37
www.verbraucherschutz-thueringen.de Tuberkulose in Thüringen Jahresbericht 2018 Abbildung: Elizabeth Libby White, USCDCP

TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

  • Upload
    others

  • View
    8

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

www.verbraucherschutz-thueringen.de

Tuberkulose in Thüringen

Jahresbericht 2018

Abbildung: Elizabeth Libby White, USCDCP

Page 2: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

1

Inhalt

1 Einleitung ................................................................................................................... 3

2 Tuberkulose – Schwerpunkte und Trend .................................................................... 3

2.1 Grundlagen der Tuberkulose-Erfassung ..........................................................3

2.2 Aktuelle Situation in Thüringen und Deutschland .............................................4

3 Analyse der Tuberkulose-Erkrankungen in Thüringen 2018 ....................................... 6

3.1 Geographische Verteilung ...............................................................................6

3.2 Staatsangehörigkeit und Geburtsland ..............................................................7

3.3 Alters- und Geschlechtsverteilung ................................................................. 12

3.3.1 Tuberkulose im Kindesalter (0 – 14 Jahre) ....................................... 14

3.4 Organbeteiligung ........................................................................................... 16

3.5 Labordiagnostik ............................................................................................. 18

3.5.1 Lungentuberkulose .......................................................................... 18

3.5.2 Extrapulmonale Tuberkulose ............................................................ 20

3.6 Erregernachweise .......................................................................................... 21

3.7 Resistenzlage ................................................................................................ 22

3.8 Wiedererkrankungen ..................................................................................... 25

3.9 Begleiterkrankungen ...................................................................................... 26

3.10 Aktive und passive Fallfindung ...................................................................... 27

3.11 Erkrankungshäufung im Landkreis Nordhausen ............................................ 30

3.12 Behandlungsergebnisse und Letalität ............................................................ 31

4 Zusammenfassung ...................................................................................................35

Page 3: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

2

Erläuterungen und Abkürzungen

Abb. Abbildung

Einw. Einwohner

IfSG Infektionsschutzgesetz

IGRA Interferon-Gamma Release Assay

Inzidenz Anzahl der Neuerkrankungen in einem bestimmten Zeitraum, bezogen auf die Anzahl der Individuen (hier je 100.000 Einwohner)

Letalität Anzahl der Todesfälle, bezogen auf die Anzahl der Erkrankten

Mortalität Anzahl der Todesfälle in einem bestimmten Zeitraum, bezogen auf die Anzahl der Individuen (hier je 100.000 Einwohner)

MDR-Tuberkulose Multiresistente Tuberkulose (multidrug-resistent tuberculosis)

NUS Neue unabhängige Staaten (Nachfolgestaaten der ehemaligen

Sowjetunion)

Tab. Tabelle

TLV Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz

XDR-Tuberkulose extensiv resistente Tuberkulose (extensive drug-resistent tuberculosis)

Datenstand: 01. März 2019

Page 4: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

3

1 Einleitung

Tuberkulose ist weltweit die am häufigsten zum Tode führende behandelbare Infektions-krankheit. Jedes Jahr sterben ca. 1,5 Millionen Menschen an dieser Erkrankung, acht bis zehn Millionen erkranken neu. Hervorgerufen wird die Tuberkulose durch Erreger des Mycobacterium tuberculosis-Komplexes (M. tuberculosis, M. africanum, M. bovis, M. caprae, M. microti, M. canetti). Die Übertragung der Erreger erfolgt meist aerogen von Mensch zu Mensch.

Weltweit ist ein Drittel aller Menschen mit Tuberkulose infiziert. Jedoch erkranken in Abhän-gigkeit von Infektionsdosis und Virulenz der Tuberkulosebakterien sowie der Immunkompe-tenz nur 3 bis 10 % der Infizierten im Laufe ihres Lebens. Unter- oder Mangelernährung, schlechte hygienische Lebensumstände und eine Immunsuppression, zum Beispiel durch HIV/AIDS, fördern den Ausbruch einer Tuberkulose.

Besorgniserregend sind die Verbreitung von multiresistenten Tuberkulosestämmen (MDR-Tuberkulose) und das Vorkommen von extensiv resistenten Erregern (XDR-Tuberkulose). Die Brennpunkte der MDR- und XDR-Tuberkulose befinden sich in den Ländern der früheren Sowjetunion (NUS), in Indien und China. Aufgrund der hohen Mobilität der Menschen durch Reiseerleichterungen, Migration und moderne Transportmittel kommt es auch zur Einschlep-pung solcher multiresistenter Erreger nach Deutschland. Der Entwicklung der Resistenzsitu-ation ist deshalb eine besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

Die Tuberkulose stellt nach wie vor – auch in Deutschland und anderen Industrienationen der Europäischen Union – ein relevantes Gesundheitsproblem dar.

2 Tuberkulose – Schwerpunkte und Trend

2.1 Grundlagen der Tuberkulose-Erfassung

In dem hier vorgestellten Jahresbericht werden die im Jahr 2018 im Freistaat Thüringen ge-meldeten und übermittelten Tuberkulose-Erkrankungen zusammengefasst und analysiert.

Die §§ 6 und 7 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) vom 01.01.2001 bilden die Grundlage für die Meldepflicht einer behandlungsbedürftigen Tuberkulose bzw. eines labordiagnostischen Erregernachweises.

Jede Erkrankung oder der Tod an Tuberkulose, auch wenn kein bakteriologischer Nachweis vorliegt, ist vom feststellenden Arzt an das für den Aufenthaltsort des Patienten zuständige Gesundheitsamt zu melden. Bedingung ist dabei die Indikationsstellung des behandelnden Arztes zur Durchführung einer vollständigen Antituberkulotika-Therapie. Wird diese notwen-dige Behandlung von einem Patienten verweigert oder abgebrochen, so muss dies ebenfalls dem Gesundheitsamt mitgeteilt werden.

Die Meldepflicht der Labore umfasst den direkten Nachweis aller Erreger des Mycobacterium tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen sowie nachfolgend das Ergebnis der Resistenzbestimmung zu melden.

Vom Gesundheitsamt werden die gemeldeten Daten anonymisiert und auf Grundlage einer einheitlichen Falldefinition, die vom Robert Koch-Institut in Zusammenarbeit mit den Landes-stellen erarbeitet wurde, über die jeweilige Landesstelle (in Thüringen das Thüringer Lan-desamt für Verbraucherschutz [TLV]) an das Robert Koch-Institut (RKI) übermittelt. Die An-wendung dieser Falldefinition ist für eine Vergleichbarkeit und einheitliche Beurteilung der

Page 5: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

4

eingehenden Meldedaten zwischen einzelnen Kreisen und Bundesländern, aber auch mit anderen Staaten unerlässlich.

Der vorliegende Bericht gibt auf der Grundlage der von den Gesundheitsämtern übermittel-ten Daten einen Überblick über die Tuberkulose-Situation in Thüringen im Jahr 2018.

