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21. & 22. Januar 2011, Stiftung Universität Hildesheim „Was der Fall ist“ – Fallarbeit in Bildungsforschung und Lehrerbildung Programm und Abstracts Interdisziplinäre Fachtagung

Tagung Fallarbeit - Programmheft mit Abstracts · 2011. 2. 18. · wir begrüßen Sie herzlich an der Universität Hildesheim zur interdisziplinären Tagung „Was der Fall ist“

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21. & 22. Januar 2011, Stiftung Universität Hildesheim

„Was der Fall ist“ – Fallarbeit in Bildungsforschung und Lehrerbildung

Programm und Abstracts

Interdisziplinäre Fachtagung

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„Was der Fall ist“ –

Fallarbeit in Bildungsforschung und Lehrerbildung

Interdisziplinäre Fachtagung des Forums Fachdidaktische Forschung in Kooperation mit dem Centrum für Bildungs- und Unterrichtsforschung,

dem Büro für sozial-, bildungs- und kulturwissenschaftliche Forschungsmethoden

und dem Kompetenzzentrum Frühe Kindheit Niedersachsen

Universität Hildesheim, 21. und 22. Januar 2011 www.uni-hildesheim.de/fallarbeit2011/

Veranstalter an der Universität Hildesheim: Prof. Dr. Peter Frei, Prof. Dr. Katrin Hauenschild, Prof. Dr. Irene Pieper und Prof. Dr. Barbara Schmidt-Thieme (Forum Fachdidaktische Forschung) Prof. Dr. Karl-Heinz Arnold (Centrum für Bildungs- und Unterrichtsforschung) Prof. Dr. Peter Cloos (Kompetenzzentrum Frühe Kindheit Niedersachsen) Prof. Dr. Michael Corsten (Büro für sozial-, bildungs- und kulturwissenschaftliche Forschungsmethoden) Tagungsorganisation: Birgit Ziegenmeyer Universität Hildesheim Forum Fachdidaktische Forschung Marienburger Platz 22 D-31141 Hildesheim Tel.: +49 (0)5121 883-454 E-Mail: fachdidaktikuni-hildesheim.de Internet: www.uni-hildesheim.de/fallarbeit2011/

gefördert durch

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Impressum

Verantwortlich für den Inhalt Prof. Dr. Katrin Hauenschild, Birgit Ziegenmeyer Universität Hildesheim Forum Fachdidaktische Forschung Marienburger Platz 22 31141 Hildesheim

Satz und Layout Kati Buschmann, Birgit Ziegenmeyer

Foto auf der Titelseite © Universität Hildesheim

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Inhaltsverzeichnis

Grußwort ...................................................................................................................... 4 Beteiligte Einrichtungen der Stiftung Universität Hildesheim ........................................ 5 Profil der Stiftung Universität Hildesheim ..................................................................... 6 Allgemeine Hinweise und Raumübersicht .................................................................... 8 Tagungsprogramm ...................................................................................................... 9 Programmübersicht mit Vorträgen in den parallelen Panels ....................................... 10 Plenarvorträge - Abstracts ......................................................................................... 13 Podiumsdiskussion „Was der Fall ist“ mit interdisziplinärer Falldiskussion ................. 14 Vorträge in parallelen Panels – Abstracts .................................................................. 15

Panel 1 – Fallarbeit und Professionalisierung ................................................... 15

Panel 2 – Reflexion und Habitus ....................................................................... 18

Panel 3 – Fachdidaktik und Fallarbeit ............................................................... 21

Panel 4 – Fallarbeit und Lehr-Lern-Kontexte - entfällt - ................................... 23

Panel 5 – Fallarbeit und Professionalisierung ................................................... 25

Panel 6 – Fälle aus Literatur und Kunstpädagogik ............................................ 27

Panel 7 – Linguistische Unterrichtsforschung und Fallarbeit ............................. 28

Panel 8 – Fallarbeit und Lehr-Lern-Kontexte ..................................................... 30

Panel 9 – Fallarbeit und Professionalisierung (A) ............................................. 32

Panel 10 – Fallarbeit und Professionalisierung (B) ........................................... 35

Panel 11 – Fachdidaktik und Fallarbeit ............................................................. 38

Panel 12 – Fallarbeit und Lehr-Lern-Kontexte ................................................... 40

Personenverzeichnis.................................................................................................. 42

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Grußwort Sehr geehrte Tagungsgäste, liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir begrüßen Sie herzlich an der Universität Hildesheim zur interdisziplinären Tagung „Was der Fall ist“ - Fallarbeit in Bildungsforschung und Lehrerbildung.

Die Arbeit mit und an Fällen eröffnet in der hochschulischen Ausbildung vielfältige Zugänge für das forschende Lernen im Studium. Was der Fall ist und wie die Arbeit am Fall konzeptualisiert wird, ist in den verschiedenen Professionalisierungsbereichen der Bildungswissenschaften dennoch unterschiedlich bestimmt und abhängig von den jeweiligen Anwendungsfeldern und deren Zielsetzungen.

Welches Fallverständnis kann in Bezug auf unterschiedliche Handlungsfelder zugrunde gelegt werden? Mit welcher Zielsetzung werden Fälle konstruiert? Welche methodo-logischen Perspektiven auf die Konstruktion spezifischer Fälle und deren Analyse sind anzulegen? Wie wird Fallarbeit in unterschiedlichen Bereichen der hochschulischen Ausbildung konzeptualisiert? Welche Perspektiven auf die pädagogische Praxis er-öffnet der Zugang über Fallarbeit? Das sind die übergreifenden Fragestellungen der Tagung.

Die Plenarvorträge markieren Ausformungen sowie Chancen und Grenzen von Fallarbeit in Bildungsforschung und Lehrerbildung: Mit dem Eröffnungsvortrag von Prof. Dr. Jo Reichertz (Universität Duisburg-Essen) ist eine kritische Auseinandersetzung mit der sozialen Praxis beim Umgang mit Fallanalysen zu erwarten und Prof. Dr. Barbara Koch-Priewe (Universität Bielefeld) wird zum Auftakt des zweiten Tages eine wissens-psychologische Perspektive auf Fallarbeit zur Genese von Wissen und Können dar-legen. Prof. Dr. Andreas Wernet (Leibniz Universität Hannover) hat seinen Haupt-vortrag bedauerlicherweise kurzfristig absagen müssen.

In der Podiumsdiskussion mit PD Dr. Friederike Kern (Universität Hildesheim), Prof. Dr. Götz Krummheuer (Universität Frankfurt), Prof. Dr. Iris Nentwig-Gesemann (Alice Salomon Hochschule Berlin) und Prof. Dr. Matthias Schierz (Universität Bielefeld) werden auf Grundlage einer videografierten Unterrichtssequenz unterschiedliche Perspektiven darauf, was der Fall ist und wie er in der hochschulischen Ausbildung bearbeitet werden kann, in einen diskursiven Zusammenhang gebracht.

Die vielfältigen Beiträge in den parallelen Panels versprechen darüber hinaus an-regende Diskussionen für unterschiedliche pädagogische und didaktische Handlungs-felder. Die 30 Vorträge aus verschiedenen Forschungs- und Anwendungskontexten entfalten ein breites Spektrum: Neben grundlegenden Beiträgen zur professions-theoretischen Positionierung der Arbeit mit und an Fällen werden methodologische und forschungsmethodische Zugänge in den Forschungsfeldern Bildungs- und Unterrichts-forschung, Frühkindliche Bildung, Kindheitsforschung und Soziale Arbeit zur Dis-kussion gestellt. Bei den hochschuldidaktischen Vorträgen werden Möglichkeiten der didaktisch-methodischen Umsetzung von Fallarbeit vorgestellt, dabei werden u.a. Beiträge aus verschiedenen Fachdidaktiken angeboten.

Wir heißen Sie an der Universität Hildesheim herzlich willkommen und wünschen eine interessante und ertragreiche Tagung. Im Namen der Veranstalterinnen und Veranstalter

Prof. Dr. Katrin Hauenschild, Vorsitzende des Forum Fachdidaktische Forschung

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Beteiligte Einrichtungen der Stiftung Universität Hildesheim

Centrum für Bildungs- und Unterrichtsforschung (CeBU) Das CeBU unterstützt, institutionalisiert und fördert die Bildungs- und Unterrichts-forschung in den Fachgebieten der Stiftung Universität Hildesheim. Erweitert wird diese inneruniversitäre Kooperation durch die Zusammenarbeit mit Forschungszentren anderer Universitäten sowie anderen wissenschaftlichen Einrichtungen. Als Plattform für den disziplinübergreifenden Austausch und die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses dienen Fachtagungen, Kolloquien und Workshops. Im CeBU ist seit Ende 2008 das Promotionskolleg „Unterrichtsforschung“ angesiedelt.

Vorstand: Prof. Dr. Karl-Heinz Arnold (Vorsitzender), Prof. Dr. Norbert Grewe, Prof. Dr. Irene Pieper; Forschungskoordination: Dr. Britta Schmidt

Kontakt: [email protected] www.uni-hildesheim.de/de/cebu.htm

Forum Fachdidaktische Forschung Das Forum Fachdidaktische Forschung initiiert und vernetzt als interdisziplinär aus-gerichtetes Forschungszentrum der Stiftung Universität Hildesheim fachdidaktische Forschung mit dem Ziel, die Qualität von Forschung und Lehre in den Fachdidaktiken zu stärken und den Wissenstransfer sowohl zwischen den Fachdidaktiken als auch mit den Fach- und Bildungswissenschaften zu unterstützen. Die Förderung des wissen-schaftlichen Nachwuchses in den Fachdidaktiken ist ein zentrales Anliegen.

Vorstand: Prof. Dr. Peter Frei, Prof. Dr. Katrin Hauenschild (Vorsitzende), Prof. Dr. Irene Pieper, Prof. Dr. Barbara Schmidt-Thieme; Forschungskoordination: Birgit Ziegenmeyer

Kontakt: [email protected] www.uni-hildesheim.de/fachdidaktik

Kompetenzzentrum Frühe Kindheit Niedersachsen Das Kompetenzzentrum Frühe Kindheit Niedersachsen der Stiftung Universität Hildesheim hat sich die interdisziplinäre (Grundlagen-)Forschung zu Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern bis zehn Jahren zur Aufgabe gemacht. Es unterstützt die Professionalisierung der Fachkräfte und fördert den wissenschaftlichen Nachwuchs.

Sprecher: Prof. Dr. Peter Cloos; Geschäftsstelle: Iris Hofmann, M.A.

Kontakt: [email protected] www.fruehe-kindheit-niedersachen.de

Methodenbüro Das Büro für sozial-, bildungs- und kulturwissenschaftliche Forschungsmethoden ist eine interdisziplinär angelegte Einrichtung der Stiftung Universität Hildesheim. Zu seinen vorrangigen Aufgaben gehört die methodische Beratung und Unterstützung empirischer Forschungsarbeiten im Bereich der Bildungsforschung sowie die Weiterbildung in quantitativen und qualitativen Forschungsmethoden. Die vielfältigen Angebote, die hierzu bereitgestellt werden, richten sich an interessierte Studierende und Wissenschaftler/innen aller Fachbereiche der Stiftung Universität Hildesheim.

Leitung: Prof. Dr. Michael Corsten

Kontakt: [email protected] www.uni-hildesheim.de/methodenbuero

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Profil der Stiftung Universität Hildesheim

Stiftung Universität Hildesheim – Forschung und Lehre mit integrierter Praxis

Die Stiftung Universität Hildesheim zählte bei ihrer Stiftungsgründung im Jahr 2003 zu den ersten Stiftungsuniversitäten Deutschlands. 5700 Studierende, über 80 Professoren und Professorinnen sowie 363 künstlerische/wissenschaftliche Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter prägen heute den Campus. Als Profiluniversität mit klarer inhaltlicher Ausrichtung, als Stiftungsuniversität und als Studierendenuniversität konzentriert sich die Universität auf ausgewählte Wissenschaftsbereiche in Forschung und Lehre, Studium und Weiterbildung. Das Fächerspektrum findet sich in vier Fachbereichen organisiert: Erziehungs- und Sozialwissenschaften, Kulturwissen-schaften und Ästhetische Kommunikation, Sprach- und Informationswissenschaften sowie Mathematik, Naturwissenschaften, Wirtschaft und Informatik.

Fachbereichsübergreifende Zentren, Graduiertenkollegs und Stiftungsprofessuren stärken die wissenschaftliche Forschung. Studienkommissionen garantieren die Be-teiligung der Studierenden am Qualitätsmanagement und an der Weiterentwicklung von Studium und Lehre.

Lebenslanges Lernen

In den Erziehungswissenschaften zählt die Universität zu den forschungsstärksten Hochschulen Deutschlands. Mit dem Kompetenzzentrum „Frühe Kindheit Nieder-sachsen“, dem Forschungszentrum „Centrum für Bildungs- und Unterrichtsforschung“, dem „Forum Fachdidaktische Forschung“ und dem „Center for lifelong learning (cl³)“, neuen Professuren mit den Schwerpunkten „Neurobiologische Grundlagen des Lernens“, „Heterogenität und Unterricht“ und „Diversity Education“, sowie dem Weiter-bildungszentrum „Weiterbildung in Netzwerken (WiN)“ ist die Universität hervorragend aufgestellt.

Einzigartige Studiengänge

In den Erziehungs- und Sozialwissenschaften erfolgt unter anderem die Ausbildung für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen in einem polyvalenten 2-Fächer-Bachelorstudiengang und in den sich anschließenden Masterstudiengängen. Die Stiftungsuniversität hat die Internationalisierung des Lehramtsstudiums in Nieder-sachsen federführend mitgestaltet und dabei Hildesheimer Besonderheiten – wie die enge Kooperation mit Schulen – bewahrt. Das mehrfach als „hervorragend“ evaluierte „Hildesheimer Modell“ schließt schulpraktische Studien vom ersten Semester an ein und ist in Niedersachsen einzigartig. Der Kernbereich der Bildungswissenschaften zeichnet sich durch fachwissenschaftlich und -didaktisch orientierte Forschungstätigkeit aus.

Mit den Kulturwissenschaften hat sich die Stiftung Universität Hildesheim in der deutschen Hochschullandschaft einen Namen gemacht: Der Studiengang „Kultur-wissenschaften und ästhetische Praxis” führt Studierende aus dem ganzen Land nach Hildesheim auf die Domäne Marienburg. Auch hier ist die Verknüpfung von wissen-schaftlicher Lehre und künstlerischer Praxis das Signum dieses Studiengangs. In Projektsemestern können die Studierenden ihr theoretisches Wissen an der Praxis messen und überprüfen. Das „Institut für Kulturpolitik“ bietet flankierend Einblick in die „Kunst, Kultur zu ermöglichen“. Das Hildesheimer Konzept hat sich in der Studien- und Berufslandschaft erfolgreich etabliert – bester Beweis dafür sind die Absolventinnen und Absolventen, unter ihnen namhafte Regisseure und Regisseurinnen sowie Dramaturginnen und Dramaturgen, die sich in zahlreichen kulturellen Einrichtungen Deutschlands etablieren konnten.

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In den Informationswissenschaften erweitern die sehr nachgefragten Studiengänge „Internationale Kommunikation und Übersetzen“ und „Informationsmanagement und Informationstechnologie“ das Studienangebot.

Center for World Music

Im Sommer 2009 öffnete das „Center for World Music“ in der ehemaligen St. Timotheus-Kirche seine Türen und gewährt seitdem einen einzigartigen Einblick in eine Sammlung mit über 3500 Musikinstrumenten aus aller Welt, rund 50.000 Tonträgern und mehr als 10.000 Büchern zur Musikethnologie. In Zusammenarbeit mit der Hoch-schule für Musik und Theater Hannover und mit Unterstützung der Stiftung Nieder-sachsen wird der Öffentlichkeit damit eine für die Musikpädagogik und Musikethnologie einmalige Sammlung von herausragender Bedeutung präsentiert. Daneben hat sich das Center for World Music als ein Ort der Begegnungen, Konzerte, Filme und Vor-träge zum Thema Weltmusik etabliert. Heute steht das Center for World Music für musikethnologische Forschung und interkulturelle Musikvermittlung und leistet einen wesentlichen Beitrag zur Verständigung der Kulturen untereinander.

