10
Technologisches Arsenal der Molekularbiologie -I Grundanforderung 13. Vorlesung Boldogkői Zsolt © 1 Technologisches Arsenal der Molekularbiologie I. Einleitung Die Molekularbiologie befaβt sich mit der Struktur, Biosynthese und Funktion von DNA und RNA auf molekularer Ebene, und damit, wie diese untereinander und mit Proteinen interagieren. Das Forschungsgebiet der Molekularbiologie überlappt dabei immer mehr mit weiteren Feldern der Biologie und Chemie, insbesondere der Genetik und der Biochemie. Die Grenzen zwischen diesen Fachbereichen sind dabei oft flieβend. Der Begriff Molekularbiologie wird in zwei Sinnen benutzt. Im einen Sinne ist die Molekularbiologie ein Wissenschaftsgebiet, welches die Lebenserscheinungen auf einer bestimmten Hierarchieebene untersucht, konkreterweise die Funktionen von DNA und ihrer Produkte (RNAs und Proteine) studiert. Molekularbiologie ist also das Wissenschaftsgebiet der Organisierungsebene, welche über den Atomen (oder einfachen Molekülen) aber unter den Zellen liegt. Im anderen Sinne ist die Molekularbiologie das technologische Arsenal, welches in nahezu allen Bereichen der biologischen Grundforschung und der angewandten Forschung verwendet werden kann. Mit diesem Vortrag werden wir das grundlegende technische Arsenal der Molekularbiologie kennenlernen. Die heute immer noch fortsetzende Revolution der Molekularbiologie basiert auf Entdeckungen, die nachgewiesen haben, daβ das genetische Material die DNA ist, und die die Struktur der DNA und die Grundmechanismen ihrer Funktion aufgeklärt haben. Die Entdeckung von Restriktionsendonukleasen und DNA-Ligasen, und das Ausarbeiten der Methodik, welche die Transformation von Bakterienzellen mit fremder DNA und die Vervielf ältigung fremder DNA in Bakterienzellen (molekulare Klonierung) möglich gemacht hat, haben grundlegende Rollen bei der Entwicklung der rekombinanten Gentechnologie gespielt. Die Sequenzierungsmethode von Sanger brachte einen Durchbruch bei der Analyse der DNA-Struktur. Die Erscheinung von Mikrochip-Techniken machte die Untersuchung von DNA und Genprodukten auf der genomischen Ebene möglich. Die jetzige Enwicklungsgeschwindigkeit der Molekularbiologie wird sowohl bei der Grundforschung, als auch bei der angewandten Forschung mehr von den zur Verfügung stehenden Technologien als von den theoretischen Kenntnissen bestimmt. Die Molekulargenetik ein Teilgebiet der Molekularbiologie untersucht, wie Gene aufgebaut sind, wie die in Form von Nukleinsäuren (meist DNA, bei manchen Viren RNA) vorhandene genetische Information zum Aufbau von Proteinen und anderen funktionellen Genprodukten genutzt wird (Genexpression), wie diese Information kopiert wird (Replikation) und wie sich molekularbiologische Erkenntnisse für gentechnische Verfahren nutzen lassen. Die Technologien der Molekularbiologie werden in der folgenden Aufteilung bearbeitet: in der ersten Hälfte dieses Vortrags geht es um Techniken, die für (1) die Untersuchung oder Umwandlung von einem Makromolekül oder wenigen Makromolekülen (DNA, RNA, Protein) geeignet sind; in der zweiten Hälfte des Vortrags geht es um (2) gleichzeitige Untersuchung von vielen Makromolekülen (Genomik). (3) Komplexe Techniken, die mehrere Methoden beinhalten (Stammzellentechnik, Knock-out-Technik, Transgenische Techniken, Gentherapie, Tumortherapie), werden in anderen Vorträgen bearbeitet. I. MOLEKULARGENETISCHE TECHNIKEN 1. Molekulare Klonierung Während der molekularen Klonierung wird ein ausgewählter DNA-Abschnitt in lebendigen Zellen vervielfältigt. In diesem Prozess spielen die Restriktionsendonukleasen, die DNA-Ligasen und die Plasmidvektoren grundlegende Rollen.

Technologisches Arsenal der Molekularbiologie I.web.med.u-szeged.hu/mdbio/ger/material/2013-2014/I.Semester/zell_l...Technologisches Arsenal der Molekularbiologie -I Grundanforderung

Embed Size (px)

Citation preview

Technologisches Arsenal der Molekularbiologie -I

Grundanforderung 13. Vorlesung Boldogkői Zsolt ©

1

Technologisches Arsenal der Molekularbiologie I.

Einleitung

Die Molekularbiologie befaβt sich mit der Struktur, Biosynthese und Funktion von DNA und RNA auf

molekularer Ebene, und damit, wie diese untereinander und mit Proteinen interagieren. Das

Forschungsgebiet der Molekularbiologie überlappt dabei immer mehr mit weiteren Feldern der Biologie und

Chemie, insbesondere der Genetik und der Biochemie. Die Grenzen zwischen diesen Fachbereichen sind

dabei oft flieβend. Der Begriff Molekularbiologie wird in zwei Sinnen benutzt. Im einen Sinne ist die

Molekularbiologie ein Wissenschaftsgebiet, welches die Lebenserscheinungen auf einer bestimmten

Hierarchieebene untersucht, konkreterweise die Funktionen von DNA und ihrer Produkte (RNAs und

Proteine) studiert. Molekularbiologie ist also das Wissenschaftsgebiet der Organisierungsebene, welche über

den Atomen (oder einfachen Molekülen) aber unter den Zellen liegt. Im anderen Sinne ist die

Molekularbiologie das technologische Arsenal, welches in nahezu allen Bereichen der biologischen

Grundforschung und der angewandten Forschung verwendet werden kann. Mit diesem Vortrag werden wir

das grundlegende technische Arsenal der Molekularbiologie kennenlernen. Die heute immer noch

fortsetzende Revolution der Molekularbiologie basiert auf Entdeckungen, die nachgewiesen haben, daβ das

genetische Material die DNA ist, und die die Struktur der DNA und die Grundmechanismen ihrer Funktion

aufgeklärt haben. Die Entdeckung von Restriktionsendonukleasen und DNA-Ligasen, und das Ausarbeiten

der Methodik, welche die Transformation von Bakterienzellen mit fremder DNA und die Vervielfältigung

fremder DNA in Bakterienzellen (molekulare Klonierung) möglich gemacht hat, haben grundlegende Rollen

bei der Entwicklung der rekombinanten Gentechnologie gespielt. Die Sequenzierungsmethode von Sanger

brachte einen Durchbruch bei der Analyse der DNA-Struktur. Die Erscheinung von Mikrochip-Techniken

machte die Untersuchung von DNA und Genprodukten auf der genomischen Ebene möglich. Die jetzige

Enwicklungsgeschwindigkeit der Molekularbiologie wird sowohl bei der Grundforschung, als auch bei der

angewandten Forschung mehr von den zur Verfügung stehenden Technologien als von den theoretischen

Kenntnissen bestimmt.

