Tauler Predigt 52

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  • 8/9/2019 Tauler Predigt 52

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    J oh an n e s T au l e r P r e di g t 5 2

    Die dritte Auslegung des Evangeliums vom dreizehnten Sonntag (nach Dreifaltigkeit)spricht von drei Arten des Pharisismus, von dreierlei Liebe, dargestellt durch drei Bilder,und unterscheidet drei Arten starker Liebe.

    EIN PHARISER WOLLTE unseren Herrn versuchen und fragte ihn, was er tunsolle, um das ewige Leben zu erlangen. Unser Herr verwies ihn auf sein eigenesWissen und seine eigene berlegung und fragte ihn, was er im Gesetz gelesen habe.Der Phariser antwortete: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinemganzen Herzen, deiner ganzen Seele und deinem ganzen Gemte.

    Liebe Schwestern! Dieser Mann suchte nicht Gott, nicht das ewige Leben, dennseine Absichten waren treulos. Ach, wie ist ein solches Pharisertum jetzt ber dieganze Erde verbreitet! Unter religisem ueren suchten die Leute in ihren Wortenund Werken uere Vorteile; und trotz des Scheines denken sie mehr an uereDinge, an Gut und Ehre und Vorteil; man will gekannt und beachtet sein, will Gunstund Vergngen gewinnen.

    Kurz gesagt: all die Menschenwerke, die getan werden mehr oder lieber in derAbsicht, zu scheinen, gesehen oder gekannt zu werden, als verborgen zu bleiben1, um

    all diese Werke kmmert Gott sich nicht, wie gro und hoch sie immer auchscheinen mgen. Wer die Ursache eines Werkes ist, wer die Geburt gebiert, dem istdie Geburt zu eigen und niemand anderem; das Ende entspricht dem Anfang.

    Aber es gibt auch ein inneres Pharisertum. Bei allem, was ein pharisischer Menschauch tut, denkt er immer nur an sich. So verhalten sich manche geistlichten Leute,die glauben gut mit Gott zu stehen. Betrachtet man aber ihr Werk recht, so lieben siesich nur selbst und haben sich im Grunde nur immer selbst im Sinn, ob es sich nunum (ihr) Gebet oder sonst etwas handelt.

    Aber sie geben sich davon keine Rechenschaft. Und bei einem solchen Menschen wird der Grund kaum je gefgig, in dem einen (freilich) mehr als in dem anderen.Solche Leute tun viele Werke, die (nach auen) als gro erscheinen, laufen um(jeden) Abla, beten, schlagen sich an die Brust, betrachten die schnen Bilder (inden Kirchen), fallen auf die Knie und laufen in der Stadt umher von einer Kirche zuranderen. Und Gott hlt von all dem nichts, denn ihr Herz und ihr Sinn sind nicht zuihm gekehrt.

    1Die Lesart des BT (bei Vetter Lesart zu 246, 18-19) gibt den Sinn, den Tauler meint, deutlich wieder.

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    Sie neigen sich (vielmehr) den Geschpfen zu: da finden sie ihre Lust und ihrGenge mit Willen und Wissen, oder es ist ihr eigen Gut, ihre Bequemlichkeit, ihreLust, ihr Nutzen, innen oder auen (dem sie sich zuwenden). Das ist nicht der Sinndes Gebotes, da man Gott lieben solle von ganzem Herzen, von (ganzer) Seele und

    aus (ganzem) Gemte. Und darum kmmert sich Gott um all dies nicht.

    Dann findet man auch Leute, die ein wenig besser daran sind. Die haben sich nacheiner ersten Verirrung von den weltlichen Dingen abgekehrt, soweit sie nur vermgen. Aber ihr religises Leben ist noch ganz sinnenhaft, ganz auf bildlicheErfassung ausgerichtet. Sie knnen so viel denken an den liebreichen MenschenJesus, wie er geboren ward, sein Leben fhrte, den Tod erlitt, und all das flieet mitviel Lust oder (auch) mit Trnen durch (ihre. Seele), ganz so glatt wie ein Schiff denRhein hinunterfhrt, und das alles ist rein sinnenhaft: das nennt man in den

    Predigten die fleischliche Liebe. Wir wollen es aber sinnenhafte Liebe nennen, dasheit, da diese Menschen in bildhafter Weise nach (der Kraft) ihrer Sinne anunseren Herrn denken, recht vom Haupt bis zu den Fen. Und diese Leute ziehtzuweilen mehr die Lust und das wohlige Gefhl (zu ihrer Betrachtung) als die wahregttliche Liebe.

