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Reisebericht von Jonas Stenger

Reisebericht von Jonas Stenger · Über Nazca nach Cuzco… Als erstes großes Highlight der Reise hatte ich mir Cuzco, die ehemalige Hauptstadt des Inca-Reichs ausgesucht. Nach einem

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Reisebericht von Jonas Stenger

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Drei Wochen durch Südamerika….

…waren gespickt mit Erfahrungen, Eindrücken, Verwunderung, Enttäuschungen und einfach mit wunderschönen Momenten! Insgesamt 9000 km, der Start

auf Meereshöhe und Halbzeit auf fast 5000 m über dem Meer, unzählige Nationalparks, Wüsten, Urwald, Stadtdschungel sowie der höchstgelegene

schiffbare See der Welt: Das alles kann und will ich auch gar nicht geordnet wiedergeben, sodass ich die Eindrücke vor allem durch Bilder und dazugehörige

Erläuterungen wieder geben will. . Es geht mir auch nicht um eine detaillierte und vollständige Darstellung meiner Reise, dies hätte den Rahmen gesprengt,

sondern darum, das Schönste und Eindrucksvollste kompakt zu veranschaulichen.

Die Reiseroute orientierte sich vor allem an dem obligatorischen Zwischenseminar für alle Südamerikafreiwilligen meiner Trägerorganisation Weltweite

Initiative für soziales Engagement e.V. welches vom 10. Bis zum 19. März in Cochabamba, Bolivien stattfand. Getreu dem Motto „wenn man schon mal dort

ist…“ bereiste ich also zunächst Peru, um dann die Grenze nach Bolivien zu überqueren und dort dann mit einigen Umwegen über diverse

Sehenswürdigkeiten und WGs anderer WI-Freiwilligen den Seminarort zu erreichen. Die Reise führte mich als von Lima über Nazca nach Cusco, hoch nach

Machu Picchu, von Cusco weiter nach Copacabana auf der bolivianischen Seite des Titicacasees. Weiter ging es nach El Alto, Coroico und zum Karneval nach

Oruro ehe es mich ungeplant in das kleine Mienendorf Llallagua verschlug. Danach wurde Cochabamba erreicht, wo ich mich fast zwei Wochen aufhielt um

dann eine spektakuläre Blitz-Rückreise nach Buenos Aires anzutreten!

Auch in diesem Reisebericht sei angemerkt, dass alle Erfahrungen und Eindrücke die ich in Peru und Bolivien gesammelt habe meine eigenen

Wahrnehmungen sind und nicht als unumstößliche Wahrheit aufgefasst werden darf. Ich hoffe aber trotzdem, dass ich mit diesem Bericht diese beiden in

Deutschland doch recht unbekannten Länder etwas näher bringen kann.

Nun wünsche ich aber viel Spaß beim Lesen des Reiseberichts und bedanke mich für euer Interesse!

Bild Deckblatt: Die Inka-Ruinen von Pisac ca. 30 km östlich von Cuzco; eine heilige Stadt der Inkas, da sie glaubten dort sei an einem Felsen die Sonne

festgebunden!

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Lima,

die Stadt der Könige, war also meine erstes Ziel. Nach einem siebenstündigen Flug von Buenos Aires über Santiago de Chile kam ich also an meinem ersten Ziel

an um dort 3 Tage „couchsurfend“ zu verbringen. Hier sieht man die Plaza de Armas im historischen Zentrum von Lima. Das Zentrum und die reichen

Stadtviertel San Isidro und Miraflores (Bild 1 und 2) wirken sehr sauber und geordnet, verlässt man allerdings die ausgetretenen Touristenpfade sieht man das

wahre Gesicht Limas: bittere Armut, Kinder die Schwerstarbeit verrichten und Menschen am Existenzminimum(Bild 3: Elendsviertel, die sich die Berghänge

hinaufziehen). Hier durfte ich auch das erste mal die Erfahrung machen, als Europäer bzw. Weißer richtig aufzufallen. Allein an meinem erstenTag in Lima bin

ich fünf mal von wildfremden Menschen auf offener Straße angesprochen und in ein Gespräch verwickelt worden. Und das alles ohne böse Hintergedanken.

