T Tabula rasa? - · PDF file14 AUGUST 2016 Das „Lkw-Kartell“ ist in aller Munde – so mancher Lkw-Betreiber erwägt eine Klage gegen die Lkw-Hersteller. Wo liegen

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  • 14 AUGUST 2016 WWW.STRAGUE.AT

    Das Lkw-Kartell ist in aller Munde so mancher Lkw-Betreiber erwgt eine Klage gegen die Lkw-Hersteller. Wo liegen die Risken und auf was ist zu achten?

    Gutachtens und vor einer genauen recht-lichen Prfung der Erfolgschancen vor-genommen werden. Wie die laufenden Gerichtsverfahren im VW-Abgasskandal zeigen, ist jedenfalls davon auszugehen, dass sich die Nutzfahrzeughersteller entsprechend zur Wehr setzen werden. Es ist davon auszugehen, dass in einem Gerichtsverfahren genau geprft wird, inwieweit sich der Kartellversto tat-schlich auf den jeweiligen Anspruch-steller ausgewirkt hat. Insider vermuten, dass sich die kartellrechtlichen Verste preislich vorwiegend auf den ffentli-chen Sektor ausgewirkt haben knnten.

    RISIKOBERPRFUNG EMPFOHLENAufgrund dieser Schwierigkeiten sollte man sich im Vorfeld an den jeweiligen Anwalt des Vertrauens wenden und nicht blind einer Werbeaussendung einer Anwaltskanzlei folgen, die eine Prozesslawine auslsen will. Eine gebn-delte Vorgehensweise kann zwar durch-aus Sinn machen, jedoch sollte man sich im Vorfeld die Prozessrisiken und

    die im worst case damit verbundenen Prozesskosten aufzeigen lassen. Zu einer serisen Risikoeinschtzung gehrt auch die Einholung eines Gutachtens eines darauf spezialisierten Sachverstndigen zur Schadenshhe, da andernfalls die Kosten-Nutzen-Rechnung einer Klags-fhrung nicht deutlich beurteilt werden kann. Schlielich ist zu bedenken, dass hier eine Klage gegen einen Nutzfahr-zeughersteller einzubringen ist, der der stndige Partner des Transportunterneh-mens ist. In einigen Fllen sind Nutzfahr-zeughersteller nicht nur Lieferanten der Transportmittel, sondern auch Auftrag-geber, Werkstttenpartner, etc. Eine Klage mit wenig Aussicht auf Erfolg wrde daher unntig Porzellan zerschlagen. Das Ergebnis einer Beurteilung der Sinn-haftigkeit einer Klagsfhrung gegen den Nutzfahrzeughersteller hngt daher von vielen Faktoren ab, die beim jeweiligen Transportunternehmen im Vorfeld genau geprft werden mssen. Eine generelle Empfehlung, die auf die gesamte Branche passt, wre zu undifferenziert.

    ZUM AUTOR Rechtsanwalt Dr. Dominik Schrmer, TransportrechtUngargasse 15/5, 1130 WienTel.: +43 1 310 02 46Fax: +43 1 310 02 46-18

    E-Mail: [email protected]

    Die EU-Kommission hat festgestellt, dass MAN, Volvo/Renault, Daim-ler, Iveco und DAF durch Absprachen im Bereich von Verkaufspreisen fr Lkw und der mit der Einhaltung der strenge-ren Emissionsvorschriften verbundenen Kosten gegen Kartellvorschriften versto-en haben. Der gegenstndliche Artikel verfolgt aus-schlielich das Ziel, die derzeitige Sach- und Rechtslage auf Basis des aktuellen Informationsstandes kompakt darzustel-len. Der Autor distanziert sich von einer Empfehlung, dringend (massenhaft) Kla-gen gegen die betroffenen Nutzfahrzeug-hersteller einzubringen, da aus derzeiti-ger Sicht noch zahlreiche Unklarheiten bestehen, die vorher eingehend geprft werden mssen. Weiters muss die Situ-ation fr den potentiellen Anspruchs-berechtigten auch im Einzelfall geprft werden.

