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[j. Orn, 110 Kurze Mitteilungen [ 113 Eidechsenschwanz als Vogelbeute. -- Schon vor l~ngerer Zeit machte reich mein damaliger Mitarbeiter K. SCHWAMMBnRC~t~ darauf aufmerksam, dag bei den meisten Zauneidechsen in den Weinbergen des Bottwartales im Kreis Ludwigsburg die Schw~inze regeneriert seien oder fehlten. Er meinte damals, dat~ doch unm6glich so viele Eidechsen einem Feind gerade nodx durch Schwanzabstogen entkommen konnten. Wir kamen auf keine L~sung des Problems. Ich wurde an das Eidechsen-Problem wieder erinnert, als im Januar 1971 in Zentralafrika eine der am Haus nistenden Witwenstelzen (Motacilla aguimp) soeben ein gr6geres Beutetier gefangen hatte, das sie in der tiblichen Weise durch Klopfen auf dem Boden bearbeitete. Es hartdelte sich um eine junge Eidechse. Ich dachte sofort, dat~ diese Beute, obwohl es sich urn ein ganz junges Tier handelte, fiir die Witwenstelze doch zu grog sei. Pl~Stzlich stiefg die Eidechse den Schwanz ab. Sofort lieg die Witwenstelze die Eidechse los, fief dern Schwanz nach, der sich no& bewegte, packte und verschluckte ihn. Darauf bli&te sie die auf dem Rii&en liegende junge Eide&se nur no& kurz an und entfernte si&, ohne sie welter zu be- achten. Die Eidechse erholte sich nach einiger Zeit wieder, sie war ohne Schwanz noch 33 cm lang. Das Ganze machte den Eindru&, als ob die Witwenstetze tats~ichlich nur darauf aus gewesen w~ire, den Schwanz zu erbeuten und als ob sie die Eidechse gewissermagen nur als Lieferanten des Schwanzes betrachtete. Nach der Selbstverst~tndlichkeit, mit der si& alles abspielte, halte ich es fiir wahrscheinlich, dag dies kein erstmaliger Vorgang war, sondern vermute, dag sich diese Witwenstelze schon/Sfters dieser Methode bedient hat. Es w~ire immerhin denkbar, dag gelegentlich an& europ~iische V/Sgel auf diesen ,,Tri&" ver- fallen und dab in manchen Gebieten, in denen die Eidechsen h~iufig sind, schwanzlose Eideeh- sen auf solche ,,Spezialisten" zuriickgefiihrt werden k~Snnten. Hans L6hrl, Vogelwarte Radolfzell, 7761 M6ggingen, Am Schlogberg Tannenmeise (Parus ater) mit drei erfolgreichen Bruten. -- Die Tannenmeise macht nadl unseren Handbiichern regelm~it~ig zwei Bruten. An anderer Stelle (Vogelwett 1970) babe ich bereits angedeutet, daig auch bei Tannenmeisen der Anteil der Paare, die zweimal briJten, starken Schwankungen unterliegt. Immerhin kann man sagen, daf~ yon den acht europ~ilschen Parus-Arten die Tannenmeise am hiiufigsten zweimal briket. In Oldenburg (Bad Zwlschenahn) land OLTMeI~ (in litt.) 1969 drei Bruten 11intereinander in derselben Nisth/Shle in einem KiefernwaId, wo bei 100 Nisth~Shlen auf 10 ha nur dieses eine Paar briitete. Es ist also sehr wahrscheinlich, dafg es sich um dasselbe Paar handelte. Die Jungen der letzten Brut wurden dort abet, wohl infolge starken Flohbefalls, verlassen und gingen ein. 1971 gelang ein endgiJltiger Nachweis einer Drittbrut in unserem Versuchsgebiet G6ggingen, einem Fichtenrevier im oberschwiibischen Moriinengebiet, 650 m hoch. Die weiBliche Tannen- meise BA 49 309 war 1969 beringt worden, sie hatte damals zweimal gebriitet, zun~ichst in der Ho]zbetonh/Shle Schwegler Nr. 16, die zweite Brut machte sie in der Nachbarh~Shle 17. Lege- beginn war fiir die erste Brut der 27. 4, fiir die zweite der 16.6. 1969. Die Jungen der zweiten Brut flogen am 21./22.7. aus. 1970 briitete dieselbe Tannenmeise wieder in Nr. 16 mit Legebeginn etwa am 29.4.; Lege- beginn der zweiten Brut, wiederum in I-I~5hleNr. 17, war der 15.6. 1970. Die Jungen flogen, wie 1969, am 21./22.7. aus. 1971 begann die nunmehr mindestens dreijiihrige Tannenmeise wiederum in H/ShIe Nr. 16, Legebeginn schon am 15.4. 1971. Die NachbarhShle 17 war diesmal yon einem Kleiber be- setzt. Die zweite Brut land in derselben H6hle start, Legebeginn am 23.5, als die Jungen der ersten Brut no& nicht ausgeflogen waren. Als die Jungen dieser zweiten Brut, die am 1.7. 18t~igig und noch in der H6hle waren, am 3.7. -- wahrseheinlicher schon am 2. 7. -- das Nest verlassen hatten, lagen nicht weniger als 6 frische, warme, also bebriitete Eier darin. Zu den Jungen der zweiten Brut waren also, wenn diese am 2.7. ausflogen, mindestens 5 Eier ins Nest gelegt, also eine Schachtelbrut mit