International aufgestellt

Nationale und internationale Institutionen, Unternehmen der Region und Schulen bilden das interkulturelle Netzwerk der Stiftung Universität Hildesheim. Partner-schaftlich ist die Stiftungsuniversität mit über 150 ausländischen Partnerhochschulen in 35 Ländern verbunden und unterhält insgesamt über 135 internationale wissenschaf-tliche Kooperationen. Sehr viele Studierende absolvieren Auslandsaufenthalte, ein hoher Anteil von ihnen erhält Erasmus-Stipendien. Bundesweit steht die Stiftung Uni-versität Hildesheim beim prozentualen Anteil der outgoing students nach wie vor mit an der Spitze. 2007 erhielt sie das Europäische Qualitätssiegel und 2010 wurde die Stiftungsuniversität Hildesheim als einzige in Deutschland bei einem EU-Wettbewerb für ihre ERASMUS-Erfolgsgeschichte ausgezeichnet. Mehr als 400 Austauschstudien-plätze stehen Hildesheimer Studierenden jährlich zur Verfügung.

Auf Wachstumskurs

Die Stiftungsuniversität steigert langfristig die Forschungs- und Lehrkapazitäten, verbessert die Betreuungssituation und baut Netzwerke mit Schulen, Kultur, Wirtschaft und Bürgergesellschaft aus. Für Hildesheim ist sie damit ein verlässlicher Partner, ein wesentlicher Garant für ein gesundes Wachstum und ein gewichtiger Wirtschafts- und Standortfaktor. In den Augen der Studierenden zählen die überschaubare Größe der Hochschule und das sich daraus ergebende persönliche Verhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden zu den besonderen Vorzügen der Stiftung Universität Hildesheim.

Zum Wintersemester 2010/11 konnte das erste von drei großen Bauprojekten fertiggestellt werden: der Bühler-Campus. Ergänzend zur energetischen Sanierung der alten Liegenschaft ist ein heller, moderner, vierstöckiger Anbau entstanden, der dem gesamten Gelände eine universitäre Erscheinung verleiht. Auf dem Bühler-Campus befindet sich nunmehr der gesamte Fachbereich 3, Sprach- und Informations-wissenschaften, – mit den Instituten für deutsche Sprache und Literatur, englische Sprache und Literatur, Informationswissenschaft und Sprachtechnologie, Interkulturelle Kommunikation, Übersetzungswissenschaft und Fachkommunikation – sowie das Institut für Sozial- und Organisationspädagogik des Fachbereichs 1. Die Bauarbeiten auf der Domäne Marienburg sollen 2011 beendet werden, der Baubeginn für den großen Neubau am Hauptcampus ist für 2012 angesetzt.

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Allgemeine Hinweise und Raumübersicht

Tagungsort Die Tagung findet in der Universität Hildesheim (Marienburger Platz 22, 31141 Hildesheim) statt. Die Wege zum Tagungsbüro im Foyer des Gebäudes H, zu den einzelnen Veranstaltungen in den Gebäuden G („G-Turm“) und H sowie zum Tagungs-café sind gut ausgeschildert. Anmeldung & Information im Tagungsbüro Die Anmeldung erfolgt ab 11.30 Uhr im Tagungsbüro, das sich im Eingangsbereich des Gebäudes H befindet. Dort erhalten Sie auch das gedruckte Programmheft. In dringen-den Fällen erreichen Sie das Tagungsteam während der Tagung unter 0177-5644251. Tagungscafé Das Tagungscafé befindet sich im Foyer des Gebäudes H. Dort warten Kaffee, Tee, Gebäck und Obst auf Sie. Rahmenprogramm Am Freitag, 21.01.2011, wird ab 19.45 Uhr für angemeldete Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Café Einstein, das sich in den Räumlichkeiten der Universität befindet, ein reichhaltiges Buffet angeboten. Am Samstag, 22.01.2011, können Sie ab 12.30 Uhr zum Tagungsausklang an einem Brunch im Foyer des Tagungscafés teilnehmen. Garderobe und Gepäckaufbewahrung Eine Garderobe befindet sich im Tagungscafé. Ihr Gepäck können Sie in Raum H004 gegenüber vom Tagungscafé zur Aufbewahrung abgeben. Für Wertsachen kann keine Haftung übernommen werden. Internet/WLAN Die Zugangsdaten für Ihren Gastzugang zum WLAN der Universität Hildesheim erhalten Sie im Tagungsbüro. Gerne unterstützen wir Sie bei der Einrichtung auf Ihrem Notebook. Öffentliche Verkehrsmittel & Taxi Fahrpläne der örtlichen Buslinien finden Sie bei der Information. Die örtliche Taxen-zentrale erreichen Sie unter der Telefonnummer: 05121/55555. Raumplan der Veranstaltungsräume in der Universität Hildesheim

Vortragsräume: Erdgeschoss: G007 2. Etage: G207, G209 3. Etage: G309

Eingang

Eingang

G-Turm

Café

H 010

Raum I 010 Hörsaal H2,

1.Etage

Anmeldung Foyer

J-Turm

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Tagungsprogramm

Freitag, 21. Januar 2011 ab 11:30 Anmeldung im Tagungsbüro (Gebäude H, Foyer im Erdgeschoss) 12:30 – 12:45 Eröffnung der Tagung (Gebäude H, Hörsaal H2)

Begrüßung durch die Tagungsleitung Grußworte des Vizepräsidenten für Lehre, Prof. Dr. Toni Tholen

12:45 – 13:45 Hauptvortrag (Gebäude H, Hörsaal H2) „Die Fallanalyse als soziale Praxis“ Prof. Dr. Jo Reichertz (Universität Duisburg-Essen)

13:45 – 14:00 Pause (Gebäude H, Foyer im Erdgeschoss) 14:00 – 16:00 Parallele Panels (jeweils drei Vorträge pro Panel)

Panel1 Fallarbeit und Professionalisierung

Panel 2 Reflexion und Habitus

Panel 3 Fachdidaktik und Fallarbeit

Panel 4 - entfällt – Fallarbeit und Lehr- Lern-Kontexte

16:00 – 16:15 Pause (Gebäude H, Foyer im Erdgeschoss) 16:15 – 17:35 Parallele Panels (jeweils zwei Vorträge pro Panel)

Panel 5 Fallarbeit und Professionalisierung

Panel 6 Fälle aus Literatur und Kunstpädagogik

Panel 7 Linguistische Unterrichts-forschung und Fallarbeit

Panel 8 Fallarbeit und Lehr- Lern- Kontexte

17:35 – 17:55 Pause (Gebäude H, Foyer im Erdgeschoss) 17:55 – 19:45 Podiumsdiskussion „Was der Fall ist“ mit interdisziplinärer

Falldiskussion (Gebäude H, Hörsaal H2) Kurzvorträge von: PD Dr. Friederike Kern (Universität Hildesheim) Prof. Dr. Götz Krummheuer (Universität Frankfurt) Prof. Dr. Iris Nentwig-Gesemann (Alice-Salomon Hochschule Berlin) Prof. Dr. Matthias Schierz (Universität Oldenburg) Moderation: Prof. Dr. Irene Pieper

ab 19:45 Geselliger Abend mit Buffet im Café Einstein Samstag, 22. Januar 2011 09:00 – 10:00 Hauptvortrag (Gebäude H, Hörsaal H2)

„Fallarbeit und LehrerInnenbildung: Die wissenspsychologische Perspektive auf die Genese von Wissen und Können“ Prof. Dr. Barbara Koch-Priewe (Universität Bielefeld)

10:00 – 10:15 Pause (Gebäude H, Foyer im Erdgeschoss) 10:15 – 12:15 Parallele Panels (jeweils drei Vorträge pro Panel)

Panel 9 Fallarbeit und Professionalisierung (A)

Panel 10 Fallarbeit und Professionali-sierung (B)

Panel 11 Fachdidaktik und Fallarbeit

Panel 12 Fallarbeit und Lehr-Lern-Kontexte

12:15 – 12:30 Critical Friends: Peer Review (Gebäude H, Foyer im Erdgeschoss) 12:30 – 13:00 Tagungsausklang mit Brunch (Gebäude H, Foyer im Erdgeschoss)

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Programmübersicht mit Vorträgen in den parallelen Panels Freitag, 21. Januar 2011 ab 11:30 Anmeldung im Tagungsbüro (Gebäude H, Foyer im Erdgeschoss) 12:30 – 12:45 Eröffnung der Tagung (Gebäude H, Hörsaal H2)

Begrüßung durch die Tagungsleitung, Prof. Dr. Katrin Hauenschild und Grußwort des Vizepräsidenten für Lehre, Prof. Dr. Toni Tholen 12:45 – 13:45 Hauptvortrag (Gebäude H, Hörsaal H2), Moderation: Prof. Dr. Peter Frei

Prof. Dr. Jo Reichertz (Universität Duisburg-Essen): „Die Fallanalyse als soziale Praxis“ 13:45 – 14:00 Pause (Gebäude H, Foyer im Erdgeschoss) 14:00 – 16:00 Parallele Panels (jeweils drei Vorträge pro Panel)

Panel 1 Fallarbeit und Professionalisierung

Panel 2 Reflexion und Habitus

Panel 3 Fachdidaktik und Fallarbeit

Panel 4 – Panel entfällt – Fallarbeit und Lehr- Lern-Kontexte

Moderation: Prof. Dr. Peter Frei

Moderation: Prof. Dr. Michael Corsten

Moderation: Prof. Dr. Irene Pieper

Raum: G007 Raum: G209 Raum: G207 F. Heinzel/S. Alexi/U. Marini: A. König/C. Kühn/J. Pollert: I. Lindow/T. Münch: C. Rönz: – Vortrag entfällt – Realfall oder Papierfall? Zwei Konzepte der Umsetzung von Fallarbeit in der Hochschulaus-bildung im Vergleich

‚Video-Fall‘-Methode als Möglichkeit einen ‚forschenden Habitus‘ und eine ‚reflektierte Haltung‘ bei Professionellen in der Früh-/Elementarpädagogik zu begründen

Ein Fall für’s Seminar: Kasuistisches Wissen von Deutschlehrenden und Lehramtsstudierenden

Lehramtsstudierende arbeiten „am Fall“ eines Kindes – ein Beitrag zur Professionalisierung zukünftiger Lehrerinnen und Lehrer

R. Messmer: S. Wemme: C. Bräuer: S. Hess: – Vortrag entfällt – Denken Lehrer anders als Didaktiker schreiben?

Wissenschaftlicher Habitus von angehenden Sportlehrkräften – Eine Untersuchung zu Bildungs-biographien von Lehramtsstudie-renden im Fach Sport

Didaktische Entscheidungen im Schreibunterricht am Beispiel der Inhaltsangabe

Befähigung zur Zusammenarbeit mit Eltern – Didaktisch-methodischer Ansatz in einem forschungsorientierten Seminar

T. Pflugmacher: E. Kurth-Buchholz: D. Scherf: N. Brauch/J. Kruse: – Vortrag entfällt – Möglichkeiten und Grenzen der Fallarbeit in der Deutschlehrer-ausbildung. Hochschuldidaktische und professionstheoretische Überlegungen.

Vorstellung eines Konzepts zur didaktisch-methodischen Gestal-tung sowie zur Evaluation von Fallseminaren innerhalb der Lehrerausbildung an der TU Braunschweig

Fallarbeit trifft Fachdidaktik: Professionalisierung von Leseförderung und lesedidaktische Wissensangebote

„Doch der erste Blick trügt…“ Pilotstudie zur Passung von Lehrerprofessionalität und Habitus in der Lehrerbildung

16:00 – 16:15 Pause (Gebäude H, Foyer im Erdgeschoss)

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16:15 – 17:35 Parallele Panels (jeweils zwei Vorträge pro Panel) Panel 5 Fallarbeit und Professionalisierung

Panel 6 Fälle aus Literatur und Kunstpädagogik

Panel 7 Linguistische Unterrichts-forschung und Fallarbeit

Panel 8 Fallarbeit und Lehr-Lern-Kontexte

Moderation: Prof. Dr. Katrin Hauenschild

Moderation: Prof. Dr. Stefani Brusberg-Kiermeier

Moderation: Prof. Dr. Friedrich Lenz

Moderation: Prof. Dr. Karl-Heinz Arnold

Raum: G007 Raum: G209 Raum: G207 Raum: G309

K. Reiber: H. Spann: O. Jäkel: E. Steiner: „Gesundheit“ lehren und lernen – Fallarbeit und hochschul- und berufsfelddidaktischer Perspektive

Wenn englische Literatur zum Fall wird – Eine Studie zur kasuistischen Verwendung literarischer Texte in der Lehramtsausbildung von Englischstudierenden an der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich

Unterrichtsanalyse anhand des Flensburg English Classroom Corpus (FLECC)

Fallarbeit als Initiation in wissenschaftliches Arbeiten und als Einführung in theoriegestützte Praxisreflexion

A. Turner: U. Teske/C. Knoll: G. Schwab: A. Kraus:

„Der Blick auf den eigenen Fall“ – Reflexion aus psychoanalytisch-pädagogischer Sicht in der pädagogischen Praxis und Lehrerfortbildung

Der Fall Walter – historisch-pädagogische Studie zu einem Zeichenbuch aus dem ersten Weltkrieg

LID – Lehrerprofessionalisierung im Diskurs

Beforschen, was `auch´ der Fall ist

17:35 – 17:55 Pause (Gebäude H, Foyer im Erdgeschoss) 17:55 – 19:45 Podiumsdiskussion „Was der Fall ist“ mit interdisziplinärer Falldiskussion (Gebäude H, Hörsaal H2)

Kurzvorträge von: PD Dr. Friederike Kern (Universität Hildesheim) Prof. Dr. Götz Krummheuer (Universität Frankfurt) Prof. Dr. Iris Nentwig-Gesemann (Alice-Salomon Hochschule Berlin) Prof. Dr. Matthias Schierz (Universität Oldenburg) Moderation: Prof. Dr. Irene Pieper

ab 19:45 Geselliger Abend mit Buffet im Café Einstein

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Fortsetzung der Programmübersicht Samstag, 22. Januar 2011 09:00 – 10:00 Hauptvortrag (Gebäude H, Hörsaal H2), Moderation: Prof. Dr. Karl-Heinz Arnold

Prof. Dr. Barbara Koch-Priewe (Universität Bielefeld): „Fallarbeit und LehrerInnenbildung: Die wissenspsychologische Perspektive auf die Genese von Wissen und Können“

10:00 – 10:15 Pause (Gebäude H, Foyer im Erdgeschoss) 10:15 – 12:15 Parallele Panels (jeweils drei Vorträge pro Panel)

Panel 9 Fallarbeit und Professionalisierung (A)

Panel 10 Fallarbeit und Professionalisierung (B)

Panel 11 Fachdidaktik und Fallarbeit

Panel 12 Fallarbeit und Lehr-Lern-Kontexte

Moderation: Prof. Dr. Peter Frei

Moderation: Prof. Dr. Peter Cloos

Moderation: Prof. Dr. Anke Meisert

Moderation: Steffen Albach

Raum: G007 Raum: G207 Raum: G209 Raum: G309

K. Rabenstein/S. Reh/T. Idel: I. Nentwig-Gesemann: F. Siebel/K. Lengnink: M. Datler:

Pädagogische Ordnungen als Fall. Professionalisierung aus praxistheoretischer Sicht

Die pädagogische Beziehung als Fall – Fallbezogene Prozessrekonstruktion als wesentlicher Zugang zum frühpädagogischen Handeln

„Die Kinder hatten Spaß – aber gelernt haben sie nichts“ – Über die Perspektiven auf Mathematiklernen

Möglichkeiten, Grenzen und Gewinn beim „Arbeiten am Fall“ in der LehrerInnenbildung

J. Eisenstein/T. Graff/ B. Ziegenmeyer:

W. Datler: Fallreflexion, Objektive Hermeneutik und die Persistenz praxisleitender Momente: Ein kritischer Beitrag zum Verhältnis von kasuistischer Rekonstruktion und Professionalisierung

C. Meyer/A. L. Harnau/J. Holland: Forschendes Lernen in der Lehramtsausbildung: Ein Erfahrungsbericht zur Erforschung der professionellen Kompetenz von Lehrkräften

N. Hover-Reisner/M. Fürstaller/ A. Funder:

Fachdidaktisch orientierte Fallarbeit in der Lehrerbildung: Gegenstand und Perspektiven

„Work Discussion“ nach dem Tavistock-Konzept als Methode der Fallarbeit im Dienste der Professionalisierung in frühpädagogischen Berufsfeldern

I. Lüsebrink/E. Grimminger: L. Makrinus: R. Merkel/A. Upmeier zu Belzen: R. Marx: Fallorientierte Lehrer/innenausbildung evaluieren – Überlegungen zur Modellierung reflexiver Kompetenz

Qualitative Einblicke in die Relationierung von Theorie und Praxis

Einsatz der Fallmethode zur Förderung des vernetzten Denkens im Master of Education in der Didaktik der Biologie

Fallstricke der Fallarbeit. Oder: Ein Fall ist ein Fall, ist ein Fall, ist ein Fall …

12:15 – 12:30 Critical Friends: Peer Review (Gebäude H, Foyer im Erdgeschoss) 12:30 – 13:00 Tagungsausklang mit Brunch (Gebäude H, Foyer im Erdgeschoss)

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Plenarvorträge – Abstracts

Freitag, 21.01.2011, 12:45 – 13:45 Uhr, Hörsaal H2

Prof. Dr. Jo Reichertz (Universität Duisburg-Essen)

Die Fallanalyse als soziale Praxis

Jede Fallanalyse ist nicht nur ein bestimmtes methodisches Vorgehen bei der Datenerhebung und Datenauswertung, sondern jede Fallanalyse ist immer auch eine soziale Praxis, mit den analysierten Subjekten umzugehen und sich selbst im jeweiligen Feld zu positionieren. In dem geplanten Vortrag geht es vor allem um die Fallanalyse als soziale Praxis, also um die Diskussion der Fragen: Was machen Lehrer eigentlich, wenn sie kollaborativ eine Fallanalyse erzeugen? Und: Was bedeutet es, eine Fallanalyse zu produzieren? Es geht also letztlich um das Verstehen des fallanalytischen Verstehens.

