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Systemanalyse und Modellbildung
Universität Koblenz-Landau Fachbereich 7: Natur- und Umweltwissenschaften
Institut für Umweltwissenschaften Dr. Horst Niemes
6. Nichtlineare Modelle 6.1 Nichtlineare Modelle mit einer Systemvariablen:
6.1.1 Autonome nichtlineare Modelle
• Die allgemeine Form der Differentialgleichung )),(
~(
)(~
ttVgdt
tVd = zeigt, dass die
Funktion g explizit und via die Systemvariable implizit von der Zeit abhängen.
• Kann die äußere von der inneren Relation getrennt werden, erhalten wir für allgemeine Form die spezielle Form: ))(
~()(
)(~
tVftRdt
tVd +=
Beispiel: Logistisches Wachstumsmodell NNpk
dttdN
)()( = wobei für kp(N) eine Funktion gewählt wird, die von einem
maximalen Wert bei N=0 linear abnimmt und für Nmax null wird, d.h. N
N
Npkpk )
max1(0 −= .
Aus NN
Npk
dttdN
)max
1()( −= ergibt sich die allgemeine Lösung:
00
0max
0
max)(
Ntpk
eNN
NNtN
+−
−
=
���� � ∑ ������! �� � ���� Taylorreihe
6. Nichtlineare Modelle 6.1 Nichtlineare Modelle mit einer Systemvariablen:
6.1.2 Fixpunkte autonomer nichtlinearer Modelle mit einer Systemvariable
Lineare eindimensionale Modelle haben nur einen Fixpunkt, nichtlineare Modelle können jedoch mehrere Fixpunkte haben. Voraussetzung bei eindimensionalen autonomen Modellen: Die äußere Relation ist konstant, da sonst keine Fixpunkte existieren, d.h. die äußere Relation wird implizit in die vereinfachte Veränderungsfunktion wie folgt aufgenommen:
))(~
()(
~tVg
dttVd = mit k Nullstellen, für die gilt: 0)
~( =∞
iVg bzw. ki
iVdt
Vd,...,1,0
~
~==
∞, beim
Erreichen des Fixpunktes.
Formal wird die Stabilität in der Umgebung der Fixpunkte über die Entwicklung einer Taylorreihe für kleine Änderungen der Variablen gezeigt (siehe Seite 132 bei Imboden, Koch 2004). Uns genügt das Ergebnis formal und in graphischer Form:
0~
~<
∞iVdt
Vd stabiler Zustand 0~
~>
∞iVdt
Vd instabiler Zustand, 0~
~=
∞iVdt
Vd höhere
Ableitung sind zu betrachten
6. Nichtlineare Modelle 6.1 Nichtlineare Modelle mit einer Systemvariablen:
6.1.3 Fixpunkte nichtautonomer nichtlinearer Modelle mit einer Systemvariable
Annahme: Die externe Relation lasse sich explizit von der internen Relation trennen. Folglich erfüllen die stationären Zustände des Systems die Bedingung:
kifürtRiVf ,...,1)(~
)~
( =−=∞ beim Erreichen des Fixpunktes. Voraussetzung ist, dass R(t) zumindest für eine gewisse Zeit einen konstanten Wert R(t) =R0 annimmt. Beispiel: Fischteich mit logistischem Wachstum
Fische wachsen mit der logistischen Wachstumsfunktion. Gleichzeitig wird pro Zeiteinheit eine bestimmte Anzahl an Fischen abgefischt. ���� � ���� �1 � ������ � �� � ���� � �� ≡ ���, wobei f(N) die
logistische Wachstumskurve sei
In der folgenden Grafik sieht man, falls �� > �"#$� gibt es keine Fixpunkte mehr und die Fische sterben aus.
