind zwei Stel-

len erforderlich. Für ein AV-Studio sind Investitionen von 300 000DM und ein Betreuer anzusetzen.

(4) Datenbank-/Verwaltungskomponente

Höhere Kosten auch

für Verwaltungs-

und Datenbank-

komponente

In diesem Modell ist das Netz auch für die Verwaltungsvorgänge be-

stimmend. Alle Daten der Studierenden werden online eingegeben,

im Netz gespeichert und sind für die Studierenden und Lehrenden im

Rahmen ihrer jeweiligen Berechtigungen einsehbar. Bei dem hohenAnteil an Kursen, Übungsaufgaben, Prüfungsleistungen können auch

diese Daten effektiv nur durch Datenbanken verwaltet werden.  In Modell 4 werden daher alle im Architekturmodell genannten

Datenbanken benötigt. Für sie gibt es keine Vorläufer. Ihre Entwick-

lungskosten lassen sich auf ca. 4 Mio. DM schätzen, die über fünf 

 Jahre verteilt werden können. Auch hier kommt eine Gemeinschafts-

entwicklung von vier Hochschulen in Frage. Dann entstehen jährli-

che Kosten unter Berücksichtigung individueller Anpassungen von 

130

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Finanzierung virtueller Studienangebote

 

250 000 DM. Der Aufwand für Betreuung, Wartung und Pflege, der

über die Präsenzlehre hinausgeht, erfordert die Schaffung von zwei

Stellen und wird jährlich auf 240 000 DM geschätzt.

Produktionskomponente

Modell 4 bei

überwiegender Vergabe

Investitionen Sachkosten Personal Rechte/ 

Content

Summe

Curriculum-Planung – – 120 000 – 120 000

Betreuung und Beratung

von Lehrenden für

eigene Produktion

– – 120 000 – 120 000

Beschaffung von Rechten

für eigene Produktionen

– – – 200 000 200 000

Aufträge für Content (inhaltl.

Entwicklung bei Produktion

von 200 Std. (50 000 DM/h)

und dreijähriger Nutzung)

100 000 – 120 000 3 330 000 3 550 000

Aufträge für Content (inhaltl.

Entwicklung bei Produktion

von 600 Std. (50 000 DM/h),

dreijähriger Nutzung undGemeinschaftsentwicklung

(von drei Studiengängen)

100 000 – 120 000 3 330 000 3 550 000

Beschaffung von Standard-

material für 100 Std.

– – 120 000 400 000 520 000

insgesamt 200 000 – 600 000 7 260 000 8 060 000

 Jährliche Gesamtkosten Modell 4

Online-Studiengang mit 30

Prozent Präsenzzeiten

Investitionen Sachkosten Personal Rechte/ 

Content

Summe

Campus-Komponente 700 000 – 500 000 580 000 1 780 000

Classroom-Komponente 105 000 40 000 120 000 10 000 275 000

Produktionskomponente 200 000 – 600 000 7 260 000 8 060 000

Verwaltungskomponente 250 000 – 240 000 – 490 000

insgesamt 1 255 000 40 000 1 460 000 7 850 000 10 605 000

131

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Studium online

 

Resümee: Hochschulen brauchen neue Modelle zur Finanzierung

Wege zur Realisierungdes verstärkten

Einsatzes

multimedialer

Bildungsangebote

Eine nationale Lern-Infrastruktur für Deutschland erfordert finan-zielle Mittel in einem Umfang, wie sie derzeit nicht bereitstehen.  Aus den Kostenschätzungen für vier unterschiedliche Modelle mul-

timedialer Lehre lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen:  1. Die multimediale Unterstützung der Präsenzlehre kann mit-

telfristig aus den Hochschuletats durch Umschichtung, gezielte Per-

sonalauswahl und Umschulung bewältigt werden. Für Anfangsinves-

titionen und zusätzliches Personal in der Übergangsphase sind

zusätzliche Mittel in Höhe von knapp 400 000 DM pro Studiengang

und Jahr erforderlich.

Kooperationen

können die hohen

Kosten senken.

  2. Der Übergang von der Unterstützung und Ergänzung der

Präsenzlehre zu kompletten Online-Kursen erweist sich als aufwen-

diger, als zumeist erwartet wird. Die geschätzten zusätzlichen Kosten

pro Jahr und Studiengang vervierfachen sich bei einfacher Material-

aufbereitung und verzehnfachen sich, wenn nur für ein Drittel des

Lehrprogramms multimediale Online-Kurse angeboten werden, die

auch die didaktischen Möglichkeiten zur Verbesserung des Lernens

technisch realisieren. Bei dieser Kalkulation sind die realistischenMöglichkeiten zur Senkung der Kosten, insbesondere durch hoch-

schulübergreifende Kooperationen, bereits weitgehend ausgeschöpft

und die Entwicklungskosten für anspruchsvollen Content so niedrig

angesetzt worden, dass zukünftige Preissenkungen schon berücksich-

tigt sind.  Von daher handelt es sich um Schätzungen am unteren Rand des

Möglichen. Mit 4 Mio. DM jährlichen Zusatzkosten pro Studien-

gang ist selbst der 30 Prozent-Anteil von Online-Kosten für die

meisten Studiengänge in den bisherigen Budgets nicht erreichbar. Da-rauf gerichtete Förderprogramme müssten entsprechend hoch dotiert

sein.  3. Studiengänge, die etwa 70 Prozent der Kurse online anbieten

und auch Verwaltung und Prüfung weitgehend über das Netz abwi-

ckeln, führen nur dann zu einer Kostendegression, wenn eine hinrei-

chend große Nutzergruppe erreicht wird. Entscheidend wird sein, in

welchem Maße Online-Studiengänge nicht nur ergänzend, sondern

ersetzend für traditionelle Lehrangebote eingesetzt werden. Außer- 

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Finanzierung virtueller Studienangebote

 

dem steigen mit der professionellen Aufbereitung die Vermarktungs-

chancen für virtuelle Bildungsangebote. Diese potenziellen Einnah-

memöglichkeiten sind den Erstellungskosten gegenüberzustellen.  Um diese Möglichkeiten auszuschöpfen, sollten die Universitäten

mit ihren Partnerfirmen klare Vereinbarungen über Vermarktung

und Verwertung der Bildungsprodukte treffen oder eine hochschulei-

gene Vertriebs- und Verwertungsgesellschaft aufbauen.  Sowohl bei 30 Prozent als auch bei 70 Prozent Anteil virtueller

Studienangebote fallen in erster Linie die Kosten für die Entwicklung

des multimedialen Lern-Content ins Gewicht. Bei den beiden Model-

len mit dem 30-prozentigen Online-Anteil steigen diese Content-Kos-

ten von der einfachen Online-Aufbereitung von vorhandenem Mate-

rial zur Neuentwicklung multimedialer Lernräume von 410 000 DM

auf 3 Mio. DM, bei der Ausweitung auf 70 Prozent anspruchsvoller

Lerninhalte dann auf ca. 8 Mio. DM.  Diese Kalkulationen bedürfen sorgfältiger Überprüfung. Wie die

Aufteilung nach Kostenarten zeigt, handelt es sich dabei nicht in

erster Linie um Personalkosten, sondern um die Vergabe von Aufträ-

gen und Lizenzgebühren, so dass hier gewisse Spielräume bestehen.

Grundlegende Veränderungen sind jedoch nicht zu erwarten, sofernnicht ganz andere Prämissen gesetzt werden – das heißt in der Praxis,

dass ganz andere Organisationsmodelle und Produktionsverfahren

entwickelt und auch konkret realisiert werden müssen. Dies gilt ins-

besondere für die Kooperation zwischen Hochschulen, Trägern der

betrieblichen Weiterbildung und Verlegern sowie Anbietern von On-

line-Diensten. Das ist nicht trivial. Tatsächlich gibt es bisher weltweit

keine Beispiele für multimediale Anwendungen, die inhaltlich die

Erwartungen an eine Verbesserung des Lernens voll erfüllen und

gleichzeitig betriebswirtschaftlich rentabel sind.  4. Für Förderprogramme kann daraus die Konsequenz gezogen

werden, dass es zukünftig nicht primär um weitere Modellversuche

zur Produktion von Content geht, sondern um die Erprobung solcher

Kooperationsmodelle. Dazu dürfte die Förderung einiger weniger gut

ausgestatteter Verbundprojekte sinnvoll sein, statt die Mittel auf 

viele kleine Projekte zu verteilen. Neben der Content-Entwicklung

wären dabei die organisatorischen und rechtlichen Innovationen zu

berücksichtigen und gezielt zu fördern. 

133

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Studium online

 

5. Die vorgelegten Berechnungen gehen davon aus, dass die Stu-

dierenden sowohl die erforderlichen Computer als auch die Tele-

kommunikations- und Internetkosten für das Online-Studieren sowiedie Kosten für Software-Lizenzen für jederzeit lokal verfügbare Soft-

ware selbst tragen. Und es wurde unterstellt, dass sie die dazu erfor-

derlichen Fähigkeiten möglichst schon in der Schule erworben haben.

Beide Prämissen sind heute in der Regel noch nicht erfüllt. Zu klären

ist noch, inwieweit es zulässig ist, dass Software von einem Server

der Universität auf Rechner der Studierenden heruntergeladen und

dort benutzt wird, ohne dass dafür zusätzliche Lizenzgebühren be-

zahlt werden. Mit den bisherigen BAFöG-Sätzen können die Studie-

renden die zusätzlich aufzubringenden Kosten nicht tragen. Ohne

eine entsprechende Erhöhung oder andere Regelungen lässt sich die

politisch angestrebte Chancengleichheit nicht gewährleisten.  6. Wirtschaftliche Modelle für die Bereitstellung von Online-

Studienangeboten müssen sich noch entwickeln. Notwendiger Be-

standteil einer Vermarktung sind weitere Maßnahmen wie Marke-

ting, Vertrieb und Wartung. Denkbar ist, dass Auftragnehmer die

entwickelten Bildungsprodukte an Dritte verkaufen und die auftrag-

gebende Hochschule an den Erlösen beteiligen. Mittelfristig kanneventuell auf Baumaßnahmen (Kabel statt Beton) und/oder die Wie-

derbesetzung einer Hochschullehrerstelle verzichtet werden. Voraus-

setzung dafür sind verbindliche Koooperationsverträge zwischen

Hochschulen, die sich zu einem Verbund zusammenschließen, in dem

bestimmte Wissensbereiche nur einmal angeboten werden. Der dafür

erforderliche Wandel in Verständnis und Organisation der Hoch-

schulen wird angesichts des allgemeinen Wandels von Globalisierung

und Wettbewerb im Bildungsbereich unumgänglich sein.

  Lassen wir zum Abschluss unseren Modellstudenten Thomas S.berichten, wie er als Studierender die höheren Kosten für multimedi-

ale Lehrangebote betrachtet: Zunächst wollte er nicht akzeptieren,

dass seine Hochschule für die interaktiven Angebote der Kategorien

C (30 Prozent Anteil anspruchsvolle Online-Kurse) und D (Online-

Studiengang mit 30 Prozent Präsenzanteil) beträchtliche Zusatzge-

bühren fordert. Selbst der Verweis darauf, dass entsprechende Kurse

z. B. aus Ann Arbor noch wesentlich teurer wären, konnte ihn nicht

überzeugen. Nachdem er sich – mit etwas unwillig gewährter Unter- 

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Finanzierung virtueller Studienangebote

 

stützung seiner Eltern – zunächst einmal zwei der teuren Unterrichts-

einheiten geleistet hat, ist er bereit, die Dinge etwas anders zu sehen.