Samstag, 22.01.2011, 9:00 – 10:00 Uhr, Hörsaal H2

Prof. Dr. Barbara Koch-Priewe (Universität Bielefeld)

Fallarbeit und LehrerInnenbildung: Die wissenspsychologische Perspektive auf die Genese von Wissen und Können

LehrerInnenbildung ist schon länger mit Fallarbeit verknüpft; zuweilen wird mit Fallvignetten gearbeitet; andernorts werden Lehramtsstudierende in forschendes Lernen eingeführt, gelegentlich orientiert man sich auch am Konzept des problem-based-learning. Der Vortrag stellt einige dieser Ansätze dar und betrachtet die Fallarbeit vor allem aus der wissenspsychologischen Perspektive. Zentrale Begriffe des Ansatzes, der auch als Novizen-Experten-Forschung bekannt ist, sind hierbei die Dimensionen Wissen und Können. Anhand dieser Kategorien lassen sich Wahrnehmungs- und Handlungsmuster der Novizen von denen der Experten unterscheiden. Das in der Ausbildung erworbene Wissen der Lehramtsstudierenden wird nach diesem Ansatz nicht in Können überführt, das heißt, in schulpraktischen Situationen angewendet. ExpertenlehrerInnen beziehen sich in ihrer Wahrnehmung von SchülerInnen eher nicht auf Kategorien, die die Wissen-schaft bereitgestellt hat (z.B. die Niveaustufen der Intelligenzentwicklung von Piaget). Im Unterschied dazu speichern sie bedeutungsvolle Situationen, in denen sie selbst gehandelt und die sie dann typisiert haben. Sie generieren ein neues, eigenes „Fallwissen“. In diesem Wissen ist auch das eigene Können repräsentiert, nämlich wie man in der konkreten Situation (erfolgreich) gehandelt hat. Eine neue Situation im Unterricht wird aus diesem Fallwissen heraus gesehen, und es wird so gehandelt, wie es sich in früheren Situationen als erfolgreich erwiesen hat. Bei sehr hoch qualifizierten LehrerInnen, also ExpertenlehrerInnen, ist das so entstandene „Fallrepertoire“ außer-ordentlich reich. Das routinierte Umgehen mit Neuem gelingt ihnen durch das selbständige Generieren neuer Fälle. Die Orientierung an diesem Ansatz zieht beträchtliche Konsequenzen für hochschul-didaktische Lehr-Lernarrangements und schulpraktische Studien nach sich.

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Podiumsdiskussion „Was der Fall ist“ mit interdisziplinärer Falldiskussion

Freitag, 21.01.2011, 17:55 – 19:45 Uhr, Hörsaal H2 Teilnehmende PD Dr. Friederike Kern (Universität Hildesheim) Prof. Dr. Götz Krummheuer (Universität Frankfurt) Prof. Dr. Iris Nentwig-Gesemann (Alice Salomon Hochschule Berlin) Prof. Dr. Matthias Schierz (Universität Oldenburg) Moderation Prof. Dr. Irene Pieper (Universität Hildesheim) Inhalt Das Podium „Was der Fall ist“ stellt verschiedene Auslegungen einer videografierten unterrichtlichen Situation zur Diskussion. In ihren Kurzvorträgen bieten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zunächst Fallauslegungen an. Sie konturieren dabei Problemstellungen aus je unterschiedlichen Perspektiven (z.B. allgemeindidaktisch, fachdidaktisch, kasuistisch) und mithilfe unterschiedlicher methodischer Zugänge (z.B. über dokumentarische Methode, Grounded Theory, Gesprächsanalyse, key-incident-analysis). Die verschiedenen Zugänge möchten wir anschließend kontrovers und/oder

einvernehmlich, jedenfalls im Sinne eines Erkenntnisgewinns und pointiert, diskutieren. Als Material wurde eine Sequenz ausgewählt, die im Mathematik-unterricht einer 8. Klasse Real-schule aufgezeichnet wurde. Der 9-minütige Ausschnitt wird zu Beginn der Podiumsdiskussion präsentiert.

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Vorträge in parallelen Panels – Abstracts

Panel 1 – Fallarbeit und Professionalisierung

Freitag, 21.01.2011, 14:00 – 16:00 Uhr Raum: G007 Moderation: Prof. Dr. Peter Frei

Abstracts zu den Vorträgen in Panel 1

14:00 – 14:40 Uhr

Prof. Dr. Friederike Heinzel, Sarah Alexi, Uta Marini (Universität Kassel)

Realfall oder Papierfall? Zwei Konzepte der Umsetzung von Fallarbeit in der Hochschulausbildung im Vergleich

An der Universität Kassel wird Fallarbeit sowohl im bereits seit Anfang der 1990er Jahre bestehenden „Projekt K – Kasseler Schülerhilfeprojekt“ (Modell 1) als auch in Fall-seminaren, die mit dem Online-Fallarchiv Schulpädagogik arbeiten (Modell 2), realisiert. Beim Modell 1 handelt es sich um ein Mentoring- und Service-Learning-Projekt; Studentinnen und Studenten übernehmen Patenschaften für Kinder und werden von der Universität im Rahmen eines Seminars und durch Supervision begleitet. Beim Modell 2 werden Transkriptionen, Beobachtungsprotokolle oder Dokumente, die in Textform vorliegen, mit Hilfe von Fallbesprechungen und sozialwissenschaftlichen Forschungsmethoden interpretiert. Hier geht es um die rekonstruierende Interpretation pädagogischer Fälle. Beide Konzepte verstehen „Fallarbeit“ in der pädagogischen Ausbildung als die Konfrontation mit einzelnen „Fällen“, wie die Praxis sie bietet. Das Ziel besteht jeweils in der Ausbildung von Fähigkeiten zur Deutung oder „Diagnose“ einer pädagogischen Situation und von Reflexivität. Wobei eine reflexive Haltung der eigenen Berufstätigkeit – im Sinne der Professionsforschung – als Charakteristikum von Professionalität verstanden wird. Zudem nehmen beide Konzepte für sich in Anspruch, dass Wissen über einen „forschenden“ Zugang zum Gegenstand erworben werden kann und praktisches (routiniertes) Können an Fällen, Episoden und Skripts gebunden ist. Beide Modelle werfen unterschiedliche Möglichkeiten und Probleme auf, wenn danach gefragt wird, wie in der Ausbildung eine Einführung in Ansätze zum Generieren neuen Wissens durch Fallarbeit möglich sein soll und wie Studierende Erfahrungen mit der ins pädagogische Handeln eingelassenen Forschungstätigkeit machen können. Mit der Fallarbeit angestrebte Fähigkeiten, wie Perspektivendezentrierung, Fallbeobachtung und -analyse werden hier in unterschiedlicher Weise erzeugt und gefördert. http://www.uni-kassel.de/fb1/Projekt-K/ und http://www.fallarchiv.uni-kassel.de/ Literatur zu beiden Konzepten: Garlichs, Ariane (2007): Auf dem Weg zum Kasseler Schülerhilfeprojekt. In: Heinzel, Friederike/Garlichs, Ariane/Pietsch, Susanne (Hrsg.): Lernbegleitung und Patenschaften. Reflexive Fallarbeit in der Lehrerausbildung. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 21-31. Heinzel, Friederike/Marini, Uta (2009): Forschendes Lernen mit dem Online-Fallarchiv Schulpädagogik an der Universität Kassel. In: Roters, Bianca u.a. (Hrsg.): Forschendes Lernen im Lehramtsstudium. Hochschuldidaktik, Professionalisierung, Kompetenzentwicklung. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 126-141. Pietsch, Susanne (2009): Begleiten und begleitet werden. Praxisnahe Fallarbeit. Ein Beitrag zur Professionalisierung in der Lehrerbildung. Kassel: university press.

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14:40 – 15:20 Uhr

Prof. Dr. Roland Messmer (Fachhochschule Nordwestschweiz Pädagogische Hochschule)

Denken Lehrer anders als Didaktiker schreiben?

Ausgehend von der Unterscheidung zwischen paradigmatischem und narrativem Denken, folgt die Untersuchung der Idee, dass Erzählen und Unterrichten in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen. In den Interviews der untersuchten Lehrpersonen konnten durch eine mehrdimensionale Typenbildung vier Denkmuster ausdifferenziert werden. Eine, im Anschluss an diese empirische Analyse erfolgte, narrative Textanalyse zeigt, dass sich die ausdifferenzierten Denkmuster auch auf die Strukturen unterschiedlicher theoretischer und didaktischer Texte übertragen lassen. Die hier unterschiedenen Les-arten der Texte weisen allerdings auf eine den Denkmustern der Lehrpersonen entgegen-gesetzte Wirksamkeit hin. Während Lehrpersonen in ihren Alltagshandlungen mehrheitlich einem narrativen-induktiven Denkmuster folgen, beschreiben Didaktiker »ihren« Unterricht meist paradigmatisch und folgen damit textanalytisch einer deduktiven Denkrichtung. Die Untersuchung widerspricht damit der gängigen These im Professionalisierungsdiskurs der Lehrerbildung, dass die Performanz der Lehreraus- und -weiterbildung grundsätzlich durch Fallarbeit und Fallbeispiele verbessert werden kann. Nur im narrativen Gang von Geschichte zu Geschichte lassen sich Wirkungen auf die Handlungsweise von Lehrpersonen nachweisen. Die Strukturen von kasuistischen Texten weisen in der Regel aber auf einen diesem Denkprozess widersprechenden paradig-matischen Denkmodus hin. Im Beitrag werden – an Beispielen aus der Sportpädagogik – diese Differenzen und Zusammenhänge exemplarisch dargestellt.

15:20 – 16:00 Uhr

Prof. Dr. Torsten Pflugmacher (Johannes Gutenberg-Universität Mainz)

Möglichkeiten und Grenzen der Fallarbeit in der Deutschlehrerausbildung. Hochschuldidaktische und professionstheoretische Überlegungen

Fallarbeit ist in der Ausbildung von Deutschlehrenden weitgehend unbekannt, wenn man von ad-hoc-Analysen des von Studierenden gehaltenen Unterrichts absieht. Dies liegt an fehlender Ausbildung in empirischen Forschungsmethoden in der Fachdidaktik, an der Durchführung von Lehrveranstaltungen durch Schullehrer, die primär Handlungswissen vermitteln wollen, an einem traditionell konstruierend-planenden Verständnis von Fach-didaktik bei Lehrenden und Studierenden, an fehlendem Wissen, wo man auf Fallmaterial zugreifen kann. Mit der sequenzanalytisch-rekonstruierenden Fallanalyse wird ein Blick auf Deutsch-unterricht eingeübt, der Irritationen über den Verlauf von Vermittlungs- und Aneignungs-prozessen stiftet, während angehende Deutschlehrende eher Sicherheit suchen und Anleitung wünschen. Die doppelte Statuspassage „Schüler – wissenschaftlicher Habitus – Lehrer“ wird oftmals verkürzt: Der distanzierende Blick des Wissenschaftlers wird nicht übernommen. Vermeidung von Irritation kann zur Verwechslung von Fragwürdigem als scheinbar Normalem führen und deprofessionalisieren. Hochschuldidaktisch lässt sich dem durch die kasuistische Herausarbeitung von exemplarischen Schlüsselproblemen der Literaturvermittlung begegnen. Im Beitrag wird daher für eine literaturdidaktische Kasuistik argumentiert, die stärker als die schulpädagogische den thematisierten literarischen Gegenstand und damit auf Bildungsprozesse fokussiert:

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Wie inszeniert der Lehrer Aneignung und wie geht er mit den Verstehensversuchen seiner Schüler um? Welchen fachspezifischen Dilemmata unterliegt er dabei? Hochschul-didaktisch ist dann fraglich, wie Fallarbeit zur Professionalisierung neben bzw. verwoben mit der Vermittlung fachdidaktischer Expertise, eingesetzt werden kann. Nicht nur curriculare Einschränkungen müssen berücksichtigt werden (Kasuistik vor/nach dem Praktikum; Rekonstruktion vor/nach Konstruktion, konstruktive oder rekonstruktive Abschlussarbeiten). Soll man an eigenem oder fremdem Material arbeiten? Braucht man Videographie? Geht es um Theoriebildung am Fall oder eher um die Prüfung naiv übernommener Unterrichtstheorien am Fall? Welche Unterrichtsformen lassen sich sequentiell analysieren und welche nicht? Auch professionstheoretisch ist zu fragen welche Didaktisierung von Fallarbeit mit dem Konzept „Forschendes Lernen“ kombinierbar ist, das immer wieder mit Professio-nalisierungsansätzen stark gemacht wird.

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Panel 2 – Reflexion und Habitus

Freitag, 21.01.2011, 14:00 – 16:00 Uhr Raum: G209 Moderation: Prof. Dr. Michael Corsten

Abstracts zu den Vorträgen in Panel 2

14:00 – 14:40 Uhr

Prof. Dr. Anke König (Universität Vechta), Corinna Kühn (Universität Vechta), Janine Pollert (TU Dortmund)

‚Video-Fall‘-Methode als Möglichkeit einen ‚forschenden Habitus‘ und eine ‚reflektierte Haltung‘ bei Professionellen in der Früh-/Elementarpädagogik zu begründen

In der Ausbildung der ErzieherInnen auf Hochschulebene wird in den letzten Jahren der ‚forschende Habitus‘ sowie eine ‚reflektierte Haltung‘ als Schlüssel betrachtet, um pädagogische Qualität im Handlungsfeld aufzubauen (vgl. Jaeckle 2010). Durch den forschenden Habitus sollen sich die Studierenden offen und neugierig dem Fremden sowie auch dem ‚fraglos Funktionierenden‘ nähern, Perspektivwechsel vornehmen und sich in ein reflexives Verhältnis zu sich selbst und der sozialen Situation setzen können (vgl. Nentwig-Gesemann 2006, vgl. Robert Bosch Stiftung 2008). Das Eintreten in ein reflexives Zwiegespräch mit der Situation ist keine Alltagskompetenz, sondern muss habitualisiert werden (vgl. Nentwig-Gesemann 2008). Großteils ungeklärt ist dabei, wie diese Kompetenzen angebahnt werden können. Die ‚Video-Fall‘-Methode bietet eine Möglichkeit einen Zugang zur Komplexität des pädagogischen Alltags zu schaffen (Krammer/Reusser 2005). Durch diese Methode wird ein sogenanntes Reflexionsfenster eröffnet, an dem die subjektiven Wahrnehmungen gespiegelt werden können und auch das ‚fraglos Funktionierende‘ hinterfragt werden kann. Die Chance der Methode liegt darin, das eigene Handeln aus der Distanz heraus zu betrachten und eine gemeinsame Sprache über pädagogische Prozesse aufzubauen. Ein ‚forschender Habitus‘ bzw. eine Haltung, die durch Offenheit und Neugierde geprägt ist, gelten dabei, wie in der konkreten beruflichen Praxis, als Ausgangspunkt, um sich dem Subjekt und den daran geknüpften Interaktionen sensibel zu nähern. Diese hier in der Hochschulausbildung angebahnte Grundhaltung gilt als Basis für den Aufbau der beruflichen Professionalität. Mit dem hier vorgelegten Ansatz soll ein Beitrag zum forschenden Lernen in der Hoch-schulausbildung vorgestellt werden, dabei wird insbesondere Stellung genommen zum Aufbau eines ‚forschenden Habitus‘ mittels der ‚Video-Fall‘-Methode. Literatur: Jaeckle, S. (2010): Managing Yourself and Your Learning. In: Bruce, Tina (Ed.): Early Childhood. London: Sage, S. 1-10. Krammer, K./Reusser, K: (2008): Unterrichtsvideos als Medium der Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen. Beiträge zur Lehrerbildung, 23/1, 35-50. Nentwig-Gesemann, I. (2006): Erzieherinnenausbildung an der Hochschule. In: Theorie und Praxis der Sozialpädagogik. H. 5/6, S. 46-49. Robert Bosch Stiftung (2008): Frühpädagogik Studieren - ein Orientierungsrahmen für Hochschulen. Stuttgart. URL: http://www.profis-in-kitas.de/fruepaedagogik%20studieren/orientierungsrahmen-druckversion.pdf (Stand 18.08.2010), S. 1-204.

