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66 Systemvergleich hochauflösender optischer Satellitenfernerkundungssensoren Matthias MÖLLER Dieser Beitrag wurde nach Begutachtung durch das Programmkomitee als „reviewed paper“ angenommen. Zusammenfassung Die optische Satellitenbildfernerkundung hat sich in der vergangenen Dekade stark verän- dert. Waren im Zeitraum ca. 1970 bis 2000 fast ausschließlich Bilddaten mit einer Boden- auflösung von ca. 30 m frei verfügbar, so wurden Anfang des Millenniums Satellitensyste- me gestartet, die optische Bilddaten mit bis zu 0,61 m anboten. Seit Kurzem werden diese Systeme nach und nach durch die zweite Generation abgelöst, die sich durch wesentliche Optimierung aller technischen Parameter auszeichnet. Dies wiederum führt zu deutlich besseren Bildprodukten, die eine neue Dimension der Fernerkundung und quasi die Brücke hin zur klassischen Photogrammetrie schlagen können. Am Beispiel von zwei Bilddatensät- zen der Systeme Ikonos, stellvertretend für die erste Generation und WorldView-2 als Ver- treter der zweiten Generation optischer, hochentwickelter Systeme werden die entscheiden- den Neuerungen mit praktischen Beispielen angewandter Fragestellungen aus der Fern- erkundung herausgestellt. 1 Optische Satellitenbildfernerkundung Über einen Zeitraum von 1972 bis etwa zum Jahr 2000 war angewandte, optische Satelli- tenbildfernerkundung fast ausschließlich nur mit Bilddaten möglich, die bestenfalls eine räumliche Auflösung von bis zu etwa 30 m pro Bildpunkt aufwiesen. Durch das bis ins Jahr 1972 zurückreichende Archiv von Bilddaten der Landsat Plattformen mit den Sensoren Multispektralscanner (MSS), Thematik Mapper (TM) und Enhanced Thematic Mapper (ETM+) sind auch Analysen kontinuierlicher Phänomene möglich, also die Auswertung von Bildzeitreihen in Form von Veränderungsanalysen, engl. Change Detection Analysis (ALBERTZ 2009). Landsat kann als das System bezeichnet werden, dass kontinuierlich und auch ohne explizite Anforderung Bilddaten aufgezeichnet hat, die dann archiviert worden sind und heute über Online-Archive im WWW zugänglich sind. Obendrein sind Landsat Bilddaten überwiegend unentgeltlich verfügbar. Große Geodatenbestände in Form von Landnutzungs-/Landbedeckungskatalogen wurden auf Basis von Landsat-Bilddaten erstellt, so etwa Coordinated Information on the European Environment Land Cover (CORINE CLC 01.04.2011) für die Länder Europas und das U.S. Gegenstück, der National Land Cover Dataset (NLCD 01.04.2011). Neben Bilddaten von Landsat waren Daten des Indian Remote Sensing Sattelite (IRS) mit einer räumlichen Auflösung von 23,5 m multispektral, 5,8 m panchromatisch und des fran- Strobl, J., Blaschke, T. & Griesebner, G. (Hrsg.) (2011): Angewandte Geoinformatik 2011. © Herbert Wichmann Verlag, VDE VERLAG GMBH, Berlin/Offenbach. ISBN 978-3-87907-508-9. Dieser Beitrag ist ein Open-Access-Beitrag, der unter den Bedingungen und unter den Auflagen der Creative Commons Attribution Lizenz verteilt wird (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/).

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Systemvergleich hochauflösender optischer Satellitenfernerkundungssensoren

Matthias MÖLLER

Dieser Beitrag wurde nach Begutachtung durch das Programmkomitee als „reviewed paper“ angenommen.

Zusammenfassung

Die optische Satellitenbildfernerkundung hat sich in der vergangenen Dekade stark verän-dert. Waren im Zeitraum ca. 1970 bis 2000 fast ausschließlich Bilddaten mit einer Boden-auflösung von ca. 30 m frei verfügbar, so wurden Anfang des Millenniums Satellitensyste-me gestartet, die optische Bilddaten mit bis zu 0,61 m anboten. Seit Kurzem werden diese Systeme nach und nach durch die zweite Generation abgelöst, die sich durch wesentliche Optimierung aller technischen Parameter auszeichnet. Dies wiederum führt zu deutlich besseren Bildprodukten, die eine neue Dimension der Fernerkundung und quasi die Brücke hin zur klassischen Photogrammetrie schlagen können. Am Beispiel von zwei Bilddatensät-zen der Systeme Ikonos, stellvertretend für die erste Generation und WorldView-2 als Ver-treter der zweiten Generation optischer, hochentwickelter Systeme werden die entscheiden-den Neuerungen mit praktischen Beispielen angewandter Fragestellungen aus der Fern-erkundung herausgestellt.