»Der technische Aufwand, der dahinter steckt, ist einfach enorm«,erklärt er seinem Vater, der wissen will, ob sich die Investition ge-

lohnt hat. »Der Informationsgehalt ist sehr dicht, und man hat so

aufwendige Mechanismen zur Kontrolle des Lernerfolges eingebaut,

dass keiner in Versuchung kommt, das Ganze als Fernsehen zu be-

trachten. Man lernt wirklich etwas, und das schneller und vielseitiger

als sonst.«  Trotz der Zusage weiterer Unterstützung durch die Eltern kann

Thomas S. es sich allerdings nicht leisten, den überwiegenden Teil

seines Studiengangs mit Bausteinen der höchsten Online-Kategorien

zu bestreiten. »Der Nutzen der Multimedia-Kurse ist wohl auch

nicht bei allen Studieneinheiten gleich groß«, vermutet er, »und Eini-

ges habe ich aus ganz traditionellen Büchern bestimmt ebenso gut ge-

lernt, wie das am Bildschirm möglich gewesen wäre.« Trotzdem

rechnet er damit, dass der Stellenwert der Online-Ausbildungseinhei-

ten in seinem Studium und erst recht anschließend in der Weiterbil-

dung ständig zunehmen wird, wenn sein Wissen immer auf der Höhe

der aktuellen Anforderungen sein soll. Darauf, dass die staatlicheAusbildungsförderung später einmal ausreichen wird, seinen Kindern

ein Studium auf der Höhe der Zeit zu finanzieren, mag er sich nicht

verlassen. »Neben dem Bausparvertrag werden wir wohl auch einen

Bildungssparvertrag abschließen müssen, um auf der sicheren Seite

zu sein.«

Anmerkungen

1 Beitrag von Peter Glotz.

2 Klaus Haefner, »MultiMedia« in der Hochschulausbildung. Eine nationale Infrastruktur

muss entwickelt und realisiert werden, Juni 1999, Manuskript.

3 Beitrag von Herbert Kubicek.

4 Die Kosten für Markteinführung in Höhe von 6 000 DM werden hier nicht übernommen.

 

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Studium online

 

10 40

2626

7850

220

880 880

1460

40180

260

40105

475625

1255

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

8000

9000

Kosten in TDM

Höhe der verschiedenen Kostenarten

Modelle I II III IV

Investitionen 105 475 625 1255

lfd. Sachkosten 40 180 260 40Personal 220 880 880 1460

Rechte/Content 10 40 2626 7850

 

136

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Finanzierung virtueller Studienangebote

 

240 240

490

120

410

3076

8060

255 275 275 275

650800

1780

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

8000

9000

Kosten in TDM

Größe der Komponenten

Modelle I II III IV

Campus-Komponente 0 650 800 1780

Classroom-Komponente 255 275 275 275Produktionskomponente 120 410 3076 8060

Datenbanken 0 240 240 490

 

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 Hochschulentwicklung durchneue Medien – internationaleBest-Practice-Projekte

Michael Brockhaus, Martin Emrich, Antonella Mei-Pochtler

Die Universität in fünf Jahren – werden die im Szenario 2005 prog-

nostizierten Zustände Wirklichkeit? Was müssen wir tun, um posi-

tive Trends zu verstärken und negative Entwicklungen zu vermeiden?

Welche Weichen müssen gestellt werden, damit das deutsche Hoch-

schulwesen auch künftig seine vielfältigen Aufgaben erfüllen kann?

Welche Auswirkungen ergeben sich für die Studierenden, die Profes-

soren, Unternehmen und den Staat? Welche Rolle wird und kann

Multimedia spielen? Der Expertenkreis versucht, u. a. auf diese Fra-

gen Antworten zu geben.  Die Boston Consulting Group wurde gebeten, weltweit nach Best-

Practice-Beispielen zu suchen und ihre Übertragbarkeit auf Deutsch-

land zu analysieren. Als »Best Practice« verstehen wir in diesem Zu-

sammenhang bildungsspezifische Modelle, die bereits in die Praxis

umgesetzt sind und eine Vorreiterrolle in ihrem Bereich einnehmen.

Ziel war es, die konzeptionell interessantesten und unterschiedlichen

Modelle zu identifizieren, an denen sich die Verantwortlichen in

Deutschland orientieren können oder vielleicht sogar müssen. Diese

Beispiele besitzen Vorbildcharakter aufgrund ihres innovativen und/ oder effizienten Multimedia-Einsatzes und erlauben uns, aus den

internationalen Erfahrungen zu lernen. Dabei wurde insbesondere

darauf geachtet, die Besonderheiten der fünf Komponenten des Sze-

nario 2005 von der Alma Mater Multimedialis bis zur virtuellen

Universität zu berücksichtigen.  Das Szenario 2005 zeichnet für die künftige Hochschullandschaft

ein Bild, in dem sich grundsätzlich neue Formen von Bildungsanbie-

tern etablieren werden: Internationale Bildungskonsortien treten als 

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Studium online

 

Kooperationen von Hochschulen und Wirtschaft mit Profitorientie-

rung auf den Plan. Corporate Universities übernehmen die Aus- und

Weiterbildung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zunehmendselbst und liefern die Bildungsinhalte vielfach über das Internet di-

rekt an den Arbeitsplatz. Universitätsnetzwerke schließen sich zu-

sammen, um gemeinsam ein Bildungsangebot bereitzustellen, das die

Studierenden teils in traditioneller Präsenzlehre an ihrer Heimatuni-

versität und teils als virtuelles Studienangebot einer anderen Netz-

werkhochschule erarbeiten. Virtuelle Universitäten decken einen

breiten Fächerkanon ab, wollen eine möglichst große Zielgruppe er-

reichen und bieten die Lehre vollständig über das Internet an. Die

traditionelle Universität muss sich unter diesem Einfluss profilieren

um zu überleben. Einige klassische Universitäten werden sich eben-

falls um ein Online-Angebot bereichern und die neuen Technologien

für die Lehre nutzen. Diese Alma Mater Multimedialis wird in einigen

Fällen eine Position als Elite-Universität erreichen, die eine heraus-

ragende und auch teure Generalistenausbildung bietet.  Die hier präsentierten Beispiele sind Vorboten einer Entwicklung

im Bildungsmarkt, die sehr unterschiedliche Typen von Bildungsanbie-

tern hervorbringen wird. Sie zeigen, wie sich Hochschulen im Zeichender neuen Technologien ein neues Profil geben und welche grundsätz-

lich neuen Institutionen sich als Wettbewerber am Markt positionie-

ren werden. Die Modelle sind aber auch kritisch zu analysieren. Sie

dürfen keinesfalls unreflektiert übertragen werden – vielmehr sind

die Erkenntnisse der Recherche im deutschen Kontext zu bewerten.

Vorgehensweise

Zunächst wurde über verschiedene Quellen eine Vielzahl von Bei-

spielen identifiziert. Daraus wurden 21 Projekte zur eingehenderen

Untersuchung in eine Longlist aufgenommen. Diese Liste enthielt

Beispiele aus Europa, den USA und der Region Asien/Pazifik. Da-

raus wurden die Beispiele mit der jeweils höchsten Gesamtbewertung

für die fünf Typen von Bildungsanbietern des Szenario 2005 für

die detaillierte Best-Practice-Analyse ausgewählt. Es wurde sicherge-

stellt, dass alle ausgewählten Beispiele Mindestanforderungen in den 

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Hochschulentwicklung durch neue Medien

 

Kriterien der

Bewertung

Einzelkriterien aufweisen. Die Kriterien der Bewertung lauten wie

folgt:

– Medieneinsatz (Spektrum eingesetzter Technologie; Qualität mul-timedialer Inhalte),

– Lerneffektivität  (Einsatz der neuen Medien auf der Basis von

Lehrkonzepten; Evaluationsstudien; von Nutzern und Dozenten

wahrgenommene Effektivität),

– Lehreffizienz (Effizienz von Lehrprozessen; Kostenreduktionen in

der Administration),

– Entwicklungsstadium (Routine versus Pilotprojekt),

– Ausmaße des Projektes (Breite des Kursangebotes; geografische

Reichweite der Kurse; Breite der Zielgruppe)

– Region (Konzentration auf Projekte außerhalb Deutschlands).

Dabei suchte die Boston Consulting Group nach Beispielen, die im

Projektstatus als fortgeschritten gelten, andererseits ein innovatives

Profil aufweisen. Viel versprechende europäische Projekte, wie etwa

die Finnish Virtual University oder der Kölner Global eCommerce

Master, blieben aufgrund ihres frühen Projektstadiums von der letz-

ten Phase der Recherche ausgeschlossen. Deutsche Projekte wurden

explizit nicht berücksichtigt, da der anvisierten Zielgruppe der deut-schen Universitäten und Bildungspolitik die hiesige Projektlandschaft

sehr gut bekannt ist.  Persönliche Interviews vor Ort sowie darüber hinausgehende de-

taillierte Recherchen ermöglichten eine genaue Analyse der ausge-

wählten Best-Practice-Beispiele.

Vergleich auf

sechs Achsen

  Im Folgenden werden diese acht Beispiele näher beschrieben und

Unterschiede der identifizierten Projekte mit den Komponenten des

Szenario 2005 aufgezeigt und diskutiert. Dieser Vergleich erfolgt

anhand von Profilen, die auf sechs »Achsen« beruhen. Die Achsenstehen für die Hauptdimensionen des Wandels im Bereich der post-

sekundären Bildung. Sie dienen der Veranschaulichung der unter-

schiedlichen Profile der Beispiele und der jeweiligen Bildungsanbieter

im Szenario 2005. Ein »optimales« Profil existiert nicht. Die unter-

schiedlich starke Ausdehnung der Beispiele auf den Achsen zeugt

eher von einer Profilierung als von einem Mangel an Ausgewogenheit

und Potenzial. Die Einordnung der Szenarien und der Best-Practice-

Beispiele erfolgte relativ zueinander und geschah auf Basis der Pro- 

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Studium online

 

jektkenntnis sowie aufgrund von Diskussionen mit einzelnen Mit-

gliedern des Expertenkreises. Die Haupttreiber des Wandels lassen

sich wie folgt charakterisieren und benennen:– Virtualisierung (Einsatz des Internet zur Ausbildung und für eine

damit verbundene zeitliche und örtliche Flexibilität der Lernenden

und Lehrenden),

– Globalisierung  (Zugriff der Studierenden auf internationale Bil-

dungsangebote bzw. im Gegenzug ein globales Angebot der Bil-

dungsprodukte im Netz),

– lebenslanges Lernen (Umfang der Weiterbildung als Teil des Bil-

dungsangebotes),

– Kundenorientierung (individuelle Adaptierbarkeit der Angebote,

Modularisierung der Lernmaterialien durch die Anbieter),

– Umfang des Medieneinsatzes (von rein textbasierten Darstellungs-

formen bis zur interaktiven Multimedialität)

– Community/Lerngemeinschaft (Berücksichtigung der sozialen In-

teraktionsmöglichkeiten der Lernenden und Lehrenden).

Im zweiten Teil dieser Studie wird die Übertragbarkeit der interna-

tionalen Entwicklungen auf Deutschland zur Debatte gestellt.