    Und das ist auch eine pharisische Weise: diese Leute sehen mehr auf ihr Werk alsauf den, in dem alle Werke ihr Ziel finden. Denn sie haben im Sinn und lieben mehrihre Zufriedenheit und ihr wohliges Gefhl (die ihnen aus solcher bung

    erwachsen) als den, auf den ihr Sinn gehen sollte. Darum sehen sie mehr auf dasDrum und Dran als auf das Wesen, mehr auf den Weg als auf das Ziel, mehr auf dasAuen als das Innen.

    Und sie lieben das Dazukommende so sehr, da sie Gott nur zum geringsten Teillauter im Sinn haben; denn die natrliche und die gttliche Liebe laufen gleichenSchrittes nebeneinander her, da man die eine vor der anderen nicht gut erkennenkann. Und es ist wohl sicher, da, wenn ein Mensch auch keine Empfindung derSigkeit htte und alles tte, was in seinen Krften stnde in jeglicher Weise, er sichselber besser kennenlernte. Zwar ist diese Art und diese Empfindung (religisenLebens) nicht das Hchste; aber wollte Gott, da wir viele solcher Leute htten!

    Liebe Schwestern! Von dieser Liebe, die uns geboten ist, spricht Sankt Bernhard: erunterscheidet die se und die weise Liebe; eine dritte Art nennt er die starke Liebe.Diese drei Arten sollt ihr an einem Vergleich mit dreierlei Bildwerken (besser)verstehen lernen. Die erste ist ein hlzernes Bildwerk, ber und ber vergoldet; diezweite ein solches aus Silber, auch vergoldet; die dritte ist ein Werk aus feinem,lauterem Gold. Das hlzerne versinnbildet die se, das silberne die weise Liebe; diestarke Liebe wird durch das goldene Bildwerk dargestellt.

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    Die erste, sinnenhafte, liebevolle, bildhafte Liebe gleicht dem hlzernen Bildwerk:dessen Anblick bereitet dem Betrachtenden groe Freude, wenn es wohl geformtund gebildet und vergoldet ist. Schabt man indes das Gold ab, so ist es kaum zwlfPfennig wert.

    So ist es mit dieser sen, bildhaften Liebe bestellt: sie ist vergoldet mit (dem Gold)der guten Meinung. Schabt man die Vergoldung ab, so ist, was da brigbleibt,geringen Preises wert; aber es erfreut die sinnenhafte Natur (des Menschen). Gottaber zieht und lockt mit solcher Se den Menschen weiter vorwrts, da die wahreLiebe in diesem Empfinden zunehme, in ihm gebildet und geboren werde und dadadurch Freude und Lust an den Geschpfen und allen anderen Dingen in ihmverlsche. Der Mensch soll all (diesen Weg) nicht verwerfen; er soll ihn in Ehrfurchtund Demut gehen und es seiner Kleinheit und seinem Unwert zuschreiben, da man

    ihn dazu so locken und antreiben mu. Er soll ber die bildhaften Vorstellungen aufdie Stufe der Bildlosigkeit steigen, durch die ueren sinnhaften bungen (derFrmmigkeit) (hinein) in sich selber, in den Grund, wo das Reich Gottes in Wahrheit ist. Denn man findet (gar) manchen Menschen, der in der bildhaften Weise (der Frmmigkeit) sehr bewandert ist und groe Freude an solcher bungbesitzt, aber keinerlei Zugang zur Innerlichkeit (seiner Seele) hat: ganz wie ein Bergaus Eisen, in dessen Inneres kein Weg fhrt. Das kommt (bei diesen Menschen) vom Mangel an bung und auch daher, da sie zu sehr bei den sinnlichen Bildernverweilen und dabei verharren und nicht vorwrtskommen und nicht in den Grund

    durchbrechen, wo die lebendige Wahrheit leuchtet: denn man kann nicht zweiHerren dienen: den Sinnen und dem Geist.