    KARTELLRECHTLICHE VERSTSSELaut der Aussendung der EU-Kommis-sion vom 19. Juli 2016 hat die Untersu-chung der EU-Kommission ergeben, dass MAN, Volvo/Renault, Daimler, Iveco und DAF ein Kartell gebildet haben. Die-sem Kartell ist die Anhebung der Brut-tolistenpreise fr mittelschwere und schwere Lastkraftwagen, die Absprache des Zeitplans fr die Einfhrung von

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    In der letzten Ausgabe habe ich Ihnen einen kurzen berblick ber die Bedeu-tung der Rechtsschutz-Sparte fr die Transportwirtschaft vermittelt. Insbe-sondere das Thema Strafrechtschutz im Betriebsbereich wurde hervorgehoben. Aus gegeben Anlass darf ich Ihnen ein Beispiel behrdlicher Willkr aufzei-gen, zu welchem Zweck dieser Versiche-rungsschutz in keinem Unternehmen fehlen sollte:Einem Fahrer eines niedersterreichi-schen Branchenkollegen wurde am 4. November 2015 ein Strafmandat in der Hhe von 50,- Euro verpasst. Das erstellte Ergebnisprotokoll wertete ein Fehlen des Nachtrags an drei Wochen-

    enden aus. Auf dem Protokoll waren die Felder Kontrolle mit SVKE und Organmandat elektronisch ange-kreuzt. Durch das Bezahlen des Straf-mandats war die Angelegenheit fr den Fahrer erledigt und er durfte seine Fahrt fortsetzen. Das dem allerdings nicht so ist, musste der arme Mann am 14. Mrz 2016 erfahren, das war genau jener Tag mit welchem eine Strafverfgung in der Hhe von 300,- Euro seitens der Lan-despolizeidirektion Niedersterreich an den Dienstnehmer und das Unter-nehmen erging. Grund fr die Straf-verfgung war genau dasselbe Delikt, fr welches bereits ein Organmandat ausgestellt und bezahlt wurde. Nur war auf dem Ergebnisprotokoll welches der Strafverfgung beigelegt wurde, auch die Rubrik Anzeige angekreuzt. Hn-disch und im Nachhinein! Reden und Fragen, warum so etwas passieren kann, braucht man mit der Behrde bekannt-lich nicht, hier braucht es einen rechts-

    kundigen Vertreter, um diese Schlam-perei aufzuklren. In diesem Fall hat sich bereits Dr. Schrmer der Sache angenommen und wir drfen gespannt sein wie diese ausgehen wird. brigens auch in Sachen Lkw-Kartell und den damit verbundenen Schaden-ersatz-Ansprchen ist die Rechtsschutz Versicherung eine hilfreiche Unterstt-zung. Checken Sie Ihren bestehenden Vertrag auf Deckung fr Schadenersatz mit Ihrem Anwalt. Bei versicherungs-technischen Fragen zu diesem Thema knnen Sie sich auch gerne an uns wenden.

    Unser Wissen ist Ihre Sicherheit.Tel. 01 503 62 33

    Wie schtze ich mich vor den Behrden?

    VonMichael Patocka, Geschftsfhrer IRM-Kotax.

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    Emissionssenkungstechnologien fr mittelschwere und schwere Lastkraft-wagen als Reaktion auf die zunehmend strengeren europischen Emissionsnor-men sowie die Weitergabe der Kosten fr die Emissionssenkungstechnologien zur Last gelegt worden. Das Kartell sei 1997 gegrndet worden und bestand 14 Jahre lang. Die EU-Kommission hat 2011 unan-gekndigte Hausdurchsuchungen zur Ermittlung des Sachverhaltes vorgenom-men. Die Absprachen seien auf hchster Fhrungsebene bei Messen oder Bran-chenveranstaltungen erfolgt (siehe Pres-semitteilung der europischen Kommis-sion vom 19. Juli 2016).

