43
Technische Universität Clausthal Abriss ihrer historischen Entwicklung Georg Müller

Technische Universität Clausthal - GBV · Die umseitig gezeigten Bilder stellen die frühere Bergakademie und heutige TU Clausthal in der Vorstellung von Schülerinnen und Schülern

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Technische Universität Clausthal

Abriss ihrer historischen Entwicklung Georg Müller

Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Danksagungen: Herrn Prof. Dr. Manfred Rasch, ThyssenKrupp Konzernarchiv, Duisburg, danke ich für vielerlei Hinweise zur Präzisierung von Textstellen und der Anmerkungen. Herrn Fred Türck, Institut für Mineralogie und Mineralische Rohstoffe der TU Clausthal, sei für Hilfen bei der Formatierung des Manuskripts und der Herstellung von Bildern gedankt. Herrn Dr. Joachim Schüling, UB Clausthal, danke ich für Korrekturvorschläge und die Aufnahme dieser Publikation in die Schriftenreihe der Universitätsbibliothek Clausthal. © 2007 Universitätsbibliothek Clausthal Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes Ist ohne Zustimmung unzulässig. ISBN: 978-3-940394-05-7 URN: urn:nbn:de:gbv:104-97839403940575 Die umseitig gezeigten Bilder stellen die frühere Bergakademie und heutige TU Clausthal in der Vorstellung von Schülerinnen und Schülern der achten Klassen des Robert-Koch-Gymnasiums in Clausthal-Zellerfeld dar. Die Bilder wurden unter der Leitung der Kunsterzieherin Tessa Funke angefertigt.

1

Technische Universität Clausthal

Abriss ihrer historischen Entwicklung

Von Georg Müller

1. Einführung

Der Ursprung der frühen technisch-wissenschaftlichen Hochschulen fällt in die Ära des aufgeklärten

Absolutismus mit seiner Wirtschaftsform des Merkantilismus, in die Zeit des aufblühenden Manufakturwesens

und der Schaffung großer stehender Heere. Die wissenschaftlich-theoretische Ausbildung in den technischen

Lehranstalten des 18. Jahrhunderts wurde in einer neuen Weise mit der beruflichen Erfahrung der Lehrenden

und mit praxisbezogenen Übungen der Studierenden gekoppelt und vermittelt. So ist das 1724 in Berlin

gegründete Collegium Medico-Chirurgicum mit seiner Heranbildung von Militärärzten ein Ursprungsort der

klinischen Ausbildung von Medizinern in Deutschland gewesen. Das 1745 begründete Collegium Carolinum,

die heutige Technische Universität Braunschweig, war ursprünglich eine Lehranstalt für die militärischen und

zivilen Bauberufe. Tierärztliche Hochschulen, forst- und landwirtschaftliche Fakultäten gehen in Deutschland

zumeist auf Gründungen des 18. Jahrhunderts zurück1. In diesen Kanon sind die Bergakademien, Ecoles des

Mines und Schools of Mines Europas einzugliedern, so auch die Clausthaler Lehranstalt. Letztere hatte die

Bergakademie von Schemnitz (1763) in Ungarn und die sächsische in Freiberg (1765) zu Vorbildern.

Diese Orte lagen ebenso wie Clausthal im Zentrum großer und hoch entwickelter Montangebiete, so dass der

theoretische Unterricht mit den praxisbezogenen Ausbildungsmöglichkeiten der örtlichen und regionalen Berg-

und Hüttenwerke, Aufbereitungsanlagen und Faktoreien verbunden wurde. So konnte die fachspezifische

Ausbildung in den Montanregionen relativ preiswert organisiert werden. Hingegen musste der Unterricht an

entsprechenden Lehranstalten in Paris, London, Sankt Petersburg oder Berlin durch Praktika in entfernten

Bergwerks- oder Hüttenregionen ergänzt werden.

In Clausthal wuchs in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts der Druck auf die Rentabilität des Bergbaus, da

bei gegebener Arbeitsplatzgarantie für die Berg- und Hüttenleute die Silberausbeute der in der ersten

Jahrhunderthälfte ungewöhnlich reichen Erzgruben auf dem Burgstätter Zug deutlich zurück ging. Der

Begründer der Clausthaler montanistischen Lehranstalt Claus Friedrich von Reden, Königlich Britannischer

und Kurfürstlich Hannoverscher Berghauptmann zu Clausthal mit Sitz und Stimme in der kurhannoverschen

Regierung, hat während seiner Oberharzer Amtszeit von 1769 bis 1791 in Berichten und Protokollen den

Traditionalismus der Harzer Bergbeamtenschaft und ihren Widerstand gegen technische Veränderungen im

Harzer Berg- und Hüttenwesen gerügt2. Besonders war er an verbesserten Hüttenprozessen und einer

Steigerung des Metallausbringens interessiert.

Um Abhilfe zu schaffen, begründete er im Jahre 1775 in Clausthal einen Lehrkursus in der Form einer

Steigerschule für Berg- und Hüttenleute und einen weiteren auf einem höheren Ausbildungsniveau für junge

Auditoren, die sich als Absolventen von Universitäten (heute Referendare) beim Bergamt auf ihren Beruf

vorbereiteten sowie für Bedienstete, die im Harzer Berg- und Hüttenwesen tätig waren. Berghauptmann von

Reden suchte hierdurch, den technischen Fortschritt und Innovationen im Berg- und Hüttenwesen des

Oberharzes durch wissenschaftlich ausgebildete Nachwuchskräfte zu erreichen.

2

Bild 1 Bergkommissär Johann Christoph Ilsemann (1729-1822) war in Clausthal von 1780 bis 1810 Dozent für Chemie, Metallurgie und Halurgie.

2. Einjährige Lehrkurse (1775 bis 1810)

Nach Maßgabe der in Clausthal verfügbaren Lehrkräfte wurden Lehrpläne aufgestellt, die neben historischer

und geographischer Bergbaukunde, die Mathematik, Mechanik, Mineralogie sowie das Maschinenwesen

und das Hüttenwesen umfassten3. Der Unterricht begann zu Michaelis (Ende September) 1775. Die aus der

Zeit von 1783 bis 1807 noch vorhandenen Listen der Teilnehmer an den Vorlesungen und

Laboratoriumspraktika Johann Christoph Ilsemanns in chemischer Metallurgie, Halurgie und Mineralogie

weisen eine sehr heterogene Population auf. Neben jungen Juristen und Kameralisten, welche eine

berg- und hüttenkundliche Fortbildung suchten, finden sich sowohl höhere wie untere Berg- und

Hüttenoffizianten, jedoch auch einfache Berg- und Hüttenleute, die wegen ihrer Intelligenz und fachlichen

Interessen vom Bergamt zum Unterricht zugelassen wurden. Letzterer wurde den Teilnehmern kostenfrei

erteilt4. Die Besoldung der Lehrer erfolgte, wie die Zehntabrechnungsbücher jener Zeit ausweisen, durch das

Bergamt. So erhielt der Bergkommissär Johann Christoph Ilsemann „für das chymische Collegium" die nicht

unbeträchtliche Summe von jährlich 200 Talern4. Auf Anordnung des Berghauptmanns übernahm die

Kämmereikasse Clausthal die Kosten für den Bau eines Laboratoriums, in welchem Ilsemann seine

chemischen Praktika abhielt. Ilsemann trat wissenschaftlich durch

eine Reihe von Publikationen in den Journalen für Chemie

hervor, wobei eine seiner Hauptinteressen auf der

chemischen Analytik von Erzen und Mineralen lag. Nach ihm

wurde das Mineral Ilsemannit, ein wasserhaltiges

Molybdänoxid, benannt5. 1777 hatte Ilsemann, seiner berühmten

Mineralien- und Erzsammlungen wegen, den Besuch Goethes,

der allerdings unter dem Pseudonym Wilhelm Weber, Maler in

Darmstadt, das Berg- und Hüttenwesen des Oberharzes studierte.

Goethe hatte vom Weimarer Herzog Karl August den Auftrag

erhalten, den aufgelassenen Kupferbergbau in Ilmenau wieder

aufzunehmen, was ihm wegen mangelnder Fachkenntnisse

schwer fiel. So befuhr er in Clausthal und Sankt Andreasberg die

ausbeutereichsten Gruben, sozusagen als Industriespion.

Weitere Lehrer der ersten Clausthaler Lehrkurse waren Christian

Heinrich Georg Rettberg (Mathematik und Mechanik), Christian

Friedrich Bauersachs (Mineralogie), Heinrich August Klingsöhr

(Probierkunst), Johann August Meine (Markscheidekunst), Ludwig

Georg Wimmer (Modellieren) und nach Rettbergs Tod Dr.

Johannes Gregor Grotefend (Mathematik)6.

3

3. Bergschule 1. Classe zu Clausthal (1811 bis 1864) Erstes Jahrzehnt Ab 1803 geriet das mit Großbritannien in Personalunion beherrschte Kurfürstentum Hannover und damit

auch die Bergbauregion des Oberharzes in den Herrschaftsbereich Frankreichs, das sich im Kriegszustand mit

Großbritannien befand, und das Kurfürstentum Hannover durch seine Armeen besetzen ließ. Drei Männer

arbeiteten in der Staatsverwaltung des von Napoleon I. 1807 gegründeten Königreichs Westphalen, zu welchem

jetzt auch das Harz-Departement gehörte, eng zusammen, nämlich Antoine Marie Heron de Villefosse, der

Clausthaler Berghauptmann Franz August von Meding und Johann Friedrich Hausmann7. Letzterer war

vor Jahren als Auditor an den Bergämtern in Clausthal und Zellerfeld tätig gewesen, fungierte ab 1809 in der

Regierung König Jeromes in Kassel als Generalsekretär des Finanzministers Ludwig Friedrich Viktor Hans

Graf von Bülow und war Generalinspektor für das Montanwesen. Heron de Villefosse, der an der Pariser

Ecole des mines studiert hatte, war seit 1803 als Inspecteur des mines in den von den Franzosen

eroberten deutschen Gebieten tätig und zeigte ein besonderes Interesse für den Harzer Bergbau. Er arbeitete

ein Dekret aus, das im Jahre 1809 publiziert, die Errichtung einer General-Administration der Berg-, Hütten-,

Salinen- und mineralogischen Werke zum Inhalt hatte. Der Artikel 13 dieses Dekrets regelte den Unterricht in

den Montanwissenschaften. Im folgenden Jahr erging durch den westphälischen Finanzminister ein Reglement

über den für die Bergeleven in der Harzdivision bestimmten Unterricht in den Bergmännischen Hülfs-

Wissenschaften und Künsten, das von Hausmann ausgearbeitet worden war. Zu Ostern 1811 mündeten die

seit 1775 bestehenden Lehrkurse in die Bergschule ein, die beim Finanzministerium in Kassel etatisiert war.

Für die Aufnahme von Eleven in die Bergschule der Harzdivision zu Clausthal wurden Kenntnisse in Mathematik,

Französisch, Latein und Fertigkeiten im Zeichnen vorausgesetzt (Artikel 7). Die Unterrichtsfächer der

Bergschule wurden im Artikel 3 des Reglements festgelegt, nämlich Mathematik, Mineralogie mit Inbegriff der

Gebirgskunde, Chemie, Probierkunst, Markscheidekunst, nebst verwandten Theilen der praktischen Geometrie,

Risse- und Chartenzeichnen und Modellieren. Im Bergbau fühlte man sich offensichtlich auf der Höhe der Zeit.

Das Lehrprogramm der Bergschule wurde den Eleven kostenlos erteilt und erstreckte sich über den Zeitraum

von maximal drei Jahren, wie auch damals die Studienzeiten an Universitäten viel kürzer waren als heute.

Für die Bergschule wurde ein Jahresetat geschaffen, zu ihrer Unterbringung ein großes Gebäude am

Clausthaler Marktplatz angekauft, eine Modellsammlung und eine Bibliothek angelegt sowie aus den

Bergamtsbeständen eine Mineralien- und Gesteinssammlung zugewiesen. Fand der praktische chemische

Unterricht weiterhin in Ilsemanns Laboratorium statt, so wurde das Praktikum der Hütten- und Probierkunde

von jetzt ab auf der Frankenscharner-Hütte vor der Stadt abgehalten8.

Das Niveau der 2. Klasse entsprach dem einer Steigerschule mit einer Dauer von maximal zwei Jahren. Bei

guten Leistungen in der 2. Klasse und bei der praktischen Arbeit auf den Werken wurde einzelnen

Absolventen der spätere Besuch der 1. Klasse ermöglicht. Eine solche Entscheidung traf das Bergamt, wie

der Berghauptmann auch Stipendien an hervorragende Absolventen der Clausthaler Bergschule 1. Klasse zum

Besuch von Universitäten vergab.

Nach der Restitution des hannoverschen Staates im Jahre 1815 ist die Bergschule von diesem

fortgeführt und ihre Unterrichtsprogramme sind in der Folgezeit beträchtlich erweitert worden. Nach Freiberger

Vorbild wurde in dieser frühen Zeit das praxisbezogene Wissen der höheren Beamten des Berg-, Hütten- und

Maschinenwesens in den Unterricht für die Eleven der höheren Klasse eingebracht.

4

Ab dem Jahre 1819 wurde auch die Bergbaukunde von dem früheren Heidelberger Privatdozenten Dr. Johann

Christian Zimmermann gelehrt. Zimmermann hatte in Marburg Mathematik und Mineralogie9 sowie in den

Jahren 1804/05 bei dem Freiberger Bergrat und Mineralogen Abraham Gottlob Werner Bergbau studiert.

Zimmermann trat forschend mit tektonischen Untersuchungen der Verwerfungen des Oberharzer Gangsystems

hervor. Des Weiteren brachte er eine umfangreiche Monographie des Harzes heraus10. Seine Clausthaler

Karriere beendete Zimmermann 1853 als Oberbergrat für Angelegenheiten der Silberbergwerke. Seinen

Bergbauunterricht gab er 1846 an den späteren Geheimen Bergrat Hermann Koch ab, den Vater des

Bakteriologen und Nobel-Preisträgers Robert Koch.

1819 wurde auch die Mechanik als ein eigenständiges Lehrfach eingeführt und vom Maschinendirektor Johann

Carl Jordan unterrichtet. Jordan fand später in Fachkreisen für die Konstruktion seiner auf

verschiedenen Oberharzer Gruben eingesetzten und höchst effektiv arbeitenden Wassersäulenmaschinen

hohe Anerkennung und wurde von der hannoverschen Regierung ausgezeichnet11.

Berg- und Forstschule (1821 bis 1844) Im Jahre 1821 wurde der Bergschule eine Forstlehranstalt angegliedert, die heute nach wechselvoller

Geschichte in der forstwirtschaftlichen Fakultät der Universität Göttingen fortlebt. Die Schaffung der

Forstschule kam nicht von ungefähr, denn wegen des sehr großen Holzbedarfs der Hütten und der Gruben

war die Forstwirtschaft des Harzes von immenser Bedeutung. Da der Oberharz ausschließlich von

Staatsforsten eingenommen wird, steuerte das Berg- und Forstamt zu Clausthal auch die Bewirtschaftung der

Bild 3 Oberbergrat Wilhelm August Julius Albert leitete die Berg- und Forstschulkommission von 1821 bis 1844. Albert entwickelte das Drahtseil für die Schachtförderung und führte die „Fahrkunst“ ein.

Bild 2 Franz August von Meding. 1803 bis 1812 Berghauptmann in Clausthal. Er schuf gemeinsam mit J. L. F. Hausmann das erste Unterrichtsgebäude, eine Bibliothek und Sammlungen sowie einen Etat für die Bergschule Clausthal.

5

Wälder und übernahm die Regie der Berg- und Forstschule. Vorsitzender eines dreiköpfigen

Leitungsgremiums war Oberbergrat Wilhelm August Julius Albert, der nach jahrelangen Versuchen das

Drahtseil für die Schachtförderung entwickelte und das weltweit erste vertikale Personenbeförderungssystem,

die Harzer Fahrkunst, einführte. Von dem Berggeschworenen Georg Ludwig Dörell angeregt, ersparte die

Fahrkunst den Bergleuten das Kräfte zehrende Ein- und Ausfahren auf den Fahrten (Leitern), denn einige

Clausthaler Gruben waren um 1830 schon viele hundert Meter tief.

Begonnen wurde der Unterricht mit 50 Forsteleven, die gleichzeitig unter dem Kommando des Hauptmanns

und Forstmeisters Christian Ludwig von Mahrenholz standen12, um nebenbei zu Feldjägern ausgebildet zu

werden. Bei den Feldjägern handelte es sich um eine neuartige bewegliche Erkundungstruppe. Im Kriegsfalle

nutzte man die Gelände- und Kartenkundigkeit der Förster für Kurier- und Kundschafterdienste.

Da die forstliche Abteilung der Berg- und Forstschule von der Königlichen Domänenkammer, die bergbauliche

aber weiterhin vom Bergfiskus finanziert wurde13, konnten mit den gemeinsam zur Verfügung stehenden Mitteln

Synergieeffekte bezüglich des Lehrangebots sowie der Bibliotheks-, Lehrmaterial- und Sammlungsbeschaffungen

erzielt werden. So wurde ab 1821 Unterricht in den Rechtswissenschaften finanziert, und neben die technische

Mechanik trat die Physik als eigenständiges Fach. Die Baukonstruktionslehre wurde fortan durch die Leiter der

Maschinen- und Bauverwaltung vermittelt. Sie hatte als Nebenfach bis zum Jahre 1945 Bestand. In der ersten

Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde eine Anzahl Bergschüler vom Bergamt für das Bauwesen bestimmt. Neben

die Berg- und Hütteneleven traten Baueleven, die sich in der Folgezeit zu Baumeistern und höheren Beamten

der staatlichen Bauverwaltung entwickelten14. Analoges gilt für die Wirtschafts- und Finanzlehre. Sie mündete

nach einem Jahrhundert in die Wirtschaftswissenschaften ein.

Neu war ab den zwanziger Jahren der Unterricht im Freihandzeichnen, für den der an der Dresdner

Kunstakademie ausgebildete Wilhelm Saxesen gewonnen werden konnte. Saxesen brachte in seiner

Clausthaler Zeit (1826 bis 1842) eine zweibändige praktische Anleitung zum Zeichnen heraus, doch in

wissenschaftlicher Hinsicht bedeutend waren seine zahlreichen Beiträge und Abbildungen zu Julius Theodor

Christian Ratzeburgs Werk über die Forstinsekten (1837 bis 1840)15. Er zeichnete sich ferner durch seine

naturkundlichen Beiträge zu Zimmermanns großer Harzmonographie (1834) aus und publizierte in zwei Büchern

zeichnerische Darstellungen der Harzlandschaften, darunter ein akribisch gestaltetes und kommentiertes

„Brocken-Panorama, nach den vier Himmelsrichtungen in Kupfer gestochen“16. Der Unterricht im

Freihandzeichnen verlor mit der Verlegung der Forstschule nach Hannoversch Münden im Jahre 1844 an

Bedeutung, wurde jedoch noch bis 1869 an der Bergakademie fortgeführt.

Der Unterricht in Chemie konnte 1821 von der Hüttenkunde getrennt und dem von Johann Friedrich Gmelin

empfohlenen Dr. Johann Ludwig Jordan übertragen werden, der im Hauptamt die Clausthaler Münzanstalt

leitete. Im Jahre 1830 wurde der Mathematikunterricht erweitert, als Georg Hunäus, der später als Professor an

der Technischen Hochschule Hannover lehrte, in das Kollegium der Berg- und Forstschule eintrat.

Die Verlegung der Forstschule 1844 nach Hannoversch Münden verursachte einen Rückschlag in der

personellen, finanziellen und sonstigen Ausstattung der Bergschule, doch konnte ihr Leiter Dr. Zimmermann mit

Unterstützung des Berghauptmanns beim Finanzminister eine Erhöhung des Bergschuletats erreichen und den

Fortbestand der Bergschule sichern17.

Bis zum Jahre 1852 konnten begabte und tüchtige Absolventen der 2. Klasse vom Bergamt in die 1. Klasse

delegiert werden. Ein Beispiel dieser Art bietet der 1824 als Sohn eines Bergmanns geborene Friedrich

Wilhelm Wimmer, der seine Karriere auf dem zweiten Bildungsweg als Pochjunge und Bergmann begann, den

6

Aufstieg in die erste Klasse der Bergschule schaffte18, 1855 als Leitender Bergingenieur in Frankreich tätig

wurde, in den Harz zurückgekehrt, leitende Funktionen in den Oberharzer Revieren ausübte und seine

Berufslaufbahn als Oberbergrat und Bergwerksdirektor am Goslarer Rammelsberg beschloss.

