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Klicken, bis es klick macht: Im Internet findet man für alles eine Anleitung. Auch fürs Krawattenbinden. GETTY ANLEITUNGEN Die nützlichsten Videoportale Das Prinzip ist einfach. Auf so genannten Tutorial-Websites stel- len Menschen ihr Wissen anderen Menschen zur Verfügung. Sie dre- hen ein Video, erklären darin et- was und stellen das Filmchen auf die Internet-Plattform. Dies sind die wichtigsten Tutorial- Websites: Die deutschen Bereits etabliert sind vor allem zwei Portale, w ww ww w. .s sp po ot tn n. .d de e, und w ww ww w. .h ha au us sg ge em ma ac ch ht t. .t tv v. Auf beiden gibt es eine Übersichtsleiste, mit der man durch die verschiedenen Kate- gorien navigieren kann. Spotn zum Beispiel bietet von «Computer und Technik» über «Haus und Garten» bis zu «Leben und Beziehung» unterschiedlichste Rubriken. Die Be- nutzer von Spotn erklären, wie man über Google eine Pizzeria findet, wie man im Grill eine Forelle räu- chert oder was man beim Küssen beachten sollte. Daneben finden sich Anleitungen zum Krawatten- binden oder Einführungen zum Standardtanz Foxtrott. Die englischen Auf Tutorial-Websites aus den USA gibt es eine noch grössere Fülle an Tipps per Video. Zu empfehlen sind www.videojug.com (sehr gut ge- gliedert) oder www.wonder- howto.com (mehr Rubriken, aber etwas chaotisch). Eine gute Idee hatten die Gründer von www.5min.com. Hier dürfen nur Videos mit einer maximalen Länge von fünf Minuten hochgeladen werden. So ist garantiert, dass die Anleitungen knapp und klar sind. Das grösste Auch auf dem grössten Internet- Videoportal, w ww ww w. .y yo ou ut tu ub be e. .c co om m, , finden sich viele Selbstlernvideos. Sie sind allerdings etwas schwierig zu finden. Am besten klickt man sich durch die Rubrik «Tipps und Tricks» oder gibt im Feld «Suchen» einen möglichst präzisen Begriff ein (zum Beispiel «Anleitung Drink mixen»). Die kulinarischen Hier sind wir Schweizer stark. Neben w ww ww w. .k ko oc ch he en nm mi it ts sh hi ib bb by y . .c ch h (siehe Artikel) lohnt sich ein Besuch auf w ww ww w. .w wa as sk ko oc ch he en n. .c ch h, um neue Rezepte zu lernen. jon Montag, 31. Mai 2010 / Nr. 123 29 NEUE LUZERNER ZEITUNG NEUE URNER ZEITUNG NEUE SCHWYZER ZEITUNG NEUE OBWALDNER ZEITUNG NEUE NIDWALDNER ZEITUNG NEUE ZUGER ZEITUNG JACK JOHNSON Der Surfer aus Hawaii trägt jetzt einen Bart. Seine Musik dagegen klingt noch gleich. Das ist gut so. Seite 30 Täglich hilft das Internet EXPRESS U Im Internet stellen immer mehr Menschen ihr Wissen und Können zur Verfügung. U In kurzen Filmchen erklären sie zum Beispiel Rezepte oder Mathematikprobleme. «Eine Website ohne Video ist wie ein Auto ohne Räder.» SIMON KÜNZLER, INTERNET-EXPERTE Langweilige Gruppenkurse und unverständliche Gebrauchsanweisungen haben ausgedient. Video- Anleitungen im Internet boomen. Es herrscht eine neue Lust am Teilen. VON BILJANA JOVIC UND ANDREW JONES [email protected] Wieder vergessen, wie man eine Kra- watte richtig bindet? Lust auf einen Caipirinha, aber keine Ahnung, wie man sich einen solchen selber mixt? Keine Sorge – es gibt nette Menschen, die Ihnen gerne weiterhelfen. Gratis, kompetent und in bewegten Bildern. Zum Beispiel Julia Graf, eine 29-jähri- ge Administrations-Fachfrau aus