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14:40 – 15:20 Uhr

Sina Wemme (Universität Hildesheim)

Wissenschaftlicher Habitus von angehenden Sportlehrkräften – Eine Untersuchung zu Bildungsbiographien von Lehramtsstudierenden im Fach Sport

Von der Schule in die Universität und wieder zurück zur Schule. Die Anforderungen eines Studiums stellen insbesondere Lehramtsstudierende vor Entwicklungsprozesse, die es gemäß ihrer Sozialisation ins Feld des Studiums zu meistern, zu bewältigen oder auch abzulehnen gilt. In der Studie „Wissenschaftlicher Habitus von angehenden Sportlehrkräften‘“ soll die bildungsspezifische Sozialisation von Sportstudierenden auf der Folie einer Theorie des wissenschaftlichen Habitus untersucht werden. Den Fokus stellt hierbei insbesondere die Auseinandersetzung bzw. (Fall-)Arbeit von Studierenden mit Videomaterial dar. Die Bedeutung der kritisch-reflexiven Auseinandersetzung mit Schule und Unterricht wird für die Lehrerbildung seit längerem ausdrücklich betont (vgl. Beck & Scholz 1997; Ohlhaver & Wernet 1999). Des Weiteren sind Ansätze zur Theorie eines wissenschaftlichen Habitus seit geraumer Zeit in einschlägiger Literatur verankert – insbesondere im Rahmen von Professions- und Professionalitätstheorien – und finden sich auch im Kontext von Lehrerbildung und sportwissenschaftlichen Fragestellungen wieder (vgl. Oevermann 1996; Blömeke 2001; Beck et al. 2000; Lüsebrink 2007; Schierz et al. 2006). Die Frage, inwiefern universitäre Lehrerbildung die Entwicklung eines wissenschaftlichen Habitus anzubahnen vermag, steht in dieser Studie im Mittelpunkt. Es bildet sich somit die Fragestellung heraus, welche Habitusformen Studierende zu Anfang und zum Ende des Lehramtsstudiums Sport bestimmen. Des Weiteren ist von Interesse, inwiefern sich bei Sportlehramtsstudierenden eine Form des wissenschaftlichen Habitus anhand der Sozialisation ins wissenschaftliche Feld des Sportstudiums entwickelt. In der Untersuchung ist speziell das Moment einer reflexiv-distanzierten, forschend-offenen Haltung als wesentliches Merkmal eines wissenschaftlichen Habitus von Bedeutung. Dieses, so die Annahme, zeigt sich im Umgang mit dem zukünftigen Handlungsfeld. Aus diesem Grund wird den Studierenden im Rahmen von Interviews und Gruppendis-kussionen videographierter Sportunterricht gezeigt. Von Interesse ist daran anknüpfend, inwiefern bei der Reaktion auf das Video wissenschaftlich und (fall-) analytisch vorgegan-gen wird und welche zugrunde liegenden Erfahrungen, Wertvorstellungen und Orien-tierungsmuster, die das Handeln in dieser Situation beeinflussen, zu rekonstruieren sind.

15:20 – 16:00 Uhr

Dr. Elke Kurth-Buchholz (TU Braunschweig)

Vorstellung eines Konzepts zur didaktisch-methodischen Gestaltung sowie zur Evaluation von Fallseminaren innerhalb der Lehrerausbildung an der TU Braunschweig

Im Sommersemester 2011 werden an der TU Braunschweig Fallseminare innerhalb der BA-Ausbildung von Lehramtsstudenten angeboten. Vorrangiges Ziel dieser Seminare ist es, die Reflexionskompetenz von Lehramtsstudierenden zu fördern. Unter Reflexionskompetenz verstehen wir dabei in Anlehnung an Leonhard et. al. (2010) die „Fähigkeit, in der Vergegenwärtigung typischer Situationen des schulischen Alltags durch aktive Distanzierung eine eigene Bewertung und Haltung sowie Handlungs-perspektiven auf der Basis eigener Erfahrung in Auseinandersetzung mit wissen-schaftlichen Wissensbeständen argumentativ zu entwickeln und zu artikulieren.“ (ebd., S. 114).

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Nach dieser Definition stellt Reflexionskompetenz vier Anforderungen an die reflektierende Person: - Kognitive Leistungsfähigkeiten - Artikulationsfähigkeit - Theoretisches Wissen - eigene Erfahrungen. Aufgrund dieser Anforderungen erfährt ein Fallseminar eine deutliche Ausrichtung: Es muss theoretische Inhalte vermitteln und diese in der Fallinterpretation anwenden. Fälle und wissenschaftliche Theorien müssen sich demzufolge aufeinander beziehen. Zusätzlich müssen Studierende Interpretationsmethoden an die Hand bekommen und deren Anwendung üben, wozu auch die Verschriftlichung von Interpretationsergebnissen gehört. Forschungsmethodisch ließe sich an dieser Stelle der Einwand formulieren, dass die Vermittlung von theoretischem Wissen immer die Interpretation eines Falles be-einflusst. Hierauf muss erwidert werden, dass das Ziel eines Fallseminars für Lehramts-studierende nicht das ausschließliche Vermitteln einer Forschungsmethode sein muss. Im Mittelpunkt stehen vielmehr zwei Ziele: 1. Die Vermittlung theoretischen Wissens anhand protokollierter schulischer Realität. Damit sind die Hoffnungen verbunden, dass theoretisches Wissen kognitiv stärker durchdrungen und somit kompetent – im Sinne des oben erläuterten Kompetenzbegriffs – und nicht nur repetitiv angewendet werden kann. 2. Die Förderung der Reflexionskompetenz von Lehramtsstudierenden, indem Fälle schulischen Alltags auf Handlungsbedingungen sowie -alternativen hin analysiert werden. Im Vortrag sollen neben dem Evaluationsdesign zur Überprüfung der Zielerreichung auch die didaktisch-methodische Gestaltung der Fallseminare vorgestellt sowie theoretisch begründet werden. Dabei hoffe ich auf eine anregende Diskussion hinsichtlich dieser beiden Inhaltspunkte. Denn wertvolle Hinweise und Überlegungen werden von mir gerne in die Konzeption aufgenommen. Literatur: Leonhard, T./Nagel, N./Rihm, T./Strittmatter-Haubold, V./Wengert-Richter, P. (2010): Zur Entwicklung von Reflexionskompetenz bei Lehramtsstudierenden, In: Gehrmann, A./Hericks, U./Lüders, M. (Hrsg.): Bildungsstandards und Kompetenzmodelle. Beiträge zu einer aktuellen Diskussion über Schule, Lehrerbildung und Unterricht, Klinkhardt, Bad Heilbrunn.

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Panel 3 – Fachdidaktik und Fallarbeit

Freitag, 21.01.2011, 14:00 – 16:00 Uhr Raum: G207 Moderation: Prof. Dr. Irene Pieper

Abstracts zu den Vorträgen in Panel 3

14:00 – 14:40 Uhr

Ina Lindow, Tanja Münch (Humboldt-Universität zu Berlin)

Ein Fall für’s Seminar: Kasuistisches Wissen von Deutschlehrenden und Lehramtsstudierenden

Der Beitrag zeichnet zunächst das Potential des im Rahmen narrativer Interviews erhobenen und mit der dokumentarischen Methode ausgewerteten kasuistischen Wissens von Deutschlehrenden für eine fachdidaktische Fallarbeit exemplarisch nach und präsentiert sowie reflektiert im Anschluss Erfahrungen aus der methodisch-curricularen Implementierung einer derartigen Fallarbeit in das schulpraktische Modul der Fachdidaktik Deutsch an der Berliner Humboldt-Universität. Kasuistisches Wissen, verstanden als ein Wissen, das auf der theoriebasierten Analyse und Interpretation spezifischer Ereignisse und deren Kontextmerkmalen beruht, befähigt Lehrerinnen und Lehrer, die komplexen Komponenten, Vorgänge und Zusammenhänge des Unterrichtens sinnhaft wahrzunehmen. Die Integration der kasuistischen Wissensform in fachdidaktische Lehrveranstaltungen ermöglicht es, dass Lehramtsstudierenden einen Einblick in die Problemfelder des Deutschunterrichts, wie sie sich aus Praxissicht darstellen, erhalten, dass sie sich kritisch mit den professionsbezogenen Kompetenzen der interviewten Lehrpersonen aus-einandersetzen und selbst kasuistisches Wissen generieren sowie bereits erworbenes theoriebasiertes Wissen neu bzw. flexibel organisieren. In diesem Sinne wurden die Studierenden im Rahmen des schulpraktischen Moduls angeleitet, sowohl als Fallanalysten als auch als Fallautoren tätig zu werden. In der praktikumsvorbereitenden Lehrveranstaltung waren die Studierenden als Fallanalysten vor die Herausforderung gestellt, die Struktur des kasuistischen Wissens der jeweiligen Lehrperson zu identifizieren, eine Bewertung des Falls vorzunehmen, alternative Handlungsoptionen zu entwickeln sowie eine Eingliederung des betreffenden Falls in ein Netzwerk mit anderen Fällen vorzunehmen. Derart mit der Struktur und Analyse kasuistischen Wissens vertraut gemacht, wurden die Studierenden vor dem Hintergrund ihrer unterrichtspraktischen Erfahrungen veranlasst, eigenständig Fälle zu verfassen. Deren Kommentierung und Erörterung sowie abschließende Überarbeitung bildeten wiederum in der nachbereitenden Lehrveranstaltung die zentralen Methoden der Fall-arbeit.

14:40 – 15:20 Uhr

Dr. Christoph Bräuer (Wolfgang Ernst Gymnasium Büdingen)

Didaktische Entscheidungen im Schreibunterricht am Beispiel der Inhaltsangabe

Die Schreibforschung und Schreibdidaktik verfügt seit 30 Jahren über grundlegende Einsichten in das Schreibenlernen. Dennoch berichtet Merz-Grötsch (2001), dass ein Großteil der Schülerinnen und Schüler Schreiben nicht als eine erlernbare Fähigkeit betrachten: Weshalb gelingt es im Deutschunterricht nicht, das Schreiben als eine erlernbare Fertig- und Fähigkeit auszugestalten? Eine Antwort auf diese Frage kann nur finden, wer den Unterricht und die Schreibausbildung in den Blick nimmt.

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Als geeignetes Untersuchungsfeld der schulischen Schreibausbildung erscheint die Inhaltsangabe – sie ist in Funktion und Modellierung umfassend diskutiert, festumrissener Bestandteil schulischer Lehrpläne und tief in der schulischen Unterrichtspraxis verankert. Die vorzustellende Untersuchung nutzt die Arbeit mit Videosequenzen, um eine Brücke zu schlagen zwischen dem Aufsuchen der Unterrichtssituation und der Erfassung einer größeren und differenzierteren Probandengruppe: Auf der Grundlage von Einführungs-stunden/Folgestunden in den Gegenstandsbereich werden sogenannte „key incidents“ bestimmt und ausgewählt, in denen didaktische Entscheidungen zu treffen sind. Das Untersuchungsdesign konfrontiert angehende, junge und erfahrene Lehrkräfte mit diesen Sequenzen, die im Moment der Entscheidungssituation angehalten werden, und fordert sie auf, die Situation in ihrer Wahrnehmung zu schildern, das Geschehene zu deuten und ihr weiteres Vorgehen in der Situation darzustellen. Ergebnisse einer ersten Erprobung des Untersuchungsdesigns an der Universität Hildesheim sollen auf der Tagung vor- und zur Diskussion gestellt werden. Diskutiert werden sollen die Stränge des Forschungsvorhabens: Der eine verfolgt die Frage, inwieweit so verlässliche Aussagen über die schreibdidaktische (Diagnose-) Kompetenz angehender Lehrkräfte zu treffen sind, der andere Strang rekonstruiert die Entwicklung entsprechender Kompetenzen bei (angehenden) Lehrkräften über alle drei (Ausbildungs-)Phasen hinweg.

15:20 – 16:00 Uhr

Daniel Scherf, A. R. a. Z. (Universität Augsburg) Fallarbeit trifft Fachdidaktik: Professionalisierung von Leseförderung und lesedidaktische Wissensangebote

Leseförderung, spätestens seit der Schulleistungsstudie PISA 2000 in aller Munde, steht für fortwährende fachdidaktische Innovation. Während frühere Veröffentlichungen den Begriff noch eng mit der Steigerung der Lesemotivation in Verbindung bringen, beinhalten neuere Modellierungen lesefördernden Unterrichts ganz verschiedene Handlungsfelder für Lehrerinnen und Lehrer. Das – aus gegenwärtiger fachdidaktischer Perspektive – für Lehrende als notwendig erachtete lesedidaktische Wissen ist komplex und reicht von Kenntnissen zur Diagnostik über das Wissen um lesesozialisatorische Voraussetzungen bis zur Vertrautheit mit Fördermethoden. Aus bisherigen Forschungen zum Lehrerwissen ist allerdings bekannt, wie von Lehrerseite mit innovativen wissenschaftlichen „Wissens-angeboten“ umgegangen wird: Eigentlich, so heißt es, gar nicht – Lehrerwissen (und -handeln) gilt gegenüber neuen Modellierungen und Impulsen als weitgehend resistent. Gegenstände von Seminaren des Lehrstuhls sind sowohl die neueren fachdidaktischen Konzeptionen als auch deren (Nicht-)Integration in das Wissen von Lehrkräften. In rekonstruktiver Fallarbeit wird untersucht, wie sich Lehrerwissen durch die Rezeption lesedidaktischer Innovationen verändert – und inwiefern sich Handeln hierdurch professionalisiert. Ziel ist es, durch einen vergleichenden Blick auf mehrere Fälle deutlich zu machen, welche Professionalisierungschancen und Deprofessionalisierungsrisiken mit der Rezeption fach-didaktischer Wissensangebote einhergehen und wie diese mit Bedingungen des Subjekts bzw. der Einzelschule korrelieren. Durch den doppelten Fokus der Seminare – auf lesedidaktische Wissensangebote und rekonstruktive Fallarbeit zum Umgang damit – sollen die Studenten neben fach-didaktischem Konzeptwissen Kenntnisse zu Professionalisierungsprozessen des Lehrerhandelns erlangen, um schließlich einen ‚forschenden Blick‘ auf ihr eigenes Lernen zu entwickeln und zu hinterfragen, ob ihr Umgang mit fachdidaktischen Wissens-angeboten Chancen für die eigene Professionalisierung bietet.

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Panel 4 – Fallarbeit und Lehr-Lern-Kontexte

– Panel entfällt –

Abstracts zu den Vorträgen in Panel 4

– Vortrag entfällt –

Constanze Rönz (Universität Hamburg)

Lehramtsstudierende arbeiten „am Fall“ eines Kindes – ein Beitrag zur Professionalisierung zukünftiger Lehrerinnen und Lehrer

Im Rahmen des Forschungsprojektes „Heterogene Lerngruppen-Analyse an der Grundschule Brecht“ führen Studierende neben anderen Untersuchungen einzel-kindbezogene Fallstudien durch (vgl. Trautmann/Schmidt/Rönz 2009). Deren Forschungs-fragen werden induktiv im Verlauf der Fallarbeit generiert und an Fragen der aktuellen Kindheitsforschung ausgerichtet. Diese qualitativen Studien ver-langen in der Durchführung ein hohes Maß an Selbstständigkeit sowie Eigen-verantwortung. Sie weisen eine besondere Komplexität auf, da sie:

- längsschnittig angelegt sind (bis zu drei Jahre), - vielfältige methodische Zugänge nutzen und - verschiedenen Selbst- und Fremdperspektiven nachgehen.

