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Monatsschr Kinderheilkd 2008 · 156:319–321 DOI 10.1007/s00112-008-1677-z Online publiziert: 27. Januar 2008 © Springer Medizin Verlag 2008 J. Fischer · M. Schaller Universitätshautklinik Tübingen Therapieresistente Dermatitis bei einem Schulkind Bild des Monats Anamnese Bei einem -jährigen Jungen traten weni- ge Wochen nach der Einschulung kleinflä- chig an Mund- und Lidhaut schuppende Erytheme auf. Therapie und Verlauf Unter Therapie mit %iger Pimecrolimus- Creme über / Monate kam es zu einer Zunahme der betroffenen Fläche und zur symmetrischen Ausbreitung. Aufgrund der Therapieresistenz wurde die Lokal- Ihre Diagnose? D Abb. 1 8 Klinisches Bild bei Erstvorstellung therapie auf ein Kombinationspräparat aus Fusidinsäure und ,% Betametha- son umgestellt. Bei weiterer Verschlech- terung unter dieser Behandlung mit Ent- wicklung von erythematösen Papeln und Plaques erfolgte die erstmalige Vorstel- lung des Kindes bei einem Dermatologen nach insgesamt -monatigem Krankheits- verlauf (. Abb. 1). Mikrobiologie Im Hautabstrich erfolgte der kulturelle Nachweis von Hautflora. Redaktion D. Reinhardt, München Hier kann auch Ihr Fall dargestellt werden! Wenn Sie eine interessante Falldarstellung haben, schicken Sie bitte Ihren Vorschlag mit Beschreibung und Bildmaterial an: Prof. Dr. D. Reinhardt Dr. v. Haunersches Kinderspital Lindwurmstraße 4 80337 München 319 Monatsschrift Kinderheilkunde 4 · 2008 |

Therapieresistente Dermatitis bei einem Schulkind

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Page 1: Therapieresistente Dermatitis bei einem Schulkind

Monatsschr Kinderheilkd 2008 · 156:319–321DOI 10.1007/s00112-008-1677-zOnline publiziert: 27. Januar 2008© Springer Medizin Verlag 2008

J. Fischer · M. SchallerUniversitätshautklinik Tübingen

Therapieresistente Dermatitis bei einem Schulkind

Bild des Monats

Anamnese

Bei einem ­jährigen Jungen traten weni­ge Wochen nach der Einschulung kleinflä­chig an Mund­ und Lidhaut schuppende Erytheme auf.

Therapie und Verlauf

Unter Therapie mit %iger Pimecrolimus­Creme über / Monate kam es zu einer Zunahme der betroffenen Fläche und zur symmetrischen Ausbreitung. Aufgrund der Therapieresistenz wurde die Lokal­

Ihre Diagnose? D

Abb. 1 8 Klinisches Bild bei Erstvorstellung

therapie auf ein Kombinationspräparat aus Fusidinsäure und ,% Betametha­son umgestellt. Bei weiterer Verschlech­terung unter dieser Behandlung mit Ent­wicklung von erythematösen Papeln und Plaques erfolgte die erstmalige Vorstel­lung des Kindes bei einem Dermatologen nach insgesamt ­monatigem Krankheits­verlauf (. Abb. 1).

Mikrobiologie

Im Hautabstrich erfolgte der kulturelle Nachweis von Hautflora.

RedaktionD. Reinhardt, München

Hier kann auch Ihr Fall dargestellt werden!

Wenn Sie eine interessante Falldarstellung haben, schicken Sie bitte Ihren Vorschlag mit Beschreibung und Bildmaterial an:

Prof. Dr. D. ReinhardtDr. v. Haunersches KinderspitalLindwurmstraße 480337 München

319Monatsschrift Kinderheilkunde 4 · 2008 |

Page 2: Therapieresistente Dermatitis bei einem Schulkind

Definition

Die periorale Dermatitis ist eine häufige, weltweit vorkommende, auf die Gesichts­haut beschränkte rosazeaartige Dermati­tis. Gehäuft wird sie bei Frauen zwischen und Jahren gefunden. Die Erkran­kung kann jedoch geschlechtsunabhängig in jedem Lebensalter auftreten. Bei Kin­dern kommt sie eher selten vor.

Pathogenese

Viele auslösende Faktoren (fluorierte Zahnpasta, Mundwasser, Bart des Part­ners, hormonelle Kontrazeptiva, Infek­tionen mit Can dida, fusiformen Spiril­len oder Demodexmilben) und v. a. Be­standteile von Kosmetika und Pflegepro­dukten werden diskutiert, konnten aber nie bewiesen werden. Nach derzeit vor­herrschendem Krankheitsmodell wird auf Grundlage einer bislang nicht verstande­nen individuellen Disposition durch Ge­brauch von Hautpflegeproduk ten bei manchen Menschen nach unterschied­licher Anwendungsdauer eine chemi sche Follikulitis ausgelöst. Besserung bei Ab sti­

nenz und Rezidiv bei erneutem Gebrauch der Pflegeprodukte stützen dieses Kon­zept. Besonders deutlich ist der Zusam­menhang zur topi schen Anwendung von Glukokortiko iden.

