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1 Thyristorventile für die HGÜ: Aufbau, Kühlung und Ansteuerung Peter Lips, Adelsdorf gekürzt erschienen in: ETG Journal 2019, H. 1, S. 60-65 Inhalt 1. Einführung ................................................................................................................................. 2 2. Aufbau von HGÜ-Thyristorventilen .......................................................................................... 4 2.1 General Electric Co., USA.................................................................................................. 5 2.2 Arbeitsgemeinschaft HGÜ (AEG, BBC, Siemens) Übertragung Cahora Bassa ............. 7 2.3 Arbeitsgemeinschaft HGÜ (AEG, BBC, Siemens):Übertragung Nelson River Bipol 2 .... 9 2.4 ASEA ................................................................................................................................ 12 2.5 Arbeitsgemeinschaft HGÜ (BBC, Siemens): Übertragung Gezhouba Shanghai .......... 14 3. Kühlung von HGÜ-Thyristorventilen ...................................................................................... 16 4. Ansteuerung von HGÜ-Thyristorventilen ............................................................................... 20 4.1 Induktive / magnetische Zündimpulsübertragung ............................................................ 22 4.2 Indirekte Lichtzündung..................................................................................................... 23 4.3 Direkte Lichtzündung ....................................................................................................... 26 5. Stand der Technik von HGÜ-Thyristorventilen im Jahr 2011................................................. 29 6. Zusammenfassung und Ausblick ............................................................................................. 32 7. Literatur.................................................................................................................................... 33

Thyristorventile für die HGÜ: Aufbau, Kühlung und Ansteuerung

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1

Thyristorventile für die HGÜ: Aufbau, Kühlung

und Ansteuerung

Peter Lips, Adelsdorf

gekürzt erschienen in: ETG Journal 2019, H. 1, S. 60-65

Inhalt

1. Einführung ................................................................................................................................. 2

2. Aufbau von HGÜ-Thyristorventilen .......................................................................................... 4

2.1 General Electric Co., USA.................................................................................................. 5

2.2 Arbeitsgemeinschaft HGÜ (AEG, BBC, Siemens) – Übertragung Cahora Bassa ............. 7

2.3 Arbeitsgemeinschaft HGÜ (AEG, BBC, Siemens):Übertragung Nelson River Bipol 2 .... 9

2.4 ASEA ................................................................................................................................ 12

2.5 Arbeitsgemeinschaft HGÜ (BBC, Siemens): Übertragung Gezhouba – Shanghai .......... 14

3. Kühlung von HGÜ-Thyristorventilen ...................................................................................... 16

4. Ansteuerung von HGÜ-Thyristorventilen ............................................................................... 20

4.1 Induktive / magnetische Zündimpulsübertragung ............................................................ 22

4.2 Indirekte Lichtzündung ..................................................................................................... 23

4.3 Direkte Lichtzündung ....................................................................................................... 26

5. Stand der Technik von HGÜ-Thyristorventilen im Jahr 2011 ................................................. 29

6. Zusammenfassung und Ausblick ............................................................................................. 32

7. Literatur .................................................................................................................................... 33

2

1. Einführung

1957 wurde der Thyristor erfunden. 1962 wurde die Wiederaufnahme der HGÜ-Forschung in

Deutschland eingeleitet. 1967 standen die ersten Thyristor-Versuchsventile der

Arbeitsgemeinschaft HGÜ (Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung) in den Forschungsanlagen

der 400-kV-Forschungsgemeinschaft. Auch anderswo in der Welt wurden zur gleichen Zeit HGÜ-

Thyristorventile entwickelt. Die Bilder 1.1 bis 1.9 zeigen einige Beispiele aus den frühen Jahren.

Bild 1.1

Versuchsventil Mannheim Rheinau, 1967

(AEG); Quelle: Autor

Bild 1.2 Versuchsventil Mannheim Rheinau, 1967

(Siemens); Quelle: Autor

Bild 1.3 Versuchsventil Mannheim Rheinau, 1968 (BBC

Brown Boveri); Quelle: Autor

Bild 1.4 Versuchsventil Schenectady, 1968 (General

Electric); Quelle: Autor

3

Bild 1.5

Versuchsventil unter Öl, 1969

(AEG, BBC, Siemens); Quelle: Autor

Bild 1.6 Kabelverbindung Gotland – Schweden,

1970 (ASEA); Quelle: Autor

Bild 1.7 Versuchsventil Stafford, 1971

(English Electric); Quelle: Autor

Bild 1.8 Cahora Bassa, 1977, 1978, 1979

(AEG, BBC, Siemens); Quelle: Autor

Bild 1.9 Nelson River Bipol 2, 1978, 1984, 1985 (AEG,

BBC, Siemens); Quelle: Autor

4

In Deutschland hatten sich die drei Firmen AEG, BBC und Siemens in einem 1965

unterschriebenen Vertrag zur Arbeitsgemeinschaft HGÜ zusammengeschlossen. Ziel war die

gemeinsame und arbeitsteilige Entwicklung der HGÜ-System- und Gerätetechnik zur Marktreife,

um den – nach dem Stillstand in Deutschland infolge des Zweiten Weltkrieges – vom Ausland

erreichten Vorsprung aufzuholen. Die technische Arbeit erfolgte dabei in sogenannten

Fachausschüssen, in denen Aufgabenstellungen festgelegt wurden und in die jeder Partner seine

Lösungsvorschläge einbrachte. Nach Diskussion und Bewertung wurde daraus vom

Fachausschuss im Konsens eine gemeinsame Technik erarbeitet. Jeder Partner kam für seine

Kosten selbst auf; ein Kostenausgleich fand nicht statt. (Siehe auch Bilder 1.1, 1.2, 1.3 im

Vergleich zu den Bildern 1.8 und 1.9.)

Dieser Beitrag stützt sich im Wesentlichen auf die Technik der Arbeitsgemeinschaft HGÜ; zum

Vergleich wird auch auf ausgewählte Beispiele aus anderen Ecken der Welt eingegangen. Eine

vollständige Übersicht ist aber nicht möglich.

2. Aufbau von HGÜ-Thyristorventilen

Trotz der enormen Fortschritte, die die Thyristortechnik in mehr als 50 Jahren gemacht hat,

müssen in einem HGÜ-Ventil immer noch -zig Thyristoren in Reihe geschaltet werden, um die

gewünschte hohe Spannungsfestigkeit zu erreichen. Der prinzipielle Aufbau von Thyristorventilen

aller Wettbewerber ist deshalb heute noch der gleiche wie vor 50 Jahren (Bild 2).

Bild 2 Prinzipieller Aufbau aller Halbleiterventile für die HGÜ; Quelle: Autor

5

Jeder Thyristor braucht einen Einschaltimpuls, der meist durch eine Thyristorelektronik (TE)

erzeugt wird; er braucht Kühleinrichtungen (KD), um die Verlustwärme abzuführen und er

braucht eine Beschaltung, um das Ausschaltüberschwingen zu bedämpfen und eine gleichmäßige

Spannungsaufteilung in der Reihenschaltung sicherzustellen [1]. Für die Gesamtheit aller dieser

Komponenten hat sich der Begriff Thyristorplatz (TP) eingebürgert.

Um günstig fertigen und prüfen zu können, hat man schon früh begonnen, eine bestimmte Anzahl

von Thyristorplätzen in Ventilabschnitten (VA) zusammenzufassen; diese bestehen aus einer

Anzahl von Thyristorplätzen, einer sättigbaren Drosselspule und einem parallelgeschalteten

Kondensator zur kapazitiven Spannungssteuerung des Ventils.