Analoge Bedingungen waren in Freiberg gegeben. Beispielsweise durchlief der aus den ärmlichen

Verhältnissen einer kinderreichen Hüttenarbeiterfamilie stammende Julius Ludwig Weisbach zuerst mit

glänzenden Ergebnissen die Freiberger Bergschule, wo Johannes Friedrich August Breithaupt und Daniel

Friedrich Hecht von der Bergakademie sowie der Rektor des Freiberger Gymnasiums Albert Friedrich Rüdiger

zu seinen Lehrern gehörten, die ihn nach zwei Jahren zur Aufnahme in die Bergakademie empfahlen. Auch

hier zeigte er hervorragende Leistungen, ging nach der Beendigung seiner Freiberger Studien nach

Göttingen, belegte die exakten Naturwissenschaften und entwickelte sich zu einem sehr angesehenen

Wissenschaftler der Technischen Mechanik19.

Angesichts der starken Auswanderungsbewegungen im 19. Jahrhundert erstaunt es nicht, dass die weiteren

Lebensläufe vieler Clausthaler Absolventen unbekannt blieben. Es finden sich in Heften zur Beurteilung der

Leistungen der Bergschüler aus dem Zeitraum von 1832 bis 1851 die Angaben der beruflichen Stellungen von

80 Vater-Sohn-Paaren, die zeigen, dass in 34 Fällen die Söhne mithilfe des Clausthaler Studiums einen

deutlichen beruflichen und sozialen Aufstieg im Vergleich mit ihren Vätern erzielten20. So sind die Söhne

einfacher Berg- und Hüttenleute beispielsweise zum Hüttenmeister, Münzmeister, Markscheider und

Obersteiger aufgestiegen, während Söhne von Vätern der gehobenen Stufen der Hierarchie in Positionen von

Hütten- Bergwerks- und Salinendirektoren, von Bergräten und Geheimen Bergräten, Professoren an

Polytechnischen Hochschulen oder im In- und Ausland in den Besitz von Fabriken gelangten. Einige

Absolventen dieses Zeitabschnitts suchten ihren beruflichen Aufstieg in Nebenfächern des Clausthaler

Lehrkanons, so im Rechnungswesen der Zellerfelder Bernhard Osann, der zum Geheimen Oberrechnungsrat

avancierte, so Georg Ulrich aus Goslar, der Professor und Staatsgeologe in Melbourne war und die ersten

geologischen Beschreibungen Neuseelands 1878 bis 1900 lieferte21. Der vom Bergamt 1843 für das

Bauwesen bestimmte Otto Quensell (Matrikel 583) aus Lautenthal brachte es zum Geheimen Baurat in Berlin.

Roemers Reformen (1850 bis 1860) Bis Anfang der fünfziger Jahre diente die Clausthaler Bergschule 1. Klasse noch ganz überwiegend der

theoretischen Ausbildung des Nachwuchses für die Besetzung der höheren Offiziantenstellen des

hannoverschen Berg-, Hütten- und Salinenwesens. Man kann sie als Ausbildungsabteilung der Bergverwaltung

ansehen, denn der theoretische Unterricht wurde großteils durch leitende Beamte des Berg- und Hüttenwesens

erteilt, die praktischen Teile aber wurden bevorzugt auf den Werken des hannoverschen Harzes, ferner in den

Bergwerken, Hütten und Salinen des Königreichs bis zum Teutoburger Wald hin absolviert. Die Bergschüler

stammten vorwiegend aus einheimischen Familien (etwa 70%), deren Mitglieder teilweise schon über mehrere

Generationen hinweg montanistische Berufe ausgeübt hatten oder in Bergbau- und Hüttenorten aufgewachsen

waren22.

Förderlich war hierbei, dass Clausthal im weiten Umkreis das einzige voll ausgebaute Gymnasium besaß. So

schickten viele Eltern Söhne, die sie für einen montanistischen Beruf bestimmten, nach Clausthal in Pension und

in das Gymnasium, um deren Eintritt in die 1. Klasse der Bergschule zu erleichtern. Dabei handelte es sich nicht

nur um Schüler aus dem Oberharz, Goslar und dem Harzumland, sondern auch um Ausländer, deren Eltern

Bergwerksbesitz in europäischen oder überseeischen Ländern hatten.

7

Die Kosten der Bergschule trug der Bergfiskus, wie auch für hannoversche Landeskinder der Besuch

kostenlos war. Deutschsprachige Ausländer aus dem Braunschweigischen oder Hessischen, wie auch

fremdsprachige, zahlten eine geringe Gebühr von zwölf Tälern im Jahr. Hochbegabte aus hiesigen

unvermögenden Familien erhielten vom Bergamt Beihilfen sowie während oder nach ihrer Elevenzeit Stipendien

zum weiterführenden Studium an der Universität Göttingen oder aber auch an preußischen Universitäten. Das

sollte sich nun bald entscheidend ändern, da ab 1852 für Studenten, die den Eintritt in den höheren

Staatsdienst Hannovers anstrebten, die gymnasiale Vorbildung oder der Abschluss einer

Oberrealschule verlangt wurde. Ein Aufstieg aus der zweiten Klasse war nun nicht mehr möglich.

Auf die stürmische Industrialisierung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts reagierten die jungen

Industrienationen mit der Gründung polytechnischer Schulen, die mit den bestehenden Fachschulen des Bau-,

Forst-, Agrar- und Montanwesens in Konkurrenz traten. Sehr bald tauchten in Clausthal Studenten auf, die

vorher polytechnische Schulen in Hannover, Braunschweig, Karlsruhe oder Wien besucht hatten, wie auch

Clausthaler Bergschüler an diese Vorläufer der Technischen Hochschulen wechselten. Man erhielt

Informationen, auf welchem Niveau dort die Mathematik, der Maschinenbau und andere Fächer gelehrt

wurden. Ein noch genauerer Vergleich mit der polytechnischen Schule in Hannover ergab sich, als das 1.

Staatsexamen von Clausthal nach Hannover verlegt wurde, wo Professoren des Polytechnikums die

Prüfungskommission in dreizehn Fächern bildeten. Der Vorsitzende dieser Kommission Oberbergrat Friedrich

Ludwig Christian Jugler verfasste Protokolle, aus denen man in Clausthal die Vorzüge, aber auch die

Schwächen des Clausthaler Lehrkanons entnehmen und hierauf mit Verbesserungen reagieren konnte23.

Als nach dem Tode Dr. Zimmermanns 1853 die Leitung der Bergschule dem international renommierten

Paläontologen Friedrich Adolph Roemer übertragen wurde, war dieser bereits seit 1846 als Lehrer an der

Bergschule tätig gewesen24. Er hatte die neue Konkurrenzsituation zu den Polytechnika erfasst und war sich

bewusst, dass die Bergschule 1. Klasse in der Zukunft nur weiter bestehen könne, wenn sie neben dem

Nachwuchs für das staatliche Berg- und Hüttenwesen auch Ingenieure für die aufblühenden Grundstoff-

Industrien ausbilden würde. Schon im Jahre 1855 setzte Roemer einen erweiterten und ab 1859 einen vierjährigen

Studienplan beim Bergamt und Ministerium durch. Förderlich für die Genehmigung des vierjährigen Studiums war

sicherlich eine gleichzeitig erfolgte starke Erhöhung der Studiengebühren25.

Roemer bemühte sich um die Anerkennung der Clausthaler Ausbildung durch die anderen Bergbau

betreibenden deutschen Bundesstaaten. Im Jahre 1857 teilte der Preußische Ministerpräsident Otto Theodor von

Manteuffel der hannoverschen Regierung mit, dass Preußen den Besuch der Clausthaler Bergschule 1. Klasse

anerkenne und auf die Universitätsstudien anrechne, welche die preußischen Bergexspektanten für den Eintritt

in den höheren Staatsdienst zu erbringen hatten26. Diesem Beispiel kamen im folgenden Jahr andere

deutsche Staaten nach. Die rasche Industrieentwicklung und der forcierte Eisenbahnbau ließen im

Maschinenbau, in den Kohlen- und Erzbergwerken sowie in den Hüttenbetrieben eine große Nachfrage nach

ingenieurwissenschaftlich ausgebildeten Führungskräften entstehen, so dass die Äquivalenzfeststellung der an

verschiedenen technischen Bildungsanstalten absolvierten Studien eine zunehmende Bedeutung gewann. Des

Weiteren war zu beobachten, dass die Zahlen der Absolventen montanwissenschaftlicher Hochschulen, die in

die Staatsverwaltung oder in die fiskalischen Montanbetriebe eintraten, immer mehr hinter die derjenigen

Studenten zurücktraten, welche in privatwirtschaftliche Unternehmen strebten. Solche Studenten waren an einer

guten Ausbildung, jedoch nicht an der Ablegung der hannoverschen Staatsexamina interessiert, so vor allem

die rasch zunehmenden fremdsprachigen Studenten, die nicht nur aus europäischen Ländern, sondern

8

Bild 4 Dr. phil. Christian Zimmermann (1786-1853) leitete die Bergschule Clausthal von 1811 bis 1853. Fotografie nach einem Ölbild. Archiv der TU Clausthal.

Bild 5 Der Paläontologe Friedrich Adolph Roemer führte zwischen 1850 und 1860 die Bergschule Clausthal mittel Reformen in die erfolgreiche Konkurrenz zu den Polytechnika.

großenteils aus Nord- und Südamerika, Australien und Niederländisch Indien (heute Indonesien) kamen.

Auf Roemers Antrag hin wurde im Jahre 1860 die Einführung des Ingenieurexamens für das Bergfach und für die

Hüttenkunde genehmigt, für welches je zwei schriftliche Examensarbeiten anzufertigen und eine Vielzahl von

mündlichen Prüfungen abzulegen waren27. Damit traten die Clausthaler Absolventen als Ingenieure des Berg-

und des Hüttenwesens neben die Civilingenieure, welche die Polytechnika verließen. Doch blieb im Jahre 1860

ein Antrag, der Clausthaler Bergschule 1. Klasse die Bezeichnung Bergakademie zu geben28, seitens des

hannoverschen Finanzministeriums unbeantwortet. Aus dem ausführlich begründeten Antrag, in dem 32

Lehrfächer nachgewiesen waren, wurde ersichtlich, dass Freiberg und Clausthal über im Umfang und Qualität

identische Lehrangebote verfügten, während an der Berliner, der Leobener und der Schweizer Bergakademie

sowie an der Přibramer Montananstalt diese deutlich geringer waren.

1864 erfolgte die Anpassung der Bezeichnung der Lehranstalt an die Namen anderer höherer montanistischer

Lehranstalten des deutschen Sprachraums mit der Bezeichnung Königliche Bergakademie zu Clausthal und die

Ausweisung der 2. Klasse als Bergschule. Dieser Vorgang war insofern ungewöhnlich, als er unter

Übergehung der zuständigen Fachbehörde erfolgte. Auch in den Jahren 1863/64 waren Anträge auf

Umbenennung, gestützt durch Petitionen der Studenten und des Clausthaler Bürgermeisters, vom

Finanzminister unbeantwortet geblieben. Nun reisten Ende November 1864 drei Clausthaler Studenten,

nämlich Edwin Angerstein aus Clausthal, Emilio Lamarca aus Valparaiso/Chile und Ludwig Haarmann aus

dem Braunschweigischen, nach Hannover, um König Georg V. ein Immediatsgesuch zu überreichen. Der

König befragte den Berghauptmann Carl August von Linsingen und verfügte auf dessen positive

Stellungnahme hin am 27. Dezember 1864 die Umbenennung der Bergschule in Bergakademie.

9

4. Entwicklung der Bergakademie Clausthal zwischen 1865 und 1918

Auswirkungen der Reformen auf die soziale und regionale Herkunft der Studenten

Hatte der Anteil der Studenten aus den Bergbau- und Hüttenstandorten Harzes vor 1852 bei 70 % gelegen, so

änderte sich das entscheidend mit den Reformen der fünfziger Jahre. Zwischen 1857 und 1863 machten die

Einheimischen noch 17 % und von 1866 bis 1876 nur noch 13 % der Clausthaler Studentenschaft aus, um in

der Folge bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs auf unter 10 % abzusinken29.

Die Auswertungen der Matrikellisten zeigen, dass die Väter der Berg- und Hüttenstudenten jetzt überwiegend

den oberen Rängen der Bergwerks- und Hüttenhierarchie zuzuordnen sind. Untersteiger und Bergleute sind

bei den Vätern nur wenig vertreten. Bei den Studenten aus Übersee ist für die Väter des Öfteren Bergwerks-

oder Hüttenbesitz angegeben. Die Studenten aus der bergfremden Bevölkerung entstammten nahezu alle

wohlhabenden Familien. Bei mehr als der Hälfte der Väter sind Berufe angegeben, die ein Universitätsstudium

voraussetzten. Andere entstammten Familien mit Guts- oder Fabrikbesitz, waren Söhne von Bankiers oder

von höheren Offizieren.

Zwei neue Typen von Studenten tauchten jetzt in Clausthal auf, nämlich solche Erstsemester, die nicht

Gymnasien sondern Höhere Gewerbeschulen oder Oberrealschulen absolviert hatten, und etwa 20 % waren

Hochschulwechsler, die von verschiedenen Universitäten, wie Berlin und Breslau bis hin nach München und

Bern kamen, doch nur wenige von den Polytechnika in Karlsruhe und Hannover. In den siebziger Jahren

änderte sich das Spektrum der Studienwechsler stark. Ganz überwiegend sind Bergbauhochschulen bis nach

New York hin oder die jetzt aufblühenden Polytechnischen Schulen verzeichnet.

Die Bedeutung des Clausthaler Gymnasiums als Stätte der Vorbildung für die Bergakademie ging langsam

zurück, doch noch immer kamen manche Schüler von weit her, wie beispielsweise aus Hamburg, Leer, Leiden

und Newcastle.

In den siebziger Jahren betrug der Ausländeranteil etwa die Hälfte. Ein Viertel aller Studenten waren

Nordamerikaner, das andere Viertel kam aus europäischen, süd- und mittelamerikanischen Ländern. Dem

soziologischen Wandel entsprechend, mussten die Verbote studentischer Verbindungen aufgehoben werden.

Es kam zu Ehrenhändeln, die in seltenen Fällen mit Hiebwaffen oder Pistolen ausgetragen wurden. Meist

blieb so etwas in der kleinen Stadt nicht verborgen, und die Polizei war zur Stelle, um das Duell zu verhindern.

Relegationen waren die Folge30.

Einzug der wissenschaftlichen Forschung Beruhten in den ersten sieben Jahrzehnten der Bergschule bis in die dreißiger Jahre des neunzehnten

Jahrhunderts hinein die Forschungsarbeiten und wissenschaftlichen Publikationen von Mitgliedern des

Lehrkörpers allein auf deren Privatinteressen, so änderte sich das mit Roemers Eintritt in die Bergschule. Schon

Ende der vierziger Jahre bildeten sich um Roemer Gruppen von Schülern, die ihm bei der stratigraphischen

und paläontologischen Erforschung des Harzes und bei der Kartierung im Feld wie auch an der Bergschule

bei der Gesteins- und Fossilkennzeichnung zuarbeiteten31. So fand Carl Jüngst, später Geheimer Bergrat und

Hüttendirektor in Gleiwitz, bei Lauterberg Fossilien, die Roemer verschiedenen Graptolithenarten zuordnen

konnte. Auf diese Weise wurde das bis zu diesem Zeitpunkt im Harz unbekannte Silur entdeckt.

Der Leiter der zentralen chemischen Laboratorien der Oberharzer Hütten und Lehrer für Chemie an der

Bergschule Professor Dr. August Streng (1830-1897), ein früherer Doktorand Bunsens und Privatdozent an der

10

Universität Heidelberg, begründete die chemisch-analytische Untersuchung und Systematisierung der

magmatischen Gesteine des Harzes32. Er setzte für die Feld- und Laborarbeiten ebenso Studenten ein, wie

Professor Bruno Kerl (1824-1905) mineral- und metallanalytische chemische Untersuchungen von Studenten an

Hüttenprodukten und Probenmaterial aus Harzer Gangvererzungen betreute. Teilweise wurden die chemischen

und geologischen Arbeiten der Studenten vom Bergamt finanziell unterstützt und mit Hilfe ihrer Lehrer publiziert33.

Aufgrund seines wissenschaftlichen Ansehens erfuhr Roemer viele Ehrungen im In- und Ausland, die ihm

Verbindungen zu Akademien in England, Italien und Frankreich verschafften34. Gute Beziehungen pflegte er zu

der in Europa führenden Technischen Hochschule in Paris und erhielt von dort die Vorlesungsskripte so

berühmter Wissenschaftler, wie B. P. E. Clapeyron oder H. de Senarmont. Roemer beschaffte für die Bibliothek

die führenden montan- und naturwissenschaftlichen Zeitschriften, für das Physikalische Cabinett eine Reihe

Apparate und sorgte für die ständige Komplettierung der Clausthaler geowissenschaftlichen Sammlungen.

Erforderlichen Raum schuf er, indem er den Bergfiskus überzeugte, zwei neben dem Akademiegebäude

stehende Häuser zu erwerben. Die fruchtbare gemeinsame Forschungsarbeit fand 1867 ihr Ende, als Streng an die

Universität Gießen und Kerl nach Berlin berufen wurden. Roemer ließ sich pensionieren.

1848 gründeten Absolventen und Bergschüler in Clausthal den wissenschaftlichen Verein „Maja", der später

durch Stiftungen ein eigenes Haus mit Seminarraum und beachtlicher Bibliothek erhielt. Sie legten

bedeutende paläontologische, mineralogische, petrographische und lagerstättenkundliche Sammlungen an. Bei

ihren Zusammenkünften hielten die Studenten Referate zu eigenen Untersuchungen oder Vorträge zu

wissenschaftlichen Themen, wie auch bereits im Beruf stehende Mitglieder dies taten35. Nach fast 90-jährigem

Bestehen wurde das Vereinsvermögen der Maja während der Hitler-Diktatur zwangsweise dem Staat übereignet.

Fortan finanzierte die Maja partei- und rassenpolitisch gefärbte oder militaristische Vorträge36. Das Haus und sein

wissenschaftliches Inventar wurden gegen Ende des 2. Weltkriegs durch einen Bombentreffer zerstört.

In größerem Maßstab förderten das Bergamt und das Finanzministerium wissenschaftliche Untersuchungen,

aber auch geologische Exkursionen, die Erarbeitung geologischer und forstlicher Karten des Harzes sowie den

Bau zweier magnetischer Observatorien in Clausthal. In Zusammenarbeit mit den Göttinger Professoren Wilhelm

Weber und Carl Friedrich Gauß errichtete der Bergamtsmarkscheider und Dozent für Markscheidewesen

Eduard Borchers 1842 ein magnetisches Observatorium im Zehntgarten und ein zweites 545 Meter unter Tage in

der Schachtanlage Leonore37. In langen Messreihen konnte er nachweisen, dass die magnetischen

Deklinationen über und unter Tage keine Abweichungen voneinander aufweisen, was bis dahin nicht untersucht

und bewiesen worden war. Borchers' Ergebnisse ermöglichten es den Ingenieuren, beim Tunnel- und

Stollenbau im Gegenortvortrieb Magnetometer zur Richtungsbestimmung einzusetzen. Borchers selbst konnte

mithilfe magnetischer Präzisionsmessungen die Durchschlagspunkte beim Auffahren im Gegenvortrieb des mit

allen seinen Flügelörtern etwa 23 Kilometer langen Ernst-August-Wasserlösungsstollens in annähernd 400 Meter

Teufe unter der Oberharzer Hochfläche bestimmen.

Direktoratsverfassung der Bergakademie Clausthal (1866 bis 1919) Im Gefolge der Einverleibung des Königreichs Hannover in den preußischen Gesamtstaat nach dem deutsch-

deutschen Krieg von 1866 änderten sich die Organisationsverhältnisse in den Oberharzer Berg- und

Hüttenrevieren entscheidend. Die staatlichen Gruben, Hütten, Aufbereitungs- und Wasserwirtschaftsanlagen,

Forsten und anderes mehr wurden von der Direktion der Bergbehörde abgetrennt.