Die Molekulargenetik – ein Teilgebiet der Molekularbiologie – untersucht, wie Gene aufgebaut sind, wie die

in Form von Nukleinsäuren (meist DNA, bei manchen Viren RNA) vorhandene genetische Information zum

Aufbau von Proteinen und anderen funktionellen Genprodukten genutzt wird (Genexpression), wie diese

Information kopiert wird (Replikation) und wie sich molekularbiologische Erkenntnisse für gentechnische

Verfahren nutzen lassen.

Die Technologien der Molekularbiologie werden in der folgenden Aufteilung bearbeitet: in der ersten Hälfte

dieses Vortrags geht es um Techniken, die für (1) die Untersuchung oder Umwandlung von einem

Makromolekül oder wenigen Makromolekülen (DNA, RNA, Protein) geeignet sind; in der zweiten Hälfte

des Vortrags geht es um (2) gleichzeitige Untersuchung von vielen Makromolekülen (Genomik). (3)

Komplexe Techniken, die mehrere Methoden beinhalten (Stammzellentechnik, Knock-out-Technik,

Transgenische Techniken, Gentherapie, Tumortherapie), werden in anderen Vorträgen bearbeitet.

I. MOLEKULARGENETISCHE TECHNIKEN

1. Molekulare Klonierung

Während der molekularen Klonierung wird ein ausgewählter DNA-Abschnitt in lebendigen Zellen

vervielfältigt. In diesem Prozess spielen die Restriktionsendonukleasen, die DNA-Ligasen und die

Plasmidvektoren grundlegende Rollen.

Technologisches Arsenal der Molekularbiologie -I

Grundanforderung 13. Vorlesung Boldogkői Zsolt ©

2

Restriktionsenzyme (=Restriktionsendonukleasen, REs) sind Bakterien-Enzyme, welche DNA-Abschnitte

mit bestimmten Basensequenzen erkennen und schneiden können. Der Schnitt kann versetzt sein, wobei

überhängende 5’-Enden (z.B. BamHI oder EcoRI) oder 3’ Enden (z.B. KpnI) entstehen, oder nicht versetzt,

wobei gerade Enden (z.B. SmaI) entstehen. Überhängende (klebrige) Enden können leichter ligiert werden.

Die Erkennungssequenzen der Restriktionsendonukleasen bestehen meist aus palindromischen Sequenzen

(wenn in 5’→3’ Richtung gelesen, bekommen wir dieselbe Sequenz an beiden Strängen) von vier, sechs

oder acht Basenpaaren. Die Erkennungssequenz des EcoRI lautet GAATTC. Der Schnitt erfolgt zwischen

dem G und dem A. Die Namen der Restriktionsenzyme geben ihre Herkunft an. Der erste Buchstabe steht

für die Gattung, der zweite und dritte für die Art, erweitert wird es durch Namenszusätze und die

chronologische Abfolge der Entdeckung. Das Enzym EcoRI ist beispielsweise das erste Enzym, das in dem

Stamm Escherichia coli RY13 gefunden wurde. Der Name „Restriktionsenzym“ stammt von dem

bakteriellen Restriktions-Modifikationssystem, das der Abwehr fremder (viraler) DNA dient. Viele

Bakterien besitzen stammspezifische Restriktionsendonukleasen. In der eigenen DNA sind die

entsprechenden Erkennungssequenzen modifiziert (methyliert) und werden daher nicht geschnitten. Wenn

Viren, die sich in den Bakterien vermehren (Bakteriophagen), ihre DNA in die Zellen injizieren, ist diese

nicht methyliert und wird abgebaut. Für ihre grundlegenden Arbeiten zur „Entdeckung der

Restriktionsenzyme und ihre Anwendung in der Molekulargenetik“ bekamen Werner Arber, Daniel Nathans

und Hamilton Othanel Smith 1978 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin. Die Entdeckung der REs

war ein Meilenstein bei der Entwicklung der Molekularbiologie und der teilweise darauf basierenden

rekombinanten Gentechnologie. Sie ermöglichen die gezielte Herstellung von DNA-Fragmenten, die dann

isoliert und zu neuen Konstruktionen zusammengesetzt werden können. Heutzutage verkauft man mehrere

Hunderte von Restriktionsendonukleasen im Handel.

Video auf Englisch über REs: http://www.answers.com/topic/restriction-enzyme

Die DNA-Ligasen sind Enzyme, die das Verknüpfen zweier freie DNA-Enden durch eine

Phosphodiesterbindung katalysieren. Sie kommen von den einfachsten Organismen (z.B. Bakteriophagen)

bis zu Säugerzellen vor. In Säugern spielen die DNA-Ligasen eine Rolle bei der DNA-Replikation

(Verknüpfen der Okazaki-Fragmente), bei der Exzisionsreparatur, usw. In der molekularen Klonierung sind

aus Organismen (z.B. aus dem Bakteriophagen T4 oder aus E. coli) isolierte, bzw. rekombinant hergestellte

Ligasen unverzichtbare Werkzeuge für das Verknüpfen von DNA-Enden.

Plasmidvektoren

(1) Plasmide sind kleine, in der Regel ringförmige, autonom replizierende, doppelsträngige DNA-Moleküle,

die in Bakterien vorkommen können, aber nicht zum Bakterienchromosom zählen, also extrachromosomal

vorliegen. Einige Plasmide haben die Fähigkeit, ins Genom zu integrieren und dann sich auszuschneiden,

andere Plasmide sind dazu nicht fähig. Nach einer alternativen Aufteilung gibt es relativ groβe Plasmide mit

niedriger Kopienzahl und kleine Plasmide mit höher Kopienzahl. Plasmide können mehrere Gene enthalten,

und sie können diese Gene relativ leicht einander oder einem Bakterium von einer anderen Art übergeben.

(1) Fruchtbarkeits-(F-)Plasmide enthalten nur tra-Gene, die den Pilus kodieren, wodurch die Bakterien auf

Konjugation mit anderen Zellen und Transfer ihres Genmaterials fähig sind. (2) Resistenzplasmide enthalten

unterschiedliche Antibiotika-Resistenzgene. (3) Virulenzplasmide machen ein Bakterium zu einem

Krankheitserreger. Jedes Plasmid enthält mindestens eine Sequenz, die als Replikationsursprung (engl.