Das gesamte Ventil besteht dann aus einer Anzahl von Abschnitten, einem System zum Verteilen

der Zündimpulse (ZV), einem System zum Verteilen des Kühlmittels (KV) und einem

Isoliergerüst (IG) um alles zusammenzuhalten.

Wie der Ventilaufbau konstruktiv ausgeführt wird, dafür gab es und gibt es bis heute so viele

Varianten, wie es Hersteller mit ihren Ingenieuren gibt. Dazu zeigen die Bilder in Kap. 2.1 bis

Kap. 2.5 einige Beispiele.

Am Anfang war die Modultechnik. Zu Beginn der Entwicklung gab es weder Erfahrungen mit der

Reihenschaltung von hunderten von Thyristoren, ihrer Beschaltung, ihrer Ansteuerung und ihrer

Kühlung, noch Zuverlässigkeitskennwerte für die vielen hundert Bauteile unter den

Betriebsbedingungen eines HGÜ-Ventils. Einerseits wurden hohe Ausfallraten von Komponenten

befürchtet, andererseits wollte man notwendige Reparaturen unter kontrollierten Bedingungen

durchführen können. Dazu unterteilte man das Ventil in Module: mechanische Einheiten mit einer

Anzahl von Thyristorplätzen (und evtl. Drosseln), die während Wartungspausen ausgetauscht und

nach Wiederaufnahme des Betriebes in einer Werkstatt repariert wurden.

2.1 General Electric Co., USA

Das Modul der General Electric erinnert an eine überdimensionale Leiterplatte. In der Mitte ist die

Reihe der Thyristoren und Kühlkörper angeordnet. Darunter befindet sich für je zwei

Thyristorplätze eine in Reihe geschaltete Mehrwindungsdrossel und im oberen Teil sind die

Widerstände und Kondensatoren der RC-Beschaltung angeordnet.

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Bild 3.1 luftgekühltes Modul mit 12 Thyristorplätzen; Quelle: Autor

Das kastenförmige Gehäuse des Ventilaufbaus (Bild 3.2) ist der Kühltechnik geschuldet: die Luft

wird oben aus der Halle angesaugt, im Innern des Kastens den Modulen parallel zugeführt und

unten von den Ventilatoren im Keller abgesaugt.

Bild 3.2 Gehäuse für die sechs Ventile einer Drehstrombrücke (fünf Module pro Ventil);

Quelle: Autor

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2.2 Arbeitsgemeinschaft HGÜ (AEG, BBC, Siemens) – Übertragung Cahora Bassa

Die Arbeitsgemeinschaft HGÜ war der einzige Hersteller, der sich schon Ende der sechziger Jahre

für die Flüssigkeitskühlung der Thyristorventile entschieden hatte. Ziel war, die Ventile in

direkter Nachbarschaft zu den Transformatoren im Freien aufzustellen, deshalb wurde als

Kühlmittel Transformatorenöl gewählt; nach Einbau des Aktivteils in einen ölgefüllten Kessel

diente das Öl auch zur Isolation. Das Aufstellen der Ventile im Freien sollte auch das für die bis

dahin verwendeten Quecksilberdampf-Ventile notwendige, aufwendige klimatisierte Gebäude

einsparen und so die Thyristortechnik wettbewerbsfähiger machen. Tatsächlich wurde die

Übertragung Cahora Bassa – Apollo aus anderen Gründen in Thyristortechnik ausgeführt;

Ölkühlung und -isolation sind später nur noch einmal bei einer Kurzkupplung in Japan verwendet

worden.

Bild 4.1 Ölgekühltes Modul mit 7 Thyristorpaaren; Quelle: Autor

Bild 4.1 zeigt wesentliche Ansichten der Cahora Bassa Ventiltechnik [2]. Im Modul ist die

alternierende Anordnung von Thyristoren und Kühlkörpern in einem säulenförmigen

Spannverband deutlich zu erkennen. Diese platzsparende Anordnung wurde erst viele Jahre später

auch von den Wettbewerbern übernommen. Der Nennstrom von 1.800 A konnte noch nicht von

einem Thyristor beherrscht werden, deshalb sind im Modul zwei parallel geschaltete

8

Thyristorsäulen übereinander angeordnet. Auf der Vorderseite sind die zwei elektrischen

Kontakte zu erkennen, sowie die Schläuche zur Ölzuführung. Die Rückführung erfolgte durch

freien Austritt in den Kessel. Im rückwärtigen Teil des Moduls befinden sich die

Beschaltungselemente.

Bild 4.2 Ventilgerüst für 40 Module vor Einbau in den Ölkessel; Quelle: Autor

Bild 4.2 zeigt das recht komplexe, frei stehende Gerüst aus Isoliermaterial, in das die Module

eingeschoben wurden. Es enthält auch den Zündimpulsübertrager und eine Einrichtung zum

Überprüfen der Thyristorplätze, ohne sie ausbauen zu müssen. Nach Einbau aller Komponenten

und einer "Trockenprüfung" wurde ein Glockenkessel darüber gestülpt, das Ventil mit Öl gefüllt

und mit Hochspannung geprüft. Der Transport erfolgte dann ohne Ölfüllung. Auf der Baustelle

wurde das Ventil nach erneuter Ölfüllung auf einen Isoliertisch gehoben (Bild 4.3). Für

Reparaturen wurde es in eine spezielle Wartungshalle verbracht und dort geöffnet.

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Bild 4.3 drei ölgefüllte Doppelventil-Kessel isoliert für 533 kV; Quelle: Autor

2.3 Arbeitsgemeinschaft HGÜ (AEG, BBC, Siemens):Übertragung Nelson River Bipol 2

In der Provinz Manitoba in Kanada konnte die ölisolierte Freilufttechnik wegen der kanadischen

Winterverhältnisse nicht eingesetzt werden. In einer Halle wäre die Brandgefahr zu hoch

gewesen. Luftkühlung war daher die naheliegende Technik und wurde auch von allen

Wettbewerbern angeboten. Auf Drängen von BBC Schweiz bot die Arbeitsgemeinschaft HGÜ als

Alternative auch wassergekühlte Ventile an (vgl. Kapitel 3). Wegen der deutlichen Vorteile – u.a.

kompaktere Ventile, deutlich geringeres Hallenvolumen, Hilfsenergie für Pumpen nur 10% des

Energiebedarfs für Lüfter – erteilte der Kunde Anfang 1975 den Auftrag für diese Variante.

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Bild 5.1 Wassergekühltes, luftisoliertes Modul mit sechs Thyristorpaaren für 2.000 A; Quelle:

Autor

Auch beim ersten wassergekühlten Modul der Arbeitsgemeinschaft HGÜ (Bild 5.1) ist die

Thyristorsäule das charakteristische Merkmal für den Modulaufbau; diese Anordnung wurde erst

in den 1980er Jahren von ASEA übernommen und ist mittlerweile Industriestandard. Im

Vordergrund sind die RC-Beschaltung und das Wasserverteilrohr zu sehen, unter der Abdeckung

auf der Rückseite befinden sich die Elektronikbaugruppen für Ansteuerung und Überwachung der

Thyristoren.

Anders als der gesamte Wettbewerb hatte die Arbeitsgemeinschaft HGÜ schon bei Cahora Bassa

erfolgreich auf größere Einheiten für die sättigbaren Ventildrosseln gesetzt und eine Drosselspule

zwei kompletten Thyristormodulen zugeordnet. Bild 5.2 zeigt die wassergekühlte Ausführung, die

bei Nelson River Bipol 2 verwendet wurde.

