Tessiner Burka-Verbot: Die Schleier fallen erst im nächsten Jahr - NZZ Schweiz

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  • Tessiner Burka-Verbot

    Die Schleier fallen erst im nchstenJahrDie Tessiner haben sich 2013 fr ein Verhllungsverbot ausgesprochen.Dieses betrifft auch muslimische Touristinnen, die zur regionalenWertschpfung beitragen die Hoteliers sind daher besorgt.

    Der Ramadan ist Mitte Juli zu Ende gegangen. Seither sind auch im Tessinwieder verschleierte muslimische Touristinnen zu sehen. Dies vor allem inLuganos Luxus-Einkaufsmeile Via Nassa und im Outlet-Center Foxtown inMendrisio. Anderswo treten Frauen mit Nikab oder gar Burka eigentlich nichtin Erscheinung. Denn die im Sdkanton dauerhaft ansssigen Musliminnentragen in der ffentlichkeit keine Gesichtsschleier.

    Aber drfen die Touristinnen im Tessin noch ihr Gesicht verhllen, fragensich erstaunt viele Einheimische. Denn 65,4 Prozent der Tessiner hiessen2013 einVermummungsverbotim ffentlichen Raum gut. Es soll in der Kantonsverfassung verankert seinund den Zusatz enthalten, dass keine Person wegen ihres Geschlechts dasGesicht verhllen muss. Damit zielt dieses Verbot genauso stark aufverschleierte Frauenwie auf randalierende Hooligans ab.

    Klientel, die gerne einkauftDie Antwort auf die Frage der erstaunten Passanten ist einfach: DerGesetzesartikel ist noch in Ausarbeitung. Im September werde mit weiterenAnhrungen und der Erstellung eines Berichtes fortgefahren, erklrt AndreaGiudici. Der FDP-Grossrat ist Prsident der zustndigen Rechtskommissionund kann noch nicht sagen, wann der neue Gesetzesartikel in Kraft tritt.Giudici geht davon aus, dass sich die Kantonsparlamentarier sptestens imFrhling 2016 ber den ausgearbeiteten Entwurf beugen.

    Grosse Sorge bereitet das Vermummungsverbot den Hoteliers. Die aus denGolfstaaten kommenden Touristinnen und ihre Familien seien bedeutsam frden Sdkanton, sagt Lorenzo Pianezzi, Prsident von Hotelleriesuisse Ticino.Laut seinen Worten gibt sich diese Klientel gerne Shopping-Freuden hin,bleibt drei bis vier Nchte und gibt pro Tag und Person bis zu 500 Frankenaus. 2014 wurden mit 40 000 bernachtungen 8000 mehr als im Vorjahrverzeichnet, was die Touristen aus den Golfstaaten zu einem wichtigenWertschpfungsfaktor macht. Dies besttigte auch die Mitbesitzerin desOutlet-Centers Foxtown, Giorgia Tarchini, gegenber dem Radio deritalienischen Schweiz: Besagte Klientel trage mehr als 8 Prozent zum Umsatzbei. In Tarchinis Augen erhht das Verhllungsverbot das Risiko, die Kunden

    von Peter Jankovsky, Bellinzona21.8.2015, 05:30 Uhr

    Tessiner Burka-Verbot: Die Schleier fallen erst im nchsten Ja... http://www.nzz.ch/schweiz/die-schleier-fallen-erst-im-naechst...

    1 von 2 21.08.15 10:16

  • aus den Golfstaaten zu vergraulen. Das werde wohl die ganze TessinerWirtschaft zu spren bekommen.

    Gemss Pianezzi msste zwischen Touristinnen und im Tessin domiziliertenFrauen unterschieden werden. Wer den Sdkanton fr einige Tage besuche,den solle das Gesetz nicht in seinem persnlichen Glauben beeintrchtigen zumal die Zahl der Touristinnen mit verhlltem Gesicht allmhlich schwinde.Lega-Staatsrat Norman Gobbi, Chef des Tessiner Justiz- undPolizeidepartements, hlt dagegen:Persnlichkeitsrechte und Religionsfreiheitwrden nicht verletzt. Rckendeckung erhlt er vom nationalen Parlament,das im Tessiner Verhllungsverbot keinen Verstoss gegen Bundesrecht sieht.Zudem beruft sich Gobbi auf den Europischen Gerichtshof: Dieser urteilte2014, das franzsische Vermummungsverbot an diesem orientiert sich jenesim Tessin sei menschenrechtskonform. Gemss KommissionsprsidentGiudici gilt das neue Gesetz fr alle und sieht keine Ausnahmen frTouristinnen vor. Dem stimmt Gobbi zu und schliesst schmerzhafte Folgenfr die Tessiner Wirtschaft aus. In Frankreich habe es auch keine gegeben.

    Bleibt die Frage, wo der ffentliche Raum beginnt. Pianezzi bezweifelt, dassder Kleiderkodex in Privathusern und somit auch in Hotels gesetzlichgeregelt werden drfe. Tarchini erwhnt zudem die Mglichkeit,Ladenflchen vom Verhllungsverbot zu verschonen. Giudici verwirft all dies:Fr Einkaufszentren, Restaurants und Hotels gebe es keine Ausnahmen.nderungen schliesse er aber nicht aus, wenn sich hierfr eine Mehrheit imGrossen Rat fnde.

    Bis zu 1000 Franken BusseLaut Pianezzi werden die Hoteliers ihre muslimischen Gste nicht berkantonale Dresscodes informieren. Dies sei nicht ihre Aufgabe. Doch wiewird das Verhllungsverbot durchgesetzt? Laut Giudici knnen die Beamtender Gemeindepolizeien Personen mit einer Geldstrafe von 100 bis 1000Franken belegen. Ob die Schleier sofort fallen mssen, bleibt unklar.Immerhin knnte der Wiederholungsfall zu einer guten Geldquelle fr dieGemeinden werden.

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