Tauler Predigt 51

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  • 8/9/2019 Tauler Predigt 51

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    Johannes Tauler Predigt 51

    Diese Predigt nach Sankt Lukas auf den Dreizehnten Sonntag (nach Dreifaltigkeit) lehrtuns, Gott allein zu suchen und unsere eigene Blindheit und Niedrigkeit zu erkennen. Sowerden wir zu rechter Demut des Geistes und der Natur gelangen.

    MAN LIEST, da sich unser Herr einst freute, als er mit innerem Blick, diebetrachtete, die von seinem Vater auserwhlt worden waren, und sprach: "Ich dankedir, himmlischer Vater, da du diese Dinge vor den Groen und Weisen dieser Welt verborgen und sie den Kleinen geoffenbart hast." Dann wandte er sich zu seinengeliebten Jngern, sah sie an und hub mit der frohen Botschaft an, die man heute frdie Woche liest, im Offizium der Zeit: "Glcklich die Augen, die sehen, was ihr seht;

    denn viele Knige und Propheten begehrten zu sehen, was ihr jetzt seht, und sahenes nicht, zu hren, was ihr hrt, und hrten es nicht." Da kam ein Meister imGesetze, :wollte unseren Herrn versuchen und zu Fall bringen, fragte ihn und sprach:"Meister, was mu ich tun, um das ewige Leben zu besitzen?" Unser Herr antworteteihm freundlich, obwohl er wute, da sein Sinn bse war: "Wie liesest du im Gesetz?"

    Da antwortete jener: Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen und von ganzerSeele, aus deinem ganzen Gemte und deinen Nchsten wie dich selbst." Da sprachunser Herr: "Tu das, und du wirst ewig leben."

    Doch wir betrachten (jetzt) das erste Wort: "Selig die Augen, die sehen, was ihrseht." Der Mensch besitzt zweierlei Augen, uere und innere. Und htte er di,einneren nicht, so wre es um das uere als ein sehr geringes und schwaches Dingschlecht bestellt und auch um den ganzen Menschen, und dieser unterschiede sichnicht von gezhmtem oder wildem Getier.

    Wie kann es, meine Lieben, nun dazu kommen, da der edle Verstand, das innere

    Auge, so erbarmungswrdig verblendet ist, da es das wahre Licht nicht sieht? Derverderbliche Schaden ist daher gekommen, da (ber des Menschen inneres Auge)eine dicke, grobe Haut gelegt, ein dickes Fell gezogen wurde; das ist die Liebe und dieNeigung zu den Geschpfen, zu sich selbst oder etwas des Seinen; davon ist derMensch blind und taub geworden, er sei in welchem Stand auch immer, dem weltlichen oder geistlichen. Und in diesem Zustand empfangen diese Leute denheiligen Leib unseres Herrn, und je fter sie das tun, um so tauber und blinderwerden sie, und jene Haut wird immer dicker. Woher, glaubt ihr wohl, kommt das,da der Mensch auf keine Weise in seinen Grund gelangen knne? Das kommt

    daher, da so manche dicke, schreckliche Haut darber gezogen ist, ganz so dick wieeine Ochsenstirn: die haben ihm seine Innerlichkeit verdeckt, da weder Gott noch

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    er selber da hineingelangen kann; der Eingang ist verwachsen. Wisset, mancheMenschen knnen dreiig oder vierzig (solcher) Hute haben, dick, grob, schwarz,wie Brenhute, Was sind das fr Hute?

    Das ist ein jegliches Ding, dem du dich mit freiem Willen zukehrst: Antrieb zu(selbstschtigen) Worten und Werken zur Gewinnung von Gunst oder (aber) Triebzur Abneigung (gegen einen anderen Menschen), Hochmut, Eigenwillen, Wohlgefallen an irgendeinem Ding, das mit Gott nichts zu tun hat, Hrte,Leichtfertigkeit, Unachtsamkeit im Betragen und dergleichen mehr. Solche Dinge bilden alle dicke Hute und groe Hindernisse, die dem Menschen die Sichtverdunkeln. Sobald aber der Mensch sich mit Schmerzen davon Rechenschaft gibt,sich demtig vor Gott schuldig bekennt und, was noch besser ist, den Entschlu fat,sich zu bessern, soweit das nur in seinen Krften steht, wird (noch) alles gut.