Die Tuberkulose ist eine Erkrankung, deren Behandlung sehr aufwendig und langwierig ist, sodass über das Behandlungsergebnis erst nach Ablauf mehrerer Monate, mitunter erst nach einem Jahr, entschieden werden kann. Aufgrund dieser Tatsache liegen zum gegen-wärtigen Zeitpunkt (Stichtag: 01.03.2019) noch nicht zu allen Fällen aus dem Jahr 2018 ab-schließende Ergebnisse vor. Diese werden nachträglich erfasst. Zahlenangaben aus dem Vorjahr 2017, die zu Vergleichen herangezogen worden sind, wurden entsprechend aktuali-siert.

2.2 Aktuelle Situation in Thüringen und Deutschland

Im Jahr 2018 wurden in Thüringen 98 Neuerkrankungen an Tuberkulose übermittelt. Das entspricht einer Inzidenz von 4,5 Erkrankungen/100.000 Einwohner.

In den Jahren 2014 und 2015 war eine deutliche Steigerung der Inzidenzen gegenüber den Vorjahren zu beobachten gewesen. So stieg die Inzidenz von 2013 mit 3,0 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner (67 Fälle) um 77% auf 5,3 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner (115 Fälle) im Jahr 2015. Ursache hierfür war der Anstieg der Anzahl der Asylsuchenden, bei de-nen nach § 36 (4) IfSG bei Aufnahme in eine Gemeinschaftsunterkunft eine ansteckungsfä-hige Lungentuberkulose auszuschließen ist. Die Asylbewerberzahlen hatten seit Beginn des Jahres 2014 zugenommen und stiegen 2015 nochmals an. Seit 2016 war die Anzahl der Asylbewerber sowohl in Thüringen als auch in Deutschland wieder rückläufig. Auch die Inzi-denzen gingen in den Berichtsjahren 2016 (112 Fälle) und 2017 (110 Fälle) von 5,3 (2015) auf 5,2 bzw. 5,1 Erkrankungen/100.000 Einwohner geringfügig zurück. Im aktuellen Berichts-jahr wurde mit einer Inzidenz von 4,5 Erkrankungen/ 100.000 Einwohner ein weiterer Rück-gang um 12 % gegenüber dem Vorjahr erreicht. Wie auch schon in den vergangenen Jahren lag die Inzidenz in Thüringen unter dem bundesweiten Vergleichswert (Abb. 1, Tab. 1).

Bundesweit wurde im Jahr 2012 mit einer Inzidenz von 5,2 Erkrankungen pro 100.000 Ein-wohner (4.210 Erkrankungen) der bisher niedrigste Wert in Deutschland registriert. Seit 2013 stiegen die Fallzahlen an, besonders deutlich im Jahr 2015, und erreichten in den Jahren 2015 und 2016 mit Inzidenzen von 7,1 bzw. 7,2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner die deutschlandweit höchsten Werte der letzten zehn Jahre. 2017 wurde mit einer Inzidenz von 6,7 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner bei 5.486 Fällen, eine Abnahme der Inzidenz um 7 % im Vergleich zum Jahr 2016 erzielt.

Für das Jahr 2018 wurden nach vorläufigen Angaben des RKI zum Datenstand 01.03.2019 in Deutschland 5.421 Erkrankungen und eine Inzidenz von 6,5 an Tuberkulose erfasst. Somit befand sich die Tuberkulose-Inzidenz in Deutschland bei einem geringfügigen Rückgang um 3 % auf dem Niveau des Vorjahres.

Page 6: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

5

Abbildung 1: Tuberkulose-Inzidenz in Erkrankungen/100.000 Einwohner in Thüringen und Deutsch-land in den Meldejahren 2009 – 2018

Tabelle 1: Übermittelte Tuberkulose-Erkrankungen in Thüringen, Anzahl und Inzidenz von 2009 bis 2018

Jahr Erkrankungen an Tuberkulose in Thüringen

Anzahl Inzidenz

Erkrankungen/100.000 Einwohner

2009 104 4,6

2010 94 4,2

2011 70 3,1

2012 75 3,4

2013 67 3,0

2014 88 4,1

2015 115 5,3

2016 113 5,2

2017 110 5,1

2018 98 4,5

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

8,0

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

Inzi

de

nz

Meldejahre

Deutschland

Thüringen

Page 7: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

6

3 Analyse der Tuberkulose-Erkrankungen in Thüringen 2018

3.1 Geographische Verteilung

Bei der Analyse der Inzidenzen der einzelnen Städte und Landkreise konnten zwar territoria-le Unterschiede festgestellt werden. Bei der Interpretation und Wichtung der Daten müssen aber die geringen Fallzahlen in Thüringen und der große Anteil im Ausland geborener Er-krankter berücksichtigt werden. Die thüringenweit höchste Inzidenz mit fast 12 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner, bedingt durch einen Erkrankungsausbruch, wurde im Landkreis Nordhausen erfasst (siehe Kapitel 3.11), während sie sich in allen anderen Städten und Landkreisen zwischen 1,6 und 8,2 Erkrankungen/100.000 Einwohner bewegte. Aus dem Landkreis Eichsfeld sowie aus der kreisfreien Stadt Weimar wurden im Berichtsjahr keine Neuerkrankungen an Tuberkulose übermittelt (Tab. 2, Abb. 2).

Tabelle 2: Territoriale Verteilung der Tuberkulose-Erkrankungen in den Thüringer Stadt- und Landkreisen unter Berücksichtigung der Geburtsländer, 2018

Landkreise/ kreisfreie Städte

Anzahl der Erkrankungen Inzidenz

in Deutschland geboren

im Ausland geboren

LK Altenburger Land 4 4,4 2 2

LK Eichsfeld 0 0,0

LK Gotha 7 5,2 1 6

LK Greiz 5 5,0 4 1

LK Hildburghausen 1 1,6 0 1

LK Ilm-Kreis 2 1,8 2 0

LK Kyffhäuserkreis 4 5,2 3 1

LK Nordhausen 10 11,8 6 4

LK Saale-Holzland-Kreis 3 3,5 3 0

LK Saale-Orla-Kreis 4 4,9 4 0

LK Saalfeld-Rudolstadt 6 5,5 4 2

LK Schmalkalden-Meiningen 3 2,4 1 2

LK Sömmerda 3 4,3 1 2

LK Sonneberg 3 5,3 0 3

LK Unstrut-Hainich-Kreis 2 1,9 0 2

LK Wartburgkreis 6 4,8 1 5

LK Weimarer Land 4 4,9 2 2

SK Eisenach 3 7,0 1 2

SK Erfurt 12 5,7 2 10

SK Gera 6 6,3 0 6

SK Jena 9 8,2 1 8

SK Suhl 1 2,8 0 1

SK Weimar 0 0,0

gesamt 98 4,5 38 60

Page 8: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

7

Abbildung 2: Übermittelte Tuberkulose-Fälle in Thüringen (n=98), territoriale Verteilung in den Thü-ringer Stadt- und Landkreisen unter Berücksichtigung der Geburtsländer, 2018