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Bild 5.2 wassergekühltes Ventildrossel-Modul; Quelle: Autor

Die Konfiguration der HGÜ-Station als Zwölfpuls-Gruppe (12p-Gruppe), bei der zwei

Drehstrombrücken mit ihren sekundärseitig um 30°el phasenverschobenen Transformatoren unter

einem gemeinsamen Leistungsschalter betrieben werden, und bei denen die vier zu einer Phase

gehörenden Ventile in einem gemeinsamen Gerüst übereinander angeordnet werden

(Vierfachventile), ist zuerst von der schwedischen ASEA vorgeschlagen worden. Die

Arbeitsgemeinschaft HGÜ hat diese Anordnung für Nelson River Bipol 2 übernommen und auch

noch den jedem Ventil zugeordneten Überspannungsableiter in das frei stehende Ventilgerüst

integriert. Ein Vierfachventil für 250 kV (Bild 5.3) enthält 64 Thyristormodule und 32

Drosselmodule. Wegen des stufenweisen Ausbaus mit Teil-Inbetriebsetzungen 1978, 1984, 1985

sind zwei Gruppen mit 250 kV in Reihe geschaltet, um die Übertragungsspannung von 500 kV

herzustellen.

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Bild 5.3 Ventilhalle einer 250 kV Zwölfpulsgruppe mit drei Vierfachventilen, 1978;

Quelle: Autor

2.4 ASEA

Die CU-Übertragung im mittleren Westen der USA ging 1979 in Betrieb. Die Ventiltechnik ist

exemplarisch für die ASEA-Technik der 1970er Jahre und wurde noch bei der Inga-Shaba

Übertragung (Inbetriebsetzung 1982/83) verwendet. Im Modul (Bild 6.1) sind zu beiden Seiten

eines konischen Luftkanals je eine Reihe von drei einzeln mit Luftkühlkörpern verspannten

Thyristoren angeordnet, daneben in kompakten Blöcken die RC-Beschaltungen und

Ansteuerungen. Rechts, auf der Innenseite des Moduls, ist eine für drei Thyristoren gemeinsame

Einwindungsdrossel mit Ringbandkernen zu erkennen.

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Bild 6.1 Luftgekühltes Thyristormodul mit 2 x 3 Thyristoren und zwei Ein-Windungsdrosseln;

Quelle: Autor

Charakteristisch für die ASEA-Ventile dieser Zeit waren die Zwischenetagen in den

Vierfachventilen (Bild 6.2), über deren Innenleben es wohl keine veröffentlichten Informationen

gibt, und die mächtigen Luftkanäle im Zentrum. In der CU-Übertragung waren je Ventil 30

Module à sechs Thyristoren in Reihe geschaltet.

Bild 6.2 Ventilhalle der CU-Übertragung mit drei Vierfachventilen für 400 kV; Quelle: Autor

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2.5 Arbeitsgemeinschaft HGÜ (BBC, Siemens): Übertragung Gezhouba – Shanghai

1984 lag in der Arbeitsgemeinschaft HGÜ genügend Betriebserfahrung mit Thyristorventilen vor;

die jetzt verfügbaren Zahlen zu Ausfallraten von Komponenten waren sehr viel niedriger als zu Es

erschien deshalb nicht mehr zwingend, die mechanisch aufwendige Modultechnik beizubehalten.

Auf einer anderen Ebene bereiteten die bei Spannungen von 500 kV sehr hohen und schlanken

Gerüste der Vierfachventile ("Ventiltürme") Schwierigkeiten hinsichtlich ihrer mechanischen

Festigkeit, besonders in erdbebengefährdeten Standorten. Es kam deshalb die Idee auf, die

Thyristorventile an der Decke des Gebäudes aufzuhängen, sodass sie bei einem Erdbeben wie ein

Pendel schwingen können und nicht den mechanischen Belastungen durch die Erdbewegung

ausgesetzt sind.

Bild 7.1 Wassergekühlter Thyristorbaustein mit zwei Ventilabschnitten à 15 Thyristoren und

zwei Ventildrosseln beim Rütteltest; Quelle: Autor

Die Arbeitsgemeinschaft HGÜ beschloss beim Übergang zum hängenden Aufbau, die

Modultechnik zu verlassen und das Ventilgerüst vollständig zu eliminieren. An die Stelle der

Module traten größere Bausteine (Bild 7.1). Sie enthalten zwei Ventilabschnitte, die

spiegelbildlich zur Mitte angeordnet sind. Der äußere Rahmen aus stranggepresstem

Aluminiumprofil hat zwei Funktionen: er ist ein stabiles Gerüst für alle eingebauten

Komponenten und dient als Äquipotentialfläche der Feldsteuerung im Ventilturm. Das

Wartungskonzept sieht vor, dass von der Überwachung identifizierte Komponenten mittels eines

15

Hubwagens direkt im Ventil ausgetauscht werden. Dazu kann ein Brett quer auf den Rahmen

gelegt werden, wenn Komponenten nicht von außen erreicht werden können. Die Abmessungen

des Bausteins sind bestimmt durch das zulässige Transportprofil, z.B. die verfügbare LKW-

Ladefläche (ca. 5 x 2 m).

Bild 7.2 Hängendes Vierfachventil (Ventilturm) aus Thyristorbausteinen in der

Hochspannungsprüfung; Quelle: Autor

Die selbsttragenden Bausteine sind die zentralen Bauelemente des Vierfachventils (Bild 7.2).

Jeder Baustein hängt an Langstabisolatoren, die nach dem Prinzip der Strickleiter am Baustein

darüber befestigt sind. Auf diese Weise muss die Festigkeit des Bausteinrahmens nur für das

Gewicht seiner eigenen Einbauten bemessen sein. Das Bild macht deutlich, dass es kein

Ventilgerüst mehr gibt, sondern außer den Bausteinen nur noch Langstabisolatoren aus dem

Freileitungsbau, die Rohre für das Kühlwasser und die Kabelkanäle für die Lichtwellenleiter.

Das Bausteinkonzept wurde erstmals von der Arbeitsgemeinschaft HGÜ entwickelt und 1984 für

die Übertragung Gezhouba – Shanghai angeboten [3]. Der Baustein wird im Werk vollständig

montiert und geprüft. Bei der Montage vor Ort werden nur noch die Hängeisolatoren, die

Wasserverteilung und die Lichtleiter hinzugefügt. Mittlerweile haben sich alle Hersteller vom

Aufbaukonzept mit austauschbaren Modulen verabschiedet; ABB scheint aber das eigenständige

Ventilgerüst beibehalten zu haben und kleinere Transporteinheiten zu bevorzugen.

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3. Kühlung von HGÜ-Thyristorventilen

Es gilt, jedem Thyristorplatz auf seinem speziellen Potential ein Kühlmittel zum Abtransport der

Verlustwärme bereit zu stellen und das erwärmte Medium zwecks Rückkühlung wieder auf

Erdpotential zu transportieren. Dafür wurden anfangs zwei Richtungen eingeschlagen.

ASEA, English Electric und General Electric setzten auf forcierte Luftkühlung mit großvolumigen

Kanälen aus Kunststoff zur Luftführung und mit leistungsstarken Gebläsen (siehe Kap. 2.1 und

2.4).

Die Arbeitsgemeinschaft HGÜ dagegen begann schon 1967 im ersten Versuchsventil der Firma

Siemens (Bild 1.2) mit der Flüssigkeitskühlung; Ziel war, die Ventile wie Transformatoren im

Freien aufzustellen, deshalb wurde Öl als Kühlmedium gewählt, das dann auch in einem Kessel

zur Isolation dienen sollte.