Die Studierenden konstatieren, dass diese Forschung zu einem „forschenden Blick“ und damit zu einer bedeutsamen Perspektiverweiterung auf Kinder und Kindheit führe. Die bisher entstandenen Abschlussarbeiten bestätigen diese Einschätzungen und weisen auf den Erwerb eines „wissenschaftlich-reflexiven Habitus“ (vgl. Bastian u. a. 2000, Feindt/Meyer 2000, Horstkemper 2006) hin. Welche Potenziale für die Professionalisierung von Lehramtsstudierenden aber im Einzelnen in dieser Fallarbeit schlummern, wurde bisher nicht in ausreichendem Maße herausgearbeitet. Im Rahmen meines Beitrages sollen zu Beginn die Grundstrukturen dieser Fall-studienarbeit näher dargestellt werden. Anschließend wird der Frage nachgegangen welche Kompetenzebenen seitens der Studierenden aktiviert werden und wie die im Forschungsprozess stattfindende Kompetenzentwicklung erfasst werden kann. Neben der Aneignung eines „forschenden Habitus“ (vgl. Wagner 1998, Kiper 2001) ver-muten wir weitere Lern- und Reflexionsfelder, die diese Fallarbeit ermöglicht. Daher muss gefragt werden, wie der tiefe Einblick in die Komplexität kindlichen Lebens den prinzipiellen Blick von Lehramtsstudenten auf das Professionsfeld und die Lernsubjekte hin verändert.

– Vortrag entfällt –

StR´in Dr. Nicola Brauch, Dr. Jan Kruse (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)

„Doch der erste Blick trügt…“ Pilotstudie zur Passung von Lehrerprofessionalität und Habitus in der Lehrerbildung

Die Passung von Professionalität und Habitus künftiger Lehrpersonen untersuchen wir fallanalytisch im Rahmen zweier geschichtsdidaktischer Lehrveranstaltungen. Unter dem Fall verstehen wir die Interaktion der Studierenden mit deren jeweiliger Aufgabenstellung „Der Herr der Ringe im Mittelalter-Unterricht“ und „Piraten der Karibik im Frühneuzeit-Unterricht“. Das Aufgreifen alltagsrelevanter Situationen (hier: populär-historische Erzählungen) für die Konzeption output-orientierten Unterrichts zur Erzielung nachhaltiger Lernergebnisse gehört zu den zentralen Ergebnissen der jüngeren Lernforschung.

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Im Unterschied zu inputorientiertem Lernen bedarf dieser Ansatz einer größeren Expertise der Lehrperson hinsichtlich der Erhebung von Schüler-Vorstellungen (Beliefs) zur didaktisch geleiteten und curricular begründeten Transformation in Lernprozesse wissenschaftsförmigen Denkens. Die Professionalisierung der Erhebungs- und Analysekompetenz bedarf der Ausprägung eines adäquaten Lehrerhabitus – gerade im Sinne eines „forschenden Lehrers“: Zur Lehrerprofessionalität gehört hier sodann die Fähigkeit, Fertigkeit und Bereitschaft, das Referenzsystem des Schülers im Sinne von Fremdverstehen auf seine Indices hin zu überprüfen und sich deren Sinn kommunikativ zu erschließen. Lehramtstudierende haben in ihrer Schulzeit solchen Unterricht kaum erlebt und auch die Erfahrung in den Praxisanteilen der Lehrerbildung führt zu der Annahme, dass ein solches Unterrichten bislang wenig praktiziert wird, obwohl Schulpolitik und Curricula dies im Gefolge von PISA einfordern. In unserer Studie haben wir leitfaden-gestützte Interviews geführt, Workshops zur Fragebogenentwicklung durchgeführt, textbasierte Lerntagebücher und Essays (Aufga-benanalyse) untersucht. Die Daten werden mit Methoden der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Erste Ergebnisse geben Anlass zur Vermutung stabiler Beliefs mit gering-fügig wandelbarem Potenzial hinsichtlich Lehrerprofessionalität und -habitus.

– Vortrag entfällt –

Dr. Simone Hess (PH Ludwigsburg)

Befähigung zur Zusammenarbeit mit Eltern - Didaktisch-methodischer Ansatz in einem forschungsorientierten Seminar

Die Kooperationskompetenzen des pädagogischen Personals in Einrichtungen der Bildung, Betreuung und Erziehung für die Erziehungspartnerschaft mit den Müttern und Vätern der Kinder werden in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Die Zusammenarbeit von PädagogInnen und Eltern ist von hoher Bedeutung bei der Förderung der Kinder im Elementar- und Primarbereich. Die nationalen und internationalen Befunde sowie die Einblicke in die Praxis sind dahingehend eindeutig: Gesundheitsbezogene und präventive Angebote für Kinder sind durch Elterneinbezug nachhaltiger. Die Öffnung der Kitas für Familien (Stichwort „Familienzentren“) sowie die Einführung der Ganztagsschulen wird über alle Bundesländer hinweg zunehmend als Projekt angenommen. Die, durch die UN-Behindertenrechtskonvention vorangetriebene Inklusion, wird Pädagogen in allen Bildungsbereichen mit einer zunehmend heterogenen Elternschaft konfrontieren. Von LehrerInnen wie von ErzieherInnen wird ein individuelles Eingehen auf die jeweilige Bedarfslage der Mütter und Väter verlangt. Sie bedürfen einer höheren Flexibilität in der Kommunikation. Diese Anforderungen verlangen nach erhöhten empathischen Fähigkeiten der PädagogInnen gegenüber den Werten und Bedarfen von Eltern unter-schiedlicher sozialer und kultureller Herkunft. Um Grundlagen für die Professionalisierung der Elternkooperationskompetenz von SonderschullehrerInnen zu legen, wurde ein forschungsorientiertes Seminar konzipiert, das bereits zweimal durchgeführt wurde. Das Seminar verfolgt zwei Ziele: Selbst-reflexionskompetenz im Elternkontakt und das Erkennen von elterlichen Bedarfen. Jede/r Studierende erhebt im Seminarverlauf seinen ‚Fall‘ und wertet ihn in Einzelarbeit und Gruppenarbeit aus. Außerdem besteht die Möglichkeit das Gelernte in verschiedenen Prüfungsformen nachzuweisen. Der Vortrag macht sich zum Ziel die didaktisch-methodische Anlage des Seminars und die Ergebnisse aus den Seminaren/Prüfungen aufzuzeigen und zur Diskussion zu stellen.

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Panel 5 – Fallarbeit und Professionalisierung

Freitag, 21.01.2011, 16:15 – 17:35 Uhr Raum: G007 Moderation: Prof. Dr. Katrin Hauenschild

Abstracts zu den Vorträgen in Panel 5

16:15 – 16:55 Uhr

Prof. Dr. Karin Reiber (Hochschule Esslingen)

„Gesundheit“ lehren und lernen – Fallarbeit in hochschul- und berufsfeld-didaktischer Perspektive

Der Beitrag hat zum Ziel, ein theoretisch-systematisch hergeleitetes Modell einer fallorientierten Didaktik für das Berufsfeld sowie für die Hochschuldidaktik der beruflichen Fachrichtung Pflege und Gesundheit vorzustellen und ein darauf aufbauendes Forschungskonzept zu diskutieren. Dazu behandelt der Vortrag Professionalisierung und Kompetenzentwicklung im Berufsfeld Gesundheit und Pflege aus einer zweifachen Perspektive: Zum einen wird die fachdidaktische Seite der Berufsbildung, zum anderen die damit korrespondierende Lehrer/-innen-Bildung untersucht. Dabei wird konsequent mit einer fallorientierten Didaktik gearbeitet, die jedoch für beide Bereiche unterschiedlich ausdifferenziert wird. Zunächst wird der Professionalisierungsbeitrag von Ausbildung und Studium in der Triade von Wissenschaft, Person und Praxis entfaltet, die zu drei konstitutiven Kompetenz-bereichen weiter entwickelt werden. Für den Zugang zum Gegenstand wird eine heuristische Vier-Felder-Matrix genutzt, die einen mehrperspektivischen Blick auf „Gesundheit“ ermöglicht: Integriert werden sowohl verstehende als auch erklärende Erkenntnismodi, die sich einerseits auf das Individuum, andererseits auf soziale Systeme anwenden lassen. Mithilfe dieser Matrix lassen sich Fälle mehrperspektivisch deuten und erläutern, um darauf aufbauend professionelle Interventionen für den je spezifischen Fall zu erarbeiten. Die Fallbearbeitung erfolgt entlang der „Dimensionen menschlicher Existenz“, die aus verschiedenen Diagnose- und Klassifikationssystematiken abgeleitet werden. Dieses didaktische Drei-Ebenen-Modell bildet die Grundstruktur einer fall-orientierten Didaktik sowohl für die Berufs- als auch für die Lehrer/-innen-Bildung. Als Leit-differenz zur Abgrenzung der beiden Ausbildungsebenen wird das Prinzip des forschenden Lernens genutzt und für die Lehrer/-innen-Bildung als konsequente Evidenz-basierung der Fallanalyse und -bearbeitung umgesetzt. Schließlich wird ein Forschungs-vorhaben vorgestellt, das die theoretisch-systematischen Arbeiten an einer fallorientierten Berufsfeld- und Hochschuldidaktik für Gesundheit und Pflege empirisch fundiert und erweitert.

16:55 – 17:35 Uhr

Dr. Agnes Turner (Alpen-Adria-Universität Klagenfurt)

„Der Blick auf den eigenen Fall“ – Reflexion aus psychoanalytisch-pädagogischer Sicht in der pädagogischen Praxis und Lehrerfortbildung

Erfahrungen und Erlebnisse aus unserer individuellen (Lern-)Geschichte scheinen einen nachhaltig prägenden Charakter für den weiteren Lebensweg und für das berufliche Handeln zu haben. Vor dem Hintergrund der Bedeutung und der Wirksamkeit re-flektierender Prozesse in der beruflichen Praxis soll in diesem Beitrag das Interesse und „der Blick auf den eigenen Fall“ aus psychoanalytisch-pädagogischer Sicht gerichtet werden.

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Erfahrungslernen im psychoanalytisch-pädagogischen Verständnis meint, dass die Qualität der Erziehungs- und Bildungsaufgaben auch wesentlich davon abhängt, ob PädagogInnen die bewussten und unbewussten Motive, Ängste und inneren Konflikte bei sich und bei ihren SchülerInnen verstehen und Lernsituationen darauf aufbauend gestalten. Emotionen, die gegenüber SchülerInnen spontan oder situationsbezogen scheinen, finden ihren Ursprung oftmals in der eigenen Geschichte. Durch die Methode der psychoanalytischen Beobachtung und die Arbeit am Fall wird ein tiefer Einblick in die Psychodynamik der beruflichen Praxis gewonnen. Das Beobachten, Protokollieren und Besprechen von beruflichen Fällen hilft PädagogInnen beispielsweise vom voreiligen Handeln und Bewerten Abstand zu halten. Statt rasch zu handeln, wird die Auf-merksamkeit auf die eigene emotionale Situation und die von Lernenden gelenkt, um dadurch die eigenen (diffusen) Gefühle sowie die der SchülerInnen klarer zu verstehen. Im Rahmen eines Universitätslehrgangs „Psychoanalytical Observational Studies: Persönlichkeitsentwicklung und Lernen“ am Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung in Wien bekommen TeilnehmerInnen die Möglichkeit, die Methode zu erlernen und zu praktizieren. In diesem Beitrag werden Erfahrungen mit der „Arbeit am eigenen Fall“ aus dem Lehrgang dargestellt und diskutiert.

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Panel 6 – Fälle aus Literatur und Kunstpädagogik

Freitag, 21.01.2011, 16:15 – 17:35 Uhr Raum: G209 Moderation: Prof. Dr. Stefani Brusberg-Kiermeier

Abstracts zu den Vorträgen in Panel 6

16:15 – 16:55 Uhr

Mag. Dr. Harald Spann (Pädagogische Hochschule Oberösterreich)

Wenn englische Literatur zum Fall wird – Eine Studie zur kasuistischen Verwendung literarischer Texte in der Lehramtsausbildung von Englischstudierenden an der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich

Seit dem Wintersemester 2007/08 befindet sich im Curriculum für Englischstudierende (Lehramt Hauptschule) an der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich die Lehr-veranstaltung „Literary texts for case-based work (2 SWStd.)“. Hier sollen die Studierenden durch literarisch-kasuistisches Arbeiten befähigt werden, schulbezogene literarische Textfälle mit problematischen Unterrichtssituationen systemisch reflektieren und die Ergebnisse dieser Reflexion in der Zielsprache angemessen kommunizieren zu können. In diesem Beitrag wird diese Lehrveranstaltung in ihren Grundzügen dargestellt und ein auf ihr basierendes zweijähriges nationales Forschungsprojekt skizziert, das an der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich mit dem Ziel durchgeführt wurde, den potenziellen Mehrwert fallorientierten Arbeitens mit englischsprachigen literarischen Texten für die Reflexionskompetenzentwicklung von zukünftigen EnglischlehrerInnen zu untersuchen.

16:55 – 17:35 Uhr

Prof. Dr. Ulrich Teske, Christina Knoll (Universität Hildesheim)

Der Fall Walter – historisch-pädagogische Studie zu einem Zeichenbuch aus dem ersten Weltkrieg

„Dieses Buch wurde mir am 5. Dezember 1917 geschenkt“, schreibt der wohl 12-jährige Walter Jeimke aus der Fasanenstraße 42, Braunschweig, in den Innendeckel einer DIN A5 Blanko-Kladde. Am 7. Juni 1919 notiert er auf den rückwärtigen Buchdeckel „Ende“. Dazwischen liegen 132 Seiten mit minutiösen Zeichnungen aus seiner Hand. Sie zeigen zunächst Kopien von physikalischen und politischen Karten aus dem Schulatlas, dann aber Zeichnungen seines selbst erschaffenen Phantasielandes „Adrin“: Karten, Stadt-pläne, Stadtansichten, Details der Kanalisierung, Wegeführung und Elektrifizierung mit-samt genauer Benennung jeder geografischen Einzelheit mit erfundenen Namen. Walter hat sich im Steckrübenwinter und Hungerjahr 1918 seine eigene Welt gezeichnet. Jede Zeichnung datiert und signiert er, schreibt sogar die Bearbeitungsdauer dazu. Wie kann ein solches Fundstück vom Flohmarkt in den pädagogischen Diskurs gebracht werden? Dass Kinder in klaustrophobischen oder bedrängten Situationen sich phan-tastische Auswege erträumen, ist bekannt. Gelegentlich ist daraus Literatur geworden, man denke beispielsweise an „Agria und Gondal“ der drei Geschwister Bronte (1832). Seltener ist, dass sie diese Fantasietätigkeit in Texten und Bildfolgen festhalten. Es ist unsere Aufgabe diese Zeugnisse kindlichen Schaffens empathisch zu lesen und zu verstehen. Gerade die zusammenhängende Fülle des Materials bietet hier Gelegenheit, kindliches Denken in einer Ausnahmesituation über einen längeren Zeitraum kennen zu lernen. Das wirft sofort die methodologische Frage nach einer historisch-hermeneutischen Erschließung des Materials auf. So will diese Fallstudie auch in dieser Hinsicht exem-plarisch sein. Jeder Lehrer wird über dies nachdenklich werden, angesichts der Sorgfalt und Dauerenergie eines Kindes bei Wachträumen. Welche Bedingungen, welcher Zuspruch, welche Konstellationen können helfen, diese Fähigkeit wieder herzustellen?