3.2 Staatsangehörigkeit und Geburtsland

Da es sich bei der Tuberkulose in Deutschland oftmals um eine importierte Erkrankung han-delt, werden im Meldewesen Angaben zu Geburtsland und Staatsangehörigkeit gefordert. Beide Kriterien sind wichtig, um den Anteil der Patienten mit Migrationshintergrund richtig bewerten zu können. Eine Analyse nach Staatsangehörigkeit allein würde zu einer deutli-chen Untererfassung der Erkrankten mit Migrationshintergrund führen. Daher wird zusätzlich eine Analyse nach Geburtsland vorgenommen, um auch die im Ausland, vornehmlich in den NUS Geborenen mit deutscher Staatsbürgerschaft, zu berücksichtigen. Allerdings können nur bei einer kombinierten Betrachtungsweise von Staatsangehörigkeit und Geburtsland auch die Fälle berücksichtigt werden, bei denen die in Deutschland geborenen Kinder von Asylsuchenden oder anderen ausländischen Mitbürgern betroffen sind.

Insbesondere im bundesweiten Vergleich zeigen sich schon seit mehreren Jahren deutliche Unterschiede im Erkrankungsrisiko zwischen in Deutschland und im Ausland geborenen Personen. Seit 2007 stieg bundesweit der prozentuale Anteil erkrankter Patienten mit aus-ländischem Geburtsland kontinuierlich an. Deren Anteil betrug 2007 noch 43 %, lag 2014 bereits bei 62 % und stieg in den folgenden Berichtsjahren 2015, 2016 und 2017 auf Werte zwischen 72 % und 74 % an. Im aktuellen Berichtsjahr stagnierte der Anteil der im Ausland Geborenen mit 74 % auf dem Niveau der 3 Vorjahre (Abb. 3).

In Thüringen war dieser Unterschied im Erkrankungsrisiko in den vergangenen Jahren weni-ger stark ausgeprägt gewesen. Während in den Jahren 2007 bis 2013 der Anteil der im Aus-land Geborenen mit maximal 27 % stets weit unter den deutschlandweiten Zahlen lag, stieg er 2014 deutlich an und hatte mit einem Wert von 56 % fast bundesdeutsches Niveau er-reicht. Im Berichtsjahr 2015 war mit einem Anteil von 74 % bereits eine deutliche Verschie-

0

2

4

6

8

10

12

14A

nza

hl d

er

Erkr

anku

nge

n

im Ausland geboren

Deutschland geboren

Page 9: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

8

bung zu Patienten mit ausländischem Geburtsland zu verzeichnen gewesen. In den Folge-jahren blieb der Wert auf hohem Niveau mit 71 % (2016, n=80) bzw. 79 % (2017, n= 87) und überschritt damit 2017 bereits zum zweiten Mal den gesamtdeutschen Wert. Im aktuellen Berichtsjahr befanden sich unter den Tuberkulose-Erkrankten deutlich weniger im Ausland geborene Personen (n=60; 61 %; Abb. 3).

Abbildung 3: Anteil von im Ausland Geborenen unter den Tuberkulose-Erkrankten in Thüringen und Deutschland in den Meldejahren 2009 – 2018

Wie oben angeführt, können allerdings nur bei einer kombinierten Betrachtungsweise von Staatsangehörigkeit und Geburtsland auch die Fälle berücksichtigt werden, bei denen die in Deutschland geborenen Kinder von Asylsuchenden oder anderen ausländischen Mitbürgern betroffen sind (Abb. 5). Um einen Vergleich zu den deutschlandweiten Erhebungen zu erlau-ben, wird die Auswertung nach dem Geburtsland zusätzlich dargestellt.

36 Patienten (37 % aller Tuberkulose-Erkrankten) hatten die deutsche Staatsangehörigkeit, davon war ein Erkrankter nicht in Deutschland geboren, sondern stammte aus Kasachstan (Tab. 3). Weitere 62 Erkrankte (63 %) waren ausländische Staatsbürger. Darunter befanden sich auch drei in Deutschland geborene Kinder mit Migrationshintergrund (alle somalischer Staatsangehörigkeit). Bei den Personen ausländischer Staatsbürgerschaft handelte es sich überwiegend um Asylbewerber (n=44; 71 %). Besonders hoch war dabei der Anteil der Er-krankten aus Eritrea und Somalia mit 24 % bzw. 19 % aller Fälle aus dem Ausland. Asylbe-werber aus Afghanistan und EU-Bürger aus Rumänien standen bezüglich der Erkrankungs-zahlen mit jeweils 6 % an der Gesamtzahl der Fälle an 3. Stelle (Tab. 3, Abb. 4, 5 und 6).

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

Tub

erk

ulo

see

rkra

nkt

e in

Pro

zen

t

Meldejahre

Deutschland: Thüringen:

Page 10: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

9

Tabelle 3: Tuberkulose in Thüringen 2018 nach Geburtsland und Staatsangehörigkeit

Geburtsland Staatsangehörigkeit

Anzahl % Anzahl %

Deutschland 38 38,8 36 36,7

ehemalige Sowjetunion 1 1,0 0,0

Kasachstan 1

0,0

Afghanistan 6 6,1 6 6,1

Albanien 2 2,0 2 2,0

Bulgarien 1 1,0 1 1,0

Eritrea 15 15,2 16 16,2

Guinea 2 2,0 2 2,0

Indien 2 2,0 2 2,0

Indonesien 1 1,0 1 1,0

Italien 1 1,0 0 0,0

Kroatien 1 1,0 1 1,0

Mazedonien 1 1,0 1 1,0

Portugal 1 1,0 1 1,0

Rumänien 6 6,1 6 6,1

Somalia 11 11,1 14 14,1

Sudan 1 1,0 1 1,0

Syrien 4 4,0 4 4,0

Türkei 1 1,0 1 1,0

Vietnam 3 3,0 3 3,0

Page 11: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

10

Abbildung 4: Anzahl der Tuberkulose-Erkrankungen nach Geburtsländern (Deutschland, Neue unabhängige Staaten [NUS], sonstiges Ausland) in Thüringen in den Meldejahren 2009 – 2018

Unter gemeinsamer Berücksichtigung der Angaben von Geburtsland und Staatsangehörig-keit besaßen 63 Patienten (64 %) einen Migrationshintergrund. In Abbildung 5 ist die Anzahl der Tuberkuloseerkrankten mit bzw. ohne Migrationshintergrund in den letzten 10 Jahren dargestellt. Die Anzahl Tuberkuloseerkrankter ohne Migrationshintergrund zeigt dabei bis zum Jahr 2017 eine deutlich rückläufige Tendenz, während die Anzahl Erkrankter mit Migra-tionshintergrund insbesondere in den Jahren 2014 und 2015 stark angestiegen war und sich bis zum Vorjahr 2017 auf einem hohen Niveau befand. Im aktuellen Berichtsjahr war hinge-gen ein Anstieg der Erkrankungen bei Personen ohne Migrationshintergrund bei gleichzeiti-gem Rückgang der Fälle von Erkrankten mit Migrationshintergrund zu beobachten.

