Tillich Paul_Die Religiöse Lage Der Gegenwart_Verlag Ullstein_Berlin

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    [7]Vorwort

    Ein Buch über die religiöse Lage der Gegenwart muß von allem Gegenwärtigen etwas sagen. ennes gibt nichts! das nicht auch "usdruc# der religiösen Lage wäre. Es ist aber $ür niemandenmöglich! von allem Gegenwärtigen %u reden& die Gren%en der lebendigen Be%iehung %u den ingen

    sind auch die Gren%en einer ernstha$ten "ussage. 'icht die (achgren%en sind gemeint. ie ingevom Ewigen her betrachten! heißt nicht! sie $achlich ) auch nicht $achtheologisch ) betrachten.Es heißt! sie au$ das hin betrachten! was sie $ür die Lage der *eit vor der Ewig#eit bedeuten. asaber ist nicht möglich ohne lebendiges Einswerden mit ihnen. +nd daraus $olgen Gren%en der "ussagemöglich#eit& Gren%en! die so $ür den Leser nicht bestehen! weil seine Gren%en anderswoliegen. as ist unvermeidlich und ist gut! wenn es den Er$olg hat! daß der Leser nun von sich ausseine Lebensbe%iehungen walten läßt! angeregt durch ,iders-ruch und *ustimmung.Literaturangaben hätten bei der (ülle der behandelten Gebiete ins +nendliche gehen müssen. Es istdarum gan% au$ sie ver%ichtet worden. 'icht Literatur! sondern eigenes (ragen und lebendige!verantwortliche eilnahme an der Gegenwart und ihren /roblemen ist entscheidend $ür eineBetrachtung wie die [0] vorliegende. ) 1anchem Leser wird es das 2erständnis erleichtern! wenn

    er nach der Einleitung %uerst den dritten! dann den %weiten eil liest und als let%tes die "bschnitteüber ,issenscha$t und 1eta-h3si#.

     'icht nur die "uswahl des 4to$$es! sondern auch der 4tand-un#t seiner Beurteilung ist %ulet%t in -ersönlicher Entscheidung begründet. ,elches der 4tand-un#t des 2er$assers ist! wird demau$mer#samen Leser nicht entgehen. Er ist deutlich genug vertreten. Eine sogenannte ob5e#tivearstellung der Gegenwart heißt teils 4elbsttäuschung! teils Langeweile. ennoch ho$$e ich! daß esein 4tand-un#t ist und #eine bloß sub5e#tive! also will#ürliche *usammenstellung von 1einungen.enn nur von einem 4tand-un#t aus und weder von einer 4cheinob5e#tivität noch von einer %u$älligen 4ub5e#tivität her ist eine verantwortliche und schö-$erische *eit#riti# möglich.

     'ur einem 1ißverständnis mag vorgebeugt werden6 der Geist der bürgerlichen Gesellscha$t8! der im 1ittel-un#t der Betrachtung steht! ist nicht der Geist ein%elner 1enschen! auch nicht einer 9lasse oder einer /artei! sondern er ist das 43mbol $ür eine let%te! grundlegende ,elt: undLebenshaltung. (reilich ist er ein sehr reales 43mbol! und in unserer Lage vor%üglich anschaubar inder realen bürgerlichen Gesellscha$t und darum nach ihr benannt. 4eine Bedeutung aber geht weitüber sie hinaus.,enn es dem Buch gelingt! von der Erschütterung dieses Geistes und damit von der Erschütterungunserer *eit durch die Ewig#eit ein wir#ungs#rä$tiges *eugnis %u geben! so hat es seinen *wec# er$üllt. [;]

    Einleitung

    I. Gegenwart und religiöse Lage

    2on der religiösen Lage der Gegenwart wollen wir reden. Ehe wir an die 4ache selbst gehen! wollenwir einen "ugenblic# über das hema und den 4inn seiner Begri$$e nachden#en. 2ielleicht wirdsich dabei ergeben! daß wir au$ diesem ,ege unmittelbarer und tie$er in die 4ache hinein#ommen!als wenn wir uns ihr dire#t %ugewendet hätten.

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    [?@] manchem! der von der Gegenwart reden will! geht es auch so! daß er von #einer der drei *eitenredet! sondern von der Ewig#eit! die über den *eiten ist. 4o hätten wir denn drei "ntworten au$ unsere (rage nach der Gegenwart6 Gegenwart ist 2ergangenheit! Gegenwart ist *u#un$t undGegenwart ist Ewig#eit. iese drei "ntworten wollen wir %unächst betrachten.Gegenwart ist 2ergangenheit6 Aede gegenwärtige Bewegung ist eine ,elle! die gehoben ist von den,ellen aller 2ergangenheit. ,ohl ist sie ein Eigenes! Einmaliges! aber dieses Eigene ist ge$üllt und

    getragen von der +nendlich#eit des "nderen! des 2ergangenen. +nd darum #ann der Blic# nichtha$ten bleiben au$ diesem Einen! sondern 5e tie$er er in sein ,esen eindringt! desto mehr gleitet er  bewußt oder unbewußt %urüc# in die 2ergangenheit %u dem nächsten "nderen und von da %u dem$erneren "nderen! und wenn er es #önnte! %u allem "nderen. 'ur in Einheit mit all diesem ist dasGegenwärtige! was es ist! und ohne dieses "ndere! au$ dem es ruht! ist das Gegenwärtige ein 'ichts.

     ) ,ie #ann aber überhau-t etwas ausgesagt werden! wenn bei 5eder "ussage alles ausgesagtwerden müßte> ie sinnliche 'atur hil$t sich im 4chauen der "ußenwelt aus der gleichen4chwierig#eit durch ein ein$aches 1ittel6 die /ers-e#tive. +nd wie im =äumlichen! so ist es auchim *eitlichen. eutlich sichtbar sind allein die Gestalten der unmittelbaren 'ähe6 Ae $erner dieGestalten rüc#en! desto ein$acher werden die +mrisse! um schließlich dem Blic# langsam %uentschwinden. hne solche /ers-e#tive #ann #ein Gegenstand in seinem rechten! räumlichen oder 

    %eitlichen rt [??] gesehen werden. +nd im Geistigen noch weniger als im inglichen. enn dasGeistige wird nur dadurch ein Eigenes! daß es in sich ein Aa und ein 'ein trägt gegen das "ndere.Eine geistige Erscheinung er#ennen! heißt! ihr Aa und ihr 'ein %u anderen geistigen Erscheinungener$assen. +nd die Gegenwart er#ennen! heißt! ihr Aa und 'ein %ur 2ergangenheit! der näheren und$erneren! begrei$en.+nd nun die %weite "ntwort6 Gegenwart ist *u#un$t. "lles Leben im Gegenwärtigen ist einGes-anntsein au$ das *u#ün$tige& 5ede Gegenwart ist wesentlich ein 4chreiten aus der 2ergangenheit in die *u#un$t. Geist ist immer Gerichtetsein von dem! was ist! %u dem! was seinsoll. Eine Gegenwart verstehen! heißt! diese ihre innere 4-annung au$ die *u#un$t sehen. "uch hier gibt es eine geistige /ers-e#tive! eine 1öglich#eit! in all der +nendlich#eit der Bestrebungen und4-annungen! ) die 5ede Gegenwart in sich birgt! das %u $inden! was nicht nur ,eitertragen der 2ergangenheit! sondern was %u#un$tsschwere 'euschö-$ung ist. Es gibt ein 4chauen der werdendenGestalt! wie es ein 4chauen der großen Linien der 2ergangenheit gibt. +nd Gegenwart verstehen!heißt! %utie$st die *u#un$t verstehen! mit der diese Gegenwart schwanger geht. )

