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34 D. Barlarew. Thermische Dissoziation der Metaphosphorsaure. Von D. BALAREW. Mit 1 Figur im Text. Die Resultate der bisherigen Arbeiten iiber die Grenze der Entwasserung der Pbosphorsiiure beim Erhitzen enthalten nnter sich verschiedene Widerspriiche. Einige Autoren finden in der Meta- phosphorsaure mehr Wasser, als der Formel entspricht: PELTGOT 12.4, 12.2, 13.1, 13.4O/,; DIJLONG 17.8O/,; BERTHELOT 25O/,; andere weniger: WEBER 10.2 o/o; ROSE 7.3, 9.41, 9.48, 9.43 , nur TILDEN und BARNETT finden den theoretischen Gehalt 11.250/,? G. TAXNANN findet aach dem Erhitzen der Phosphorsaure in einem Goldtiegel, daB 0.479 g Metasaure 0.677 g Mg,P,O, geben, dies entspricht einem Gehalt von 9.89 O/, Wasser. Die feste Metaphosphorsiiure enthalt weniger Wasser als der Formel der Metasaure entspricht2. Die letzte Arbeit iiber die Frage ist von ALFRED HOLT und JAMES ESKERALEY MYEE 3. Diese Autoren haben Metaphosphorsaure ver- schieden lange Zeit hindurch erhitzt und dann den Gehalt an PBOb in den so gebildeten Sauren bestimmt, Sie finden, daS dnrch diese Entwasserung nicht mehr als 21.7 O/, Wasser entfernt werden konnen. Die so erhaltene Metasaure muB nach diesem Wassergehalt noch Pyrosaure enthalten. Die qualitative Analyse zeigt aber, daB solche nicht mehr geblieben ist. Wenn die Metasiiure mehr Wasser ent- halt als der Formel entspricht, so wird das ein Beweis sein, daS wir diese Siiure iiberhaupt nicht als eine reine chemische Verbindung durch Erhitzen der Orthoslure erhalten kiinnen und ein Beveis, daB die Metasaure bei starkem Erhitzen ihre Hydratisierungsfahigkeit verliert. Wenn sie aber weniger Wasser enthalt, so muB man schlieBen, daB beim Verdampfen die Saure dissoziiert. GMELIN-KEAUTS Handb. der anorg. Chem. I, 3 (1911), 194. J. ch. Soc. London 103 (1913), 533. * 2. f. prukt. Chem. 45 (1892), 429.

Thermische Dissoziation der Metaphosphorsäure

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34 D. Barlarew.

Thermische Dissoziation der Metaphosphorsaure.

Von D. BALAREW.

Mit 1 Figur im Text.

Die Resultate der bisherigen Arbeiten iiber die Grenze der Entwasserung der Pbosphorsiiure beim Erhitzen enthalten nnter sich verschiedene Widerspriiche. Einige Autoren finden in der Meta- phosphorsaure mehr Wasser, als der Formel entspricht: PELTGOT 12.4, 12.2, 13.1, 13.4O/,; DIJLONG 17.8O/,; BERTHELOT 25O/,; andere weniger: WEBER 10.2 o/o; ROSE 7.3, 9.41, 9.48, 9.43 , nur TILDEN und BARNETT finden den theoretischen Gehalt 11.250/,? G. TAXNANN findet aach dem Erhitzen der Phosphorsaure in einem Goldtiegel, daB 0.479 g Metasaure 0.677 g Mg,P,O, geben, dies entspricht einem Gehalt von 9.89 O/, Wasser. Die feste Metaphosphorsiiure enthalt weniger Wasser als der Formel der Metasaure entspricht2. Die letzte Arbeit iiber die Frage ist von ALFRED HOLT und JAMES ESKERALEY MYEE 3. Diese Autoren haben Metaphosphorsaure ver- schieden lange Zeit hindurch erhitzt und dann den Gehalt an PBOb in den so gebildeten Sauren bestimmt, Sie finden, daS dnrch diese Entwasserung nicht mehr als 21.7 O/, Wasser entfernt werden konnen. Die so erhaltene Metasaure muB nach diesem Wassergehalt noch Pyrosaure enthalten. Die qualitative Analyse zeigt aber, daB solche nicht mehr geblieben ist. Wenn die Metasiiure mehr Wasser ent- halt als der Formel entspricht, so wird das ein Beweis sein, daS wir diese Siiure iiberhaupt nicht als eine reine chemische Verbindung durch Erhitzen der Orthoslure erhalten kiinnen und ein Beveis, daB die Metasaure bei starkem Erhitzen ihre Hydratisierungsfahigkeit verliert. Wenn sie aber weniger Wasser enthalt, so muB man schlieBen, daB beim Verdampfen die Saure dissoziiert.