Origin of Replication, kurz ORI) dient, diese Sequenz wird von der DNA-Polymerase erkannt.

(2) Plasmide sind wichtige Werkzeuge der rekombinanten Gentechnologie. Sie werden dann als

Plasmidvektoren bezeichnet und dazu verwendet, um Gene zu vervielfältigen oder zu exprimieren. Sie

enthalten nur die minimal benötigten DNA-Sequenzen, wie Replikationsursprung, Antibiotika-Resistenzgen

3

2

1

Technologisches Arsenal der Molekularbiologie -I

Grundanforderung 13. Vorlesung Boldogkői Zsolt ©

3

als Selektionsmarker, multiple Klonierungsstelle (MCS) mit Erkennungssequenzen für eine Vielzahl von

Restriktionsenzymen, und gelegentlich noch andere Sequenzen.

Plasmide die für die Vervielfältigung fremder DNA-Sequenzen dienen, nennen wir Klonierungsvektoren.

Plasmide, die für die Einbringung von DNA-Sequenzen in eukaryotische Zellen dienen, sind die

Transformationsvektoren. Plasmide, welche dafür sorgen, daβ die eingebrachten Gene in großer Menge

exprimiert werden, nennen wir Genexpressionsvektoren. BAC (Bacterial Artificial Chromosome,

künstliches Bakterienchromosom): Vektor mit F-Plasmid basierendem Fertilitätsfaktor und eigenem

Replikationsursprung, die sogar 100-300 kb lange DNA-Fragmente aufnehmen kann. Im

Humangenomprojekt hat man diese Technik für die Herstellung von den Genbibliotheken verwendet. Mit

der Anwendung von BAC-Vektoren kann man das komplette Humangenom in zirka 10000 Hefeklonen

aufbewahren.

Englisches Video über Plasmide: http://www.answers.com/topic/plasmid

Klonierung mit Restriktion/Ligation ist die bekannteste und am weitesten verbreitete molekulare

Klonierungstechnik, wobei der erste Schritt die Verdauung einer DNA-Probe mit irgendeiner

Restriktionsendonuklease ist. Demnächst wird das gegebene Fragment isoliert. Die Isolierung ist nich immer

möglich, z.B. wenn wir das ganze Genom von einem höheren Lebewesen oder ein Fragment davon in

Plasmidvektoren einbauen möchten. In diesem Fall bauen wir ohne Selektion alles ein (das ist die

sogenannte Shotgun-Technik), und wir identifizieren die beliebigen DNA-Fragmente erst danach. Das

Einbauen des DNA-Fragments erfolgt im Reagenzglas (in vitro) mit Hilfe von Restriktionsendonukleasen.

Nach der Ligation schleusen wir den DNA-haltigen Vektor in Bakterienzellen ein. Diesen Prozess nennen

wir Transformation, was mit der Anwendung von einem elektrischen „Impuls” (Elektroporation) oder

unterschiedlichen chemischen Methoden erfolgen kann. Demnächst lassen wir die Bakterienzellen (E. coli)

in einer optimalen Umgebung (37 ºC, O2-reiches Medium mit intensivem Schütteln) vermehren. Dadurch

wird das Plasmid, was originell in einer Kopie in eine einzige Zelle gelangen ist, zusammen mit den

Bakterien multipliziert (kloniert). Das im Plasmid vorhandene Antibiotika-Resistenzgen ermöglicht die

Selektion der Bakterienzellen, die das transformierte Plasmid enthalten. Das von dem Resistenzgen kodierte

Protein inaktiviert nämlich das im Medium vorhandene Antibiotikum, und ermöglicht dadurch die

Multiplizierung und Kolonienbildung der Bakterien (eine Kolonie stammt aus einer einzigen Bakterienzelle).

Rekombinante Plasmide werden durch die DNA-Ligation nur mit einer bestimmten Frequenz erzeugt, viel

öfter wird das Plasmid ohne des Einbaus fremder DNA zirkularisiert. Der zweite Schritt des

Klonierungsprozesses ist deshalb die Differenzierung zwischen Plasmiden die die fremde DNA enthalten

und Plasmiden die es nicht enthalten. Es gibt mehrere Methoden für diese Differezierung, hier wird das am

häufigsten verwendete blau/weiβe Selektionssystem vorgestellt. In dieser Methode wird das lacZ Gen, ein

Gen des lac Operons, benutzt. Für die Detektierung des Produktes von lacZ (β-Galactosidase) benutzen wir

X-Gal, welches ein chromogenes Substrat ist. X-Gal ist ein farbloses Molekül, welches durch den Effekt der

β-Galactosidase ein blaufarbiges Produkt produziert, hat aber keinen Induktionseffekt auf das lac Operon.

Für die Induktion des lacZ Gens verwenden wir anstatt Lactose das sogenannte IPTG, weil dieser Stoff nicht

durch β-Galactosidase abgebaut wird, so es ist im Medium ohne Quantitätsverminderung anwesen. Damit

sind die beiden Funktionen der Lactose unter zwei Molekülen verteilt: (1) X-Gal: Substrat aber kein Inducer;

(2) IPTG: Inducer aber kein Substrat. Interessanterweise kann das lacZ Gen in zwei Fragmente unterteilt

werden (Alpha: ein kurzes Fragment am 5’-Ende, und Omega: die anderen Teile des Gens) auf so einer Art

und Weise, daβ die von den zwei Fragmenten gebildeten Alpha- und Omega-Peptide in der Zelle

zusammenstehen und dadurch ein funktionsfähiges Enzym bilden können. Der Abschnitt, welcher für das

Omega-Peptid kodiert, ist im Bakterienchromosom, der Abschnitt für das Alpha-Peptid ist in den

Plasmidvektor eingebaut. Der Alpha-Abschnitt wurde so ausgestattet, damit es ohne Funktionsverlust

mehrere unikale Restriktionsschnittstellen enthält. Dies wurde so erreicht, daβ Basen in den stummen Stellen

der Aminosäure-kodierenden Triplets ausgetauscht wurden, andererseits solche Triplets wurden inseriert,

4

Technologisches Arsenal der Molekularbiologie -I

Grundanforderung 13. Vorlesung Boldogkői Zsolt ©

4

welche keinen Einfluss auf die Funktion des Peptids haben. Wenn wir in diese Region einen fremden DNA-

Abschnitt einligieren, es inaktiviert die Funktion des Alpha-Peptids, dementsprechend, die

Bakterienkolonien, die das rekombinante Plasmid enthalten, bleiben in der Anwesenheit von X-Gal und

IPTG weiβ, die Bakterienkolonien aber, die das originelle Plasmid ohne Insert enthalten, werden blau.