1 Optische Satellitenbildfernerkundung

Über einen Zeitraum von 1972 bis etwa zum Jahr 2000 war angewandte, optische Satelli-tenbildfernerkundung fast ausschließlich nur mit Bilddaten möglich, die bestenfalls eine räumliche Auflösung von bis zu etwa 30 m pro Bildpunkt aufwiesen. Durch das bis ins Jahr 1972 zurückreichende Archiv von Bilddaten der Landsat Plattformen mit den Sensoren Multispektralscanner (MSS), Thematik Mapper (TM) und Enhanced Thematic Mapper (ETM+) sind auch Analysen kontinuierlicher Phänomene möglich, also die Auswertung von Bildzeitreihen in Form von Veränderungsanalysen, engl. Change Detection Analysis (ALBERTZ 2009). Landsat kann als das System bezeichnet werden, dass kontinuierlich und auch ohne explizite Anforderung Bilddaten aufgezeichnet hat, die dann archiviert worden sind und heute über Online-Archive im WWW zugänglich sind. Obendrein sind Landsat Bilddaten überwiegend unentgeltlich verfügbar. Große Geodatenbestände in Form von Landnutzungs-/Landbedeckungskatalogen wurden auf Basis von Landsat-Bilddaten erstellt, so etwa Coordinated Information on the European Environment Land Cover (CORINE CLC 01.04.2011) für die Länder Europas und das U.S. Gegenstück, der National Land Cover Dataset (NLCD 01.04.2011).

Neben Bilddaten von Landsat waren Daten des Indian Remote Sensing Sattelite (IRS) mit einer räumlichen Auflösung von 23,5 m multispektral, 5,8 m panchromatisch und des fran-

Strobl, J., Blaschke, T. & Griesebner, G. (Hrsg.) (2011): Angewandte Geoinformatik 2011. © Herbert Wichmann Verlag, VDE VERLAG GMBH, Berlin/Offenbach. ISBN 978-3-87907-508-9. Dieser Beitrag ist ein Open-Access-Beitrag, der unter den Bedingungen und unter den Auflagen der Creative Commons Attribution Lizenz verteilt wird (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/).

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zösischen Satellite Pour l’Observation de la Terre (SPOT 1) mit 20 m (multispektral)/10 m (panchromatisch) Bodenauflösung verfügbar (SPOT 01.04.2011). Um optisch räumlich höher aufgelöste, schärfere Bilddaten zu erzielen, wurde die Methode der Bildfusion ange-wandt. Das Ergebnis der Bildfusion von multispektralen mit panchromatischen Bilddaten unterschiedlicher Sensoren, i. d. R. Landsat (multispektral) SPOT 1 (panchromatisch) konnte aber in vielen Fällen nicht überzeugen, denn die Aufnahmezeitpunkte lagen immer an zwei verschiedenen Daten, ggf. noch zu unterschiedlichen Tageszeiten. Ausnahme war SPOT 1, der sowohl panchromatisch, als auch multispektral Bilddaten synchron aufzeich-nen konnte, die Daten waren aber bei der Beschaffung vergleichswese teuer und ein perma-nent fortgeführtes Bilddatenarchiv wurde nicht angelegt.

2 Hochauflösende optische Satellitenbildfernerkundung

In den 1990er wurde dann eine Reihe von neuen, optischen Systemen angekündigt, die hohe Erwartungen in der Nutzergemeinschaft geweckt hat. Nach dem Ende des kalten Krieges wurden die Entwicklungen des Satelliten- und Sensorbaus in den USA, die zu-nächst für Spionage- und Aufklärungszwecke konzipiert waren, an kommerziell wirtschaf-tende Unternehmen vergeben. Diese Entwicklungen zeichneten sich vor allem durch eine hohe Bodenauflösung pro Bildpunkt aus, die bis dahin von Sensoren aus dem Weltraum nicht erreicht worden ist.