    Manchen Leuten kann man aber sagen, was man will: s.ie hren davon nicht mehr,als wenn sie schliefen. So sehr sind ihnen die Felle vor den Augen und Ohrengewachsen. Von ihren Gtzen wollen" sie nicht lassen, welcher Art die auch seien. Sieverhalten sich wie Rahel, die sich auf ihre Abgtter setzte. Die Bilder, die man vondiesen besitzt, die machen die Hindernisse (im Fortschreiten) aus. Und die Felle bedecken die inneren Augen und die Ohren so dicht, da die Augen der Vernunftnicht sehen knnen, wovon sie selig werden: "Selig sind die Augen, die sehen, was ihrsehet."

    Ein Mensch, der bei Sinnen ist, knnte von sich selbst aus beobachten, wie wunderbar es sein mu, mit dem zu sein, der der Ursprung all dieser Wunder ist, wenn nichtige und weltliche Menschen sich (schon) so wohl fhlen bei denGeschpfen, die doch gar nichts sind.

    Unser Herr nannte seine Jnger selig, um dessentwillen, was sie sahen. Betrachtenwir die Dinge nher, so sollten wir uns (wohl auch) selig schtzen, denn wir sehen von unserem Herrn Jesus Christus weit mehr als (etwa) Sankt Petrus oder SanktJohannes. Sie sahen einen armen, schwachen, leidenden, sterblichen Menschen vor

    sich; wir aber erkennen kraft unseres heiligen, edlen Glaubens (in ihm) einengroen, ehrwrdigen, gewaltigen Gott und Herrn, der Himmel und Erde und alleGeschpfe aus nichts geschaffen hat. Betrachten wir das richtig, so finden unsereAugen und unsere Seelen (darin) ewiges Heil.

    Meine Lieben! Die groen Gotteslehrer und die Lesemeister streiten sich ber dieFrage, ob Erkenntnis oder Liebe (fr die Heiligung des Menschen) wichtiger undedler sei. Wir aber wollen hier jetzt sprechen von den Lebemeistern. Wenn wir in denHimmel kommen, werden wir gewi aller Dinge Wahrheit schauen. Unser Herr

    sagte: "Eines ist Not!" Welches ist nun dieses eine? Dieses eine besteht darin, da duerkennest dein Nichts, das dein eigen ist, erkennest, was du bist und wer du ;aus dirselber bist. Um dieses eine hast du unserem Herrn solche Angst .eingeflt, da er

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    Blut geschwitzt hat. Darum, da du dieses eine nicht erkennen wolltest, hat er amKreuz gerufen: "Mein Gott, mein Gott, wie hast du mich verlassen!", denn

    dieses eine, das Not ist, sollte von allen Menschen so ganz preis. gegeben werden.Lat darum fahren alles, was ich selbst und alle Lehrmeister je gelehrt haben, (alles, was sie) ber Wirksamkeit und Beschauung, ber erhabene Betrachtung (gesagthaben), und lernt allein dieses eine, da euch das werde: dann habt ihr gutgearbeitet. Darum sprach unser Herr: "Maria hat das beste Teil erwhlt", ja das bestevon allem.

    Wahrlich, knntest du dies erlangen, du httest alles erlangt, nicht einen Teil,sondern alles. Freilich besteht dies nicht darin, wie etliche Leute das tun, so

    vernnftig und demtig von ihrem Nichts zu reden, ganz so, als ob sie diese edleTugend wesenhaft besen, und dabei kommen sie sich in ihrer Selbsteinschtzunghher vor als der Dom dieser Stadt. Solche Leute wollen gro scheinen; sie betrgendie anderen (damit), zuallermeist aber sich. selbst, denn sie sind diejenigen, welchein Wahrheit betrogen bleiben.

    Meine Lieben! Dieser Grund ist wenigen bekannt. Nehmt an, es seien drei von allden Leuten, die hier sind, die das betrifft.