0

20

40

60

80

100

120

140

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

An

zah

l de

r Fä

lle (

abso

lut)

Meldejahre

GeburtslandsonstigesAusland

GeburtslandNUS

GeburtslandDeutschland

Page 12: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

11

Abbildung 5: Anzahl der Tuberkulose-Erkrankungen bei Patienten mit bzw. ohne Migrationshintergrund (Bewertung nach Geburtsland und Staatsangehörigkeit) in den Meldejahren 2009 – 2018 in Thüringen

Abbildung 6: Anzahl der Tuberkulose-Erkrankungen bei Patienten mit Migrationshintergrund (n=63) nach Geburtsländern in Thüringen, 2018

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

An

zah

l de

r Tu

be

rku

lose

erk

ran

kte

n

Meldejahre

mit Migrationshintergrund ohne Migrationshintergrund

0

2

4

6

8

10

12

14

16

An

zah

l de

r Er

kran

kun

gen

Geburtsland

Page 13: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

12

3.3 Alters- und Geschlechtsverteilung

Wie schon in den Vorjahren lag auch 2018 der Anteil an Tuberkulose-Erkrankungen bei Männern deutlich höher als bei Frauen. So erkrankten 69 Personen männlichen (70 %) und 29 Personen weiblichen Geschlechts (30 %), wobei der geschlechtsspezifische Unterschied in den Altersgruppen der 15- bis 29-Jährigen am deutlichsten war (Tab. 4, Abb. 7). Dies spiegelt die Geschlechterverteilung der Asylsuchenden wider. Aber auch bei den Personen ohne Migrationshintergrund erkrankten, wie in den Vorjahren, mehr Männer als Frauen.

Betroffen waren 3 Jungen und 4 Mädchen im Alter zwischen 0 und 10 Jahren, 10 männliche und 2 weibliche Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 15 bis 19 Jahren sowie 79 Erwachsene (56 Männer, 23 Frauen) zwischen 20 und 88 Jahren. Der Altersmedian betrug im Berichtsjahr 30,5 Jahre.

In Abweichung zu den Jahren bis 2013, in denen die Altersgruppe der über 70-Jährigen am stärksten betroffen war (Altersmedian 2013: 53 Jahre), lag die Inzidenz, wie erstmals schon 2014, bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen am höchsten. Die am stärksten be-troffene Altersgruppe war die der 20- bis 24-Jährigen mit 17 Erkrankten, das entspricht 17 % aller Tuberkulose-Fälle und einer Inzidenz von 22 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner.

In der Altersgruppe der 15- bis 19-Jährigen wurde mit 12 Erkrankungen (12 % aller Tuberku-lose-Erkrankungen) ebenfalls eine hohe Inzidenz von 14 Erkrankungen pro 100.000 Einwoh-ner erfasst. Aber auch die 25- bis 29-Jährigen wiesen bei ebenfalls 12 erfassten Erkrankun-gen in dieser Altersgruppe (12 %) eine erhöhte Inzidenz von 9,6 auf. Begründet ist dies in der Altersstruktur der Asylbewerber.

Tabelle 4: Erkrankungen an Tuberkulose in Thüringen im Jahr 2018, Verteilung nach Altersgrup-pen und Geschlecht ohne Berücksichtigung des Geburtslandes

Altersgruppen Anzahl der Erkrankungen Inzidenz

(Jahre) männlich weiblich gesamt

< 1 0 1 1 5,4

1 bis 4 2 3 5 6,8

5 bis 9 0 0 0 0,0

10 bis 14 1 0 1 1,2

15 bis 19 10 2 12 13,9

20 bis 24 11 6 17 21,6

25 bis 29 7 5 12 9,6

30 bis 39 9 2 11 4,2

40 bis 49 6 0 6 2,3

50 bis 59 8 2 10 2,8

60 bis 69 8 1 9 2,9

70 und älter 7 7 14 3,5

gesamt 69 29 98 4,5

Page 14: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

13

Abbildung 7: Inzidenz der übermittelten Tuberkulose-Fälle nach Altersgruppen und Geschlecht ohne Berücksichtigung des Geburtslandes in Thüringen, 2018

In den Altersgruppen der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen bis 29 Jahre (n=48) befan-den sich nur 2 Patienten mit deutscher Staatsbürgerschaft und Geburtsland Deutschland. In allen anderen Fällen handelte es sich um im Ausland geborene Personen, darunter 37 Asyl-bewerber, 6 in Deutschland lebende Ausländer und 3 in Deutschland geborene Kinder mit Migrationshintergrund.

Unter den Patienten der Altersgruppen 30 bis 39 Jahre sowie 40 bis 49 Jahre (n=17) befan-den sich 5 deutsche Patienten mit Geburtsland Deutschland. Bei 12 weiteren Erkrankten handelte es sich um 6 Asylbewerber und 6 in Deutschland lebende Ausländer.

Bei Patienten im höheren Lebensalter kam es zunehmend zu einer Verschiebung des Anteils von Erkrankten mit Migrationshintergrund zu Patienten mit Geburtsland Deutschland. Unter den Patienten der Altersgruppe 50 bis 59 Jahre (n=10) wurden bereits 8 Fälle mit Geburts-land Deutschland registriert. Zwei Patienten waren im Ausland geboren, darunter ein Asylsu-chender.

Noch deutlicher wurde dies bei Patienten, die 60 Jahre und älter waren (n=23). Hier wurden überwiegend Erkrankungen bei in Deutschland Geborenen registriert. Lediglich 3 Personen, die im Ausland geboren wurden, befanden sich unter den Tuberkulosefällen dieser Alters-gruppe, darunter ein Spätaussiedler aus Kasachstan sowie 2 in Deutschland lebende Aus-länder (Abb. 8).

0

5

10

15

20

25

30In

zid

en

z

Altersgruppen in Jahren

männlich

weiblich

Page 15: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

14

Abbildung 8: Anzahl der Tuberkulose-Erkrankten in Thüringen nach Altersgruppen und Geburtsland (Deutschland, Ausland), 2018

3.3.1 Tuberkulose im Kindesalter (0 – 14 Jahre)

Weltweit fehlen konkrete Angaben zur Anzahl der Erkrankungen an Tuberkulose im Kindes-alter. Einer Schätzung der WHO zufolge belief sich die Anzahl der Neuerkrankungen in den entsprechenden Altersgruppen bis 14 Jahren in den vergangenen Jahren auf jeweils etwa eine Million. Aus diesem Grund rückte die WHO erstmals 2012 den Kampf gegen die Tuber-kulose im Kindesalter mit ihrem Slogan „Von Anfang an – für ein Leben ohne Tuberkulose“ in den Mittelpunkt.