Der Start des ersten kommerziellen Satelliten „Earlybird“ erfolgte 1997, scheiterte aber wegen Problemen mit der Str. Auch der erste Satellit der Fa. Space Imaging Ikonos I ging während des Starts verloren. Erst Ikonos II, später umbenannt in Ikonos, konnte nach er-folgreichem Start im Oktober 1999 ab Anfang 2000 erstmals parallel im Panchromatischen mit 0,82 m, im Multispektralen mit 3,24 m Bodenauflösung aufgezeichnete Bilddaten lie-fern. Die beiden Bilddatensätze wurden zu einem geschärften Bildprodukt mit der hohen räumlichen panchromatischen Auflösung und dem mehrkanaligen Informationsgehalt der Multispektralkanäle fusioniert und waren frei von den Nachteilen der früheren Fusionspro-dukte (s. o.). Mit dem System Quickbird kam ab Oktober 2001 ein weiteres kommerzielles System der Fa. Digitalglobe zum Einsatz, der Bilddaten mit 0,61 m (panchromatisch), 2,44 m (multispektral) lieferte.

2.1 Optimierte technische Eigenschaften von Ikonos und Quickbird

Ein wichtiges Kriterium optischer Sensoren ist die Wiederkehrrate, also die Möglichkeit von einem Punkt der Erdoberfläche in einem möglichst kurzen Zeitraum nacheinander Bilddaten zu liefern. Die Plattformen von Ikonos und Quickbird konnten in ihrem Orbit geschwenkt werden und so zur Seite hin aufzeichnen, was die Wiederkehrrate deutlich verkürzte. Die radiometrische Auflösung der Bilddaten von Ikonos und Quickbird beträgt 11 bit, eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu einem bis dato üblichen Graustufen-umfang von 256 Werten (8 bit) etwa bei Landsat. Die Auslegung der Spektralkanäle orien-tierte sich wesentlich am Design von Landsat TM, was den direkten Vergleich der Bild-daten auf verschiedenen Skalenniveaus und räumlichen Auflösungen verbessert.

Aber das wichtigste und offensichtlichste Kriterium für optische Bilddaten war die nun erstmals verfügbare sehr hohe geometrische Bodenauflösung. Insbesondere detaillierte

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Fragestellungen der Fernerkundung konnten nun beantwortet werden und die Anwendungs-felder optischer Fernerkundung aus dem Weltraum deutlich ausgeweitet werden. Urbane Fernerkundung, das Kartieren von menschlichen Siedlungen auf Gebäudeebene, war erst-mals möglich. Potenziell gefährdete Gebiete wurden flächendeckend erfasst, um Fall einer Krise das Ausmaß der Zerstörung abschätzen zu können. Semi-automatisch arbeitende, objektorientierte Auswertemethoden, engl.: Object Based Image Analysis (OBIA) konnten sich parallel als zuverlässige Verfahren etablieren, die die exaktesten Ergebnisse aus den neuen Bilddaten garantieren (eCognition 01.04.2011, Geoaida 01.04.2011, Feature Analyst 01.04.2011).

3 Hochauflösende Satellitensensoren der 2. Generation

Im Laufe der ersten Dekade des neuen Jahrtausends sind eine Reihe von neuen, optischen Fernerkundungssystemen mit hoher und sehr hoher räumlicher Auflösung gestartet worden, von Nationen wie Südkorea (Kompsat), Israel (EROS Serie), Südafrika (SumbandilaSat), Brasilien und China (CBERS).

Die beiden U.S. Betreiber von kommerziellen optischen Systemen, die Firmen Space Ima-ging und WorldView, haben in der ersten Dekade des Millenniums über verschiedene Auf-tragsentwicklungen die Technik ihrer Fernerkundungssysteme an neue Entwicklungen der Hardware angepasst und es ist insbesondere im elektrooptischen Bereich eine dynamische Entwicklung der Bildsensoren bezogen auf Qualität und Quantität festzustellen, also dem für die Bildqualität ausschlaggebende Bereich.

Die Fa. Space Imaging wurde zwischenzeitlich von der Fa. OrbImage aufgekauft, beide firmieren jetzt unter GeoEye.

