Thema Südamerika - Gernot L. · PDF fileSYNESIS-Magazin Nr. 5/2009 17 Thema Südamerika Gernot L. Geise Die Inka-Anlagen um Cuzco Im Vergleich zu Bolivien (La Paz) (siehe SYNESIS-Magazin

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    Thema Sdamerika

    Gernot L. Geise

    Die Inka-Anlagen um Cuzco

    Im Vergleich zu Bolivien (La Paz) (siehe SYNESIS-Magazin Nr. 4/2009) liegt Cuzco im Huantanaytal wesentlich nrdlicher und mit 3360 m auch nicht ganz so hoch. Demgem ist die Hhenluft fr Europer etwas besser vertrglich.

    Cuzco bedeutet in Quechua, der Sprache der Inka, Nabel der Welt. Man knnte sich allerdings fragen, wie-so die Welt so viele Nabel hat? Cuzco ist eine nette Kleinstadt mit etwa 300.000 Einwohnern, die ganz vom Kolonialstil der spanischen Eroberer geprgt ist. Ursprnglich war Cuzco eine Inka-Metropole. Davon zeugen noch die zahlreichen in der Umgebung liegen-den Inka-Anlagen mit ihrem typischen Baustil. Angenehm aufgefallen ist mir die Sauberkeit der Straen, Pltze sowie der Sehenswrdigkeiten.

    In der Nhe des Plaza de Armas be-fi ndet sich eine sogenannte Inka-Stra-e, die angeblich von den Inka angelegt wurde. Zumindest eine Seite der Strae wird durch eine lange Inka-Mauer begrenzt, die man als Grundmauer fr die dortigen Huser verwendet hat. Die Mauer besteht aus unterschiedlich groen Steinblcken, die in Inka-Tech-nik ineinander verzahnt sind.

    Sacsayhuaman (Sdseite)

    Die Festung Sacsayhuaman (Saq-saywaman) wurde von den Inka auch Haus der Sonne genannt. Sie liegt wie eine Bhne nur etwa zweihun-dert Meter ber dem nur rund drei Kilometer entfernten Stadtkern. Ich mchte es vermeiden, in die gigan-tische Zickzackmauer irgendwelche mythologischen Tiere hineinzudeuten, die man selbst mit Fantasie nicht er-kennen kann, wie es von den diversen Reisefhrern gemacht wird.

    Die Festung ist wirklich riesig, die Mauern bis zu vier Meter hoch und Inka-typisch ineinander verzahnt. Hier sind auch die riesigen zyklopischen Monolithblcke verbaut, die teilweise bis zu achtzig Tonnen wiegen sollen. Wie auch in gypten ist es hier bisher

    Cuzco, Inkastrae

    Cuzco, Plaza de Armas

    ungeklrt, wie die Inka diese mch-tigen Steinblcke transportiert haben knnten. Ebenso ungeklrt ist bisher die Frage, wie sie es fertigbrachten, diese in einem komplizierten System sauber zu verschachteln. Allerdings scheint es sich m. E. um zwei verschiedene Tech-nologien zu handeln. Als die Inka das Land in Besitz nahmen, scheinen die

    Anlagen mit den gigantischen Blcken wohl schon gestanden zu haben, wobei es im Dunkel der Geschichte liegt, wer die eigentlichen Bauherren waren. Die Inka bernahmen die Reste (?) der megalithischen Anlagen und ergnzten diese durch Einfgungen und Errich-tung neuer oder zustzlicher Mauern, die zwar eine gewisse hnlichkeit mit

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    den Gigant-Block-Verzahnungen aufwei-sen, aber bei Weitem kleinere Steinblcke enthalten. Dieser Unterschied zwischen den monstrsen Riesenblcken und den eigentlichen Inka-Bauten ist bei allen alten Anlagen relativ deutlich erkennbar. Wer war also diese Vorkultur, deren Bau-Ingenieure es offensichtlich ein Leichtes war, auch schwerste Gesteinsblcke ex-treme Steigungen auf hchste Berggipfel zu befrdern und so zu bearbeiten, dass sie perfekt ineinander passen?