Anmerkung: Die DNA von dem Bakterium E. coli wurde so mit Hilfe von molekularbiologischen Methoden

modifiziert, damit es optimale Eigenschaften für die Forschung hat, kann aber nicht pathogen werden.

Englisches Video über molekulare Klonierung: http://www.answers.com/topic/cloning (blau/weiβ Selektion:

nicht dasselbe, was im Vortragsmaterial bearbeitet wird!)

EXTA ANFORDERUNG Andere Enzyme bei der Klonierung

Als Klenow-Fragment, auch Klenow-Enzym, wird das größere der beiden Proteinfragmente der DNA-

Polymerase I aus Escherichia coli bezeichnet, nach enzymatischer Spaltung mit Subtilisin. Es besitzt noch

mehrere Funktionen des originellen Enzyms, die durch molekulargenetischen Methoden gesteigert werden

können, daneben können wir auch von bestimmten unerwünschten Eigenschaften loswerden. Bei der

molekularen Klonierung wird das Klenow-Enzym nach Restriktionsverdauungen für das Auffüllen von 5'-

überstehenden, einzelsträngigen DNA-Sequenzen benutzt, wodurch gerade Enden entstehen. Diese Technik

wird z.B. gebraucht, wenn wir zwei Enden, die von zwei unterschiedlichen Restriktionsenzymen erzeugt

worden sind, zusammenligieren möchten.

Die S1 Nuclease schneidet einzelsträngige DNA. Mit Hilfe von diesem Enzym kann man die von

Restriktionsendonukleasen produzierten überhängenden Enden abschneiden, wodurch gerade Enden

entstehen.

Alkalische Phosphatasen sind Enzyme, die Phosphatgruppen von vielen Arten von Molekülen wie Proteinen

und Nukleotiden entfernen (Dephosphorylierung). In der Molekularbiologie wird die alkalische Phosphatase

zur Dephosphorylierung von linearer DNA eingesetzt. Diese Enzyme werden u.a. dafür verwendet, die

Phosphatgruppen von den freien Enden einer mit Restriktionsendonuklease verdauten DNA zu entfernen,

was die Folge hat, daβ die Ligase nicht fähig ist, die beiden DNA-Enden miteinander chemisch zu verbinden.

Somit bekommen wir nach der Transformation nur rekombinante Bakterienkolonien; Bakterien mit

Plasmiden, die ohne Insert zirkularisiert haben, werden nicht vorkommen. Die Plasmidvektore können in

diesem Fall nur dann zirkularisiert werden, wenn eine fremde DNA mit Phosphatgruppen an beiden Enden

in die entsprechende Restriktionsschnittstelle eingebaut wird (Plasmide können nur in einer Ringform

repliziert werden).

2. Die Polymerase-Kettenreaktion

Die Polymerase-Kettenreaktion (englisch Polymerase Chain Reaction, PCR) ist eine Methode, um

gegebene DNA-Abschnitte zu vervielfältigen. PCR unterscheidet sich dabei von der molekularen

Klonierung, daβ die gegebene DNA in diesem Fall nicht in lebendigen Zellen (E. coli oder andere

Organismen), sondern in vitro, mit Hilfe des Enzyms DNA-Polymerase amplifiziert wird. Die Polymerase-

Kettenreaktion wurde 1985 von Kary Mullis erfunden, wofür er 1993 den Nobelpreis für Chemie erhielt.

PCR benötigt die folgenden grundlegenden Komponente: (1) DNA-Template: die Original-DNA, die den zu

vervielfältigenden Abschnitt enthält. (2) DNA-Polymerase, die bei hohen Temperaturen nicht zerstört wird,

um den festgelegten Abschnitt zu replizieren (kopieren) (z.B. Taq-Polymerase). Im Originalverfahren von

Mullis wurde ein Enzym verwendet, was wegen der höhen Temperatur in allen Denaturationszyklen

inaktiviert worden ist. Später hat man dieses Enzym durch eine Polymerase, die sogenannte Taq-Polymerase

versetz, die auch bei hohen Temperaturen funktionieren kann und nicht inaktiviert wird. Taq-Polymerase

5

6

Technologisches Arsenal der Molekularbiologie -I

Grundanforderung 13. Vorlesung Boldogkői Zsolt ©

5

wurde von einem in Hitzequellen lebenden Bakterium (Thermus aquaticus) isoliert, später wurden die

Eigenschaften des Enzyms mit molekulargenetischen Methoden optimiert. Für die PCR-Technik werden

heute auch hitzestabile Polymerasen von anderen Quellen verwendet. (3) Zwei Primer forward (vorne) und

reverse (zurück), welche kurze (18-25 Basen lange) einzelsträngige DNA-Stücke sind, die mit je einem

Abschnitt der zu amplifizierenden DNA komplementär sind. Die Primer starten die Synthese des neuen

DNA-Stranges, wobei die durch Denaturierung einzelsträngig gemachte DNA als Template dient, die DNA-

Polymerase kann nämlich doppelsträngige DNAs nicht erkennen. (In vivo braucht die DNA-Synthese, also

die Replikation RNA-Primer!). Mit der Auswahl der Primer können wir die beiden Endpunkten der zu

vervielfältigenden DNA bestimmen. (4) Desoxyribonucleosidtriphosphate (dNTPs), die Bausteine für den

von der DNA-Polymerase synthetisierten DNA-Strang. (5) Pufferlösung, die eine für die DNA-Polymerase

geeignete chemische Umgebung sicherstellt. Es enthält Mg2+

-Ionen, die für die Funktion der Polymerase

essentiell sind.

Der PCR-Prozess besteht generell aus einer Anzahl von 20–40 Zyklen, die in einem Thermocycler

durchgeführt werden. Jeder Zyklus besteht aus drei Schritten: (1) Denaturierung (Melting, Schmelzen):

Zunächst wird die doppelsträngige DNA auf 94–96 °C erhitzt, um die Stränge voneinander zu trennen. Die

Wasserstoffbrückenbindungen, die die beiden DNA-Stränge zusammenhalten, werden aufgebrochen. Im

ersten Zyklus wird die DNA oft für längere Zeit erhitzt (Initialisierung), um sicherzustellen, dass sich

sowohl die Ausgangs-DNA als auch die Primer vollständig voneinander getrennt haben und nur noch

Einzelstränge vorliegen. (2) Primerhybridisierung (Annealing): Die Temperatur wird auf einen niedrigeren

Wert gehalten, die eine spezifische Anlagerung der Primer an den komplementären Abschnitten der DNA

erlaubt. (3) Synthese (Polymerisation, Verlängerung, Amplifikation): Schließlich füllt die DNA-Polymerase

auf einer höheren Temperatur die fehlenden Stränge mit freien Nukleotiden auf. Sie beginnt am 3'-Ende des

angelagerten Primers und folgt dann den DNA-Strang. Der Primer wird nicht wieder abgelöst, er bildet den