Weltweite Best-Practice-Beispiele

Internationale

Bildungs-

konsortien

Im künftigen Bildungsmarkt werden branchenfremde Unternehmen

Studienangebote bereitstellen und sich dabei nach kommerziellen

Gesichtspunkten richten. Das internationale Bildungskonsortium des

Szenario 2005 besteht aus einer solchen profitorientierten Koopera-

tion internationaler Unternehmen der Telekommunikations- und

Medienbranche mit renommierten Universitäten. Die Konsortien tre-ten als Bildungsanbieter auf, die Studierende auf der ganzen Welt

zu ihren Kunden zählen. Zusätzliche Partnerschaften mit Großunter-

nehmen können auf Anbieter- wie auf Abnehmerseite erfolgen.  Die hier aufgeführten Projekte Pensare und UNext.com zeichnen

sich durch Kooperationen mit führenden Universitäten, enge Zu-

sammenarbeit mit der Wirtschaft, ein globales Geschäftsmodell sowie

durch Profitorientierung aus. Sie werden im Folgenden genauer por-

trätiert. 

142

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Hochschulentwicklung durch neue Medien

 

Pensare

Pensare ist ein privates, gewinnorientiertes Unternehmen, das Lern-systeme für Firmen und Universitäten anbietet. Der Tätigkeitsschwer-

punkt der 1996 gegründeten US-Firma liegt im Design von internet-

basierten Lern-Infrastrukturen für Gruppen. Bereits mehrere tausend

Anwender, etwa bei GE, Intel oder Ernst & Young, nutzen die maß-

geschneiderten Lösungen, deren Inhalte von Partner-Universitäten

(z. B. Wharton, Harvard, Fuqua School of Business) und Unterneh-

men gestaltet werden. Zum Einsatz kommen synchrone und asyn-

chrone Videokonferenzen sowie zahlreiche andere moderne Kom-

munikationstechnologien, etwa Satellitenübertragung und so genann-

te Multi User Domains (MUDs), mit deren Hilfe räumlich getrennte

Teams gemeinsam an derselben Unterlage arbeiten können. Pensare

plant den Börsengang für Juni 2000. Die Studierenden begrüßen

nicht nur die moderne Lernumgebung, sondern betrachten gerade

auch die (virtuelle) Gemeinschaft mit den anderen Studierenden als

besonders motivierend.  Projektwebsite: www.pensare.com.

UNext.com

Die »Next Generation University« wurde Ende 1997 gegründet und

gehört zu 20 Prozent dem Unternehmen Knowledge Universe. Knowl-

edge Universe gründet, betreibt und investiert in Firmen, die Serv-

ices im Bereich Bildung für alle Altersstufen und für Unternehmen

und Privatpersonen erstellen. Ziel von UNext.com ist die Bereitstel-

lung hochwertiger lebenslanger Lernprozesse, zunächst für Berufstä-tige mit akademischer Ausbildung. Dazu stehen ihnen rund 80 bis

100 Mio. US$ als Wagniskapital zur Verfügung. Seit Herbst 1999

erstellt UNext gemeinsam mit europäischen und amerikanischen

Top-Universitäten (London School of Economics, Stanford, Colum-

bia, University of Chicago, Carnegie-Mellon) betriebswirtschaftliche

Kurse und vermarktet diese unter dem Namen Cardean. Das Ange-

bot ist zunächst an Unternehmen weltweit gerichtet. IBM zählt zu

den ersten Kunden. Später sollen auch Privatpersonen angesprochen 

143

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Studium online

 

werden. Dem akademischen Beirat gehören die Nobelpreisträger

Arrow, Becker und Miller an. Die Wissensübermittlung erfolgt durch

das Internet (Text, Audio, Grafik und Video). Die verwendete pro-prietäre Software erlaubt dabei auch bei niedriger Bandbreite die

Übertragung multimedialer Inhalte sowie eine Kombination von

Selbststudium und interaktiver Zusammenarbeit. Integrierte Feed-

back- und Leistungskontrollsysteme sowie die Unterstützung von

Gruppenarbeit sollen eine anwenderzentrierte Lernumgebung schaf-

fen. UNext will nach erfolgter Akkreditierung ein MBA-Studienpro-

gramm mit Abschluss in das Angebot aufnehmen. Außerdem ist

geplant, Hochschulen als Kunden zu gewinnen.  Projektwebsite: www.unext.com.

Abbildung 1

I n t e r n a t i o n a l e s K o n s o r t i u m u n d U N e x t . c o m  

V i r t u a l i s i e r u n g  

K u n d e n o r i e n t i e r u n g  

G l o b a l i s i e r u n g  

l e b e n s l a n g e s  

L e r n e n  

U m f a n g  

M e d i e n e i n s a t z  

C o m m u n i t y  

I n t e r n a t i o n a l e K o n s o r t i e n b e i n h a l t e n  

a u c h P r s e n z l e h r e ; U n e x t . c o m b i s h e r  

n u r v i r t u e l l  

U n e x t . c o m e x p e r i m e n t i e r t m i t n e u e n  

L e r n f o r m e n i n s e h r f r h e m S t a d i u m  

U N e x t . c o m  

S z e n a r i o 2 0 0 5 /  

I n t e r n . K o n s o r t i u m  

Q u e l l e : B C G - A n a l y s e  

 

144

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Hochschulentwicklung durch neue Medien

 

Die links stehende Grafik veranschaulicht, inwieweit die Profile des

internationalen Konsortiums laut Szenario 2005 und der Beispiele

von UNext.com und Pensare übereinstimmen. Die Grafik zeigt,dass bei dem internationalen Konsortium das Potenzial der multime-

dialen Aufbereitung von Lernmaterialien zu einem sehr hohen Grad

genutzt wird. Damit werden die unterschiedlichen Lernertypen un-

terstützt. Allerdings verzichten die gezeigten Beispiele auf Präsenz-

phasen und kompensieren dies durch eine elektronischecommunity.  Zusätzlich zu den dargestellten Beispielen ist ein stärkeres Enga-

gement von Telekommunikations- und Medienunternehmen bereits

in der Entstehung, auch wenn die Umsetzung bislang nicht öffentlich

sichtbar und darstellbar ist. Die Dimension der hier dargestellten

Beispiele und erste Marktanalysen verdeutlichten jedoch die Bereit-

schaft von Unternehmen, diesen Markt aggressiv anzugehen.

Corporate

Universities

  Die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens steigert den Bedarf 

an kontinuierlicher Aus- und Weiterbildung für Berufstätige. Viele

Unternehmen reagieren darauf, indem sie ihre interne Weiterbildung

durch Corporate Universities gestalten lassen. Diese Corporate Uni-

versities, so das Szenario 2005, werden künftig jedoch nicht nur der

Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern des eigenen Unternehmensdienen. Zwar liegt hier der Schwerpunkt: Unternehmensspezifisches

Wissen wie auch die Kultur und Philosophie eines Unternehmens

werden hier vermittelt – vielfach direkt über den PC am Arbeitsplatz.

 Jedoch bieten die Unternehmen Teile ihres internen Bildungsangebo-

tes zunehmend auf dem freien Bildungsmarkt an.  Das hier gezeigte Beispiel der Motorola Corporate University

bedient nicht nur alle Angestellten des Konzerns in der ganzen Welt,

sondern auch zahlreiche Kunden und Lieferanten – ein erster Schritt

zur Öffnung des Angebotes ist damit bereits erfolgt.

Motorola University

Die Motorola University wurde 1981 gegründet und wird heute von

130 000 Angestellten und einer großen Anzahl Kunden und Lieferan-

ten in fünf Kontinenten genutzt. Die Webseiten werden in acht Spra-

chen angeboten. Deutsche Ausbildungsstandorte sind Berlin, Flens- 

145

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Studium online

 

burg und Wiesbaden. Jede/r Angestellte nimmt mindestens vierzig

Stunden pro Jahr an Trainingsmaßnahmen teil. Bisher finden 90

Prozent der Trainings face-to-face und 10 Prozent mit Hilfe neuerMedien statt. Beim Einsatz neuer Medien werden die Kurse gefilmt

und danach per CD-ROM verteilt ( just-in-time lectures technology).

Das breit gefächerte Angebot behandelt u. a. betriebswirtschaftliche

Themen, transkulturelle Bildung, Technologie, Verkaufstechniken

und Fremdsprachen. Trotz des Namens »University« besteht kein

Anspruch auf universitäre Grundausbildung. Zum Einsatz kommt

neben dem Internet und CD-ROMs das webbasierte TAS (Training 

Administration System) zur Kursübersicht und Kursanmeldung. Ab

September 2000 können mit dem TAS auch die Trainingsleistungen

von Angestellten erfasst und mit Anforderungsprofilen künftiger

Stellen verglichen werden. Partner der Motorola University sind die

Purdue University, die Carnegie-Mellon University und Pensare.  Projektwebsite: mu.motorola.com/aboutMU.html.

Abbildung 2

Corporate University und Motorola University

Virtualisierung

Kundenorientierung

Globalisierung

lebenslangesLernen

UmfangMedieneinsatz

Community

Quelle: BCG-Analyse

erst 10 Prozent

virtuelles Training;

Tendenz steigend

Motorola etablierte konzernweitgültige Lehrpläne

bisher sparsamer Multimedia-

einsatz; Anwendung neuer 

Medien in Pilotphase

Motorola University

Szenario 2005/

Corporate University

 

146

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Hochschulentwicklung durch neue Medien

 

Obgleich die Virtualisierung der Lehre bei der Motorola Corporate

University bislang noch nicht besonders weit fortgeschritten ist, ist

das Maß der Globalisierung bereits sehr hoch. Dies liegt daran, dassder Konzern seine Inhalte weltweit in gleicher Weise anbietet. Mit

dem geplanten steigenden Einsatz des Internet zur Verbreitung der

Inhalte und einer möglicherweise weiteren Öffnung für unterneh-

mensexterne Nutzer wird der globale Zugriff auf die Motorola Cor-

porate University noch breiter werden können.

Universitäts-

Netzwerke

  Kooperationen sind ein Weg, um dem wachsenden Wettbewerbs-

druck im Bildungsmarkt standzuhalten. Daher werden sich Unter-

nehmen zusammenschließen, um ihre Kompetenzen zu bündeln. In

den Universitätsnetzwerken des Szenario 2005 tauschen die beteilig-

ten Universitäten die Lehrinhalte mit dem Ziel des Ressourcen-

sharing und der Stärkung der Konkurrenzfähigkeit untereinander aus.

Die Curricula enthalten virtuelle Studienanteile und Campusphasen.

Auch die Netzwerke kommerzialisieren ihr Produkt, vornehmlich für

den Weiterbildungsmarkt kleiner und mittlerer Unternehmen.  Im geschilderten Beispiel der Singapore-MIT-Alliance findet ein

enger Austausch von Lehrinhalten statt. Vor allem die Universitäten

in Singapur verfolgen mit dem Projekt eine Stärkung ihrer Position inder internationalen Bildungslandschaft. Eine Ausweitung des Kon-

zeptes auf die University of Dublin und University of Cambridge

seitens des MIT ist in Vorbereitung.

Singapore – MIT Alliance (SMA)

Die SMA ist eine Bildungs-Kooperation, die 1998 zwischen dem

Massachusetts Institute of Technology (MIT) und den beiden Hoch-schulen National University of Singapore (NUS) und Nanayang

Technological University (NTU) aus Singapur geschlossen wurde.