Diagnostik

Die Diagnose ist klinisch aus dem Haut­befund zu stellen. Es finden sich ein peri­orbital und periokulär unscharf begrenz­tes Erythem und dicht stehende, teils zu Plaques konfluierte, etwa mm große Papeln sowie eine leichte feinlamelläre Schuppung.

Therapie und Verlauf

Zur Behandlung der perioralen Derma­titis wurden lokal Metronidazol und in­nerlich Erythromycin ( mg/kg KG) ver­ordnet.

Unter dieser Therapie kam es inner­halb der ersten Wochen zu einem initia­len Aufflammen mit Zunahme der Fläche der betroffenen Haut (. Abb. 2 a, b). Im Verlauf von weiteren Monaten kam es zu einem Abblassen und zur Rückbildung

der Papeln. Bei Abschluss der Behandlung nach insgesamt ­monatiger Therapie be­standen perioral und periokulär noch ei­ne postentzündliche Hyperpigmentierung sowie einzelne Milien (. Abb. 2 c, d).

Diskussion

Bei der ursprünglichen Dermatose, die zur Verordnung des topischen Kalzineu­rininhibitors Pimecrolimus geführt hatte, handelte es sich höchstwahrscheinlich um ein Lidekzem und ein Lippenleckekzem. Hinzuweisen ist in diesem Zusammen­hang auf die aktuelle Diskussion bezüg­lich der potenziellen Langzeitnebenwir­kungen dieser Substanzklasse, insbeson­dere das Risiko der Karzinogenese durch Kalzineurininhibitoren.

Unbemerkt wurde das ursprüngliche Ekzem von einer perioralen Dermatitis abgelöst. Warnzeichen hierfür hätte der Übergang zu monomorphen symmet­risch angeordneten Papeln als dominie­rende Effloreszenz sein können. Das Auf­treten einer perioralen Dermatitis un­ter %iger Pimecrolimus­Creme ist unge­wöhnlich.

Unter der Annahme einer therapie­resistenten Impetiginisierung war ein Kombinationspräparat aus Fusidinsäure und Betamethason ,% verordnet wor­den. Da diese mit ,% Betamethason ein stark wirksames Gruppe­III­Glukokorti­koid enthält, ist sie für die Anwendung im Gesicht aufgrund des hautatrophierenden Potenzials nicht geeignet. Dieses Präpa­rat demonstriert zugleich das Dilemma des deutschen Arzneimittelmarkts: Fes­te Kombinationen von Antiseptika oder Antibiotika mit schwachen Glukokorti­koiden sind nicht erhältlich.

Die potentesten und am besten be­legten Medikamente in der Auslösung ei­ner perioralen Dermatitis sind starke so­wie schwach wirksame Glukokortikoide.

> Therapeutisches Grundprinzip ist die Nulltherapie

Therapeutisches Grundprinzip der peri­oralen Dermatitis ist es, das vermutete auslösende Externum wegzulassen (Null­therapie), was für Eltern oder Patienten oft schwer akzeptabel ist. Mittel der ersten

Abb. 2 8 Klinischer Befund, a, b 4 Wochen nach Therapiebeginn, c, d bei Therapieende nach 6 Monaten

D Diagnose: Lupoide periorale Dermatitis

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Bild des Monats

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Wahl ist die topische Anwendung von Metronidazol analog zum Therapieregime der Rosazea. Das Wirkprinzip dieser The­rapie ist jedoch primär antiinflammatorisch und Zytokin inhibierend, nicht antimi­krobiell. In ausgeprägten Fällen ist eine Kombination mit einem systemischen An­tibiotikum sinnvoll. Da die bei Erwachse­nen gebräuchlichen Tetrazykline im Kin­desalter kontraindiziert sind, können al­ternativ Makrolide wie Erythromycin an­gewandt werden.

Fazit für die Praxis

Der beschriebene Fall stellt den regel­haften Verlauf der Klinik dar. Ein Aufflam­men im Sinn einer Entzugsymptomatik der Haut ist normal, und darf nicht als Unwirksamkeit der Therapie fehlgedeu­tet werden. Der Heilungsprozess verläuft regelhaft protrahiert. Über die Eigen­heiten der Erkrankung ist vor Beginn der Therapie aufzuklären, um die Compli­ance des Patienten und der Eltern zu sichern.

KorrespondenzadresseDr. J. FischerUniversitätshautklinik TübingenLiebermeisterstraße 25, 72076 Tü[email protected]

Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Literatur

1. Berger TG, Duvic M, Van Voorhees AS et al. (2006) American Academy of Dermatology Association Task Force. The use of topical calcineurin inhibi-tors in dermatology: safety concerns. Report of the American Academy of Dermatology Association Task Force. J Am Acad Dermatol 54: 818–823

2. Boeck K, Abeck D, Werfel S et al. (1997) Perioral dermatitis in children – clinical presentation, pa-thogenesis-related factors and response to topical metronidazole. Dermatology 195: 235–238

3. Plewig G (2005) Akne und Rosazea. In: Braun-Fal-co O, Plewig G, Wolff HH et al. (Hrsg) Dermatologie und Vernerologie. Springer, Berlin Heidelberg New York, S 907–908

4. Yung A (2002) Perioral dermatitis and inadvertent topical corticosteroid exposure. Br J Dermatol 147: 1279–1280

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