Bild 8 Thyristorspannverband mit 7 Thyristoren und hydraulisch in Reihe geschalteten

Kühldosen für Ölströmung; Quelle: Autor

Der in Bild 8 dargestellte Thyristorspannverband (Thyristorsäule) wurde im "Versuchsventil unter

Öl" (VVÖ; Bild 1.4) eingesetzt, das bereits 1969 in die Prüfanlagen der 400-kV-Forschungs-

Gemeinschaft in Mannheim-Rheinau geliefert wurde. Der Nennstrom des VVÖ war 900 A,

deshalb brauchten keine Thyristoren parallelgeschaltet zu werden. Aus Bild 8 wird deutlich, dass

das Öl von der Mitte zugeführt wurde und an den Kühlkörpern am Ende der Säule frei in den

Kessel austrat.

Schon während der kommerziellen Realisierung dieser Kühltechnik bei der Übertragung Cahora

Bassa wurde klar, dass sie nicht universell einsetzbar sein würde. Luftkühlung, wie von allen

Wettbewerbern verwendet, erschien nicht allen Partnern der Arbeitsgemeinschaft HGÜ als der

Stein der Weisen. Die beste Lösung schien dann die bei Großgeneratoren verwendete

Wasserkühlung zu sein. Bild 9 ist eine Präsentationsgraphik aus der Mitte der 1970er Jahre und

veranschaulicht die relevanten Eigenschaften der Kühlmedien Luft, Öl und Wasser.

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Bild 9 Thermische und elektrische Eigenschaften verschiedener Kühlmedien; Quelle: Autor

Das Bild zeigt im linken Diagramm die Fähigkeit zum Abführen von Verlustwärme in

Abhängigkeit von der Strömungsgeschwindigkeit des Kühlmediums. Es wird deutlich, dass Öl um

zwei Größenordnungen besser abschneidet als Luft, dass es aber von Wasser noch um eine

weitere Größenordnung übertroffen wird.

Das rechte Diagramm zeigt die elektrische Durchschlagspannung für eine definierte

Elektrodenform. Es ist offensichtlich, dass Öl und Wasser in gleicher Weise der Luft deutlich

überlegen sind. Die Arbeitsgemeinschaft HGÜ hat sich das 1974 als erste zunutze gemacht: bei

der Ausschreibung für das Projekt Nelson River Bipol 2 in Kanada. 15 Jahre später, 1989, stieg

dann auch der letzte Wettbewerber um auf Wasserkühlung.

Allerdings stellt Wasser als Kühlmedium unter Gleichspannung eine Erschwernis im Vergleich zu

Öl dar, da es einen elektrolytischen Leiter darstellt. In jeder Hochspannungs-Gleichstrom-

Anordnung fließt deshalb ein – wenn auch kleiner – Strom zwischen Anode und Kathode, der je

nach Material der Elektroden zu Korrosion führen kann. Das muss mit geeigneten Maßnahmen

verhindert werden, um eine lange Lebensdauer der Thyristorventile sicherzustellen [4].

Bei allen Herstellern wird das hochreine Wasser in einem geschlossenen Kreislauf in Steigrohren

durch die Ventile gepumpt. Ähnlich wie in einem mehrstöckigen Gebäude wird in den Etagen die

für das Kühlen der dort vorhandenen Thyristorplätze und Ventildrosseln erforderliche

Wassermenge abgezweigt. Innerhalb der Etagen muss das Wasser dann zu den einzelnen

Kühlkörpern der Thyristoren, den Beschaltungswiderständen und den Ventildrosseln verteilt

werden, die alle auf unterschiedlichem Potential liegen.

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Bild 10 Gestaltung der Kühlwasserverbindungen in einer Thyristorsäule; Quelle: Autor

Dazu gibt es zwei Möglichkeiten, die durch die beiden Graphiken in Bild 10 veranschaulicht

werden. Dargestellt ist jeweils eine Thyristorsäule mit den Thyristoren als Wärmequellen (rot)

und den Kühlkörpern (blau). Man kann die Kühlkörper hydraulisch in Reihe schalten (links) oder

parallel (rechts). Beide Verfahren haben ihre Vor- und Nachteile.

Die hydraulische Reihenschaltung der Kühlkörper wurde und wird von allen Herstellern mit

Ausnahme der Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft HGÜ angewendet. Vorteilhaft ist die geringe

Anzahl der Schlauchverbindungen und damit der Dichtungsstellen. Diese müssen aber für hohen

Wasserdurchsatz ausgelegt sein, damit der Unterschied in der Thyristortemperatur zwischen

Anfang und Ende der Säule nicht zu hoch wird. Das erfordert einen großen Querschnitt. Dadurch

fließt ein relativ hoher elektrolytischer Strom zwischen jeweils benachbarten Kühlkörpern wegen

ihres unterschiedlichen Potentials und es muss durch spezielle Opferelektroden an allen

Verbindungsstellen dafür gesorgt werden, dass die Kühlkörper nicht durch Korrosion zerfressen

werden.

Die Arbeitsgemeinschaft HGÜ entschied sich dagegen für die hydraulische Parallelschaltung.

Bild 11 Schema der Gestaltung des Kühlkreises mit hydraulischer Parallelschaltung;

Quelle: Autor

19

In Bild 11 stehen die schraffierten Blöcke für die Thyristoren; die Kühlkörper sind jeweils mit

einem Verteilrohr und einem Sammelrohr verbunden. In diese beiden Rohre wird gegenüber dem

ersten und dem letzten Kühlkörper je eine Elektrode eingesetzt. Diese sind jeweils miteinander

und dem zugehörigen Kühlkörper elektrisch verbunden. Dadurch befinden sich diese Kühlkörper

mit ihren Wasserschläuchen zwischen zwei Elektroden gleichen Potentials und sind deshalb nicht

durch elektrolytischen Strom gefährdet. Für die übrigen Kühlkörper sind keine Elektroden mehr

nötig, denn die Wassersäulen zwischen den Elektroden an den Enden der Verteilrohre wirken wie

Ohmsche Spannungsteiler, die auch gleiches Potential an Einlauf und Auslauf aller übrigen

Kühlkörper bewirken und elektrolytischen Strom verhindern.

Elektrolytischer Strom fließt jetzt ausschließlich zwischen den Elektroden in den Verteilrohren.

Damit diese nicht durch elektrolytische Korrosion zerstört werden, erhalten sie eine Oberfläche

aus inertem Material, z.B. Platin. Die hydraulische Parallelschaltung der Kühlkörper erfordert

eine größere Zahl von Schlauchverbindungen und damit von Dichtungsstellen. Allerdings hat sich

in mehr als 30 Jahren Anwendung gezeigt, dass Leckagen an Schlauchverschraubungen auch nach

langer Betriebszeit nie ein Problem waren.

Als Vorteil ist zu verbuchen, dass alle Kühlkörper auch langer Säulen von z.B. 15 Thyristoren mit

Einbau von nur vier Elektroden zuverlässig gegen Korrosion geschützt sind. Die

Schlauchverbindungen haben geringen Querschnitt und der Wasserkreis unterstützt eine lineare

Gleichspannungsaufteilung auf die Thyristorplätze.

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Bild 12 Thyristor Baustein mit Parallelkühlung; Quelle: Autor

Die tatsächliche Ausführung ist in Bild 12 erkennbar. Links sind die zwei in Reihe geschalteten

Thyristorsäulen (a), in der Mitte eines der Verteilrohre (b), die parallel zur Thyristorsäule

verlaufen. Rechts sind die RC-Glieder und zwischen Verteilrohr und Thyristorsäule sind deutlich

die parallelen, dünnen Verbindungsschläuche zu erkennen.

Beide Varianten, die Serienkühlung und die Parallelkühlung, haben sich in vielen Anlagen

bewährt und werden von den Kunden akzeptiert.

4. Ansteuerung von HGÜ-Thyristorventilen

Für die Ansteuerung der Ventile gilt für alle Hersteller analog das Gleiche wie für die Kühlung:

alle Maßnahmen müssen für jeden Thyristor auf seinem individuellen Potential angewandt

werden, sei das 5 kV gegen Erde oder 800 kV.