    Im Inka-Museum in Cuzco hngt an einer Wand ein schn buntes, groes Gemlde, das darstellt, wie die Inka Steinblcke gehauen und anschlieend zu den verschiedenen Baustellen ge-schafft haben sollen. Ich fhlte mich unwillkrlich an gypten erinnert, denn dort erzhlt man ber den Abbau und Transport exakt denselben Unsinn: Mit runden (!) Steinbrocken und bestenfalls einigen Kupfermeieln und Holzschle-geln sollen die Inka (wie auch die gyp-ter) die groen Steine in Steinbrchen gebrochen und sie dann auf quer gelegten Hlzern hau ruck! mittels Seilen zur Baustelle hochgezerrt haben. Wie in gypten, mit dem einzigen Unterschied, dass die gyptischen Steinblcke tatsch-lich rechteckig bearbeitet waren. Die Inka hingegen verbauten nur in Ausnah-mefllen rechteckige Steinblcke, auch wenn auf dem Bild solche dargestellt sind! Dafr mussten in Sdamerika H-henunterschiede berwunden werden, wie es sie im fl achen gypten niemals gab. Merkt denn niemand, welcher Un-sinn hier verbreitet wird?

    Von den eindrucksvollen Mauern sieht man nur die prachtvolle Vorder-ansicht mit der abgerundeten, geglt-teten Front und denkt, dass die Steine rundum bearbeitet seien. Tatschlich sind aber nur die sichtbare Front und teilweise Seitenteile bearbeitet. Die rckwrtigen Teile der Blcke wurden nur grob zurechtgehauen, was man an wenigen Stellen feststellen kann, wo Steine aus der Mauer herausgebrochen sind.

    Ebenso verhlt es sich mit der immer wieder kolportierten Behauptung, die Zwischenrume zwischen den einzel-nen Steinen seien so eng, dass man kein Messer dazwischen schieben knne. Diese Behauptung ist defi nitiv falsch. Sicherlich gibt es auch Steinblcke, die wirklich glatt auf anderen Steinbl-cken aufl iegen. Hier trifft die Behaup-tung zu. Allerdings nur fr eine Seite, niemals fr alle! Tatsache ist, dass die

    Derselbe Unsinn wie in gypten: So sollen die Inka mit Faustkeilen die Steinblcke gebrochen und an-schlieend auf quer gelegten Hlzern mittels Seilen zur Baustelle gezerrt haben. Zu beachten: Auf dieser Darstellung im Inka-Museum in Cuzco bearbeiten die Inka die Steinblcke rechteckig. In Wirklichkeit verbauten sie allerdings nirgends Rechteckblcke.

    Die Zyklopenmauern von Sacsayhuaman.

    Der Autor an der Megalithmauer von Sacsayhuaman.

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    Zwischenrume zwischen den Blcken locker bis zu fnf Zentimeter und mehr ausmachen, bei greren Steinblcken mehr, bei kleineren weniger. Das mag am Alter liegen, und vielleicht haben diese Mauern auch schon das eine oder andere Erdbeben berstehen mssen, weshalb die einzelnen Steinblcke dann etwas auseinander rutschten. Exakt auf allen Seiten passende Steinblcke ohne Zwischenrume fi ndet man nur in gypten.

    Das soll jedoch nicht die Meister-leistung der Inka relativieren, solche Gigant-Mauern gebaut (oder zumindest genutzt und ausgebaut) zu haben. Die Verschrnkung der einzelnen Blcke diente wohl (erfolgreich?) dazu, die Mauern erdbebensicher zu machen, und sie stehen ja auch noch, abgesehen von den Zerstrungen durch die spanischen Eroberer.

    Betrachtet man sich in der Sacsay-huaman-Anlage die groen Steinblcke genauer, so fallen mir gleich mehrere Details auf: Es gibt eine Reihe Bl-cke, die aussehen, als ob das Gestein beim Bau relativ weich gewesen sei, man erkennt hnlich wie in gypten (Assuan, der unvollendete Obelisk) Stellen, die aussehen, als ob der Stein-block mit einer Art Schaber in weichem Zustand zurechtgeschabt worden sei und erst danach ausgehrtet sei. Es drngt sich mir hierbei immer wieder der Eislffelchen-Vergleich auf. Solche Bearbeitungsspuren sieht man auch in Tiahuanaco (Bolivien).

