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Thomas Mohrs / Tage der Persönlichkeitsbildung / Puchberg, 21.03.13 Über-Blicke - was Kinderköpfe primär brauchen

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Thomas Mohrs / Tage der Persönlichkeitsbildung / Puchberg, 21.03.13

Über-Blicke - was Kinderköpfe primär brauchen

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Vorweg: Ein Blick in den Spiegel oder Unser grundlegendes Wahrnehmungsproblem

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Genetisch unterscheiden wir uns allenfalls minimal von unseren Vorfahren vor 30.-100.000 Jahren.

In unseren Gehirnen ist uraltes stammesgeschichtliches(phylogenetisches) Wissen gespeichert.

Wir sind stammesgeschichtlich adaptiert für das Leben und Überleben in kleinen „face to face“-Verbänden.

Unser fundamentales Wahrnehmungsproblem

Wir sind von unserer „ersten Natur“ her räumlich, zeitlich und sozial

nahbereichsfokussiert !- darüber hinaus aber eher beschränkt …

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Unser fundamentales Wahrnehmungsproblem

Zwei einfache Quizfragen:

1: Wenn Sie in 2 Sekunden bis 10 zählen, brauchen Sie wie lange, um bis 1 Milliarde zu zählen?

2: Wie lange können Sie monatlich 50.000 Euro ausgeben, wenn Sie eine Milliarde (unverzinst!) besitzen?

6,34 Jahre

1.666 Jahre 1.000.000.000 : 50.000 : 12 = 1.666,66

– ohne Pause !!

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Herbert Renz-Polster

Wir sollten die Kinder durch die „evolutionäre“ Brille betrachten!

11. April 2013, 16:00, PH OÖ„Entwicklung & Lernen: Neue Impulse durch

evolutionäre Verhaltensforschung?“

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Über-Blicke als fundamentale Basis für Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeit.

• Muster gewährleisten v. a. funktionale Passung in das jeweilige systemische (lebensweltliche, kulturelle) Umfeld.( „Ich kenne mich aus“, Regeln, Orientierung, Sicherheit)

„Lernen“ aus Sicht der Gehirnforschung

• Das kindliche Gehirn muss und will unendlich viel lernen.

• Das Gehirn bildet (immens viele!) Synapsenverschaltungen aus und verfestigt sie nach Bedarf physiologisch als neuronale Muster ( Myelinisierung / „Weihnachtsmarkt“-Metapher).

→ angeborene Neugierde und Entdeckerfreude!→ Gehirne sind natürliche „Lernmaschinen“!

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Exkurs 1: Wieso das Gehirn zur Bequemlichkeit neigt und Regelmäßigkeit liebt.

Ca. 2 % des Körpergewichts beanspruchen:- ca. 50 % der im Blut freigesetzten Clucose- ca. 20-25 % der gesamten Stoffwechselenergie- ca. 20-30 % des gesamten Sauerstoffs

Energiefresser Gehirn:

Je mehr sich das Gehirn anstrengen muss, desto höher ist der Energieverbrauch.

Das Gehirn strebt aus Gründen des Energiesparens nach einfachen, mühelosen, „automatisierten“ Lösungen

(Bewegungsabläufe, Regeln, Gewohnheiten, Standards, Sitten, Normen, Vorurteilen, Klischees, Stereotypen ...).

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Exkurs 2: Das Gehirn als heimliche Schaltzentrale des Lebens

Alles, was wir als bewusst erleben, ist von unbewussten Gehirnprozessen abhängig, die all unseren Entscheidungen, Urteilen, Entschlüssen ... vorausgehen.

Der weitaus größte Teil dessen, was in unseren Gehirnen abläuft, bleibt immer unbewusst (über 90 %).

Alles, was wir als bewusst erleben, hat einen unbewussten,

emotionalen Hintergrund, der für unser Bewusstsein (und unser Wollen) wesentlich und bestimmend ist.

Die Rolle der „Ratio“ bei der Entscheidungsfindung, Handlungssteuerung usw. wird …

gnadenlos überschätzt !!Vor allem bei Kindern und Jugendlichen !