Bei der Ansteuerung spielt aber die Musik auf Erdpotential: die Regelung in der Warte erzeugt in

jeder Periode für jedes Ventil einen Einschaltbefehl zum erforderlichen Zeitpunkt. Dieser Befehl

muss praktisch verzögerungsfrei an alle Thyristoren des Ventils übertragen werden. Als Ergebnis

muss an allen Thyristoren eines Ventils ein Zündimpuls mit ausreichend Energie gleichzeitig

wirksam sein.

Auch die Ansteuertechnik der HGÜ-Thyristorventile ist über die Jahrzehnte ständig weiter

entwickelt worden. In einer historischen Rückschau ist deshalb ein Vortrag mit dem Titel

"Halbleiterstromrichter für die HGUe" interessant, den Herr Peter Knapp von Brown Boveri

Schweiz im Oktober 1967 zu Beginn der Entwicklung bei einem Kolloquium der 400-kV-

Forschungs-Gemeinschaft in Heidelberg gehalten hat. Es ist nicht sicher, ob der Text heute noch

als Quelle verfügbar ist, deshalb sei hier ein Auszug im Wortlaut wiedergegeben:

"Ein weiteres technisches Problem ist die Zündung der HGUe-Ventile. Bisher haben sich zwei

realisierbare Lösungsmöglichkeiten herausgebildet: Die induktive und optische Impuls

Übertragung. Die Schwierigkeit der induktiven Impulsübertragung besteht darin, Wandler zu

bauen, welche bei dem geforderten Isolationsniveau genügend steile Impulse übertragen können.

Die Kabelzündung nach dem Stromwandlerprinzip scheint den Anforderungen zu entsprechen.

Das nachfolgende Bild zeigt eine Prototypkonstruktion einer Kabelzündeinrichtung für ein 200 kV

- Ventil (Bild 9). Jedem Thyristor ist ein über den isolierten Primärleiter geschobener Ringkern

mit seiner Sekundärwicklung zugeordnet. Die Sekundärwicklung ist über eine Entkopplungsdiode

an den Steuerkreis des Thyristors angeschlossen. An dieser Diode kann die negative

Sekundärspannung während der Rückmagnetisierung des Kernes anliegen; an den am Boden des

Oelbehälters herausgeführten Anschlüssen des haarnadelförmigen Primärleiters erfolgt die

Ansteuerung mit kräftigen steilen Stromimpulsen. Wegen der grossen Streuung der Anordnung ist

der Pulswiderstand sehr hoch, deshalb muss ein leistungsfähiger Steuergenerator zur Verfügung

21

stehen. Dauerimpulse können nur als Wechselspannung übertragen werden. Der grosse

Platzbedarf und die unvermeidlichen Erdkapazitäten der Sekundärwicklungen sind Nachteile der

induktiven Impulsübertragung, daher werden gegenwärtig die Möglichkeiten der optischen

Impulsübertragung an jeden einzelnen Thyristor ernsthaft geprüft.

Hier bieten sich wiederum verschiedene Verfahren an. Eines davon kommt mit geringer

Lichtleistung aus und sieht empfindliche Photoelemente vor, welche dem Hauptstromkreis

entnommene Energie während jeder optischen Anregung als Zündimpulse auf das Gate des

Thyristors schalten. Ein zweites Verfahren sieht die direkte optische Anregung des

Hauptthyristors vor. Obwohl beide Verfahren studiert wurden, das erste sogar in mehreren

Varianten, möchte ich hier nur auf das zweite Verfahren eingehen, da es auf weite Sicht wohl das

Vorteilhaftere zu sein verspricht (Bild 10). Die Steuereinrichtungen sind sehr einfach und

übersichtlich. Links sind mehrere in Serie geschaltete Thyristoren dargestellt. Anstelle des

Gateanschlusses an die mittlere n-Schicht ist nur ein Graben durch die Kathodenkontaktierung in

den Emitter geätzt, um die Strahlung möglichst gut in den Thyristor einkoppeln zu können. Zur

Führung der Strahlung von den rechts gezeichneten Lichtquellen sind Faserlichtleiter eingesetzt.

Als Impulslichtquellen dienen GaAs-Lumineszenz-Dioden, deren Infrarotstrahlung mit einer

Wellenlänge von 0,9 µm zur Anregung von Silizium Elementen vorzüglich geeignet ist.

Versuche mit serienmässig hergestellten Tabletten von Leistungsthyristoren, welche anstelle der

Gate-Kontaktierung eine Anätzung des Emitters auf einer Fläche von einigen mm2 erhielten,

zeigten vielversprechende Ergebnisse. Die zur sauberen Zündung erforderliche

Strahlungsleistung liegt in der Grössenordnung 10 bis 100 mW weit unterhalb jener Leistung,

welche zur Stromzündung der Elemente erforderlich wäre. Die ursprünglichen Befürchtungen, die

Thyristoren würden durch die Sensibilisierung in ihren guten elektrischen Eigenschaften leiden,

haben sich nicht bestätigt. Ein Problem stellt gegenwärtig die Lichtquelle dar, da diese wegen des

schlechten Wirkungsgrades der GaAs-Dioden thermisch sehr hoch belastet wird und der Betrieb

gewissen Einschränkungen unterliegt.

Zwei wesentliche Vorteile gegenüber anderen Zündsystemen dürfen bei der Beurteilung der

direkten Lichtzündung nicht übersehen werden:

Die Sicherheit gegen Störimpulse, da überhaupt kein geschlossener Gatestrom-Kreis mehr

existiert, in welchem Störungen eingekoppelt werden könnten.

Die Freiheit von Erdkapazitäten, welche die grösstmögliche Freizügigkeit in der

Thyristorbeschaltung gewährt.

…"

Es erscheint nun interessant, die Aussagen von Herrn Knapp an der tatsächlichen Entwicklung zu

spiegeln: erst 30 Jahre später, 1997, konnte das letzte noch aktive Mitglied der

Arbeitsgemeinschaft HGÜ ein Ventil mit direkt lichtgezündeten Thyristoren kommerziell

erproben.

22

4.1 Induktive / magnetische Zündimpulsübertragung

Die von Herrn Knapp angesprochenen Bilder 9 und 10 sind hier als Bilder 13.1 und 14.1

eingefügt.

Zunächst wurde von allen Herstellern die induktive Zündimpulsübertragung angewendet. In Bild

13.1 ist zu berücksichtigen, dass dort nur die Übertragung im Ventil selbst dargestellt ist, nicht

aber die Übertragung von Erdpotential auf Ventilpotential. Letztere erfolgte bei Cahora Bassa

mittels eines Lichtsignalübertragers: ein Glasfaserleiter, der in einem speziellen Isolierstützer

untergebracht war (Bild 13.2). Auf der Isolierplattform, unterhalb des Ventilkessels, befand sich

der sog. Impulsverstärker: ein elektronischer Mittelfrequenzgenerator, der eine 120° el. lange

Impulskette in das Zündkabel einspeiste. Auf der Sekundärseite erzeugten daraus Puls-

Formungsschaltungen an jedem Thyristorplatz die eigentlichen Zündimpulse. Die Hilfsenergie für

den Impulsverstärker und die verschiedenen Überwachungs- und Schutzeinrichtungen auf

Potential wurde für jeden Ventiltisch durch einen eigenen Hilfsenergietransformator bereitgestellt.