11

Bei dieser Neuorganisation stellte sich die Frage nach dem Fortbestand der Bergakademie, besaß doch

Preußen bereits eine mit der Preußischen Geologischen Landesanstalt vereinigte Bergakademie in Berlin. Zehn

Jahre vorher hatte Roemer vergeblich versucht, eine Eliminierung der 2. Klasse zu erreichen, jetzt aber drohte

der Abstieg der Bergakademie zu einer preußischen Steigerschule. Der erste Direktor der preußischen Ära war

Dr. Albrecht von Groddeck (1867-1887), ein aus Danzig gebürtiger Preuße, der sich unter höchstem

persönlichen Einsatz gegen diesen Trend stemmte. Er hatte fachbezogen Bergbau und Hüttenwesen in Berlin,

Breslau und Clausthal studiert und während seiner Exspektantenzeit in den Hüttenwerken des Harzes und

Oberschlesiens gearbeitet38. Mit Hilfe von Abgeordneten des preußischen Landtags und des Clausthaler

Berghauptmanns Ernst Hermann Ottiliae konnte von Groddeck den Nutzen einer im Zentrum eines

Montangebietes liegenden Bergakademie deutlich machen und ihr Fortbestehen sichern39, in dem die nun

„Vereinigte Bergakademie und Bergschule" genannten Clausthaler Lehranstalten ein neues Statut erhielten. In

diesem wurde die Finanzierung der Bergakademie durch die Übernahme seitens des preußischen Staats,

hingegen die Ausgaben für die Bergschule anteilig durch die preußischen und braunschweigischen staatlichen

Montanbetriebe und durch private Bergwerks- und Hüttenbetriebe sichergestellt. Dem Direktor der Vereinigten

Bergakademie und Bergschule wurde ein Kuratorium zur Seite gestellt, welches über Grundsatzfragen entschied.

Dem siebenköpfigen Kuratorium, dem der Direktor des Oberbergamts Clausthal vorsaß, gehörten Vertreter aller

an der Finanzierung der beiden Lehranstalten beteiligten Institutionen an. Dieses in der Folgezeit den veränderten

Verhältnissen gelegentlich angepasste Statut sollte vier Jahrzehnte Gültigkeit erlangen.

Ende des 19. Jahrhunderts setzte für die beiden preußischen Bergakademien eine formale Gleichstellung mit

den Technischen Hochschulen ein. War das Ingenieurstudium in Clausthal schon 1880, wie bei den

Technischen Hochschulen auch, durch eine Vorprüfung geteilt worden, so wurden ab 1903 Diplomstudiengänge

mit festen Studienordnungen eingeführt40. 1912 wurde der bis dahin nach Abschluss der Studien verwendete

Titel eines Berg- oder Hütteningenieurs durch die Verleihung des gesetzlich geschützten Grades eines Diplom-

Ingenieurs ersetzt. Eine Habilitationsordnung erhielt die Bergakademie Clausthal im Jahre 1908, und als Erster.

habilitierte sich Dr. phil. Bruno Baumgärtel 1910 an der Bergakademie Clausthal und erwarb als Privatdozent die

venia legendi für Mineralogie und Petrographie41. Die Bergakademie durfte Dissertationen vergeben. Doch zur

Doktorprüfung und Promotion mussten sich die betreuenden Professoren und ihre Doktoranden an die

Technische Hochschule Charlottenburg (Berlin) begeben, wo die mündliche Verteidigungen der Dissertationen

stattfanden. Gleiches galt für Doktoranden der Bergakademie Berlin.

Im Zuge dieser Entwicklungen wurde das Statut der Vereinigten Bergakademie und Bergschule aufgehoben und

die Bergschule 1908 von der Bergakademie getrennt. Letztere wurde dem Ressort des Preußischen Ministers

für Handel und Gewerbe zugeordnet. Die Bergschule Clausthal wurde weiterhin von einem Verein der

Montanindustrien getragen und vom Staat erheblich bezuschusst.

Die von der Professorenschaft und den studentischen Verbindungen beim Berghauptmann und im Ministerium

wiederholt vorgetragenen Forderungen nach der Gewährung einer Rektoratsverfassung, welche die Abhängigkeit

der Bergakademie vom Oberbergamt stark reduziert hätte, wurden abgelehnt. Vom Berghauptmann wurden

Beamte seines Hauses dem Minister vorgeschlagen und zu Direktoren der Bergakademie ernannt, - Beamte,

welche oft die Anerkennung renommierter selbstbewusster Clausthaler Professoren nicht fanden42.

12

Lehre und Forschung bis zum Ersten Weltkrieg Konnte Roemer schon im Jahre 1861 darauf hinweisen43, dass die meisten Clausthaler Dozenten bei

Reduktion ihrer anderen Verpflichtungen genügend Zeit erhielten, sich gänzlich oder im überwiegenden Maße

der Wissenschaft zu widmen, so wurden im letzten Viertel des Jahrhunderts durch den preußischen Landtag

im Ressort des für den Bergbau zuständigen Ministers für Handel und Gewerbe Planstellen etatsmäßiger

Professuren, wissenschaftlicher Assistenten und nebenamtlicher Dozenturen für die Bergakademie Clausthal

geschaffen. Die damaligen Lehrpläne44 weisen aus, dass das vierjährige Studium in Clausthal im Mittel 27

Stunden Unterricht pro Woche umfasste. Das Lehrangebot wurde auf die Anforderungen der Industrie

eingestellt und erweitert, so durch die Lehre vom Bergbau und der Aufbereitung technisch wichtiger Brennstoffe,

vor allem der Kohle. Neu aufgebaut wurde durch von Groddeck eine Vorlesung der Lagerstättenkunde mit einer

Erzsammlung, wie er auch 1879 das erste deutschsprachige Lehrbuch der Lagerstättenkunde herausbrachte45.

Neben das Bergrecht trat das Bürgerliche Recht; ferner entwickelten sich die Nationalökonomie, Gewerbelehre

und Statistik zu wichtigen Lehrfächern. Erste Hilfe und Sozialhygiene kamen als Nebenfächer hinzu46.

Es gelang, junge und dynamische Professoren an die Bergakademie zu berufen, wie beispielsweise Arnold

Sommerfeld, der später als bedeutender Atomphysiker Lehrer der Nobelpreisträger Peter Debye, Werner

Heisenberg, Wolfgang Pauli und Hans Bethe wurde. In Clausthal begann der bekannte Mineraloge und

Lagerstättenkundler Friedrich Klockmann von 1887 bis 1899 seine Laufbahn als akademischer Lehrer. Als Rektor

der TH Aachen wurde er von der belgischen Besatzungsmacht 1919 zeitweise aus politischen Gründen inhaftiert,

doch 1923 wieder in das Rektoramt gewählt47. Weithin bekannt wurde der Chemiker Prof. Dr. Friedrich Wilhelm

Küster, der in Clausthal das logarithmische Rechenwerk für Chemiker entwickelte, welches bis zum Anbruch der

Computerära mehr als einhundert Auflagen erfuhr48.

Aufgrund seiner Fachkenntnisse hoch geschätzt wurde der Metallhüttenkundler Dr. Carl Schnabel, der nach der

Schaffung eines zweiten Lehrstuhls für Hüttenkunde 1885 seine Lehre aufnahm. Schnabel stieg schon in jungen

Jahren zum Direktor der Kobalt- und Eisenerzgrube Daschkesan und der Kupferhütte Kedabeg der Brüder Carl

und Walter Siemens im Kaukasus auf, war dann an der Silberhütte Lautenthal und als Leiter des Bergreviers

Goslar tätig. Er entwickelte Verfahren zur Zinkextraktion und zur Verfahrenstechnik der Verhüttung höchst

komplexer Buntmetallerze. Er arbeitete intensiv an der Neutralisation der sauren Hüttenabgase, welche die

Vegetation schädigten. Seine Gutachtertätigkeiten führten ihn in viele, auch überseeische Länder. Den Studenten

der Bergakademie war er ein väterlicher und freigiebiger Freund, der Musik und dem Harz innig verbunden, wovon

seine publizierte Lyrik, Prosa und Lieder künden49. Noch heute wird bei festlichen Gelegenheiten sein Lied auf die

Clausthaler Bergakademie gesungen. Die Hochschule verleiht eine 1939 gestiftete Silbermedaille, die Schnabels

Namen trägt50 und an außen stehende Personen gegeben wird, die sich fortdauernd für kulturelle Belange der

Hochschule oder bei der Betreuung von Studierenden, vor allem von Ausländern, eingesetzt haben.

Aufgrund des guten Rufs der Clausthaler Hochschule stiegen die Studentenzahlen nach dem Niedergang in

der Anfangszeit der preußischen Ära bis zum Ende des Jahrhunderts auf 235 an, so dass ein Numerus

clausus für nichtpreußische Bewerber eingeführt werden musste51. Die begrenzten räumlichen Verhältnisse

ließen ein Mehr nicht zu. Bei der Immatrikulation an der Bergakademie Clausthal war außer den üblichen

Zeugnissen der Vorbildung noch der Nachweis eines sechsmonatigen Praktikums (Vorkurses) zu führen, das

auf den Bergwerken, Hütten und Aufbereitungsanstalten des Oberbergamtsbezirks Clausthal erfolgreich

zurückgelegt werden musste. Anwärter für den höheren technischen Staatsdienst hatten ein einjähriges

13

Universitätsstudium nachzuweisen. Eine Besonderheit bestand in der Zulassung der so genannten Einjährigen,

die mit Oberprimareife einen einjährigen Heeresdienst absolviert hatten, um die Befähigung zum Reserveoffizier

zu erwerben. Solche Bewerber wurden als Hospitanten zugelassen und mussten sich nach einem Jahr einer

Aufnahmeprüfung stellen. Mit dem Wegfall dieser Regelung und durch die räumlichen Einschränkungen während

der Neubauphasen im Zeitraum 1901 bis 1907 sank die Zahl der Immatrikulierten ab.

Durch das Bauprogramm der Bergakademie Clausthal entstand 1902 bis 1904 das zweiflügelige Gebäude für

das eisenhüttenmännische und das metallhüttenmännische Institut an der Ecke Graupenstraße-Pastorenbrink52.

Im März 1903 wurden drei angekaufte Wohnhäuser neben der alten Bergakademie abgerissen und der Neubau

des Ostflügels des Hauptgebäudes begonnen. Die Vorlesungen fanden weiterhin im alten Gebäudekomplex statt.

Mit dem Beginn der Sommerferien 1903 wurde der Hörsaalanbau abgerissen, um den mittleren Teil des neuen

Gebäudes mit dem zentralen Treppenhaus errichten zu können. Bis zur Fertigstellung des Ostflügels und des

Zentralteils im Frühjahr 1905 gestalteten sich die Unterrichtsverhältnisse schwierig. Zu diesem Zeitpunkt erfolgte

der Umzug in die beiden Neubauteile, sodass der Abriss des Altbaus erfolgen konnte, um Platz für die Errichtung

des Westflügels zu gewinnen. Im Herbst 1906 wurden die Neubauten der Bergakademie vom Preußischen

Minister für Öffentliche Bauten an den Minister für Handel und Gewerbe fertig gestellt übergeben53.

Bild 7 Dr. phil. Carl Schnabel (1843-1914), weltweit gesuchter Fachmann des Metallhüttenwesens. Professor an der Bergakademie Clausthal 1885 bis 1900.

Bild 6 Dr. phil. Albrecht von Groddeck (1837-1887) rettete die Bergakademie Clausthal als ihr Direktor vor dem Abstieg zu einer preußischen Steigerschule.

14

Bild 8 Das alte Bergschulgebäude und rechtwinklig dazu das Chemische Institut um 1890. Auf dem Marktplatz steht das noch neue Roemer-Denkmal, gestiftet 1882 von seinen früheren Studenten.

Bild 9 Das neue Gebäude der Bergakademie, erbaut in den Jahren 1903 bis 1907. Die von Berliner Architekten entworfene repräsentative Fassade hielt der Oberharzer Witterung nicht einmal zwei Jahrzehnte stand.

15

Die Schaffung neuer Professuren ermöglichte die Aufspaltung von zu weit gefassten Fachgebieten, wodurch

zum Beispiel 1908 das Geologische Institut neben das für Mineralogie und Lagerstättenkunde trat. Beide

fanden mit ihren umfangreichen geowissenschaftlichen Sammlungen im neu errichteten Hauptgebäude Platz.

Der Erste Weltkrieg unterbrach diese glückliche Entwicklung. Nahezu alle Studenten und Assistenten leisteten

Wehrdienst, desgleichen die meisten Professoren. Da der Vorlesungsbetrieb zum Erliegen kam, wurde die

Bergakademie Clausthal 1916 geschlossen und die restlichen noch anwesenden Professoren zu

Kriegshilfsdiensten verpflichtet. Zwanzig Prozent der 1914 immatrikulierten Studenten starben auf den

Schlachtfeldern, desgleichen ein Professor und ein wissenschaftlicher Assistent54.

5. Rektoratsverfassung und weitere Entwicklung (1919 bis 1966) Bergakademie Clausthal unter den schwierigen Bedingungen während der Weimarer Republik Als im November 1918 mit dem verlorenen Krieg die monarchischen Verfassungen in den deutschen

Bundesländern revolutionär beseitigt worden waren, kehrten die Professoren und Studenten von den

Fronten an die wieder eröffnete Bergakademie Clausthal zurück. Der Direktor der Bergakademie Geheimer

Bergrat Julius Fischer war 1916 verstorben, und es entwickelte sich eine Auseinandersetzung zwischen

dem stellvertretenden Direktor Geheimrat Bernhard Osann, Professor für Eisenhüttenkunde, und dem

Professorenkollegium55,56. Schon seit längerer Zeit hatte Osann mit der Unterstützung des Kurators der

Bergakademie Berghauptmann Otto Steinbrinck seine Ernennung zum Direktor der Bergakademie auf

Lebenszeit im Preußischen Ministerium für Handel und Gewerbe betrieben, doch alle anderen Clausthaler

Professoren wollten die politische Neuordnung Preußens nutzen, um die seit langem erstrebte Beseitigung

des Direktorats und die Einführung einer Wahlrektoratsverfassung zu erlangen. Unter der Federführung des

Mineralogen Willi Bruhns erarbeitete eine dreiköpfige Kommission den Entwurf einer Rektoratsverfassung,

der am 11. Januar 1919 bei einer Stimmenthaltung vom Professoren-Kollegium angenommen und dem

Ministerium zugeschickt wurde. Ermächtigt vom Preußischen Staatsministerium genehmigte der Minister für

Handel und Gewerbe Otto Fischbeck, Deutsche Demokratische Partei, am 14. Mai 1919 die erste

Wahlrektoratsverfassung der Bergakademie Clausthal57 mit einigen formalen Änderungen.

Noch im Mai wurde der ordentliche Professor Dr. phil. Willi Bruhns58 zum ersten Rektor der Bergakademie

gewählt. Nach seinem Amtsantritt am 23. Juni 1919 trat als vordringliche Aufgabe die Ergänzung des

Lehrkörpers in den Vordergrund. Die Besetzungen der beiden Bergbauprofessuren und die der Mathematik

gelangen dem Rektor in Direktverhandlungen mit dem Ministerium sehr schnell. Der Berghauptmann, als

Kurator der Bergakademie, blieb jetzt nur noch in sehr seltenen gravierenden personalrechtlichen Fällen

gegenüber dem Ministerium Bericht erstattende Zwischeninstanz. Die Rektoratsverfassung zog das volle

Promotionsrecht für die Bergakademie Clausthal nach sich, so dass seitens des Professorenkollegiums eine

Promotionsordnung zu erstellen war, die im Herbst 1920 in Kraft trat59.

1919 bildete sich an der Bergakademie der erste Allgemeine Studentenausschuss und entsandte Vertreter zum

ersten Deutschen Studententag in Würzburg, bei dem die Deutsche Studentenschaft als Vereinigung aller

Studierenden an den Hochschulen des deutschen Sprachraums gegründet wurde. Damit erhob die Deutsche

16

Studentenschaft beispielsweise den Anspruch auf die Vertretung der Studierenden Österreichs, der an den

deutschen Universitäten in der Tschechoslowakei und andere mehr, was zu politischen Querelen führen musste

und das noch anzusprechende Scheitern des preußischen Kultusministers Prof. Dr. Carl Heinrich Becker bei

dem Gesetzesentwurf zur Bildung einer Preußischen Studentenschaft verursachte.

Die Clausthaler Studentenschaft bildete innerhalb der Deutschen Studentenschaft den Kreis Niedersachsen (3)

gemeinsam mit den benachbarten Studentenschaften Hannover, Braunschweig, Göttingen, Hannoversch-

Münden und Witzenhausen. Ihr Ziel war die studentische Selbstverwaltung in politischen, wie auch in sozialen

und kulturellen Belangen der Studentenschaft60.

1921 gründete die Clausthaler Studentenschaft, um der Not vieler Studenten steuern zu können, den örtlichen

studentischen Wirtschaftskörper „Clausthaler Studentenhilfe e.V.“, der später in das Deutsche Studentenwerk

überging. Mit Hilfe des Fördervereins „Freunde der BergakademieClausthal e. V.“ und von ihm nahe stehenden

Firmen konnte 1922 die erste Mensa in Clausthal eröffnet werden. Ende 1922 wurde eine Darlehenskasse für in

ihren Studien fortgeschrittene Studenten gegründet. Bedürftigen Studenten wurde durch Organe der

Studentenschaft mit Zuteilungen von Lebensmitteln und Kohle geholfen.

1919 schrieben sich erstmals drei weibliche Studierende für die so genannten Ergänzungsfächer ein61 In der

Mathematik, Physik, Chemie, Geologie und Mineralogie konnte man zwar kein Diplom erwerben, doch war mit

entsprechender Vorbildung die Erarbeitung einer Dissertation und die Promotion möglich.

Bild 10 Der Mineraloge Prof. Dr. Willi Bruhns (1864-1929) erarbeitete die Rektoratsverfassung der Bergakademie Clausthal und wurde 1919 zu ihrem ersten Rektor gewählt.

Bild 11 Prof. Dr. Siegfried Valentiner (1876-1971) war viermal Rektor der Bergakademie in den zwanziger und dreißiger Jahren und lenkte Ihren damaligen Ausbau.

17

Die außerordentliche Zunahme der Immatrikulationen an der Bergakademie Clausthal mit schließlich mehr als

900 Hörern führte in der Nachkriegszeit zu einer großen Raumnot. Vorlesungen, die alle Studierenden hören

mussten, wie beispielsweise die der Mathematik, wurden in der Aula des Clausthaler Gymnasiums gehalten, wo

aber keine Tische für das Mitschreiben vorhanden waren.

Mit Hilfe der Metall erzeugenden Industrien konnte ein am Großen Bruch stehendes Wohnhaus erworben und

1924 in Betrieb genommen werden, in welches das von dem hauptamtlichen Dozenten Prof. Dr. Woldemar

Hommel seit 1913 geleitete Metallographische Institut einzog. Dieser Fortschritt für die metallographische

Forschung hatte jedoch keinerlei Auswirkungen auf die Raumnot. Obwohl die wirtschaftlichen Verhältnisse dieser

Jahre schwach waren und sich mit der Inflation der Mark weiterhin in starkem Maße verschlechterten, erhielt die

Bergakademie 1923/24 Erweiterungsbauten im Bereich des Hauptgebäudes, in denen das Institut für Bergbau

und das Institut für Maschinenkunde untergebracht werden konnten62.

Diesen Baumaßnahmen war eine Groteske voraus gegangen, als nämlich der Wortführer einiger seiner

Kollegen Professor Dr. Georg Spackeler im Einvernehmen mit dem Goslarer Oberbürgermeister Friedrich Klinge

die Verlegung der Bergakademie nach Goslar geplant hatte. Magistrat und Geldwirtschaftsausschuss der Stadt

Goslar stimmten der Bereitstellung von erheblichen Mitteln für den Neubau der Bergakademie in Goslar zu.

Nicht nur die noch nicht vereinigten Bergstädte Clausthal und Zellerfeld widersprachen mit einer Denkschrift dem

Vorhaben sondern auch der Oberpräsident der preußischen Provinz Hannover Gustav Noske. Nach politischen

Auseinandersetzungen wegen des Verlegungsvorhabens im preußischen Landtag, stellte dieser die Mittel für die

oben genannten Erweiterungsbauten am Standort Clausthal zur Verfügung.

Das glanzvoll begangene Jubiläum des 175jährigen Bestehens berg- und hüttenmännischer Ausbildung und

Forschung in Clausthal führte die Rektoren fachnaher und benachbarter Hochschulen nach Clausthal, doch

wichtiger waren für die Bergakademie die Minister, Abgeordneten, hohen Beamten der Provinz Hannover und

zahlreiche führende Persönlichkeiten der Montanindustrien. Von ihnen erhielten die Rektoren des Jahres 1925,

der Chemiker Prof. Lothar Birckenbach und der Physiker Prof. Dr. Siegfried Valentiner, finanzielle Zusagen und

Stiftungen für ein weiteres Neubauprogramm63.