Anfang des neuen Einzelstrangs. Die Temperatur hängt vom Arbeitsoptimum der verwendeten DNA-

Polymerase ab (68–72 °C). Im ersten Zyklus entstehen pro DNA-Ausgangsdoppelstrang 2 DNA-Stränge,

welche im Bereich der Zielsequenz doppelsträngig sind. Nach dem Schmelzen am Anfang des zweiten

Zyklus stehen dadurch die beiden ursprünglichen DNA-Einzelstränge und zwei am 3’-Ende überlange

Einzelstränge zur Verfügung. Dies ist damit zu erklären, daβ lediglich ein Startpunkt (Primer), nicht aber ein

Endpunkt exakt festgelegt ist. Der Abbruch der Strangsynthese erfolgt dabei spätestens durch die

Strangtrennung im folgenden Denaturierungsschritt. Im zweiten Zyklus stehen die eingesetzte DNA sowie

die gerade gebildeten DNA-Stränge zur Verfügung. An Ersterer erfolgt derselbe Prozess wie im ersten

Zyklus. An die neu gebildeten DNA-Einzelstränge, welche an 3’ bereits dort enden wo sie sollen, lagern sich

nun wieder Primer in der 3’-Region an. Die nun gebildeten Stränge haben auch keinen 3’-Überhang, da das

Template am 5' Ende bereits richtig endet (durch erste Syntheserunde und ersten Primer). Am Ende des

zweiten Zyklus stehen damit erstmals unmittelbar Produkte der gewünschten Länge zur Verfügung. In den

folgenden Zyklen vermehren sich die gewünschten Produkte exponentiell (da sie selbst als Matrize für

weitere Strangsynthesen dienen), während die ungewünschten langen Produkte (siehe Produkte des ersten

Zyklus) nur linear ansteigen (nur eingesetzte DNA dient als Matrize).

Anwendung der PCR:

(1) PCR kann eine Alternative der molekularen Klonierung (in vivo Amplifikation) sein, aber die beiden

Techniken können auch kombiniert werden, z.B. wenn wir PCR-Fragmente in Plasmidvektore einbauen.

(2) In eine DNA-Sequenz können Mutationen während des PCR-Prozesses eingefügt werden.

(3) PCR kann auch für diagnostische Zwecken verwendet werden, zB. für die Erkennung von

Erbkrankheiten, Diagnose von Infektionskrankheiten, Identifizierung von Tätern, Vaterschaftstesten, usw.

Englisches Video über PCR: http://www.youtube.com/watch?v=eEcy9k_KsDI

Technologisches Arsenal der Molekularbiologie -I

Grundanforderung 13. Vorlesung Boldogkői Zsolt ©

6

3. Die Gelelektrophorese ist eine analytische Methode der Molekularbiologie, um verschiedene Arten von

Molekülen (DNA, RNA oder Proteine) zu trennen. Dabei wandert eine Mischung aus zu trennenden

Molekülen unter Einfluss eines elektrischen Felds durch ein Gel, welches in einer ionischen Pufferlösung

liegt. Je nach Größe und Ladung der Moleküle bewegen sich diese unterschiedlich schnell durch das als

Molekularsieb wirkende Gel. Dabei wandern kleinere, negativ geladene Moleküle (wie Nukleinsäuren und

Proteine) schneller in Richtung der positiv geladenen Anode. Die Moleküle des Gels, beispielsweise

Agarose oder polymerisiertes Acrylamid (Polyacrylamid), bilden ein engmaschiges Netz, das die zu

trennenden Moleküle bei ihrer Wanderung im elektrischen Feld behindert. Das für die Auftrennung benutzte

Gel hat eine Matrixstruktur: das Agarosegel besteht sich aus langen, nicht verzweigten Polysacchariden, das

Polyakrilamidgel besteht sich aus durch Kreuzbindungen gekoppelten Acrylamidmolekülen. Die Proteine

und die Nukleinsäuremoleküle mit einem kleinen Molekulargewicht werden auf Polyacrilamidgel, die DNA-

Moleküle mit einem gröβeren Molekulargewicht auf Agarosegel aufgetrennt. Moleküle gleicher Gröβe

laufen in diskreten Zonen – umgangssprachlich als Banden bezeichnet – durch das Gel. Die Länge der

Nukleinsäuren kann durch einen Vergleich mit einem Molekulargewichtmarker (DNA-Leiter), die DNA-

Fragmente bekannter Größe enthält und parallel zur Probe im Gel mitläuft, bestimmt werden. Die

Auftrennung können wir mit einem analytischen oder einem präparativen Zweck durchführen. Bei der

analytischen Auftrennung gewinnen wir Informationen über das gegebene Molekül (über ihre Anwesenheit,

Molekulargewicht, usw.). Bei der präparativen Auftrennung werden die Moleküle erstmal isoliert, dann für

irgendeinen Zweck verwendet. Die im Gel aufgetrennte DNA- und RNA-Moleküle können mit

unterschiedlichen Farbstoffen sichtbar gemacht werden. Ethidiumbromid bindet die Nukleinsäuren und

fluoresziert im UV-Licht. Dieser Farbstoff ist aber krebserregend, deshalb werden neulich andere

fluoreszente Farbstoffe verwendet, um die DNA- und RNA-Moleküle sichtbar zu machen. Proteine können

wir z.B. mit der blauen Farbe Coomassie blue sichtbar machen. Proteine können in ihrem nativen Zustand,

oder nach Denaturierung mit SDS (Natrium-Dodecyl-Sulphat) im Gel aufgetrennt werden. Neben ihrer

denaturierenden Eigenschaft, SDS bindet die äuβere Oberfläche der Proteine und maskiert ihre eigenen

Ladungen, so wird das ganze Molekül einheitlich negativ geladen. Bei der Anwendung von SDS hängt also

die Laufgeschwindigkeit der Proteine nur von ihrem Molekulargewicht ab, von der Struktur und

Aminosäurezusammensetzung ist es unabhängig (Maskierungseffekt). SDS entfernt auch die

Proteinuntereinheiten voneinander.