    Danach kommt die andere (Art der) Liebe, von der Sankt Bernhard schreibt, die ereine weise, das heit eine vernnftige Liebe nennt. Meine lieben Schwestern! DieseLiebe steht in wunderbarer Weise hoch ber der ersten. Und wir vergleichen sie demsilbernen Bildwerk, das vergoldet ist. Das ist an sich so kostbar, da (wre es grogenug) man eine ganze Kirche damit zieren knnte. So ist diese edle, vernnftige, weise Liebe ein gar edles, kostbares, herrliches Ding. Nun berlege, wie du dahin

    gelangen kannst. Du sollst deinen Grund den ewigen Dingen zuwenden. Wie du zuvor in deiner Betrachtung dich der Bilder bedientest, indem du an die(zeitliche) Geburt (des Herrn) dachtest, an sein Leben, seine Werke, so wende dichnun zur Betrachtung seines inneren Lebens, seines inneren Werkes, seiner ewigenGeburt: wie das ewige Wort in dem vterlichen Herzen geboren wird, getrennt vonihm und doch darinnen bleibend, und wie der Heilige Geist ausfliet und sich (ausdem Vater und dem Sohn) ausbreitet in unaussprechlicher Liebe und in Wohlgefallen, und wie das gttliche Wesen in drei Personen eine einfache lautere

    Einheit ist.

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    Dorthin begib dich, dorthin trag dein Nichtsein, dein Nichts und deine vielfltigeZerstreuung; betrachte das Geheimnis der inneren Verborgenheit der heiligenDreifaltigkeit, und stelle ihr gegenber deine nach auen drngende uerlichkeit.

    Betrachte seine Ewigkeit, die kein "Zuvor" noch "Nachher", sondern nur eingegenwrtiges Besitzen seines Selbst in einem einzigen Augenblick und aller Dinge inihm kennt, und das ohne allen Wandel; dahin trag das Zerflieen und dieUnbestndigkeit deiner Zeit, deines wandelbaren Lebens und Seelengrundes, diekeine Bestndigkeit in sich haben. Auf diese Weise erhebt sich die Liebe besser zur Abgeschiedenheit; sie wird der weisen Liebe gleich und steigt ber alle Bilder,Formen und Gleichnisse und erhebt sich dank der Bilder ber alle Bilder.

    Liebe Schwestern! Diese weise Liebe zieht des Menschen Grund fernab von denfremden, uerlichen Dingen, da er schlielich ihrer ganz vergit. In der ersten Art,

    der sen Liebe, wendet er sich wohl (nur) mit groem Schmerz von diesen Dingenab. In der weisen Liebe aber entfallen die Dinge ihm; er verschmht sie, und esentsteht in ihm ein Ekel und eine Verachtung alles dessen, was Unordnung heit,und dieses Gefhl treibt deine Gunst von den zeitlichen Dingen viel weiter weg, als esgroe uere bungen der Frmmigkeit vermchten. Hier, meine Lieben, wird derMensch in innerlicher Weise in Gott geboren und schaut die gttliche Finsternis, die(sonst) das Erkenntnisvermgen und die Kraft des Schauens jedes geschaffenenGeistes bei weitem bersteigt, der Engel und aller Geschpfe; so wie die Sonne die

    Augen des Menschen durch ihren Glanz blendet, so schreibt Sankt Dionysius, daGott ber all dem steht, was man an Namen, Weisen oder in Bildern von ihm sagenkann, jenseits des Wesens aller Dinge.