Bild 13.1

Prototypkonstruktion eines magnetischen

Zündimpulsübertragers (ölisoliert) für ein 200-

kV-Ventil, 1967; Quelle: Autor

Bild 13.2 Ringbandkern mit 4 x 7 Sekundärwicklungen

für eine Ventiletage Cahora Bassa mit

4 Modulen, 1977; Quelle: Autor

In der Rückschau ist bemerkenswert, dass die Arbeitsgemeinschaft HGÜ in den frühen Jahren

beim Entwickeln der magnetischen Zündimpulsübertragung für die Primärseite eine Lösung für

das komplette Ventil im Auge hatte und nur auf der Sekundärseite die Modularität

berücksichtigte. Das war keineswegs allgemein üblich.

23

Bild 14.1 Schematische Darstellung der

Lichtleiterführung für direkt lichtgezündete

Thyristoren, 1967; Quelle: Autor

Bild 14.2 Direkt lichtgezündeter 100 mm-Thyristor mit

Wafer und abgewinkeltem Glasfaserleiter für

zentrale Lichteinkopplung, 1997; Quelle: Autor

General Electric verwendete Lichtsignale bis zum Modul; auf diesem befand sich ein

Impulsgenerator für elektrische Zündimpulse, die mit einem magnetischen System – am unteren

Rand des Moduls (Bild 3.1) – zu jedem Thyristorplatz übertragen wurden. Die Hilfsenergie für

dieses System wurde in jedem Modul aus dem Hauptstromkreis ausgekoppelt. Über die

Impulsübertragungssysteme der anderen Hersteller sind wohl keine Einzelheiten veröffentlicht;

sie dürften aber anders gestaltet gewesen sein, als das der Arbeitsgemeinschaft HGÜ. Bekannt ist

lediglich, dass ASEA zumindest in einigen luftgekühlten Anlagen Windturbinen einsetzte, um die

Zündsysteme auf Ventilpotential mit Energie zu versorgen.

4.2 Indirekte Lichtzündung

1974 waren Optoelektronik und faseroptische Lichtwellenleiter weit genug entwickelt, dass die

Arbeitsgemeinschaft HGÜ in das Angebot für das Projekt Nelson River Bipol 2 eine weitere

Innovation aufnehmen konnte: die bereits 1967 im Kolloquium der 400-kV-

Forschungsgemeinschaft genannte optische Impulsübertragung an jeden einzelnen Thyristor. Dies

wurde erleichtert durch die Erkenntnis, dass zum Einschalten und sicheren Betrieb eines

Thyristors kein Dauerimpuls von 120 Grad notwendig ist, sondern ein Steuerimpuls von wenigen

Mikrosekunden Dauer ausreicht. Zwar gab es immer noch keine geeignete Lichtquelle, um direkt

optisch zündbare Thyristoren einsetzen zu können, aber auch die sogenannte indirekte

Lichtzündung [5] versprach deutliche Vorteile hinsichtlich Baugröße, Störsicherheit, Betrieb,

Wartung und natürlich der Kosten.

24

Bild 15 Prinzip der indirekten Lichtzündung elektrisch gezündeter Thyristoren und

erforderliche Funktionen im Ventil; Quelle: Autor

Hierbei wurden die Zündbefehle der Regelung in einem prozessorgesteuerten Elektronikschrank

(„Fußpunktelektronik“) mittels LED in optische Zündsignale für jeden Thyristor umgesetzt,

wobei jedem Thyristor eine LED zugeordnet ist. Diese Signale werden mittels Lichtwellenleitern

zu den einzelnen Thyristorplätzen übertragen und dort in speziellen Elektronikbaugruppen zu

elektrischen Zündimpulsen verarbeitet. Für die Verarbeitung werden auf der Baugruppe selbst

erzeugte Zustandsinformationen für den Thyristorplatz verwendet, wie am Thyristor anliegende

Spannung und Zustand der Hilfsenergieversorgung. Je nach Regelphilosophie können auch noch

weitere Funktionen auf der Baugruppe implementiert sein und in die Verarbeitung der

Zündsignale einfließen. Zusätzlich ist ein Schutzkreis vorhanden, der den Thyristor einschaltet,

wenn seine Vorwärtsspannung den zulässigen Wert überschreitet.

Außerdem erlaubt die indirekte Lichtzündung eine Online-Überwachung jedes Thyristorplatzes.

Dazu werden die an jedem Thyristorplatz erzeugten Zustandsinformationen in einem

Impulstelegramm über einen getrennten Lichtwellenleiter in die Fußpunktelektronik übertragen

und dort ausgewertet. Dem Betriebspersonal stehen damit jederzeit alle Informationen über

Fehlerart, Anzahl und Position ausgefallener Thyristorplätze zur Verfügung, sodass bei

Wartungspausen zielgerichtet Komponenten getauscht werden können. Die erforderliche

Hilfsenergie für den Betrieb der Thyristorelektronik-Baugruppe wird auf dieser selbst aus dem

Hauptstromkreis ausgekoppelt.

Fußpunktelektronik mit LED

niedriger Leistung

ck

me

ldu

ng

op

tis

ch

es

nd

sig

nal

ele

ktr

. Z

ün

dim

pu

ls

Rückmeldung

Hilfsenergie

Logik

elektr. Zündimpuls

Schutzzündung

Spannungserfassung

Thyristorelektronik

25

Mit der Inbetriebsetzung der ersten Ausbaustufe der Übertragung 1978 wurde die Technik

weltweit erstmals kommerziell angewendet; sie ist heute in teilweise weiterentwickelter Form

einer der beiden Industriestandards. Die Anzahl der Varianten in der Ausgestaltung der

Baugruppen und der auf ihnen implementierten Funktionen ist nur durch die Anzahl der HGÜ

Hersteller und den Erfindungsreichtum ihrer Ingenieure begrenzt, siehe Bild 16.

Bild 16 Eine Aufgabe, drei Lösungen: Thyristorelektronik-Baugruppen für indirekte

Lichtzündung; Quelle: Autor

Als Lichtwellenleiter wurden im Allgemeinen Glasfaserbündel-Lichtleiter und für die

Rückmeldung später auch Kunststofflichtleiter verwendet. Um die Dämpfung des Signals auf dem

Übertragungsweg gering zu halten, wurde die Fußpunktelektronik in der Nähe des Ventils

aufgestellt oder die Warte so im Gebäude angeordnet, dass eine Länge von 50 – 60 m nicht

überschritten wurde.

Die Arbeitsgemeinschaft HGÜ hatte eine besondere Konfiguration der Sendelichtleiter entwickelt,

mit der einerseits redundante Lichtquellen ermöglicht wurden, aber andererseits die Zahl der

benötigten LED deutlich reduziert werden konnte. Hierfür wurde die Tatsache ausgenutzt, dass

die Glasfaserbündel-Lichtleiter aus mehreren hundert Einzelfasern von etwa 50 µm Durchmesser

bestehen. Bei der Fertigung werden die Fasern eines Endes von z.B. acht Bündeln statistisch

gemischt und dann auf zwei Bündel aufgeteilt. In diese wird das Licht von zwei LED

eingekoppelt; diese sind so dimensioniert, dass die Lichtleistung von einer für die Ansteuerung

von z.B. acht Thyristorelektronik-Baugruppen ausreicht.

26

Bild 17 Sendelichtleiter für redundante Lichtquellen mit acht Armen (schematisch);

Quelle: Autor

Die General Electric Co. in den USA hatte einen anderen Weg eingeschlagen und mit

Fördermitteln des Electric Power Research Institute (EPRI) schon früh begonnen, direkt

lichtzündbare Thyristoren und eine geeignete Lichtquelle zu entwickeln, um die induktive

Impulsübertragung ersetzen zu können [6]. Die Entwicklung war jedoch nicht erfolgreich und

resultierte in einer Variante der indirekten Lichtzündung: eine Cäsiumlampe strahlte auf einen

Quarzglasverteiler; von diesem führten Monofasern zu jedem Thyristorplatz. Dort war ein

lichtzündbarer Hilfsthyristor zwischen Anode und Gate des Hauptthyristors geschaltet, der beim

Einschalten durch den Lichtimpuls einen Zündimpuls für jenen erzeugte. Die Technik wurde in

der Übertragung Des Cantons in Québec/Kanada und Comerford in New Hampshire/USA

(Betriebsaufnahme 1986) erstmals eingesetzt. Im Betrieb zeigten sich allerdings Probleme

bezüglich der Lebensdauer und der Wärmeentwicklung der Cäsiumlampen; über deren Lösung

wurde jedoch nichts mehr bekannt, da sich General Electric bald darauf komplett aus dem HGÜ-

Geschäft zurückzog.