GMELIN-KEAUTS Handb. der anorg. Chem. I, 3 (1911), 194.

J. ch. Soc. London 103 (1913), 533. * 2. f. prukt. Chem. 45 (1892), 429.

Theirnisch Dissoxiation der Metaphosphorsaure. 35

Die Lasung der Frage der thermischen Dissoziation der Yeta- saure beim Verdampfen besitzt an sich theoretisches Interesse, sie steht aber anch im Zusammenhang mit den Fragen:

cber die Grenze der Entwiisserung der Metaphosphorsaure beim Erhitzen; Ob wir die Resultate von TILDEN und BABNETT iiber die Dampfdichte der Metasaure als Beweis annehmen konnen fur die doppelten Molekel bei diesem Stoffe.

c) Der Losung dieser Frage bezw. der E’rage a) muS die Un- tersuchung uber die Hydratisierung der Metasaure, die durch Erhitzen von Ortho erhalten ist, vorangehen.

Beziiglich bisheriger Arbeiten uber die Frage a) mu6 ich be- merken, daB alle Autoren die Phosphorsaure in einem Tiegel von gewohnlicher Form erhitzt haben. Aber die Metasaure ist so hygroskopisch, da6 auch beim Wagen des Tiegels in einer Wiige- 0asche die Resultate des Wagens unsicher werden.

Es gelang mir durch Benutzung der verschiedenen Diffus- sionsgeschwindigkeit der Zerfallsprodukte der Metasiiure Pa05 und H20 die thermische Dissoziation der Saure zu untersuchen. Der Apparat mit dem ich arbeite ist sehr einfach (Fig. 1) und erlaubt ein genaues Wagen der Metasaure. Er besteht aus einer kleinen Goldbirne, in welcher durch ein Goldriihrchen ein ge- trockneter Luftstrom durchgeleitet wird. Wenn wir den Boden der Goldbirne direkt (mit dem Brenner) oder indirekt (indem man den Goldtiegel in einen Porzellantiegel setzt) erhitzt , SO verdampft die Metasaure schnell bezw. langsam. Bei einer Disso- ziation der Saure wird das P20, langsamer als das Wasser diffun- dieren, und an den schwiicher erhitzten Halswanden des Apparates wird sich eine Yasse ansetzen, die reicher an Pa05 ist. Schwaches Erhitzen der Halswande und der standige Strom von getrockneter Luft vermindern eine neue Hydratisierung. Einige Versuche haben mir gezeigt, daB wirklich ein Gramm von H,PO, bei einem indirekten Erhitzen aus dem Boden der Birne binnen 5-7 Stunden verdampft. Nach dem Erhitzen wird nur der obere Teil des Halses erhitzt, um die dort angesetzte Masse zu verdampfen, damit das Schlie6en sicher sein soll. Man schlieBt die Birne mit einer Glastriine und nach dem

c. c. 1896, I, 79s. 3*

36 D. Balarew.

Ausgleich von Temperatur und des iiuBeren Druckes mit dem, im Apparat befindlichen, wiegt man den ganzen Apparat.

Wenn wir die Bewichtszusammensetzung der gewohnlichen Meta- siiure feststellen wollen, miissen wir den Boden der Birne, sowie auch den Hals der Birne mit einem Brenner erhitzen, damit keine Substanz an dem Halse bleibt. In diesem Falle treibt der Luftstrom die DBmpfe aus.

Die fiir die Untersuchung notige Phosphorsaure wurde von G. KAHLBAUM bezogen (Phosphorsiiure krist.). Aus dieser festen Ortho- siiure wurde eine bei gewohnlicher Temperatur gesiittigte Lbsung

Fig. 1.

vorbereitet. Die Reinheit der Saure wurde dnrch qualitative Unter- suchung und durch Verdampfen von 10 g der Siinreliieung im Gold- tiegel bestimmt. Nach dem Verdampfen gab die Siiure 0.0020 g Rackstand. Da ich nur mit 1 bis 2 g dieser Liisung arbeitete, m d t e ich eine Korrektion fiir diesen Ruckstand machen. Bertick- eichtigen wir aber, da6 der Ruckstand aus NaPO, bezw. Ca(PO,), beeteht, so wird die Korrektion fiir die ganze Menge der Saure (10 g) etwa 0.0005 g und fur das in Betracht kommende Quantum kann die enteprechende Korrektion unbeachtet bleiben.