    Hat der Mensch (erst einmal) diese innerliche Liebe verkostet, so lt ihn das versinken in sein eigen Nichts und in seine Kleinheit und mit ihnen verschmelzen;denn je klarer und lauterer Gottes Gre in ihn leuchtet, um so deutlicher wird ersich seiner Klarheit und Nichtigkeit bewut. Und da dieses gttliche Einleuchten in Wirklichkeit ein wesentliches Einleuchten war, nicht in Bildern, nicht in die Krfte,sondern in den Grund der Seele, das erkennt man daran, da der Mensch tiefer insein eigenes Nichts versinkt. Dies richtet sich gegen die freien Geister, die mit ihrerfalschen Erleuchtung die Wahrheit erkannt zu haben glauben und die sich mit ihremeigenen Wohlgefallen und ihrer Selbstgeflligkeit erheben, die ihren Sinn auf ihrefalsche Unttigkeit kehren und in unehrerbietiger Weise von unserem Herrnsprechen, ob man noch nicht ber solche Bilder (wie die des Heilandes)hinausgekommen sei und andere ungehrige Worte mehr.

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    So verhlt es sich mit dem Geist in dieser starken Liebe, in der der Herr gegenwrtigist. Sie leuchtet so wesentlich in den Grund, dass der Geist in seiner menschlichenSchwche das nicht ertragen kann; er mu da notwendigerweise zerflieen undwieder in seine Ohnmacht zurckgeworfen werden.

    Da hat der Geist denn keine andere Sttze: er versinkt und entsinkt in dem gttlichen Abgrund und verliert sich in ihm, so da er von sich selber nichts wei; denn dasBild3 Gottes, das dieser Liebe entspricht, ist ihm zu bermchtig. Und dann tut er,ganz wie Elias tat, als er im Eingang zur Hhle stand, was bedeutet: in seinermenschlichen Schwche an der Tre von Gottes Gegenwart. Er zog den Mantelber die Augen, das heit, der Geist entfllt seiner eigenen Erkenntnis und seinereigenen Wirksamkeit; Gott mu alle Dinge in ihm wirken; er mu in ihm erkennen,lieben, denn der menschliche Geist ist in dieser starken Liebe sich selbst entsunken,

    er hat sich in dem Geliebten verloren wie ein Tropfen Wasser im tiefen Meere; er istweit mehr eins mit ihm geworden als die Luft mit der Klarheit der Sonne, wenn dieseam lichten Tag scheint. Was da vor sich geht, das kann man eher erleben als davonsprechen.

    Was bleibt dem Menschen hier brig: nur ein abgrndiges Vernichten seines(eigenen) Selbst und ein gnzliches Verleugnen aller Eigenheit an Willen, Gemt,Leben und Lebensfhrung.

    Denn hier in dieser Verlorenheit versinkt der Mensch in die letzte Tiefe; knnte er

    noch tiefer sinken, derart, da er zunichte wrde aus Liebe und Demut, er tte es garzu gerne. Denn der Drang solchen Vernichtens seines Selbst ist in ihm lebendiggeworden. Er dnkt sich unwrdig, ein Mensch zu sein, in eine Kirche zu gehen, dasKruzifix anzublicken, das da an die Wand gemalt ist, (ja) er dnkt sich rger als derbse Feind. Aber das Leiden unseres Herrn und seine heilige Menschheit ist ihm nieso von Grund aus lieb gewesen, und ihm ist, als beginne er (jetzt) erst zu leben; und jetzt erst beginnt er so recht mit allen Tugenden und heiligen bungen. Und dies(neue Leben) wchst in ihm in wesenhafter Weise in dem geringsten wie in demgrten Ding; denn das grte und das kleinste sind in ihm eins.

    Denn Gott hat ja auch die Dinge der Natur so geordnet, dass das niederste demhchsten entspricht. Der Himmel ist das oberste und das Erdreich das niederste.Nun wirkt der Himmel nirgendwo fruchtbringender als in der Niederung der Erde.Und so wirkt auch Gottes Arbeit nirgendwo fruchtbringender und gttlicher als inder tiefsten Niedrigkeit des Menschen.

    3Vetter 251, 15; wrtlich: der gttliche Gegenstand, der dieser Liebe entspricht, ist ihm zu bermchtig.

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    Und wie die Sonne die Feuchtigkeit aus dem niederen Erdreich zieht, so zieht derhohe Gott den (menschlichen) Geist zu sich hinauf, dass dieser empfindet, whnt,glaubt ganz und gar Gott zu sein; und dann sinkt er ganz in sich ' nieder und glaubtweniger als ein Mensch zu sein.