Auf den so genannten Spittelwiesen an der nordöstlichen Stadtgrenze wurde von der preußischen

Bauverwaltung ein akademisches Forum geplant. Heute würde man es Campus nennen. Das zentrale Element

dieses Forums bildete die Aula Academica, die mit der Rektoratsübergabe am 8. November 1927 feierlich

eingeweiht wurde. Der Festsaal der Aula ist, über drei Etagen reichend, mit Spitzbögen eingewölbt und besitzt

einen fast sakralen Charakter. Daneben befindet sich ein nüchterner rechteckiger Saal, der früher als Sporthalle

diente, heute jedoch als Mehrzwecksaal genutzt wird, beispielsweise für die jährlich an der TU stattfindende

Landesausscheidung „Jugend forscht“. Auf das Eingangsportal der Aula hin führt eine kurze Straße, die zu

beiden Seiten von einheitlichen Wohngebäuden im Stil des Aulagebäudes gesäumt wird. Durch eine schmale

Straße seitlich vom Aulagebäude getrennt, befindet sich das 1928 eröffnete Hallenbad der Hochschule. Das

ganze Ensemble genießt heute Denkmalsschutz.

Ein großes Doppelhaus mit vier Wohnungen für die Familien von Professoren wurde in der zweiten Hälfte der

zwanziger Jahre gleichzeitig mit zwei Institutsneubauten am Rande der Spittelwiesen errichtet. Diese Neubauten

des Instituts für Chemie und des Instituts für Maschinenkunde und Elektrotechnik wurden 1927 und 1929 in

Nutzung genommen. Die Freiluft-Sportanlagen am Dorotheer Zechenhaus und eine Skihütte am Westabhang

des Brockens finanzierte der 1922 gegründete Verein der Freunde der Bergakademie. Die Finanzierung des

überwiegenden Teils der Bauten des so genannten Forums trug der preußische Staat, einen kleineren Teil die

18

Montanindustrien. Die weiteren Planungen für das Forum konnten wegen der wirtschaftlichen Nöte gegen Ende

der zwanziger Jahre nicht mehr umgesetzt werden.

Die Zahlen der Planstellen für Professoren, Dozenten und wissenschaftliche Assistenten stiegen in der Zeit der

Weimarer Republik um sechzig Prozent an64. Insgesamt wurden sieben hauptamtliche Dozenturen geschaffen,

nämlich für Eisenhüttenkunde, Physikalische Chemie, Metallurgische Probierkunde, Bergwerks- und

Hüttenmaschinen, Walzwerkskunde, Bergwirtschaftslehre und Geophysik. Neu auf- oder ausgebaut wurden

Lehrangebote im Bürgerlichen und Öffentlichen Recht, in der Chemischen Technologie und Brennstofftechnik

sowie im Grubenrettungswesen und Sport. 1922 war auf Wunsch der Deutschen Studentenschaft der Sport als

Pflichtfach an den preußischen Hochschulen für die Studierenden vor dem Vorexamen eingeführt worden.

Daher wurde ein hauptamtlicher Sportlehrer angestellt.

Die Braunkohlenindustrie stellte ab 1927 finanzielle Mittel für den Kohlechemiker Dr. Heinrich Hock und für die

Einrichtung eines Braunkohlenchemischen Laboratoriums im Chemischen Institut zur Verfügung. Die Wintershall

AG. stiftete die Ausstattung eines Kali-Forschungslabors daselbst und finanzierte zwei Chemiker für die Arbeiten

in diesem Labor65.

Politische Divergenzen zwischen der Bergakademie und der Bergstadt In politischer Hinsicht waren die Clausthaler Professoren und die Studentenschaft ganz überwiegend konservativ

deutsch-national strukturiert und auf eine Revision des Versailler Vertrags ausgerichtet, der von der Mehrheit der

deutschen Bevölkerung als ein Diktat der Siegermächte betrachtet wurde. Clausthaler Studenten gehörten 1919

den Freikorps im Osten des Reiches an. 1920 stellten die Clausthaler Verbindungen eine Hundertschaft für das

Selbstschutzbataillon „von Hindenburg“, das im Osten Oberschlesiens gegen polnische Insurgenten kämpfte.

Zahlreiche Teilnehmer wurden verwundet, der Hercyne Kurt Ellissen tödlich. Auch an der Niederwerfung des

kommunistischen Aufstandes in Mitteldeutschland 1921 waren Clausthaler Studenten beteiligt.

Immer wieder kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den Studenten und einem wesentlichen Teil der

Einwohner Clausthals und Zellerfelds, nämlich solchen Berg- oder Hüttenarbeitern, die Kommunisten oder linke

Sozialdemokraten waren. Dabei blieb es nicht bei verbalen Attacken. Die Sonnenwendfeier des Jahres 1922

wurde durch Linksradikale gestört. Ein Versuch Professors Spackelers und des Rektors Valentiner, die Störer

zum Abzug zu bewegen, führte dazu, dass die beiden Professoren von den Linken blutig geschlagen wurden.

Ein Schwurgerichtsprozess in Göttingen und die Verurteilung der Schläger verhinderte jedoch nicht, dass es

auch bei späteren Sonnenwendfeiern der Studentenschaft zu handgreiflichen Auseinandersetzungen mit

Linksradikalen kam66.

Folgenschwer endete eine Kommunistische Jugend-Bezirkstagung, ein so genannter „Roter Sonntag“, in

Clausthal. Die aus dem ganzen südlichen Niedersachsen angereisten Jugendlichen legten sich in Rudeln mit

einzelnen Studenten an, verprügelten sie und verwüsteten Verbindungshäuser. Bei einer solchen Situation griff

der von gewaltbereiten kommunistischen Jugendlichen eingekreiste Student Walter Bode zur Waffe und

erschoss den erst fünfzehnjährigen Karl Schmidt aus Holzminden. Die politischen und fachlichen Entwicklungen

an der Bergakademie Clausthal in der Weimarer Republik sind eingehend dargestellt worden67, so dass hier nur

zusammenfassende Bemerkungen gebracht werden.

Ein wichtiges Recht der deutschen Hochschulen ist die Selbstergänzung der Lehrkörper. Die vollständig

erhaltenen Berufungsakten der Bergakademie weisen für die Zeit der Weimarer Republik aus, dass von den

Rektoren und durch das Professorenkollegium jede Einflussnahme von außen auf die Besetzung vakanter

19

Professoren- oder Dozentenstellen, sei es durch Industrieverbände oder private Beziehungsnetze,

zurückgewiesen wurden. Als Beispiel für diese Haltung soll hier aus einem Brief des Rektors vom 11. Juni 1924

an den Vorstand des Braunkohlen-Industrie-Vereins zitiert werden, in welchem in höflicher Umrahmung die

folgenden unmissverständlichen Sätze stehen68: Das auf das Ansehen, aber auch auf die Rechte unserer

Hochschule wohlbedachte Professorenkollegium wird in hoher Pflichtauffassung und Verantwortungsbereitschaft

und in makelloser Sachlichkeit die ihm für die Stelle am geeignetsten erscheinenden Persönlichkeiten dem

Ministerium vorschlagen. Was dann auch trotz eines nochmaligen Versuchs massiver Einflussnahme geschah.

Parteipolitik spielte im Professorenkollegium keine Rolle und war Privatangelegenheit. Doch geben

Personalfragebogen, die zu Beginn der Nazi-Diktatur von allen Hochschulangehörigen im Rahmen der

nationalsozialistischen Beamtengesetzgebung beantwortet werden mussten, Auskunft über die politische

Couleur der Clausthaler Professorenschaft69. So war der kleinere Teil der Professoren in den zwanziger Jahren

parteilos, während der größere Teil deutschnational-konservativen Parteien angehörte. Nur einer war von 1918

bis 1926 Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei. Als Reserveoffiziere waren die meisten Professoren

Mitglieder des „Stahlhelm“, eines Verbandes ehemaliger Frontsoldaten, dessen Führer im Oberharz der

Ordinarius für Metallhüttenkunde Rudolf Hoffmann war. Der Weimarer Republik und ihren Regierungen, die mit

den Folgen des verlorenen Krieges zu kämpfen hatten, standen sie abweisend gegenüber.

Am 24. Juni 1930 fragte der Landrat des Kreises Zellerfeld Paul Curtze beim Rektor der Bergakademie

Hermann König an, ob er die Rede bei der Feier des Verfassungstages übernehmen würde oder sie den

Prorektor oder einen der Professoren halten lassen wolle. Diese öffentliche Feier sollte an die Verabschiedung

der ersten deutschen republikanischen Reichsverfassung am 31. Juli 1919 in Weimar erinnern. Keiner der

Clausthaler Professoren fand sich bereit, die Rede zu halten. So nominierte der Rektor den Privatdozenten Dr.

Hans Crone, der seinen Vortrag über das Verhältnis des Einzelnen zu seinem Staat an Ideen der antiken

Philosophen Hesiod und Platon bis hin zu Kants, Fichtes und Hegels Staatsauffassungen orientierte. Zum einen

nahm dieser Vortrag keinerlei Bezug auf die Weimarer Verfassung, zum anderen ging er über das Verständnis

der meisten Teilnehmer an der Veranstaltung vollständig hinweg70.

Eine hohe Akzeptanz fanden hingegen bei den Professoren und Studenten die vom Rektor veranstalteten Feiern

des Reichsgründungstages am 18. Januar in der Aula Academica. Die Chargierten zogen im Wichs mit ihren

Fahnen, die Professoren in Frack und Talar unter den Klängen preußischer Militärmärsche ein. Orden und

Ehrenzeichen gehörten zum Anzug. Die Festreden zur Bismarckschen Reichsgründung hielten Professoren

benachbarter Universitäten oder der Bergakademie. In der gleichen retrospektiven Weise fanden die von der

Studentenschaft veranstalteten jährlichen Langemark-Feiern reichliche Teilnahme.

Vielleicht ist es bezeichnend, dass neben Repräsentanten der Montan- und der Schwerindustrie der deutsche

Medienzar, Mitbegründer des Alldeutschen Verbandes und Vorsitzende der Deutschnationalen Volkspartei

Alfred Hugenberg der einzige Politiker war, dem in dieser Zeit die Ehrenbürgerwürde der Bergakademie

Clausthal verliehen wurde. Hugenberg machte einen politisch immens verhängnisvollen Schritt, in dem er Ende

1931 die so genannte Harzburger Front bildete und gemeinsam mit seinem Freund und Parteigenossen Franz

Seldte ein Bündnis der Deutschnationalen Volkspartei und des Stahlhelm-Bundes mit Hitlers NSDAP, SA und

SS einging. Hugenberg blieb auch bis über das Jahr 1945 hinaus der einzige von der Bergakademie Clausthal

geehrte Politiker, während andererseits an benachbarten Hochschulen Hitler selbst und andere Repräsentanten

der nationalsozialistischen höchsten Führungsriege zu Ehrungen kamen, was man heute gern vergisst.

20

Im Krisenjahr 1932 traten der Dozent für Physikalische Chemie Dr. Karl Kellermann, der Ordinarius für

Mineralogie Prof. Dr. Friedrich Karl Drescher und sein Assistent Dr. Friedrich Buschendorf der NSDAP bei.

Beide nationalistisch gesinnte Professoren waren Frontoffiziere gewesen, und Buschendorf war als Mitglied der

Clausthaler Studentenkompanie bei der Erstürmung des Annaberges im Mai 1921 verwundet worden. Viele der

politischen Forderungen der Deutschnationalen stimmten mit den revisionistischen Zielen der Nazis überein, so

dass der Übergang zu den Nazis vielen Nationalisten hoffnungsvoll erschien.

Das politische Leben der Clausthaler Studentenschaft wurde in den zwanziger Jahren von den nationalistisch

gesinnten Verbindungen bestimmt71a. Bei den ASTA-Wahlen der Jahre 1924 und 1927 teilten sich die

Verbindungen jeweils 18 der 20 Sitze, wobei der dreiköpfige Vorstand stets von den Angehörigen der

schlagenden Corps und Burschenschaften gebildet wurde. Den vom Sozialdemokraten Otto Braun geführten

preußischen Koalitionsregierungen stand die Clausthaler Studentenschaft extrem ablehnend gegenüber. Als

Kultusminister Prof. Dr. Carl Heinrich Becker ein Gesetz zur Verfassten Studentenschaft in Preußen an den

Hochschulen zur Abstimmung stellte, wurde dieses von den Studentenschaften der preußischen Hochschulen

mit Mehrheit abgelehnt, in Clausthal jedoch mit 98,9 % der abgegebenen Stimmen. Bei einer Zustimmung zu

diesem Gesetz hätte sich als Konsequenz die Aufgabe des Anspruchs der Deutschen Studentenschaft auf die

politische Vertretung aller deutschsprachigen Studierenden an Universitäten in den nach dem 1. Weltkrieg neu

gebildeten Nachbarländern ergeben, zum Beispiel der an Hochschulen in der Tschechoslowakei.

Andererseits lag die Leitung der Clausthaler Studentenschaft noch weit über den Regierungsantritt des Kabinetts

Hitler hinaus bis 1935 in den Händen korporierter Studenten71b, obwohl doch der 1925 gegründete NS-

Studentenbund schon 1930/31 an vielen deutschen Universitäten in den Allgemeinen Studentenausschüssen

über deutliche Mehrheiten verfügte, zum Beispiel in Erlangen über 70, an der TH Berlin, in Jena, Rostock und

Greifswald über mehr als 60 % der Sitze72.

Während der letzten Krisenjahre der Weimarer Republik und vor allem mit dem Beginn der

nationalsozialistischen Zwangsherrschaft gingen die Studentenzahlen in Clausthal, wie auch an allen anderen

deutschen Hochschulen, deutlich zurück. Die Verarmung großer Teile des Bürgertums und die starke

wirtschaftliche Depression Ende der zwanziger Jahre mit ihren Folgen für den Arbeitsmarkt waren die

wesentlichen Ursachen für den Rückgang der Immatrikulationen.

Infolge der Brüning’schen Notverordnungen verlor die Bergakademie Personal und finanzielle Mittel. Nun trat auch

eine gewisse interne Politisierung der Angehörigen der Bergakademie Clausthal ein. Ende 1930 überwies

beispielsweise Rektor Hermann König Geld aus der Promotionskasse an den „Fichte-Bund“ zur Unterstützung des

politischen Kampfes gegen das so genannte „Versailler Diktat“, und Anfang 1931 unterstützte er die „Verbände

heimattreuer Schlesier“, die gegen die zwangsweise Abtretung von Teilen Ostoberschlesiens an Polen protestierten.

An der Großkundgebung des 27. Januar 1931 in Gleiwitz nahm der 1. Vorsitzende der Clausthaler Studentenschaft

Erich Burdach teil.73

Politisierung und Gleichschaltung unter der Diktatur Hitlers Das berüchtigte Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933, aufgrund

dessen politische Gegner der Nazis und jüdische Angehörige des öffentlichen Dienstes aus ihren

staatlichen Ämtern vertrieben wurden, zeigte auf die Bergakademie keine Auswirkungen. Als am 1. Juli

1933 Rektor Max Paschke, Professor für Eisenhütten- und Gießereiwesen, sein Rektorat mit einem

Rechenschaftsbericht beendete, huldigte er der neuen Regierung der nationalen Revolution und fuhr fort:

21

Unsere liebe Bergakademie , eine von wenigen Hochschulen, die von jeher nur Arier beherbergt, war

stets eine fest gefügte nationale Hochburg.74

Im Juni 1933 wurde den Hochschulen das Führerprinzip per Erlass verordnet. Auf eine abmildernde Eingabe

des Rektors hin, stellte das Ministerium am 19.12.1933 klar: Zur Sicherung der einheitlichen Führung der

Bergakademie gehen die Rechte des Professorenkollegiums auf den Rektor über. Der Rektor beruft das

Professorenkollegium als beratende Körperschaft, wenn es im Interesse der Bergakademie geboten

erscheint. Abstimmungen finden nicht statt. Der Rektor wird aus der Zahl der ordentlichen Professoren

ernannt. Die Ernennung erfolgte durch den Minister, die des Prorektors durch den Rektor. Ab dem

1.4.1935 wurden auch der Prorektor und die Dekane auf Vorschlag des Rektors von Reichsminister Rust

ernannt75.

1935 wurde durch einen Erlass des Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung die

Bergakademie Clausthal aus dem Ressort des Preußischen Ministers für Handel und Gewerbe herausgelöst

und ressortierte nun gemeinsam mit den preußischen Universitäten und Technischen Hochschulen beim

Wissenschaftsminister. Von der früheren engen Verknüpfung der Bergakademie mit den Bergbehörden blieb

bis zur Auflösung des preußischen Staates durch den Alliierten Kontrollrat im Jahre 1946 lediglich das Amt

ihres Kurators bestehen, das der Berghauptmann des Oberbergamts Clausthal-Zellerfeld ausübte. Des

Weiteren verordnete der Reichsminister, dass alle wissenschaftlichen Hochschulen in Fakultäten zu gliedern

seien. An der Bergakademie Clausthal entstanden 1935 eine Fakultät für Bergbau und Hüttenwesen sowie eine

für Allgemeine Wissenschaften, die 1940 in Fakultät für Naturwissenschaften und Ergänzungsfächer

umbenannt wurde. Neu trat im Jahr 1934 neben den Studiengang Bergbau der des Markscheidewesens.

Einen ganz entscheidenden Einbruch in das konservative Milieu der Bergakademie erzielten die Nazis im

Spätsommer 1933, als die durch den Tod Rudolf Hoffmanns vakante Professur für Metallhüttenkunde und

Elektrometallurgie neu zu besetzen war. Die mit besten wissenschaftlichen Referenzen ausgestatteten

Bewerber Dr. Fritz Caspari, Berlin, Dr. Otto Barth, Hettstedt, Dr. Rolf Borchers und Dr. Kurt Peukert,

Halle, kamen nicht zum Zuge, denn jetzt machten sich massive Einmischungen der Nazis in das

Verfahren zugunsten eines aktiven Nationalsozialisten geltend76. Zum einen intervenierte der Hamburger

SA-Sturmbann III/15 beim Preußischen Minister für Wirtschaft und Arbeit, den „Pg. Dr. Grothe aus Peru“

zurückzurufen. Der habe sich als Sturmbannführer der SA in Hamburg außerordentlich bewährt. Zum

anderen schickte der Führer der kleinen Clausthaler Gruppe des NS-Studentenbundes Wilhelm Neubauer

ein Gesuch zugunsten Grothes an den Minister. Am 19. Juli 1933 hatte Oberberghauptmann Erich

Winnacker anlässlich seines Besuchs in Clausthal mit Vertretern des NS-Studentenbundes in Gegenwart

des Rektors und des Pg. Professor Dr. Drescher ein Gespräch über das laufende Berufungsverfahren, in

welchem die Studenten den favorisierten Dr. Barth ablehnten. Sie erklärten, dass wir bei der Berufung

des Dr. Barth über die Hochschule den Boykott aussprechen werden und Herrn Dr. Barth mit allen Mitteln

bekämpfen werden. Winnacker verwahrte sich gegen diese Erpressung und brach die Besprechung ab.

Doch die Entscheidung wurde den Clausthaler Professoren ganz schnell seitens des Ministeriums

genommen. Bereits Anfang August musste Rektor Valentiner dem Dr. Grothe nach Lima mitteilen, dass

das Ministerium seine Berufung angeordnet habe.

Hans Grothe (Jahrgang 1894) hatte sich 1919 als Student der Bergakademie Freiberg dem

Zeitfreiwilligenbataillon Freiberg angeschlossen, das 1921 an der Niederwerfung des kommunistischen

Aufstands in Mitteldeutschland beteiligt war. Grothe war nach dem Diplom-Ingenieurexamen der

22

Organisation Escherich beigetreten. Er hatte bis 1926 dem Wehrwolf und 1924/25 dem Völkisch-Sozialen

Block angehört. Von 1922 bis 1932 war er Mitglied des Alldeutschen Verbandes. Alle diese

Organisationen waren rechtsextremistisch und agierten scharf antisemitisch und antirepublikanisch.