Hier gebe ich einige von meinen Versuchen wieder. Der P,O,-Gehalt wurde nach der Methode von SCHIITZ bestimmt. Der theoretische Wassergehalt der Metaphosphoreaure ist 11.25 Oi,,,

Thermische Dissoxiation der Hetaphosphorsaure. 37

A) Versuche zur Fests te l lung, ob die Metasiiure im Dampfzustand dissoziiert. Die Goldbirne ist in einem Porzellantiegel eingesetzt und dieser mittels eines Teklu- brenners erhitzt.

Dauer des Erhitzens Gewicht der Substanz in g Mg,P,O, in g H,OO/, I 2 Stunden 0.1890 0,2657 10.36 2 4 19 0.2978 0.4237 9.28 3 5 >t 0.1960 0.2875 8.60

Nur bei Versuch 3 ist die Metasiiure an den Halswanden

Die Goldbirne ist direkt erhitzt. des Apparates vollstandig angesetzt.

- 4 5 -

0 0451 0.0644 9.16 0.6255 0.8954 8.72

B) Versuche zur Fests te l lung der Gewichtszusammen- setzung nach s ta rker Erhi tzung zuruckgebliebener

Metaphosphorsaure. Der Goldtiegel wurde direkt erhitzt. Menge der genommenen ver-

dampften Phosphorsaurelsg. in g 6 0.5 0.4891 0.6826 11.01 7 0.8 0.3095 0.4431 6.58 8 3.0 0.6164 0.8895 7.99

Aus diesen Resultaten sieht man, da8 die Metaphosphorsanre im Dampfzustande wirklich dissoziert. Ob diese Dissoziation voll- .standig ist, kann man nach der von mir gewahlten Methode nicht entscheiden. Jedenfalls zeigt uns der Befund, da8 wir beziiglich der Deutung der Resultate von !I?ILDFX und BARNETT (S. 35) bezuglich der Dampfdichte bezw. des Molekulargewichts der verdampften Meta- saure mit Vorsicht vorgehen mussen. Bei vollstandiger Dissoziation miiEte die Dampfdichte 53 sein (4HP0, = P,O,, + 2H,O), wiihrend TILDEN und BABNETT 76.8 bezw. 78.2 finden.

Aus der festgestellten Dissoziation erkennt man, warum die. lange Zeit erhitzte Metasaure weniger Wasser enthalt, als der Formel entspricht. Die Grenze dieses Wasserverlustes steht wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Starke und der Dauer des Erhitzens und mit der Wasserdampfspannung die uber der erhitzten SAure herrscht.

Die Angaben Alr einen groBen Wassergehalt in der Metasaure sind wahrscheinlich zu erklaren entweder dnrch eine unvollstiindige

38 D. Balarew.

Entwasserung der Siiure, oder durchVerunreinigungen der untersuchten Saure. Beim Durchsehen der Arbeiten von A. HOLD und E. MYEBS' komme ich zu dem SchluB, da0 diese Autoren keine reine Phos- phorsaure zur Untersuchung angewandt haben. Haufig ist die Phos- phorsaure, besonders die Metasaure des Handels reich an Natrium- und Calciurnphosphaten. Bei einer solchen Verunreinigung erklart sich leicht die Seltsamkeit der Resultate beziiglich der Gewichts- zusammensetzung der Metasaure, die nach einer langen Kalzinierung erhalten ist (S. 34), ebenso auch die folgenden Tatsachen aus den heiden Arbeiten dieser Autoren.

Bei der Entwasserung der Phosphorsaure, mit welcher die Untersuchungen der ersten Iditteilung durchgefuhrt sind, beobachteten HOLD und MYERS, daB die aus Ortho- durch Erhitzen erhaltene Metasaure in vier Modifikationen erhalten werden kann.. Die letzte Form erhalt man nach 24stundigem Erhitzen bei Rotglut. Sie bildet ein hartes Glas, das gegen feuchte Luft bestandig und in Wasser fast unloslich ist. Die Tatsache, da6 diese Autoren eine Menge von Phosphorsaure so lange Zeit bei Rotglut erhitzen konnten zeigt, daB hier ein Metaphosphat zuruckbleibt. Die reine Metasaure verdampft bei starker Rotglut vollstandig unter Spritzen. Bei schwacher Rotglut spritzt sie nicht, aber verdampft sehr schnell: beispielsweise konnen 10 g S h r e in 2 Stunden verdampft werden. Man muB also mehr als 120 g Metasaure nehmen, um bei derselben Oberfliiche eine kleine Menge bei Rotglut so lange Zeit erhitzte Metasiiure zu erhalten. Da6 die Autoren nicht so vie1 Saure verdampft haben, wird in ihren Arbeiten nicht angegeben.