3.1 Weiter verbesserte Technik von GeoEye und WorldView

Alle technischen Eigenschaften der Sensoren der ersten Generation (vgl. 2.1) konnten in den Neuentwicklungen optimiert werden, die resultierenden Bilddaten sollten also im Ver-gleich zu Aufnahmen der ersten Generation verbessert sein. Von GeoEye und World-View-1&2 werden Bilddaten aufgezeichnet, deren geometrische Auflösung im panchroma-tischen Kanal nochmals verfeinert wurden auf nun 0,41 m, resp. 0,46. Bei WorldView-1 handelt es sich um einen Sensor, der ausschließlich im Panchromatischen aufzeichnet und annähernd identisch mit dem panchromatischen Sensor von WorldView-2 (WorldView-2) ist. Zwar wird die physikalisch mögliche geometrische Auflösung von den Betreibern fei-ner angegeben (Tab. 1), aber die U.S. Regierung hat über das National Reconnaissance Office (NRO 01.04.2011) ein verbrieftes Erstnutzungsrecht für alle Bilddaten mit einer feineren Auflösung als 0,5 m. Daher werden diese höher aufgelösten Bilddaten klassifiziert und von der NRO auf eine Bildpunktgröße von 0,5 m formatiert.

Bei den neuen Aufnahmesystemen konnte die Breite des aufgenommen Bildstreifen erwei-tert werden. Die Betreiber von WorldView-2 geben an, dass mit einer infolge des Seiten-schwenks reduzierten panchromatischen Auflösung die Wiederkehrrate auf bis zu etwas mehr als einem Tag gedrückt werden kann. Gerade die Frequenz der Wiederkehr wichtig, wenn schnell aktuelle Aufnahmen von einem Gebiet mit hoher Dynamik (im Katastrophen-fall etwa) aufgezeichnet werden müssen. Die radiometrische Auflösung ist mit 11 bit bei

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allen Systemen gleich, eine Erhöhung kann hier keinen deutlichen Mehrgewinn an Informa-tionen bringen.

WorldView-2 verfügt über erweiterte multispektrale Kapazitäten, er hat neben den vier VNIR-Kanälen, weitere Spektralkanäle im kurzwelligen blauen, im gelben und im red edge Bereich. Der NIR ist aufgefächert in zwei Kanäle: einen, der direkt an den Red Edge an-schließt, einen weiteren, der im elektromagnetischen Spektrum bis über 1000 nm reicht und damit direkt an den Bereich des mittleren IR grenzt.

Tabelle 1: Technische Parameter von Ikonos, GeoEye-1 und WorldView-1&2. WorldView-1 ist ein Sensor mit reiner panchromatischen Auslegung.

Erste Generation Ikonos START 1999

Zweite Generation GeoEye-1 START 2008

Zweite Generation WorldView-1&2 START 2008/09

Geom. Auflösung Pan Sensor (nadir) MS Sensor (nadir)

0,82 m × 0,82 m 3,2 m × 3,2 m

0,41 m × 0,41 m 1,65 m × 1,65 m

0,46 m × 0,46 m (WorldView-1) 1,84 m × 1,84 m

Spektralkanäle 526–929 nm (pan) 445–516 nm (blau) 506–595 nm (grün) 632–698 nm (rot) 757–853 nm (NIR)

450–800 nm (pan) 450–510 nm (blau) 510–580 nm (grün) 655–690 nm (rot) 780–920 nm (NIR)

450–800 nm (pan) 400–450 nm (coastal) 450–510 nm (blau) 510–580 nm (grün) 585–625 nm (gelb) 630–690 nm (rot) 705–745 nm (red edge) 770–895 nm (NIR 1) 860–1040 nm (NIR 2)

Streifenbreite 11,3 km 15,2 km 16,4 km

Off-Nadir Schwenkbereich ± 45 Grad ± 45 Grad ± 45 Grad

Radiometrische Auflösung 11 bit 11 bit 11 bit

Wiederkehrrate < 3 Tage < 3 Tage 1,1 Tage (1 m, pan) 3,7 Tage (0,52 m, pan)