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Über Nazca nach Cuzco…

Als erstes großes Highlight der Reise hatte ich mir Cuzco, die ehemalige Hauptstadt des Inca-Reichs ausgesucht. Nach einem kurzen Blick auf die Karte suche ich mir die kleine Wüstenstadt Nazca als Zwischenstopp aus, da ich keine 35 Stunden nach Cuzco durchfahren wollte. Nazca ist vor allem bekannt durch die sogenannten „Linien von Nazca“: Ein riesiges System aus Scharrbildern und bis zu 20 km langen Linien mitten in der Wüste welches zwischen 800 v. Chr. und 600 n. Chr. entstand und bis heute erhalten blieb. Leider kann man die meisten Bilder und Linien nur vom Flugzeug aus sehen und die Flüge die in Nazca angeboten werden sind alles andere als sicher und dazu noch sehr, sehr teuer, da die ganze Stadt von Touristen nur so überrannt wird. So beließ ich es bei einer Tour durch die Wüste mit dem Auto, was auch sehr beeindruckend war, doch an einen Rundflug natürlich nicht herankam. Planmäßig verließ ich Nazca dann am selben Abend wieder Richtung Cuzco, wo ich nach einer 25-

stündigen Fahrt und mehreren 4000m hohen Andenpässen dann auch heil ankam. Beim Aussteigen aus dem Bus lernte ich auch gleiche meine Gefährtin Daniela für die nächste Woche kennen, welche auch aus Buenos Aires kommt, allerdings Chilenin ist. Da sie ungefähr die gleichen Pläne für Cuzco und Umland hatte machten wir uns auch gleich daran, selbiges zu erkunden. Cuzco an sich ist eine wunderschöne, gut erhaltene Stadt aus der Kolonialzeit, allerdings scheinbar auch die Welthauptstadt der Rucksacktouristen, was dann doch ein wenig stört, wenn man die Stadt authentisch kennen- lernen will (ich weiß, wer im Glashaus sitzt…). Dennoch gab es noch das ein oder andere Fleckchen, an dem man mit der einheimische Bevölkerung in Kontakt kam.

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Valle Sagrado und Machu Picchu

Kurz & Knapp: Peru – Zahlen und Fakten

Peru ist ein Staat im westlichen Südamerika, der im Norden an Ecuador und Kolumbien, im Osten an Brasilien sowie im Süden an Bolivien und Chile grenzt und mit etwa 1,3 Millionen Quadratkilometern mehr als dreimal so groß wie Deutschland ist. Landschaftlich besteht Peru aus der Küste, die durch große Wüsten und extreme Trockenheit geprägt ist, sowie aus dem sich nah an der Küste entlang ziehenden Andengebirge. Zwei Drittel des Staatsgebietes machen jedoch Regen –und Nebelwald aus, die bis heute sehr unberührt und unerschlossen sind. Die ungefähr 28 Millionen Einwohner des Landes setzen sich aus etwa 45 % indianischer Bevölkerung, 37 % Mestizen und etwa 15 % Nachfahren europäischer Einwanderer zusammen. Mit einem monatlichen Durschnitts-Pro-Kopf-Einkommen von etwa 324 US-Dollar ist Peru von großer Armut geprägt, im Vergleich zu Bolivien allerdings wesentlich weiter entwickelt. Amtssprachen sind neben Spanisch, das von 80 % der Bevölkerung als Muttersprache gesprochen wird, außerdem die indigenen Sprachen Ketschua und Aymara.

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Weiter nach Bolivien Das Valle Sagrado (heilige Tal) und Machu Picchu sind wohl die bekanntesten Sehenswürdigkeiten Perus, wenn nicht sogar Südamerikas und das auch vollkommen zu recht. Wunderschöne Landschaften und wirklich erstaunliche Konstruktionen in atemberaubender Höhe (im wahrsten Sinne des Wortes) sind die Anstrengungen und auch die ziemlich hohen Eintrittspreise auf jeden Fall wert. Da Daniela und ich allerdings nur mit „normalen“ Bussen und ohne Reiseagentur unterwegs waren, konnten wir einiges an Geld sparen und nebenbei das peruanische Landleben hautnah erleben. Hierbei spürt man wieder die extremen Unterschiede in Peru. Kommt man eben noch aus der wunderbaren Touristenwelt Cuzcos,