Auch die nächste 1934 anstehende Besetzung, nämlich die des Ordinariats für Mineralogie, wurde im

nationalsozialistischen Sinne geregelt. Der von allen Gutachtern auf den ersten Listenplatz gesetzte

Privatdozent Dr. Hans Ehrenberg, Aachen, wurde übergangen und im nicht üblichen Wege der Heimberufung

der Clausthaler Privatdozent Friedrich Buschendorf berufen77. Buschendorf war ebenfalls Freikorpskämpfer

gewesen und schon vor 1933 der NSDAP und der SA beigetreten. Mit Buschendorfs Berufung war für nahezu

ein Jahrzehnt ein Duumvirat nationalsozialistischer Herrschaftsausübung an der Bergakademie installiert, in

welchem Grothe stets die dominierende Position mit fanatisch-aggressiver Durchsetzungskraft innehaben

sollte, während Buschendorf sich gemäßigter und menschlich integer verhielt. Freilich nahm ihm Grothe mit

seinem absoluten Herrschaftsanspruch in Parteiangelegenheiten und von 1937 bis 1943 als Rektor nahezu

alle unangenehmen Entscheidungen und die Verantwortung für alle repressiven Maßnahmen ab. Der erste

nach 1933 in das Amt gekommene Rektor Walter Nehm setzte sich im Ministerium noch gegen den

scharfmacherischen NS-Dozentenbundsführer Grothe durch78, so zum Beispiel im Disziplinarfall Hans-Joachim

Ringel, der sich über den neu eingeführten Hitler-Gruß abfällig geäußert hatte und denunziert worden war.

Grothe wollte für Ringel ein reichsweites Immatrikulationsverbot durchsetzen, doch Nehm beließ es bei einem

Verweis. Ringel war klug genug, die Bergakademie zu verlassen.

Durch einen Runderlass (18.12.1934) des Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung wurde

das Ende der Rektoratsperiode an allen reichsdeutschen Hochschulen auf den 31. März 1935 festgelegt. Der

amtierende Rektor Siegfried Valentiner ließ entgegen den Vorgaben des Ministers am 15. 02. 35 eine geheime

Wahl durchführen. Dem totalitären Führerstaat standen die meisten der Clausthaler Professoren offenbar noch

relativ ahnungslos gegenüber. Offensichtlich sprachen sich die Professoren ab, dem Minister den oben bereits

genannten ordentlichen Professor für Markscheidekunde Walter Nehm für die Ernennung zum Rektor der

Bergakademie Clausthal vorzuschlagen. Entgegen dem früher üblichen sachlichen Bericht an den Minister über

die Wahl eines Rektors, enthält der Bericht Valentiners erstmals eine persönliche und parteipolitische

Beurteilung des zu Ernennenden. Sie lautete: „Professor Nehm genießt das Vertrauen aller Mitglieder des

Lehrkörpers sowie aller Beamten, Angestellten und Arbeiter der Bergakademie. Er ist Mitglied der NSDAP und

betätigt sich bei der NS-Kulturgemeine als Kreiskulturwart bzw. als Kreiskulturobmann.“ Nehm blieb bei dem

traditionellen Verfahren und schlug dem Minister den bisherigen Rektor Siegfried Valentiner für das Amt des

Prorektors vor, der diesem Vorschlag nachkam.

Als Nehm ein Jahr später einen Ruf an die TH Aachen annahm und die Bergakademie am 31.März 1936 verließ,

hatte Grothe soeben in der Niedersächsischen Hochschulzeitung im Februar 1936 einen Artikel publiziert, in

dem er fälschlicherweise behauptete, dass während der Weimarer Republik die Besetzungen von Professuren

an der Bergakademie massiv durch Interessen der Industrie beeinflusst worden seien. Nehm wandte sich sofort

an den Minister und forderte, dass Grothe diese schweren Anschuldigungen beweisen solle. Dieser drehte und

wendete sich und musste schließlich eingestehen, dass er den Beweis nicht antreten konnte. Ja, der Minister

nötigte ihn sogar noch, sich beim Kurator der Bergakademie zu entschuldigen, denn dieser hatte früher als

Referent des Ministeriums bei den Berufungen mitgewirkt. Am 31. August 1936 widerrief Grothe und

entschuldigte sich beim Clausthaler Berghauptmann. Trotz dieser abstoßenden Affäre gab Prorektor Valentiner

dem Minister, die Meinung seiner Kollegen verfälschend, eine an die Bestrebungen der NSDAP feige

23

angepasste Ehrenerklärung für Grothe ab und schlug ihn für das vakante Rektoramt vor. Die Ernennung

Grothes zum Rektor der Bergakademie Clausthal erfolgte am 27. Februar 1937. Zum Prorektor ernannte der

Minister auf Vorschlag von Grothe Prof. Dr. Friedrich Buschendorf. Letzterer trat auch die Nachfolge Grothes als

NS-Dozentenbundsführer an der Bergakademie an.

Eine intensive nationalsozialistische Indoktrination und eine repressive Personalpolitik seitens des

nationalsozialistischen Studentenbundes, des Dozentenbundes sowie der ständig zunehmende Einfluss der

NSDAP und ihrer militanten Parteiorganisationen führten sehr schnell zu einer weitestgehenden Anpassung des

Personals der Bergakademie an das politische und polizeiliche Zwangssystem79. Lediglich der wissenschaftlich

sehr renommierte Kohlechemiker Prof. Dr. Heinrich Hock und der im Ersten Weltkrieg schwer kriegsverletzte

Metallograph Prof. Dr. Aloys Merz fügten sich gelegentlich nicht, wenn sie ideologisch begründete Maßnahmen

auf ihre Mitarbeiter anwenden sollten.

Die studentischen Korporationen lösten sich unter dem nationalsozialistischen Druck Mitte der dreißiger Jahre

eine nach der anderen auf. Die Studenten wurden nun in Kameradschaften des NS-Studentenbundes

zusammengefasst, ideologischen Schulungen und dem Wehrsport unterworfen. Das Leben der Professoren,

Dozenten und wissenschaftlichen Assistenten wurde durch den NS-Dozentenbund politisiert und mit zahllosen

Pflichtveranstaltungen partei- und wehrpolitischen sowie wehrsportlichen Charakters belastet.

Studentischer und professoraler Widerstand gegen die politische Bevormundung und die sich verfestigende

nationalsozialistische Zwangsherrschaft konnten an der Bergakademie Clausthal kaum aufkommen, da die

Studenten, der Lehrkörper und das übrige Personal schon vor 1933 fast ausnahmslos national-konservativen

Parteien und Verbänden nahe gestanden hatten. So bildeten Relegationen oder Entlassungen aus politischen

Gründen die seltene Ausnahme, denn die politischen Zielsetzungen dieser nun aufgelösten Parteien hatten in

Teilen mit denen Hitlers übereingestimmt, und ihre Tochterverbände, insbesondere der bürgerliche deutsch-

nationale „Stahlhelm-Bund“ waren geschlossen in die entsprechenden Organisationen der NSDAP überführt

worden. Eine rassische Verfolgung hat glücklicherweise an der Bergakademie Clausthal nicht stattfinden

können, da sich in den dreißiger Jahren kein einziger Jude an dieser befand. Allerdings wurde bei der brutalen

Verfolgung politischer Gegner nach Hitlers so genannter Machtergreifung, während der in Clausthal viele

Sozialdemokraten und Kommunisten durch die SA in Gefängnisse verschleppt wurden80, mit Dr. Kurt Puzicha

auch ein Angehöriger der Bergakademie verhaftet. Glücklicherweise kam er bald wieder frei. Für kurze Zeit

nahm er nach Kriegsende an der Bergakademie die Stelle eines wissenschaftlichen Assistenten an81.

Alle jüngeren Professoren, Dozenten und die Habilitanden wurden zu Kursen in Dozentenakademien einberufen,

wo sie zwangsweise mit der NS-Politik und ihren Zielen vertraut gemacht und wehrsportlich geschult wurden82.

Die Zulassung zu einem Amt oder zur Habilitation wurde von einer politischen Beurteilung durch den NS-

Dozentenbundsführer abhängig gemacht. Auch die erfolgreich abgeschlossene Habilitation zog keineswegs die

venia legendi nach sich. Erst die Ernennung zum Dozenten, nach einer politischen und rassischen Überprüfung

durch die Partei, führte zur Lehrerlaubnis durch den Reichswissenschaftsminister. Trotz ihrer Habilitation an der

Bergakademie Clausthal haben einige Personen die Lehrbefugnis in der Zeit zwischen 1939 und 1944 nicht

erlangt. Sie verblieben im Status von Lehrbeauftragten83.

In den ersten Jahren der Naziherrschaft hielt der Abwärtstrend bei den Studentenzahlen an. Zusätzlich

verzögerte sich der Zugang von Erstsemestern durch die Einführung der einjährigen Arbeitsdienstpflicht84. Ab

Mitte der dreißiger Jahre wurden sehr viele der Abiturienten während ihres Arbeitsdienstes durch eine intensive

Werbung für die aktive Offizierslaufbahn in der enorm rasch anwachsenden Deutschen Wehrmacht, in der neu

24

formierten Waffen-SS, im Reichsarbeitsdienst sowie für Funktionen in paramilitärischen Parteiorganisationen

geködert und auf diese Weise von einem Hochschulstudium weggelenkt. Wie an allen deutschen Technischen

Hochschulen, sanken die Studentenzahlen auch in Clausthal weiterhin drastisch, was sich wenige Jahre später,

vor allem in der Kriegszeit, durch einen drückenden Ingenieurmangel in der deutschen Montanindustrie bemerkbar

machen sollte.

Ein irgendwie gearteter Ausbau der Bergakademie Clausthal fand in der Zeit des Hitler-Regimes nicht statt. Doch

wurden ihre Forschungskapazitäten in verschiedenen Sektoren der Rohstoffversorgung weitestgehend in den

Dienst der Autarkiebestrebungen des Staats gestellt. So führte Buschendorf mit seinen Mitarbeitern und

Doktoranden bereits Mitte der dreißiger Jahre ausgedehnte Untersuchungen von Lagerstättenpotentialen im

Bereich des Harzes und des Weserberglandes durch85. Von großer Bedeutung für die Aufrüstung und die

Versorgung der Deutschen Wehrmacht mit Stahl war Mitte der dreißiger Jahre die Entwicklung eines

Verhüttungsverfahrens für die sauren Eisenerze des Salzgittergebietes durch den Clausthaler Ordinarius Max

Paschke und seinen Assistenten Dr. Eugen Peetz. Im Rahmen des Vierjahresplanes, für den Hermann Göring

verantwortlich zeichnete, begann eine großräumige Erschließung der Eisenerze im Raum Salzgitter, der Bau von

großen Aufbereitungsanlagen, die Errichtung eines gewaltigen Hochofenkomplexes, die Umsiedlung großer Zahlen

von Industriearbeitern in diesen bisher ländlichen Raum sowie die Errichtung einer neuen Stadt. Paschke wurde

maßgeblicher Gutachter bei den Reichswerken Hermann Göring, und Peetz ging als Hüttendirektor nach Salzgitter.

Aufgrund seines Rufs wurde Paschke 1939 in den Sachverständigenrat der Reichstelle für Eisen und Stahl und

1942 in den Verwaltungsrat der Helmholtz-Gesellschaft berufen. Im gleichen Jahr wurde er zum Sonderbeauftragten

für die Roheisenerzeugung beim Reichsminister für Bewaffnung und Munition ernannt. Er erhielt 1944 den von

Gauleiter Hartmann Lauterbacher gestifteten Leibniz-Preis des NS-Gaus Südhannover-Braunschweig86.

Die Bergakademie während des 2. Weltkriegs In Vorbereitung des Angriffs auf Polen wurden Professoren, wissenschaftliche Assistenten und Studenten schon ab

August 1939 zur Deutschen Wehrmacht einberufen. Rektor Grothe diente als Offizier bei den Pionieren, Prorektor

Buschendorf bei der schweren Flakartillerie, andere bei verschiedenen Waffengattungen. Grothe wurde allerdings

mehrere Male zur Wahrnehmung seiner Rektoratsgeschäfte beurlaubt. Mit Ausnahme von Personen hohen

Lebensalters, wurden nach Kriegsbeginn nahezu alle Professoren der Bergakademie, die nicht als Offiziere Dienst

taten, für Tätigkeiten in den Grundstoffindustrien, für Entwicklungen der Rüstungsindustrie, des Heereswaffenamts

und der Kohle-, Erdöl-, Buntmetall- und Stahlproduktion im Inland und in den von deutschen Truppen besetzten

Gebieten des Auslands dienstverpflichtet87.

Bereits vor dem Kriegsausbruch drängte Grothe auf die Verlegung der Bergakademie von Clausthal nach

Braunschweig88. Mit dem Rückhalt des ehrgeizigen Ministerpräsidenten Dietrich Klagges, Braunschweig, der

dem staatenlosen Hitler 1932 die deutsche Staatsbürgerschaft verschafft hatte, und von Prof. Dr. Rudolf

Mentzel, Abteilungsleiter im Reichswissenschaftsministerium, sowie im Einvernehmen mit dem Rektor der TH

Braunschweig Professor Emil Herzig und dem Braunschweiger Dozentenbundsführers Dr. Bodo Heinemann

sollten die beiden Hochschulen in der Stadt Braunschweig unter dem Namen „Technische und Montanistische

Hochschule“ vereinigt werden. Klagges sagte für die Clausthaler Institute auf einem schon angekauften Areal

von 14 ha unweit des Sitzes der TH Braunschweig großzügige Neubauten zu, und es wurde ein Gelände bei

Riddagshausen für die Errichtung von Häusern in Aussicht genommen, um die Clausthaler Professoren,

Dozenten und Beamten der Verwaltung unterzubringen. Gegen diese Pläne votierte in Clausthal einzig Prorektor

25

Friedrich Buschendorf. Andererseits wurden jedoch durch die Bestrebungen Herzigs und Grothes Widerstände

im Oberpräsidium der preußischen Provinz Hannover, in der Gauleitung Südhannover-Braunschweig mit Sitz

Hannover und in der TH Hannover geweckt. Obwohl der Kriegsausbruch die Realisierung der Pläne ohnehin

verschob, setzten die Rektoren Herzig und Grothe ihre Bemühungen auf verschiedenen reichs-, landes- und

parteipolitischen Ebenen fort und ließen Bauplanungen vornehmen89a.

In den ersten Kriegsmonaten waren die Clausthaler Chemieprofessoren Lothar Birckenbach und Heinrich Hock

nach Braunschweig zu kriegsbedingten Lehrstuhlvertretungen gereist, doch das Angebot von Ministerpräsident

Klagges, bereits im Vorgriff auf die Vereinigung der beiden Hochschulen mehrere Clausthaler Institute in das

Gebäude der Bernhard-Rust-Hochschule nach Braunschweig zu verlegen, wurde von Clausthaler Seite

abgeblockt. Alle Bemühungen der Braunschweiger und Clausthaler fanden 1943 ein abruptes Ende, als der

zweite Mann im Staate Hermann Göring, auf dessen Unterstützung Rektor Herzig hoffte, da Göring

Ehrensenator der TH Braunschweig war, über den Gauleiter Hartmann Lauterbacher mitteilen ließ, dass die

Bergakademie Clausthal nach Beendigung des Krieges unter ungeheuerer Vergrößerung eine Reichsbergbau-

Hochschule beim Hüttenkomplex in Salzgitter bilden solle. Grothe, der sich gegenüber dem Gauleiter zu sehr

exponiert hatte, musste zurücktreten und wurde von dem Eisenhüttenkundler Max Paschke abgelöst.

Allerdings ergab sich eine anders geartete Zusammenarbeit zwischen den Rektoren der TH Braunschweig und

der Bergakademie Clausthal. Klagges ließ am 12.08.1941 in einem Erlass Herzig mitteilen, dass er es begrüßen

würde, „wenn Sie demnächst mit Herrn Prof. Dr.-Ing. Grothe Verhandlungen über die Gründung einer

gemeinsamen wissenschaftlichen Gesellschaft Braunschweig-Clausthal aufnehmen würden.“ Eine derartige

Initiative wurde jedoch verzögert, weil Herzig schwer erkrankt war und Hauptmann Grothe am 30. 09. 41 an die

Front vor Leningrad geschickt wurde. Erst am 03.10.42 schickte Herzig Akten, die die in Gründung befindliche

Reichsakademie der Wissenschaften, Berlin, betrafen, an den Braunschweiger Historiker Prof. Dr. Ernst August

Roloff mit der Bitte, Vorbereitungen zur Gründung einer wissenschaftlichen Gesellschaft in Braunschweig zu

treffen, die später Teil der Reichsakademie werden sollte. Roloff besprach sich nun mit Persönlichkeiten des

Landes Braunschweig, die ihm für die Mitgliedschaft in der Braunschweiger Gesellschaft geeignet erschienen

und fuhr am 08.10.42 nach Clausthal, um sich mit dem von der Wehrmacht beurlaubten Grothe zu besprechen.

Grothe verhielt sich zustimmend und reiste am 20.10.42 nach Braunschweig, um an einer Sitzung gemeinsam

mit den führenden Braunschweiger Kollegen teilzunehmen89b.

Grothe legte auch gleich ein umfassendes Memorandum vor mit dem Titel: „Gedanken über eine

wissenschaftliche Gesellschaft“. In seiner ersten These bemühte sich Grothe zu beweisen, dass es keine

Wissenschaft an sich gibt. Nach Grothes skurrilen Darstellungen bringt „das Aufeinanderprallen der

weltanschaulichen Spannungsfelder die Erkenntnis, dass, wie alle menschlichen Lebensäußerungen, auch das

Forschen und Denken ursächlich abhängig und gebunden ist an die blutsmäßigen Gegebenheiten.“ Hier nun in

der NS-Rassenideologie angelangt, formulierte er weiter: „Die Wissenschaft hat dem Volk zu dienen. Damit

bekommt sie grundsätzlich eine weltanschauliche Grundlage und Zielsetzung.“ Des Weiteren zitierte Grothe

Thesen von Alfred Rosenberg und lehnte auch den Namen „Wissenschaftliche Gesellschaft“ ab. Er forderte, der

zu gründenden Institution den Namen: „Gesellschaft der Soldaten, Forscher und Gestalter“ zu geben und

begründete seine Thesen zu ihrer Gliederung und zu seinen von der Ideologie des Nationalsozialismus

geprägten Arbeitsprogrammen. Die Teilnehmer an dieser Unterredung mögen, trotz der in Presse und Rundfunk

täglich verbreiteten Nazi-Ideologie und der abstrusen Sprache des 3. Reichs, den Ausführungen Grothes

einigermaßen verblüfft und sehr reserviert gegenüber gestanden haben. Das sollte sich bald erweisen.

26

Roloff erarbeitete an Grothe vorbei eine den anderen wissenschaftlichen Akademien und Gesellschaften

angeglichene Satzung mit einer Gliederung in fachliche Abteilungen (Klassen) aus, die allerdings bezüglich ihrer

Leitung dem nationalsozialistischen Führerprinzip angepasst werden musste, um die Genehmigung des

Reichswissenschaftsministers zu erhalten. Freie und geheime Wahlen gab es daher nicht. Präsident der

Gesellschaft sollte stets der vom Minister ernannte amtierende Rektor der TH Braunschweig sein.

Grothe wehrte sich wütend gegen diese Satzung, doch letztlich ließ er sich nach ihrer Genehmigung durch

Reichsminister Bernhard Rust (28.08.43) gemeinsam mit seinen Clausthaler Kollegen Max Paschke und Lothar

Birckenbach in den Senat der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft berufen. Nach 1945 wurden

die Satzung und Organisation der noch heute bestehenden Braunschweigischen Wissenschaftlichen

Gesellschaft (BWG) mehrfach umgestaltet und erhielten demokratische Strukturen. Die BWG ist letztlich, wenn

man von einigen Lehrstuhlvertretungen absieht, das einzige gemeinsam erzielte positive Ergebnis der

Technischen Hochschule Braunschweig und der Bergakademie Clausthal während des 2. Weltkriegs.

Bezeichnenderweise ist an der Bergakademie Clausthal in der gesamten Zeit der Nazi-Herrschaft nur eine

neue Professur auf Drängen des Reichswirtschaftsministeriums geschaffen worden, nämlich die für

Tiefbohrtechnik und Erdölgewinnung, als die Kriegswirtschaft ab 1943 sehr stark unter Treibstoffmangel litt.