Diese Zielvorgabe gilt auch für Deutschland. Die Erkrankungszahlen der letzten Jahre zei-gen, dass sie nicht einfach zu erfüllen ist. Seit 2007 war die Anzahl der neu diagnostizierten Tuberkulose-Erkrankungen im Kindesalter angestiegen und stagnierte von 2011 bis 2013. Erst im Jahr 2014 wurde ein leichter Rückgang der Fallzahlen bei Kindern registriert, aber bereits seit 2015 stiegen die Erkrankungszahlen bundesweit wieder an.

Kinder gelten als Indikatoren für aktuelle Krankheitsgeschehen, da sie ein höheres Erkran-kungsrisiko als Erwachsene haben und zwischen Infektion und Erkrankung ein kürzerer Zeit-raum liegt. Ein Anstieg der Fallzahlen in dieser Altersgruppe kann daher auch den Beginn einer Trendänderung bei den Neuerkrankungen in der Gesamtbevölkerung darstellen.

In Thüringen waren die Fallzahlen bei Tuberkulose im Kindesalter ebenfalls im Jahr 2015 angestiegen und bewegten sich seitdem mit geringen Schwankungen auf einem höheren Niveau als in den Vorjahren. Während in den Jahren 2013 und 2014 jeweils nur eine Tuber-kulose-Erkrankung bei einem Kind diagnostiziert worden war, gelangten seit 2015 jährlich 6 bis 7 Erkrankungen von Kindern zur Meldung. Im aktuellen Berichtszeitraum 2018 wurden in Thüringen 7 Fälle registriert (Abb. 9).

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18A

nza

hl d

er

Fälle

(ab

solu

t)

Altersgruppen in Jahren

in Deutschland geboren

im Ausland geboren

Page 16: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

15

Abbildung 9: Tuberkulose-Inzidenz in Erkrankungen/100.000 Einwohner bei Kindern und Erwach-senen in Thüringen 2009 – 2018 sowie bei Kindern in Deutschland 2009 – 2017

Bei den in Thüringen erkrankten Kindern handelte es sich um 3 Jungen und 4 Mädchen im Alter von 2 Monaten bis 10 Jahren. Nur ein Kind war in Deutschland geboren und besaß auch die deutsche Staatsbürgerschaft, alle anderen hatten einen Migrationshintergrund. Fünf von ihnen waren Kinder von Asylbewerbern aus Somalia (3), Eritrea (1) und Syrien (1), von denen 3 Kinder in Deutschland, ein Kind in Italien und ein Kind in Syrien geboren worden waren. Bei einem weiteren Kind handelte es sich um den Sohn von rumänischen Staatsbür-gern, die sich in Thüringen aufhalten.

Nur bei einem Kind wurde die Erkrankung aufgrund einer vorliegenden Symptomatik diag-nostiziert. Dabei handelte es sich um einen in Italien geborenen einjährigen Jungen, der als Asylsuchender mit seiner Familie (Herkunftsland Eritrea) im Mai 2018 in Thüringen eingereist war. Aufgrund eines positiven Tuberkulin-Hauttestes wurde zunächst eine Chemoprävention eingeleitet. Nach erfolgtem Transfer der Familie in eine andere Gemeinde wurde das Kind aufgrund eines reduzierten Allgemeinzustandes stationär aufgenommen. Das Röntgenbild der Lunge vom Aufnahmetag zeigte ein Infiltrat im rechten Oberlappen. Molekularbiologisch wurde im Bronchialsekret M. tuberculosis-Komplex nachgewiesen. Die kulturelle Untersu-chung desselben Materials verlief negativ. Die antituberkulöse Behandlung erfolgte über 6 Monate und ist beendet.

In Nordthüringen wurde im Rahmen einer Angebotsuntersuchung für Personen, die aufgrund eines Familiennachzugs in Deutschland eingereist waren, bei einem 2-jährigen Mädchen syrischer Herkunft ein Tuberkulin-Hauttest durchgeführt, der hoch positiv abgelesen wurde. Die röntgenologische Untersuchung der Lunge erbrachte den Verdacht auf eine Tuberkulo-se, woraufhin umgehend die Hospitalisierung erfolgte. Im Magensaft wurde mittels PCR M. tuberculosis-Komplex detektiert. Die kulturelle Untersuchung desselben Materials er-brachte keinen Erregernachweis. Das Kind wird zurzeit noch therapiert.

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

Inzi

de

nz

Meldejahre

Kinder Thüringen Erwachsene Thüringen Kinder Deutschland

Page 17: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

16

Die nachstehend aufgeführten Erkrankungen von 5 weiteren Kindern wurden anlässlich von Umgebungsuntersuchungen zu an Lungentuberkulose erkrankten Familienmitgliedern er-fasst:

ein 2 Monate alter weiblicher Säugling somalischer Herkunft (röntgenologisch auffäl-liger Lungenbefund, im Magensaft molekularbiologischer Nachweis von M. tuberculosis-Komplex), bei dessen Mutter eine Lungentuberkulose diagnostiziert worden war sowie

dessen einjährige Schwester (röntgenologisch unauffällig, im Magensaft molekular-biologischer Nachweis von M. tuberculosis-Komplex, kultureller Nachweis von M. tu-berculosis) und

der 3-jährige Bruder der beiden Mädchen (im Magensaft molekularbiologischer Nachweis von M. tuberculosis-Komplex, kulturell negativ),

ein 10-jähriger Junge aus Rumänien, dessen Vater an einer offenen Lungentuberku-lose erkrankt war. Die mikroskopische, molekularbiologische und kulturelle Untersu-chung von Sputum erbrachte zwar keinen Befund, aufgrund der Gesamtkonstellation wurde eine Tuberkulosetherapie jedoch als indiziert erachtet.

ein einjähriges deutsches Mädchen mit hoch positivem Tuberkulin-Hauttest und tu-berkuloseverdächtigem Röntgenbefund der Lunge (Magensaft mikroskopisch, mole-kularbiologisch und kulturell negativ). Auch dieses Kind wurde aufgrund der sich dar-stellenden Gesamtkonstellation antituberkulös behandelt.

Auch bei diesen 5 Kindern erfolgte die Einleitung einer antituberkulösen Therapie, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt in 3 Fällen beendet ist.

3.4 Organbeteiligung

Für alle übermittelten Tuberkulose-Fälle in Thüringen lagen Angaben sowohl zu den haupt-sächlich betroffenen Organen bzw. Organsystemen als auch zu Manifestationen in weiteren Organen vor.

Mit einem Anteil von 73 % (72 Fälle) trat die Erkrankung hauptsächlich als Lungentuberkulo-se auf. In 27 % (26 Fälle) manifestierte sie sich ausschließlich in anderen Organen bzw. Or-gansystemen.