ist man 20 Minuten später in einem Dorf für das „mittelalterlich“ wohl die treffende Bezeichnung ist. Lehmhütten, kein Strom, kein Wasser, Kinder die in Müll und Dreck spielen: Die bittere Realität für die meisten Peruaner. Nach fast einer Woche in Cuzco und Umgebung war es dann an der Zeit sich zu trennen, da Daniela und zwei Freundinnen von ihr, die wir zufällig in Machu Picchu trafen weiter nach Arequipa reisten und ich als nächstes Ziel Copacabana in Bolivien am Titicacasee auf dem Plan hatte. So fuhr ich dann mit einem recht abenteuerlichen Bus, rund 2 Stunden verspätet („Tut mir Leid, Sie sind der einzige Fahrgast, daher fährt der erste Bus nicht. Warten Sie einfach 2 Stunden auf den Nächsten.“) zunächst nach Puno um dort dann in einen Minibus umzusteigen und die Grenze nach Bolivien zu überqueren. Der Grenzübertritt war dann auch leichter als befürchtet und dauerte nur etwa 45 Minuten, sodass das Ziel Copacabana schnell erreicht wurde. Am nächsten Tag erkundete ich den Titicacasee und die Isla del Sol, welche als Geburtsstädte der Inka-Kultur gilt, mit dem Boot. Bei wunderbarem Wetter lernte ich wieder einige nette Menschen kennen und bin jetzt auf einen kleinen Besuch in Santiago de Chile sowie zum Kitesurfen in Lübeck eingeladen. Eigentlich wollte ich nur zwei Nächte am Titicacasee bleiben, aber ein bolivienweiter Streik der Busfahrer macht mir einen Strich durch Rechnung. So blieb mir nichts anderes übrig, als einen weiteren Tag in Copacabana zu verbringen, den ich jedoch mit zwei sehr netten Mittvierzigern aus München verbringen durfte, welche die ein oder andere doch recht amüsante Anekdote von ihren Reisen zum Besten geben konnten. Am Abend erbarmte sich dann doch ein Busfahrer nach La Paz zu fahren, ich ergatterte ein Ticket und einen Platz im Bus, doch da dieser nach 3 km am ersten Streikposten mit Steinen beworfen wurde drehten wir doch nochmal um und blieben die Nacht dort.

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La Paz und El Alto Nach einigen höhenbedingten Beschwerden kam ich schlussendlich doch in La Paz, dem zwischen 3100 Meter und 4100 Meter höchstgelegenem Regierungssitz und zusammen mit dem ehemaligen Armenviertel El Alto auch noch die höchstgelegene Millionenstadt der Welt an. In ebendieses ehemalige Armenviertel El Alto, was nichts anderes als „der Hohe“ bedeutet, zog es mich dann auch gleich, da dort fünf meiner Mitfreiwilligen von der Weltweiten Initiative für soziales Engagement e.V. wohnen. So konnte ich La Paz und El Alto auch etwas besser kennenlernen und sah alle Gesichter der Stadt bzw. der zwei Städte. La Paz, und vor allem das Zentrum von La Paz welches ganz unten im Talkessel der Stadt liegt, ist geprägt von Villen im Kolonialstil, sauberen Straßen und einem gepflegten Gesamtbild. Umso weiter man dann die Berghänge nach oben fährt wird es aber immer ärmer bis man schließlich im ehemaligen Armenviertel El Alto angekommen ist, was dann komplett auf der Hochebene liegt. Bei den Einwohnern El Altos handelt es sich fast ausschließlich um Menschen indigener Herkunft die vom bolivianischen Land in die Stadt geflüchtet sind und sich dort ein besseres Leben erhofften. El Alto ist außerdem das politische Zentrum der Resistenzbewegung der indigenen Bevölkerung und hat vor allem im reicheren („weißen“) Süden des Landes einen schlechten Ruf als Unruhezentrum des Landes.