Tannenmeise(Parus ater) mit drei erfolgreichen Bruten

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[j. Orn, 110 Kurze Mitteilungen [ 113

Eidechsenschwanz als Vogelbeute. - - Schon vor l~ngerer Zeit machte reich mein damaliger Mitarbeiter K. SCHWAMMBnRC~t~ darauf aufmerksam, dag bei den meisten Zauneidechsen in den Weinbergen des Bottwartales im Kreis Ludwigsburg die Schw~inze regeneriert seien oder fehlten. Er meinte damals, dat~ doch unm6glich so viele Eidechsen einem Feind gerade nodx durch Schwanzabstogen entkommen konnten. Wir kamen auf keine L~sung des Problems.

Ich wurde an das Eidechsen-Problem wieder erinnert, als im Januar 1971 in Zentralafrika eine der am Haus nistenden Witwenstelzen (Motacilla aguimp) soeben ein gr6geres Beutetier gefangen hatte, das sie in der tiblichen Weise durch Klopfen auf dem Boden bearbeitete. Es hartdelte sich um eine junge Eidechse. Ich dachte sofort, dat~ diese Beute, obwohl es sich urn ein ganz junges Tier handelte, fiir die Witwenstelze doch zu grog sei. Pl~Stzlich stiefg die Eidechse den Schwanz ab. Sofort lieg die Witwenstelze die Eidechse los, fief dern Schwanz nach, der sich no& bewegte, packte und verschluckte ihn. Darauf bli&te sie die auf dem Rii&en liegende junge Eide&se nur no& kurz an und entfernte si&, ohne sie welter zu be- achten. Die Eidechse erholte sich nach einiger Zeit wieder, sie war ohne Schwanz noch 33 cm lang. Das Ganze machte den Eindru&, als ob die Witwenstetze tats~ichlich nur darauf aus gewesen w~ire, den Schwanz zu erbeuten und als ob sie die Eidechse gewissermagen nur als Lieferanten des Schwanzes betrachtete. Nach der Selbstverst~tndlichkeit, mit der si& alles abspielte, halte ich es fiir wahrscheinlich, dag dies kein erstmaliger Vorgang war, sondern vermute, dag sich diese Witwenstelze schon/Sfters dieser Methode bedient hat. Es w~ire immerhin denkbar, dag gelegentlich an& europ~iische V/Sgel auf diesen ,,Tri&" ver- fallen und dab in manchen Gebieten, in denen die Eidechsen h~iufig sind, schwanzlose Eideeh- sen auf solche ,,Spezialisten" zuriickgefiihrt werden k~Snnten.