Bei 9 Patienten mit Lungentuberkulose (12 %) waren zusätzlich auch weitere Organe und Organsysteme betroffen, dabei in je 2 Fällen intrathorakale Lymphknoten bzw. das Peritone-um sowie in je einem Fall extrathorakale Lymphknoten, die Pleura, die Wirbelsäule, die Haut und das Perikard.

Bei einer extrapulmonalen Tuberkulose wurde neben der Wirbelsäule als betroffene Haupt-lokalisation die Pleura genannt.

Eine detaillierte Darstellung der Organbeteiligungen ist in Tabelle 5 sowie in den Abbildun-gen 10 und 11 ersichtlich.

Page 18: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

17

Tabelle 5: Tuberkulose nach betroffenen Organen und Organsystemen in Thüringen, 2018

Organmanifestation hauptsächlich

betroffenes Organ weiteres Organ

Anzahl % Anzahl %

Lunge 72 73,5

Pleura 6 6,1 2 2,0

Lymphknoten, intrathorakal 2 2,0 2 2,0

Lymphknoten, extrathorakal 12 12,2 1 1,0

Wirbelsäule 1 1,0 1 1,0

sonstige Knochen und Gelenke 1 1,0 0 0,0

Hirnhaut 1 1,0 0 0,0

sonstiges ZNS 0 0,0 0 0,0

Urogenitaltrakt 2 2,0 0 0,0

Peritoneum, Verdauungstrakt 1 1,0 2 2,0

Disseminierte TB 0 0,0 0 0,0

sonstiges Organ 0 0,0 2 2,0

nicht ermittelbar 0 0,0 0 0,0

kein weiteres Organ 88 89,8

Abbildung 10: Tuberkulose-Organmanifestation nach betroffenem Hauptorgan in Thüringen, 2018

Lymphknoten, extrathorakal

Lymphknoten, intrathorakal

Peritoneum, Verdauungstrakt

Pleura

sonstige Knochen und Gelenke

Urogenitaltrakt

Wirbelsäule

Lunge, mit Erregernachweis

Lunge, ohne Erregernachweis

Hirnhaut

Page 19: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

18

Abbildung 11: Anzahl pulmonaler (mit und ohne Erregernachweis) und extrapulmonaler Tuberkulo-sen in Thüringen, 2009 – 2018

3.5 Labordiagnostik

Für alle übermittelten Tuberkulosefälle lagen Informationen zur erfolgten Labordiagnostik vor. Zu diesen Angaben gehören die Ergebnisse der mikroskopischen Untersuchungen, ins-besondere der Sputum-Mikroskopie bei Lungentuberkulosen, der molekularbiologischen Nachweisverfahren mittels Nukleinsäure-Amplifikations-Techniken (NAT) sowie der kulturel-len Untersuchungen. Eine labordiagnostisch gesicherte Erkrankung liegt gemäß Falldefiniti-on des RKI vor, wenn ein positiver kultureller Befund oder ein mikroskopischer Nachweis säurefester Stäbchen mit positivem NAT-Nachweis aus Untersuchungsmaterial desselben Organsystems erhoben wurde.

Von den 98 in Thüringen übermittelten Erkrankungen im Berichtsjahr 2018 wurden gemäß Falldefinition des RKI 68 Erkrankungen labordiagnostisch bestätigt. Bei 30 Fällen handelte es sich um klinische Erkrankungen ohne oder mit unzureichendem labordiagnostischen Nachweis (ausschließlich molekularbiologischer Nachweis von M. tuberculosis-Komplex oder mikroskopischer Nachweis säurefester Stäbchen ohne molekularbiologische bzw. kulturelle Bestätigung). In diesen Fällen wurde aufgrund klinischer Parameter oder histologischer Be-funde in Gewebeproben über die Einleitung einer antituberkulösen Behandlung entschieden.

3.5.1 Lungentuberkulose

Mit einem Anteil von 73 % (72 Erkrankungen) kam der Lungentuberkulose auch in diesem Berichtsjahr der höchste Stellenwert zu. Allerdings fiel deren Anteil an der Gesamtzahl der Tuberkulosen im aktuellen Berichtsjahr, wie auch schon im 2017, in Thüringen niedriger aus als in den Vorjahren (Abbildung 12).

0

20

40

60

80

100

120

140

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

An

zah

l de

r Fä

lle (

abso

lut)

Meldejahre

extrapulmonal pulmonalohne Erregernachweis

pulmonalmit Erregernachweis

Page 20: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

19

Abbildung 12: Anteil pulmonaler und extrapulmonaler Tuberkulosen in Thüringen, 2009 - 2018

51 Fälle pulmonaler Tuberkulosen (71 %) wurden entsprechend der Falldefinition des RKI labordiagnostisch bestätigt. Für 29 % der Tuberkulosefälle (21 Erkrankungen) lag kein labor-diagnostischer Nachweis entsprechend der Falldefinition des RKI vor (Abb. 11).

Wie auch in den vergangenen Jahren war die offene Form der Lungentuberkulose deutlich häufiger zu verzeichnen als die geschlossene Form. So wurden 2018 in Thüringen bei 47 Erkrankten (65 % der Erkrankungen an Lungentuberkulose) Tuberkulosebakterien im Sputum, Magensaft und/oder im Bronchialsekret nachgewiesen, davon in 29 Fällen sowohl mikroskopisch als auch kulturell (Abb. 11 und 13). In 4 weiteren Fällen wurden Mykobakte-rien in Gewebeproben der Lunge nachgewiesen.

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

An

teil

in P

roze

nt

Meldejahre

extrapulmonal pulmonal

Page 21: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

20

Abbildung 13: Prozentualer Anteil pulmonaler Tuberkulosen mit und ohne Erregernachweis in Thüringen, 2009 – 2018

3.5.2 Extrapulmonale Tuberkulose

Eine Tuberkulose extrapulmonaler Organe (alle Organe und Organsysteme außer den Atmungsorganen) wurde bei 26 Patienten (27 % aller Neuerkrankungen) erfasst. Das bedeu-tet im 2. Jahr in Folge eine deutliche Erhöhung des Anteils extrapulmonaler Tuberkulosen im Vergleich zum Vorjahr (2016: 14 Fälle, 12 %; 2017: 32 Fälle, 29 %). Dabei manifestierte sich die Erkrankung in 12 Fällen in extrathorakalen Lymphknoten. In weiteren 6 Fällen waren die Pleura, in jeweils 2 Fällen intrathorakale Lymphknoten und der Urogenitaltrakt und jeweils einmal das Peritoneum, die Wirbelsäule, sonstige Knochen und Gelenke sowie die Hirnhaut betroffen (Tab. 5, Abb. 10).

In 17 Fällen erfolgte ein mikroskopischer und/oder kultureller Erregernachweis. Bei 9 Erkran-kungen waren keine Erreger nachweisbar. Davon wurde in einem Fall eine Pleuritis tubercu-losa sowie bei 8 Patienten aufgrund der Befunde der histologischen Untersuchungen eine Tuberkulose diagnostiziert (Abb. 14).