Englisches Video über Gelelektrophorese:

http://www.youtube.com/watch?v=QEG8dz7cbnY&feature=related

4. Detektion von Makromolekülen

Beim Southern Blot handelt es sich um eine 1975 von Edwin Southern entwickelte molekularbiologische

Untersuchungsmethode für DNA. (Die Northern, Western und Eastern Techniken wurden als Allusion nach

anderen Himmelsrichtungen genannt). Sie ermöglicht den Nachweis einer Gensequenz in einem komplexen

DNA–Gemisch (z. B. dem gesamten Genom eines Organismus) innerhalb kurzer Zeit. Die zu untersuchende

DNA wird mit einem oder mehreren Restriktionsenzymen behandelt und anschlieβend durch

Gelelektrophorese der Größe nach aufgetrennt. Die DNA-Fragmente werden durch Alkalien in Einzelstränge

gespalten und das im Gel entstandene Trennmuster auf eine Membran (meist Nylon oder Nitrocellulose) mit

Hilfe von Kapillarkraft oder einem elektrischen Feld übertragen (Blotten) und dort dauerhaft fixiert. Die

Positionen der DNA-Banden auf der Membran sind mit ihren Positionen im Gel identisch. Anschließend

wird die Membran mit einer radioaktiv markierten DNA (Sonde) behandelt. Diese Sonde besteht aus

einzelsträngiger DNA, welche mit der gesuchten Sequenz komplementär ist. Befindet sich diese Sequenz

irgendwo auf der Membran, so bildet die Sonde Basenpaarungen mit dieser aus, bindet dauerhaft in diesem

Bereich (Hybridisierungsvorgang) und markiert es radioaktiv. Alle unspezifischen Bindungen werden

anschließend abgewaschen. Die radioaktiv markierten DNA-Banden werden mit Autoradiographie*

detektiert, was durch Auflegen der Membran auf einen Röntgenfilm, oder Phospho-Image-Analyzer Platten

7

8

Technologisches Arsenal der Molekularbiologie -I

Grundanforderung 13. Vorlesung Boldogkői Zsolt ©

7

erfolgt. Weil die Arbeit mit radioaktiven Substanzen gefährlich ist, nicht-radioaktive Methoden können auch

verwendet werden (siehe die Methoden für in situ Hybridisierung).

Englisches Video über Southern blot: http://www.youtube.com/watch?v=zYSPnSwT6LQ

Der Northern Blot ist eine molekularbiologische Methode zur Übertragung (Blotten) der in der

Gelelektrophorese aufgetrennten RNA auf eine Membran. Damit die RNA-Moleküle für DNA-Sonden

zugänglich werden, überträgt (blottet) man das Bandenmuster der fraktionierten RNA auf ein Blatt

Nitrocellulosepapier. Auf der Membran ist die Detektierung von spezifischen RNA-Sequenzen durch die

Hybridisierung mit komplementären DNA-Sonden möglich. Die Membran inkubiert man in einer Lösung,

die eine markierte DNA-Sonde enthält, deren Sequenz einem Abschnitt der RNA entspricht. Die RNA-

Moleküle, die auf der Membran mit der markierten Sonde hybridisieren, werden nun autoradiographisch

oder chemisch nachgewiesen. Die Gröβe der RNA-Moleküle in jeder Bande kann durch Vergleich mit RNA-

Molekülen bekannter Gröβe (RNA-Standards), die man parallel zu den experimentellen Proben laufen lässt,

bestimmt werden. Die Arbeit mit RNA benötigt mehr Reinheit und Aufmerksamkeit als die Behandlung der

DNA, weil unsere Haut die Laborinstrumente mit sehr vielen stabilen Ribonukleasemolekülen (RNase)

kontaminieren kann, die dann sehr leicht die RNA-Moleküle degradieren. Die Methode des Northern Blots

wird zum Beispiel verwendet, um die für ein Protein kodierende mRNA eines mutierten Organismus mit der

eines "normalen" Organismus zu vergleichen.

Western Blot, auch Immunoblot bezeichnet die Übertragung von Proteinen auf eine Trägermembran. Die

Technik wird für die Detektion von spezifischen Proteinen in einer Probe verwendet. Als erster Schritt

trennen wir die nativen oder mit SDS denaturierten Proteinmoleküle mit Gelelektrophorese auf. Nach der

Elektrophorese werden die Proteinmoleküle auf eine Membran übertragen. Dann legen wir diese Membran

in eine Lösung, welche Antikörper gegen das zu untersuchende Protein enthält. Um die Detektion möglich

zu machen, binden wir die spezifischen Antikörper chemisch mit irgendeinem fluoreszenten Farbstoff oder

mit einem Enzym was ein chromogenes (Farbe erzeugendes) Substrat spaltet (über die Markierung von

Antikörpern siehe mehr unter Immunohistochemie).

Die Eastern blot Analyse ist eine Technik fähig für die Detektion von unterschiedlichen posttranslationalen

Modifikationen, meiβtens ist es für die Detektion von proteinengebundenen Kohlenhydraten verwendet.

5. Gelretardierung

EXTA ANFORDERUNG Gelretardierung: Eine leistungsfähige Methode zur Untersuchung der

Bildung von Protein-DNA Komplexen ist der “electrophoretic mobility shift assay“ (EMSA), im folgenden

Gelretardierung genannt. Hier wird die Eigenschaft ausgenutzt, daβ DNA und Protein sowie der

entsprechende Komplex aufgrund unterschiedlicher Ladung und Größe verschiedene Laufeigenschaften

durch eine Gelmatrix in einem elektrischen Feld zeigen. Mit dieser Technik ist es möglich zu detektieren, ob

irgendeines Protein (meiβtens ein vermutliches Transkriptionsfaktor) zu einem gegebenen DNA-Abschnitt

bindet. Die Grundlage der Methode ist einfach: in demselben Gel lassen wir eine DNA-Probe (z.B. mit

Restriktionsendonukleasen geschnittene Probe), die Proteine enthält, und eine andere DNA-Probe mit

derselben untersuchten Sequenz, aber ohne Proteine. Dann machen wir die untersuchte DNA mit der

Southern-Blot Technik sichtbar. Wenn die Bande, die die untersuchte DNA-Sequenz enthält, mit Proteinen

im Gel langsamer wandert als ohne Proteinen, das heiβt das ein Proteinmolekül zur DNA gebunden ist und

ihren Lauf dadurch langsamer macht. Die langsamer laufende DNA kann von dem Gel isoliert werden, und

demnächst ist es möglich, mit DNA-Sequenzierung zu bestimmen, welche Region für die Bindung des

gegebenen Proteins verantwortlich ist. Wenn wir das DNA-bindende Protein bestimmen möchten, können

wir vor dem Lauf Antikörper gegen das gegebene Protein zum System geben (das ist die sogenannte

9

10

11

Technologisches Arsenal der Molekularbiologie -I

Grundanforderung 13. Vorlesung Boldogkői Zsolt ©

8

Supershift-Assay). In diesem Fall wird der Lauf der DNA noch langsamer, und auch das DNA-bindende

Faktor kann identifiziert werden.