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     bloßen [?D] ,erden! dem bloßen 4chreiten aus der 2ergangenheit in die *u#un$t enthoben ist! heißtvon etwas reden! das %war die *eiten trägt! selbst aber nicht den *eiten unterwor$en ist. atirgendeine Gegenwart 4inn! so hat sie Ewig#eit. 'ur weil Gegenwart Ewig#eit ist! hat sie eineBedeutung! die sie wert macht! betrachtet %u werden. ) + n d s o # ö n n e n w i r u n s e r ed r e i ( r a g e n % u s a m m e n $ a s s e n u n d n a c h d e m E w i g e n $ r a g e n ! d a s i nd e r G e g e n w a r t a u s v e r g a n g e n e r n a c h % u # ü n $ t i g e r 2 e r w i r # l i c h u n g

    d r ä n g t .1it dieser (rage sind wir im 1ittel-un#t unseres hemas! nämlich bei der (rage nach der religiösenLage der Gegenwart. +nd wir machen nun noch einmal halt und $ragen6 was das ist! eine religiöseLage>

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    Ge$äß:sein:,ollen und 4elbst:

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    ge%ogen. aß die nationale

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    ,ie ho$$nungslos die --osition gegen Ende des ?;. Aahrhunderts war! das %eigt miterschrec#ender [CC] eutlich#eit das 4chic#sal dreier großer 9äm-$er gegen das Gegenwärtige und/ro-heten des 9ommenden6 'iet%sche! 4trindberg! van Gogh. er /hiloso-h! der ichter! der 1aler! alle drei sind in dem ver%wei$elten =ingen mit dem Geist der bürgerlichen Gesellscha$tgeistig und seelisch %erbrochen. ) 4o %eugen auch die Gegenbewegungen am "n$ang und am Endedes vorigen Aahrhunderts durch ihr +nterliegen $ür den 4ieg der reieinig#eit von

     'aturwissenscha$t! echni# und ,irtscha$t! $ür den 4ieg des Geistes der bürgerlichen Gesellscha$t.,as ist nun aber der Gehalt einer solchen Geisteslage> ,as bedeutet sie im 4inne unserer (ragenach dem 2erhältnis von Ewig#eit und *eit> $$enbar ist sie ein äußerster (all des sich selbst

     behau-tenden! in seiner eigenen (orm ruhenden aseins. as gilt von der mathematischen 'aturwissenscha$t! deren *iel es ist! die durchgängige Eigengeset%lich#eit und vernün$tigeEr#ennbar#eit des 4eienden au$%uweisen! die sich $ern hält von all den Erschütterungen desen#ens! die an den inneren und äußeren Gren%en der mathematischen Berechenbar#eit beginnen.as gilt von dem weltbeherrschenden! =aum! *eit und 'atur#ra$t überwindenden ,illen der echni#! die die Erde %um wohleingerichteten ause der 1enschheit machen will. Es gilt endlichvon der ,irtscha$t! die möglichst vielen eine möglichst hohe Gütermenge %u$ühren will! immer höhere Bedür$nisse erwec#end und be$riedigend! ohne die (rage nach dem 4inn dieses alle

    geistigen und leiblichen 9rä$te beans-ruchenden /ro%esses %u stellen& von einem inausgehen über sich! von einer eiligung [CD] des aseins ist in alledem nichts %u s-üren. ie (ormen desLebens-ro%esses sind völlig selbständig gegenüber der Lebenstie$e geworden& 4ie ruhen in sich undscha$$en eine in sich ruhende Gegenwart. +nd alle 4eiten des Lebens! die dem Geist der rationalen,issenscha$t! echni# und ,irtscha$t unterwor$en sind! %eugen von der in sich bleibenden! sichselbst und ihre Endlich#eit be5ahenden *eit.+nd doch geht es nicht an! daß wir bei dieser Beurteilung stehen bleiben.

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    und er von heilig und -ro$an! von ewig und %eitlich beherrscht werden #ann! wie in einem aseinunmittelbare [C] ingabe an das Ewige in "bwendung! in /ro$anisierung des urs-rünglicheiligen! 5a in dämonische Gegenstellung gegen das Göttliche umschlagen #ann. ieser *eitverlau$ aber ist nicht irgend ein beliebiger. Er ist der! au$ dem wir ruhen! und dessen Bedeutung dadurchnicht geringer wird! daß wir uns von ihm $ortbewegen. ,ir #ommen aus einer *eit des au$ sichselbst gerichteten aseins& der in sich selbst ruhenden und dem Ewigen gegenüber sich

    abs-errenden Lebens$ormen. +nd #eine 4eite des Lebens! aus dem wir #ommen! auch nicht dieausdrüc#lich religiöse! ist von dieser altung ausgenommen. Aa! selbst die Gegen#rä$te sind ihr weithin %um -$er ge$allen. ,ir #ommen aus einer *eit! die #eine 43mbole mehr hatte! in denendie *eit über sich selbst hinauswies. +nerschüttert ruhte die bürgerliche Gesellscha$t in ihrer endlichen (orm.ieser *ustand ist %erbrochen. ie *eit hat Erschütterungen er$ahren! die sie nicht überwinden!deren ,ir#ungen sie nicht abstoßen oder entheiligen #onnte. Es waren nicht nur der 9rieg und die=evolutionen! die diese Erschütterungen bewir#ten. 4chon vorher hatte der innere 9am-$ gegen denGeist der bürgerlichen Gesellscha$t au$ der gan%en Linie begonnen und in der 5üngeren Generation%u entscheidenden +mgestaltungen ge$ührt. 9rieg und =evolution haben diese Entwic#lung

     beschleunigt. "ber sie haben die 4tetig#eit der Entwic#lung nicht wesentlich gestört. ,ir #önnen

    also das gan%e erste 2iertel des C@. Aahrhunderts $ür unsere Betrachtung %usammen$assen.,ir wollen von der Lage dieser *eit vor der Ewig#eit reden. arin sehen wir die eigentlichereligiöse [CI] Lage der Gegenwart. arum beschrän#en wir uns nicht au$ die innerreligiösenBewegungen! sondern beginnen mit einer aus$ührlichen Betrachtung aller 4eiten des geistigen undgesellscha$tlichen Lebens. ,er die religiöse Lage der Gegenwart sehen will! der muß sie hier inerster Linie suchen6 +nd das ist #ein *u$all. ,ie es die außer#irchliche 9ultur war! die im vorigenAahrhundert $ast ausschließlich die (ührung hatte! so war sie es auch! aus der im C@. Aahrhundert dieGegenbewegungen hervorgingen. 'ur langsam $olgten die 9irchen nach! und nur an wenigen4tellen mit originaler 4chö-$er#ra$t. ie Gesamtbewegung! um die es sich $ür uns handelt! ist alsodie mit der Aahrhundertwende langsam einset%ende Hberwindung der Geisteslage des ?;.Aahrhunderts. ie in sich selbst ruhende iesseitig#eit der bürgerlichen 9ultur und =eligion wirdaus ihrer =uhe gebracht. "n allen /un#ten erheben sich (ragen und (ragwürdig#eiten! die in eineAenseitig#eit des *eitlichen weisen! und die 4icherheit der vom Ewigen her gelösten Gegenwart

     bedrohen. ie durchgängige 2ernün$tig#eit der drei großen 1ächte ,issenscha$t! echni#!,irtscha$t beginnt %wei$elha$t %u werden& überall tun sich "bgründe au$ und überall ringt die 4eeleum Er$üllungen! die aus tie$eren 4chichten des Lebens hervorbrechen sollen. 'icht immer ist dieses=ingen er$olgreich. *u star# sind die 1ächte der au$ sich selbst gerichteten *eit! der =ationalitätund des 1echanismus. ,ie sollte es auch möglich sein! in einem "nlau$ %u überwinden! was seit$ast $ün$ Aahrhunderten Geist und 4eele in "ns-ruch genommen hatO +nd doch werden 4iegeerrungen!vor [C7] allem der 4ieg! daß man weiß6 der 9am-$ dar$ nicht mehr au$hören! bis eineGegenwart da ist! deren asein und (ormen Ge$äß sein wollen des ewigen Gehaltes.