Das fünfjährige Pilotprojekt mit derzeit 64 Studenten setzt multime-

diale Übertragungstechnologien ein und will Erkenntnisse über On-

line-Interaktionsmöglichkeiten liefern. Der Kursschwerpunkt liegt im

Bereich der Technologie. MIT-Lehrveranstaltungen werden zwei-

mal täglich per Video live nach Singapur übertragen. Parallel dazu

findet ein Austausch von Forschern, Lehrenden und Studierenden 

147

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Studium online

 

statt. Das Projekt hat ein Gesamtbudget von 200 Mio. US$, von

denen die Regierung in Singapur 80 Prozent trägt. Dieser hohe Anteil

verdeutlicht das Interesse Singapurs an einem Know-how-Transfervom MIT. Ab Frühjahr 2000 können die Studierenden in Singapur

zusätzlich zur Videoübertragung handschriftliche Skizzen des Profes-

sors in Boston live mitverfolgen. Selbst wenn die Vorlesung zu einem

späteren Zeitpunkt abgerufen wird, bleibt der Weg, wie eine Zeich-

nung angefertigt wurde, rekonstruierbar. Die teilnehmenden Studie-

renden bewerten v. a. die interaktiven Videoübertragungen äußerst

positiv, auch wenn diese aufgrund des zwölfstündigen Zeitunter-

schiedes sehr früh bzw. spät am Tag erfolgt. Kommunikationspro-

bleme zwischen den Studierenden in Boston und denen in Singapur

sind eher durch interkulturelle Unterschiede als durch die benutzten

Übertragungstechnologien bedingt.  Projektwebsite: www.caes.mit.edu und web.mit.edu/SMA/.

Abbildung 3

Uni-Netzwerke und Singapore-MIT-Alliance

Virtualisierung

Kundenorientierung

Globalisierung

lebenslangesLernen

UmfangMedieneinsatz

Community

Quelle: BCG-Analyse

SMA überbrückt

mehrere Zeitzonen undmassive Kulturunter-schiede; Ausbau nach

Europa geplant

MIT als technisch

orientierte Einrichtung

geht bewusst an Grenzendes technisch Machbaren

Uni-Netzwerke werden aus

geografischen undkulturellen Gründen

engere Kontake haben

Singap.-MIT-Alliance

Szenario 2005/

Uni-Netzwerk

 

148

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Hochschulentwicklung durch neue Medien

 

Dieses Beispiel zeigt, dass Netzwerke von Beginn an eine stark aus-

geprägte globale Reichweite haben können. Sicher ist diesem Projekt

auch das hohe Maß technischer Unterstützung seitens des MIT zugu-te zu halten. Unter diesem Aspekt ist auch der hohe Umfang des Me-

dieneinsatzes zu sehen. Andere, beispielsweise in Deutschland beob-

achtbare Netzwerke wie das Projekt Vikar oder WINFOLine zeigen

darin eine jeweils geringere Ausprägung. Dafür fällt bei diesen loka-

len bzw. nationalen Netzwerken der Aufbau einer Community leich-

ter.

Virtuelle

Universitäten

  Im Jahr 2005 werden virtuelle Universitäten das Gesamtspektrum

der traditionellen Universität in einer virtuellen Einheit anbieten. Das

Angebot ist überwiegend als Telelearning abrufbar und der Zugang

zu digitalen Bibliotheken und Arbeitsgruppen im Netz ist gewährleis-

tet. Die Vermittlung der Lehrinhalte erfolgt überwiegend nicht durch

die Wissenschaftler selbst, sondern durch eigens geschulte Moderato-

ren und Tutoren.  Die gewählten Beispiele University of Phoenix Online sowie West-

ern Governors University erleichtern ihren Studenten den Zugang zu

Bildung durch ihre Telelearning-Angebote. Das Fächerspektrum

deckt nicht alle üblichen Disziplinen einer traditionellen Universitätab, jedoch ist bei beiden Beispielen eine Erweiterung gegenüber den

marktgängigen Fächern wie Technik oder Wirtschaft festzustellen.  Der Zugang zu virtuellen Arbeitsgruppen ist ebenso gegeben wie

die Begleitung durch den Teletutor.

The University of Phoenix Online

Die Institution ist gewinnorientiert und gehört zur börsennotiertenApollo Group. Phoenix Online will Berufstätigen den Zugang zu Bil-

dung erleichtern. Die Themenschwerpunkte liegen in den Bereichen

Wirtschaft, Technologie und Erziehungswissenschaften. Seit 1976

wurden über 500 000 Studierenden an der University of Phoenix aus-

gebildet. Seit 1989 bietet Phoenix Kurse online an, zunächst mit ge-

ringer Teilnehmerzahl. Die derzeit über 11 000 Online-Studierenden

lernen ausschließlich über textbasierte Einheiten, die über das Inter-

net übertragen werden. Lerngruppen von 3 

– 

4 Studierenden korrigie- 

149

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Studium online

 

ren sich gegenseitig die wöchentlichen Hausarbeiten vor Abgabe an

die Lehrenden. Dadurch vertiefen die Studenten den Stoff und der

Korrekturaufwand des Lehrers verringert sich deutlich. Mehrheitlichsind die Studierenden der Auffassung, dass das Online-Lernen min-

destens so viel Zeit braucht wie Offline-Lernen. Einen großen Vorteil

sehen sie aber im Wegfall der täglichen Anfahrt zur Bildungseinrich-

tung und in der freien Zeiteinteilung.  Projektwebsite: www.online.uophx.edu.

Western Governors University

Die WGU versteht sich als Portal zu einer virtuellen Universität.

Insgesamt werden rund 900 Kurse von über 45 Universitäten aus 19

westlichen Bundesstaaten der USA angeboten. Die Initiative wurde

1996 von den State Governors ins Leben gerufen, um auch Studie-

renden aus abgelegenen Regionen ein umfassendes Bildungsangebot

zu ermöglichen. Im Juni 1999 öffnete die WGU ihre virtuellen Tore.

Der konzeptionelle Schwerpunkt dieser Institution liegt darauf, die

Kompetenzen der Studierenden (v. a. aus dem Bereich Weiterbil-dung) zu bestimmen und sie bezüglich weiterer Bildungsmaßnahmen

individuell zu beraten. Die Angebote der teilnehmenden Universitä-

ten werden regelmäßig bewertet, um so ein hohes Qualitätsniveau zu

sichern. Von Anfang an betonte die WGU sehr deutlich ein eigenes,

innovatives Bildungskonzept, das sich stark an den notwendigen

Qualifikationen der von den jeweiligen Studierenden angestrebten

Arbeitsplätze orientiert. Diese Qualifikationsanforderungen werden

gemeinsam mit dem partizipierenden Industrieunternehmen erarbei-

tet, das auch die Hälfte der Startkosten in Höhe von 13 Mio. US$bereitstellte.  Die Anlaufschwierigkeiten in Form einer langen Gründungsphase

und sehr niedrigen Studierendenzahlen verdeutlichen die Gefahr zu

starker Vorgaben seitens des Staates. Dabei zeigten die staatlichen

Universitäten, dass sie den Prozess durch mangelnde Kooperation

deutlich verzögern können. Noch heute muss z. B. ein Studierender

aus Wyoming für einen Kurs an der Texas University die hohe out-

of-state tuition zahlen. Auch hat WGU nicht alle notwendigen Kom- 

150

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Hochschulentwicklung durch neue Medien

 

ponenten eines Business-Plans erarbeitet. Die geringen Studentenzah-

len werden wesentlich auf eine mangelnde Berücksichtigung des

Marketing-Aspektes zurückgeführt. Nach diesen Schwierigkeitenhofft die virtuelle Universität nun auf ihre Akkreditierung. Eine Ent-

scheidung darüber soll im Mai 2000 fallen. Die Teilnehmerzahl

steigt mittlerweile kontinuierlich und lag im Februar 2000 bei 190

Studierenden.  Projektwebsite: www.wgu.edu.

Abbildung 4

Virtuelle Universität und Western Governors University

D-301-16 kk

Virtualisierung

Kundenorientierung

Globalisierung

lebenslangesLernen

UmfangMedieneinsatz

Community

Quelle: BCG-Analyse

Start ist in USA, bei Bestätigungdes Konzeptes globaleAusdehnung möglich

WGU-Studenten

bisher vorwiegend

Personen, die aufgrund

Lebenssituation auf face-to-faceUnterricht verzichten

müssen/wollen

Hauptkompetenz vonWGU ist individuelleBildungsberatung

bisher fast

ausschließlich

Internet-Text, um

vielen Studenten Zugangzu ermöglichen

Western Governor U.

Szenario 2005/

Virtuelle Universität

Beide Beispiele für die virtuelle Universität setzen vorwiegend text-

basierte Lernmaterialien ein. Damit kann einerseits ein großer Adres-

satenkreis – auch am privaten Lernplatz – erreicht werden. Ande-

rerseits bleiben die Produktionskosten niedrig. Die neuen Medien

werden in beiden Beispielen stark zur Effizienzsteigerung eingesetzt.

Somit handelt es sich eher um ein Lernangebot für eine große Anzahl 

151

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Studium online

 

Studierende, die aufgrund der individuellen Lebensumstände auf 

einen campusbasierten Unterricht verzichten wollen oder müssen.

Diese Zielgruppe führt weniger zu einer Globalisierung, d. h. zu einerStreuung des Angebotes in die Breite, denn in die Tiefe für eine

bestimmte Region oder Nation. Trotzdem ist eine Globalisierung des

Angebotes möglich.

Alma Mater

Multimedialis

  Ein Teil der klassischen Universitäten wird bis zum Jahr 2005 im

Wettbewerb des internationalen Bildungsmarktes ebenfalls ein On-

line-Angebot integrieren. Diese neue »alte« Universität bietet verbes-

serte Studienbedingungen und mehr persönliche Nähe zwischen

Studierenden und Wissenschaftlern. Diese Alma Mater Multimedialis

wird in einigen Fällen eine Position als Elite-Universität erreichen,

die hervorragend ausgebildete Absolventen hervorbringen wird.

Aufgrund der Besetzung der Lehrstühle durch hochkarätige Profes-

soren sowie durch das günstige Studierende-Professoren-Verhältnis

sind auch die Studiengebühren sehr hoch.  Die Wharton Business School hat sich konsequent und in vielfälti-

ger Weise um eine Online-Komponente bereichert, um ihre Attrakti-

vität für die Studierenden weiter zu steigern. Die Studienbedingungen

profitieren in hohem Maße von den technologischen Dienstleistun-gen, und die hohe Qualität von Lehre und Dozenten verschafft den

Absolventen herausragende Berufsaussichten.

The Wharton School

Wharton gilt derzeit als eine der besten Business Schools weltweit

und hat zahlreiche IT-Projekte initiiert, um seine Führungsposition

zu festigen. Der Einsatz von IT und Multimedia erfolgt ganz bewusstals Ergänzung der traditionellen Präsenzlehre und zur Entlastung von

Routineaufgaben. Bei der Erstellung und Umsetzung der technologie-

gestützten Angebote wird so viel wie möglich extern vergeben bzw.

von externen Anbietern importiert. Zu den Effizienz steigernden

IT-Produkten zählen u. a. eine umfassende Forschungsdatenbank

(knowledge@wharton) sowie das anwenderfreundliche, preisgekrönte

Intranet SPIKE. Gerade diese Lösung stößt bei den Studierenden auf 

große Zustimmung – sie nutzen SPIKE zur allgemeinen Information, 

152

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Hochschulentwicklung durch neue Medien

 

als E-Mail-System und zur Beschaffung von Kursmaterialien. SPIKE

wird inzwischen an andere Universitäten vertrieben, ebenso wie das

internetgestützte Recherche-Instrument Wharton Research Data Serv-ices (WRDS), das bislang 30 mal an andere Universitäten verkauft

wurde. Die Kundenliste umfasst z. B. Stanford, Harvard und London

School of Economics. Daneben gibt es einzelne Pilotprojekte, z. B. seit

1998 »Wharton Direct« – ein Programm mit ca. 150 Studenten.