dem Kanton Bern. Unter dem Pseudonym «Miss Chievous» zeigt sie in kurzen Videos, wie man sich professionell schminkt. In diesen Tutorials (englisch für Anleitung) zaubert sie Schritt für Schritt verschiedene Beauty-Looks und erklärt den Zuschauern zeitgleich, was sie gerade tut. Sozusagen eine Kochsen- dung für das Schminken. Ihre 187 Videos wurden fast 27 Millionen Mal angeklickt, und ihre Fans sind von Toronto bis Tokio gestreut. «Ich bekom- me jeden Tag so viele E-Mails, dass ich es nicht schaffe, alle zu beantworten», sagt sie. Eine Visagistenausbildung hat sie nicht absolviert. Trotzdem ist sie von ihrer Arbeit überzeugt: «Ich will ande- ren Menschen weitergeben, was ich über mein Hobby weiss.» Werber entdecken Tutorials Sogenannte «How to do»-Videos boo- men im Internet. Die Make-up-Tipps sind nur ein Bereich von vielen (siehe Kasten). Mittlerweile sind auch Firmen auf die Video-Anleitungen aufmerksam geworden. Sie sponsern den bekann- testen «Video-Lehrern» ihre Utensilien und betreiben damit zielgruppenrele- vantes Produktplacement. So sponsert ein Schweizer Hersteller von Küchenartikeln den Videoblog «Ko- chen mit Shibby». Dessen Autorin ist Christina Schmid, eine 24-jährige Ost- schweizerin, die in Zürich bei einer Webagentur arbeitet. Ihre kurzen Koch- Clips sind rasant geschnitten und mit cooler Musik unterlegt. Die Köchin bleibt beim Schnetzeln und Braten stumm, das ist Konzept. «In den Koch- sendungen im Fernsehen reden sie nur», erklärt Schmid. «Dabei willst Du doch wissen, wies funktioniert.» «Endlich gute Schulnoten» Den Zuschauer vor Augen hat auch Salman Khan. Er ist einer der interna- tional bekanntesten Online-Lehrer. Der ehemalige Harvard-Student pakistani- scher Abstammung erteilt online Nach- hilfelektionen in Mathematik. Auf ei- nem schwarzen Screen, der eine Schie- fertafel nachahmen soll, zeichnet er mit dem Cursor Lösungen von einfachsten Rechnungen bis zu komplizierten Glei- chungen auf Universitätsniveau nach. Keine der Lektionen dauert der Kon- zentration wegen länger als zehn Minu- ten. Auf der Video-Website YouTube findet man 1200 Mathematiklektionen von Khan, er wird mit Komplimenten von dankbaren Schülern überhäuft: «Seit vier Jahren kämpfe ich mich mit Mathe ab. Seit ich dich kenne, habe ich endlich gute Noten. Danke.» Die Vorteile des Tutorial-Konzeptes sind einleuchtend. Man spart Zeit und Geld. Ausserdem ist es einem selbst überlassen, wann ein Kurs beginnt oder endet und wie oft man ihn abspielt. «Du bist, was du teilst» Der Boom der Video-Anleitung hat aber auch andere Gründe, wie Simon Künzler erklärt. Der Dozent für Online- Kommunikation an der Hochschule Luzern – Wirtschaft sieht zwei Punkte als zentral an. Erstens: «Fernsehen und Internet verschmelzen. Eine Website ohne Video ist heute wie ein Auto ohne Räder.» Es werde immer einfacher, Vi- deos zu produzieren, Jugendliche be- herrschten Schnittprogramme schon fast im Schlaf. Zweitens lädt das Internet heute zum Mitmachen ein. Die Benutzer füllen die Portale mit Leben – indem sie sich vernetzen und ihre Inhalte teilen. Si- mon Künzler bringt es so auf den Punkt: «Das Motto lautet: ‹You are what you share› – Du bist, was du teilst›.» Video-Anleitungen: Die im Text erwähnten Tutorials finden Sie auf www.zisch.ch/bonus