    2on diesen 9äm-$en! 'iederlagen und 4iegen wollen wir reden. 4ie sind die religiöse Lage unserer *eit. +nd %war wollen wir %uerst s-rechen von der theoretischen 4eite des Geisteslebens! unter der wir ,issenscha$t! 9unst und 1eta-h3si# %usammen$assen! dann von der -ra#tischen! der ,irtscha$t und 4taat! 4o%iales und Ethisches %ugeordnet sind& endlich von den unmittelbar religiösen Bewegungen außer und in den 9irchen. [C0]

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    Erster eil

    Die religiöse Lage der Gegenwart auf wissenschaftlich!"ünstlerischem Gebiet

    I. Die #issenschaft

    aN a s L e b e n d i g e u n d d i e G e s t a l t . +nerschüttert in ihrer methodischenGrundhaltung und au$ absehbare *eit wohl nicht %u erschüttern steht die mathematische 'aturwissenscha$t da und mit ihr alles! was au$ sie methodischen Ein$luß hat. "uch die moderne=elativitätstheorie hat daran nichts geändert. 4ie ist vielmehr als ein öhe-un#t der gesamtenEntwic#lung %u werten. 4ie hat durch "u$hebung 5edes absoluten Be%ugs-un#tes $ür dieBerechnung der Bewegungen der mathematischen enden% %um voll#ommenen 4ieg verhol$en.+nd doch hat sie in das -h3si#alische Bewußtsein eine +nruhe gebracht. 4ie hat deutlicher! als esvorher war! die innere +nendlich#eit des 4eienden ge%eigt! das %war der mathematischen"bstra#tion immer das gleiche Ergebnis lie$ert! das aber in seinem eigentlichen ,esen sich tie$er verhüllt hat als bisher.er Blic# $ür die

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    ie Betrachtung der 9ran#heit vom Gesamtorganismus aus! die heilende Einwir#ung au$ die%entralen Lebens$un#tionen gewinnen an Bedeutung gegenüber der [D?] 4-e%ialbetrachtung desein%elnen Gliedes und ein%elnen 2organges. +nd das gilt nicht nur von dem Pußeren der lebendigen Gestalt! sondern auch von ihrem

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    %ugewandten ,esenstie$e nur selten gesehen! und ein berechtigter =ealismus wehrt sich hier wie inder Biologie gegen romantische [DF] =ea#tionen! die immer nur verhüllte 'iederlagen sind. Aa! anvielen rten ist die 4o%iologie wie die /s3chologie immer noch ein indernis $ür die #lare4onderung der Geisteswissenscha$t von den5enigen ,issenscha$ten! die von den rägern desGeistes! der 4eele und der Gesellscha$t handeln. "uch darin ist noch errscha$t der bürgerlichenGesellscha$t! die in ihrem unmittelbaren asein ruhen und den 4chmer% des Geistes nicht $ühlen

    will. bN a s < n d i v i d u e l l e u n d d e r G e i s t . JGeist ist das Leben! das selber ins LebenschneidetJ M'iet%sche! *arathustra

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    2ergangenen. Geist ist #ein ing! das vom Geist! ohne daß er sich ändert! betrachtet werden #ann!sondern Geist gibt sich hin! o-$ert sich und wird schö-$erisch am Geist. ) 'ennt man diehistorische ,esenschau m3thisch! so meint man aber noch etwas anderes damit. [D7] 13thischheißt 5a s3mbolisch $ürs das Ewige. Eine historische Gestalt m3thisch sehen! heißt! sie als "usdruc# eines in die ie$e des Ewigen reichenden Lebensgehaltes sehen! heißt schließlich! sie religiös sehen.

     ) Es #ann auch diesen (ormulierungen gegenüber das Beden#en nicht unterdrüc#t werden! daß

    13thos wächst und nicht gemacht wird ) gerade weil er die rationale 4-häre durchbricht. iegroße schö-$erische Geschichtsschreibung wird immer m3thische *üge tragen! mag sie es wollenoder nicht. ie geringere 9ra$t aber wird dadurch nicht weiter $ühren! daß sie von 13thos s-richt&im Gegenteil! sie wird in /hantasie oder leeren Geistreichtum geraten. as sind die 'iederlagen! dieau$ dem ,eg aus der 2ergangenheit in die *u#un$t wohl noch lange unvermeidlich sind.ie 4elbständig#eit des Geistigen wird im wachsenden 1aße o$$en#undig. a$ür %eugt weiter! daßsich eine besondere Geistesgeschichte von der allgemeinen Geschichte getrennt hat und dauernd anBedeutung gewinnt. Geistesgeschichte ist Geschichte der geistigen 4chö-$ungen! nicht inso$ern sieda sind! sondern inso$ern sie sinnvoll sind. en 4inn%usammenhang der geistigen Bewegungen %uverstehen! ist ihr *iel. Ein 4inn%usammenhang #ann aber nur gedeutet werden von einer 4innau$$assung! von einem eigenen 4tand-un#t! einer eigenen 'ormidee aus. adurch rüc#t die

    Geistesgeschichte in die 'ähe der au$bauenden! s3stematischen Geisteswissenscha$ten. Aa! viel$achwird die au$bauende "rbeit gerade%u als geistesgeschichtliches 2erstehen vergangener! #lassischer Gestalten getrieben! ein *eichen! in welchem 1aße die Einsicht in das ,esen [D0] des Geistes undseine urschö-$erische "rt das geschichtliche en#en beherrscht.Entscheidend $ür die Geisteswissenscha$t ist ihr 2erhältnis %ur /s3chologie. ier lagen dieschwersten Bedrohungen der 4elbständig#eit des Geisteslebens vor& hier ist am schwerstengerungen worden! der 4ieg aber auch am durchschlagendsten gewesen. +nd %war ist die ,endungeigentümlicherweise aus der /s3chologie selbst hervorgegangen. 4chon ilthe3 bemühte sich umden +nterschied der er#lärenden und beschreibenden /s3chologie. ,ährend die Er#lärung inElemente au$löst und dann wieder %usammenset%t! richtet sich die Beschreibung au$ dieeinheitliche! lebendige Gestalt und ihre Glieder. *u entscheidender Bedeutung ge$ührt wurden dieseGedan#en aber erst durch ihre 2erbindung mit logischen! aus der 1athemati# hervorgehenden1otiven. usserls KLogische +ntersuchungenR! die seit ?;@@ erschienen! gaben die 9riti# des/s3chologismus und $ührten %u einer #aum mehr bestrittenen "ner#ennung der 4elbständig#eit desGeistigen gegenüber seiner seelischen 2erwir#lichung. Aa! die Lehre von den intentionalenGeistesa#ten und ihrer notwendigen Be%iehung au$ die 4inngebiete hat das -s3chische Geschehenselbst dem 4inn und der geistigen 'otwendig#eit unterwor$en. 4o bricht gerade aus dem #ritischen/un#t des