Diese können per webbasierter Videokonferenz live und interaktiv

an den »traditionellen« Kursen teilnehmen. Ziel von »Wharton Di-

rect« ist nicht die Steigerung der Lehreffizienz, sondern die Bereitstel-

lung eines multimedial angereicherten Lernerlebnisses für die Studie-

renden.  Projektwebsite:www.wharton.upenn.eduundwww.direct.wharton.

upenn.edu.

Abbildung 5

A l m a M a t e r M u l t i m e d i a l i s u n d W h a r t o n  

V i r t u a l i s i e r u n g  

K u n d e n o r i e n t i e r u n g  

G l o b a l i s i e r u n g  

l e b e n s l a n g e s  

L e r n e n  

U m f a n g  

M e d i e n e i n s a t z  

C o m m u n i t y  

Q u e l l e : B C G - A n a l y s e  

P r o j e k t e i n W h a r t o n  

( z . B . W h a r t o n D i r e c t ) s i n d  

z . T . w e n i g a d a p t i e r b a r e  

M o d u l e  

W h a r t o n n u t z t I n t e r n e t  

z u r A n r e i c h e r u n g t r a d i -  

t i o n e l l e r V e r a n s t a l t u n g e n  

b e i e i n z e l n e n P r o j e k t e n  

u n d g e s a m t e r V e r w a l t u n g  

W h a r t o n  

S z e n a r i o 2 0 0 5 /  

A l m a M a t e r M u l t i m e d i a l i s  

 

153

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Studium online

 

Die Kundenorientierung einer Hochschule wie Wharton liegt weniger

im Bereich der Modularisierung virtueller Studienangebote als in

der persönlichen Betreuung und Ausbildung der Studierenden. DaWharton über den Einsatz der Technologien on-campus hinaus bei-

spielsweise mit Wharton Direct auch Distance Learning anbietet, ist

der Grad der Virtualisierung hier höher anzusetzen. Dies zeigt, dass

es zwischen den fünf umrissenen Prototypen von Bildungsanbietern

keine trennscharfen Abgrenzungen, sondern vielfach auch Über-

schneidungen geben wird.

Trends und Übertragbarkeit

Im Folgenden werden Entwicklungen aufgezeigt, die im Ergebnis der

Recherche in den USA als besonders wichtig für den Einsatz von

Multimedia im Hochschulbereich erscheinen. Des Weiteren wird ihre

Übertragbarkeit auf Deutschland diskutiert.

Wachsender Markt

für Aus- und

Weiterbildung

  Aus- und Weiterbildung werden künftig für jeden Einzelnen

wesentlich an Bedeutung gewinnen. Verkürzte Innovationszyklen

erfordern lebenslanges Lernen. Die Halbwertzeit des Wissens sinktdramatisch und erhöht die Bedeutung einer kontinuierlichen Weiter-

bildung. Dadurch ändert sich auch die traditionelle Kette der Ausbil-

dung: Zukünftig muss die universitäre Ausbildung durch eine vielfa-

che Weiterbildung – bedingt durch einen häufigeren Berufswechsel –

ergänzt werden. Dementsprechend ist sowohl in den USA als auch in

Deutschland die Bildungsbereitschaft – gemessen am Anteil der Be-

völkerung, der an beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen teilnimmt

– signifikant gestiegen (Abbildung 6).

 

154

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Hochschulentwicklung durch neue Medien

 

Abbildung 6

( 1 ) A l t e r s g r u p p e 1 9 - 6 5  

Q u e l l e : U S N a t i o n a l C e n t e r f o r E d u c a t i o n S t a t i s t i c s ;  

U S B u r e a u o f C e n s u s ; B M B F ; B C G - A n a l y s e  

U S A D e u t s c h l a n d  

A n t e i l W e i t e r -  

b i l d u n g s t e i l -  

n e h m e r  

( 1 ) 

( % ) 

A n t e i l W e i t e r -  

b i l d u n g s t e i l -  

n e h m e r  

( 1 ) 

( % ) 

4 4 7 0  

A n z a h l  

( M i o . )  

2 1 

3 0 

1 0 

1 5 

2 0 

2 5 

3 0 

3 5 

4 0 

4 5 

5 0 

1 9 9 1 1 9 9 7  

1 9 2 6  

A n z a h l  

( M i o . )  

W e i t e r b i l d u n g s b e r e i t s c h a f t a n g e s t i e g e n  

2 8 

4 1 

1 0 

1 5 

2 0 

2 5 

3 0 

3 5 

4 0 

4 5 

5 0 

1 9 9 1 1 9 9 7  

Im Zusammenhang mit dieser stark wachsenden Nachfrage der Be-

rufstätigen nach Weiterbildung steigt ihre Bereitschaft, für Weiterbil-

dungsmaßnahmen Geld auszugeben. Sie haben erkannt, dass Ausga-

ben für Bildung eine Investition in die eigene Zukunft sind.

Ein attraktiver

weltweiterBildungsmarkt

entsteht.

  Die erhöhte Notwendigkeit einer fundierten Aus- und einer konti-

nuierlichen Weiterbildung, die gleichzeitige Entwicklung einer hohenBildungs- und Zahlungsbereitschaft und die dramatisch vergrößerte

Zahl der kommerziellen Bildungsanbieter haben einen Wettbewerb

um die zahlenden Lernenden entstehen lassen.  Dieser Wettbewerb spielt sich bereits teilweise auf einem globa-

len Bildungsmarkt ab. Multinationale Unternehmen und mobile

Arbeitnehmer sorgen dafür, dass Wissen noch weniger geografisch

beschränkt bleibt als dies bisher der Fall war. Auch der gestiegene in-

ternationale Studierendenaustausch sorgt für eine Diffusion des

 

155

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Studium online

 

Wissens und ist zugleich Beweis für die Globalisierung der Bildungs-

landschaft. Diese Entwicklung wird durch das Internet noch ver-

stärkt: Bildungsangebote können weltweit angeboten und nachge-fragt werden.

Konkurrenz-

fähigkeit deutscher

Hochschulen

  Fraglich ist die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Hochschulen

in diesem Wettbewerb. Nimmt man den Anteil ausländischer Studie-

render als Indikator für die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Bil-

dungssystems bzw. der deutschen Bildungseinrichtungen, dann muss

man zu einer ernüchternden Einschätzung gelangen: Vor 20 Jahren

studierten beispielsweise noch knapp 50 Prozent aller indonesischen

Auslandsstudierenden in Deutschland. Heute sind es nur noch etwa

10 Prozent. Mehr als die Hälfte der indonesischen Studierenden

gehen heute zum Studium in die USA. Dass diese Zahlen keinen Ein-

zelfall darstellen, sondern deutlich zeigen, dass die Attraktivität der

deutschen Universitäten gesunken ist, sieht man auch an folgendem

Umfrageergebnis: nur 42 Prozent der in Deutschland studierenden

Ausländer würden sich bei freier Studienlandwahl wieder für ein

Studium in Deutschland entscheiden. 30 Prozent wären beispielswei-

se lieber in den USA. Als Gründe für die mangelnde Attraktivität des

Studiums in Deutschland nennen ausländische Studierende vor allemdie fehlende Möglichkeit internationaler Abschlussgrade, mangelnde

Anerkennung von Studienleistungen sowie die geringe Zahl an Auf-

baustudiengängen. Diese Punkte werden mancherorts bereits durch

Einführung von Bachelor- und Master-Studiengängen aufgegriffen.  Wer sich im globalen Bildungswettbewerb behaupten möchte, muss

Wettbewerb zulassen und ihn gezielt fördern. Das gilt umso mehr,

als zunehmend kommerzielle Anbieter in diesen internationalen

Markt drängen (Abbildung 7). Diese bedienen heute noch vorwie-

gend den Weiterbildungsmarkt und hier vornehmlich die technischenund wirtschaftlichen Disziplinen. Eine Ausdehnung in den Ausbil-

dungsbereich ist jedoch bereits erkennbar, wie etwa bei UNext.com.

Dort will man einen universitätsequivalenten MBA anbieten. Ebenso

werden weitere Fächer wie z. B. Sinologie oder Psychologie multime-

dial aufbereitet ins Internet gestellt.

 

156

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Hochschulentwicklung durch neue Medien

 

Abbildung 7 

Inhalts-

generierung

Beratung bei

Kurswahl

Vermittlung von

Inhalten

nicht profit-orientiert

profit-

orientiert

Inhalts

"packaging"

traditionelle Universität

Singapore-MIT-Alliance

UNext.com Cardean University

Pensare

Deutsche Telekom• Global Learning

MCI

• Caliber LearningNetworkTV-Netzwerke

Ziff-Davis• Smart Planet

Prentice Custom

PublishingVerlage

Hungry Minds.com

Web CTKnowledge Universe

IBM

Siemens

MicrosoftBlackboard

Jones International University

Western Governors University

Viele profitorientierte Unternehmen besetzen klassischeUniversitätsaufgaben

Beispiele:

Finish Virtual University

Ökonomie und

Qualität

Aufgabe der deutschen Hochschule ist eine qualitativ hochwertige

Ausbildung für eine große Studentenzahl. Dafür ist eine ökonomische

Orientierung wichtig, denn nur wer im Rahmen angemessener Bud-

gets wirtschaftet (das bedeutet nicht Gewinn-Erzielung), kann auch

andere bildungspolitische Aufgaben wahrnehmen, wie z. B. die Bereit-

stellung eines breiten Fachangebotes für viele Studierende oder die För-derung nicht direkt kommerzialisierbarer Forschung. Die Betonung

von Wettbewerbsprinzipien, innerhalb und zwischen den Universitä-

ten, ist also kein Selbstzweck – vielmehr ist sie sine qua non, um

überhaupt ein qualitativ hochwertiges Bildungsniveau aufrecht erhal-

ten zu können. Wer wirtschaftlich erfolgreich ist, kann auch einfa-

cher gesellschaftlich bedeutsamen Bildungsaufträgen gerecht werden.  Will man auf diesem Bildungsmarkt erfolgreich sein, gilt es, die

neuen Informations- und Kommunikationstechnologien zu nutzen,

 

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Studium online

 

Verbindung von

Reichweite

und Intensität

um Angebote von höherer Reichweite und besserer Qualität anbieten

zu können. Wie Abbildung 8 zeigt, kann mit dem Einsatz von Mul-

timedia der traditionelle trade-off zwischen Reichweite und Intensi-tät von Lehrveranstaltungen gebrochen werden. Dabei kann der

Multimedia-Einsatz zwischen Ergänzung von Präsenzlehre bis zu

komplett virtuellen Angeboten reichen, wie die Best-Practice-Beispie-

le eindrucksvoll demonstrieren.