Höhe des Orbits 681 km 681 km 770 km

3.2 Klassifikationen optischer Satellitensensoren nach Anwendung

Die verbesserte geometrische Auflösung der neuen Systeme ist aber das wichtigste und augenfälligste Merkmal, weil der menschliche Betrachter an einen Fernerkundungsbild zuerst den Grad der Detailliertheit, die Anzahl der wiedergegebenen Objekte und damit die Schärfe erfasst. Der von Sensoren wie GeoEye 1 und WorldView-2 angebotene Grad der Detailliertheit ist in der Tat sehr hoch. Hinzu kommt die Tatsache, dass breite Bildstreifen unter gleichen Aufnahmebedingungen aufzeichnen und damit auch größere homogene Gebietseinheiten, wie etwa urbane Regionen, in einem Durchgang aufgezeichnet werden können. Damit erschließen die Bilddaten einen gänzlich neuen Teilbereich der Abgrenzung optischer Sensoren, der in der Klassifikation nach NEER (1999) so nicht gegeben war und daher ergänzt wurde. In Tabelle 2 ist dieser neue Bereich, der ausschließlich von Bilddaten der neuen Sensoren abgedeckt wird, „super hoher Auflösung“ genannt und erstreckt sich über die geometrische Auflösung von 0,25 bis 0,5 m.

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Gerade diese geometrische Auflösung ist wichtig für viele Fragestellungen in urbanen Re-gionen, die mithilfe der Fernerkundung beantwortet werden können. In dieser Auflösung ist der Grundriss von Gebäuden und deren Zustand detailliert erkennbar, wenn auch extrem feine Eigenschaften, wie etwa Schornsteine, Dachfenster, strukturierte Giebel und die Art der Dachbedeckung nicht erkennbar sind. Städtische Baublöcke können aber mit hoher Genauigkeit aus den Bilddaten erhoben werden, die dann zu urbanen Quartieren mit ver-schiedenen Funktionen zusammengefasst werden. Damit stellen die Bilddaten dieser Auflö-sungsstufe auch eine geradezu ideale Planungsgrundlage für stadtplanerische Zwecke dar.

Wenn die Bilddaten mit super hoher Auflösung von ihren geometrischen Eigenschaften her überzeugen können, dann sind sie für urbane Anwendungen geeignet und somit ein direkter Ersatz für klassische, analoge Luftbilder. Diese liegen zwar in der geometrischen Auflö-sung höher, sind aber in der Handhabung sensibler. Durch das Mosaikieren von Luftbildern entsteht ein inhomogener Bilddatensatz, die über A/D Wandlung erzeugten digitalen Luft-bilder haben einen geringeren radiometrischen Umfang und letztlich können im analogen Verfahren nur drei Spektralkanäle aufgezeichnet werden.

Tabelle 2: Klassifikation optischer FE-Sensoren nach geometrischer Auflösung und Anwendungsmaßstab (modifiziert und ergänzt nach NEER 1999)

Geom. Auf-lösung (m)

Kategorie der Auflösung

Beispiele optischer Sensoren

Anwendungsmaßstab

Anwendungsbeispiele

0,05 – 0,25 Extrem hohe Auflösung

Flugzeug: ADS80, DMC, Ultracam

1:100 – 1:2.500

Photogrammetrie, Kataster, 3D Daten, Straßenzustand, Detail. Gebäudekartierung, Einzelbaumerfassung

0,25 – 0,5 Super hohe Auflösung

Satelliten: GeoEye-1, WorldView-1&2

1:2.500 – 1:5.000

Gebäude, Gebäudeblocks, Quartiere, Stadtplanung, Fahrzeuge, Baumkataster

0,5 – 1,0 Sehr hohe Auflösung

Satelliten: Quickbird pan, Ikonos pan

1:5.000 – 1:10.000

Stadtteilkartierung, urbane Vegetation, Forstkartierung

1 – 4 Hohe Auflösung

Satelliten: Quickbird ms, Ikonos ms

1:10.000 – 1:15.000

Landschaftsanalyse, -kartie rung, Landschaftsplanung, Biotopkartierung

4 – 12 Mittlere Auflö-sung

Satelliten: IRS pan, SPOT 5, Rapideye

1:15.000 – 1:25.000

Landwirt. Ernteabschätzung, Katastrophenmonit., Beob. von Naturereignissen

12 – 50 Grobe Auflösung

Satelliten: Landsat ETM, IRS LISS, Aster

1:25.000 – 1:100.000

Urbane Strukturanalyse, Stadtwachstum, Regional- planung

50 - 250 Sehr grobe Auflösung

Satelliten: MODIS Landsat MSS, IRS WIFS

1:100.000 – 1:500.000

Großräumige Ernteabschätz., Nationale Forstkartierung, Wetter, Eis- u. Schneeverteil.