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El Choro Treck Da Simon, ein El Alto Freiwilliger von WI e.V. zur Zeit meines Aufenthalts gerade Besuch zweier Freunde aus Deutschland hatte und diese eine „kleine“ Wanderung vor hatten, schloss ich mich kurzerhand an. So ging es dann frühmorgens von La Paz aus mit dem Bus bis nach La Cumbre, eine Passstraße Richtung Coroico, einem kleinen Ort in den Yungas, die steil abfallenden, dschungelähnlichen Nordausläufer der Anden. Von La Cumbre, auf ca. 4500 Metern gelegen, stiegen wir nach einer kurzen Registrierung im Nationalpark auf zum Abra Chucura Pass auf knapp 5000 Metern. Dort heiligten wir nach indigenem Brauch die Pachamama (Mutter Erde) und baten um Schutz und eine sichere Wanderung. Dies geschah stilecht mit dem Konsum und Verstreuen von Coca-Blättern, 96-prozentigem Alkohol, sowie echten bolivianischen Mienenarbeiter-Zigaretten (man hätte aber auch einfach puren Teer rauchen können). Nachdem man dieses wichtige Ritual hinter sich gebracht hatte begann dann die eigentliche Wanderung nach Coroico: 70 Kilometer, ca. 8000 Höhenmeter und ein Spektakulärer Landschaftswechsel von verschneitem Hochgebirge in eine üppige Dschungelvegetation mit tropischem Klima. Aber hier lasse ich nun die Bilder sprechen.

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Der Karneval von Oruro und Kurzbesuch in LLallagua Einen Tag nach der Rückkehr aus Coroico (übrigens über die ehemals gefährlichste Straße der Welt, auch bekannt als „The Death Road“) fuhren wir, alle El Alto Freiwillige, einige Mitarbeiter des Projekts „Inti Paxi“, Simons Freunde und ich nach Oruro. Oruro ist 11 Monate im Jahr ein verschlafenes Städtchen, aber jedes Jahr zur Karnevalszeit platzt sie aus allen Nähten. Hier wird nämlich, nach Rio de Janeiro, der zweitgrößte Karneval der Welt gefeiert. Die Hauptkarnevalswoche, genannt Diablada, wurde sogar von der Unesco in die Liste der Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit aufgenommen. Sie wird mit kunstvoll geschnitzten, bunten Holzmasken in Form von Teufelsfratzen und spöttischen Anspielungen auf die weißen Sklaventreiber der Kolonialzeit gefeiert. Zehntausende Besucher kommen in die Stadt um sich die Karnevalsumzüge anzusehen, mitzufeiern, sich gegenseitig mit Sprühschaum einzuseifen oder auch einfach nur sich mal so richtig schön volllaufen zu lassen, wobei wir das ja auch aus Deutschland kennen. Dennoch war es recht erstaunlich, die Bolivianer so ausgelassen feiern zu sehen, da ich sie bisher als sehr zurückhaltend und verschlossen, bisweilen auch rassistisch weißen Gringos wie mir gegenüber kennen gelernt hatte. Natürlich war ich es nicht gewöhnt rassistisch beleidigt zu werden, aber wenn man sich näher mit der gesellschaftlichen Situation in Bolivien befasst kann man den Rassismus bzw.das Misstrauen weißen Menschen gegenüber durchaus verstehen. Mehr als die Hälfte der Bolivianer sind indigener Herkunft (hauptsächlich Aymara und Quechua), dazu kommen 30 Prozent Mestizen und ca. 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung sind Weiße, meist Nachfahren der ehemaligen spanischen Kolonialmacht. Bis heute ist die bolivianische Gesellschaft von der Kolonialzeit geprägt: Das mit seinen Bodenschätzen einst eines der reichsten Länder der Welt ist heute ausgebeutet. Silber, Gold und Zinn wurden natürlich nach Europa gebracht und dort verprasst. Weiße Großgrundbesitzer dominieren bis heute die bolivianische Wirtschaft und lassen ihre indigenen Arbeiter unter Bedingungen arbeiten, die der Sklaverei nicht nur ähnlich sind. 10 Prozent der Bevölkerung besitzen 40 Prozent des Gesamtvermögens, zwei Drittel der Menschen leben in Armut, 40 Prozent sogar in extremer Armut, haben also weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag. Das größte Problem jedoch ist, dass die indigene Bevölkerung immer noch die gesellschaftlich unterste Schicht darstellt. Auch wenn in Bolivien 2006 mit Evo Morales der erste Präsident Südamerikas indigener Herkunft gewählt wurde, kann man noch lange nicht von einer Gleichberechtigung aller ethnischen Gruppen sprechen – kurz gesagt: das Erbe der mehr als 500 jährigen Unterdrückung der indigenen Bevölkerung durch eine weiße Oberschicht prägt in Bolivien immer noch die soziale Struktur. Natürlich möchte ich hier nicht generalisieren, ich habe auch viele sehr nette Bolivianer kennen gelernt, doch das Gefühl der Ablehnung mir gegenüber blieb. Es verstärkte sich dann noch bei dem Besuch des kleinen Mienenstädtchens Llallagua im Bezirk Potosí, der für seinen Bergbau weltbekannt ist. Ludvin, der Gründer des „Inti Paxi“, kommt aus Llallagua und so statteten wir seiner Familie dort einen Besuch ab. Hier sind wir dann tatsächlich aufgefallen wie der sprichwörtliche bunte Hund, da die Bewohner der Stadt sonst zu 100 Prozent indigener Herkunft sind. Die meisten machten sich hier aber über das Grüppchen Weiße nur lustig, bösartigere Beleidigungen blieben zum Glück größtenteils aus. Nur der Argentinienfreiwillige der Gruppe war ein allseits beliebtes Ziel für Gespött und billige Scherze, da er mit seinem argentinischen Akzent immer wieder für Erheiterung sorgte (Vor allem beim Ortsnamen Llallagua: Der Bolivianer sagt „Jajagua“, der Argentinier allerdings „Schaschagua“).