Abbildung 8

• Universitäts-Seminar 

• face-to-face-Diskussion

• multimedial unterstützte

Präsenzlehre

Informations-reichweite

(»reach«)

Interaktions-

intensität(»richness«)

multimediales,

interaktives

(Distance) Learning• Fernlehre

• computergestützte

Bibliotheks- und

Datenrecherchen

Internet ermöglicht reichere und intensivere Vermittlung vonBildungsangeboten

Community Aspectweiterhin wichtig

Die neuen Bildungsangebote in Form interaktiver multimedialerProgramme ermöglichen gleichzeitig hohe Reichweite und hohe In-

tensität der Lernprozesse. Eine eingehende Auseinandersetzung mit

den Best-Practice-Beispielen offenbart ferner, dass Studierende im

Alter von 18 – 24 Jahren kein reines Online-Learning wünschen. Bei

dieser Gruppe sind soziale Aspekte besonders ausgeprägt, d. h. Stu-

dierende gehen u. a. deshalb zur Universität, um Gleichaltrige ken-

nen zu lernen, Partner zu finden oder ein Netzwerk aufzubauen.

Neben der sozialen spielt auch die bildungsspezifische Orientierung

 

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Hochschulentwicklung durch neue Medien

 

für diese Altersklasse eine große Rolle. So beenden momentan 25

Prozent der deutschen Studierenden ihr Erststudium nicht. Als Grund

geben viele Orientierungslosigkeit und mangelnde Beratung an.  Anders sieht es bei älteren Zielgruppen aus. Dort ist die örtliche

Flexibilität längst nicht so häufig gegeben und das Zeitbudget wesent-

lich stärker beschränkt. Auch das Bedürfnis nach sozialer und aka-

demischer Orientierung ist nicht so deutlich ausgeprägt. Aufgrund

dieser Umstände und der vorhandenen, hohen intrinsischen Motiva-

tion eignen sich daher reine Telelearning-Bildungsangebote für dieses

Segment wesentlich eher.  Die Best-Practice-Beispiele lösen das Spannungsfeld vielfach da-

durch, dass sie meistens zum Beginn der Kurse Präsenztreffen der

späteren virtuellen Lerngemeinschaften organisieren.

Individualisierung

der Lernpläne

  Die Informationstechnologien können helfen, die beschriebenen

Ansprüche zu befriedigen. Sie erlauben ferner beispielsweise eine in-

dividuelle Lehrplanzusammenstellung, etwa durch Modularisierung

der Inhalte, und eine multimediale Anreicherung der Präsenzlehre.

Die so erzielte Individualisierung kommt den Anforderungen der Ler-

nenden stark entgegen. Bildung wird dadurch immer mehr zu einem

»Supermarkt«, der ein breites Angebot bereitstellt, aus dem der Stu-dierende auswählen und die Inhalte individuell anpassen kann.  Bei der Beobachtung dieser Entwicklung stellt sich allerdings die

Frage, inwiefern eine solche Art der Bildung den bildungspolitischen

Zielen einer Gesellschaft gerecht wird. Im Rahmen der Recherche

konnte eine starke Tendenz festgestellt werden, Bildungsangebote so

zu gestalten, dass sie die Bildungsbedürfnisse von Lernenden befrie-

digen. Inwiefern dieser Trend als gesamtgesellschaftlich Gewinn

bringend gesehen werden darf, ist eine bildungspolitische Entschei-

dung und sei an dieser Stelle zur Debatte gestellt.

Anforderungen an die Lehrenden

Die deutsche Hochschulausbildung der Zukunft kann sich nur dann

am global entstehenden Markt und an den Bedürfnissen der Studen-

ten orientieren, wenn dieser Prozess von den Professoren nicht nur

geduldet, sondern maßgeblich getragen wird. 

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Studium online

 

Abbildung 9 zeigt, in welchen Lernphasen Multimedia künftig

eine wesentliche Rolle in der Hochschulausbildung einnehmen wird

und wie sich dadurch das Anforderungsprofil an den Lehrendenändert. Durch Entlastung von konfektionierbaren Wissensvermitt-

lungsprozessen – die multimedial teilweise sogar besser aufbereitet

werden können – kann der Professor sich trotz heutiger Massenuni-

versität wieder stärker in Hauptstudiums- und Promotionsthemen

einbringen.

Abbildung 9

Expertise

(Wissens-erzeugung)

Wissen(InterpretierteangewandteInformation)

Information(Zusammenhänge

von Daten)

Daten (Bibliothek …)

Fokus der Ausbildung bei...

Dissertation

Hauptstudium

Grundstudium

laufend

Ergänzung

Präsenzlehre

24 h / 7 Tage

Verfügbarkeit;

tw. asynchron

 

starker 

Einsatz

niedriger 

Einsatz

24 h / 7 Tage

Verfügbarkeit;

tw. asynchron

Anforderungan Lehrenden

Expertise

Praxis-

orientierung;

Moderation

Moderation

Synthese;

Moderation

Aufbereitung;

Darstellung,

Recherche

Navigations-

unterstützung

Dozenten können Multimedia zur Effizienzsteigerung und zurAnreicherung von Präsenzlehre einsetzen

berufliche

Weiterbildung

zukünftiger EinsatzMultimedia

heutiger EinsatzMultimedia

Von der Veränderungsbereitschaft der Dozenten wird es ganz erheb-

lich abhängen, ob die traditionelle Universität den Wechsel hin zu

einer modernen Bildungseinrichtung vollziehen kann.

 

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Hochschulentwicklung durch neue Medien

 

Umschichtung der Ressourcen

Bei Anerkennung der Möglichkeiten von Multimedia stellt sich stetsauch die Frage nach der Finanzierbarkeit solcher Projekte. Um Er-

kenntnisse über eventuelle Finanzierungsstrukturen zu gewinnen,

wurden Universitäten in den USA näher untersucht.  Betrachtet man die 50 am besten mit IT ausgerüsteten Colleges in

den USA, findet man unter ihnen nicht nur private Einrichtungen.

Wie Abbildung 10 zeigt, findet man eine große Anzahl öffentlicher

Universitäten – insgesamt 17 –, ebenfalls hervorragend mit den neuen

Technologien im Sinne von Hardware-Ausstattung, Serviceleistungen

und Online-Angeboten versorgt.

Abbildung 10

R a n k i n g - P o s i t i o n  

È M o s t W i r e d  

C o l l e g e s 1 9 9 9 Ç  

Q u e l l e : W i r e d C o l l e g e s 1 9 9 9 ; B C G A n a l y s e  

1 0 

1 5 

2 0 

2 5 

3 0 

3 5 

4 0 

4 5 

5 0 

p r i v a t e  

C o l l e g e s  

f f e n t l i c h e  

C o l l e g e s  

T o p I T - A u s s t a t t u n g i n U S A a u c h b e i f f e n t l i c h e n C o l l e g e s  

C o l l e g e  

 

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Studium online

 

Wie die Analyse von IT-Ausstattung und erzielten akademischen

Leistungen in Abbildung 11 zeigt, besteht kein offensichtlicher Zu-

sammenhang mit der privaten oder staatlichen Finanzierungsform.Unter den 29 Einrichtungen, die sowohl zu den computertechnischen

als auch zu den akademischen Spitzenreitern gehören, finden sich elf 

öffentliche Colleges wieder. Offensichtlich scheint es in den USA

auch den öffentlichen Stellen zu gelingen, ihre Einrichtungen hervor-

ragend mit IT zu versorgen.

Abbildung 11

f f e n t l i c h e U S - C o l l e g e s e r r e i c h e n T o p - R a n k i n g  

b e i I T u n d b e i a k a d e m i s c h e n V e r g l e i c h e n  

( 1 ) T o p 5 0 È M o s t W i r e d C o l l e g e s 1 9 9 9 Ç  

( 2 ) T o p 5 0 M o s t W i r e d u n d T o p 1 0 0 U S N e w s a n d W o r l d R e p o r t 1 9 9 9  

Q u e l l e : W i r e d C o l l e g e s 1 9 9 9 ; U S N e w s a n d W o r l d ; B C G A n a l y s e  

1 0 

1 5 

2 0 

2 5 

3 0 

3 5 

4 0 

4 5 

5 0 

I T - E x z e l l e n z I T u n d  

a k a d e m i s c h e  

E x z e l l e n z  

F i n a n z i e -  

r u n g s f o r m  

2 9 

1 1 

1 8 

A n z a h l  

C o l l e g e s  

5 0 

p r i v a t e  

C o l l e g e s  

f f e n t l i c h e  

C o l l e g e s  

 

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Hochschulentwicklung durch neue Medien

 

Die Finanzierung der notwendigen Investitionen darf aber nicht nur

Angelegenheit des Staates sein. Die Beispiele verdeutlichen, dass

öffentliche Institutionen neben effizienzorientiertem Managementauch Unterstützung von Sponsoren, Unternehmen und Alumni erhal-

ten.

Zusammenfassung

Unter dem Einfluss sich beschleunigender Innovationszyklen und der

gleichzeitigen Globalisierung und Virtualisierung vonWissen entsteht

ein weltweiter Bildungsmarkt. Dieser Markt ist wegen des hohen

Bildungsbedarfs zahlreicher zahlungsbereiter Kunden außerordent-

lich attraktiv.  Viele Unternehmen nutzen diesen Markt und bieten kommerzielle

Bildungsprodukte an, die das Potenzial haben, die Bildungsbedürfnis-

se von Lernenden effizient und ansprechend zu erfüllen. Um in die-

sem Umfeld bestehen zu können, müssen deutsche Hochschulen

Wettbewerbsaspekte stärker in ihre strategischen Planungen integrie-

ren. Die Hochschullehrer müssen Anforderungen des neuen Markteserkennen und unter Einsatz geeigneter technischer Mittel studienzen-

trierte Lernprozesse gestalten und entsprechende Produkte entwi-

ckeln.  Um die dafür erforderlichen beträchtlichen Mittel aufzubringen,

bedarf es einer grundlegenden Umschichtung der Ressourcen und der

Ausschöpfung sowohl öffentlicher als auch privater Förderungsmög-

lichkeiten.

Bekenntnis zur

Transformationnotwendig

  Alle Beteiligten müssen jetzt die Weichen stellen. Mit den hier

beschriebenen Tendenzen werden Ansatzpunkte zur Veränderungaufgezeigt. Allerdings müssen diese Maßnahmen durch das klare und

unmissverständliche Bekenntnis aller Beteiligten zur Transformation

getragen werden. Andernfalls wird sich der gewünschte Effekt nicht

einstellen. Reformvorhaben werden dann weiterhin nur isoliert ver-

wirklicht und führen lediglich zu ineffizienten Einzellösungen. Wenn

das deutsche Hochschulwesen international wettbewerbsfähig blei-

ben soll, müssen alle Akteure bereit sein, sinnvolle tradierte (Bil-

dungs-) Ideale und neue Denkweisen zu kombinieren. Diese neuen 

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Studium online

 

Denkweisen sollten sich sowohl am Wirtschaftlichkeitsprinzip als

auch an der neuen Form des interaktiven, nutzergesteuerten Lernens

orientieren. Multimedia kann und muss dabei als Katalysator fürdiesen Reformprozess genutzt werden.  Dieser Recherche-Bericht sowie Links zu den Best-Practice-Beispie-

len finden Sie auch im Internet unter www.big-internet.de/hochschule.

htm unter der Rubrik »Expertenkreis«.