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    er von allen 4eiten unternommene "ngri$$ au$ die reine #ritische 1ethode richtete sich gegen beide 4eiten! die -ositive wie die negative. ie +nterwer$ung unter die reine rationale (orm wurdeals (ormalismus be#äm-$t! die Bindung an das in sich [F@] geschlossene 43stem der (ormen suchteman überall %u durchbrechen. as Kinaus über 9antR wurde %um Losungswort $ür dieverschiedensten Bewegungen. Gegenwärtig! wo dieses *iel weithin erreicht ist! versucht man die#ritische 9antau$$assung %u entwur%eln und %u %eigen! daß die 1otive des inausgehens über den

    #ritischen 9ant bei 9ant selbst schon vorliegen! wo$ür namentlich die bisher unbe#annten"ltersschri$ten 9ants *eugnis ablegen. ) Es lag nahe! den gleichen ,eg über 9ant hinaus %ugehen! den seine unmittelbaren 'ach$olger beschritten hatten. ie /hiloso-hie des deutschen

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    der inge selbst angeschaut! gan% unabhängig von der Eisten%$rage. as äußere natürliche aseinverliert seine errscha$t über den Geist! das innere geistige ,esen! die ideale ,ir#lich#eit der inge wird gesucht. +nd [FD] die Gesamtheit der so erschauten ,esenheiten ergibt eine

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    Es war darum sachgemäß! wenn die neuen Bewegungen %ur 1eta-h3si# au$ die stillschweigenden2orausset%ungen ihre "u$mer#sam#eit richteten! von denen aus die 1eta-h3si# be#äm-$t wurde!und sie in (rage stellten. ie un%ulängliche Lösung des =ealitäts-roblems im #ritischen

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    #ann #ein Ein%elner er$üllen. 4ie ist das ,er# einer gan%en *eit! und sie ist das 43mbol! in dem eine*eit sich und ihre Lage vor der Ewig#eit anschaut.

    III. Die 'unst

    aN i e b i l d e n d e 9 u n s t . ,ährend die ,issenscha$t unmittelbar verursachende Bedeutung

    $ür die Geisteslage der *eit hat! %erstörende und au$bauende! [F;] ist die 9unst nur als mittelbare+rsache %u werten. enn ihre unmittelbare "u$gabe ist nicht! ,esenser$assung! sondernBedeutungsausdruc# %u geben. ie 9unst %eigt an! wie bescha$$en eine Geisteslage ist& sie %eigt esunmittelbarer! dire#ter an als die ,issenscha$t! denn sie ist unbelasteter durch sachliche=üc#sichten. 4ie hat etwas $$enbarerisches in ihren 43mbolen! während die wissenscha$tlicheBegri$$sbildung das 43mbolische %urüc#drängen muß %ugunsten der sachlichen "ngemessenheit.ie ,issenscha$t ist wichtiger $ür das ,erden einer Geisteslage! die 9unst ist wichtiger $ür ihreEr#enntnis.

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    das Aesusbild s-ielte hier eine gewisse =olle. "ber die "rt der arstellung stand in deutlicher "nalogie %u der liberalen Aesusau$$assung der der%eitigen -rotestantischen heologie! so daß im

     besten (alle eine ideale Endlich#eit! #eineswegs aber ein urchbruch %um Ewigen ausgedrüc#t war.ie religiöse 9unst der bürgerlichen Gesellscha$t drüc#t die religiösen 43mbole der radition au$ das 'iveau der bürgerlichen 1oralität herab und nimmt ihre rans%enden% und ihren sa#ramentalenQhara#ter. ) emgegenüber hat der E-ressionismus an sich gan% abgesehen von seiner 4to$$wahl

    einen m3stisch:religiösen Qhara#ter. +nd es ist nicht %uviel [C] gesagt! wenn man einem 4tillebenvon QT%anne oder einem Baum von van Gogh mehr eilig#eitsSualität %us-richt als einemAesusbild von +hde. 4obald nun aber der E-ressionismus selbst %um religiösen 4to$$ grei$t! %eigtsich seine chara#teristische Gren%e. 4eine 13sti# steht außerhalb der religiösen radition. 4ie #annsich an den alten 43mbolen nicht ent%ünden! und sie #ann den alten 43mbolen #einen neuen Gehaltabgewinnen. ,o sie es versucht! da wird sie entweder %u einem schwachen 'ach#lang des "lten!wie bei Eber% von #atholischen 2orausset%ungen aus! oder sie verwandelt die 43mbole und set%tanstelle der göttlichen at die menschliche

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    Ein selbständiges

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    dire#ter bemer#bar. ie ochschät%ung von E. . ". o$$mann ist chara#teristisch. ire#tem3stisch:theoso-hische 4to$$e werden bevor%ugt und loc#ern den naturwissenscha$tlich $iierten,ir#lich#eitsbegri$$ au$. )

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    1oral $ehlt dieses Göttliche nicht& 5a! dort wird es besser vernommen! als in der bürgerlichenGesellscha$t. er ungeheuren Größe von osto5ews#is Gestalten ist es %u dan#en! daß ihre(remdheit allem abendländischen Bewußtsein gegenüber weniger deutlich em-$unden wurde undihr Geist auch da wir#en #onnte! wo man von der ie$e des Gegensat%es nichts ahnte. (reilich bliebes in$olgedessen viel$ach bei einer bloß ästhetischen! und darum vorübergehenden ,ir#ung.9rieg und =evolution beein$lußten die ichtung in der ,eise! daß die im ,elt#rieg sich

    voll%iehende [I?] 9atastro-he der bürgerlichen Gesellscha$t mit revolutionärer Leidenscha$tgesehen und mit revolutionärer (orm %um "usdruc# gebracht wurde. Es ist $ür unsere Gesamtlagehöchst bedeutungsvoll! daß eine -ositive 9riegsdichtung nicht gescha$$en wurde& auch die geringen"nsät%e da%u %eigen einen so schweren =ealismus! daß man sie eher au$ die negative 4eite rechnenmöchte. er 9rieg wurde durchweg als 9ultur#atastro-he! als Enthüllung der bürgerlichenämonie erlebt. "n diesem Erlebnisse ent%ündete sich wie in der 1alerei! so auch in der ichtung

     5ener =ealismus! der erst gan% er$üllt war von der Leidenscha$t -olitisch:so%ialer enden%en! umdann langsam %u einer ob5e#tiven (orm em-or%usteigen. Becher! +nruh! oller u.a. gebrauchten diee-ressionistische (orm %ur arstellung dieser Gehalte. "ber bei ihnen allen geht die enden% insäimonische. Es sind nicht die 9rä$te von Eros und 1achtwillen! wie sie die 2or#riegsdichtunger$üllen! sondern es ist die unentrinnbare Gewalt der ob5e#tiven Gesellscha$ts$ormen! in denen die

    %erstörende ämonie angeschaut wird. adurch wird sie tie$er! ho$$nungsloser! wir#licher. ieromantischen Elemente schwinden. as in der 5üngsten ramati# star# hervortretende Element desGenerationsgegensat%es! der 9am-$ gegen den 2ater! $aßt die erotischen und so%ialen ämonien ineigentümlicher ,eise %usammen und %eigt! wie völlig die Gegenwart aus der radition des

     bürgerlichen Geistes herausgebrochen ist. ,enn wir die religiöse Lage der Gegenwart! wie sie sichin der ichtung darstellt! %usammen$assend chara#terisieren wollen! so müssen wir sagen! daß der [IC] =ealismus und

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    2er#au$ /ro$it %u scha$$en! nicht aber! den +m#reis des -ersönlichen Lebens %u erweitern. 4iewerden herrscha$tlich! nicht gemeinscha$tsmäßig erworben und veräußert. arum hat ihr Erwerbauch #eine Gren%e. ie $reie ,irtscha$t treibt notwendig %u dem in sich unendlichen händlerischen