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

An

teil

in P

roze

nt

Meldejahre

pulmonalohne Erregernachweis

pulmonalmit Erregernachweis

Page 22: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

21

Abbildung 14: Extrapulmonale Tuberkulose nach betroffenen Organen und Organsystemen mit Er-regernachweis (mikroskopisch und/oder kulturell) und ohne Erregernachweis in Thü-ringen, 2018

3.6 Erregernachweise

Bei 49 von 72 Patienten (68 %) mit Lungentuberkulose gelang ein kultureller Nachweis von Tuberkuloseerregern in Sputum, Bronchialsekret, Magensaft oder Lungengewebe. Eine Dif-ferenzierung der verschiedenen Spezies innerhalb des M. tuberculosis-Komplexes erfolgte in 43 Fällen. Dabei machte M. tuberculosis mit 40 Nachweisen den Hauptanteil aus. In 3 Fällen wurde M. bovis isoliert, davon einmal M. bovis ssp. bovis sowie zweimal M. bovis ssp. caprae.

Auch bei 16 der 26 extrapulmonalen Tuberkuloseerkrankungen gelang ein kultureller Erre-gernachweis. Dabei wurden aus Gewebeproben in 15 Fällen M. tuberculosis und in einem Fall nicht differenzierte Mykobakterien vom Tuberkulose-Komplex isoliert. Die anderen Spe-zies des M. tuberculosis-Komplexes spielten sowohl in Thüringen als auch bundesweit keine bzw. nur eine untergeordnete Rolle.

0 2 4 6 8 10 12 14

Lymphknoten,extrathorakal

Pleura

Lymphknoten,intrathorakal

Urogenitaltrakt

Knochen undGelenke

Wirbelsäule

Peritoneum,Verdauungstrakt

Hirnhaut

Anzahl der Fälle

mit Erregernachweis

ohne Erregernachweis

Page 23: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

22

3.7 Resistenzlage

Die Resistenzlage gegenüber Antituberkulotika spielt für die Behandlung und Kontrolle der Tuberkulose eine wichtige Rolle, da weltweit das Auftreten resistenter Erregerstämme zuge-nommen hat. Erkrankungen mit Erregerresistenzen sind schwerer behandelbar und somit oftmals länger infektiös.

Um eine optimale Behandlung zu sichern und damit auch einer Weiterverbreitung resistenter Erreger entgegenzuwirken, kommt der Empfindlichkeitsprüfung eine große Bedeutung zu.

Voraussetzung dafür ist der kulturelle Nachweis von M. tuberculosis-Komplex. Im Jahr 2018 wurden in Thüringen bei 59 der insgesamt 65 kulturell gesicherten Stämme Empfindlich-keitsprüfungen auf Antituberkulostatika durchgeführt, wobei 6 Stämme Resistenzen zeigten. Der Anteil resistenter Stämme lag somit im Berichtsjahr bei 10 %.

Im Jahr 2018 lag bei 4 Kulturen eine Monoresistenz vor (Tab. 6). Hierbei handelt es sich um die Resistenz des Erregers gegen eines der Medikamente der Erstrangliste. Davon betroffen waren 2 deutsche Staatsbürger mit Geburtsland Deutschland, ein EU-Bürger aus Rumänien sowie ein Asylbewerber aus Somalia.

Eine Mehrfachresistenz liegt vor, wenn eine Unempfindlichkeit gegen mindestens zwei Medi-kamente der Erstrangliste, jedoch nicht gegen Isoniazid in Kombination mit Rifampicin, be-steht. Sie wurde in zwei Fällen registriert und betraf Asylbewerber aus Eritrea. In beiden Fäl-len wurde eine Nichtempfindlichkeit gegen Isoniazid und Streptomycin nachgewiesen. Dabei ist anzumerken, dass Streptomycin in den Dokumenten der WHO nicht mehr einheitlich als Erstrangmedikament rangiert, sondern überwiegend zu den injizierbaren Substanzen der Zweitrang-Medikamente gezählt wird.

Von Multiresistenz spricht man, wenn eine Resistenz mindestens gegen Isoniazid und Rifampicin, den beiden wichtigsten Erstrangmedikamenten, vorliegt. Eine solche wurde im Berichtsjahr in Thüringen nicht festgestellt.

In allen Fällen mit vorliegenden Resistenzen handelte es sich um Ersterkrankungen.

Tabelle 6: Angaben zur Resistenzlage der kulturell gesicherten Erregerstämme in Thüringen, 2018

Anzahl der Resistenzbestimmungen 59

Art der Resistenz Anzahl %

Monoresistenz 4 6,8

Isoniazid (INH) 1 1,7

Rifampicin (RMP) 0

Pyrazinamid (PZA)* 1 1,7

Ethambutol (EMB) 0

Streptomycin (SM) 2 3,4

Mehrfachresistenz 2 3,4

Isoniazid, Streptomycin 2 3,4

Multiresistenz 0

* 1 x M. bovis ssp. bovis (intrinsisch resistent gegen PZA)

Page 24: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

23

Deutschlandweit war der Anteil resistenter Stämme in den letzten 10 Jahren (2008 bis 2017) stabil und lag zwischen 11,5 % und 14,4 % (Mittelwert: 12,5 %). Der Anteil an multiresisten-ten Tuberkulosen rangierte im gleichen Zeitraum zwischen 1,6 % und 3,3 %. Die Werte wa-ren 2013 angestiegen und bis 2016 nur leicht rückläufig. 2017 stieg der Wert wieder leicht an, wobei die absoluten Fallzahlen jedoch nahezu konstant geblieben sind.

In Thüringen lag der Anteil resistenter Stämme von 2009 bis 2018 zwischen 6,1 % und 18,9 %. Der Mittelwert für Deutschland von 12,5 % wurde in den Jahren 2010, 2013 sowie 2016 und 2017 überschritten. Ein eindeutiger Trend war in den letzten 10 Jahren nicht zu erkennen, allerdings nahmen die Werte in den Jahren 2015 bis 2017 aufgrund steigender Monoresistenzen zu. Dieser Trend setzte sich im Berichtsjahr 2018 nicht weiter fort, sondern es war ein Rückgang resistenter Stämme zu verzeichnen. Der Anteil an multiresistenten Tu-berkulosen war thüringenweit gering (0 bis 2 Fälle) und lag zwischen 0 % und 4,0 % ohne Tendenz (Abb. 15).

Abbildung 15: Anteil nicht resistenter, monoresistenter, mehrfachresistenter und multiresistenter Stämme in Thüringen von 2009 bis 2018

Für 25 der 38 Patienten mit Geburtsland Deutschland lagen Angaben zu Empfindlichkeits-prüfungen vor. Dabei wurde in 2 Fällen eine Monoresistenz gegen Isoniazid bzw. Pyrazina-mid festgestellt.