Täglich hilft das Internet

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Artikel in der NLZ vom 31.5.2010

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Klicken, bis es klick macht: Im Internet findet man für alles eine Anleitung. Auch fürs Krawattenbinden. GETTY

ANLEITUNGEN

Die nützlichstenVideoportaleDas Prinzip ist einfach. Auf sogenannten Tutorial-Websites stel-len Menschen ihr Wissen anderenMenschen zur Verfügung. Sie dre-hen ein Video, erklären darin et-was und stellen das Filmchen aufdie Internet-Plattform.Dies sind die wichtigsten Tutorial-Websites:

Die deutschenBereits etabliert sind vor allem zweiPortale, wwwwww..ssppoottnn..ddee, undwwwwww..hhaauussggeemmaacchhtt..ttvv. Auf beidengibt es eine Übersichtsleiste, mit derman durch die verschiedenen Kate-gorien navigieren kann. Spotn zumBeispiel bietet von «Computer undTechnik» über «Haus und Garten»bis zu «Leben und Beziehung»unterschiedlichste Rubriken. Die Be-nutzer von Spotn erklären, wiemanüber Google eine Pizzeria findet,wie man im Grill eine Forelle räu-chert oder was man beim Küssenbeachten sollte. Daneben findensich Anleitungen zum Krawatten-binden oder Einführungen zumStandardtanz Foxtrott.

Die englischenAuf Tutorial-Websites aus den USAgibt es eine noch grössere Fülle anTipps per Video. Zu empfehlen sindwwwwww..vviiddeeoojjuugg..ccoomm (sehr gut ge-gliedert) oder wwwwww..wwoonnddeerr--hhoowwttoo..ccoomm (mehr Rubriken, aberetwas chaotisch). Eine gute Ideehatten die Gründer vonwwwwww..55mmiinn..ccoomm. Hier dürfen nurVideos mit einer maximalen Längevon fünf Minuten hochgeladenwerden. So ist garantiert, dass dieAnleitungen knapp und klar sind.

Das grössteAuch auf dem grössten Internet-Videoportal, wwwwww..yyoouuttuubbee..ccoomm,,finden sich viele Selbstlernvideos.Sie sind allerdings etwas schwierigzu finden. Am besten klickt mansich durch die Rubrik «Tipps undTricks» oder gibt im Feld «Suchen»einen möglichst präzisen Begriffein (zum Beispiel «Anleitung Drinkmixen»).

Die kulinarischenHier sind wir Schweizer stark.Neben wwwwww..kkoocchheennmmiittsshhiibbbbyy..cchh(sieheArtikel) lohnt sich ein Besuchauf wwwwww..wwaasskkoocchheenn..cchh, um neueRezepte zu lernen. j on

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NEUE LUZERNER ZEITUNG NEUE URNER ZEITUNG NEUE SCHWYZER ZEITUNG NEUE OBWALDNER ZEITUNG NEUE NIDWALDNER ZEITUNG NEUE ZUGER ZEITUNG

JACK JOHNSONDer Surfer aus Hawaii trägt jetzteinen Bart. Seine Musik dagegenklingt noch gleich. Das ist gut so.

Seite 30

Täglich hilft das

Internet

EXPRESS

Im Internet stellen immermehr Menschen ihr Wissenund Können zur Verfügung.

In kurzen Filmchen erklärensie zum Beispiel Rezepteoder Mathematikprobleme.

«Eine Website ohneVideo ist wie ein Autoohne Räder.»

SIMON KÜNZLER,INTERNET-EXPERTE

Langweilige Gruppenkurse und unverständlicheGebrauchsanweisungen haben ausgedient. Video-Anleitungen im Internet boomen. Es herrschteine neue Lust am Teilen.

VON BILJANA JOVIC

UND ANDREW JONES

[email protected]

Wieder vergessen, wie man eine Kra-watte richtig bindet? Lust auf einenCaipirinha, aber keine Ahnung, wieman sich einen solchen selber mixt?Keine Sorge – es gibt nette Menschen,die Ihnen gerne weiterhelfen. Gratis,kompetent und in bewegten Bildern.