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    anderen 1omenten gemeinscha$tsbildende 9ra$t. ) ieser au-tgegensat% innerhalb der  bürgerlichen Gesellscha$t erhält nun seine ie$e und dämonische Gestalt dadurch! daß er %um9lassengegensat% wird und in den 9lassen#am-$ treibt. 9lasse ist mehr als ,irtscha$tsgegensat%.9lasse ist 4chic#salsgegensat% und schließt alle 4eiten der geistigen und gesellscha$tlichen (ormein! wenn auch das ,irtscha$tliche grundlegend ist. ie 9lassenbildung bedeutet den radi#alen =ißdurch die menschliche Gemeinscha$t und damit eine radi#ale *erstörung der Gemeinsam#eit vor 

    dem Ewigen. ie Elemente der in sich bleibenden Endlich#eit set%en sich gegeneinander absolut!anstatt sich als ergän%ende inweise au$ das Ewige %u wissen.Eine verhängnisvolle (olge dieser Gesamtlage ist die Entleerung namentlich der 1assen %ugunstenihres ienstes an der 1aschine& ist die eigentliche mechanische 1assenbildung. 1asse ist*usammenballung atomisierter! Sualitätslos gewordener Ein%elner. 1asse ist "usdruc# desnaturgeset%lich gebundenen! ihres lebendigen Gehaltes beraubten! der Endlich#eit unterwor$enen[I0] eiles der Gesellscha$t. ie mechanisierte 1asse und ihre triebha$ten Bewegungen sind das$urchtbare *erstörungs-rodu#t der ämonie des bürgerlichen Geistes. ) ie der 1assegegenüberstehende bürgerliche 4chicht ist %war im Besit% der Bildungsmittel! bedient sich ihrer aber teils %um *wec# der rationalen errscha$t über 'atur und 1asse! teils %u individueller öchst$ormung ohne meta-h3sische 2erantwortung $ür sich und die Gemeinscha$t. er Geist im

    ienst der rationalen ingbeherrschung und der verantwortungslose Geist! das sind die beiden(olgen der atsache! daß die bürgerliche Gesellscha$t die Be%iehung des Geistes %um Ewigen%erschnitten hat.Es ist $ür unsere (rage notwendig! so aus$ührlich au$ diese inge ein%ugehen! weil sie wie #aumetwas "nderes die religiöse Lage der Gegenwart bestimmen! und weil es den Gegenbewegungen bisheute nicht gelungen ist! das 2erhängnis dieser Lage %u beseitigen. ) as gilt %unächst und vor allem $ür die größte und geschichtlich wir#samste aller Gegenbewegungen gegen die bürgerlicheGesellscha$t! $ür den 4o%ialismus.

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    ,endung im so%ialistischen en#en. 1an #am %u der Einsicht! in welchem 1aße die tatsächlicheso%ialistische Bewegung dem Geist des ?;. Aahrhunderts ver$allen war! man set%te *iele! die

     5enseits der gemeinsamen Grundlagen von bürgerlichem und so%ialistischem en#en liegen.ierher gehört Landauers K"usru$ %um 4o%ialismusR! eine t3-ische =üc#wendung vommaristischen %um romantischen 4o%ialismus. ,eniger romantisch! 1ar näherstehend! ihn aber von egel und nicht von 9ant und dem 1aterialismus her verstehend! gibt sich der 9ommunismus

    von Lu#acs und anderen. em bürgerlichen *entralismus und seiner einheitlichenurchrationalisierung der ,elt! dem auch der 4taatsso%ialismus noch nahe stand! tritt au$snachdrüc#lichste entgegen der 43ndi#alismus mit seinen bedeutenden $ran%ösischen heoreti#ernund Gedan#engängen! wie sie von 9ra-ot#in und Ba#unin in =ußland vertreten wurden."u$loc#ernde Elemente dringen von der Augendbewegung her durch den Aungso%ialismus in die/artei. 2on der let%ten religiösen 2orausset%ung aus -ac#t der religiöse 4o%ialismus namentlich desBerliner 9reises um 1enni#e die /robleme an. "ll diese Bewegungen versuchen den 4o%ialismusals [7?] Glied einer um$assenden Geistesbewegung %u verstehen! ihn in den übergrei$enden*usammenhang der antibürgerlichen altung überhau-t ein%ureihen und ihn von da aus von seinen

     bürgerlichen Elementen %u be$reien. as naive "bsolutheitsbewußtsein der so%ialistischen /artei!der (ührer wie der 1assen wird abgelehnt. 1an ringt um eine neue theoretische Grundlegung und

    um neue -ra#tische *iele. ie /robleme der Gemeinscha$t und des Eros %u den ingen! die (ragenach dem Bedür$nis! nach der 9lassenbildung! das 1assen-roblem nach seiner wirtscha$tlichen undreligiösen 4eite! die Eigentums$rage! der 4inn der liberalen ,irtscha$tsgeset%e und ähnliche (ragenwerden behandelt. ie 9riti# ist o$t radi#al! radi#aler und tie$gehender als die von der bürgerlichen4eite #ommende! und doch ist es eine 9riti#! die %ugleich Be5ahung des so%ialistischen 9am-$es ist.Es #onnte nicht ausbleiben! daß in all diese =ichtungen romantische Elemente eindrangen! denengegenüber die alte Bewegung ein überlegenes =echt hatte. 'amentlich die =evolutions-eriode mitihren hochges-annten Erwartungen be$örderte einen unwir#lichen Enthusiasmus. Er #onnte nichtlange währen. ie reale Gewalt der 9a-italherrscha$t und die Hberlegenheit des alle Lebensseiten$ormenden! bürgerlichrationalen Geistes war viel %u groß! als daß selbst eine gelingende =evolutionihn hätte beseitigen #önnen. =eale 2ersuche! in #leinen Gemeinscha$ten! 4iedlungen usw. dasso%ialistische

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    2öl#er dagegen sahen in der urchset%ung des Geistes der bürgerlichen Gesellscha$t ihregeschichtliche Beru$ung. Ein religiöses 4chic#salsge$ühl war die ,ur%el ihres 'ationalge$ühls. ienationale errscha$t ist 2erwir#lichung göttlicher! nämlich demo#ratischer errscha$t. iesesBewußtsein trägt auch 5et%t noch in star# verweltlichter (orm die großen westlichen emo#ratien.as ents-richt dem! was wir von den religiösen +rs-rüngen der bürgerlichen Gesellscha$tan$änglich gesagt haben. ) ie nationale Beru$ungsidee hat 5edoch dieses in sich! daß sie sich die

    übrigen 2öl#er unterwer$en will. 4ie ist wesensmäßig universal! im-erialistisch. adurch aber #ommt sie in ,iders-ruch mit ihrem eigenen demo#ratischen

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    und dem -a%i$istischen

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    ameri#anischem Boden eine gewisse eilig#eit wieder. 4ie gab ihm die 1öglich#eit! Begeisterung%u wec#en! -$er %u $ordern! gelegentlich auch ein%ugrei$en in die religiöse und geistige 4-häreund der oleran% sehr nachdrüc#liche Gren%en %u %iehen. 2on hier aus #onnte dann au$ deutschemBoden die

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    9a-italherrscha$t wendet. (reilich hat diese 9am-$stellung den 4o%ialismus auch hier verhindert!%u einer selbständigen urcharbeitung der /robleme des staatlichen "u$baues %u gelangen. iereale 1ächtig#eit bestimmter Gru--en und ihre hervorragende Bedeutung $ür daserrscha$tsverhältnis blieb der so%ialistischen heorie verborgen. Erst die etremen Bewegungenstellten mit der Lehre von der Ki#tatur des /roletariatsR eine schlechthin antidemo#ratische undantibürgerliche (orderung au$! ohne $reilich die geringsten 1ittel %u ihrer 2erwir#lichung %u haben.