 

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 Die Mitglieder des Expertenkreises

Prof. Dr. Nicolas Apostolopoulos ist Gründer und Leiter des Center

für Digitale Systeme (CeDiS) an der Freien Universität Berlin und in

dieser Funktion für die informations- und kommunikationstechnolo-

gische Versorgung des Fachbereiches Wirtschaftswissenschaft und

der Universitätsverwaltung verantwortlich.  Nach seinem Wirtschaftswissenschafts- und Informatikstudium

hat er sich mit besonderem Interesse der Informatisierung der Hoch-

schulen und deren Auswirkung für Lehre und Management beschäf-tigt. Seit 1995 ist Nicolas Apostolopoulos Sprecher des Arbeitskrei-

ses »Verteiltes Lehren und Lernen« des DFN-Vereins.  Prof. Apostolopoulos leitet seit 1994 einen eigenen Forschungsbe-

reich zu multimedialen Lernsystemen und distance learning, der unter

dem Namen DIALEKT (Digitale Interaktive Lektionen) bekannt

geworden ist und sich vorrangig mit der Entwicklung innovativer,

multimedialer, netzbasierter Lernsoftware beschäftigt. DIALEKT-

Lektionen wurden 1997, 1998 und 2000 mit dem Deutschen Bil-

dungssoftware-Preis »digita« ausgezeichnet.

Ulrike Bentlage ist Projektleiterin im Bereich Medien in der Bertels-

mann Stiftung. In ihren Verantwortungsbereich fallen Projekte im

Bereich »Medien in der Hochschule«. Ulrike Bentlage absolvierte,

bevor sie 1998 zur Bertelsmann Stiftung kam, ihr Studium der Ma-

thematik, Germanistik und Romanistik in Münster und Nantes und

das Zweite Staatsexamen für das Lehramt der Sekundarstufe II.

 

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Studium online

 

Prof. Dr. Dieter Rolf Eichhorn M.A. war von 1983 bis zu seiner Eme-

ritierung 1996 Professor im Fachbereich Medientechnik an der Fach-

hochschule Stuttgart, Hochschule für Druck und Medien, wo er haupt-sächlich Mediendidaktik sowie AV- und Multimedia-Design lehrte.  Nach Ausbildung und zehnjähriger Arbeit im gehobenen öffentli-

chen Dienst war Dieter Rolf Eichhorn von 1967 bis 1976 Geschäfts-

führer einer sozialen Einrichtung der Evangelischen Kirche. Parallel

dazu, von 1973 bis 1977, absolvierte er ein Studium am Institut für

Pädagogik an der Technischen Hochschule Darmstadt. Anschließend

wirkte er fünf Jahre als Medienpädagoge der Evangelischen Kirche.

Zwischen 1981 und 1983 folgten verschiedene Tätigkeiten als Me-

dienschaffender, unter anderem als Kameramann und Drehbuch-

autor, bis er sich endgültig seiner universitären Karriere zuwandte.

1997 wurde dem Emeritus von der Universität zu Halle-Wittenberg

der Titel Doktor der Philosophie magna cum laude verliehen.  In den 80er und 90er Jahren war Prof. Eichhorn an Gründung

und Aufbau verschiedener Einrichtungen im Bereich Medien beteiligt.

Dazu gehörte unter anderem ein Multimedia-Bildungszentrum, dessen

pädagogische Leitung er ebenfalls übernahm. Seit Januar 2000 befasst

er sich im Auftrag der Stadt Bad Mergentheim mit der Konzeptionund Realisation einer Akademie für Kommunikation und Medien.

Prof. Dr.-Ing. José L. Encarnaçao ist Professor für Informatik an der

Technischen Hochschule Darmstadt und dort seit 1975 Leiter des

Fachgebietes Graphisch-Interaktive Systeme (THD-GRIS). Als Vor-

standsvorsitzender leitet er das Zentrum für grafische Datenverar-

beitung e.V. (ZGDV) in Darmstadt und seit 1987 das Fraunhofer

Institut für Grafische Datenverarbeitung (FhG-IGD).

   José L. Encarnaçao hat Elektrotechnik an der TU Berlin studiertund ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen zur grafischen Daten-

verarbeitung und zum Computer-Aided Design (CAD), die interna-

tional große Beachtung gefunden haben. Er berät verschiedene Re-

gierungen und große Industrieunternehmen in Sachen Informatik,

Informationstechnik und insbesondere grafische Datenverarbei-

tung. Zudem bekleidet er leitende Positionen in Aufsichtsgremien

sowie Direktionen von Industrie- und Forschungsinstitutionen im In-

und Ausland. 

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Die Mitglieder des Expertenkreises

 

Prof. Encarnaçao war seit 1991 Vorsitzender des Hessischen For-

schungs- und Technologiebeirates und ist seit 1994 Mitglied des Wis-

senschaftlichen Beirates der Technologiestiftung des Landes Hessen.1997 erhielt er die Konrad-Zuse-Medaille der Gesellschaft für Infor-

matik e. V. und wurde im März 1999 durch das Bundesministerium

für Bildung und Forschung in den Sachverständigenbeirat »EXIST –

Existenzgründer aus Hochschulen« berufen.

Prof. Dr. Peter Glotz betreut seit Anfang dieses Jahres als ständiger

Gastprofessor an der Universität St. Gallen den Lehrstuhl »Medien

und Gesellschaft« innerhalb des 1998 neu gegründeten Instituts für

Medien- und Kommunikationsmanagement (MCM-HSG).  Peter Glotz studierte Zeitungswissenschaften, Philosophie, Ger-

manistik und Soziologie in München. Von 1970 bis 1972 führte er

die Geschäfte der Arbeitsgemeinschaft für Kommunikationsfor-

schung in München. Bis 1996 war er Mitglied des Deutschen Bun-

destages, 1974 bis 1977 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bun-

desminister für Bildung und Wissenschaft. 1977 bis 1981 Senator für

Wissenschaft und Forschung in Berlin. Von 1981 bis 1987 war Glotz

Bundesgeschäftsführer der SPD, als deren bildungs- und forschungs-politischer Sprecher er ab 1995 amtierte. 1996 schied Peter Glotz aus

allen politischen Ämtern aus und nahm die Berufung zum Rektor

und Professor für Kommunikationswissenschaft an der Universität

Erfurt an.  Prof. Glotz war während seiner Laufbahn in maßgeblichen Funk-

tionen in der Medienbranche tätig, unter anderem als Mitglied der

Rundfunkräte des Bayerischen Rundfunks, des Deutschlandfunks

und des ZDF und als Vorsitzender der Medienkommission der SPD.

Prof. Dr. Ulrich Glowalla beschäftigt sich als Professor für Pädago-

gische Psychologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen mit Kogni-

tions-, Instruktions- und Medienpsychologie. Er hat den Lehrstuhl

seit 1995 inne. Im Mittelpunkt seiner Lehre stehen Themen wie

Wahrnehmen, Verstehen und Behalten, Lernen und Informieren mit

neuen Medien sowie zentrale Fragen des lebenslangen Lernens und

der empirisch fundierten Evaluationsforschung.

 

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Studium online

 

Ulrich Glowallas Forschungsarbeit – im Rahmen von DFG-,

BMBF- und Stiftungsprojekten sowie Unternehmenskooperationen –

betrifft die ergonomische Gestaltung elektronischer Publikationen,die Entwicklung und Evaluation internetbasierter Lehrangebote, den

Umbau traditioneller Bildungsabteilungen zu Corporate Training

Units sowie das internetbasierte Wissensmanagement in Unterneh-

men.

Prof. Dr. Heinz Lothar Grob ist seit 1990 Inhaber des Lehrstuhls für

Wirtschaftsinformatik und Controlling am Institut für Wirtschaftsin-

formatik der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und Mit-

gestalter des neu eingerichteten Studiengangs Wirtschaftsinformatik.

Er ist Direktor der Institute für Wirtschaftsinformatik und Ange-

wandte Informatik sowie des Instituts für Genossenschaftswesen.

Seit Herbst 1998 ist Prof. Grob Mitglied des Rektorates der Universi-

tät Münster und hat das Amt des Prorektors für Struktur, Planung

und Bauangelegenheiten der Universität Münster inne.  Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Entwicklung

computergestützter Controllingsysteme sowie das computergestützte

Lehren und Lernen. Mit dem Konzept der computergestützten Hoch-schullehre (cHL) verfolgt er das Ziel, Multimedia in die universitäre

Lehre zu integrieren. Neben einer Vielzahl »klassischer« Veröffentli-

chungen in Form von Büchern, Aufsätzen und Beiträgen in Sammel-

bänden hat er auch eine Reihe von Softwareprodukten publiziert.

Dr. Ingrid Hamm ist Leiterin des Bereiches Medien der Bertelsmann

Stiftung. In ihre Verantwortung fallen die gesellschaftspolitischen Ini-

tiativen der Stiftung im Medienbereich. Sie leitet internationale Pro-

jekte zum Einsatz neuer Medien in der Bildung. Weitere Arbeits-schwerpunkte sind Medienpolitik, Medienethik und Fortbildung im

Medienbereich. Ingrid Hamm hat als Sozialwissenschaftlerin in der

Medienforschung gearbeitet, bevor sie 1988 zur Bertelsmann Stiftung

kam. Sie war als freie Journalistin für Tageszeitungen und das Fern-

sehen tätig. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Fernsehdramaturgie

und zur Medienerziehung.

 

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Die Mitglieder des Expertenkreises

 

Prof. Dr. Dr. Friedrich W. Hesse hat einen Lehrstuhl für Kognitions-

psychologie an der Universität Tübingen inne und leitet eine außer-

universitäre Forschungsabteilung im Bereich Wissensmedien in Tü-bingen. Er arbeitet in der kognitionswissenschaftlich orientierten

Forschung über Grundlagen des Wissenserwerbs und der Wissens-

kommunikation im Internet und realisiert mit seiner Arbeitsgruppe

praktische Umsetzungen von Konzepten virtuellen Lehrens und Ler-

nens.  Friedrich Hesse hat Psychologie an den Universitäten Marburg

und Düsseldorf studiert und an der RWTH Aachen promoviert. Da-

nach war er als Forscher an der University of Pittsburgh, der Carne-

gie-Mellon University (Pittsburgh) und der Universität Göttingen

tätig, wo er sich 1990 habilitierte. Im selben Jahr wechselte er an die

Universität Tübingen.  Er ist Sprecher einer Reihe von Forschungs- und Entwicklungsini-

tiativen zum Einsatz von Wissensmedien, etwa des ersten deutschen

Virtuellen Graduiertenkollegs der DFG, eines DFG-Schwerpunktpro-

gramms zur »Netzbasierten Wissenskommunikation« und eines der

»Verbundprojekte der Virtuellen Hochschulen in Baden-Württem-

berg«.

Prof. Dr. Bernhard Koring ist Professor für allgemeine Erziehungs-

wissenschaft an der TU Chemnitz. Er engagiert sich in Projekten der

Lehrerweiterbildung mit den Schwerpunkten Politische Bildung, so-

ziales Lernen und Projektarbeit.  Bernhard Koring hat in Frankfurt Erziehungswissenschaften und

Politik studiert und war neben seiner wissenschaftlichen Arbeit in

verschiedenen Institutionen und Projekten der Erwachsenenbildung

tätig. Nach der Habilitation in Hamburg wurde er 1989 Professorfür Allgemeine Pädagogik in Bayreuth. In Chemnitz gilt sein beson-

deres Interesse der Erarbeitung von rationellen Verfahren und For-

men der Präsentation von Seminaren im Internet.