6. Nichtlineare Modelle 6.1 Nichtlineare Modelle mit einer Systemvariablen:
6.1.4 Hysterese bei nichtlinearen Modelle mit einer Systemvariable
Bei nichtlinearen Modellen existieren zu einer konstanten Relation mehrere stationäre Zustände. Wird die äußere Relation adiabatisch (d.h. genügend langsam) geändert, tritt das Phänomen der Hysteresis auf. Fixpunkte sind durch folgende Bedingung definiert: ��%$�� ���, �ü(* � 1,… , � Wenn f(V) eine stetige Funktion ist und die Gerade (-J) mindestens einmal schneidet, dann muss f(V) abwechslungsweise einmal von oben und einmal von unten durch die Gerade (-) gehen, d.h.:
• Im ersten Fall ist die Steigung negativ, also der Fixpunkt stabil. • Im zweiten Fall ist die Steigung positiv, also der Fixpunkt instabil. • Im dritten Fall ist die Steigung wieder negativ, also der Fixpunkt
wieder stabil. • Die stabilen und instabilen Voraussetzung ist, dass R(t) zumindest
für eine gewisse Zeit einen konstanten Wert R(t) =R0 annimmt. Die Funktion f(V) sei ein Polynom dritten Grades (siehe Abbildung): ��%� � �%�% � ��% � ,� Dann haben wir ein lokales Minimum an der Stelle VA (mit Wert fA < 0) und ein lokales Maximum an der Stelle VB(mit Wert fB > 0) hat. Wir erhalten also Bereiche mit stabilen Fixpunkten und einen Bereich, die von unterschiedlichen Sprungstellen aus übersprungen werden. Dieses Phänomen wird Hysterese genannt. (mehr Details auf Seite 138 und 139).
Koerzitivkraft
Remanenz
Sättigung: Maximale Ausrichtung
Magnetisierung
Angelegte Feldstärke
Remanenz-Kurve
Feldstärke
Analogie: Hysterese-Kurve für magnetisierbares Material
6. Nichtlineare Modelle 6.1 Nichtlineare Modelle mit einer Systemvariablen:
Beispiel: Nichtlineares Phosphormodell
Die Phosphor-Einlagerung ins Sediment ist jetzt nicht mehr lineare Funktion des mittleren Phosphor Gehaltes (ksC). Die Phosphor-Sedimentationsrate nimmt mit wachsender Konzentration ab und kann sogar negativ werden. Aus der dynamische Gleichung �-�� � �./$ � �./ � �0�/�/,1*234(54(4*6� 7ℎ2469:6�2*;6�0 � <"=� �ü( ->-?@AB-C-?@AB , d.h.
erhalten wir zunächst: �-�� � �./$ � �./ � <"=-� �ü( ->-?@AB-C-?@AB.
• Der nichtautonome Inputterm kw C ist im allgemeinen Fall zeitlich
nicht konstant; also werden keine stationären Zustände erreicht.
• Dennoch ist es nützlich, fiktive stationäre Zustände in Abhängigkeit
einer konstant angenommenen Inputkonzentration zu analysieren.
Wir suchen nach einem statischen Modell mit: /�*D29:6�2*;65;6�/$�, welches implizit im dynamischen
Modell steckt.
• Das Modell besteht eigentlich aus der Überlagerung von zwei
linearen Modellen, eine sogenannte Superposition von den zwei
Fixpunktgeraden:
/��/$� � E/$ �.�. + �0 ≡ /G��ü(/� < /"#$�/$ ≡ /I��ü(/� ≥ /"#$� Die Fixpunktgerade A in der nachstehenden Abbildung hat die
Steigung: "K"KL"=.
Die Fixpunktgerade B hat die Steigung 1.
Anpassungsvorgang:
• Cin sei erst so klein, dass die stationäre Konzentration /G� < /"#$� ist.
• Wächst Cin langsam, erreicht diese Konzentration bei einer
Inputkonzentration C* den kritischen Wert, wo er von der
Fixpunktgerade A auf die obere Fixpunktgerade B springt::
/G��/∗� � �.�. + �0 /∗ � �.�. + �0 �. + �0�. /"#$� � /"#$� • Bewegt sich umgekehrt das Modell von großen Konzentrationen
auf der Fixgerade B abwärts, wird es nicht bei /$ � /∗auf die
Fixgerade A springen.
Ergebnis:
1.Das Modell hat kritische Zustände, in denen kleinste
Veränderungen des Inputs (äußere Relation) zu großen
Veränderungen der Systemvariablen führen.
2.Es gibt einen Bereich der Inputgröße, in dem das Verhalten des
Systems von der Vorgeschichte abhängt (Hysterese).
3.Bei nichtlinearen Modellen treten Synergismen auf, d.h. die
Wirkung von Einzelereignissen auf die Systemvariable ist nicht
gleich deren Summenwirkung.
6. Nichtlineare Modelle 6.2 Nichtlineare Boxmodelle mit mehreren Systemvariablen: 6.2.1 Die Jacobi Matrix
• Mehr Vielfalt, aber eingeschränkte Lösbarkeit der nichtlinearen
Differentialgleichungen.
• Meist sind nur nummerische Lösungsverfahren möglich.