    ,ichtiger! weil von stär#eren ,ir#lich#eiten getragen! war die #onservativ:nationale --ositiongegen die demo#ratische 2er$assungsidee. abei s-ielte die 1onarchie eine verhältnismäßiggeringe =olle! obgleich auch sie als religiös $undierte errscha$ts$orm be5aht wurde. ie eigentliche9ra$t des Gegenstoßes ging von der organischen 4taatsidee aus! von der "u$$assung! daßurgegebene und gewachsene errscha$tsverhältnisse au$recht erhalten und wiedergewonnen werdenmüßten. as

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    der Gemeinscha$tseros in der Augendbewegung hat einen m3stischen *ug und $ührt die Augend %uvergangenen Gemeinscha$tsideen %urüc#. Es entwic#eln sich Bünde! (ührerscha$tsverhältnisse!=itterscha$tsromanti# us$. Gerade um diese inge ran#te sich die 4ehnsucht der Augendbewegungmit besonderer Leidenscha$t! und sie hat hier %u (ragen und Einblic#en ge$ührt! die der 

     bürgerlichen Gesellscha$t völlig verlorengegangen waren.Es ist verständlich! daß mit diesen 2orausset%ungen die Augendbewegung die m3stische 4eite der 

    =eligion wieder$inden #onnte.

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    ruc# der wirtscha$tlichen "tomisierung! die auch vor der (amilie nicht alt machte und denlosgelösten Ein%elnen beider Geschlechter gestaltlos und individualitätslos der mechanischen 1asseeinordnete. Es #onnte nicht ausbleiben! daß im vollen Gegensat% %ur bürgerlichen 4itte eineunge$ormte 4eualität das Geschlechtsverhältnis bestimmte. arin war /rotest gegen die Lüge desBürgertums. "ber der /rotest stand au$ dem gleichen Boden. Ein urchbruch %um Ewigen imGeschlechterverhältnis wurde nicht erreicht. Ein drittes Element in dieser Bewegung war die

    Be$reiung der (rau aus den =esten des urs-rünglichen -atriarchalischen 2erhältnisses! ihr 4chic#sal! in den ,irtscha$ts#am-$ hereingewor$en %u werden! und ihre at! dieGleichberechtigung im geistigen und ö$$entlichen Leben %u erringen. "uch das lag noch in der 9onseSuen% der bürgerlichen Gesellscha$t und ihres "tomismus! aber es gab doch! wie auch dieübrigen "u$lösungsbewegungen der bürgerlichen 4itte! die Grundlage $ür das Erwachen einesneuen Geschlechterideals. Es war nicht anders möglich! als daß die 2ersuche! es %u verwir#lichen!%unächst in voller (reiheit unternommen wurden! also ohne sa#ramentale! religiös:geset%liche oder 

     bürgerlich:#onventionelle Bindung. ie innere Bindung wurde %um

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    ie Ge$ahr der /s3choanal3se ist nun die! daß sie die gleichen inge unter dem Gesichts-un#t desnaturha$ten Geschehens behandelt und den Blic# des /atienten ständig au$ sich selbst und sein%eitliches asein len#t. adurch #ann das 4chwergewicht des 4eelischen aus dem *entrum!nämlich aus der vor dem +nbedingten stehenden! -ersönlichen 2erantwortung in dieunter-ersönliche! unbewußte! naturbestimmte 4-häre verschoben werden. ier liegt der Grund $ür leicht eintretende %erstörerische ,ir#ungen der /s3choanal3se und der inweis! daß auch hier die

    in sich ruhende Endlich#eit des 4ub5e#tiv:4eelischen nicht endgültig durchbrochen ist. 'ur der  -riesterliche 1ensch ist voll#ommener /s3chiater. enn das Erosverhältnis %u dem /atienten unddie innere Bewegung des /atienten ist bei ihm völlig aus der 4ub5e#tivität des Endlichen erhoben indas übergrei$ende Leben des Ewigen.Phnliches gilt nun aber nicht nur $ür die unmittelbar -s3chischen 9ran#heiten! sondern in bedingter ,eise auch $ür die -h3sischen. ie Einsicht in die "bhängig#eit aller Ein%el$un#tionen undEin%elorgane von der Gesamtver$assung und die Einsicht! daß diese ebenso eine seelische wie eine#ör-erliche atsache ist! machen auch das eilen des 9ör-ers %u einer 4ache desGemeinscha$tseros. ie Hbertragung unmittelbarer eil#rä$te ging in einer gewissen 4chicht immer neben der o$$i%iellen 1edi%in einher. 4ie wurde ausgeübt von 1enschen mit intuitiv:diagnostischer (ähig#eit und unter "nwendung von 1itteln! die o$$en#undig nur [;C] 43mbole unmittelbarer 

    Einwir#ung des 1enschen au$ den 1enschen sind. er 9am-$ der o$$i%iellen 1edi%in gegen einemedi%inische =omanti# ist berechtigt! sobald er sich gegen ihren 2ersuch richtet! die 4-häre der technischen rganbehandlung aus%uschalten. Er ist unberechtigt! sobald er seinerseits das %entralegeistleibliche eilsverhältnis bestreitet und Eros und

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    2erbreitung in geistig wichtigen [;F] 4chichten überaus bedeutungsvoll ist. "uch Gedan#en über den Lebensrh3thmus überhau-t! wie (rit% 9latt sie in seinem Buch über die Kschö-$erische /auseRausges-rochen hat! gehören hierher. 'aturgemäß $ehlt auch in diesen ingen die =omanti# nicht!und es besteht die Ge$ahr! daß man durch den #ör-erlichen "usgangs-un#t unter 2ernachlässigungder seelischen Gesamthaltung doch wieder in die #ör-ertechnische oder ästhetische "rt %urüc#$ällt.

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    solche Grundlage [;7] gegeben! so ist die echni# der (ormvermittlung! also das eigentliche/roblem der wissenscha$tlichen /ädagogi#! eine (rage %weiten =anges.iese Einsicht ist vor allem $ür die 4o%ial-ädagogi# von größter ,ichtig#eit& denn sie gibt dieLösung $ür das von der (orm-ädagogi# her unlösbare /roblem der 1assenbildung. ie2ol#shochschulbewegung der 'ach#riegs5ahre hat um dieses /roblem ge#äm-$t und nachan$änglich großen! äußeren Er$olgen erhebliche =üc#schläge erlebt. enn das /roblem in der "rt!

    wie die 2ol#shochschule es sich stellte! war unlösbar. ie "bsicht %war! den 1assen oder einer Elite die bürgerliche (orm#ultur %u bringen! wurde von den (ührern der Bewegung so$ort be#äm-$t. 'un aber entstand die (rage! was an ihre 4telle treten soll. +nd hier ergab sich ernstha$tnur die 1öglich#eit! eine ,elt: und Lebensanschauung %ur -ädagogischen Grundlage %u machenund sie in K"rbeitsgemeinscha$tR %wischen Lehrern und 4chülern %u ent$alten. (ür die#on$essionell gebundenen 9reise war die (rage! welche ,eltanschauung %ugrunde gelegt werdensoll! leicht beantwortet& $ür die übrigen aber blieb nur die 1öglich#eit! sich %wischen den,eltanschauungen einen ,eg %u suchen und ihn! wenn es glüc#te! %u $inden.