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Panel 7 – Linguistische Unterrichtsforschung und Fallarbeit

Freitag, 21.01.2011, 16:15 – 17:35 Uhr Raum: G207 Moderation: Prof. Dr. Friedrich Lenz

Abstracts zu den Vorträgen in Panel 7

16:15 – 16:55 Uhr

Prof. Dr. Olaf Jäkel (Universität Flensburg)

Unterrichtsanalyse anhand des Flensburg English Classroom Corpus (FLECC)

Das Flensburg English Classroom Corpus (FLECC) ist ein ganz neues und aktuelles Spezialkorpus, das seit 2003 an der Universität Flensburg konzipiert und erstellt worden ist (Jäkel 2010). Es dokumentiert insgesamt 39 Schulstunden: Englischunterricht aus Grundschule, Hauptschule, Realschule und Gesamtschule in leserfreundlicher Trans-kriptform. Das FLECC-Korpus im Umfang von mehr als 56.000 Wörtern beinhaltet sämtliche Altersgruppen von EFL-Lernern, vom Anfangsunterricht Englisch in der Grundschule (Klasse 3) bis zum Ende der Sekundarstufe 1 (Klasse 10). Wie ist die einzelne Stunde aufgebaut (Eröffnung, Phasen, Themen, Interaktionen, Züge, Sprechakte, Schluss)? Was ist die Funktion typischer Muster beim Sprecherwechsel, wie zum Beispiel des 'klassischen' Dreischritts "Initiation – Response – Feedback" (IRF)? Wie werden Arbeitsaufträge erteilt? Was für Fehlertypen treten auf, und wie wird darauf reagiert? Welche Rolle spielt englisch-deutsches Code-switching? Wie ist die Lehrer-performanz zu bewerten? Wie wirkt die Lehrkraft als sprachliches Modell und Vorbild? Solchen und ähnlichen Fragestellungen lässt sich anhand des im FLECC bereitgestellten authentischen Korpusmaterials von EFL-Unterrichtsdiskursen mit all ihren Problemzonen und Schwachstellen nachgehen. Das Korpus kann für eine Vielzahl von Zwecken im Sinne einer Professionalisierung mittels Consciousness Raising in der Ausbildung von Englischlehrkräften genutzt werden, nicht zuletzt auch für studentische Projektarbeiten in Angewandter Linguistik. Dieses Unterrichtskorpus soll vorgestellt werden, und einige Beispiele seiner Verwendung im akademischen Englisch-Lehramtsstudium werden vorgeführt und erläutert. Literatur: Jäkel, Olaf (2010): The Flensburg English Classroom Corpus (FLECC): Sammlung authentischer Unterrichtsgespräche aus dem aktuellen Englischunterricht auf verschiedenen Stufen an Grund-, Haupt-, Real- und Gesamtschulen Norddeutschlands. (F.L.A.I.R., Bd.3) Flensburg: Flensburg University Press. [240 S.]

16:55 – 17:35 Uhr

Dr. Götz Schwab (Pädagogische Hochschule Ludwigsburg)

LID – Lehrerprofessionalisierung im Diskurs

LID ist ein Projekt der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg, geleitet und durchgeführt von Dr. Götz Schwab. Es hat zum Ziel Methoden der Gesprächsforschung, insbesondere der Konversationsanalyse, für die Lehrerfort- und weiterbildung nutzbar zu machen (vgl. Walsh 2006, Schwab 2009). Dieser Ansatz impliziert eine bewusst kasuistische Vorgehensweise, die die einzelne Lehrerpersönlichkeit als Individuum in ihrem ganz spezifischen Umfeld wahrnimmt und versucht, genau dort, Hilfen und Unterstützung anzubieten, wo sie in einer konkreten Situation nötig sind. In einer Pilotstudie wurden gemeinsam mit drei Englischlehrkräften an einer Realschule Unterrichtsstunden videografiert und in mehreren Stufen aufgearbeitet und ausgewertet.

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Zunächst oblag es den Lehrkräften selbst ihren eigenen Unterricht anzuschauen und kritisch zu betrachten (vgl. Woodward 2001). Ausgehend von dieser Selbsteinschätzung wählten sie kurze Sequenzen aus, die sie als diskussionswürdig erachteten und transkribierten sie (emische Perspektive) (vgl. Seedhouse 2004). Im nächsten Schritt wur-den diese Ausschnitte von Seiten der Hochschule fein transkribiert. Zusätzlich sucht man dort weitere Sequenzen aus und transkribiert diese (etische Perspektive). In einem gemeinsamen Treffen vor Ort wurden die verschiedenen Sequenzen gemeinsam in der Gruppe diskutiert und interpretiert. Das Prozedere wurde nach einem halben Jahr wie-derholt. In einem Fragebogen konnten die Lehrkräfte später die Fortbildungsmaßnahme beurteilen. In dem Vortrag werden anhand einzelner Videosequenzen Ergebnisse und Erkenntnisse der Pilotstudie vorgestellt und diskutiert. Zudem sollen Überlegungen zur Fortführung und Ausweitung des Vorhabens, z. B. in andere Fächer, angesprochen werden. Literatur: Schwab, Götz (2009). Gesprächsanalyse und Fremdsprachenunterricht. Landau: Verlag Empirische Pädagogik. Seedhouse, Paul (2004). The interactional architecture of the language classroom: a conversation analysis perspective. Oxford: Blackwell. Walsh, Steven (2006). Investigating classroom discourse. London [u.a.]: Routledge. Woodward, Tessa (2001). The Use of Observation of Videoed Class Time as a Framework for Teaching Development. In: Jiménez Raya, Manuel et al. (Hrsg.). Effective Foreign Language Teaching at Primary Level. Frankfurt/Main: Peter Lang, 165-172.

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Panel 8 – Fallarbeit und Lehr-Lern-Kontexte

Freitag, 21.01.2011, 16:15 – 17:35 Uhr Raum: G309 Moderation: Prof. Dr. Karl-Heinz Arnold

Abstracts zu den Vorträgen in Panel 8

16:15 – 16:55 Uhr

Dr. Edmund Steiner (Pädagogische Hochschule Wallis)

Fallarbeit als Initiation in wissenschaftliches Arbeiten und als Einführung in theoriegestützte Praxisreflexion

Die Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule Wallis ist so konzipiert, dass die verschiedenen Einheiten der theoretischen und praktischen Ausbildung alternieren. Die Fallarbeit ist dabei ein wertvolles Instrument, mit dem durch die wechselseitige Bezugnahme zwischen Theorie und Praxis die Professionalisierung gefördert wird. „Forschung im Dienste der Praxisreflexion“ heißt der Titel einer Lernveranstaltung im ersten Semester, in der die Studierenden nach einer systematischen Vorgehensweise eine selbst erlebte Situation aus dem vorangegangenen Probepraktikum bearbeiten. Sie lernen dabei die verschiedenen Phasen eines Forschungs- und Untersuchungsprozesses kennen und machen sich mit grundlegenden Anforderungen von Wissenschaftlichkeit sowie mit erforderlichen Basistechniken wissenschaftlichen Arbeitens vertraut. Durch konsequenten Bezug von theoretischen Konzepten auf Situationen der Praxis soll sowohl die Fähigkeit der Distanznahme zur eigenen Praxis sowie das kritische Interesse an Forschungsergebnissen gefördert werden. Die Lehrveranstaltung hat insgesamt zum Ziel eine forschende Haltung zu entwickeln, zu einer theoriegestützen Reflexion der eigenen Praxis anzuleiten, um schließlich begründete Folgerungen für das berufliche Handeln ziehen zu können. Das Konzept „Fallarbeit“ soll mit seinen Einzelelementen vorgestellt werden. Zugleich sollen sich die Teilnehmenden aufgrund der Ergebnisse aus den Auswertungen der letzten Jahre ein eigenes Bild über die Praxistauglichkeit, wie über die Chancen und Schwierigkeiten beim Einsatz eines solchen Instrumentes in der Grundausbildung von Professionsberufen machen können.

16:55 – 17:35 Uhr

Juniorprofessorin Dr. Anja Kraus (Pädagogische Hochschule Ludwigsburg)

Beforschen, was `auch´ der Fall ist

Theorien über Unterricht beziehen sich prinzipiell zumeist auf Aspekte, die das Unterrichtsgeschehen offensichtlich und direkt bestimmen. Im Unterricht werden Lernziele mit Inhalten verknüpft und Phasen einer Erarbeitung konzipiert. Geplant erfolgen der Einsatz von Methoden, Medien, Strategien der Gesprächsführung etc. und die Leistungsbeurteilung legitimiert sich durch eine Zielorientierung. Bestimmte Interaktions- und Kooperationsformen der Schüler(innen) und ihr Lernen werden in der Planung antizipiert und bewusst initiiert. Neben durch designten Unterricht gesteuerten Lernprozessen bleiben zusätzliche Einflussfaktoren des Unterrichts häufig unterbelichtet. Es stellt ein Surplus der Fallforschung gegenüber anderen Forschungsansätzen dar, dass sie es deutlich machen kann, dass solche impliziten Faktoren eine sehr wichtige Rolle in Bezug auf individuelle Lernprozesse wie auch für die zugehörigen Wirkungs-zusammenhänge, und somit überhaupt für das gute oder schlechte Funktionieren des geplanten Unterrichts spielen.

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Das Wirkungsfeld körpersprachlicher Aspekte der Interaktion zwischen Lehrer(inne)n und Schüler(inne)n, ihre Metakommunikationen 'zwischen den Zeilen' der Unterrichts-kommunikation, die Gestalt und Einrichtung des Klassenzimmers, die Werkzeuge der Unterrichtsarbeit, die neuen Medien etc. werden von Philip W. Jackson im Jahr 1969 als sog. 'heimlicher Lehrplan' beschrieben. Bernd Hackl hat den Begriff der 'unthematischen' Faktoren des Unterrichts in die Diskussion eingebracht, womit nicht nur die institutionell verfasste Struktur des Schulsystems, sondern auch habituelle Strukturen der einzelnen Akteure, die Schulkultur, Zeit- und Raumstrukturen und didaktische Werkzeuge in den Blick geraten. Zur Erforschung insbesondere der latenten Sinnstrukturen sprachlicher Unterrichts-kommunikationen hat sich bereits eine Tradition der rekonstruktiven Unterrichtsforschung etabliert, die an methodologische Vorleistungen aus verwandten sozialwissenschaftlichen Disziplinen anknüpft. Wenngleich solche ersten anspruchsvollen Versuche bereits vorliegen, fehlen aus-gearbeitete Konzepte zu einer Methodologie der Rekonstruktion im Speziellen leiblicher und ikonischer Bedeutungsphänomene des Unterrichtsgeschehens. An einem Beispiel soll gezeigt werden, inwiefern eine leibphänomenologisch ausgerichtete Fallforschung die Möglichkeit bietet, dieses Desiderat der Forschung anzugehen.

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Panel 9 – Fallarbeit und Professionalisierung (A)

Samstag, 22.01.2011, 10:15 – 12:15 Uhr Raum: G007 Moderation: Prof. Dr. Peter Frei

Abstracts zu den Vorträgen in Panel 9

10:15 – 10:55 Uhr

Dr. Kerstin Rabenstein (Universität Potsdam), Prof. Dr. Sabine Reh (TU Berlin), Dr. Till-Sebastian Idel (Johannes Gutenberg-Universität Mainz)

Pädagogische Ordnungen als Fall. Professionalisierung aus praxistheoretischer Sicht

Unserem Vortrag liegt eine praxistheoretische Perspektive zugrunde, wie sie vor allem von Theodore R. Schatzki entwickelt worden ist. Im Zentrum steht der Ansatz, pädagogischer Professionalität als ein in sozialen Praktiken situiertes und durch sie hervorgebrachtes Handeln zu fassen. Folgt man dieser grundlagentheoretischen Konzeptualisierung, dann werden pädagogische Ordnungen (einer Lerngruppe, einer Unterrichtsform) und die sie konstituierenden pädagogischen Praktiken zum Gegenstand von Fallarbeit. Zentral sind mit diesem Ansatz zwei Implikationen für eine Fallarbeit verbunden, auf die im Vortrag eingegangen wird: 1. Die Reflexion pädagogischen Handelns wird auf Relationen gelenkt, in Praktiken zwischen den Akteuren, den Dingen, den anderen Personen in ihrer Situiertheit in Raum und Zeit, und es werden somit auch die körperlichen und materiellen Dimensionen päda-gogischen Handelns stärker betont. Das professionelle Handeln, die Absichten und Intentionen des Professionellen erscheinen dann als Teil in einem Gefüge von Be-ziehungen zwischen den Subjekten, den Räumen, den Zeiten, den Dingen und den Absichten der anderen. Die Förderung eines reflexiven Habitus erfolgt über die Be-schäftigung mit singulären, für sich stehenden Fällen hinausgehend, auch durch die Beobachtung von pädagogischen Ordnungen in den Verkettungen von Praktiken. 2. Mit der Körperlichkeit und Materialität der Praktiken kann dann auch von Neuem die Frage nach dem Üben gestellt werden, die dieses als Wiederholung, aber nicht des immer Gleichen versteht und die dem Üben als systematische und reflektierte Tätigkeit einen Ort zwischen den drei Phasen der Lehrerbildung zuweist.

10:55 – 11:35 Uhr

Jana Eisenstein, Thyra Graff, Birgit Ziegenmeyer (Universität Hildesheim)

Fachdidaktisch orientierte Fallarbeit in der Lehrerbildung: Gegenstand und Perspektiven

Es ist unstrittig, dass die Arbeit mit pädagogischen Fällen einen gut begründeten metho-dischen Zugang in der universitären Lehrerbildung darstellt. In der Arbeit am Fall werden dabei insbesondere unterrichtliche Interaktions- und Kommunikationsprozesse rekonstru-iert; nicht immer aber wird auch die inhaltliche Dimension fachbezogener Lehr-Lern-situationen in ausreichendem Maße betrachtet. So sind mit der Figur des pädagogischen Falls diejenigen Unterrichtssituationen, bei denen auf interaktionaler oder kommunikativer Ebene alles „glatt zu laufen scheint“ und für die erst eine Fokussierung fachlicher und fachdidaktischer Aspekte eine durchaus „problematische“ Unterrichtssituation vermuten lassen, kaum greifbar. Fachdidaktische Fälle nehmen deshalb diejenigen Situationen unterrichtlicher Praxis in den Blick, in denen inhaltlich-thematische Aspekte des Unterrichts als „problematisch“

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erscheinen, z.B. bei der Konstitution und Gestaltung von Unterrichtsgegenständen oder Bedeutungsaushandlungen zwischen Lehrern und Schülern. Im Sinne eines fachdidak-tisch orientierten Fallverständnisses rücken somit insbesondere die gegenstandsbezo-gene und die didaktisch-methodische Ebene des Unterrichts in den Blick eines interpre-tativ-fallanalytischen Vorgehens. Im Projekt „Videobasierte Fallarbeit in der Fachdidaktik: das Fallarchiv HILDE“ wird u.a. die Entwicklung von Materialien und Aufgabenstellungen für eine fachdidaktisch orientierte Fallarbeit betrachtet. Diese ist eingebettet in den Aufbau eines Archivs mit Unterrichtsauf-zeichnungen in den Fächern Deutsch, Mathematik, Sachunterricht und Sport, die im Unterricht der Jahrgänge 3-8 der Grundschule bzw. Sekundarstufe I entstehen und als Materialbasis (Unterrichtsvideos, Transkripte, Begleitdokumente) für Forschungs- und Lehrprojekte in das Fallarchiv einfließen. In diesem Beitrag werden der entwickelte fachdidaktische Fallbegriff vorgestellt, das Vorgehen bei der Auswahl fachdidaktischer Fälle erläutert und darauf aufbauend videoba-sierte Materialien für eine fachdidaktisch orientierte Fallarbeit vorgestellt. Entlang dieser vorgestellten Fälle aus verschiedenen Unterrichtsfächern wird schließlich deren produk-tives Potential für die universitäre Lehrerbildung zur Diskussion gestellt.

