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Supraleitung und Kristallklasse Iron Jl.v.Laue Inbaltsiiborsicht Die Erweiterung der L on d on schen Theorie auf nichtkubische Xristalle 1) fiihrt von selbst auf den lange gesuchten Zusammenhang zwischen Supraleitung und Kristallklasse. ~~~ Bei der genannten Erweiterung der Theorie der Supraleitung handelte es sich um den Ersatz der London schen Supraleitungsltonstanten A durch einen Tensor zweiten Ranges. Bei der Aufstellung eines Lond on schen Spannungstensors, der die Kraft des Magnetfeldev auf den Supraleitungsmechanismus aufnimmt und an die Oberflache des Leiters iibertragt, so daB das Innere eines homogenen Supra- leiters vollig kraftfrei bleibt, stellte sich heraus, daB dafiir die Symmetrieforderung A,, = A,, fiir jenen Tensor notwendige und hinreichende Bedingung ist. Diese Kraftfreiheit aber ist wiederum notwendige Bedingung fur die Moglichkeit von Dauerstromen. Die Erfullung dieser Forderung verbiirgen nun bei allen Supra- 1 e i t er n , d e r e n K r i s t allkl a sse b e k an n t is t , d i e S y 111 met r i e e ig e n s c haft e n der Klasse. Dies zeigt ein Blick auf die Zusammenstellung der 32 Kristallklassen mit den Eigenschaften der in ihnen moglichen Tensoren, Nelche W. Voigt in seinem Lehr- buch der Kristallphysikz) auf Seite 311 gibt. Dqtaber seine Bezeichnungell mit den heute gebrauchlichen Benennungen der Klassen nicht ubereinstimmen, sol1 Tabelle 1 in diese Zusammenstellung die Schoenf liessche Nomenklatur ein- fuhren. Sie kennzeichnet, ganz wie Voigt, einen beliebigen Tensor L durch seinen symmetrischen Anteil Zund denVektor der Asymmetrie, dessen Komponenten durch definiert sind. Die Komponenten beziehen sich stets auf ein rechtwinkliges Achsen- kreuz, melches aber den kristallographischen -4chse11 so weit als moglich angepal3t ist - Von den reinen Metallen, welche supraleitcnd werden konnen, und die nicht im kubischen System kristallfsieren, gehoren nach dem Taschenbuch von D'An R 11 = L29-L32, 12 = L31-Li.3, 13 = L12-L21 111, sn der Klasse li,, Hg der Klassc 4, Ga, U der Klasse T', (D2?&) - 1) hl. v. Laue, Ann. Physik 3, 31 (1948). 2) Leipzig und Berlin 1910. 3) J. D'Ans u. E. Lax, Taschenbuch fiir C'hemilrer und Physiker, Berlin 1943, Tabelle 3112. 4) Dieses Taschenbuch gibt fur diese Mirtalle dichc ate hexagonale Kugelpackung als Struktur an. DaB diese zur Klasse DBh gehiirt, zeigt A. Schoenflies in seiner ,,Theorie der Kristallstrditur", Berlin 1923 auf S. 521.

Supraleitung und Kristallklasse

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Page 1: Supraleitung und Kristallklasse

Supraleitung und Kristallklasse Iron Jl.v.Laue

Inbaltsiiborsicht Die Erweiterung der L o n d o n schen Theorie auf nichtkubische Xristalle 1)

fiihrt von selbst auf den lange gesuchten Zusammenhang zwischen Supraleitung und Kristallklasse. ~~~

Bei der genannten Erweiterung der Theorie der Supraleitung handelte es sich um den Ersatz der London schen Supraleitungsltonstanten A durch einen Tensor zweiten Ranges. Bei der Aufstellung eines Lond on schen Spannungstensors, der die Kraft des Magnetfeldev auf den Supraleitungsmechanismus aufnimmt und an die Oberflache des Leiters iibertragt, so daB das Innere eines homogenen Supra- leiters vollig kraftfrei bleibt, stellte sich heraus, daB dafiir die Symmetrieforderung A,, = A,, fiir jenen Tensor notwendige und hinreichende Bedingung ist. Diese Kraftfreiheit aber ist wiederum notwendige Bedingung fur die Moglichkeit von Dauerstromen.

Die E r f u l l u n g dieser Forderung verbiirgen nun bei allen Supra- 1 e i t er n , d e r e n K r i s t a l lkl a sse b e k an n t is t , d i e S y 111 met r i e e ig e n s c h a f t e n der Klasse.