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    geistigen (orm %erbricht und den ,iders-ruch [?@@] im Geist lebendig macht! der mit dem2erhältnis von Ewigem und *eitlichem! von Gott und ,elt notwendig gegeben ist. iesem Bruchgegenüber! der dem religiösen Bewußtsein wesensmäßig ist! muß das

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    Dritter eil

    Die religiöse Lage der Gegenwart im Gebiet der -eligion

    l. Die ewegungen der au/er"irchlichen $&sti" 

    aN i e ä s t h e t i s c h e 1 3 s t i # . ,enn unsere beiden 2orausset%ungen richtig sind! daß das2erhältnis von Ewig#eit und *eit in allen Gebieten des Geisteslebens wir#sam ist! und daß unter der errscha$t des bürgerlichen Geistes die (ührung durchaus au$ die #ulturelle 4-häre übergegangenist! so ist nunmehr der wichtigste eil unserer "u$gabe er$üllt! die "ntwort au$ die (rage nach der religiösen Lage unserer *eit grundsät%lich gegeben. aß das möglich ist! ohne die eigentlichereligiöse 4-häre %u berühren! ist überaus chara#teristisch $ür unsere *eit.

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     5eder endlichen (orm. Beides ist im ,esen [?@I] des Ewigen und seinem 2erhältnis %ur *eitenthalten. Beides strebt nach "usdruc#! und die gan%e =eligionsgeschichte ist ein =ingen um den"usgleich beider =ichtungen. ie erste =ichtung ist verwir#licht von der m3stischen 4eite der =eligion! sowohl der reinen 13sti# wie der #ultischen und sa#ramentalen 13sti#& die andere liegtvor in den endgerichteten Bewegungen! in denen sich die o$$nung au$ eine 5enseitige 2ollendungmit dem Gedan#en der (orderung und des Gerichtes verbinden. ,ir werden demgemäß %uerst die

    m3stischen! dann die endgerichteten Bewegungen außerhalb der großen 9irchen betrachten.Es ist durchaus verständlich! daß der Gegenschlag gegen den Geist der bürgerlichen Gesellscha$tvon der m3stischen 4eite her#am.

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    $ort$ührten! wenn auch unter dem Ein$luß von Bölsche u.a. mit star# romantisch:ästhetischemEinschlag.

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     bestimmten -s3chisch:technischen [??C] (ähig#eit! wahr%unehmen und %u wir#en. "ber auch dasliegt außerhalb des unmittelbar =eligiösen! selbst wenn ein dämonischer 1ißbrauch damit getriebenwird. ) ie Erhebung des Bewußtseins in höhere *ustande! das 4ich:Erschließen höherer 4eins%usammenhänge! wie es in der heoso-hie und "nthro-oso-hie gelehrt und getan wird! #ann%war %u einem sehr um$assenden und in sich #onseSuenten ,eltbild $ühren. +nd dieses ,eltbild#ann der neu-latonischen 13sti# sehr nahe stehen& man #ann von einer 4chau der

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    #ann an vielen 4tellen au$loc#ern! er #ann au$ die ,elt der wahren ,esenheiten hinweisen! aber er #ommt nicht darüber hinaus. 4o wichtig er darum $ür die religiöse Lage der Gegenwart ist! so

     begren%t ist seine grundsät%liche religiöse Bedeutung.

    II. Die ewegungen der Enderwartung au/erhalb der 'irchen

     'eben den m3stischen Bewegungen erster und %weiter rdnung stehen die Bewegungen der Enderwartung. "uch sie sind $ast durchweg außer#irchlich! haben aber in ihrer 4tru#tur und in%ahlreichen Elementen der radition einen viel engeren *usammenhang mit den 9irchen als der m3stische

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    Grei$bare! Gegenständliche. Es gibt Gesellscha$ten! die vom Ewigen abgewendet sind! in der *eitund [??0] Endlich#eit ruhen! und es gibt Gesellscha$ten! die dem Ewigen %ugewandt sind und dieErschütterung! die sie durch das Ewige er$ahren haben! in ihren (ormen %um "usdruc# bringen."ber es gibt #eine Gesellscha$ten! die das Ewige haben als einen Besit%. 'ur das #ann darum nach1einung des religiösen 4o%ialismus *iel der Endho$$nung sein! daß die Erschütterung durch dasEwige %u einer Gestaltung des aseins und der Gesellscha$t $ührt! in der die inwendung %um

    Ewigen er#ennbar ist. ie

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    +nrecht. 'ur eine endgerichtete Bewegung ist ihm überlegen! die nicht au$ [?C?] sich selbst sieht!sondern au$ das Ewige! dem sie %u gewandt ist! ie darum $rei ist von sich und $rei ist auch $ür die1assen.

    III. Die religiöse Lage in den 'irchen

    aN e r 9 a t h o l i % i s m u s . ie grundlegende 4chwierig#eit der gegenwärtigen #irchlichenLage $olgt aus dem inneren ,iders-ruch %wischen der =eligion und der bürgerlichen Gesellscha$t.ie "nsät%e %u einer Hberwindung dieses ,iders-ruchs von 4eiten der 9ultur haben wir #ennengelernt. Ebenso die außer#irchlichen religiösen Bewegungen! in denen sich ein "usgleichanbahnt. Es bleibt nun als let%te "u$gabe die Betrachtung der "rt! wie sich die 9irchen selbst mitdem Grund-roblem ihrer gegenwärtigen Lage ab$inden. /rin%i-iell gibt es drei 1öglich#eiten6 die2erneinung des bürgerlichen Geistes! die ingabe an ihn und der 2ersuch! ihn von seinen eigenen2orausset%ungen aus %u überwinden. "lle drei (ormen $inden sich in beiden 9irchen! doch ist die#atholische 9irche grundsät%lich geneigt! den bürgerlichen Geist ab%ulehnen! während der /rotestantismus eher einer 2ereinigung %ustrebt.er 9atholi%ismus steht seit der Gegenre$ormation in einem "bwehr#am-$! der sich in gleicher 

    ,eise gegen den /rotestantismus wie gegen die autonome 9ultur richtet. Beiden gegenüber wirddie mittelalterliche! von homas von "Suino theoretisch ge$aßte (orm des religiösen! geistigen undgesellscha$tlichen Lebens als

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    oder humanistischem Boden.

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    die 9ra$t %u einer schö-$erischen! inner#atholischen Bewegung au$bringen wird! ist durchaus$raglich. Aeden$alls ist der #irchlich gebundene! in seinen (ormen erstarrte und mechanisierte9atholi%ismus nicht der überlegene Gegner des Geistes der bürgerlichen [?C7] Gesellscha$t! $ür dener o$t gehalten wird. 'ur mit diesem 9atholi%ismus aber haben wir bei Betrachtung der Gegenwarternstlich %u rechnen.Gan% anders ist die Lage im griechischen 9atholi%ismus. Er hat die =e$ormation! den umanismus

    und die Gegenre$ormation nicht durchgemacht. Er steht vor den *eiten der 2erhärtung und=ationalisierung. a$ür aber steht er au$ einer 4tu$e m3stischer und sa#ramentaler /rimitivität! die$ür den 1enschen des bürgerlichen *eitalters ohne völliges *erbrechen un%ugänglich ist. 4eineBedeutung $ür die religiöse Lage der Gegenwart #onnte darum nur indire#t sein. Es #onnten star#em3stische 9rä$te au$ +mwegen über die russische Literatur! 9unst und /hiloso-hie in das"bendland eindringen. iese ,ir#ung #onnte verstär#t werden durch die "nwesenheit %ahlreicher!geistig hervorragender 2ertreter der russischen rthodoie in den westlichen Ländern und durchden star#en Eindruc#! den ihre religiöse +nmittelbar#eit und +ngebrochenheit in der %erset%ten"tmos-häre des "bendlandes machen mußte. Eine ,ir#ung darüber hinaus ist vorerst nichtwahrscheinlich. b die russische 9irche in$olge der schweren Erschütterungen des russischenGeistes neue bedeutungsvolle =ichtungen einschlagen wird! ist $ür uns völlig undurchsichtig.