    Es befindet sich weder im Denken noch in der Vernunft. Aber es hilft wahrlich schon viel, wenn man es sich immer wieder vor Augen rckt, und auch durch die bungkommt man zum Sein, denn fleiige bung lt uns das Ziel zuletzt nach Form und

    Sein erreichen. Sobald man merkt, da man innerlich bei Gott - oder uerlich - bei den Menschen - Aufsehen erregen will, soll1 man sogleich sich niedersinkenlassen in den allertiefsten Grund, schnell, unverzglich; in dem Grunde entsinke(dann) in dein Nichts. Da kommen dann etliche, die auch sagen: "Ich tue alle Tagedies oder das, das ist das Leben unseres Herrn", und solcher Worte mehr. Hieltest duvon irgendeiner deiner Ttigkeiten oder bungen irgend etwas, so als ob das einen

    Wert habe, so wre dir viel besser, da du nichts ttest und dich in dein lauteresNichts kehrtest, in deine Untauglichkeit, dein Unvermgen, als da du in groerWirksamkeit stndest, innen oder auen, und du deines Nichts vergest.

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    Die in den Lesarten unterschiedliche Stelle - Vetter, 197,22-23 und der LT: "enies ufsehendes, Wi I, S. 91,19:vpscheissens, der KT: .erhebenslt sich durch Quints Hinweis - Textbuch S. 104 Anm. 13 auf Pred. 43, Vetter 186, 4 -wohl verstehen; demgem ist hier bersetzt.

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    Beginnen wir nun mit dem ueren Menschen: sieh, was du bist. Woher bist dugekommen? Aus unsaubereren, faulem, bsem, unreinem Stoff, widerlich undekelerregend in sich selbst und fr alle Menschen. Und was ist aus dir geworden? Einunreines belriechendes Behltnis voll des Unrates. Und keine noch so reine undnoch so edle Speise, kein noch so herrliches noch so klares Getrnk kann in dicheingehen, ohne in dir unsaubere, belriechende Unreinheit anzunehmen. Und keinMensch hat den anderen so lieb, und htte der um seinetwillen auch das ewigeLeben und die Hllenstrafe gewagt - in der Todesstunde verlt er ihn und flieht inwie einen toten Hund.

    Nun hat Gott alle Geschpfe der (menschlichen) Natur gegenbergestellt: Himmel,Sonne und Sterne. Jetzt friert dich, dann ist dir wieder zu hei; heute reift, morgenschneit es; einmal fhlst du dich wohl, dann (wieder) schmerzt dich (etwas); jetzthungert, dann drstet dich; dieses Mal (plagen dich) Wanzen, ein andermal Spinnen,Fliegen und Flhe2, und du kannst dich oft ihrer nicht erwehren. Sieh, wieviel besserdas vernunftlose Vieh seiner Natur nach daran ist: ihm wachsen die Kleider, darangengt es ihm, sei es warm oder kalt; du mut deine Kleidung dir von ihnen leihenlassen! Und an solcher Armut gewinnst du Vergngen, Freude, Stolz! Ist das nichteine unaussprechliche Blindheit? Den Tieren, dem Vieh gengt es an ihrer Speise,ihrern Trank, an Kleidern und Lager, wie Gott es (ihnen) gegeben hat.

    Nun sieh, was Wunders du alles brauchst, um deine arme Natur zu erhalten! Unddas bereitet dem Menschen auch noch groe Lust, und er begeht schwere Sndenbei Ausnutzung der toten Tiere. Frher weinten die Heiligen, wenn sie essen sollten,und lachten, wenn es in den Tod ging. Aber betrachte dein Nichts weiter! Welch

    Elend in deiner Natur! Betest du, fastest und wachst du gerne? Bittest du gerne imKonvent hingestreckt um Verzeihung deiner Snden?3 Was wird aus all dem? Was du willst, tust du nicht; was du nicht willst, tust du. Wie viele furchtbare Versuchungen bedrngen dich; sieh, Gott verhngt manche Gebrechen ber dich, innen und

    2Die Lesart bei Corin Wi 2, S. 93, 13 und die Lesarten zu Z. 13, die eine Verbindung zu dem LT und AT herstellen - der

    KT hat wieder .woelff" - verdienen den Vorzug.

    3Vetter 198,23 hat eingefgt: .venjest du gerne? Die Drucke der LT, AT, KT, haben daraus" weinestu gerne?" gemacht.