Hans L6hrl, Vogelwarte Radolfzell, 7761 M6ggingen, Am Schlogberg

Tannenmeise (Parus ater) mit drei erfolgreichen Bruten. - - Die Tannenmeise macht nadl unseren Handbiichern regelm~it~ig zwei Bruten. An anderer Stelle (Vogelwett 1970) babe ich bereits angedeutet, daig auch bei Tannenmeisen der Anteil der Paare, die zweimal briJten, starken Schwankungen unterliegt. Immerhin kann man sagen, daf~ yon den acht europ~ilschen Parus-Arten die Tannenmeise am hiiufigsten zweimal briket.

In Oldenburg (Bad Zwlschenahn) land OLTMeI~ (in litt.) 1969 drei Bruten 11intereinander in derselben Nisth/Shle in einem KiefernwaId, wo bei 100 Nisth~Shlen auf 10 ha nur dieses eine Paar briitete. Es ist also sehr wahrscheinlich, dafg es sich um dasselbe Paar handelte. Die Jungen der letzten Brut wurden dort abet, wohl infolge starken Flohbefalls, verlassen und gingen ein.

1971 gelang ein endgiJltiger Nachweis einer Drittbrut in unserem Versuchsgebiet G6ggingen, einem Fichtenrevier im oberschwiibischen Moriinengebiet, 650 m hoch. Die weiBliche Tannen- meise BA 49 309 war 1969 beringt worden, sie hatte damals zweimal gebriitet, zun~ichst in der Ho]zbetonh/Shle Schwegler Nr. 16, die zweite Brut machte sie in der Nachbarh~Shle 17. Lege- beginn war fiir die erste Brut der 27. 4, fiir die zweite der 16.6. 1969. Die Jungen der zweiten Brut flogen am 21./22.7. aus.

1970 briitete dieselbe Tannenmeise wieder in Nr. 16 mit Legebeginn etwa am 29.4.; Lege- beginn der zweiten Brut, wiederum in I-I~5hle Nr. 17, war der 15.6. 1970. Die Jungen flogen, wie 1969, am 21./22.7. aus.

1971 begann die nunmehr mindestens dreijiihrige Tannenmeise wiederum in H/ShIe Nr. 16, Legebeginn schon am 15.4. 1971. Die NachbarhShle 17 war diesmal yon einem Kleiber be- setzt. Die zweite Brut land in derselben H6hle start, Legebeginn am 23.5, als die Jungen der ersten Brut no& nicht ausgeflogen waren.

Als die Jungen dieser zweiten Brut, die am 1.7. 18t~igig und noch in der H6hle waren, am 3.7. - - wahrseheinlicher schon am 2. 7. - - das Nest verlassen hatten, lagen nicht weniger als 6 frische, warme, also bebriitete Eier darin. Zu den Jungen der zweiten Brut waren also, wenn diese am 2.7. ausflogen, mindestens 5 Eier ins Nest gelegt, also eine Schachtelbrut mit

Heft 1 ] Kurze Mitteilungen 111 1972

aut~ergew/Shnlich langer ~berlappungszeit. Schachtelbruten mit 1--2 zu den Jungen ins Nest gelegten Eiern haben wit vereinzelt schon ~5t:ters nachweisen k/Snnen. Nach dem Schliipfen der Jungen wurde das ~ zur Sicherheit nochmals zur Kontrolle gefangen. Die Jungen dieser drltten Brut wurden am 26.7. beringt und diirften um den 3.8. ausgeflogen seln. Die ge- samte Fortpflanzungsphase dauerte also, vom ersten Ei bis zum Ausfliegen der letzten Jungen geredlnet, etwa 110 Tage, rechnet man die Nestbauzeit und die Versorgung der ausgeflogenen Jungen hinzu, mindestens 120 Tage.

Es w~ire allerdings nicht richtig, aus diesen Daten den Schlu~ zu ziehen, der fri~he Lege- beginn k/Snne als Ursadle fiir das dreimalige Briiten angesehen werden. Zweifellos war er Voraussetzung dafiir, doch batten wir in w~rmeren Gebieten des Schwarzwaldes im Raum Baden-Baden schon mehrfac.h viel frfihere Legebeginne, ohne dat~ anschliet'~end drei Bruten erfolgt w~iren.