• Die Konzentration liegt deshalb darauf, wie das System sich in der
Nähe eines Stationär Zustandes verhält.
• Ausgang ist folgendes System von n dimensionale
Differentialgleichungen: 3%$32 � $�%$ , … , %�,* � N1,… , 6O
• Fixpunkte oder Stationäre Zustände sind q Lösungen des n-
dimensionalen gewöhnlichen, aber nichtlinearen
Gleichungssystems: 0 � $Q%R" , %S"$ , … , %"T,� � N1, … , UO* �N1,2, … , 6O. • Das System befindet sich in der Nähe eines Fixpunktes k, bedeutet
formal bzw. als Vektor geschrieben folgendes: %$ � %$" + W$ ,* � N1, … , 6O,�X.Z � Z" + [ • Da am Fixpunkt selbst alle Veränderungsfunktionen gi null sind,
können diese in der Umgebung von Z" durch folgende
Taylorreihe approximieren, wobei nach dem ersten Term
abgebrochen wird und der senkrechte Strich bedeutet, dass die
partiellen Ableitungen am Fixpunkt zu berechnen sind:
$�Z� � $QZ" + WT �\]^ $^%_`_�R a
Z?W_ * � �*, … , 6�
• Da Z" konstant ist gilt 3%$ 32⁄ � 3W$ 32⁄ , wird die allgemeine
Gleichung näherungsweise zu einem n-dimensionalen linearen
System mit der Abweichungsvariablen W$:
3c$32 �\d$,_QZ"T_�R W_ ,* � N1,… , 6O,1*2d$,_QZ"T� \]^ $^%_`
_�R a
Z?
Letzteres kann auch als Matrix geschrieben werden:
eQZfT � ghijkilk ijkilm ⋯ijmilk ijmilm ⋯⋮ ⋮ ⋱q
rssZ?
und wir erhalten in Matrixform
geschrieben:
3t32 � e�Z"�t
• Die Stabilisierungsuntersuchung erfolgt über die Eigenwerte.
• Für ein System mit zwei Variablem erhalten wir in Analogie zum
linearen System folgende grafisch dargestellten
Stabilitätseigenschaften für das nichtlineare System:
6.2.2. Charakterisierung der Stationären Zustände im zweidimensionalen Modell a)Stabiler Stern b)Instabiler Stern c)Sattelpunkt (instabil) d)Stabiler Stationärzustand
mit Oszillation e) Instabiler Stationärzustand
mit Oszillation f) Ungedämpfte Oszillation:
Zentrum
6. Nichtlineare Modelle 6.2 Nichtlineare Boxmodelle mit mehreren Systemvariablen: 6.2.3 Räuber-Beute-Modelle
Beispiel 1: Räuber-Beute Modell von Lotka-Volterra (1926)
1.Eine Population von Beutetieren B vermehrt sich mit Nettorate k1.
2.Eine Population von Räubern R stirbt mit einer spezifischen
Nettorate k2.
3.Die Beutetiere werden von den Räubern gefressen, was zu einer Vermehrung der Räuber und einer Verminderung der Beutetiere um den Betrag k3BR führt.
Mathematische Beschreibung: �I�� � �Rd � �udv �w�� � ��Sv + �udv
Neben den trivialen Fixpunkten dR� � 0, vR� � 0 existieren die zwei Fixpunkte: dS� � �S�u ,vS� � �R�u
Formaler Test der Stabilität (statt mit der einfachen Methode über
die Jacobi-Matrix) erfolgt durch die wie folgt definierten
Abweichungen der Populationsgrößen von diesen
Stabilitätszuständen: xI � d � dS�,xw � v � vS�
Beute Räuber
k1B k3BR k2R
Da die beiden Fixpunkte konstant sind, erhalten wir 3xI32 � 3d32 :63 3xw32 � 3v32
Nach einigen algebraischen Umformungen erhält man folgende
Differentialgleichungen mit den neuen Variablen: 3xI32 � ��Sxw � �uxwxI ,3xw32 � �RxI � �uxwxI
Die Methode der Linearisierung besteht darin, nur kleine
Abweichungen zuzulassen, d.h. das Produkt von kleinen Größen, xIxw, wird weggelassen. Also gilt: 3xI32 � ��Sxw ,3xw32 � �RxI
Nachstehende Abbildung zeigt die beiden Geschwindigkeitskurven
des Modells, dessen Eigenwerte rein imaginär sind, weil die Matrix
des linearen Gleichungssystems folgende Form hat
y � z 0 �R��S 0 { und deren charakteristische Gleichung lautet
μS + �R�S � 0,�X. μS � ��R�S mit der Lösung: } �±*��R�S�R S� .