    Ich versuche, durch Einschiebung des Wortes "hingestreckt" die Sachlage zu verdeutlichen.

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    auen, damit du darauf achtest, das eine zu lernen, was not tut. Bleibe fest! Gott lsstdies alles zu um deines Besten willen, damit du durch all das zum Bewutsein deinesNichts gelangest; und das ist dir vielleicht besser, als wenn du mit groen Dingenbeschftigt wrest.

    Aber da kommen die Leute zu dir mit drohenden Gebrden und harten Worten,ferner die groen "Vernnftler" mit ihren ungestmen, groen und erhabenen Ausdrcken, als wenn sie die Apostel (selbst) wren. La dich (da) tief in denGrund sinken, in dein Nichts, und la den Turm mit all seinen Stockwerken berdich fallen. La alle Teufel, die in der Hlle sind, ber dich kommen, Himmel undErde mit all ihren Geschpfen!

    Das alles wird dir auf wunderbare Weise zum Nutzen sein; versenke dich nur (indeinen Grund), und alles wird fr dich zum besten ausschlagen. .

    Nun sagt man mir: "Herr, ich betrachte alle Tage das Leiden unseres Herrn, wie ervor Pilatus stand, vor Herodes, an der Geielsule und hier und dort." Darber willich dich belehren: du sollst deinen Gott nicht wie einen reinen Menschen ansehen,sondern ihn betrachten als allergrten, gewaltigen, ewigen Gott, der Himmel undErde mit einem Worte geschaffen hat und (wieder) vernichten kann, als alles Seinberragenden, unerkennbaren Gott; betrachte, da Gott fr seine armen Geschpfeso zunichte hat werden wollen, und (dann) errte vor Scham, dass du sterblicher,hndischer Mensch jemals an Ehre,' Vorteil, Hoffart gedacht hast; beuge dich unter

    das Kreuz, woher es auch kommt, von auen oder innen. Beuge deinen stolzen Sinnunter (des Heilandes) Dornenkrone, und folge deinem gekreuzigten Gott mitunterworfenem Gemt nach, in wahrer Selbstverkleinerung jeder Art und Weise,innen und auen, da dein groer Gott so zunichte geworden ist, von seinen(eigenen) Geschpfen verurteilt und gekreuzigt worden ist und den Tod er littenhat. Auf solche Weise sollst du dich geduldig leidend und in aller Demut seinemLeiden nachbilden und dich ihm einfgen4

    Das aber tun die Leute nicht; ein jeder denkt wohl an das heilige Leiden unseres

    Herrn, doch in einer erloschenen, blinden Liebe, ohne Mitgefhl5 , so da dieserGedanke nicht in ihr Tun und Treiben hineinwirkt und niemand bereit ist, auf sein Vergngen, seinen Stolz, seine Ehre, die leibliche Befriedigung seiner Sinne zuverzichten, und alle bleiben ganz, wie sie sind.

    4Wrtlich zu Vetter 199,21: "dich da hineindrcken".

    5 Vetter 199, 23 fgt hinter "blinder" das Wort "rower" (von "rou, ro, raa), was ich durch "ohne Mitgefhl" dem

    Sinnzusammenhang gem wiedergegeben habe.

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    Ach, wie wenig Frucht bringt das liebevolle Leiden in diesen Menschen! Die Fruchterscheint in der Nachahmung, der wahrnehmbaren Lebensfhrung, in den Sittenund Handlungen. Auf solche Weise sollst du das heilige Leiden unseres Herrn benund betrachten und darauf bedacht sein, da es lebendige Frucht in dir bringe.

    Und du sollst dich selber vernichten und dich bednken lassen, da die Erde dichunverdientermaen auf ihrem Rcken trage und dich (wundern, da sie dich deinerSnden wegen) nicht verschlinge. Bedenke (auch), da Tausende von Menschen inder Hlle sind, die vielleicht nie soviel Bosheit besessen haben (wie du). Htte ihnenGott ebensoviel des Lichtes und groer guter Gaben verliehen wie dir, aus ihnenwre etwas ganz anderes geworden, als du bist! Deiner hat er geschont, auf dich hater gewartet, sie aber hat er ewig verdammt. Das sollst du oft bedenken und sollstkeinen Tropfen Wassers mit (ungehriger) Freiheit noch vermessener Khnheit zu

    dir zu nehmen wagen, sondern in demtiger Furcht. Gebrauche alle Dinge nach denBedrfnissen deiner Schwachheit und nicht zu deiner Befriedigung.