    REKORDGELDBUSSE Insgesamt betrug die Summe der Geld-buen 2,926 Milliarden Euro, wobei der grte Teil auf den Hersteller Daimler entfiel (rund 100 Mio. Euro). MAN wurde die Geldbue im Rahmen der Kronzeu-genregelung vollstndig erlassen, da MAN vor Einleitung der Untersuchungen durch die Kommission das Kartell offen legte und den Erlass der Geldbue bean-tragte. Da dies in vielen Aussendungen der letzten Tage untergegangen ist, muss zur Vollstndigkeit festgehalten werden, dass vom vorliegenden Beschluss der EU-Kommission der Nutzfahrzeughersteller Scania nicht betroffen ist. Gegen Scania wurde zwar im Rahmen der Kartellunter-suchung auch ein Verfahren eingeleitet, das Verfahren luft allerdings noch. Die Verhngung der Rekordgeldbue wurde von der Wettbewerbskommissarin damit begrndet, dass man aufgrund der gro-en wirtschaftlichen Bedeutung ein Exempel statuieren wollte, da schlielich insgesamt ber 30 Mio. Lkw auf Euro-pas Straen unterwegs seien, die einen betrchtlichen Teil des Warenverkehrs im Landverkehr in Europa abwickeln (siehe Pressemitteilung der europischen Kom-mission vom 19. Juli 2016).

    SCHADENERSATZ Nach der Rechtsprechung des EuGH kann jeder, der einen Schaden erlitten hat, Schadenersatz verlangen. In den letzten 14 Tagen hufen sich die Aussen-dungen von Rechtsanwaltskanzleien, mit der Empfehlung, Klagen gegen die Nutz-fahrzeughersteller einzubringen. Grere Transportunternehmen aus meinem Mandantenkreis berichteten, dass sie bereits auch Anrufe von Anwaltskanz-leien erhalten htten, in denen die Klags-einbringung dringend empfohlen und die Vertretung fr derartige Verfahren angeboten wurden. Nach der zuletzt ergangenen Entschei-dung des EuGH kann die Klage gegen den Hersteller dort eingebracht werden, wo sich der Schadenserfolg verwirklicht hat. Dies ist in der Regel der Ort an dem der mutmalich Geschdigte seinen Sitz hat. Daher knnten sterreichische Transportunternehmer den Hersteller in sterreich klagen. Weiters ist es mg-lich, einen Beteiligten am Kartell zu kla-gen, sofern ein Gerichtsstand in ster-reich hierfr gegeben ist. Der betroffene Hersteller hat dann im Anschluss die Mglichkeit eines Regresses gegen die Mitbeteiligten des Kartells, da diese soli-darisch untereinander haften. Weiters ist noch interessant, dass die neue euro-pische Richtlinie zur Erleichterung von Schadenersatzansprchen aus Kartell-versten (Richtlinie 2014/104/EU) bis 27. Dezember 2016 in innerstaatliches Recht umzusetzen ist. Diese Richtlinie sieht enorme Beweiserleichterungen fr den mutmalich Geschdigten vor. Dazu gehrt unter anderem, dass der Herstel-ler zur Offenlegung von Beweismitteln gezwungen werden kann. Auch die Wettbewerbsbehrde muss die Akten zugunsten des Geschdigten offen legen. Weiters sieht die Richtlinie vor, dass die Gerichte in bestimmten Fllen die Hhe des Schadens schtzen

    EXPERTEN-TIPP

    drfen, wenn es fr den Klger praktisch unmglich ist oder mit bermigen Schwierigkeiten verbunden ist, die Hhe des Schadens zu ermitteln bzw. genau zu beziffern.Andererseits kann der beklagte Hersteller in einem Verfahren ber Schadenersatz-klagen als Einwendung geltend machen, dass der Klger den sich aus der Zuwider-handlung gegen das Wettbewerbsrecht ergebenden Preisaufschlag ganz oder teil-weise weitergegeben hat. Die Beweislast fr die Weitergabe des Preisaufschlages trgt aber der Hersteller, der aber in ange-messener Weise ebenfalls Offenlegung vom Klger oder Dritten verlangen kann.Weiters ist zu beachten, dass die Berech-nung der Schadensersatzforderungen Schwierigkeiten bereiten wird. Eine berschlagsrechnung des Wirts