6. Footprint-Analyse

EXTA ANFORDERUNG Ähnlich wie die Gelretardationstechnik, die Footprint-Analyse detektiert

ebenfalls DNA-Protein Wechselwirkungen. Die Grundlage der Methode ist, daβ ein bestimmtes DNA-

bindendes Protein eine bestimmte DNA-Region bindet, und schützt dadurch diese Region von dem Schnitt

des Enzyms Desoxyribonuklease (DNase). In der Kontrollprobe ohne Protein ist die entsprechende Region

aber nicht vor DNase geschützt. Die Enden der DNA-Fragmente werden radioaktiv markiert, partiell mit

DNase verdaut, in einem Gel laufen gelassen, und dann durch Autoradiographie detektiert. Wegen der

partiellen Verdauung produziert die DNase Fragmente unterschiedlicher Gröβe, die dasselbe Ende enthalten.

Wir können nur die Sequenzen detektieren, die die ursprünglichen Enden der DNA enthalten, weil nur diese

radioaktiv markiert sind. Die durch die Bindung des Proteins geschützte Region wird frei von Radioaktivität

sein, was den Eindruck von einem Fuβabdruck hat, daher kommt der Name der Methode. Die geschützten

DNA-Fragmente können wir aus dem Gel isolieren, und dann durch Sequenzierung bestimmen, welche

Sequenz für die Bindung des Transkriptionsfaktors verantwortlich ist.

7. Immunhistochemie

Immunhistochemie (IHC) wird in der Molekularbiologie verwendet, um Proteine mit Hilfe von markierten

Antikörpern (IgG) sichtbar zu machen. Damit kann beispielsweise in Gewebeschnitten bestimmt werden, in

welchem Gewebe das Protein vorhanden ist und auch, in welchem Kompartiment der Zelle es lokalisiert ist.

Wenn wir die Methode an kultivierten Zellen oder Zellsuspensionen anwenden, sprechen wir über

Immuncytochemie. Der Nachweis beruht auf der Affinität von Antikörpern zu einer bestimmten

Gewebeeigenschaft (Epitop*) als Antigen-Antikörper-Reaktion. Im Idealfall kommt es zu einer spezifischen

und starken Bindung zwischen Antikörper und Epitop. Der Antikörper ist mit einem Detektionssystem

gekoppelt, das sein Vorhandensein im Präparat sichtbar macht. Mittels verschiedener Detektionssysteme

können schon geringe Mengen an Epitop verstärkt dargestellt werden. Das Ziel ist es, ein Signal am Ort des

Epitops (und nur dort) in ausreichender Stärke zu erkennen. Beispielsweise können Transkriptionsfaktoren,

die im Zellkern lokalisiert sind, nur im Zellkern angefärbt werden, membranständige Proteine nur in Teilen

der Zellmembran usw. Als Detektionssystem können wir fluoreszente Farbstoffe zu den Antikörpern binden

(Immunfluoreszenz), oder unterschiedliche Enzyme, die ein farbiges Produkt aus chromogenen (Farbe

erzeugenden) Substraten bilden. Im Fall von Immunfluoreszenz werden die durch Antikörper markierten

Strukturen mit einem Fluoreszenzmikroskop untersucht. Wenn das zum Antikörper gebundene Enzym die

Peroxidase ist, nennen wir die Technik Immunoperoxidasefärbung (im Allgemeinen werden die Methoden,

die auf Enzyme basieren, Immunoenzym-Methoden genannt). In der Anwesenheit von Wasserstoff-Peroxid

oxidiert die Peroxidase das Diaminobenzidin-Substrat zu einem braunfarbigen Produkt, welches in der

Umgebung der Enzymreaktion die genaue subzelluläre Lokalisation des untersuchten Proteins markiert. Die

Intensität der Markierung kann mit der Zugabe von NiSO4 gesteigert werden. Wenn der markierte

Antikörper direkt zum untersuchten Protein bindet, sprechen wir über eine direkte immunhistochemische

Methode. Mehr sensitiv ist aber die indirekte Methode, wenn zu dem am Protein direkt bindenden

Primärantikörper ein markierter Sekundärantikörper gebunden wird, weil in diesem Fall der markierte

Antikörper zu mehreren Epitopen binden kann, was zur Signalverstärkung führt. Der Sekundärantikörper ist

ein, gegen den Primärantikörper in einer anderen Art produziertes IgG-Molekül (z.B. Anwendung von in

Hase produzierten Antikörpern gegen Antikörper aus Ziege).

EXTRA ANFORDERUNG Bei der Immunhistochemie benutzt man oft Biotin- und Avidinmoleküle.

Heutzutage ist diese Färbemethode die am meisten eingesetzte. Biotin ist der andere Name für Vitamin B7.

Avidin ist ein Proteinmolekül welches im Eiweiβ der Vögel vorkommt und für die Bindung von Biotin

12

13

Technologisches Arsenal der Molekularbiologie -I

Grundanforderung 13. Vorlesung Boldogkői Zsolt ©

9

verantwortlich ist. Anstatt von Avidin benutzt man oft Streptavidin aus dem Bakterium Streptomyces

avidinii, welches ebenfalls Biotin bindet. Streptavidin und Avidin besitzen jeweils vier Bindungsstellen für

Biotin. Biotin kann zu den Antikörpern gebunden werden, und es wird vom mit Peroxidase konjugierten

(gebundenen) Avidin erkannt. Die sogenannte ABC-(Avidin-Biotin-Complex)-Technik ist noch sensitiver.

Im Fall dieser Methode binden wir Biotin zum Antikörper, und auch Peroxidase wird zu den freien

Biotinmolekülen gebunden (siehe Abbildung). Die Verwendung des Enzyms alkalische Phosphatase ist eine

alternative Methode bei IHC. Dieses Enzym können wir direkt zu Sekundärantikörpern binden, oder zu

Antikörpern die gegen Digoxigenin (DIG) produziert worden sind. Im letzteren Fall DIG wird zum

Primärantikörper – oder viel öfter zum Sekundärantikörper – gebunden. DIG wird vom mit Enzym

gekoppelten anti-DIG Antikörper erkannt, und in der Anwesenheit des entsprechenden Substrats produziert

das Enzym alkalische Phosphatase ein farbiges Produkt. Die hier beschriebenen Methoden können frei

miteinander kombiniert werden: z.B. das auf DIG basierende System kann auch mit dem Enzym Peroxidase

verwendet werden.