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    gehören in die m3stische Gesamtbewegung gegen den Geist der bürgerlichen Gesellscha$t. 'ur daßdiese 5üdische 13sti# immer mit dem -ro-hetischen Element der Endho$$nung verbunden ist. ) 4o%eigt sich auch au$ 5üdischem Boden in mancherlei Be%iehung und mit mancherlei =üc#$ällen die"bwendung vom Geist der bürgerlichen Gesellscha$t. och hat sie in$olge [?D@] der engen2er$lechtung weiter 5üdischer 9reise mit dem #a-italistischen 43stem und ihrer ausschließlichhändlerischen Lebens$orm hier gegen besondere 4chwierig#eiten %u #äm-$en.

    cN e r / r o t e s t a n t i s m u s . ?. / r o t e s t a n t i s m u s u n d 9 u l t u r .

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    ischen 9irche au$ lutherischem Boden ist eigentlich erst in dem "ugenblic# eingetreten! als dienationalliberale

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    /rotestantismus von $rüh an die Gesellscha$t. er Qalvinismus hat sich $ast überall im 9am-$ mitden $ürstlichen Gewalten durchgeset%t. 2iel$ach waren es (lüchtlingsgemeinden! die ihn vertraten.Ein Ersat% der ierarchie durch den 4taat #am hier nirgends in (rage. 4o mußten die Gemeindenaus sich heraus ihre 2er$assung scha$$en und tragen. (reiwillig#eit und demo#ratischer "u$baunähern diese [?DI] "rt des /rotestantismus dem 4e#tent3-us an und ermöglichen eine2erschmel%ung beider. er

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    Bildungswelt vom -rotestantischen 9irchentum. ) ie ,ur%el all dieser /robleme der  -rotestantischen 4-häre liegt in der 4chwierig#eit des -rotestantischen Ethos überhau-t. ie*erstörung des #atholischen eilig#eitsideals! die 5ede religiöse =ealisierung in (rage stellendeAenseitig#eit Gottes hinterläßt im iesseitigen einen leeren =aum! in den das humanistische

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    naturalistische ,eltanschauung8 war ein 2ersuch! über die 'ot der Lage hinaus%u$ühren! die4elbständig#eit der religiösen Begri$$e %u er$assen und die "-ologeti# von einer untragbaren Last%u be$reien. Es muß begrüßt werden! daß sich seitdem auch innerhalb der 9irche! namentlich [?FC]gegenüber der 'aturwissenscha$t die inge weitgehend ge#lärt haben. 4chwierig#eiten macht nochdie Geschichte. "uch in ihr gibt es $ür die religiöse Betrachtung etwas Hber%eitliches! das nicht indie Geschichte au$gelöst! aber auch nicht als eine besondere Geschichte neben sie gestellt werden

    dar$. "n diesem /roblem entstanden die gleichen Gegensät%e wie am 'atur-roblem. "u$ der einen4eite die orthodo:rationalisierte heorie! daß neben der -ro$anen Geschichte eine heiligeGeschichte wunderbarer "rt einhergeht ) ein Gedan#e! der die Einheit des geschichtlichenEr#ennens %erbricht. "u$ der anderen 4eite die liberal:rationalistische heorie! daß die heiligeGeschichte nichts ist als ein 4tüc# allgemeiner Geschichte ) ein Gedan#e! der die in sich ruhendeEndlich#eit des Geschichtlichen gän%lich unangetastet und unerschüttert läßt. as =ingen um eineneue 1eta-h3si# der Geschichte hat etwas über diese "lternative hinausge$ührt.4oRist die heologie bestrebt! von sich aus ein angemessenes 2erhältnis %u der wissenscha$tlichen4-häre %u gewinnen und au$%ugrei$en! was ihr von 4eiten der ,issenscha$t entgegen#ommt. ieseEntwic#lung ist in den "n$ängen. *um *iel #ann sie nur gelangen! wenn in der religiös:theologischen 4-häre im engsten 4inne die inge genügend ausgerei$t sind.

    C. a s r e l i g i ö s e L e b e n d e s / r o t e s t a n t i s m u s . as religiöse Leben des/rotestantismus %eigt von $rüh an %wei =ichtungen! die #irchlich:dogmatische und die -ietistische.Beide =ichtungen sind in der altung Luthers begründet und haben sich bis au$ den heutigen agim /rotestantismus ausgewir#t.

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    der =eligion %u schö-$en.hne die albheit der rthodoie wir#t sich die -ietistische (römmig#eit in /rais und heorieaus. 4ie ist der 2ersuch lebendiger! nicht bloß #irchlich:dogmatischer [?F] 2erwir#lichung des/rotestantismus. Es verbinden sie manche Linien mit der #atholischen Aesusm3sti#! die sie $reilichstar# -ersonalistisch und ethisch umgebogen hat. 4ie ist ein ständiger religiöser 9ra$tSuell $ür den/rotestantismus& Ae und 5e sind von ihr Gegenbewegungen gegen den Geist der bürgerlichen

    Gesellscha$t ausgegangen. ie urchbrechung aller iesseitig#eit und #ulturellen Gebundenheiteinerseits! der star#e Gemeinscha$tschara#ter andererseits stehen in he$tigem Gegensat% %ur  bürgerlichen iesseitig#eit und %um geistigen

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    dem -rotestantischen Grund-roblem aus und sind darum durchaus beachtenswert. 'aturgemäß$ühren sie in die 'ähe #atholischer Lebens$ormen! eine atsache! die sich den allgemeinen#atholisierenden 'eigungen einordnet! in der Bewegung selbst aber schon %ur 4-altung ge$ührt hat.*ur grundsät%lichen [?F0] Beurteilung ist %u sagen6 ierarchie und 9ultus der #atholischen 9irche

     beruhen au$ dem #atholischen 4a#rament und seiner unerschütterlichen b5e#tivität. Gerade diesesaber ist vom /rotestantismus %erstört worden. Aeder 2ersuch neuer #atholisierender 2erwir#lichung

    von /riestertum oder 9ultus muß entweder das -rotestantische /rin%i- antasten oder eine -ädagogische albheit bleiben. er /rotestantismus ruht au$ der /redigt! der 2er#ündigung des 5enseitigen! aller menschlichen 2erwir#lichung überlegenen Gottes. Er hat #ein von der  -ro-hetischen Botscha$t abgelöstes 4a#rament und darum #ein /riestertum und #einen echten9ultus. ) +nd doch set%t auch die /redigt! wenn sie etwas anderes ist als begnadete /ro-hetie! eine

     -riesterische und #ultische altung voraus. 4ie ist ihrem ,esen nach die 2erneinung von/riestertum und 9ultus und wird doch %ugleich ein neues (undament $ür beide. 4o %eigt sich auchan dieser 4telle das -rotestantische Grund-roblem! das 5eden$alls nicht durch hoch#irchlicheBestrebungen gelöst werden #ann. arum #ann auch dieser Bewegung #eine entscheidendeBedeutung $ür die religiöse Lage der Gegenwart %uges-rochen werden. 4ie wir#t sich denn auchäußerlich und innerlich in sehr bescheidenen Gren%en aus.

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    steht! geht eine andere einher! die eine bewußte und nachdrüc#liche =üc#wendung %u Luther voll%ieht. 9arl olls Lutherbuch ist der stär#ste "usdruc# dieser heologie.