> 250 Extrem grobe Auflösung

Satelliten: NOAA, Meteosat

< 1:500.000 Wetter und Klima, Meeres- und Meereismonitoring

Die in Tabelle 2 aufgeführten Kategorien sind in gewisser Weise hierarchisch nach geome-trischer Auflösung und Informationsgehalt geordnet und abwärts kompatibel, d. h. die Bild-

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daten einer hohen Auflösungsstufe können in eine gröbere Auflösung umformatiert werden, wobei dann der Informationsgehalt der Zielkategorie gegeben ist.

4 Geometrische Auflösungen im Vergleich

Untersuchungen zur photogrammetrischen Qualität von WorldView-1 Daten mit entspre-chenden qualitativen Aussagen hat JAKOBSEN (2008) gemacht. Die geometrische Auflösung ist das augenfälligste Merkmal zur Unterscheidung optischer Fernerkundungsbilddaten, deshalb soll dieses wichtige Kriterium näher beleuchtet werden. Dafür stehen zwei pan-chromatische Bilddatensätze zur Verfügung, die von verschiedenen Sensoren aufgezeichnet worden sind: von Ikonos, einem Vertreter der ersten Generation hoch auflösender optischer FE-Sensoren und von WorldView-2, der zur zweiten Generation gerechnet wird (s. o.).

4.1 Untersuchungsgebiet und Merkmale der Bilddatensätze

Das Untersuchungsgebiet liegt in der Stadt München, schließt aber auch Teile der Randre-gionen mit land- und forstwirtschaftlicher Nutzung ein. Die Bilddaten wurden am 24.04.2006, 10:36 GMT (Ikonos, Datensatz: po_2628798_pan_0010000.tif) und am 12.07.2010, 10:30 GMT (WorldView-2, Datensatz: 10JUL12102958-P2AS_R2C2-Munich-Stereo-Bundle_I001652_FL02-P004187.TIF) aufgezeichnet und von European Space Imaging (EUSI) vorprozessiert. EUSI ist der europäische Betreiber der Satelliten mit Sitz in München. Diese Prozessierung umfasst eine Systemkorrektur und die Generierung von Header- und Metadateien mit den Daten, die zu der jeweiligen Aufnahme gehören (Position der Plattform während der Aufnahme und daraus abgeleitet Parameter zur direk-ten Georeferenzierung der Bilddaten, Kalibrationsparameter der panchromatischen Kanäle).

Beide Bilddatensätze sind beide von ursprünglich 11 bit bei der Datenerfassung auf eine radiometrische Auflösung von nun 16 bit hochgerechnet. Der Grund liegt darin, dass viele Bildverarbeitungssysteme 11 bit codierte Daten nicht handhaben können. Als Bildformat wird das standardisierte Tagged Image File Format (TIFF) gewählt.

4.2 Umgebungsparameter bei der Bilddatenaufzeichnung

Die zu begutachtenden Bilddatensätze sind nicht nur von verschiedenen Sensoren aufge-zeichnet, sondern beide repräsentieren eine unterschiedliche Phänologie zum Zeitpunkt der Aufnahme, die bei einer Begutachtung berücksichtigt werden muss. Auffällig sind die deut-lich längeren Objektschatten in der Ikonos Aufnahme vom Ende April, also ca. zwei Mona-te vor Sonnenhöchststand im Vergleich zu der WorldView-2 Aufnahme, die exakt 18 Tage nach Sonnenhöchststand aufgezeichnet wurde und dadurch kurze Schattenlängen aufweist. Ein weiteres Merkmal ist der Aufnahmewinkel; die WorldView-2 Aufnahme wurde im forward Scan Modus mit einem Winkel von 14,5° nach vorne aufgenommen, die Ikonos-Bilddaten zeigen eine seitliche Ansicht auf einzelne Objekte.

Die Ikonos-Bilddaten haben eine geometrische Auflösung von 1 m, WorldView-2-Daten sind auf die Bildpunktgröße von 0,5 m formatiert.