 

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Studium online

 

Dr. Wolfgang Kraemer ist Habilitand am Institut für Wirtschafts-

informatik an der Universität des Saarlandes und hier Projektleiter

des interuniversitären, virtuellen Studienverbundes Wirtschaftsinfor-matik-Online (WINFOLine). Zu seinen Forschungsschwerpunkten

gehören die Themen Education Brokerage, Virtuelle Universität, Cor-

porate Universities und Hochschulentwicklung durch neue Medien.  Nach dem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens in Karlsruhe

promovierte Wolfgang Kraemer 1992 an der Universität des Saar-

landes. 1993 wurde ihm von der SEL-Stiftung der Dissertationsfor-

schungspreis für technische und wirtschaftliche Kommunikationsfor-

schung verliehen. Seit 1997 ist er Geschäftsführer der imc GmbH, die

als spinoff des Instituts für Wirtschaftsinformatik gegründet wurde

und primär auf den Gebieten Virtuelle Corporate Universities, E-

Learning, Web-based Training und Knowledge-Management tätig ist.

Dr. Kraemer ist außerdem Mitglied des Schmalenbach Arbeitskreises

»Online-Aus- und -Weiterbildung« und Leiter der Arbeitsgruppe

»Corporate Universities«.

Prof. Dr. Herbert Kubicek ist seit 1988 Professor für Angewandte

Informatik im Fachbereich Mathematik und Informatik der Universi-tät Bremen. Schwerpunkte seiner Forschung und Lehre sind Informa-

tionsmanagement und Telekommunikation.  Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre und während sei-

ner anschließenden Assistententätigkeit promovierte Herbert Kubicek

über die organisatorische Gestaltung des Benutzerbereiches von com-

putergestützten Informationssystemen. Von 1977 bis 1987 war er

Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Trier. Mit

dem Antritt seiner Professur in Bremen 1988 übernahm er auch die

Leitung der interdisziplinären Forschungsgruppe Telekommunikation.  Prof. Kubicek gehörte der Enquete-Kommission des Deutschen

Bundestages »Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft –

Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft« an. Er leitet auf 

nationaler und internationaler Ebene verschiedene Arbeitsgruppen,

die sich mit den politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen der

fortschreitenden Informationstechnologie befassen. In zahlreichen

Veröffentlichungen setzte er sich unter anderem mit dem Thema

»Bildung und Multimedia« auseinander. 

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Die Mitglieder des Expertenkreises

 

Prof. Dr. Wolfgang Leidhold ist seit 1992 Professor für Politikwis-

senschaft an der Universität zu Köln. Er repräsentiert die Universität

seit 1997 im »Universitätsverbund Multimedia« des Landes. SeineArbeitsgebiete sind Politische Theorie, Kommunikation und Interna-

tionale Beziehungen.  Wolfgang Leidhold studierte Politische Wissenschaft, Politik

Ostasiens, Methodologie der Sozialwissenschaften, Philosophie und

Sinologie in Bochum und vertiefte seine Kenntnisse durch Auslands-

aufenthalte und Forschungen unter anderem an den Universitäten

Stanford, Georgetown, Hawaii (Manoa) und der Australian National

University.  Seit 1997 leitet Prof. Leidhold das von ihm initiierte VIRTUS-Pro-

jekt, ein Projekt für den Einsatz neuer Medien in der Hochschullehre

an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Uni-

versität zu Köln. Er hat sich insbesondere in seinen jüngeren Publika-

tionen mit webbasiertem Lernen, Informieren und Arbeiten beschäf-

tigt.

Prof. Dr. Heinz Mandl ist Professor für Empirische Pädagogik und

pädagogische Psychologie an der Universität München. Er leitet dieForschungsgruppe »Komplexes Lernen« und amtiert seit 1995 als

Dekan der Fakultät für Psychologie und Pädagogik.  Die Arbeitsschwerpunkte von Heinz Mandl liegen auf den Gebie-

ten Wissensmanagement, Wissenspsychologie, Lehr-Lernforschung,

Tele-Lernen und Teletutoring sowie der Gestaltung multimedialer

Lernumgebungen. Außerdem wirkt er in Kooperationsprojekten mit

bedeutenden Industrieunternehmen wie Siemens, BMW, Telekom.  Prof. Mandl hat die DFG-Schwerpunktprogramme »Wissens-

psychologie«, »Lehr-Lernprozesse in der kaufmännischen Erstaus-bildung« und »Netzbasierte Kommunikation in Gruppen« initiiert

sowie die DFG-Forschergruppe »Wissen und Handeln« an der Uni-

versität München ins Leben gerufen.

 

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Studium online

 

Prof. Dr. Detlef Müller-Böling ist seit 1981 Professor an der Wirt-

schafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Dort-

mund und betreut das Fachgebiet Empirische Wirtschafts- undSozialforschung. Seine Forschungsschwerpunkte sind Unternehmens-

gründung und Unternehmensentwicklung, Informationsmanagement

sowie Hochschulmanagement. Von 1990 bis 1994 war er Rektor der

Universität.  Er studierte Betriebswirtschaftslehre in Aachen und Köln und

promovierte an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakul-

tät der Universität zu Köln. Hier war er bis zu seiner Berufung an die

Universität Dortmund als Assistent am Seminar für Allgemeine Be-

triebswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftliche Planung tätig. Seit

1985 ist er Direktor des Betriebswirtschaftlichen Instituts für empiri-

sche Gründungs- und Organisationsforschung e. V. (bifego).  Neben anderen Auszeichnungen erhielt Prof. Müller-Böling den

SEL-Forschungspreis für technische Kommunikation. Seit 1994 leitet

er das gemeinnützige CHE Centrum für Hochschulentwicklung in

Gütersloh.

Prof. Dr. med. Gebhard Reiss ist seit 1998 Lehrstuhlinhaber undLeiter des Instituts für Anatomie und klinische Morphologie an der

Universität Witten/Herdecke. Sein Hauptforschungsgebiet ist die

Elektronenmikroskopie.  Im Anschluss an eine zunächst klinische Ausbildung in der Hals-

Nasen-Ohrenheilkunde habilitierte sich Gebhard Reiss für das Fach

Anatomie an der Medizinischen Hochschule Hannover, die ihn 1996

zum Professor berief. Nach einem Forschungsjahr in den USA trat er

seine Stelle in Witten/Herdecke an. Neben seiner Lehrtätigkeit be-

fasst sich Prof. Reiss mit multimedialen CD-ROM-Projekten zurGrundlagenmedizin.

 

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Die Mitglieder des Expertenkreises

 

Prof. Dr. Ing. Andreas Reuter ist seit 1998 wissenschaftlicher Direk-

tor der European Media Laboratory GmbH (EML) Heidelberg und

seit Februar 1999 Geschäftsführender Direktor des EML. Er ist Mit-gründer der International University in Germany und Dean of the

School of Information Technology. Die International University ist

eine englischsprachige Privatuniversität, die 1998 gegründet wurde.

Sie konzentriert sich auf IT und ihre Anwendungen. Besondere

Merkmale sind Unterricht in kleinen Gruppen und Projekten sowie

die Nutzung neuer Medien.  Andreas Reuter war zuvor Professor für Informatik an der Uni-

versität Stuttgart und gründete dort 1988 das Institut für Parallele

und Verteilte Höchstleistungsrechner. Von 1989 bis 1991 war er

Dekan an der Fakultät für Informatik und von 1992 bis 1996 Pro-

rektor für Lehre an der Universität Stuttgart.

Prof. Dr. Dr. h.c. August-Wilhelm Scheer ist Direktor des Instituts

für Wirtschaftsinformatik – IWi – der Universität des Saarlandes und

beratender Professor der Tongji-Universität Shanghai.  1997 wurde ihm die Ehrendoktorwürde durch die Universität

Pilsen (Tschechische Republik) für seine wissenschaftlichen Verdiens-te um die Entwicklung von Methoden zur Gestaltung von Informa-

tionssystemen und zur Analyse von Geschäftsprozessen verliehen.

1999 wurde er mit dem IT-Vordenker Award der Zeitschrift

»IT.Services« in Köln ausgezeichnet.  Prof. Scheer ist seit November 1999 Beauftragter des Ministerprä-

sidenten des Saarlandes für die Aufgabenbereiche Innovation, Tech-

nologie und Forschung. Er ist Gründer und Aufsichtsratsvorsitzender

der IDS Scheer AG sowie Hauptgesellschafter der imc (information

multimedia communication GmbH), Herausgeber mehrerer Buchrei-hen und Zeitschriften und Veranstalter der jährlich stattfindenden

Saarbrücker Arbeitstagung.

 

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Studium online

 

Prof. Dr. Rainer Thome ist Inhaber des Lehrstuhles für Betriebswirt-

schaftslehre und Wirtschaftsinformatik an der Universität Würzburg.

Er studierte Volkswirtschaftslehre an der Universität Heidelberg, Di-plom im Jahr 1970, Promotion im Jahr 1972 und Habilitation im

 Jahr 1976. Im selben Jahr wurde er an die Universität Hamburg be-

rufen.  Er war von 1982 bis 1989 Sprecher der wissenschaftlichen Kom-

mission Wirtschaftsinformatik des Verbandes der Hochschullehrer

für BWL und ist Vorsitzender des Anwenderverbandes Wirtschafts-

informatik in Europa e.V. Seit 1998 ist er Mitglied im Experten-

gremium für Electronic Commerce des Bundesministeriums für Wirt-

schaft und im Präsidium des Deutschen Hochschulverbandes.  Schwerpunkte der Arbeit von Rainer Thome sind die Anwendung

der Informationsverarbeitung als integrierte Gesamtlösung in den

Bereichen Produktion, Handel und Verwaltung sowie die Multime-

dia-Integration und Entwicklung von Hypermedia Lernsystemen zur

Betriebswirtschaft und Wirtschaftsinformatik. Auf diesen und ande-

ren Tätigkeitsfeldern arbeitet er im Rahmen von Kooperationen mit

zahlreichen mittleren und großen Unternehmen zusammen. Er ist

Mitgründer der IBIS (Institut für betriebliche Informationssysteme)Prof. Thome GmbH und der IBIS Multi Media Informationssysteme

GmbH.

Prof. Dr. Dennis Tsichritzis ist Vorsitzender der Geschäftsführung

der GMD-Forschungszentrum Informationstechnik GmbH in St.

Augustin bei Bonn. Dennis Tsichritzis studierte Elektrotechnik und

Informatik an den Universitäten in Athen und Princeton, wo er 1968

promovierte. Er war von 1968 bis 1985 Hochschullehrer für Com-

puter Science an der Universität Toronto und erhielt 1985 einen Ruf als Professor für Informatik an die Universität Genf. Er hat auf un-

terschiedlichen Gebieten der Informatik wissenschaftlich gearbeitet,

die von den theoretischen Grundlagen über Datenbank-Systeme,

Büroautomation bis zu Multimedia-Anwendungen reichen. Er veröf-

fentlichte zahlreiche Beiträge und Publikationen zu Themen aus die-

sen Bereichen und ist Mitglied verschiedener nationaler und interna-

tionaler Gremien, darunter des ERCIM (European Consortium of 

Research Centers in Informatics and Mathematics) und des RWC 

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Die Mitglieder des Expertenkreises

 

(Real World Computing Partnership), das vom japanischen MITI ge-

tragen wird.

  Als Vorsitzender der Geschäftsführung der GMD amtiert Prof.Tsichritzis seit 1991. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte liegen

auf den Gebieten der Multimedialen Arbeitsumgebungen und der In-

novationspolitik.

 

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