Während nach der Verkündung des totalen Krieges durch Josef Goebbels ganze geisteswissenschaftliche

Fakultäten an den Universitäten geschlossen und das Personal, die Studentinnen und nicht wehrfähigen

Studenten dienstverpflichtet wurden, erfuhr die Bergakademie Clausthal eine rüstungspolitische Aufwertung. Ihre

Forschungsinstitute wurden von der Rüstungsinspektion Braunschweig zu kriegswichtigen Einrichtungen und

schließlich die gesamte Hochschule zu einem Rüstungsbetrieb erklärt90. Ein nicht unbedeutender Teil des

technischen Personals und der wissenschaftlichen Assistenten konnte durch den letzten Rektor der Nazizeit

Max Paschke vom Wehrdienst befreit werden. Einige Professoren, darunter Rektor Grothe und Prorektor

Buschendorf, wurden von der Wehrmacht entlassen und konnten an die Bergakademie zurückkehren.

Da sich der Ingenieurmangel in der Montanindustrie immer drückender bemerkbar machte, wurden viele

Clausthaler Studenten vom Frontdienst zum Studium beurlaubt91, so dass die Zahl der in der Bergakademie

anwesenden Soldatenstudenten mitten im härtesten Kriege wieder anstieg. Von einem geregelten Unterricht

konnte jedoch keine Rede sein, da der überwiegende Teil der Professoren und wissenschaftlichen

Assistenten dienstverpflichtet oder zur Wehrmacht eingezogen war, und die an der Bergakademie verbliebenen

Dozenten durch kriegsbedingte Einschränkungen und zunehmende Bereitschaftsdienste für den Luftschutz und

Dienste für die Organisation Technische Nothilfe in ihrer Effektivität stark eingeschränkt waren92.

Nachkriegszeit Der Gebäudebestand der Bergakademie ist durch die Kriegshandlungen nur geringfügig beschädigt worden.

Vorübergehend wurden in der ersten Nachkriegszeit ganze Gebäude, wie die Aula Academica, oder Teile des

Hauptgebäudes durch den amerikanischen Kommandanten und ab Juni 1945 durch die britische Besatzung

zweckentfremdet. Eine Kommission der Britischen Militärregierung besichtigte sämtliche Institute und

beschlagnahmte einige Maschinen, Geräte und optisches Inventar. Doch insgesamt gesehen, überstand die

Bergakademie im Vergleich mit anderen Hochschulen den Krieg unbeschadet und ohne wesentliche materielle

Verluste. Schwer wog hingegen die große Zahl der verloren gegangenen Menschenleben93. Etwa die Hälfte der

bei Kriegsbeginn immatrikulierten Studenten kam ums Leben, des Weiteren zwei Professoren, mehrere

wissenschaftliche Assistenten sowie ein nicht bekannter Teil des technischen Personals.

27

Da sich die Verwaltungsorgane der Britischen Militärregierung nur langsam etablierten, herrschte im Sommer

und Herbst 1945 ein Zustand ungewissen Übergangs, in welchem der Bergbauprofessor Dr.-Ing. Alfred

Grumbrecht mit dem Verwaltungsbeamten Hellmut Otto eigene Initiativen entwickelte und die notwendigen

Aufräumungs- und Instandsetzungsarbeiten in den nicht beschlagnahmten Gebäuden organisierte.

Begonnene Forschungsarbeiten wurden fortgesetzt und die Rückführung der umfangreichen mineralogischen

Sammlungen aus dem Kaiser Wilhelm-Schacht in das freigegebene Hauptgebäude vorgenommen.

Im Dezember 1945 setzten die Briten den Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Gerhard Krüger als Rektor ein,

der von den politisch unbelasteten Professoren Dr. Heinrich Hock, Kohlechemie, und Dr. Günter Wassermann,

Metallphysik, beim Wiederaufbau eines funktionsfähigen Lehrkörpers unterstützt wurde. Diese drei hatten nicht

der NSDAP, SA oder SS angehört. Hock wurde international durch seine Syntheseverfahren bekannt, und

Wassermann erlangte einen weltweiten Ruf als Texturforscher.

Die Wiederaufnahme des Lehr- und Forschungsbetriebs im Jahre 1946 gestaltete sich außerordentlich schwierig.

Alle Professoren, die als Rektor, Prorektor oder Dekane fungiert hatten, oder in der Nazi-Partei, SA oder SS

aktiv waren, wurden im November 1945 mittels einer Verfügung der Militärregierung aus ihren Professuren

entlassen94. Hans Grothe saß bis 1948 in Lagerhaft, Max Paschke ein Jahr lang in einem amerikanischen Lager.

Beide verloren ihre Professuren auf Lebenszeit. Der Mathematiker Hermann König kam nach acht Jahren, der

frühere Prorektor und Dozentenbundsführer Friedrich Buschendorf nach elf Jahren und der Geologe Max

Richter nach sechs Jahren wieder in eine Professur95. Auch Dozenten, wissenschaftliche Assistenten, das

technische Personal und das der Verwaltung wurden entlassen und einer genauen Überprüfung unterzogen96.

Einzelne wurden interniert, gegen andere wurden Lehrverbote ausgesprochen.

In manchen Fächern, wie dem Maschinenbau und der Elektrotechnik, im Metall- und im Eisenhüttenwesen sowie

in der Aufbereitung, übernahmen Oberingenieure und wissenschaftliche Assistenten Lehraufgaben von

Professoren, bis die Wiederbesetzung der Professuren gelungen war. Besonders verdient machte sich

der Oberingenieur Dr. Anton Königer, der später auf eine Professur an die TH Berlin berufen

wurde. Königer hielt nicht nur zwei Jahre lang die Lehre im gesamten Hüttenwesen aufrecht,

sondern nahm auch die Prüfungen ab und leitete kommissarisch das Institut für Eisenhüttenwesen

und Emailliertechnik.

Von 1946 bis 1949 setzte die Militärregierung die Zulassungszahlen fest, die von 200, über 300 auf

400 und zuletzt 650 stiegen97. Deutsche Bewerber mussten hinter so genannte displaced persons

zurückstehen, bei denen es sich um Menschen handelte, die nicht in ihre kommunistisch

beherrschten Heimatländer zurückkehren wollten. Im Jahr 1950 ging das Zulassungsverfahren auf

den Senat der Bergakademie über.

Anfangs setzte sie Besatzungsmacht die Verfassung der zwanziger Jahre für die Bergakademie

Clausthal wieder in Kraft. Doch die Professoren sahen diese als nicht mehr zweckmäßig an und

beschlossen nach eingehenden Beratungen, den Senat und die Fakultäten beizubehalten, welche

in der Zeit der Nazi-Diktatur durch ministerielle Verfügungen anstatt des Professorenkollegiums

geschaffen worden waren. Die Wahlgremien setzten sich jetzt nicht nur aus den ordentlichen

Professoren zusammen, sondern wurden um Vertreter der an der Bergakademie habilitierten

Dozenten erweitert98.

Die bisherigen Ergänzungsfächer Geologie, Mineralogie, Geophysik sowie Steine und Erden

erhielten im ersten Nachkriegsjahrzehnt eigene Diplomstudiengänge. Hierdurch änderte sich die

28

fachlich-wissenschaftliche Struktur der Bergakademie jedoch nicht, waren doch diese Fächer

bereits an der Hochschule vorhanden. Erst in den sechziger Jahren sollten mit dem Aus- und Umbau der

Bergakademie zur Technischen Hochschule grundsätzliche Veränderungen des Fächerspektrums eintreten.

Im Jahrzehnt nach dem Krieg wurden mit Mitteln des Landes Niedersachsen und mit finanzieller Beteiligung der

deutschen Montan- und Hüttenindustrien zwei bereits in den zwanziger Jahren geplante Institutsneubauten im

räumlichen Anschluss an die Bauten auf den Spittelwiesen errichtet, nämlich das Institut für Bergbau (1952) und

das Institut für Eisenhüttenkunde (1956). Dem folgten Ende der fünfziger Jahre Erweiterungsbauten im alten

Hauptgebäudekomplex, wonach im Stadtzentrum ein ganzes Straßengeviert geschlossen für die Hochschule

bebaut war. Des Weiteren wurden bei der Alten Clausthaler Münze ein neues Mensagebäude, das Steine- und

Erden-Institut und das Gebäude der Materialprüfanstalt für Steine und Erden errichtet99.

Diese Baumaßnahmen waren dringend notwendig, stiegen doch die Zahlen der Studierenden kontinuierlich

bis zum WS 1960/61 auf 1488 an. Danach machte sich aufgrund weltwirtschaftlicher Entwicklungen die erste

Montankrise in der Bundesrepublik bemerkbar. Infolge der Betriebsschließungen im deutschen Bergbau

nahmen die Zahlen der Bergbaustudenten an der Bergakademie von 825 im Jahre 1960 auf 224 im Jahre

1965 und im gleichen Zeitraum die der Studenten des Eisenhüttenwesens von 419 auf 290 ab. Die

Gesamtzahl der Studierenden betrug im Jahr 1965 nur noch 992. Um den Abwärtstrend abzufangen, wurde

aufgrund der Empfehlungen des Wissenschaftsrats unter Zustimmung des Kultusministeriums und des

niedersächsischen Landtags ein Entwicklungsplan zur Erweiterung der Bergakademie zu einer Technischen

Hochschule mit Schwerpunkten im Bergwerks- und Hüttenwesen von den Rektoren Ludolf Engel und Andreas

Pilger umgesetzt100.

Bild 12 Prof. Dr.-Ing. Ludolf Engel (1896-1972). Engel leitete als Rektor 1959/60 die Umformung der Bergakademie Clausthal in eine Technische Hochschule ein.

Bild 13 Prof. Dr. phil. Andreas Pilger (1910-1997), Rektor 1960-1962, arbeitete gemeinsam mit Ministerialdirigent Dr. Rolf Schneider die künftigen Strukturen der TU Clausthal aus.

29

6. Strukturwandel der Clausthaler Hochschule (1966 bis 2000) Fachlicher Ausbau und Übergang in eine Technische Hochschule Die bisherige Grundlagen- und Ergänzungsfächer der Bergakademie wurden zügig zu eigenständigen

Diplomstudiengängen ausgebaut, nämlich die Chemie 1962, die Physik 1963, die Mathematik ab 1964 und

der Maschinenbau ab 1966. Um dem zu dieser Zeit herrschenden Lehrermangel abzuhelfen, wurden 1966

Studiengänge für das Lehramt an Höheren Schulen und Realschulen in den Fächern Mathematik, Physik und

Chemie eingerichtet. Die notwendigen pädagogischen Lehrangebote wurden überwiegend durch

Lehrbeauftragte abgedeckt, die von benachbarten Hochschulen kamen. Infolge des sinkenden Lehrerbedarfs

wurden die Lehramtsstudiengänge nach zwei Jahrzehnten eingestellt.

Der starke personelle Ausbau führte zu einer Differenzierung der Lehr- und Forschungsgebiete. Allein innerhalb

der ersten Hälfte der sechziger Jahre stieg die Zahl der Planstellen für Professoren auf das Doppelte. So konnte

beispielsweise die Physik in ein experimentelles, ein theoretisches und ein Institut für angewandte Physik

gegliedert werden. Neben die Anorganische Chemie traten die Organische und die Physikalische Chemie.

Bild 14 Campus , Ausschnitt mit einem Teil der Bauten der sechziger und siebziger Jahre.

Analoges geschah in den anderen Grundlagenfächern der Ingenieurausbildung. Die Zahl planmäßiger Professoren

der Mathematik stieg bis Anfang der siebziger Jahre auf zehn an. Aber auch das ingenieurwissenschaftliche

Spektrum wurde erweitert. So wurden 1961 die Institute für Gießereiwesen, für Tiefbohrkunde und Erdölgewinnung,

für Elektrotechnik sowie für Wärmetechnik und Industrieofenbau gegründet. Dem folgten bis 1965 Lehrstühle für

Kristallographie, Glas und Keramik, Verformungskunde und Walzwerkswesen, Bergrecht, Regeltechnik und

Elektronik, Thermische Verfahrenstechnik sowie Hüttenmaschinen. Mit den neuen Lehrstühlen und Instituten

vervielfachten sich die Zahlen des wissenschaftlichen und des nichtwissenschaftlichen Personals. Die Zahl der

30

Planstellen stieg bis zur Mitte der siebziger Jahre auf etwa 750 an101.

War die relativ kleine Verwaltung bis dahin dem Rektor zugeordnet, so mussten nun mit der Erweiterung der

Personal-, Finanz-, und der Gebäudeverwaltung Dezernate gebildet werden, die von einem Kanzler (seit 1968)

geleitet wurden. Das seit den zwanziger Jahren bestehende Akademische Auslandsamt, welches stets von

einem Professor ehrenamtlich geleitet worden war, wurde in die allgemeine Verwaltung eingegliedert.

1964 erhielt die Bergakademie die Bezeichnung Technische Hochschule Clausthal und 1968 durch ein

niedersächsisches Gesetz den Namen Technische Universität Clausthal. An der Rektoratsverfassung wurde

festgehalten, durch die der Rektor als Leiter einer Einheitsverwaltung fungierte, dem gesamtverantwortlich

sowohl die akademische Selbstverwaltung, wie der Senat, die Fakultäten und die Institute, wie auch die bereits

angesprochene allgemeine Verwaltung nachgeordnet waren.

Während der starke personelle Ausbau der TU Clausthal in den siebziger Jahren zu Ende ging, ja Planstellen

wissenschaftlicher Assistenten bereits schon wieder zum Aufbau neu gegründeter Universitäten in Lüneburg,

Oldenburg und Osnabrück abgezogen wurden, ist ein umfangreiches Neubauprogramm bis in die achtziger Jahre

hinein realisiert worden. Mit Hilfe des seit 1921 bestehenden Vereins von Freunden der TU Clausthal war im

Jahr 1960 an der südöstlichen Stadtgrenze Clausthals ein 53 Hektar großes Wiesenareal zur

Erschließung für den neuen Campus erworben worden102. Zuerst wurden das Heizwerk, Technische

Werkstätten sowie das Gebäude der Universitätsbibliothek errichtet. In den folgenden drei Jahrzehnten folgten

hier neben zahlreichen natur- und ingenieurwissenschaftlichen Institutsbauten und Studentenwohnheimen noch das

Institut für Erdöl- und Erdgasforschung, eine Anstalt öffentlichen Rechts, das gemeinsam vom Bund und den

Ländern finanziert wurde, und die Clausthaler Umwelttechnik GmbH, ein Unternehmen des Landes

Niedersachsen. Zwei Jahrzehnte nach seiner Errichtung musste das Gebäude der Universitätsbibliothek wegen

des Anwachsens der Literaturbestände durch Anbauten erweitert werden. Besonderheit des clausthaler

Universitätscampus ist das Fehlen von Hochhäusern und die architektonische Einpassung der ein- bis

dreigeschossigen Gebäude in das hügelige Wiesengelände. Lediglich einige später aufgestockte

Studentenheime ragen hervor (Bild 14).

Zahlen der Studierenden an der TU Clausthal (s. Tab.1) Mit dem Ausbau der TU Clausthal stiegen ihre Studierendenzahlen ab 1960 (etwa 1000) kontinuierlich bis

1990 auf über 4000 an, um dann abzusinken, bedingt durch allgemeine politische industriefeindliche Trends in

der Gesellschaft (Argumentation der Grünen), besonders wirksam an den Oberschulen. Aber auch die

Personalpolitik vieler Unternehmen, die Wissenschaftler und Ingenieure mittleren Lebensalters freisetzte,

ohne sie durch junge Absolventen zu ersetzen, erzeugte ein abschreckendes Bild der Arbeitslosigkeit junger

Naturwissenschaftler und Ingenieure, welches die Studierendenzahlen an allen technischen Hochschulen

stark absinken ließ. Reduzierung des Lehrpersonals und der Betriebsmittel an der TU Clausthal sowie

einschneidende Umstrukturierungen ließen die Studierendenzahlen weit unter 3000 abzusinken. Die Tabelle 1

stellt die Entwicklung dieser Zahlen der Clausthaler Hochschule ab dem Ende ihres Ausbaus Mitte der 70iger

Jahre dar. Die weitere Fortführung der Zahlen nach dem Schema dieser Tabelle ist nicht sinnvoll und sollte

einer späteren veränderten Darstellung vorbehalten bleiben. Wegen des Wegfalls von Studiengängen und der

Schaffung neuer ist nämlich die Zuordnung zu den Kolumnen A bis D (Tabelle 1) nicht mehr möglich. Zum

anderen hat auch das Hochschulgesetz vom 1. Oktober 2002 zu einer stark veränderten Zuordnung der

Fachgebiete in drei neu geschaffenen Fakultäten geführt.

31

Tabelle 1 Entwicklung der Studierendenzahlen an der TU Clausthal im Zeitraum 1975 bis 2000

Jahr A B C D E F (%)

1975 255 364 448 1233 2300 15,9

1976 348 400 541 1433 2722 14,0

1977 460 441 550 1247 2698 10,6

1978 505 485 567 1230 2787 10,5

1979 554 492 596 1224 2866 10,0

1980 649 482 630 1177 2938 9,8

1981 660 492 637 1091 2880 9,2

1982 590 464 660 1006 2720 10,3

1983 798 454 695 1054 3001 10,5

1984 889 504 929 1259 3581 10,2

1985 911 509 984 1334 3738 10,2

1986 847 511 1036 1353 3747 10,2

1987 812 521 1083 1399 3815 9,5

1988 741 522 1166 1343 3772 9,4

1989 680 527 1241 1369 3817 9,5

1990 585 502 1345 1359 3791 9,5

1991 532 518 1611 1429 4090 9,2

1992 465 507 1714 1477 4163 9,9

1993 397 488 1729 1486 4100 10,5

1994 359 458 1689 1434 3940 11,3

1995 291 384 1571 1298 3544 12,1

1996 222 321 1420 1081 3044 12,6

1997 227 290 1378 1025 2920 11,7

1998 295 271 1233 1026 2825 15,1

1999 222 232 1223 1007 2684 16,2

2000 206 169 1120 991 2486 17,9

A = Bergbaufächer, einschließlich Markscheidewesen und Aufbereitung.

B = Hüttenwesen und Werkstoffwesen.

C = Maschinenbau und Verfahrenstechnik. Quelle: Dezernat EDV und Statistik der TU Clausthal

D = Studiengänge der Naturwissenschaften.

E = Gesamtzahlen. F = Anteile ausländischer Studierender.

Der seit Anfang der neunziger Jahre starke Rückgang der Studierendenzahlen von über 4100 auf 2500 im

Jahr 2000 ist inzwischen aufgefangen worden. Seit 2000 wurde ein anhaltend kontinuierlicher Aufwärtstrend

verzeichnet, so dass im Jahre 2005 die Zahl 3000 überschritten wurde103. Offenbar greifen die im

32

übernächsten Absatz bezüglich der Studienangebote dargestellten Restrukturierungsmaßnahmen, die die

Wirtschafts-, Material- und Umweltwissenschaften begünstigen.

Die Anteile weiblicher Studierender sind an der TU Clausthal seit 1990 von rund 15% auf 26,7% im Jahr

2005 gestiegen, die der ausländischen Studierenden, welche in den neunziger Jahren unter 10% lagen, im

gleichen Zeitraum auf 37%. Die Hälfte der ausländischen Studierenden entfällt auf China. Etwas über 7%

kommen aus europäischen Ländern, 6,5% aus Afrika und der Rest aus der übrigen Welt.

Hochschulpolitische Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte Die Studentenrevolte Ende der sechziger und in den siebziger Jahren gab den Anstoß, die seit anderthalb

Jahrhunderten in Deutschland bestehenden Hochschulstrukturen grundlegend zu verändern. Die von den

linksradikalen Studentengruppierungen angestrebte „Basisdemokratie“ fand in den Parlamenten der

Bundesländer keine Akzeptanz, doch wurde die Beteiligung aller Statusgruppen einer Hochschule an

universitären Entscheidungsprozessen, „die so genannte Gruppenuniversität“, generell akzeptiert. In Clausthal

war das Ringen der Konzilsmitglieder um eine zeitgemäße Verfassungsstruktur von erregten Debatten und

Auseinandersetzungen geprägt. Eine relativ große Zahl Clausthaler Professoren beteiligte sich 1973 an der

Initiative des Clausthaler Mathematikers Prof. Dr. Stefan Schottlaender, des Vorsitzenden des Verbandes der

Hochschullehrer in Niedersachsen, an einer Sammelklage von mehr als vierhundert Professoren

niedersächsischer Hochschulen beim Karlsruher Bundesverfassungsgericht gegen das Vorschaltgesetz zu

einem Niedersächsischen Hochschulgesetz, das der linke Sozialdemokrat Peter von Oertzen im

Niedersächsischen Landtag mit einer Stimme Mehrheit durchgebracht hatte. Durch die Bestimmungen dieses

Gesetzes wurden die Stimmenanteile der Professoren in den Hochschulgremien unter 30% gedrückt, was die

durch das Grundgesetz garantierte Freiheit der Lehre und Forschung aufhob. Wesentliche Teile des

Vorschaltgesetzes wurden vom Bundesverfassungsgericht für mit dem Grundgesetz nicht vereinbar verurteilt,

was in verschiedenen Bundesländern Gesetzesänderungen erzwang. Die Professoren erhielten wieder in

allen für die Forschung und Lehre maßgebenden Gremien qualifizierte Mehrheiten. Die Akademischen Räte

und die Oberassistenten wurden aus der Gruppe der Professoren wieder ausgegliedert, was zu politischen

und persönlichen Frustrationen vieler Betroffener führte, die die deutsche Hochschule grundlegend

reformieren wollten. Der niedersächsische Assistentenverband, der von einem Clausthaler Oberassistenten

geleitet wurde, löste sich nach dem BVG-Urteil auf.