    Es ist wie in einem Kessel kochenden Wassers: das Wasser kocht und steigt, als ob esberlaufen wolle; zieht man aber das Feuer weg, so sinkt es tief nieder. Ebenso treibtund zieht die starke Liebe den Geist, da dieser, ber sich selbst hinausgetrieben,ganz auer sich selbst in ein Nichtwissen will, das ihn in eine Unkenntnis, dannwieder ia eine Erkenntnis seines Nichts fhrt.

    Diese starke freie Liebe hat drei Eigenschaften: einmal, dass sie den Geist desMenschen in berschwnglicher Weise in jenen erhebt, den er liebt, und ihn weitwegzieht von allem Eigenen, aus der Kraft und der Wirksamkeit des Gedchtnisses

    und des Willens. Das geht ber allen Verstand4 und alle Sinne. Die zweite Eigenschaft besteht darin, da diese Liebe den Geist (des Menschen) niederdrckt in denGrund, das heit in ein unergrndliches Vernichtern. Und diese Demut ist durch dieSinne nicht mehr fabar und hat in deren Bereich ihren Namen verloren.

    Die dritte Eigenschaft der starken freien Liebe macht den Menschen wesentlich, unddas in wunderbarer Weise. Er wendet sich nach innen und bleibt in jeder Lebenslagezufrieden, nimmt die Dinge, wie sie kommen, zeigt nicht viel (uere) Wirksamkeit,sondern verharrt in stiller Ruhe, bereit, berall hinzugehen, wohin der Herr ihn

    fhren will oder wozu er ihn gebrauchen will, wie ein Knecht, der an der Tafel seinesHerrn wartet und ihn nur ansieht, um ihm jeden Wunsch zu erfllen.

    Nachdem der edle Mensch all dies hinter sich gebracht hat, kann es wohl kommen,da der Feind ihm die belsten und schlimmsten Versuchungen sendet, und dies inder schwierigsten Weise, wie sie ein Mensch nur erfahren kann. Aber sie fhren denMenschen (nur) in unvorstellbarer Weise empor, jenseits alles Maes. In diesemSturm werden die Felsen noch , strker zerbrochen; und findet sich in der Natur(des Menschen) etwas, das (von Gott) nicht durchdrungen ist, so geschieht das

    jetzt, und alles (an ihm) wird ganz und gar gelutert.

    Wenn der Mensch all diese Prfungen berstanden hat, verhlt es sich mit ihm wiemit dem Priester am Altar, der auf Gottes Anordnung hin in der heiligen Kirche dieWeihe empfangen hat. Alles, was der Priester um und an hat, das ist geheiligt; er hatdie Vollmacht, den ehrwrdigen Leib unseres Herrn aufzuheben oder niederzulegen;und bei allem Heben und Senken wagt er nicht zu sprechen: "Vater unser", es seidenn, er sage zuvor und entschuldige sich gleichsam mit den Worten:

    4wisc", Vetter 252,24, mit .Verstand" umschrieben.

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    "Oremus; praeceptis salutaribus moniti", das heit: "Gemahnt durch gttlichesGebot und unterwiesen durch gttliches Gesetz, wagen wir zu sprechen: Vaterunser." In dem gewaltigen Abstand des kleinen Menschen von dem groen,ehrwrdigen Gott ist es begrndet, da man Gott mit furchtsamem Zittern

    aussprechen mu.

    Solcher Art soll der Mensch betrachten, welch Wunder das ist, da der Mensch inseiner Kleinheit und Schwche Gott seinen Vater nennen darf. Was bleibt nun demgottfrmigen Menschen? Eine Seele Gottes voll und ein Leib voller Leiden. Dannaber blickt Gott so oft wie ein Blitzstrahl in den Grund (dieses Menschen), da ihmalles Leid noch zu gering erscheint. Und in dem Licht des pltzlich in seinen Grundkommenden Gottes erkennt der Mensch, was er tun soll, wofr er bitten oder auchwas er etwa predigen soll.

    Mchten wir doch alle so leben, da die wahre Liebe unseres Herrn uns erleuchte!Dazu helfe uns der, der seinem Sein nach die wahre Liebe ist.

    AMEN