Eine Bestatigung fur die Zusammensetzung des Ruckstandes, der nach dem 24 stiindigem Erhitzen der gebrauchten Metasaure geblieben ist, ist auch das spezifische Gewicht des Riickstandes. Ich habe reine NaH,PO, mit einem UberschuB von H,PO, etma 12 Stunden bei Rotglut erhitzt. Das erhaltene in Wasser fast unlosliche Natriummetaphosphat hat das spezifische Genicht 2.446.

.Die beiden Autoren finden nach Erhitzen von einigen Stunden 2.488, nach 24 stundigem Erhitzen 2.21 6. Folglich sind die beiden Arbeiten von A. HOLD und E. MYERS mit unreiner Metaphosphorsaure BUS-

gef&hrt, und man muB demgemaB die SchluBfolgerungen, welche in diesen Arbeiten gezogen werden, bezmeifeln, um so mehr, als auch die von den Autoren gewahlte kryoskopische Methode zur Bestimmung

J. oh. SOC. Londom 99 (1911), 384-391; 1OY (1913), 532-536.

Thermivche Dissoxiutim der Hetaphosplzorsaure. 39

des Molekulargewichts der in Wasser gelosten Metasauren, wegen der starken Dissoziation dieser Saure in wahiger Liisung, mit be- sonderer Vorsicht angewendet werden muB.

steht: Wird eine konzentrierte Losung von Phosphorsaure eingedampft und dabei der Punkt erreicht, bei welchem das Kochen und Spritzen plotzlich auf hort, so besteht der Ruckstand aus fast reiner Phosphorsaure. - In einer meiner friiheren Arbeiten2 habe ich festgestellt, daB kein Intervall in der Wasser- dampfspannung existiert, in welchem wir die bestimmte Verbindung Phosphorsiiure von der Phosphorsaurelosung bezw. von Phosphorsaure gemischt mit Pyro- abgrenzen konnen. Aus den ubrigen Resultaten derselben Arbeit, wie auch an den Resultaten, die ich bei der Untersuchung der thermischen Dissoziation der Metaphosphorsaure erhalten habe, sieht man, daB bei der Entwasserung der Orthosaure durch Erhitzen der EntwasserungsprozeB so vor sich geht, daI3 auch ein Intervall in der Wasserdampfspannung, in welchem die bestimmte Verbindung Pyrosaure von dem Gemische Pyro- und Ortho- bezw. Pyro- und Metasaure, wie auch die bestimmte Verbindung Metashre von dem gemischten Meta- und Pyro- bezw. Metasaure und Phos- phorpentoxyd nicht abgegrenzt werden kann und daB bei jeder Temperatur das Wasser, wie in den wafirigen Losungen der Ortho- saure, so auch in den reinen Ortho-, Pyro- und Metaphosphorsauren seine Spannkraft hat. Da die Entwasserung langsam geht, kijnnen wir durch Erhitzen der Phosphorsaurelosungen bezw. der drei Phos- phorsaureu diejenige Temperatur erreichen, bei welcher die Wasser- dampfspannung gleich der auBeren AtmosphAre ist, und dabei muB die Entwasserung mit Kochen und Spritzen vor sich gehen, wie beim Erhitzen einer kochenden reinen Flussigkeit. Und wirklich bei einigen Versuchen habe ich beobachtet, da6 alle Entwasserungsprodukte, die clurch Erhitzen von den waBrigen Losungen der Orthosaure erhalten wurden (auch Pyro- und Metasaure), bei starkerem Erhitzen kochen und spritzen. Schah bei 260-300 O verdampft gleichzeitig rnit dem Wasser die Phosphorsaure in bedeutenden Mengen, die nach Steigerung der Temperatur groBer werden. Dieses Verdampfen steht vielleicht im Zusammenhang mit der Dampfspannkraft des Phosphorpen toxyds das in reinem Zustand bei 250° zu sublimieren anfangt. Bei den, verschiedenen Temperaturen ist der Wassergehalt der Dampfe ver-

In TAMMANNS Arbeit

' 1. c. * 2. filr anorg. Chem. 6 i (1910), 234-241.

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schieden - mit Steigerung der Temperatur werden die Dilmpfe reicher an Phosphorpentoxyd. Hiernach muB der T A w m s c h e Versuch in der Weise erklart werden, dab zufhllig die wiiflrige Losung so stark erhitzt wurde, dal3 das Kochen und Spritzen fast bei der Zusammensetzung H,PO, gerade aufhort.

Rzcstsch~k, &misches Laboratoriwm des StacatsgynvradPdu4nr.

Bei der Redaktion eingegangen tam 81. Mai 191'1.