Mehrere Jahre lang beobachtete die Landesregierung die Hochschulen und stellte fest, dass die Hoffnung, die

so genannte „Ordinarienherrschaft“ durch die Gleichstellung aller planmäßigen Professoren zu brechen,

getrogen hatte. Unter dem politischen Druck und der Gefahr, von den anderen Statusgruppen der Universität

majorisiert zu werden, agierten die Gruppen der Professoren jetzt homogener als vorher. Die

Machtverhältnisse in den Instituten werden nach wie vor von den Personalstärken, vor allem des aus

Drittmitteln bezahlten Personals, und der Höhe der Forschungsmittel bestimmt, über die ein Professor verfügt.

Diese Drittmittel sind von seiner wissenschaftlichen Reputation abhängig und nicht von der Besoldungsstufe,

in der er sich befindet.

1978 trat das neue Niedersächsische Hochschulgesetz in Kraft104. Mit ihm wurde ein neuer Ansatz gemacht,

die aus der wilhelminischen Zeit überkommenen antiquierten Strukturen der Hochschulen zu verändern. Es

glückte an der TU Clausthal, alle Statusgruppen, nämlich die Hochschullehrer, die wissenschaftlichen

33

Mitarbeiter, die Studierenden und die Mitarbeiter im Technischen und Verwaltungsdienst, ihren Kompetenzen

entsprechend, in die Arbeit der Gremien und in deren Entscheidungsprozesse einzubinden.

Doch die Neustrukturierung der TU Clausthal führte zu einem selbstverschuldeten Kräfteverschleiß, denn das

Gesetz schrieb die Bildung von Fachbereichen vor, in denen die Institute aufgehen sollten. Die TU Clausthal

hielt jedoch an ihren Instituten fest, denn diese bilden bis heute den Organisationsrahmen der Forschung.

Andererseits sollten die Fachbereiche die bisherigen Fakultäten mit allen ihren Rechten ersetzen. Die

Professoren der traditionellen Fächer des Bergbaus, Hüttenwesens und der Geowissenschaften sprachen

sich dafür aus, die beiden bestehenden Fakultäten in zwei jetzt gesetzlich vorgeschriebene Fachbereiche

umzubenennen und damit die bisherige Struktur zu erhalten. Die Vertreter der neuen, noch keineswegs voll

ausgebauten Studiengänge, vor allem der Physik, Chemie und des Maschinenbaus, setzten sich mit der

Bildung von sieben Fachbereichen und von zwei Gemeinsamen Kommissionen (Fakultäten) durch. 91 neue

Gremiensitze und eine Vielzahl temporärer Kommissionen mussten nun zusätzlich von den Professoren

besetzt werden, was die die relativ kleine Gruppe von etwa einhundert Personen stark belastete, da sie mehr

als die Hälfte der Sitze innehatte.

Gravierend wirkte sich die zeitweilige Aufhebung des bewährten Rechts der Hochschulen auf

Selbstergänzung ihrer Lehrkörper aus. Die Planstellen habilitierter Dozenten, Akademischer Räte und

Oberassistenten wurden per Gesetz in Professuren auf Lebenszeit umgewandelt. Hierbei wurden alle

Dozenten normativ ohne jede gutachterliche Beurteilung der wissenschaftlichen Leistungen des Einzelnen in

eine höhere Besoldungsstufe, die anderen Habilitierten aber in eine niedere überführt. So wurden

wissenschaftlich eingeschlafene Dozenten bis zu ihrem Tod finanziell besser gestellt, als die in der Forschung

und Lehre höchst aktiven Angehörigen der anderen Gruppe. Eingaben an das Ministerium blieben erfolglos,

und auch ein Prozess vor dem Verwaltungsgericht half den Klagenden nicht weiter, nahm aber manchem

habilitierten Oberassistenten die Motivation für seine Arbeit. Leider wuchs hierdurch nicht nur die Frustration,

sondern auch der Wille zur Obstruktion in den Instituten. Deprimierend wirkte sich ferner eine Maßnahme der

Regierung auf die Institutsarbeit aus, mit der die Vergütung wissenschaftlicher Mitarbeiter auf 70 % des BAT–

Tarifs abgesenkt wurde. 28 bezahlte Assistenzstunden sollten für das Institut erbracht werden und 12 Stunden

pro Woche unbezahlt der eigenen Dissertation dienen. Es dauerte eineinhalb Jahrzehnte, bis diese in der

Bundesrepublik einmalige, die Institutsforschung stark beeinträchtigende Regelung schrittweise rückgängig

gemacht wurde.

Ab Mitte der neunziger Jahre trat die TU Clausthal gemeinsam mit der Universität Oldenburg und der

Fachhochschule Osnabrück in einen Modellversuch ein. Die seit Jahrhunderten bestehende staatliche

kameralistische Haushaltsführung wurde für die Dauer von zehn Jahren und mit der Aussicht auf

Verstetigung durch eine flexible Mittelbewirtschaftung mit kaufmännischer Buchführung ersetzt, was sich

angesichts der schwierigen staatlichen Haushaltssituation als sehr nützlich erwies und noch erweist,

denn die flexible Haushaltsführung ist verstetigt worden.

Der politische Zerfall der Sowjetunion und des Ostblocks sowie die Auflösung der militärischen

Konfrontation zwischen Ost und West führten in Europa zur Verminderung der Truppenstärken und zur

Aufgabe von militärischen Standorten, so auch in Clausthal-Zellerfeld. Rektor und Kanzler konnten die

Landesregierung bewegen, die beim Abzug der Bundeswehr auf der Tannenhöhe freigewordenen Bauten

und Liegenschaften in Teilen für eine Nutzung durch die TU Clausthal anzukaufen. Hierdurch konnte die

angemeldete, doch in ungewisser Ferne liegende Errichtung von teuren Neubauten vermieden werden.

34

Raumnotleidende Institute, wie die stark expandierenden Wirtschaftswissenschaften und die Informatik,

konnten bald dort untergebracht und des Weiteren eine moderne Sporthalle hinzugewonnen werden. Der

notwendige Umbau der Kasernengebäude in Eigenregie ist dem damaligen außerordentlich kompetenten

Kanzler Dr. Peter Kickartz gelungen, der sich hierfür die neue mit dem Modellversuch gegebene flexible

Bewirtschaftung der Haushaltsmittel zu Nutze machte. Der Umzug von Instituten in das ehemalige

Kasernengelände ermöglichte es der Hochschule, einige im Clausthaler Stadtkern gelegene alte, erheblich

sanierungsbedürftige Häuser abzugeben. Gleiches trifft auf das Ende der fünfziger Jahre errichtete Mensa-

Gebäude zu, das nach zehnjährigen Bemühungen durch einen leistungsfähigen Neubau auf dem Campus

ersetzt werden konnte.

Reformen und Reduktionen der beiden letzten Jahrzehnte 1982 wurde ein eigenständiger Diplomstudiengang Verfahrenstechnik vom Studiengang Maschinenbau

abgetrennt und 1984 der Diplomstudiengang Informatik begründet. Die Werkstoffwissenschaften wurden

1985 in einem Diplomstudiengang zusammengefasst und die Technomathematik mit einem neuen

Studiengang etabliert. 1986 trat der des Chemieingenieurwesens hinzu. Angesichts der schwindenden

Bedeutung des Bergbaus in Deutschland wurden die aus der Bergakademie überkommenen

Diplomstudiengänge Bergbau und Markscheidewesen aufgegeben und unter Reduzierung der Lehrangebote

als Wahlangebote in den neu gebildeten Diplomstudiengang Rohstoff- und Geotechnik eingebracht. Die drei

geowissenschaftlichen Studiengänge wurden geschlossen. Allerdings verbleibt eine gewisse Kompetenz

erhalten, um ingenieurwissenschaftliche Studiengänge, wie beispielsweise Rohstoff- und Geotechnik oder

Petroleum Engineering zu komplettieren. Geowissenschaftliche Lehr- und Forschungsinhalte werden auch

für die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge benötigt, wie beispielsweise für Geoenvironmental

Engineering oder Radioactive and Harzadous Waste Management.

Fachbereichsübergreifend wurde 1995 der Diplomstudiengang Umweltschutztechnik geschaffen. Dem

folgten 1996 die Diplomstudiengänge Energiesystemtechnik, Kunststofftechnik, Wirtschaftsmathematik 1997,

Wirtschaftsinformatik, Energiesystemtechnik 1998, und die Konversion des Studiengangs Physik (Einstellung

2003) hin zu Physikalischen Technologien unter Einbeziehung eines starken Anteils von Lehrinhalten der

Ingenieurwissenschaften ab dem WS 1998/99. 1999 wurde der neue Studiengang Informationstechnik

eingeführt.

Während des Rektorats von Prof. Dr. Peter Dietz erfolgte durch die Verlagerung von Professuren, Mitarbeitern

und Mitteln der Ausbau der Wirtschaftswissenschaften. Neben den Studiengang Wirtschaftswissenschaften

trat der der Betriebswirtschaftslehre, ergänzt durch die Wirtschaftsmathematik. Der Studiengang

Wirtschaftsingenieurwesen ist in die Studienrichtungen Rohstoffe und Energie sowie Produktion und Prozesse

gegliedert. Die wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge werden derzeit gut angenommen.

Alle Studiengänge befinden sich im Umbruch, da die für den Bereich der Europäischen Union beschlossenen

Bachelor- und Master-Studiengänge bis 2010 auch an der TU Clausthal die Diplomstudiengänge ablösen

werden. Diese Entwicklung wird zu einem gesamteuropäischen System führen, wie es sich im späten

Mittelalter schon einmal ausgebildet hatte, als die erworbenen Grade des Doctors, Magisters, Licentiaten

und Baccalaureus staatenübergreifend von jeder anderen Universität anerkannt wurden.

Zum anderen hat die TU Clausthal auf das Hochschulgesetz von 2002 mit einer stark veränderten

Gliederung der Fachgebiete in drei neu geschaffenen interdisziplinären Fakultäten reagiert. Ihr

35

Charakteristikum ist die enge Verknüpfung der Lehre und Forschung von natur- mit

ingenieurwissenschaftlichen Fachgebieten, wie beispielsweise die Verbindung der Physik mit den

Materialwissenschaften. Die Mathematik, Informatik und die verschiedenen Sparten der Chemie bilden eine

Fakultät mit dem Maschinenbau und der Verfahrenstechnik.

Jüngere Entwicklungen Als Folge der Vereinigung der beiden deutschen Nachkriegsstaaten, aber auch veränderter politischer

Prioritäten, haben sich die finanziellen Rahmenbedingungen des niedersächsischen Landeshaushalts

deutlich zum Negativen hin entwickelt, so dass den Hochschulen strenge Sparmaßnahmen und

Kürzungen des Personalbestandes unter verschleiernden Parolen, wie beispielsweise Innovationsoffensive

oder Hochschuloptimierungspakt, auferlegt wurden.

Die TU Clausthal hat den Verlust von etwa 15 % ihrer planmäßigen Professuren innerhalb zweier

Jahrzehnte und einen teilweisen Ersatz des Lehrkörpers durch verfassungsrechtlich umstrittene und zeitlich

befristete Juniorprofessuren verkraftet. Die Verminderung des Lehrkörpers wird von einem anhaltenden

allgemeinen Stellenabbau begleitet. Im Zeitraum von 1995 bis 2005 sanken die Zahlen der an der TU

Clausthal aus Landesmitteln finanzierten Beamten von 226 auf 176, die der Angestellten von 455 auf 433

und die der Arbeiter von 122 auf 81. Lediglich die Zahl der Auszubildenden stieg von 97 auf 101 an105. Auch

die Zahlen des aus Dritt- und Sondermitteln finanzierten Personals gingen zurück, nämlich von 346 im

Jahre 1995 auf 282 in 2005. Die Gesamtzahl der Beschäftigten verringerte sich in diesen zehn Jahren von

1246 auf 1073. Allein im Wirtschaftsjahr 2004 verlor die TU Clausthal 3.9 Millionen Euro Landesmittel106.

Selbstverständlich ziehen derartig gravierende Kürzungen aller Mittel für den laufenden Betrieb und die

Bauunterhaltung bei ständig steigenden Kosten ernsthafte Folgen für die wissenschaftliche Ausstattung

und die Gebäudesubstanz nach sich. Und doch erbrachte die TU Clausthal durchgreifende

Reformleistungen, wie in den vorherigen Kapiteln dargestellt wird. Sie konnte sich noch in den späten

neunziger Jahren auf den vorderen Plätzen der Rankinglisten der Deutschen Forschungsgemeinschaft

und fachlicher Presseorgane behaupten, eine Stellung, die sie mit Ausnahme des Maschinenbaus derzeit

nicht mehr halten kann und somit ins Mittelfeld der Beurteilungen gerückt ist.

Als Folge der Sparauflagen und Umstrukturierungen wurden Institute vereinigt, um personelle und

apparative Synergieeffekte in den Laboratorien, in den Werkstätten und Sekretariaten zu erzielen. Neu

wurden Institute für Umweltwissenschaften und für Polymerwerkstoffe und Kunststofftechnik begründet. Im

Herbst 2006 entstand im Institut für Aufbereitung und Deponietechnik eine zentrale Werkstatt für

Auszubildende und eine neue Struktur für deren fortgeschrittene Ausbildung in den Institutswerkstätten. Die

Technische Universität Clausthal war in den letzten Jahrzehnten mit Zahlen zwischen 130 und 100

Auszubildenden stets der weitaus größte Lehrbetrieb in der Oberharzregion.

In den Jahren 1997 bis 1999 wurde die TU Clausthal gemeinsam mit einigen anderen Universitäten in das

Programm Leistungsfähigkeit durch Eigenverantwortung der Volkswagen-Stiftung, Hannover, einbezogen.

Ziel des Programms war es, Modelle moderner und effektiver Selbstverwaltung an deutschen Hochschulen

zu entwickeln. Die VW-Stiftung finanzierte die Strukturuntersuchungen einer Gruppe von Wissenschaftlern

und Hilfskräften unter der ehrenamtlichen Leitung des emeritierten Altrektors Georg Müller, der erst kurze

Zeit vorher nach zehnjähriger wechselnder Tätigkeit als Rektor oder Prorektor aus dem Amt geschieden war.

36

Die Untersuchungen dieser Gruppe zeigten vielfältige Schwächen der Clausthaler akademischen

Selbstverwaltung auf, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder selbst bestimmt verursacht wurden. Die

Folgenden wirkten sich am schwerwiegendsten aus107:

1. Der Aufbau von sieben ständigen Entscheidungsebenen, vom Institutsrat bis zum Rektorat, welche

zahlreiche temporäre Kommissionen nach sich zogen, war höchst ineffektiv. Die zahlenmäßig kleinste

Gruppe, nämlich die der einhundert Professoren, hatte mehr als die Hälfte der annähernd vierhundert Sitze

in den Gremien und Institutsvorständen zu besetzen. Die Belastung der Professoren durch die

Gremienarbeit wurde quantitativ über einen Zeitraum von elf Jahren (01.01.1986-31.12.1996) erfasst. Sie

ergab, dass die Professoren, welche sich in den Gremien engagierten (nicht alle!), sehr wesentlich in

ihren eigentlichen Aufgaben in der Lehre und Forschung beeinträchtigt waren.

2. Ganz ungewöhnlich hoch war die Belastung der beiden Vorsitzenden (Dekane) der Gemeinsamen

Kommissionen (Fakultäten), des Rektors und Prorektors.

3. Infolge der aufgeblähten Gremienstruktur sowie verstärkter Eingriffsrechte des Ministeriums und der

neuen Beteiligung der Frauenbeauftragten hatte sich die Dauer der Berufungsverfahren und der hieraus

resultierenden Vakanzen zum Nachteil der betroffenen Mitarbeiter und Studenten vervielfacht. Lag die

Dauer von Wiederbesetzungsverfahren, wenn man von den Zeiten der beiden Weltkriege absieht, vor

dem Jahr 1960 unter zwölf Monaten und bestanden die Verfahren aus jeweils sieben Schritten, so stieg

die Zahl der Verfahrensschritte nach den Hochschulreformen auf 27 an. Die Untersuchung der mittleren

Dauer von 114 nach 1960 durchgeführten Berufungsverfahren ergab sich zu 33 Monate, wobei ein Viertel

der Verfahren über 48 Monate in Anspruch nahmen.

Rektor, Senat und das für die Verfassung der Hochschule zuständige Konzil reagierten auf diese

Ergebnisse mit reformerischen, allerdings eingeschränkten Maßnahmen:

1. Es wurden je ein ingenieurwissenschaftlicher und ein naturwissenschaftlicher Fachbereich vereinigt

und somit 39 Gremiensitze nebst einiger Kommissionsarbeit eingespart. Bemühungen, die Mathematik

und Informatik in einen der neu gebildeten Fachbereiche zu integrieren, scheiterte an internen

Widerständen, desgleichen die Beseitigung der Gemeinsamen Kommissionen.

2. Des Weiteren trat neben den Prorektor für Forschung und Hochschulentwicklung ein Prorektor für

Studium und Lehre, um in den Spitzenämtern Arbeitsentlastungen zu bringen. Die Amtszeit des Rektors

wurde durch eine mögliche Wiederwahl von zwei auf maximal sechs Jahre verlängert, um die Erfahrung

des Rektors und seine erworbene hochschulpolitische Kompetenz länger nutzen zu können.

3. Im Bereich der Studentenbetreuung und des Prüfungswesens wurden zentrale Betreuungs- und

Verwaltungseinheiten geschaffen.

Eine wirklich durchgreifende Vereinfachung der Gremienstruktur erbrachte erst das neue Niedersächsische

Hochschulgesetz, das am 1. Oktober 2002 in Kraft trat108. Die traditionelle Rektoratsverfassung und die Ebene

der Gemeinsamen Kommissionen wurden gesetzlich aufgehoben, desgleichen das Konzil und eine Reihe

Kommissionen. Die Rechte des Konzils gingen an den Senat über. Dessen Rechte in den wichtigen

Haushalts- und Personalentscheidungen sind jetzt weitestgehend beseitigt und dem Präsidium, als

Hochschulleitung übertragen worden. Letztere besteht derzeit aus dem(r) hauptamtlichen Präsident(in),

dem(r) Vizepräsident(in) für Forschung und Hochschulentwicklung, dem(r) Vizepräsident(in) für Studium und

Lehre und dem(r) Präsident(in) für Verwaltung, die gleiches Stimmrecht ausüben. In Pattsituationen einer

Abstimmung entscheidet das Votum des(r) Präsidenten(in).

37

Die Arbeit des Präsidiums und Senats wird von einem Hochschulrat begleitet, der Stellung zur Ernennung,

Bestellung oder Entlassung von Mitgliedern des Präsidiums und zu den Wirtschafts- und Entwicklungsplänen

der Hochschule nimmt. Die sieben auswärtigen Mitglieder des Hochschulrats kommen aus der Politik,

Wissenschaft, Industrie, und Wirtschaft für eine Amtszeit von jeweils vier Jahren. Drei der ehrenamtlich tätigen

Mitglieder bestellt das Ministerium für Wissenschaft und Kultur, die vier anderen ernennt der Senat.