Hans Lahrl, Vogelwarte Radolfzell, 776l MiSggingen, Am Schlo~berg

Mergus serrator schioeIeri. - - Der "iron SCHISLEK major benannte Mittels~iger West- GrSnlands mui~te wegen major Dubois 1860 umbenannt werden. Der Ersatzname schioeIeri wird allgemein SALOMONS~N 1949 zugeschrieben, so z.B. yon VAURI~ (Birds of Palearctic Fauna. Nonpasseres, 1965 p. 138) nnd in der Check-list of North American Birds 5 th ed. p. 97, 1957. Hierbei ist jedoch tibersehen worden, daf~ bereits O. KLEINSCHMIDT 1943 (Katalog meiner ornithologischen Sammlung p. 211) schreibt: ,,(Mergus Serratrix) schioeleri, 8699, (~ Juli, Holstenborg, grislier, Fig. 26,2, Typus = major (Sch.)." Als Autor der meist anerkannten - - wenn auch nach den Angaben in der Literatur nur schwa& ausgepr~igten - - Form hat somit O. KLEINSCHMIDT ZU gelten, dessen Neubenennung mehrere Jahre friiher erfolgte als die SALOMONSEN'S. Auffallenderweise fehlt der Name auch in der verdienstvollen Ubersicht der yon KLelNSCH~tlDT benannten Formen yon S. ECK (Zool. Abhandl. staatl. Mus. Tierkde Dresden 31, Nr. 7, 1970).

Kurt Graf~ler, DDR-701 Leipzig, Perthesstr. 5

W e l c h e s F l i i g e l m a f l i s t richtig? - - Das zur Formenanalyse wohl wichtigste Merkmal ist die Fltigell~nge. Leider werden hierfiir immer noch verschiedene Mel~methoden empfohlen, die durch allzu knappe Beschreibung oft auch unterschiedlich ausgelegt werden kSnnen. An frischtotem bzw. lebendem Material vorgenommene Messungen ergeben dar(iber hinaus durch- wegs andere Werte als an ~ilterem Balgmaterial erzielte. Wirklich vergleichbar sind Resultate also erst damn, wenn sie mit der gleichen Methodik und beim gleichen Zustand des zu ver- messenden Objektes erhalten worden sin& - - In meinem ,,Identification Guide to European Passerines" (1970) habe ich versucht, die drei gebr~iuchlichsten Mef~verfahren zu beschreiben: 1) Abstand Bug--Spitze ohne Flachdriicken oder seitliche Ausrichtung, 2) der Ahstand bei flachgedriS.cktem Fliigel und 3) der Abstand bei flachgedrticktem und seitw~rts ausgerichtetem Fltigel. Ich selber befi~rworte Methode 3, gebe aber in meinem Guide aus praktischen Grtin- den solche Ma~e wieder, die mit Methode 2 erhaIten worden sin& Zu diesen meinen Be- schreibungen hat unliingst Herr Dr. H. Ke~M Stellung genommen (J. Orn. 111: 482--494). Er ist mit diesen Mef~verfahren nicht zufrieden und ftigt ein weiteres hinzu, welches er Methode KLEINSCHMIDT nennt. Dieses Mai~ wird bei st~irkstm6glichem Durchdrticken der Digitalgelenke in dorsoventraler und lateraler Richtung erreicht. Es sei zugestanden, daft hierdurch ein Maximalwert fiir die Fliigell~inge erreicht werden kann und aueh ein hSheres Mat~ an Repro- duzierbarkeit und Genauigkeit erzielt wird. An frischtotem Material angewandt, dtirfte diese Methode ideal sein, wenn es darum geht, ein wissenschafttich eindeutiges und exaktes Liingenmai~ zu erhahen. Auch ich empfehle entgegen der Behauptung yon KELM die Maximal- l~inge. Ich machte aber dringend davon abraten, die Methode KLEINSCHMIDT fiir lebende Kleinv~Sgel, die nach der Vermessung wieder in Freiheit gesetzt werden sollen, anzuwenden (in K~LMS Arbeit handelt es sich um Balgmaterial robusterer Arten). Fingerferdgkeit und