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Die Bilder auf den folgenden Seiten sind von meiner lieben Mitbewohnerin Hannah, da ich meine Kamera nicht mit auf den Karneval genommen habe. Danke hierfür!

Kurz & Knapp: Bolivien – Zahlen und Fakten

Bolivien, das erste Land Südamerikas, das mit Evo Morales seit 2006 einen indigenen Präsidenten an seiner Spitze stehen hat, grenzt im Norden an Peru, im Osten an Brasilien und Paraguay, im Südwesten an Chile sowie im Süden an Argentinien. Etwa 1,1 Millionen Quadratkilometer ergeben eine Staatsfläche, die dreimal größer ist als Deutschland. Allerdings ist das Land mit insgesamt rund 9,34 Millionen Einwohner, wovon zwei Drittel indigener Abstammung sind, extrem unterbevölkert. Das monatliche Pro-Kopf-Einkommen eines Bolivianers beschränkt sich durchschnittlich auf etwa 100 US-Dollar, womit Bolivien nach Haiti das ärmste Land Lateinamerikas ist. Regierungssitz ist die im Altiplano, dem Andenhochland, auf knapp 4.000 Metern gelegene Stadt La Paz, Hauptstadt hingegen ist Sucre, die weiße Stadt, die ihren Namen aufgrund ihrer gut erhaltenen Gebäude aus der spanischen Kolonialzeit erhalten hat. Die Anden, das längste Kettengebirge der Welt, zieht sich mit einem Anteil von etwa einem Drittel durch den Westen des Landes. Ansonsten ist Bolivien durch fruchtbares Land im Südosten, die Pampa, und durch das Amazonasbecken bzw. den Regenwald im Nordosten geprägt, in den die Bergnebelwälder steil aus der Gebirge herabfallen. Desweiteren befindet sich in Bolivien mit dem Salar de Uyuni der größte Salzsee sowie mit dem Lago Titicaca der

höchstgelegene, zu Schiff befahrbare See der Welt.

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Cochabamba, Zwischentreffen und eine abenteuerliche Rückreise Von Llallagua aus ging es dann direkt nach Cochabamba, dem Ort des Zwischentreffens. Allerdings traf ich zwei Tage zu früh ein, die ich aber nutzte um mich in einer der dort ansässigen WI-WGs (Danke Jorma und David) niederzulassen, etwas auszuruhen und die Stadt kennen zu lernen. Zum Treffen selbst waren dann alle Freiwilligen aus Peru, Bolivien, Brasilien und Argentinien mehr oder weniger anwesend sowie unser „Chef“ Pablo Schickinger und zwei ehemalige Freiwillige. Letztere waren angereist um die inhaltlichen Themen des Seminars anzuleiten. Die Themenschwerpunkte lagen vor allem in der Reflexion und Evaluation des ersten halben Jahres, und weiterhin auf dem Ausblick auf die zweite Hälfte des Dienstes. Wir beschäftigten uns z. B. mit Fragen wie:

In welcher Rolle sehe ich mich selbst im Projekt? Wie sehen mich meine Mitarbeiter? Was für Unterschiede gibt es zur deutschen Kultur, was für ein Leben lebe ich im jeweiligen Gastland?