Dies zeigt ein Blick auf die Zusammenstellung der 32 Kristallklassen mit den Eigenschaften der in ihnen moglichen Tensoren, Nelche W. Voigt in seinem Lehr- buch der Kristallphysikz) auf Seite 311 gibt. Dqt aber seine Bezeichnungell mit den heute gebrauchlichen Benennungen der Klassen nicht ubereinstimmen, sol1 Tabelle 1 in diese Zusammenstellung die Schoenf liessche Nomenklatur ein- fuhren. Sie kennzeichnet, ganz wie Voigt , einen beliebigen Tensor L durch seinen symmetrischen Anteil Zund denVektor der Asymmetrie, dessen Komponenten durch

definiert sind. Die Komponenten beziehen sich stets auf ein rechtwinkliges Achsen- kreuz, melches aber den kristallographischen -4chse11 so weit als moglich angepal3t ist -

Von den reinen Metallen, welche supraleitcnd werden konnen, und die nicht im kubischen System kristallfsieren, gehoren nach dem Taschenbuch von D'An R

11 = L29-L32, 1 2 = L31-Li.3, 13 = L12-L21

111, sn der Klasse li,, Hg der Klassc 4, Ga, U der Klasse T', (D2?&) -

1) hl. v. Laue, Ann. Physik 3, 31 (1948). 2) Leipzig und Berlin 1910. 3) J. D'Ans u. E. Lax, Taschenbuch fiir C'hemilrer und Physiker, Berlin 1943,

Tabelle 3112. 4) Dieses Taschenbuch gibt fur diese Mirtalle dichc ate hexagonale Kugelpackung als

Struktur an. DaB diese zur Klasse DBh gehiirt, zeigt A. Schoenflies in seiner ,,Theorie der Kristallstrditur", Berlin 1923 auf S. 521.

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Tabelle 1

--I I I

Von supraleitenden Verbindungen kristallisieren nach W. NciBner 6, kubisch TaC, NiC, ZnC, TIC, ScN, TIN, VN und ZrN. Eine Reihe von Verbindungen,

6) W. Meissner im Handbuch der Ekperimentalphysik, Band XI, Leipzig 1935, S. 216 u. f.

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42 Annulen der Physik. 6. Folge. Band 3. 1948

welche S te iner und Grassmanne) als Supraleiter nennen, gehoren nach dem Taschenbuch von D’Sn s und L a x den folgendm Kristallklassen an:

CUS, MoC, Mo,C, W C der Klasse Dah7) Fe,C der Klasse Vh (Dzh)

SchlieBlich fuhrt Tabelle 3922 112 des gen:mnten Taschenbuches noch ale Supraleiter die Verbindungen an: PbS, NbC und ZrB; sie kristallisieren alle ku- bisch .

Fur alle diese Supraleiter verschwindet nach ‘Cabelle 1 der Asymmetrie-Vektor jedes Tensors zweiten Ranges, wie wir bcweisen wollten. Freilich ist die Zugehorig- keit zu einer der Klassen mit I = 0 nach unscreni heutigen Wissen fur die Supra- leitung weder notwendige Bedingung - denn ein Kristall kann in bezug auf einen bestimmten physikalischen Vorgang eine hohere Symmetrie zeigen, als seiner Klasse entspricht - noch hinreichende Bedingung - dcnn in den kubischen Klassen kristallisieren viele Metalle (Ag, Au, Cu usw.), welche nach bisheriger Kenntnis nicht supraleitend werden . Immerhin glauben wir, einen gewissen, losen Znsanimenhang zwischen Klasse und Supraleitung nachgewiesen zu haben.

Zusatz bei der Korrektur : Wie sich nachtraglich herausstellt, hat nchon 1935 W. Meiljner iin 11. Bande des Handbuchs der Experimentalphysik, Teil 2, Seite 17-20, darauf hingewiesen, daB alle Metalle urid Legierungen solchen Kristall- klassen angehoren, welche einen antisyinniet.r d e n Allteil an einem Tensor zweiten Ranges ausschlieBen. Docli konnte dai~ials nicmand an eine Bedeutung dieser Tatsachc fur die Supraleitung denken.

cbrigens ist die damalige Annahme, dalj Gallium tetragonal und Uran kubisch ware, durch spgtere Forschung widcrlegt ; beide sind rhombisch. Daher kommt es auch vor, claB die drei Hauptwerte cines Tensors alle voneinander rerschieden sind.

6) Karl Steiner b. Peter Grassmann, Suprdeitung, Braunschweig 1937, S. 15- 7) Bei CuS nachgepriift im Stntkturbericlit der :<eitschrift fur Kristallographie 2, 10

-~

11. 2220 (1937).

Got t in gen, Max Planck-Inst i tut fur Phy.sik.

(Bei der Redaktion eingegangen ,&rn 13. Mai 1948.)