4.3 Direkte Lichtzündung

Obwohl die indirekte Lichtzündung entsprechend dem Prinzip nach Bild 15 sich als zuverlässige

Technik bewährt und bei allen Herstellern (außer General Electric) als Standard etabliert hatte,

blieb die Vision der direkten Lichtzündung erhalten. Sie ließ erwarten, dass die Ventile erheblich

vereinfacht werden könnten – durch Wegfall der Elektronik Baugruppe an jedem Thyristorplatz

und dem dafür notwendigen Auskoppeln von Hilfsenergie. Die Entwicklungsarbeiten an

Thyristoren, Lichtquellen und Schutzkonzepten gingen deshalb an verschiedenen Orten weiter.

Die ersten funktionierenden HGÜ-Ventile mit direkt lichtzündbaren Thyristoren wurden 1984

bekannt: je ein Versuchsventil von Hitachi, Mitsubishi (?) und Toshiba in der Kurzkupplung

Sakuma, z.B. [7]. Ab 1992 war direkte Lichtzündung die Standardtechnik in Japan, nicht nur für

HGÜ, sondern für alle Hochspannungsanwendungen von Thyristoren. Für HGÜ-Ventile hatten

die Thyristoren jedoch aus europäischer Sicht einen Schönheitsfehler: sie boten keine Möglichkeit

27

einer individuellen Schutzzündung bei übermäßiger Spannungsbeanspruchung, die inzwischen

zum Standard bei der indirekten Lichtzündung geworden war und von allen Anwendern verlangt

wurde. Die japanischen Hersteller lösten dies im eigenen Land damit, dass sie die Redundanz

erhöhten, d.h. mehr Thyristoren in Reihe schalteten.

In den USA entwickelte neben General Electric auch Westinghouse – ebenfalls mit Förderung

durch EPRI – direkt lichtzündbare Thyristoren [8]. Der kanadische Zweig der Firma hatte Anfang

der 1970er Jahre Entwicklungsarbeiten für HGÜ-Ventile betrieben; die Aktivitäten wurden aber

eingestellt und Westinghouse war in der Folge nur noch im SVC-Markt aktiv. Lichtzündbare

Thyristoren mit integriertem Überspannungsschutz wurden in einem SVC-Ventil erprobt; über

einen kommerziellen Einsatz ist nichts bekannt.

Bild 18 Prinzip der direkten Lichtzündung von Thyristoren und erforderliche Funktionen im

Ventil; Quelle: Autor

Anfang der 1990er Jahre waren Forschung und Entwicklung im Halbleiterbereich der Siemens

AG, der späteren Infineon, soweit gediehen, dass die Technik für einen 100 mm Thyristor mit

direkter Lichtzündung, integrierter Schutzzündung und einer Sperrspannung von 8.000 V an die

Fertigung übergeben werden konnte [9]. Außerdem standen Laserdioden ausreichender Leistung

und Lebensdauer mit der erforderlichen Wellenlänge des abgestrahlten Lichts zur Verfügung. Auf

dieser Grundlage entstand eine Technik von HGÜ- und SVC-Thyristorventilen nach dem in Bild

18 dargestellten Prinzip: Jeder Thyristorplatz verfügt über eine Spannungserfassung und meldet

ckm

eld

esig

nal

Lic

hti

mp

uls

Spannungserfassung

Fußpunktelektronik

mit Laserdioden

28

das Vorhandensein positiver Spannung an die Fußpunktelektronik. Beim Eintreffen eines

Zündbefehls von der Regelung prüft die Fußpunktelektronik, ob an genügend vielen Thyristoren

des Ventils positive Spannung vorhanden ist. Ist das der Fall, wird ein kurzer Lichtimpuls direkt

an alle Thyristoren des Ventils übertragen und so deren Einschalten bewirkt [10].

Warte Ventilhalle

n < 16

LZT n

LWL 2

MMV

LD

LD

LWL 1

FPE

LZT 1

LZT 2

LWL 1

LWL 2

LWL 2100 m

FPE : FußpunktelektronikMMV: MultimodeverzweigerLWL: Lichtwellenleiter

LD : LaserdiodeLZT : Lichtzündbarer Thyristor

Bild 19 Prinzip des optischen Systems zum Zünden direkt lichtzündbarer Thyristorventile;

Quelle: Autor

Dabei ist es nicht notwendig, jeden Thyristor mit einer eigenen Laserdiode anzusteuern: es stehen

Dioden zur Verfügung, deren Lichtleistung für das Einschalten einer größeren Zahl von

Thyristoren ausreicht. Die Impulsübertragung erfolgt deshalb nach dem in Bild 19 dargestellten

Prinzip. Dabei wird eine Anzahl von Thyristoren – üblicherweise die eines Ventilabschnitts – von

redundanten Laserdioden angesteuert. Es kann eins-aus-zwei- oder zwei-aus-drei-Redundanz

angewendet werden. Der abgestrahlte Lichtimpuls wird über Monofasern (LWL 1) bis in den

Ventilbaustein übertragen und in einen Multimode-Verzweiger eingespeist. Dort wird er aufgeteilt

und über weitere Lichtwellenleiter (LWL 2) zu den Thyristoren übertragen (siehe Bild 14b).

Der Verzweiger ist eine Standardkomponente aus der Kommunikationstechnik; er ist völlig passiv

und besteht neben den Steckbuchsen für die Lichtwellenleiter im Inneren nur aus Glasfasern und

dem Verteilungselement (Bild 20). Er wird im Baustein in der Mitte zwischen den beiden

Ventilabschnitten eingebaut, die er versorgt und ist in Bild 12 auf der linken Seite innerhalb der

Abschirmung zu erkennen.

29

Bild 20 Multimode-Verzweiger; Quelle: Autor

Ein Prototypventil der hier beschriebenen Technik wurde ab 1997 für zwei Jahre in der Pacific

Intertie im kommerziellen Betrieb erprobt; es ersetzte ein Quecksilberdampfventil mit den

Nenndaten 133 kV, 2.000 A. Während der gesamten Erprobungsdauer gab es keinerlei Ausfälle

oder Störungen und das Ventil wurde anschließend vom Betreiber der Anlage zum dauernden

Gebrauch erworben. Zwei Jahre später wurde mit dem Moyle Interconnector zwischen Nordirland

und Schottland die erste Komplett-Übertragung mit dieser Technik in Auftrag gegeben. Seitdem

ist für HGÜ-Anlagen mit 4"- und 5"-Thyristoren die Technik der direkt lichtgezündeten Ventile

die Standardausführung bei Siemens. Nur bei Anlagen mit 6"-Thyristoren, wenn der Betreiber aus

Volumengründen zwei Hersteller mit der Ventillieferung beauftragt und ein einheitliches

Zündverfahren verlangt, liefert dieser Hersteller noch Ventile mit elektrisch zündbaren

Thyristoren.