11:35 – 12:15 Uhr

Prof. Dr. Ilka Lüsebrink (Pädagogische Hochschule Freiburg), Dr. Elke Grimminger (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)

Fallorientierte Lehr/innenausbildung evaluieren – Überlegungen zur Modellierung reflexiver Kompetenz

Als ein zentrales Ziel von Fallarbeit in der Lehrer/innenausbildung gilt die Entwicklung von Reflexionskompetenz, die wiederum als zentrales Moment der Professionalisierung angesehen wird (vgl. Oevermann, 1997; 2002; Helsper, 2003; für die Sportdidaktik: Scherler & Schierz, 1995; Schierz & Thiele, 2002; Lüsebrink, 2006; 2010a, b). Allerdings existieren bislang keine Untersuchungen, die einen Zusammenhang von Fallarbeit und dem Auf- und Ausbau von Reflexionskompetenz belegen. Im Rahmen eines Projektes an der Pädagogischen Hochschule Freiburg in Kooperation mit der Universität Freiburg wird derzeit an dieser Fragestellung gearbeitet. Im Rahmen der Tagung sollen Überlegungen hinsichtlich der Entwicklung eines Stufenmodells zur Erfassung der unterschiedlichen Niveaustufen reflexiver Kompetenz vorgestellt werden. Einen ersten Anknüpfungspunkt bietet das Modell von Hatton und Smith (1995), bei dem fünf Stufen reflexiver Kompetenz unterschieden werden. Die Auswertung schriftlicher unterrichtsbezogener Reflexionen von Studierenden im Sommersemester 2010 zeigt jedoch, dass die Niveaustufen nicht mit Entwicklungsstufen gleich gesetzt werden können. Zudem erscheinen Ergänzungen und Modifikationen not-wendig, bei denen auch an eigene Vorarbeiten zu zentralen Schwierigkeiten von Stu-dierenden bei der Bearbeitung von Fällen angeknüpft werden kann (vgl. Lüsebrink, 2006). Darüber hinaus soll die Schwierigkeit der Zuordnung der studentischen Reflexionen zu einzelnen Niveaustufen diskutiert, eigene Erfahrungen und Lösungsansätze vorgestellt werden. Literatur: Hatton, N. & Smith, D. (1995). Reflection in teacher education: Towards definition and implementation. Teaching and Teacher Education 11 (1), 33-49. Helsper, W. (2003). Ungewissheit im Lehrerhandeln als Aufgabe der Lehrerbildung. In W. Helsper, R. Hörster, & J. Kade (Hrsg.), Ungewissheit. Pädagogische Felder im Modernisierungsprozess (S. 142-161). Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. Lüsebrink, I. (2006). Pädagogische Professionalität und stellvertretende Problembearbeitung – ausgelegt durch Beispiele aus Schulsport und Sportstudium. Köln: Strauß.

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Lüsebrink, I. (2010a). Wie viel Ungewissheit verträgt die Sportlehrer/innenausbildung? Wie viel Gewissheit erträgt die Profession? In P. Frei & S. Körner (Hrsg.), Ungewissheit – Sportpädagogische Felder im Wandel (Schriften der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft, Bd. 200, S. 51-64). Hamburg: Czwalina. Lüsebrink, I. (2010b). Sportlehrer/innenausbildung im Gang von Beispiel zu Beispiel. In: Schriftenreihe Fachdidaktische Forschung, Nr. 2, Juni 2010. Online verfügbar: https://www.uni-hildesheim.de/media/ forschung/fff/PDFs/Luesebrink_02-2010.pdf. Oevermann, U. (19972). Theoretische Skizze einer revidierten Theorie professionellen Handelns. In A. Combe & W. Helsper (Hrsg.), Pädagogische Professionalität. Untersuchungen zum Typus pädagogischen Handelns. Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Oevermann, U. (2002). Professionalisierungsbedürftigkeit und Professionalisiertheit pädagogischen Handelns. In M. Kraul, W. Marotzki & C. Schweppe (Hrsg.), Biographie und Profession (S. 19-63). Bad Heilbrunn/Obb.: Klinkhardt. Scherler, K. & Schierz, M. (1995). Forschend lernen – lehrend forschen. In R. Heim & D. Kuhlmann (Hrsg.), Sportwissenschaft studieren (S. 39-50). Wiesbaden: Limpert. Schierz, M. & Thiele, J. (2002). Hermeneutische Kompetenz durch Fallarbeit. Überlegungen zum Stellenwert kasuistischer Forschung und Lehre an Beispielen antinomischen Handelns in sportpädagogischen Berufsfeldern. Zeitschrift für Pädagogik, 48 (1), 30-47.

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Panel 10 – Fallarbeit und Professionalisierung (B)

Samstag, 22.01.2011, 10:15 – 12:15 Uhr Raum: G207 Moderation: Prof. Dr. Peter Cloos

Abstracts zu den Vorträgen in Panel 10

10:15 – 10:55 Uhr

Prof. Dr. Iris Nentwig-Gesemann (Alice Salomon Hochschule Berlin)

Die pädagogische Beziehung als Fall – Fallbezogene Prozessrekonstruktion als wesentlicher Zugang zum frühpädagogischen Handeln

Im Rahmen der frühpädagogischen Hochschulausbildung spielt die Einsozialisierung in einen forschenden Zugang zum Feld, ein forschungsmethodisch fundiertes Verstehen des ‚Falles‘, eine besonders entscheidende Rolle. Was ‚der Fall‘ ist, z.B. ein einzelnes Kind, eine Kindergruppe, eine Familie, das Team oder aber die pädagogische Beziehung zwischen pädagogischer Fachkraft und Kind(ern), entscheidet sich aus der jeweiligen (Forschungs-) Praxis und dem Erkenntnisinteresse heraus. Die Rekonstruktion dieser Praxis erfordert von der Fachkraft immer auch eine methodisch kontrollierte Fremdheitshaltung und eine selbstreflexive Analyse des eigenen professio-nellen Handelns und dessen Genese. Der forschende Zugang zur pädagogischen Beziehung als Fall stellt also bereits in der Ausbildung eine große didaktische und persönliche Herausforderung dar: Es geht in ‚doppelter‘ Hinsicht um ‚den Fall‘ der pädagogischen Beziehung – zum einen um die fachliche und persönliche Entwicklung des jeweiligen Studierenden, die vom Hochschullehrer forschend begleitet wird und zum anderen um die Qualität der Beziehung, die sich zwischen Studierendem und Kind(ern) entwickelt und die im Ausbildungskontext immer wieder thematisiert und reflektiert wird. Die Dokumentarische Methode ermöglicht mit ihrem prozessgenetischen Ansatz, dem es im Kern nicht nur um die Rekonstruktion des modus operandi der Praxis, sondern mehr noch um die Genese und Entwicklung dieses modus operandi geht, einen besonders komplexen forschenden Zugang zum Fall. Anhand von Beispielen aus der frühpädagogischen Hochschulausbildung soll gezeigt werden, welche Erkenntnisse gewonnen werden können, wenn gemeinsam mit den Studierenden am Fall gearbeitet wird, wenn in Projektseminaren mit Werkstattcharakter Material aus dem Praxisfeld interpretiert wird und die Studierenden sich in forschungs-methodisches Arbeiten einüben und zugleich wichtige Erkenntnisse über ihr eigenes professionelles Handeln und dessen biografische und milieuspezifische Hintergründe, also dessen Genese, gewinnen. Exemplarisch soll dies in dem Vortrag anhand der dokumentarischen Interpretation folgenden Materials demonstriert werden: - Beobachtungsprotokolle, insbesondere von sog. Dilemma-Situationen, die die Studie-

renden vor besondere Herausforderungen gestellt haben, - (berufs-)biografische, narrative Interviews, in denen die Studierenden zu verschie-

denen Zeitpunkten ihres Studiums über ihre Erfahrungen berichten und reflektieren, - aufgezeichnete Alltagsgespräche der Studierenden mit Kindern, - Dokumentationen der Studierenden über Projektarbeit mit Kindern. Indem gezeigt wird, wie es gelingt, Praxis in reflektierte Praxis zu transformieren, implizites Wissen explizit zu machen und die Herausbildung eines forschenden Habitus während des Studiums zu ermöglichen, wird der Nutzen der fallbezogenen Arbeit für die Erfassung und Förderung der Kompetenzentwicklung von Studierenden verdeutlicht.

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10:55 – 11:35 Uhr

Ao. Univ.-Prof. Dr. Wilfried Datler (Universität Wien)

Fallreflexion, Objektive Hermeneutik und die Persistenz praxisleitender Momente: Ein kritischer Beitrag zum Verhältnis von kasuistischer Rekonstruktion und Professionalisierung

Im Zentrum des Beitrags stehen (a) die Annahme, dass das konkrete Verhalten in pädagogischen Situationen letztlich als Ausdruck und Folge innerpsychischer Prozesse zu begreifen ist sowie (b) das empirisch ausmachbare Phänomen, dass diese praxisleitenden Momente nur schwer veränderbar und nur in begrenztem Ausmaß in bewusster Weise willentlich gesteuert werden können. In Verbindung damit wird unter Bezugnahme auf Fall-material sowie vor dem Hintergrund psychoanalytischer Theorien und jenes philo-sophischen Ansatzes, der mit dem Begriff „Theory-of-Mind“ bezeichnet wird, die These entfaltet, dass jene Formen der Fallreflexion und Fallrekonstruktion, die nach der Methode der Objektiven Hermeneutik erfolgen, nur in geringem Ausmaß in der Lage sind, Verän-derungen im Bereich praxisleitender Momente herbeizuführen. Vergleiche zu anderen Methoden werden im Hinblick auf den Aspekt der Bearbeitbarkeit psychischer Strukturen im Dienst zunehmender Professionalisierung in pädagogischen Feldern angestellt und leiten zur Identifizierung von Forschungsdesideraten über. Literatur: Datler, W.: Erleben, Beschreiben und Verstehen: Vom Nachdenken über Gefühle im Dienst der Entfaltung von pädagogischer Professionalität. In: Dörr, M., Göppel, R. (Hrsg.): Bildung der Gefühle. Innovation? Illusion? Intrusion? Psychosozial Verlag: Giessen, 2003, 241-264. Datler, W.: Pädagogische Professionalität und die Bedeutung des Erlebens. In: Hackl, B., Neuweg, G.H. (Hrsg.): Zur Professionalisierung pädagogischen Handelns. Lit Verlag: Münster, 2004a, 113-130. Datler, W.: Die heilpädagogische Beziehung als Gegenstand der Reflexion und Ort der Veränderung: Über das Ringen um Verstehen, die Erarbeitung von Handlungsspielräumen und das Konzept der „work discussion“. In: Kannewischer, S. u.a. (Hrsg.): Verhalten als subjektiv-sinnhafte Ausdrucksform. Klinkhardt: Bad Heilbrunn, 2004b, 116-126. Kraimer, K. (Hrsg.): Die Fallrekonstruktion. Suhrkamp: Frankfurt, 2000. Oevermann, U.: Theoretische Skizze einer revidierten Theorie professionalisierten Handelns. In: Combe, A., Helsper, W. (Hrsg.): Pädagogische Professionalität. Suhrkamp: Frankfurt, 1996, 70-182. Wernet, A.: Hermeneutik - Kasuistik - Fallverstehen. Kohlhammer: Stuttgart, 2006.

11:35 – 12:15 Uhr

Livia Makrinus (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg)

Qualitative Einblicke in die Relationierung von Theorie und Praxis

Pädagogische Fallarbeit folgt wesentlich dem Anspruch einer Brückenfunktion zwischen dem Spannungspaar von Theorie und Praxis. Seit jeher beschäftigt sich die Lehrer-bildungsforschung mit der Frage, wie universitäres Wissen und berufliches Können fruchtbar zueinander in Beziehung gesetzt werden können und wie der Akteur diesen Vermittlungsprozess vollzieht. Die Wissensverwendungsforschung hat die tradierten Vor-stellungen des Transfers oder der Transformation von Wissen als brüchig dargestellt. Vielmehr handele es sich bei der Vermittlung von Theorie und Praxis um einen Re-lationierungsprozess, in dem der Akteur entsprechend seiner individuellen Erfahrungs-konstellationen Verbindungen zwischen Deutungsoptionen herstellt. Dies vollziehe sich allerdings nicht während des praktischen Tuns, sondern als nachträgliche Rekonstruk-tionsleistung des Praktikers. Im angekündigten Vortrag geht es mir darum, dem, durch die Wissenensverwendungs-forschung etablierten, Begriff der Relationierung differenzierte Konturen zu geben. Hierzu

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ziehe ich die biographisch orientierte Bildungstheorie Winfried Marotzkis heran, der die Herstellung von biographischen Zusammenhängen im Akt des Erzählens ebenso als Prozess der Relationierung darstellt (Marotzki 2006). In einem zweiten Schritt werden Einblicke in solche Relationierungsprozesse anhand qualitativer Einzelfallinterpretationen gegeben. Hierbei liegt der Fokus darauf, wie sich Lehramtsanwärter aus der Sicht des Vorbereitungsdienstes relationierend auf absolvierte studienbegleitende Praxisprojekte mit kasuistischem Ansatz beziehen. Es handelt sich um Ergebnisse meiner Dissertation im Rahmen der Biographie- und Bildungsforschung sowie Professionalisierungsforschung des Lehramts. Dem biographischen Ansatz folgend, wird anhand der Analyse von lebensgeschichtlichen Interviews der Zusammenhang von biographischen Dispositionen, kasuistischer Bearbei-tung und der Relationierung von Theorie und Praxis nachgezeichnet.

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Panel 11 – Fachdidaktik und Fallarbeit

Samstag, 22.01.2011, 10:15 – 12:15 Uhr Raum: G209 Moderation: Prof. Dr. Anke Meisert

Abstracts zu den Vorträgen in Panel 11

10:15 – 10:55 Uhr

Vertr. Prof. Dr. Franziska Siebel (Pädagogische Hochschule Heidelberg), Prof. Dr. Katja Lengnink (Universität Siegen)

„Die Kinder hatten Spaß – aber gelernt haben sie nichts“ – Über die Perspektiven auf Mathematiklernen

Gegenstand des Vortrages ist eine Fallstudienarbeit von Studierenden mit kleinen Schülergruppen. In der Fallstudie wurden den Kindern durch die Studierenden (zum Teil selbst erstellte) Aufgaben vorgelegt, die SchülerInnen wurden in der Bearbeitung von den Studierenden betreut und danach kurz interviewt. Diese Fallstudien fanden im Rahmen einer Vorlesung statt, in der die Studierenden auf die Fallstudie vorbereitet wurden und einen Bericht zum Abschluss verfasst haben, der intensiv rückgemeldet wurde. An den Fallstudien sind einige interessante Beobachtungen zu machen, die für die universitäre Lehrerbildung Fragen aufwerfen. Zunächst kommt die Anwendung eines fachdidaktischen Repertoires durch die Studie-renden in den Blick (wie etwa die Analyse und das Erstellen von intelligenten Aufgaben sowie das Formulieren und Evaluieren von Lernzielen), aber auch Fragen nach den Beliefs der Studierenden (in Bezug auf ihre Rolle und in Bezug auf das Mathematik-lernen). Dies gewährt Einblicke in die Wirksamkeit der universitären Ausbildung. Daran knüpfen sich Fragen der universitären Begleitung solcher Fallstudien oder allgemein von Praxisphasen an, die eine intensivere Ausbeute für den Lernprozess der Studierenden ermöglichen.

10:55 – 11:35 Uhr

Prof. Dr. Christiane Meyer, Anna Lena Harnau, Jens Holland (Leibniz Universität Hannover)

Forschendes Lernen in der Lehramtsausbildung: Ein Erfahrungsbericht zur Erforschung der professionellen Kompetenz von Lehrkräften

Die Forschung zur Professionskompetenz von Lehrkräften bzw. zur Lehrerprofessionalität gewinnt zunehmend an Bedeutung in den Fachdidaktiken, allerdings noch nicht in der Geographiedidaktik. Dieses Forschungsdesiderat wollten Studierende der Leibniz Universität Hannover in einem geographiedidaktischen Forschungsseminar angehen. So erarbeiteten wir uns theoretische Grundlagen, entwickelten einen Fragebogen und formulierten zudem Forschungshypothesen. Anschließend suchten sich die Studierenden Lehrkräfte, die schon langjährig im Beruf stehen (möglichst mehr als zehn Jahre), und interviewten diese zu ihren Erfahrungen in Ausbildung und Schulpraxis, inhaltlichen Präferenzen und bevorzugten Methoden sowie ihren Vorstellungen und Visionen im Hinblick auf guten Geographieunterricht. Der Kontakt zu den interviewten Lehrkräften hat sich unter Berücksichtigung der folgenden Bedingung eher zufällig ergeben: Von diesen Lehrkräften wussten wir vom Hörensagen, von Schülerinnen und Schülern oder/und von Fachkolleginnen und -kollegen, dass Sie guten und ansprechenden Geographieunterricht geben. Im Rahmen dieses Vortrags wird ein Einblick in den Aufbau des Seminars gegeben und es werden die gewonnenen Erfahrungen sowohl zu den Stimmen aus der Praxis in den

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Interviews sowie im Hinblick auf die aus dem Seminar gewonnenen Erkenntnisse durch die Seminarteilnehmer und die Seminarleitung rückblickend bilanziert. "Das wichtigste Curriculum des Lehrers ist seine Person" (Hartmut von Hentig). Bei die-sem didaktisch-methodischen Vorgehen im Rahmen der Lehrerausbildung an der Hochschule handelt es sich somit um die Gewinnung von Fällen von Professions-kompetenz durch empirische Forschung und letztlich darum, dass die angehenden Lehr-kräfte dadurch auch ihr persönliches Curriculum erforschen und weiterentwickeln.