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• Bei der Einschulung verfügen Kinder bereits über (fixierte) individuelle kognitive und emotionale Lernvoraussetzungen.• Jedes Gehirn lernt anders (in Abhängigkeit von den neuronalen Voraussetzungen)! (Kinderköpfe „ticken“ nicht synchron!!)• Das Gehirn kann nur lernen, was an das Vorwissen anschlussfähig ist. ( lebensweltlicher Bezug!)

• Das Gehirn will nur lernen, was ihm attraktiv erscheint !• Was „attraktiv“ ist, bewertet (völlig unbewusst) das limbische System (am Maßstab der Relevanz, der Erfolgsaussichten, der Bedeutsamkeit, der Lust …)!• Konfrontiert mit Sachverhalten, die als nicht attraktiv,

belanglos, bedeutungslos oder aussichtslos empfunden werden, schaltet das Gehirn (automatisch) ab.

Wesentliche Schlussfolgerungen für die Schule:

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Limbisches System!

„Logisch“ folgende pädagogische Grundmaximen:

Anknüpfen (resp. „andocken“) Was hat das mit mir zu tun? Was kann ich damit tun? Wozu kann ich das brauchen?

Relevanz, Bedeutsamkeit, Sinn muss spürbar sein!

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„Logisch“ folgende pädagogische Grundmaximen:

Vernetzen Über-Blicke verschaffen

(offene Domänen statt Fächer!) Zusammenhänge erkennen und

verstehen / begreifen Sich selbst in Zusammenhängen sehen

und einschätzen können („Was bewirke ich im Netz / System?“)

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KEIN Bulimie-Lernen !!!

„Logisch“ folgende pädagogische Grundmaximen:

Ermutigen Herausfordern, Ansprüche stellen,

die Latte hoch legen ! (KEINE „Kuschelpädagogik“) Talente / Begabungen erkennen und fördern

KEINE Macht- und Angstpädagogik !

KEINE Defizit- und Schwächenpädagogik!

Fehler („falsches“ Verständnis) sind TOLL !!

Vermeiden der „Durchschnittsfalle“ !

Sage es mir, und ich werde es vergessen.

Zeige es mir, und ich werde es vielleicht behalten.

Lass es mich tun, und ich werde es können.

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Schulen werden zu „Treibhäusern der Zukunft“!!

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Das Gehirn liebt einfache Lösungen, Stereotypen, Vorurteile …

Die „Nahbereichs“-Falle

Adaptiert für das Leben / Überleben in kleinen, überschaubaren „face to face-relationships“.

Räumlich, zeitlich und sozial nahbereichsfokussiert.Darüber hinaus wahrnehmungsbeschränkt.

So wie ich denke/lebe, denkt/lebt man „normal“ (richtig, angemessen, ordentlich, vernünftig, den Regeln entsprechend …)

Wir (also auch unsere Kinder) sind, evolutionär gesehen, Jungsteinzeit-Primaten.

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€ 19,99

Die „Nahbereichs“-Falle

Auf ihrer „Weltreise“ von der Baumwollplantage bis zur Altkleider-

Vermarktung in Afrika legt die Jeans einen Weg von bis zu 65.000 km zurück.

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Die „Nahbereichs“-Falle

Wir leben nicht mehr unter Steinzeit-Bedingungen !!Unsere Steinzeit-Passung

passt nicht mehr !

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Konrad Lorenz

(Der Spiegel, 48/1988)

„Der Mensch – dieses blöde Vieh – ist zu dumm fürs Überleben.“

Also:

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Wir brauchen globale Über-BlickeWir brauchen nichtlineares DenkenWir brauchen Denken in komplexen

ZusammenhängenWir brauchen Ambiguitätstoleranz

Wir brauchen Orientierung und Sicherheit

… in der Unsicherheit !(pädagogische „Kernidee“?)

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„Des is mir wurscht, mir geht‘s guad!“

„Man darf gar nicht drüber nachdenken!“

„Da wird man ja depressiv !“

„So was muss man schon aus Selbstschutz ausblenden !“

„Was bringt das schon, wenn ich was ändere?“?

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Abschließend (m)eine Kernfrage: Müssen wir vielleicht in der Schule …

viel mehr Philosophieren wagen?

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Vielen Dank für Ihre / Eure Aufmerksamkeit !