Was für Probleme habe ich bei der Arbeit mit Kindern und wie könnte ich diese lösen?

Welche Ziele setze ich mir für die noch kommenden Monate in der Projektarbeit, in der Freizeit?

Wie sieht meine Zukunft nach der Rückkehr nach Deutschland aus? Außerdem hatten wir viel Zeit uns gegenseitig über die Projekte oder besondere Situationen auszutauschen, so konnten wir viele Tipps mitnehmen und weitergeben. Es war sehr hilfreich von anderen zu hören, was für Erfahrungen sie gemacht haben, und vor allem auch einfach nur schön alle wiederzusehen und Zeit miteinander verbringen zu können – schließlich hatten sich die meisten seit Mitte August nicht mehr gesehen. Insgesamt war es eine sehr schöne Zeit, die mich viel Nachdenken ließ und auch viele neue Ideen für die Zukunft in Argentinien aber auch in Deutschland aufkommen ließ. So vergingen die 10 Tage dann auch mal wieder wie im Flug und der Tag des Abreisens war gekommen. Fast alle Freiwilligen verknüpften das Zwischentreffen mit einer anschließenden Reise. Ich war der einzige Argentinienfreiwillge der sich sofort auf den Heimweg begab und nach einigem hin und her fand ich dank Pablo den wohl angenehmsten Reiseweg. Pablo, Lisl (Bolivienfreiwillige aus Tarija) und ich flogen also von Cochabamba nach Tarija (Danke hier noch mal an Pablo) und sparten uns so ca. 20 Stunden holprige Sandpiste und wirklich sehr ungemütliche Busse. Die Nacht verbrachte ich bei Lisl in der WG (auch hier ein dickes Dankeschön) und schon um 4 Uhr morgens ging es weiter mit einem wirklich sehr abenteuerlichen Bus über eine noch viel abenteuerlichere Strecke, auf welcher der Fahrer

Bei einem traditionellen bolivianischen Aptapi...

...darf ein kleines Stück Fleisch auf argentinische Art natürlich nicht fehlen!

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doch etwas mit den Erdrutschen der vergangenen Nacht zu kämpfen hatte nach Bermejo an die argentinische Grenze. Selbige wurde dann auch zu Fuß überquert, wobei mich die argentinischen Grenzbeamten noch aufs genauste filzen und ausfragen mussten, was ich denn jetzt eigentlich in ihrem schönen Land mache. Danach ging es weiter per Sammeltaxi nach Oran, wo ich das Sammeltaxi wechselte und direkt nach Jujuy durchfahren wollte. Begleitet von einer CD mit den schönsten Modern Talking Hits hätte dies auch fast geklappt, aber der Fahrer meinte dann einfach mal auf halber Strecke, zu Mittag essen zu wollen. Da dies den anderen Mitfahrern und mir nicht so passte suchten wir uns ein anderes Sammeltaxi welches uns dann sicher nach Jujuy brachte. Eine Stunde hatte ich zum verschnaufen und erwischte sofort einen Bus nach Buenos Aires. 22 Stunden Später kam dieser auch am Retiro an und nach einer weiteren Stunde im Stadtbus war ich auch endlich wieder zu Hause. Nach schlappen 35 Stunden non-stopp unterwegs wurde es aber auch wieder Zeit. Denn wie mein Mitbewohner Patrick in seinem Bericht so treffend urteilte: „Das schönste am Reisen ist das Zurückkommen“

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Kontaktdaten

Adresse: Jonas Stenger

Emiliano Zapata 462

1828 Banfield

Gran Buenos Aires

Argentina

Telefonnummer: (0054) 1142422221

Handy: (0054) 1133075098

E-Mail: [email protected]

Blog: [email protected]

FW-Zeitung: www.wortwechsel-weltweit.de

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