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4.3 Gegenüberstellung und Bewertung der Bilddaten

Die Kontrolle der Bilddaten erfolgte in dieser Untersuchung mit dem Bildverarbeitungs-programm rein visuell unter identischen Einstellungen für beide Datensätze. Eine Streckung der Grauwerte des 16-bit-Histogramms erfolgte über zwei Standardabweichungen.

Abb. 1: Ikonos (links) und WorldView-2 (rechts): panchromatische Bildausschnitte der Frauenkirche in München (Größe: 250 × 185 m)

In Abbildung 1 erkennt man auf den Blick in diesem Abbildungsmaßstab zunächst keine großen Unterschiede bezogen auf die geometrische Auflösung. Auffällig ist zunächst der verschiedene Sichtwinkel auf das Zentralobjekt, im Ikonos-Bild mit Ansicht der nach Wes-ten zugewandten Front, im WorldView-2-Bild aus Richtung Nord. Die jahreszeitliche Aus-prägung kann anhand der Belaubung der Bäume gut nachvollzogen werden; links: keine Blätter im Frühjahr, rechts: volle Belaubung im Sommer. Wie erwartet, sind die Schatten links länger, Gebiete im Schattenbereich sind nicht zu erkennen. In der rechten Darstellung sind auch Bereiche im Schatten einsehbar, Objekte nicht optimal, aber doch weitgehend deutlich zu erkennen. Insgesamt ist die Zeichnung der Objekte in der rechten Darstellung feiner, der Kontrast nicht so deutlich ausgeprägt. Dadurch treten z. B. Details in der Dach-struktur der Kirche, hier insbesondere der Gauben, gut hervor.

In Abbildung 2 wird die markante, hell nachgezeichnete Oberfläche einer Dachstruktur wiedergegeben. Wegen des hohen Kontrastes sind diese Dachkanten auffällig zu erkennen und weisen in den ob. Ikonos-Bilddaten eine Störung auf, den sog. Moiré-Effekt. Dieser entsteht dadurch, dass einzelne Bildpunkte, die nahe der hellen Dachkante liegen aber diese nicht mehr repräsentieren, überbelichtet werden und dadurch die Dachkante breiter er-scheint. Diese Überbelichtung ist nicht kontinuierlich, sondern tritt unregelmäßig auf, was zu der treppenartigen Struktur führt. Die Überbelichtung ist auf eine verhältnismäßig gerin-ge Dämpfung der lichtempfindlichen Elemente im Sensor zurückzuführen, den Charge Coupled Devices (CCD), die die einfallende elektromagnetische Strahlung in elektrische Impulse umsetzt, die dann wiederum in Graustufen der Bilddarstellung umgerechnet wer-den. In den geometrisch vierfach feiner auflösenden WorldView-2-Bilddaten ist der Moiré-Effekt nicht feststellbar, denn die 8 µm großen CCDs (35.000 in einer Scanreihe) haben

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eine effektivere Dämpfung als die mit 12 µm größeren CCDs (13800 in einer Scanreihe) des Ikonos (panchromatisch) (POLI et al. 2008, WOLNIEIWCZ 2011).

Bedenkt man, dass die Konstruktion des Ikonos Sensors und seine Bauteile etwa 20 Jahre zurückliegen, und wenn man den technischen Fortschritt bis hin zum Bau des neueren Sen-sors WorldView-2 berücksichtigt, dann kann man von den optimierten Bauteilen des jünge-ren Sensors (unten WorldView-2) auch qualitativ deutlich hochwertigere Bildergebnisse er-warten.

Abb. 2: Ikonos (oben) und WorldView-2 (unten): panchromatische Bildausschnitte eines strukturierten Gebäudedaches (Größe: 350 × 200 m)

Im Vergleich zu den Abbildungen 1 und 2 zeigt Abbildung 3 einen deutlich vergrößerten Ausschnitt der Innenstadt und hier treten demnach die Unterschiede bezogen auf die geo-metrische Auflösung deutlich hervor. Leider sind bisher keine kalibrierten Vergleichsmes-sungen der geometrischen Auflösung z. B. mit einem standardisierten Muster wie etwa dem