Zum Beispiel Julia Graf, eine 29-jähri-ge Administrations-Fachfrau aus dem

Kanton Bern. Unter dem Pseudonym«Miss Chievous» zeigt sie in kurzenVideos, wie man sich professionellschminkt. In diesen Tutorials (englischfür Anleitung) zaubert sie Schritt fürSchritt verschiedene Beauty-Looks underklärt den Zuschauern zeitgleich, wassie gerade tut. Sozusagen eine Kochsen-dung für das Schminken. Ihre 187Videos wurden fast 27 Millionen Malangeklickt, und ihre Fans sind vonToronto bis Tokio gestreut. «Ich bekom-me jeden Tag so viele E-Mails, dass iches nicht schaffe, alle zu beantworten»,sagt sie. Eine Visagistenausbildung hatsie nicht absolviert. Trotzdem ist sie vonihrer Arbeit überzeugt: «Ich will ande-ren Menschen weitergeben, was ichüber mein Hobby weiss.»

Werber entdecken TutorialsSogenannte «How to do»-Videos boo-

men im Internet. Die Make-up-Tippssind nur ein Bereich von vielen (sieheKasten). Mittlerweile sind auch Firmenauf die Video-Anleitungen aufmerksamgeworden. Sie sponsern den bekann-testen «Video-Lehrern» ihre Utensilienund betreiben damit zielgruppenrele-vantes Produktplacement.

So sponsert ein Schweizer Herstellervon Küchenartikeln den Videoblog «Ko-chen mit Shibby». Dessen Autorin istChristina Schmid, eine 24-jährige Ost-schweizerin, die in Zürich bei einerWebagentur arbeitet. Ihre kurzen Koch-Clips sind rasant geschnitten und mitcooler Musik unterlegt. Die Köchinbleibt beim Schnetzeln und Bratenstumm, das ist Konzept. «In den Koch-sendungen im Fernsehen reden sienur», erklärt Schmid. «Dabei willst Dudoch wissen, wies funktioniert.»

«Endlich gute Schulnoten»Den Zuschauer vor Augen hat auch

Salman Khan. Er ist einer der interna-tional bekanntesten Online-Lehrer. Derehemalige Harvard-Student pakistani-scher Abstammung erteilt online Nach-hilfelektionen in Mathematik. Auf ei-nem schwarzen Screen, der eine Schie-

fertafel nachahmen soll, zeichnet er mitdem Cursor Lösungen von einfachstenRechnungen bis zu komplizierten Glei-chungen auf Universitätsniveau nach.Keine der Lektionen dauert der Kon-zentration wegen länger als zehn Minu-ten. Auf der Video-Website YouTubefindet man 1200 Mathematiklektionenvon Khan, er wird mit Komplimentenvon dankbaren Schülern überhäuft:«Seit vier Jahren kämpfe ich mich mitMathe ab. Seit ich dich kenne, habe ichendlich gute Noten. Danke.»

Die Vorteile des Tutorial-Konzeptessind einleuchtend. Man spart Zeit und

Geld. Ausserdem ist es einem selbstüberlassen, wann ein Kurs beginnt oderendet und wie oft man ihn abspielt.

«Du bist, was du teilst»Der Boom der Video-Anleitung hat

aber auch andere Gründe, wie SimonKünzler erklärt. Der Dozent für Online-Kommunikation an der HochschuleLuzern – Wirtschaft sieht zwei Punkteals zentral an. Erstens: «Fernsehen undInternet verschmelzen. Eine Websiteohne Video ist heute wie ein Auto ohneRäder.» Es werde immer einfacher, Vi-deos zu produzieren, Jugendliche be-

herrschten Schnittprogramme schonfast im Schlaf.

Zweitens lädt das Internet heute zumMitmachen ein. Die Benutzer füllen diePortale mit Leben – indem sie sichvernetzen und ihre Inhalte teilen. Si-mon Künzler bringt es so auf denPunkt: «Das Motto lautet: ‹You are whatyou share› – Du bist, was du teilst›.»

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