8. In-situ-Hybridisierung

EXTA ANFORDERUNG Die In-situ-Hybridisierung (ISH) ist eine molekularbiologische Methode, um

Nukleinsäuren, also RNA oder DNA, in Geweben, einzelnen Zellen oder auf Metaphase-Chromosomen

nachzuweisen. Dabei wird eine künstlich hergestellte, radioaktiv oder fluoreszent markierte DNA- oder

RNA-Sonde eingesetzt, die über Basenpaarungen an die nachzuweisende Nukleinsäure hybridisiert. Die

Bezeichnung „in situ“ wird verwendet, da der Nachweis direkt in der jeweiligen Struktur durchgeführt wird,

und nicht etwa biochemisch im Reagenzglas. Weite Verbreitung hat die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung

(FISH) für den Nachweis von DNA oder RNA in Zellkernen einzelner Zellen, die Bestimmung der Position

von unterschiedlichen Genen auf Metaphase-Chromosomen sowie die Untersuchung der Verteilung von

mRNA, wobei radioaktive Proben verwendet werden, um eine gröβere Sensitivität zu ermöglichen.

9. FRET

EXTA ANFORDERUNG. Der Fluoreszenz-Resonanz-Energietransfer (engl. Fluorescence resonance

energy transfer, kurz FRET) ist ein physikalischer Prozess, bei dem Energie eines angeregten

Fluoreszenzfarbstoffs (Donor-Fluorophor) strahlungsfrei auf einen zweiten Fluoreszenzfarbstoff (Akzeptor-

Fluorophor) übertragen werden kann. FRET kann somit über eine Abnahme der Donor-Fluoreszenz oder

eine Zunahme der Akzeptorfluoreszenz detektiert werden. Die Intensität des FRET hängt unter anderem

vom Abstand dieser beiden Fluorophore ab: Donor und Akzeptor sollten nur wenige Nanometer voneinander

entfernt sein. FRET kann zwischen zwei Farbstoffen, die zur Fluoreszenz befähigt sind, beobachtet werden.

Um eine Energieübertragung zu ermöglichen, muβ das Emissionsspektrum des Donors mit dem

Absorptionsspektrum des Akzeptors überlappen. Dieses Kriterium wird besonders gut von dem

Fluorophorenpaar zyan fluoreszierendes Protein (CFP) – gelb fluoreszierendes Protein (YFP) erfüllt. FRET

kann als Werkzeug in der Molekularbiologie verwendet werden um Interaktionen zwischen zwei Proteinen

nachzuweisen. Hierzu wird an das erste Protein ein Donorfluorophor (z.B. CFP) und an das zweite Protein

ein Akzeptorfluorophor (z.B. GFP) gebunden. Wenn die beiden proteine miteinander in Wechselwirkung

stehen, sind die Grundvoraussetzungen für einen Energietransfer erfüllt, und man kann nach UV-

Bestrahlung gelbe Fluoreszenz beobachten. Je näher die Moleküle zueinander liegen, desto höher ist die

FRET-Effizienz. Ein Anwendungsbeispiel für FRET ist bei der Aufklärung von Signaltransduktionswegen.

10. Durchflusszytometrie

EXTA ANFORDERUNG Der Begriff Durchflusszytometrie beschreibt ein Verfahren, das in der Biologie

und in der Medizin zur Anwendung kommt. Das Prinzip der Untersuchung beruht auf der Emission von

14

15

16

Technologisches Arsenal der Molekularbiologie -I

Grundanforderung 13. Vorlesung Boldogkői Zsolt ©

1

0

optischen Signalen seitens der Zelle, wenn diese einen monochromatischen Laserstrahl passiert. Hierbei

werden die in einer Lösung befindlichen Zellen durch eine Kapillare gesaugt und passieren im Sensormodul

einzeln einen Laserstrahl. Die Zellen streuen einen Teil des Lichts, welches mittels Detektoren

nachgewiesen wird. Die Menge des gestreuten Lichts korreliert mit der Größe der Zelle und mit ihrer

Komplexität. Zugleich mit dem gestreuten Licht kann man im Durchflusszytometer Fluoreszenzfarben

messen. Man verwendet fluoreszente Farbstoffe, die an bestimmte Bestandteile der Zellen binden. Auch

Antikörper, die mit Fluoreszenzfarbstoffen markiert sind, können verwendet werden. Die Antikörper sind

meist gegen bestimmte Oberflächenproteine gerichtet. Nach Markierung kann dann auch die Sortierung nach

diesen Merkmalen erfolgen. Durch Einsatz von verschiedenfarbigen Lasern und vor allem Filtern kann die

Anzahl der einsetzbaren Farbstoffe und damit die Informationsdichte erhöht werden. Das

Durchflusszytometer besteht aus: (1) Durchflusszelle, durch welche die Zellsuspension in einem sehr dünnen

Strahl geleitet wird. Hier findet die Messung statt. (2) Lichtquelle, meist mehrere Laser, aber auch Xenon-

oder Argonlampen können verwendet werden. (3) Filter zur Auftrennung der Fluoreszenzsignale auf

verschiedene Detektoren. (4) Detektore. In der Regel werden Photomultiplier verwendet, um die

eingehenden Signale zu verstärken. (5) Computer. Die Durchflusszytometrie wird in der Klinik für die

Routinediagnostik unter anderem in der Hämatologie (z.B. für die Diagnose von Läukemie), Infektologie

und Immunologie eingesetzt. Ein weiteres groβes Einsatzgebiet der Durchflusszytometrie stellt die

medizinische und zellbiologische Grundlagenforschung dar. Auβerdem wird dieses Verfahren auch in der

Biotechnologie verwendet, z.B. um Spermazellen mit dem Geschlechtschromosom X und solche mit dem

Chromosom Y voneinander zu trennen.

11. FACS

EXTA ANFORDERUNG FACS (Fluorescence-activated cell sorting; Fluoreszenz-aktivierte

Zellsortierung) FACS ist eine Variante der Durchflusszytometrie für die Auftrennung von biologisch

heterogenen Zellpopulationen. In der FACS-Maschine gibt es eine Einheit, die die Zellen sortieren kann.

Wörterbuch

Autoradiographie bezeichnet die Sichtbarmachung einer chemischen Komponente durch radioaktive

Isotope durch Schwärzung eines Röntgenfilmes. Die dabei erhaltene Aufnahme wird Autoradiogramm

genannt.

Epitop (anders Antigendeterminant) ist der Teil der Makromolekülen, welches von dem Immunsystem

erkannt wird.

Hierarchieebenen und die sich damit beschäftigenden Wissenschaften: Ökosystem, Populationen:

Ökologie; Organismus, Organen, Geweben: Physiologie; Zellen: Zellbiologie; Makromoleküle: molekulare

Biologie, Moleküle: Chemie; Atome, subatomische Partikel: Kvantumphysik.

17