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Siemens Stern erfolgt. Aber Objekte mit hohem Kontrast und scharfer Abgrenzung zur Umgebung können im direkten Vergleich eine relative Abschätzung und Einordnung der Bilddaten hinsichtlich der geometrischen Auflösung liefern. Der in Abbildung 3 gezeigte Ikonos-Bildausschnitt (links) zeigt in dieser Vergrößerung einen deutlich reduzierten De-tailreichtum: Dachstrukturen, einzelne Kfz, ein Straßenbahnzug und verschiedene Vegeta-tionsobjekte in der Verkehrsrandbebauung sind im WorldView-2-Bildausschnitt (rechts) klar erkennbar. In der rechten unteren Ecke des WorldView-2-Bilddatensatzes ist ein leich-ter Blooming-Effekt sichtbar, der auf direkte Reflexion von Sonnenstrahlen an Dachfens-tern verursacht ist.

Abb. 3: Ikonos (links) und WorldView-2 (rechts): panchromatische Bildausschnitte einer Straßenkreuzung mit linienhaften Markierungen auf der Straße (Größe 75 × 75 m)

5 Bewertung und zukünftige Perspektiven

Panchromatische Bilddaten von Sensoren der neuesten Generation stoßen mit ihrer super hohen geometrischen Auflösung in Bereiche vor, die bislang von klassischen Luftbildern abgedeckt wurden. Dabei haben sie weitere Vorteile, wie die große Aufnahmefläche und die Erfassung mehrerer Multispektralkanäle. Eine qualitative Bewertung über die individu-elle, visuelle Wahrnehmung unterliegt subjektiven Einschränkungen, als Ergebnis dieser Untersuchung kann aber eindeutig festgestellt werden, dass die viermal feinere geometri-sche Auflösung von WorldView-2 eine verbesserte Detailerkennbarkeit urbaner Objekte ermöglicht im direkten Vergleich zu Bilddaten von Sensoren der ersten Generation. In einem nächsten Schritt ist es sinnvoll, den semantischen Inhalt von panchromatisch-multispektral fusionierten super hoch aufgelösten Bilddaten zu prüfen. Diese könnten zum Teil als Ersatz von regelmäßigen Bildflugkampagnen dienen. Bisher werden urbane Gebie-te, aber auch Bundesländer (in Deutschland und Österreich) in einem ca. fünfjährigen Tur-

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nus durch Flugkampagnen dokumentiert. Eine durchaus kostengünstige Alternative könnten stellen super hoch aufgelöste Satellitenbilddaten dar.

Danksagung

Der Autor dankt herzlich der Fa. European Space Imaging mit Sitz in München und hier ganz besonders den Mitarbeiterinnen Michaela Weber, Tine Flingelli und Monika Voigt, die die Bilddatensätze von WorldView-2 und Ikonos aufbereitet und für diese Studie zur Verfügung gestellt haben.

Literatur- und Quellenverzeichnis

ALBERTZ, J. (2009): Einführung in die Fernerkundung. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. CORINE CLC: http://www.corine.dfd.dlr.de/intro_de.html (01.04.2011). ECOGNITION: http://www.ecognition.com (01.04.2011). FEATURE ANALYST: http://www.featureanalyst.com/ (01.04.2011). GEOAIDA: http://www.tnt.uni-hannover.de/project/geoaida/ (01.04.2011). JAKOBSEN, K. (2008), Satellite Image Orientation. The International Archives of the Photo-

grammetry, Remote Sensing and Spatial Information Sciences, Vol. XXXVII. Part B1, Beijing 2008, S. 703-710.

NEER, J. T. (1999): High Resolution Imaging from Space – A Commercial Perspective on a Changing Landscape. In: International Archives of Photogrammetry and Remote Sens-ing, XXXII (7C2), S. 132-143.

NLCD: http://www.mrlc.gov/ (01.04.2011). NRO: http://nro.gov/index.html (01.04.2011). POLI, D., ANGIULI, E. & REMONDINO, F. (2010): Radiometric and Geometric Analysis of

WorldView-2 Stereo Scenes. In: International Archives of Photogrammetry and Remote Sensing, WG I/4. http://www.isprs.org/proceedings/XXXVIII/part1/03/03_04_ Paper_188.pdf.

SPOT: http://www.spotimage.com/ (01.04.2011). WOLNIEIWCZ, W. (2011): Geometric Potential of IKONOS Images.

http://www.gisdevelopment.net/technology/ip/wiepf.htm (01.04.2011).