11:35 – 12:15 Uhr

Ralf Merkel, Prof. Dr. Annette Upmeier zu Belzen (Humboldt-Universität zu Berlin)

Einsatz der Fallmethode zur Förderung des vernetzten Denkens im Master of Education in der Didaktik der Biologie

Aufgrund der Strukturierung der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung in die Bereiche Fachwissenschaften, Erziehungswissenschaften und Fachdidaktik nehmen viele Studierende die Ausbildung als fragmentiert und wenig vernetzt wahr. Daraus resultierend haben die Studierenden oft Probleme bei der Erfassung komplexer Problemsituationen im Unterricht. Aufgrund dessen wird in das Mastermodul "Fachbezogenes Unterrichten" der Biologiedidaktik, welches die Studierenden speziell auf das Unterrichten vorbereitet, auf der Basis der Fallmethode gezielt interveniert. Ziel ist die Förderung des vernetzten Denkens der Studierenden. Ein Modell des vernetzten Denkens dient als theoretische Grundlage der Intervention. Es besteht aus drei Komponenten: Diskriminiertheit, Differenziertheit und Integriertheit, welche verschiedene Aspekte des vernetzten Denken darstellen. Im Rahmen dieser Studie liegt der Fokus auf der Entwicklung alternativer Handlungsmöglichkeiten im Bereich des fachdidaktischen Wissens, welches der Komponente Integriertheit entspricht. Die speziell für dieses Modul konzipierten Fälle basieren auf zehn Kategorien des biologisch-fachdidaktischen Wissens. Des Weiteren wurden Interviews mit Referendaren und erfahrenen Lehrern durchgeführt. Zusätzlich werden von Studierenden dokumentierte Fälle aus dem Unterrichtspraktikum zur Fallkonstruktion herangezogen. Die Fälle sind in drei Acts gegliedert und werden auf der Grundlage der fachdidaktischen Kategorien von den Studierenden analysiert, mit dem übergeordneten Ziel der Entwicklung alternativer, vernetzter Handlungsmöglichkeiten. Um die Wirkung der Intervention zu evaluieren, führen die Studierenden in einem Prä- und Posttest eine Fallanalyse durch. Die Tests werden parallel in einer Interventions- und einer Kontrollgruppe durchgeführt. Die Auswertung der Tests wird auf der Basis des Modells des vernetzten Denkens und den fachdidaktischen Kategorien mit der qualitativen Textanalyse durchgeführt. Erste Ergebnisse werden im April 2011 vorliegen.

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Panel 12 – Fallarbeit und Lehr-Lern-Kontexte

Samstag, 22.01.2011, 10:15 – 12:15 Uhr Raum: G309 Moderation: Steffen Albach

Abstracts zu den Vorträgen in Panel 12

10:15 – 10:55 Uhr

Prof. Dr. Margit Datler (Kirchliche Pädagogische Hochschule Wien/Krems)

Möglichkeiten, Grenzen und Gewinn beim „Arbeiten am Fall“ in der LehrerInnenbildung

Damit Lehramtsstudierende über „Fallarbeit“ Professionalisierung entfalten, bedarf es Konzepte, die ein theoriegeleitetes Nachdenken über Unterrichtsgeschehnisse und SchülerInnen-LehrerIn-Beziehungsanalysen gewährleisten. Zudem sollten diese Kon-zepte, die für Fallarbeit nötigen Fähigkeiten der Studierenden schulen bzw. vertiefen. Seit einigen Jahren beschäftige ich mich in der LehrInnenaus- und -weiterbildung an der KPH wie an der Universität mit den Konzepten der „Infant Observation“ und der „Work Discussion“ (die seit den 1950iger Jahren Teil in verschiedenen Ausbildungsgängen an der Tavistock Clinic in London sind). Diese Konzepte, angeboten vom ersten Semester der Unterrichtsbeobachtung bis hin zur Analyse schulpraktischer Erfahrungen, ermög-lichen Studierenden, sich in einer sehr speziellen Art (über eine bestimmte Form von Beobachtungs- und Arbeitsprotokollen, die in Seminaren theoriegeleitet besprochen werden) mit sich als Lehrperson, mit den initiierten und spontanen Unterrichtsprozessen und mit dem Verstehen des Erlebens von SchülerInnen – Einzelfall bezogen – aus-einanderzusetzen. LehrerInnen gestalten/produzieren entwicklungsförderliche, ent-wicklungshemmende Lernprozesse und Abwehrphänomene (die sich manifest in Schulabsenzen, in Lernstörungen, in unkontrollierten Gefühlsausbrüchen, in starken Zu- oder Abneigungen, in Ambivalenzen, …, ausdrücken können) mit. Die genannten Konzepte ermöglichen ein Wahrnehmen und Kennenlernen eigener Tendenzen, welche je nach Passung oder Unvereinbarkeit mit den Neigungen der SchülerInnen/KollegInnen/ LeiterInnen und der Eltern das Konfliktpotential erhöhen oder vermindern. Falldiskussionen ermöglichen das Aufspüren persönlicher Konflikte, die sie hindern, ihre Aufgaben im Lehrberuf in zufriedenstellender Weise zu erfüllen. Im Thematisieren dieser Probleme wird oft deutlich, dass ein Verstehen der eigenen Person und das Verstehen von Beziehungen/SchülerInnenbeziehungen bisher eher in geringem Ausmaß möglich war, was zu narzisstischen Kränkungen führen kann, die im Sinne der Affektkontrolle abgewehrt werden und die ein reflektiertes Arbeiten erschwert bis verhindert. Werden diese Hürden geschafft, profitieren Studierende sehr.

10:55 – 11:35 Uhr

Mag. Nina Hover-Reisner, Mag. Maria Fürstaller, Mag. Antonia Funder (Universität Wien)

„Work Discussion“ nach dem Tavistock-Konzept als Methode der Fallarbeit im Dienste der Professionalisierung in frühpädagogischen Berufsfeldern

Mitglieder der Forschungseinheit psychoanalytische Pädagogik des Instituts für Bildungs-wissenschaft der Universität Wien sind seit geraumer Zeit im Rahmen mehrerer Projekte in die Professionalisierung von ErzieherInnen in Kindertagesstätten involviert. Wir gehen dabei von der Annahme aus, dass Professionalisierungsprozesse insbesondere über die Ausbildung und Kultivierung von „Verstehenskompetenz“ über Fallarbeit erfolgt. Vor dem Hintergrund jüngerer psychoanalytischer Theorien ist diesbezüglich zu unterstreichen,

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dass die Kompetenz des professionellen Verstehens die Fähigkeit einschließt, zu un-bewussten Prozessen Zugang zu finden, welche der „inneren Welt“ von Kindern, Eltern oder ErzieherInnen angehören und Relevanz für die Ausgestaltung von Praxis haben (Kahn 2005; Elfer 2007). Vor diesem Hintergrund setzt das Wiener Team die an der Tavistock Klinik in London entwickelte Methode der „Work Discussion“ bzw. „Arbeit mit Praxisprotokollen“ ein, in deren Rahmen ErzieherInnen kontinuierlich schriftlich abgefasste Fallberichte aus ihrem Berufsalltag präsentieren (Rustin & Bradley 2008). Diese Fallberichte werden im Zuge von Fortbildungseinheiten hinsichtlich der Frage diskutiert, was in den ErzieherInnen sowie in den Menschen vor sich gegangen sein mag, mit denen sie es in den beschriebenen Arbeitssituationen zu tun hatten. Auf diese Weise sollen Erzieherinnen im Hinblick auf das Wahrnehmen und Verstehen der komplexen z.T. unbewussten emotionalen Aspekte über die Arbeit am „Fall“ sensibilisiert werden, von denen der Arbeitsalltag – oft in problem-atischer Weise – geprägt ist (Steinhardt & Reiter 2009). Im Rahmen des Vortrages wird die „Work Discussion“ als Methode der Fallarbeit vorgestellt. Unter Rückgriff auf ausgewählte Praxisprotokolle soll gezeigt werden, wie Verstehenskompetenz über diese Methode der Fallarbeit erarbeitet werden kann und inwiefern damit Professionalisierungsprozesse angestoßen werden können. Literatur: Elfer, P. (2007): Babies and Young Children in Nurseries: Using Psychoanalytic Ideas to Explore Tasks and Interactions. Children & Society 21 (2), 111-122. Khan, W.A. (2005). Holding Fast: The Struggle to Create Resilient Caregiving Organizations. Hove: Brunner-Routledge. Rustin, M. & Bradley, J. (Eds.). (2008): Work Discussion. Learning from reflective practice in work with children and families. London: Karnac. Steinhardt, K. & Reiter, H. (2009). „Work Discussion“ – Lernen durch Beobachtung und Reflexion von Arbeitsprozessen, In G. Diem-Wille & A. Turner (Hrsg.), Ein-Blicke in die Tiefe (S. 136-156). Stuttgart: Klett-Cotta.

11:35 – 12:15 Uhr

Prof. Dr. Rita Marx (Fachhochschule Potsdam)

Fallstricke der Fallarbeit. Oder: Ein Fall ist ein Fall, ist ein Fall, ist ein Fall...

Die konkrete Arbeit an Fällen findet unter methodisch-methodologischen Aspekten immer im Spannungsverhältnis von 'Fall als Exemplum' und 'Fall als Casus' statt. Dieses Spannungsverhältnis während der gesamten Arbeit am Fall aufrechtzuerhalten, stellt eine hochschuldidaktische Herausforderung dar, die in diesem Beitrag theoretisch reflektiert und praktisch skizziert wird. Lesen von Fallberichten, Erstellen von Fallberichten, Verstehen von Fällen und Umgang mit Fällen sind Bereiche, in denen Fallarbeit stattfindet. Jeder dieser Bereiche ist mit spezifischen Schwierigkeiten verbunden. Für diese Schwierigkeiten zunächst zu sensibilisieren ist der erste Schritt in der Fallarbeit. Damit verbunden sind dann auch der Erwerb einer Haltung und das Erlernen von Handlungs-kompetenzen. Fallarbeit in der Lehre hat insofern zum Ziel, Studierende in einen professionellen Umgang mit Fällen einzusozialisieren. Grundlage des Beitrags stellen Erfahrungen mit der Fallarbeit dar, die im Rahmen der Lehre im Studiengang der Sozialen Arbeit und im Studiengang Bildung und Erziehung in der Kindheit gemacht wurden.

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Personenverzeichnis

Albach, Steffen (Universität Hildesheim) ............................................................... 12, 40 Alexi, Sarah (Universität Kassel) ........................................................................... 10, 15 Arnold, Karl-Heinz, Prof. Dr. (Universität Hildesheim) ........................................... 11, 30 Brauch, Nicola, StR’in Dr. (Universität Freiburg) ................................................... 10, 23 Bräuer, Christoph, Dr. (Wolfgang Ernst Gymnasium Büdingen) ............................ 10, 21 Brusberg-Kiermeier, Stefani, Prof. Dr. (Universität Hildesheim) ............................ 11, 27 Cloos, Peter, Prof. Dr. (Universität Hildesheim) .................................................... 12, 35 Corsten, Michael, Prof. Dr. (Universität Hildesheim) ............................................. 10, 18 Datler, Margit, Prof. Dr. (Kirchliche Pädagogische Hochschule Wien/Krems)........ 12, 40 Datler, Wilfried, Ao. Univ.-Prof. Dr. (Universität Wien) ........................................... 12, 36 Eisenstein, Jana (Universität Hildesheim) ............................................................. 12, 32 Frei, Peter, Prof. Dr. (Universität Hildesheim) ........................................... 10, 12, 15, 32 Funder, Antonia, Mag. (Universität Wien) ............................................................. 12, 40 Fürstaller, Maria, Mag. (Universität Wien) ............................................................. 12, 40 Graff, Thyra (Universität Hildesheim) .................................................................... 12, 32 Grimminger, Elke, Dr. (Universität Freiburg) ......................................................... 12, 33 Harnau, Anna Lena (Leibniz Universität Hannover) .............................................. 12, 38 Hauenschild, Katrin, Prof. Dr. (Universität Hildesheim) ................................... 10, 11, 25 Heinzel, Friederike, Prof. Dr. (Universität Kassel) ................................................. 10, 15 Hess, Simone, Dr. (PH Ludwigsburg) ................................................................... 10, 24 Holland, Jens (Universität Hannover) .................................................................... 12, 38 Hover-Reisner, Nina, Mag. (Universität Wien)....................................................... 12, 40 Idel, Till-Sebastian, Dr. (Johannes Gutenberg-Universität Mainz) ......................... 12, 32 Jäkel, Olaf, Prof. Dr. (Universität Flensburg) ......................................................... 11, 28 Kern, Friederike, PD Dr. (Universität Hildesheim) ............................................. 9, 11, 14 Knoll, Christina (Universität Hildesheim) ............................................................... 11, 27 Koch-Priewe, Barbara, Prof. Dr. (Universität Bielefeld) ..................................... 9, 12, 13 König, Anke, Prof. Dr. (Universität Vechta) ........................................................... 10, 18 Kraus, Anja, Juniorprofessorin, Dr. (PH Ludwigsburg) .......................................... 11, 30 Krummheuer, Götz, Prof. Dr. (Universität Frankfurt) ......................................... 9, 11, 14 Kruse, Jan, Dr. (Universität Freiburg) .................................................................... 10, 23 Kühn, Corinna (Universität Vechta) ....................................................................... 10, 18 Kurth-Buchholz, Elke, Dr. (TU Braunschweig)....................................................... 10, 19 Lengnink, Katja, Prof. Dr. (Universität Siegen) ...................................................... 12, 38 Lenz, Friedrich, Prof. Dr. (Universität Hildesheim) ................................................ 11, 28 Lindow, Ina (HU Berlin) ......................................................................................... 10, 21 Lüsebrink, Ilka, Prof. Dr. (PH Freiburg) ................................................................. 12, 33 Makrinus, Livia (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) ................................ 12, 36 Marini, Uta (Universität Kassel) ............................................................................. 10, 15 Marx, Rita, Prof. Dr. (Fachhochschule Potsdam) .................................................. 12, 41 Meisert, Anke, Prof. Dr. (Universität Hildesheim) .................................................. 12, 38 Merkel, Ralf (HUBerlin) ......................................................................................... 12, 39 Messmer, Roland, Prof. Dr. (Pädagogische Hochschule fhnw) ............................. 10, 16 Meyer, Christiane, Prof. Dr. (Leibniz Universität Hannover) .................................. 12, 38 Münch, Tanja (HU Berlin) ..................................................................................... 10, 21 Nentwig-Gesemann, Iris, Prof. Dr. (Alice-Salomon Hochschule Berlin) . 9, 11, 12, 14, 35 Pflugmacher, Torsten, Prof. Dr. (Universität Mainz) .............................................. 10, 16 Pieper, Irene, Prof. Dr. (Universität Hildesheim) .................................... 9, 10, 11, 14, 21 Pollert, Janine (TU Dortmund) .............................................................................. 10, 18 Rabenstein, Kerstin, Dr. (Universität Potsdam) ..................................................... 12, 32 Reh, Sabine, Prof. Dr. (TU Berlin) ......................................................................... 12, 32

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Reiber, Karin, Prof. Dr. (Hochschule Esslingen) .................................................... 11, 25 Reichertz, Jo, Prof. Dr. (Universität Duisburg-Essen) ........................................ 9, 10, 13 Rönz, Constanze (Universität Hamburg) ............................................................... 10, 23 Scherf, Daniel, A.R.a.Z. (Universität Augsburg) .................................................... 10, 22 Schierz, Matthias, Prof. Dr. (Universität Oldenburg) .......................................... 9, 11, 14 Schwab, Götz, Dr. (PH Ludwigsburg) ................................................................... 11, 28 Siebel, Franziska, Vertr. Prof. Dr. (PH Heidelberg) ............................................... 12, 38 Spann, Harald, Mag. Dr. (PH Oberösterreich) ....................................................... 11, 27 Steiner, Edmund, Dr. (PH Wallis) .......................................................................... 11, 30 Teske, Ulrich, Prof. Dr. (Universität Hildesheim) ................................................... 11, 27 Turner, Agnes, Dr. (Universität Klagenfurt) ........................................................... 11, 25 Upmeier zu Belzen, Annette, Prof. Dr. (HU Berlin) ................................................ 12, 39 Wemme, Sina (Universität Hildesheim) ................................................................. 10, 19 Ziegenmeyer, Birgit (Universität Hildesheim) ........................................................ 12, 32