    Da kommen denn welche, die reden von so groen, vernnftigen, berwesenhaften,berherrlichen Dingen, ganz so, als ob sie ber alle Himmel geflogen wren, unddoch haben sie nie auch nur einen Schritt aus sich selber getan in der Erkenntnisihres eigenen Nichts. Wohl mgen sie zu vernunftmiger Wahrheit gelangt sein,aber zu der lebendigen Wahrheit, die wirklich Wahrheit ist, kommt niemand als aufdem Weg seines Nichts.

    Und wer diesen Weg nicht gegangen ist, wird mit groem Schaden und groerSchande dastehen an dem Tag, an welchem alles offenbar wird.

    Am, da mchten solche Leute wnschen, da sie nie ein geistliches Kleid getragen,nie von hohen vernunftgemen Erkenntnissen vernommen noch damitumgegangen, nie berhmt geworden wren; und sie werden dann wnschen, siehtten tglich das Vieh auf die Weide getrieben und ihr Brot im Schwei (ihres Angesichts) gewonnen. Hret, der Tag wird kommen, da Gott Rechenschaft verlangt von den Gaben seiner Liebe, die er jetzt so freigebig ausstreut und von

    denen der Mensch einen so schlechten Gebrauch ohne alle Frucht macht.

    Die Erniedrigung (deiner selbst) soll keine zweifelnde Furcht mit sich fhren, wie dasbei den Zweiflern der Fall ist, sondern demtige Unterwerfung unter Gott und alleGeschpfe bewirken in rechter Gelassenheit.

    Hielte der Mensch irgend etwas in sich fr Demut, so wre das falsch. Darum sprachunser Herr: Wenn ihr nicht werdet wie dieses Kind, werdet ihr nicht in dasHimmelreim eingehen."

    Darum soll man von dem, was wir tun, nichts halten; denn unser Herr sprach:"Lasset die Kleinen zu mir kommen." Das Erdreich ist das niederste aller Elemente

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    und ist deshalb am weitesten vom Himmel weggeflohen. Und darum gerade jagt ihmder gewaltige Himmel mitsamt Sonne, Mond und Sternen mit all seiner Kraft nach;und gerade auf die Erde bt er, vor allen hheren Elementen, den fruchtbarstenEinflu aus. Wo das Tal am tiefsten ist, da fliet das Wasser am reichlichsten, und die

    Tler sind im allgemeinen fruchtbarer als die Berge.

    Die wahre Verkleinerung seiner selbst versinkt in den gttlichen inneren AbgrundGottes. Da verliert man sich in vlliger und wahrer Verlorenheit seines Selbst. "EinAbgrund ruft den anderen in sich hinein" (Ps. 41, 8). Der geschaffene Abgrund ziehtseiner Tiefe wegen an. Seine Tiefe und sein erkanntes Nichts ziehen denungeschaffenen offenen Abgrund in sich; der eine fliet in den anderen, und esentsteht ein einziges Eins, ein Nichts in dem anderen.

    Das ist das Nichts, von dem Sankt Dionysius sprach, da Gott all das nicht sei, was

    wir nennen, verstehen oder begreifen knnen; da wird der (menschliche) Geist(dem gttlichen) ganz berantwortet; wollte Gott ihn ganz zunichte machen undknnte er selbst (in dieser Vereinigung) zunichte werden, er wrde es aus Liebe zudem Nichts, mit dem er ganz verschmolzen ist, tun, denn er wei nichts mehr, liebtund fhlt nichts mehr als das Eine.

    Meine Lieben! Selig die Augen, die so sehend geworden sind! Von ihnen konnteunser Herr wohl das Wort sprechen: Selig die Augen, die das sehen, was ihr sehet!"Knnten wir doch alle selig werden, dank einer wahren Anschauung unseres eigenen

    Nichts.

    Dazu helfe uns Gott. AM E N.

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