Der in der weiten Welt unverständliche Begriff Fachbereich wurde aufgegeben. Die Clausthaler Hochschule

gliedert sich jetzt wieder in Fakultäten, nämlich in eine Fakultät für Natur- und Materialwissenschaften mit den

Lehreinheiten Physik, Chemie, Metallurgie und Werkstoffwissenschaften, die Fakultät für Energie- und

Wirtschaftswissenschaften mit den Lehreinheiten Energie und Rohstoffe, Wirtschaftswissenschaften sowie die

die Fakultät für Mathematik/Informatik und Maschinenbau mit den Lehreinheiten Mathematik, Informatik,

Maschinenbau und Verfahrenstechnik.

Der Fakultätsrat, bestehend aus sieben Professoren, zwei wissenschaftlichen Mitarbeitern, zwei Studierenden

und zwei Angehörigen des nichtwissenschaftlichen Personals, wählt den Dekan, seinen Vertreter und einen

Studiendekan, womit die bedrückende Arbeitslast der vorher allein fungierenden Fakultätsdekane auf mehrere

Schultern gelegt ist.

Die Reformen des Wissenschaftsbereichs, die Restrukturierung und starke Verdichtung der akademischen

Selbstverwaltung der TU Clausthal bieten Chancen für eine positive Entwicklung der Hochschule in der

Zukunft. Mit den wechselnden Geschicken unseres Volkes und im Besonderen mit denen des Bergbaus

und des Hüttenwesens haben die Lehrenden und Studierenden der Clausthaler akademischen Lehranstalt in

den vergangenen mehr als zwei Jahrhunderten Höhen der Entwicklung der Hochschule froh und dankbar

durchlebt, jedoch auch die Zeiten voller Rückschritte durch die eigene Tatkraft überwunden. Seit der

Stilllegung der Bergwerke und Hütten ist die Hochschule hier im Oberharz der größte Arbeitgeber, ein

bedeutender Wirtschaftsfaktor und eine wichtige Stätte kultureller Ausstrahlung in den Harzraum hinein. Alle

Universitätsangehörigen sind sich dessen bewusst und wollen gemeinsam mit den politischen Kräften des

Raumes alles daran setzen, dass dieser Zustand erhalten bleibt. Glückauf!

Anmerkungen zu den Quellen

Das Kurssystem 1775-1810

1 Frijhoff, Willem: Die Universität und ihre Konkurrenten. In: Rüegg, Walter (Hg.): Geschichte der Universität in Europa. Bd. II. Von der

Reformation bis zur Französischen Revolution. München 1996. S. 63-68.

2 Burose, Hans: Ergebnisse neuerer Forschungen zur Vor- und Frühgeschichte der Clausthaler Hochschule. S. 9-56 In: Technische

Universität Clausthal (Hg.): Bd. I. Die Bergakademie und ihre Vorgeschichte. Clausthal- Zellerfeld 1975.

3 Ebd. (s. Anm. 2), S. 30-32.

4 Ebd. (s. Anm. 2), S. 34-35.

5 Höfer, Berthold: Ilsemannit, das Molydänblau. Jahrbuch für Mineralogie 1871. S. 566.

6 Müller, Georg: Technische Universität Clausthal - Der Lehrkörper 1775-1999. Der Rektor der Technischen Universität Clausthal (Hg.).

281 S., einschließlich eines Porträtanhangs. Hannover 2000.

7 Burose, Hans: (s. Anm. 2), S. 47-50.

38

Die Bergschule 1811-1864

8 Horn, Jakob: Geschichte der Bergakademie. In: Die Königliche Bergakademie zu Clausthal. Ihre Geschichte und ihre Neubauten. 65 S.,

hier S. 7-13. Leipzig 1907.

9 Müller, Georg: Entwicklung der Mineralogie in Lehre und Forschung an der Technischen Universität Clausthal und an ihren

Vorläuferinstitutionen. Eigenverlag. Clausthal-Zellerfeld 2004. S. 3, 51 u. 116.

10 Zimmermann, Johann Christian: Das Harzgebirge in besonderer Beziehung auf Natur- und Gewerbskunde. Theil 1, 498 S.,

Theil 2, 106 S.. Darmstadt 1834.

11 Horn, Jakob: (s. Anm. 8), S. 19-20.

12 Zimmermann, Johann Christian: Das Fortbestehen der Bergschule und ihre fernere Einrichtung. Bericht 27te Juli 1844. Niedersächsisches

Bergarchiv Clausthal-Zellerfeld. Fach 1855 Akte 21.

13 Horn, Jakob: (s. Anm. 8), S.15.

14 Müller, Georg: Soziale und regionale Herkunft von Bergschülern und Studenten der Bergschule und Bergakademie Clausthal im Zeitraum

1830 bis 1880. Mitteilungsblatt TU Clausthal 68, 1989, S. 20-24.

15 Ratzeburg, Julius Theodor Christian: Die Forst-Insecten. Teil 1. Die Käfer. 247 S., Teil 2. Die Falter. 252 S., Teil 3. Die Ader-, Zwei-, Halb-,

Netz- und Geradflügler. 314 S.. Nicolai. Berlin 1839-1844.

16 Saxesen, Friedrich Wilhelm: Brocken-Panorama oder Aussicht von der Spitze des Brockens mit 4 Kupfertafeln. 34 S., Leipzig und

Darmstadt 1834.

17 Horn, Jakob: (s. Anm. 8), S. 15-16.

18 Abgehaltene Schulconferencen 1847-1867. Niedersächsisches Bergarchiv Clausthal-Zellerfeld. Fach 1855 Akte 23.

19 Müller, Georg: Die Roemerschen Reformen in Clausthal als Antwort auf das Studienprogramm der Bergakademie Freiberg in der Mitte des

19. Jahrhunderts. Mitteilungsblatt TU Clausthal 81, 1996, S. 9-13.

20 Müller, Georg: (s. Anm. 14), S.20-21.

21 Watters, W. A.: Georg Heinrich Friedrich Ulrich (1830-1900). Graduate of the Royal Academy of Mines, Clausthal, and first Director of the

Otago School of Mines, Dunedin, New Zealand. Mitteilungsblatt TU Clausthal 79, 1995, S. 56-57.

22 Müller, Georg: Lehrangebote der Bergschule und Bergakademie zu Clausthal im Zeitraum 1811 bis 1876. Mitteilungsblatt TU Clausthal 69,

1990, S. 18-22.

23 Abgehaltene Schulconferencen: (s. Anm. 18).

24 Müller, Georg: Friedrich Adolph Roemer. Ein Leben für die Wissenschaft. Oberharzer Geschichts- und Museumsverein. 73 S. mit XIII S.

dokument. Anhang. Clausthal-Zellerfeld 1997.

25 Acta betreffend Honorar-Zahlung der Bergschüler und Erstattung für Reagentien. Vol. I 1837-1859, Vol. II 1859-1867. Niedersächsisches

Bergarchiv Clausthal-Zellerfeld. Fach 1854 Akte 19.

26 Müller, Georg: (s. Anm. 24), S. 23.

27 Acta betreffend die Einrichtung und Abhaltung des Ingenieur-Examens bei der hiesigen Bergschule. Niedersächsisches Bergarchiv

Clausthal-Zellerfeld. Fach 1856 Akte 33.

Die Bergakademie 1864 bis 1964

28 Müller, Georg: Erhebung der I. Classe der Bergschule Clausthal zur Bergakademie. Mitteilungsblatt TU Clausthal 80, 1995, S. 2-10.

29 Müller, Georg: (s. Anm. 14), S. 22-23.

30 Müller, Georg: Disziplinarfälle an der Clausthaler Bergschule und Bergakademie. Mitteilungsblatt TU Clausthal 79, 1995, S. 32-36.

31 Müller, Georg: Friedrich Adolph Roemer. Ein Leben für die Wissenschaft 1809-1869. S. 107-120. In: Rudolf W. Keck (Hg.): Gesammelte

Welten. Das Erbe der Brüder Roemer und die Museumskultur in Hildesheim 1844-1998. Gerstenberg. Hildesheim 1998.

32 Müller, Georg: (s. Anm. 9), S. 3-4, 55-58 u. 116.

33 Just, Friedrich: Zur fünfzigjährigen Jubelfeier des Berg- und Hüttenmännischen Vereins „Maja“ zu Clausthal (1848-1898). Berg- und

Hüttenmännische Zeitung 57, 1898, S. 185-187.

34 Müller, Georg: (s. Anm. 24), S. 65-70.

35 Just Friedrich: (s. Anm. 33), S. 185-187.

36 Müller, Georg: Vom Stahlhelm zum Hakenkreuz. Menschen und Vorgänge an der Bergakademie Clausthal in den zwanziger bis vierziger

Jahren des 20. Jahrhunderts. S. 149-153. Der Rektor der Technischen Universität Clausthal (Hg.). 222 S. Clausthal-Zellerfeld 1995.

37 Haupt, Walter; Pollmann, Heinz: Die Entwicklung des Markscheidewesens im Oberharz. In: Technische Universität Clausthal (Hg.): Bd. I.

Clausthal-Zellerfeld 1975. S. 295-316.

38 Müller, Georg: (s. Anm. 9), S. 4-5, 58-59 u. 116.

39

39 Statut nebst Etat für die Vereinigte Bergakademie und Bergschule zu Clausthal und Vertrag über die Aufbringung der Kosten zur

Unterhaltung dieser Anstalt. 32 S., Clausthal 1869.

40 Bornhardt, Wilhelm: Ursprung und Entwicklung der Bergakademie. S. 37-38. In: Die Preußische Bergakademie zu Clausthal. Festschrift zur

150-Jahrfeier 1925. 512 S., Breitkopf & Härtel. Leipzig 1925.

41 Müller, Georg: (s. Anm.9), S. 42, 105 u.119.

42 Müller, Georg: Probleme bei der Einführung und Fortentwicklung der Rektoratsverfassung an der Bergakademie Clausthal zwischen 1908

und 1948 sowie mit dem Rektoratswechsel verbundene Ereignisse.

Teil I. Vorgeschichte und die Satzung des Jahres 1919. Mitteilungsblatt TU Clausthal 70, 1990, S. 16-21.

Teil II. Rektorwahlen und Rektoratswechsel von 1919 bis 1933. S. 21-26.

43 Roemer, Friedrich Adolph: Geschichte der Königlichen Bergschule zu Clausthal. Mit einem Verzeichnis der Lehrer und Bergschüler

I. Classe. 41 S., Goslar 1861.

44 Müller, Georg: (s. Anm. 22), S. 25-26.

45 von Groddeck, Albrecht: Die Lehre von den Lagerstätten der Erze. 351 S., Veit & Comp. Leipzig 1879.

46 Müller, Georg: (s. Anm. 6), S. 163 ff. u. 256-257.

47 Müller, Georg: (s. Anm. 9), S. 6, 60-62 u. 116.

48 Küster, Friedrich Wilhelm: Logarithmische Rechentafeln für Chemiker. Veit & Comp. Leipzig 1900.

49 Müller, Georg: Carl Schnabel – Wissenschaftler und Musensohn. TUC Contact 7, 2000, S. 41-46.

50 Nachrichten der Bergakademie Clausthal 4, 1939, S. 16-20.

51 Horn, Jakob: (s. Anm. 8), S. 47.

52 Müller, Georg: Bauliche Entwicklung der Bergakademie am Clausthaler Marktplatz. Teil II – Neubau des

hüttenmännischen Gebäudes. Mitteilungsblatt TU Clausthal 77, 1994, S.21-26.

53 Müller, Georg: (s. Anm. 52) Teil III – Errichtung des neuen Hauptgebäudes. Mitteilungsblatt TU Clausthal 78, 1994, S. 27-36.

54 Die Preußische Bergakademie zu Clausthal. Festschrift zur 150-Jahrfeier 1925. Verzeichnis des Lehrkörpers und der Studierenden von

1811 bis 1925, S. 457- 512. Breitkopf & Härtel. Leipzig 1925.

55 Satzungen und Rektoratsverfassung der Königlichen Bergakademie zu Clausthal. Akten 1a Nr.1 Vol. 4 u. Nr.5 Vol. 1.

Archiv der TU Clausthal.

56 Müller, Georg: (s. Anm. 42), S.18-19.

57 Akte Rektoratsverfassung und –wechsel 1919-1944. Archiv der TU Clausthal.

58 Müller, Georg: (s. Anm. 9), S. 7, 64-66 u. 116.

59 Bruhns, Willi: Rede bei der Übernahme des Rektorats am 23. Juni 1919. S. 49-61. In: Die Preußische Bergakademie zu Clausthal.

Festschrift zur 150-Jahrfeier 1925. 512 S., Breitkopf & Härtel. Leipzig 1925.

60 Valentiner, Siegfried: Von der Studentenschaft. S. 34-37. In: Festschrift zur 175-Jahrfeier der Bergakademie Clausthal 1775-1950. Hg.

Bergakademie Clausthal. 274 S. Clausthal-Zellerfeld 1950.

61 (s. Anm. 54), Matrikellisten 1811-1925, S. 499-500.

62 Müller, Georg: Raumnot der Bergakademie Clausthal in den Jahren 1922 bis 1925 und Pläne der Verlegung der Hochschule nach

Goslar. Mitteilungsblatt TU Clausthal 72, 1991, S. 6-13.

63 Valentiner, Siegfried: (s. Anm. 60), Die baulichen Erweiterungen. S. 48-52.

64 Statistiken der Bergakademie Clausthal 1922-1945. 3 Bände. Archiv der TU Clausthal.

65 Birckenbach, Lothar: Das Institut für Chemie. S. 85-10, (s. Anm. 60, Festschrift usw.).

66 Akte Studentische politische Angelegenheiten 1922/23. Archiv der TU Clausthal.

67 Müller, Georg: (s. Anm. 36), S. 1-28.

68 Akte Personalveränderungen im Professorenkollegium 1910-1925. Archiv der TU Clausthal.

69 Personalakten. Archiv der TU Clausthal.

70 Akte Geschäftsgang 1921-1934 Band 2. Archiv der TU Clausthal.

71a Akte Korporationen 1922-1943. Archiv der TU Clausthal.

71b Akte Clausthaler Studentenschaft und Sonstiges 1932-1945. Archiv der TU Clausthal.

72 Klose, Werner: Freiheit schreibt auf eure Fahnen. 345 S. Stalling. Oldenburg und Hamburg 1967.

73 Akte Allgemein Politisches 1929-1944. Band 1.

74 Bergakademie Clausthal – Ansprachen anlässlich des Rektoratswechsels am 1. Juni 1933. 35 S. Begrüßungsansprache und Bericht des

scheidenden Rektors Prof. Dr.-Ing Max Paschke S.3.

75 Müller, Georg: Probleme bei der Einführung und Fortentwicklung der Rektoratsverfassung an der Bergakademie Clausthal zwischen 1908

und 1948 sowie mit dem Rektoratswechsel verbundene Ereignisse. Teil III. Drittes Reich und Neubeginn nach 1945. Mitteilungsblatt TU

40

Clausthal 71, 1990, S.21-28.

76 Berufungsverhandlungen 1922-1949. Bd.1-3. Archiv der TU Clausthal.

77 (s. Anm. 76). 78 Akte Disziplinarsache Student Hans Joachim Ringel 1935/36. Archiv der TU Clausthal.

79 Müller, Georg: (s. Anm. 36) S. 52-57.

80 Plesse, Sigurd: Die nationalsozialistische Machtergreifung im Oberharz. 94 S., Clausthal-Zellerfeld 1970.

81 Vorlesungsverzeichnis der Bergakademie Clausthal 1947/48, S.14.

82 Akte Deutsche Dozentenschaft der Bergakademie Clausthal 1933-1945. Archiv der TU Clausthal.

83 Müller, Georg: Der Lehrkörper der Technische Universität Clausthal sowie ihrer Vorläufer 1775-1999. S. 260. Herausgegeben von der

Technischen Universität Clausthal anlässlich ihrer 225-Jahrfeier. 281 S. Clausthal-Zellerfeld 2000.

84 Akte Studentische Arbeitsdienstpflicht 1932-1945. Archiv der TU Clausthal.

85 Lagerstättenkundliche Untersuchungen im Rahmen des Vierjahresplanes 1936-1939. Drei Aktenbände. Archiv der TU Clausthal.

86 Nachrichten der Bergakademie 9, 1944, S.33-35.

87 Personalakten. Archiv der TU Clausthal.

88 Akte Allgemein Politisches 1929-1944 Band 1. Archiv der TU Clausthal.

89a Müller, Georg: Bestrebungen zur Zusammenlegung der Technischen Hochschule Braunschweig und der Bergakademie Clausthal zur

Errichtung einer Technischen und Montanistischen Hochschule (Kraft und Stoff) in den Jahren 1939 bis 1943. Jb. Braunschweig. Wiss.

Ges. 1991, 35-105.

89b Müller, Georg: Zur Gründung der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft. Abh. BWG XLVII, 1996, S. 7-34.

90 (s. Anm. 88, Band 2).

91 Akte Beurlaubungen von der Wehrmacht 1944/45. Archiv der TU Clausthal.

92 Akte Technische Nothilfe und Behördenselbstschutz. Archiv der TU Clausthal.

93 Müller, Georg: Tote und Vermisste der Bergakademie Clausthal im Zweiten Weltkriege. Der Rektor der TU Clausthal (Hg.). 38 S.,

Clausthal-Zellerfeld 1992.

94 Müller, Georg: Probleme und Fakten im Zusammenhang mit der Wiedereröffnung der Bergakademie Clausthal nach dem Kriege 1945.

Mitteilungsblatt TU Clausthal 67, 1989, S. 33-37.

95 Personalakten. Archiv der TU Clausthal.

96 Akte Listen über Angehörige der Bergakademie 1945/46 und Übersicht über die Entnazifizierung des Lehrkörpers der Bergakademie. Zwei

Bände. Archiv der TU Clausthal.

97 Valentiner, Siegfried: (s. Anm. 60), S. 47.

98 Protokollbücher mit Niederschriften der Sitzungen des Professoren-Kollegiums, der Prüfungsausschüsse, des Senats und der

Dozentenschaft. Band 3, - 9. Mai 1936 bis 21. August 1948. Archiv der TU Clausthal.

99 Gundermann, Karl-Dietrich: Die bauliche Entwicklung der Technischen Universität Clausthal. S.11-22. In: Technische Universität Clausthal

(Hg.). Bd. II. Von der Bergakademie zur Technischen Universität. S. 11-22. Clausthal-Zellerfeld 1975.

100 Becker, Hubert: Bergschule – Bergakademie – Technische Universität Clausthal. S.95. In: Technische Universität Clausthal (Hg).

Bd. I. Zur Zweihundertjahrfeier 1775-1975. Clausthal-Zellerfeld 1975.

Die Technische (Hochschule) Universität seit 1964

101 Nachrichten der Bergakademie Clausthal. Hefte 14, S.11-19, 15, S. 4-15 u. 16, S.4-8 u. 10-11.

102 Gundermann, Karl-Dietrich: (s. Anm. 99), S. 11-22.

103 Technische Universität Clausthal. Hochschulstatistik 2005. S.14, 49 u. 58.

104 Niedersächsisches Hochschulgesetz (NHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Juni 1978. Nds.

GVBl. 1978, S. 473-527

105 (s. Anm. 103), S. 60-62.

106 Bericht des Präsidenten der TU Clausthal vom 29.10.2004. TU Contact 16, S. 80.

107 Müller, Georg; Prause, Bernd: Endbericht zum Teilprojekt der TU Clausthal im Förderprogramm der Volkswagen-Stiftung:

Leistungsfähigkeit durch Eigenverantwortung. 75 S., Clausthal-Zellerfeld 1999.

108 Niedersächsisches Hochschulgesetz (NHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Juni 2002. Nds.

GVBl. 2002, S. 286 ff.

41

Bildnachweis: 4, 8, 9, 11, 12, 13, 14 – Bildarchiv der TU Clausthal.

1 Familienbesitz von Ilsemann, Kassel, reproduziert in: Dt. Apoth. Z. 137, 1974, S.1438

2 Fotografie eines Ölgemäldes. Oberharzer Bergwerksmuseum Clausthal-Zellerfeld

3 Reproduktion einer Daguerre-Typie aus: Bornhardt, Wilhelm: Wilhelm August Julius Albert

und die Erfindung der Eisendrahtseile. 65 S. VDI-Verlag Berlin 1934

5 Lithographie von E. Ritmüller, Göttingen 1856, im Besitz von Stefan Grosse, Clausthal-Zellerfeld

6 u. 10 Fotografien. Institut für Mineralogie und Mineralische Rohstoffe. TU Clausthal

Autor:

Prof. Dr. rer. nat. Dr. h.c. Georg Müller

Universitätsprofessor emeritus

Technische Universität Clausthal

38670 Clausthal-Zellerfeld