Das Modell könnte drei verschiedene Verhaltensmuster haben:
1.Es bewegt sich auf den Fixpunkt zu
2.Es bewegt sich vom Fixpunkt weg, oder
3.Es kreist auf einer geschlossenen Bahn um den Fixpunkt.
Das Lotka-Volterra-Model hat das dritte Merkmal.
6. Nichtlineare Modelle 6.2 Nichtlineare Boxmodelle mit mehreren Systemvariablen: 6.2.3 Räuber-Beute-Modelle
Beispiel 2: Räuber-Beute Modell mit Selbstwechselwirkung
1.Bei größeren Beutepopulationen können sich diese behindern oder
gar auffressen, was durch einen weiteren Term der Form
berücksichtigt wird: ����dS� 2.Eine Population von Räubern R stirbt mit einer spezifischen
Nettorate k2.
3.Die Beutetiere werden von den Räubern gefressen, was zu einer Vermehrung der Räuber und einer Verminderung der Beutetiere um den Betrag k3BR führt.
Mathematische Beschreibung: 3d32 � �Rd � �udv � ��dS 3v32 � ��Sv + �udv
Neben den trivialen Fixpunkten: dR� � 0, vR� � 0, ergeben sich für
die nicht trivialen Fixpunkte folgende leichte Änderungen:
dS� � �S�u ,vS� � �R�u � W�u 1*2W� �� �S�u
Ohne näher darauf einzugehen, lauten dann die approximierten
linearen Gleichungen: 3xI32 � ��Sxw � cxI ,3xw32 � ��R � W�xI
Sei: W ≪ �R, dann erhalten wir folgende Eigenwerte mit einem sehr
kleinen, negativen Realteil, der allerdings zu einem stabilen
Fixpunkt führt: }$ ≈ � �S± *�,� � ��R�S
Das dynamische Verhalten zeigt nachstehende Abbildung:
6. Nichtlineare Modelle 6.2. Nichtlineare Boxmodelle mit mehreren Systemvariablen: 6.2.3 Räuber-Beute-Modelle
Beispiel 3: Räuber-Beute Modell von Holling-Tanner
1.Wechselwirkung zwischen Beute B und Räuber R in der ersten der
beiden nachstehenden Differentialgleichungen, wobei der erste
Term das logistische Wachstum der Beute und BK die
Gleichgewichtsbedingung der Beute ist, wenn es keine Räuber
gibt.
2.Der zweite Term in der ersten Gleichung simuliert die
Dezimierung der Beute durch den Räuber, allerdings mit
beschränkter Fresslust, welche für B>> KB den von B
unabhängigen Wert von (-wR) erreicht.
3.Die zweite Gleichung beschreibt das Wachstum der Räuberpopulation, welches nur positiv ist, falls JR/B < 1, d.h. R < B/J ist. Die Räuber können nur dann wachsen, falls mindestens J Beuten pro Räuber zu Verfügung stehen.
3d32 � (d z1 � dd"{ � X dvd + �I �1� 3v32 � D z1 � � vd{v1*2(, D, X, �, d" , �I > 0�2�
• Das Modell führt ebenfalls zu periodischen Schwankungen von
B und R um einen Gleichgewichtswert; es ist aber – im
Gegensatz zum von Lotka-Volterra-Modell – strukturell stabil.
• Neben den trivialen (B=R=0) und dem halbtrivialen Fixpunkt
(R=0, B=BK) besitzt das Modell den nichttrivialen Fixpunkt: �d�, v��, der sich dem Schnittpunkt einer Parabel und einer
Geraden ergibt.
• Für dB/dt=0 und dR/dt=0 erhält für die Parabel und Gerade aus
den Gleichungen (1) bzw. (2) folgende Gleichungen, aus denen
der nichttriviale Fixpunkt bestimmt wird:
v� � (X ]1 � d�d" ` �d� + �I��3� v� � d�� �4�
• Die Lösungen sind geschlossene Kurven um den nichttrivialen
Fixpunkt. Die Trajektorien bewegen sich auf eine
Attraktionskurve zu und folgen ihr dann. Eine solche Kurve
nennt man Grenzzyklus.
Bei nichtlinearen Modellen mit drei und mehr Variablen können
chaotische Zustände sich einstellen.