5. Stand der Technik von HGÜ-Thyristorventilen im Jahr 2011

Die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung und mit ihr die Technik der HGÜ-Thyristorventile

hat sich seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts zu einer anerkannten, wirtschaftlichen und

zuverlässigen Alternative für die Energieübertragung entwickelt. Derzeit haben sich drei

europäische Hersteller auf dem stark expandierenden Markt für HGÜ-Übertragung etabliert. Der

größte Markt für Anlagen mit Thyristorventilen, gemessen in Übertragungsleistung, ist derzeit in

China, deshalb haben alle Hersteller dort Kooperationspartner. Die Übertragungsleistung erreicht

bis zu 7.600 MW bei 800 kV; dabei werden pro Pol zwei Zwölfpulsgruppen in Reihe geschaltet.

Die weltweit am weitesten verbreitete Übertragungsspannung ist aber 500 kV, nur bei

30

Seekabelverbindungen kleinerer Leistung und Entfernung findet man niedrigere Spannungen. Da

die Nennspannung der eingesetzten Thyristoren je nach Definition des Anwenders zwischen 8,5

und 9,5 kV liegt, beträgt die maximale Zahl der in Reihe geschalteten Thyristorplätze in einem

Ventil heute etwa 80. Je nach Nennstrom finden Thyristoren mit 4"-, 5"-, oder 6"-Silizium-

Durchmesser Anwendung.

Alle Hersteller verwenden Wasserkühlung der Thyristoren, Beschaltungswiderstände und

Ventildrosseln. Ebenso verwenden alle Hersteller eine Ventilanordnung, die an der Hallendecke

aufgehängt ist. Zwei Hersteller verwenden das Bausteinkonzept, aber alle tauschen ausgefallene

Komponenten im Ventil, niemand baut Module zu Reparaturzwecken aus. Einen visuellen

Eindruck von aktuellen Thyristorventilen vermitteln die Bilder 21 bis 23.

Bild 21 Erdnahe 12p-Gruppe der 800-kV-Übertragung Xiangjiaba (ABB), bestehend aus sechs

Doppelventilen mit Erdpotential oben und 400 kV Potential unten; Quelle: Autor

31

Bild 22 Ventilhalle der Übertragung Kontiskan (Alstom): Bei Anlagen niedrigerer

Übertragungsspannung bis herauf zu 600 kV sind Vierfachventile, wie in diesem Bild,

die Standardausführung. Alstom verwendet die Bausteintechnik und hat hier zwei

Bausteine pro Etage angeordnet; Quelle: Autor

Bild 23 Obere (erdferne) 12p-Gruppe der 800-kV-Übertragung Yunang-Guangdong (Siemens),

bestehend aus sechs Doppelventilen in Bausteintechnik. Diese Ventile sind gegen die

Hallendecke für 600 kV isoliert, gegen den Hallenboden aber für 800 kV; Quelle: Autor

32

Am unteren Ende der Leistungsskala hat sich in den letzten Jahren eine neue Technik etabliert:

HGÜ mit Spannungszwischenkreis-Stromrichtern, sogenannte VSC-HGÜ. Die wesentlichen

Unterschiede für den Betrieb sind konstante Spannungspolarität bei Energierichtungswechsel, die

Möglichkeit Blindleistung zu erzeugen und die Möglichkeit, auf harmonische Filterkreise zu

verzichten. Die Ventile dieser Anlagen verwenden statt der Thyristoren Schaltungen aus IGBT

und Dioden, ebenfalls in Vielfachreihenschaltung. Die größte bisher in Auftrag gegebene

Leistung ist 1.000 MW bei 320 kV, begrenzt durch die verwendeten Kunststoffkabel.

6. Zusammenfassung und Ausblick

Seit den ersten HGÜ-Versuchsventilen auf der Basis von Thyristoren in den 60er Jahren des

letzten Jahrhunderts haben sowohl die Halbleitertechnik als auch die Ventiltechnik enorme

Fortschritte gemacht. Wesentliche Elemente aus der Technik der frühen Jahre sind aber noch

heute gültig, z.B. die Reihenschaltung von Thyristoren, die einfache RC-Beschaltung, der

modulare Aufbau. Einige der von den Firmen der Arbeitsgemeinschaft HGÜ eingeführten

Lösungen sind inzwischen Industriestandard, z.B. der säulenförmige Thyristorspannverband, die

Wasserkühlung, die optische Ansteuerung, das Bausteinkonzept.

Durch stetige Evolution der Technik und Weiterentwicklung der verwendeten Komponenten hat

sich die maximale Leistung fast vervierfacht: was im Jahre 1974 2.000 MW war (Angebot Nelson

River Bipol 2 mit zwei Zwölfpulsgruppen in Reihe je Pol für 500kV) sind heute 7.600MW bei

800 kV.

Solange der Bedarf an Gleichstromübertragung von vielen tausend Megawatt über große

Entfernungen besteht, darf erwartet werden, dass die Technik der Thyristorventile ohne

grundlegende Änderungen weiterbestehen wird. Es darf jedoch auch erwartet werden, dass die

VSC-Technik mit IGBT-Ventilen eine ähnliche Evolution durchmachen wird wie bisher die

Thyristor-Ventiltechnik. Als Folge dürften Übertragungen bis etwa 500 kV und einigen tausend

Megawatt in wenigen Jahren überwiegend in dieser Technik ausgeführt werden.

33

7. Literatur

[1] Etter, P.; Hengsberger, J.; Thiele, G.: Besondere Aufgaben und Lösungswege bei der

Beschaltung von Thyristoren in HGÜ-Stromrichtern. In: Depenbrock, M. (Hrsg.):

Dynamische Probleme der Thyristortechnik. Berlin: VDE-Verlag, 1971

[2] F. C. Beriger, F. C.; Hengsberger, J.; Jütte, G.W.: Cabora Bassa Transmission: Oil Cooled

Outdoor Thyristor Valves. In: IEEE Transactions on Power Apparatus and Systems, PAS

94, No. 4, July/August 1975, pp. 1061-1071

[3] Beriger, C.; Kieser, A.; Lips, H. P.; Pauli, M.: State-of-the-Art Thyristor valves for China's

First HVDC Transmission System. In: IEEE/CSEE Joint Conference on High Voltage

Transmission Systems in China. Beijing/China, October 17-22, 1987, pp.520-526

[4] Lips, H. P.: Water Cooling of HVDC Thyristor Valves. In: IEEE Transactions on Power

Delivery, Vol. 9, No. 4, October 1994, pp. 1830-1837

[5] Lips, H. P.; Pauli, M.: Gating Systems for High Voltage Thyristor Valves. In: IEEE

Transactions on Power Delivery, Vol. 3, No. 3, July 1988, pp. 978-983

[6] Temple, V. A. K.: Light-Triggered Thyristors for HVDC Applications. In: IEEE publication

No. 79 CH 1399-5-PWR, 1979, pp. 213-221

[7] Takahaski, T.; Ino, H.; Tanabe, S.; Kobayashi, S.; Horiuchi, T.; Senda, T.: 125 kV –

1.800 A Light-Triggered Thyristor Valve for HVDC Transmission. In: Proceedings of

IEEE/IREQ International Conference on DC Power Transmission. Montreal/Canada, 1984,

pp. 234-240

[8] Light-Fired Thyristor Development. EPRI Report EL-5125, 1987

[9] Mitlehner, H.; Pfirsch, F.; Schulze, H. J.: A Novel 8 kV Light-Triggered Thyristor With

Overvoltage Self Protection. In: Proceedings of the 2nd

International Symposium on Power

Semiconductor Devices and ICs – ISPSD '90, 1990, pp. 289-294

[10] Lips, H. P.; Matern, J.; Neubert, R.; Popp, L.; Uder, M.: Light Triggered Thyristor Valve

For HVDC Application. In: European Power Electronics Conference, Trondheim/Norway,

September 1997, pp. 1287-1292