    Weiterhin fi ndet man an relativ vie-len Steinblcken die brusthnlichen (und groen) Ausstlpungen, die mir schon in gypten (Mykerinos-Pyramide und Satellitenpyramiden) und in Boli-vien aufgefallen sind, und die hier wie dort absolut keinen Sinn ergeben, denn sie ntzen zu nichts! Zum Transport der Steine kann man sie nicht nutzen, denn jedes Seil wrde abrutschen. Knnte es etwa sein, dass es sich hierbei um An-satzstcke (Gusszapfen) von fl ssigem Gesteinsbrei handelte? Wir kennen von unserer Technik Plastikteile, an denen (allerdings wesentlich kleiner als an den Gesteinsblcken) die Ansatzstcke (Gusszapfen) ebenfalls noch erkennbar sind, dort, wo die Zufhrungen fr das spter ausgehrtete Plastikteil einfach abgebrochen wurden.

    Ein weiches verarbeitetes Gesteins-material wrde auch erklren, warum die Steinblcke nicht glatt bearbeitet wurden. Sie quollen unter ihrem Ge-

    Kam bei dem Steinblock in der Bildmitte die Eislffelchen-Technik zum Einsatz?

    Dieser Felsblock wurde mit der Stockhammer-Methode nachbearbeitet.

    Hier sehen wir wieder eine dieser unerklrlichen Ausstlpungen, die so vllig ohne Sinn und Zweck sind.

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    wicht etwas hervor und bildeten dabei die kissenartigen Oberfl chen aus, be-vor sie aushrteten.

    Weiterhin stellte ich fest, dass an einer Reihe der riesigen Monolithblcke offenbar mit der Stockhammer-Methode nachgeholfen (geglttet?) wurde. Die be-arbeiteten Bereiche erstrecken sich jedoch nicht ber die gesamten Blcke, sondern immer nur ber Teilfl chen, whrend der Rest mit einer anderen Technologie (vor-her?) geglttet wurde. Andererseits fi ndet man nirgends, egal ob in Sacsayhuaman oder anderen Inka-Anlagen, irgendwel-che Einritzungen, die als Bilder oder gar Schriften gedeutet werden knnten. Das mag einer der Grnde sein, weshalb man eigentlich so wenig ber die Inka und ihre Anlagen wei.

    Es ist auffllig, wie sauber die Sacsay-huaman-Anlage gehalten wird, sogar mit Rasenmhern wird der zwischen den Mauern wachsende Rasen kurz gehalten.

    Sacsayhuaman (Nordseite)

    Der nrdliche Teil der Anlage, der vom sdlichen durch eine Rasenfl che von der Gre einiger Fuballfelder getrennt ist, hat auf den ersten Blick berhaupt nichts mit der Inka-Anlage oder berhaupt mit den Inka zu tun. Die felsigen Hgel dort sind sanft abge-rundet und zeigen ein Riefenmuster, das sich lngs ber die Felsen erstreckt. An-geblich sieht man hier die Hinterlassen-schaften von irgendwelchen Gletschern oder Eiszeiten, die sie erzeugt htten. Zumindest sehen diese Muster hchst ungewhnlich aus. Auf halber Hhe dieser Hgel wurden dann (es sollen die Inka gewesen sein) rechteckige Aus-schachtungen hinein geschnitten.

    Weiter nordstlich liegt dann ein - wie es von auen aussieht - Gerllhau-fen aus mchtigen Gesteinsbrocken, die wirken, als ob sie nicht mehr zu benut-zen und deshalb hierher gekarrt worden wren. Diese Annahme tuscht natr-lich, denn beim Nherkommen erkennt man, dass es sich um Felsen handelt, die teilweise eine Gre von locker zehn Metern und mehr aufweisen. Dass sie bearbeitet sind, erkennt man auf den ersten Blick nic