Bei dem einzigen Tuberkulose-Patienten mit Geburtsland in den NUS lagen ebenfalls Anga-ben zu einer durchgeführten Empfindlichkeitsprüfung vor. Hier wies der angezüchtete Stamm keine Resistenzen auf.

Bei den 59 im übrigen Ausland Geborenen erfolgten 33 Resistenzbestimmungen. Darunter befanden sich 2 Stämme, die Monoresistenzen gegen Isoniazid aufwiesen. Zwei weitere

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

An

teil

in P

roze

nt

Meldejahre

multiresistent mehrfachresistent monoresistent nicht resistent

Page 25: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

24

Stämme wiesen eine Mehrfachresistenz gegen Isoniazid und Streptomycin auf. Multiresis-tente Stämme wurden im aktuellen Berichtsjahr in Thüringen nicht festgestellt (Tab. 7).

Tabelle 7: Tuberkulosefälle mit Resistenzen nach Geburtsland in Thüringen, 2018

Fälle mit Mono- Mehrfach- Multi-

Geburtsland Empfindlichkeits- resistenz resistenz resistenz

prüfungen Anzahl % Anzahl % Anzahl %

Deutschland 25 2 8,0 0

0

NUS 1 0

0

0

übriges

Ausland 33 2 6,1 2 6,1 0

Bei Betrachtung der Resistenzlage in Deutschland ist ein enger Zusammenhang mit dem Geburtsland erkennbar. In Thüringen ist jedoch aufgrund der geringen Fallzahlen eine solche Aussage schwierig. Betrachtet man einen größeren Zeitraum, zeigt sich aber auch hier, dass mehrheitlich bei Erkrankten aus den NUS Resistenzen vorlagen. So waren in den Jahren von 2009 bis 2018 12 % der Isolate in dieser Patientengruppe monoresistent, 3 % mehrfach-resistent und 9 % der Isolate multiresistent (Abb. 16).

Abbildung 16: Anteil mono-, mehrfach- und multiresistenter Stämme (n=621 mit Empfindlichkeits- prüfung) nach Herkunftsländern, Thüringen, 2009 – 2018

0

2

4

6

8

10

12

14

Monoresistenz Mehrfachresistenz Multiresistenz

An

teil

resi

ste

nte

r Er

rege

r in

Pro

zen

t

Deutschland

NUS

übriges Ausland

Page 26: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

25

3.8 Wiedererkrankungen

Unter den 98 im Jahr 2018 zur Meldung gelangten Neuerkrankungen befanden sich 92 Ersterkrankungen. Bei 6 Personen war bereits eine Tuberkuloseerkrankung in der Ver-gangenheit bekannt gewesen. Das entspricht 6 % der Erkrankungen an Tuberkulose im Be-richtsjahr (Tab. 8).

Bei den Patienten mit Wiedererkrankung handelte es sich um 2 deutsche Staatsangehörige mit Geburtsland Deutschland, einen EU-Bürger aus Rumänien sowie 3 Asylbewerber.

Die beiden Patienten deutscher Herkunft (männlich, 75 Jahre und weiblich, 86 Jahre) waren bereits in den Nachkriegsjahren 1950 und 1954 an einer Tuberkulose erkrankt gewesen. Bei dem rumänischen Staatsbürger handelt es sich um einen 50-jährigen Mann, bei dem im Jahr 2002 in seinem Heimatland eine Lungentuberkulose diagnostiziert worden war. Eine antitu-berkulöse Therapie erfolgte zwar, ein Therapieerfolg wurde jedoch nicht dokumentiert.

Bei einer 19-jährigen Asylbewerberin aus Syrien, die 2015 in Deutschland eingereist war, 2016 an einer Lungentuberkulose erkrankte und 6 Monate mit einer Vierfachtherapie behan-delt worden war (Abschluss der Behandlung mit Nachweis einer negativen Kultur), wurde 2018 eine Reaktivierung der Tuberkulose festgestellt. Die vorausgegangene Therapie war vermutlich aufgrund einer Noncompliance nicht erfolgreich. Zwei weitere Asylbewerber (männlich, 17 Jahre sowie männlich, 19 Jahre) aus dem Sudan bzw. aus Somalia waren im Kindesalter in ihren Heimatländern an einer Tuberkulose erkrankt gewesen. Angaben zum Jahr der Vorerkrankung bzw. zu einer erfolgten Behandlung liegen hier nicht vor.

Im Vergleich zu den beiden Vorjahren 2016 und 2017 wurde im aktuellen Berichtsjahr ein Rückgang bei der Anzahl der Wiedererkrankungen beobachtet. Trotz des 2016 beobachte-ten Anstiegs des prozentualen Anteils an Wiedererkrankungen gegenüber den Jahren 2013 bis 2015 zeigt sich in den letzten zehn Jahren insgesamt ein abnehmender Trend (Tab. 8, Abb. 16).

Tabelle 8: Erkrankungen an Tuberkulose gesamt und Wiedererkrankungen in Thüringen, 2009 – 2018

Jahr

Anzahl der

Tuberkulose-Fälle

davon als

Wiedererkrankung in %

2009 104 17 16,3

2010 94 8 8,5

2011 70 4 5,7

2012 75 8 10,7

2013 67 5 7,5

2014 88 7 8,0

2015 115 6 5,1

2016 112 11 9,8

2017 110 8 7,3

2018 98 6 6,1

Page 27: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

26

Abbildung 17: Anzahl der Wiedererkrankungen an Tuberkulose, rote Linie: Trendlinie, Thüringen,

2009 – 2018

Bei 3 der 6 Patienten, bei denen eine Vorerkrankung bekannt war, erfolgte ein kultureller Erregernachweis mit einer anschließenden Empfindlichkeitsprüfung. Dabei wies kein Stamm eine Resistenz gegen eines oder mehrere Medikamente der Erstrangliste auf.

3.9 Begleiterkrankungen

Begleiterkrankungen wurden bei 39 Patienten, das entspricht 40 % aller Erkrankten, ange-geben. Der Anteil dieser Patienten fiel somit höher als im Berichtsjahr 2017 mit 23 % aus und befand sich auf dem Niveau des Jahres 2014 (43 %). Die Werte der vergangenen 4 Jahre lagen deutlich niedriger als in den vorangegangenen Jahren (Vergleich 2013: 70 %). Verursacht wurde dieser Rückgang vor allem durch den hohen Anteil der Erkrankungen von Asylbewerbern, bei denen nur in wenigen Fällen Angaben hierzu vorliegen.

Im Jahr 2018 nahm der prozentuale Anteil von Erkrankungen ohne Migrationshintergrund wieder zu (siehe Abschnitt 3.2; vgl. Abb. 5). Bei diesen, vor allem bei älteren Erkrankten, sind häufiger Begleiterkrankungen bekannt und werden dokumentiert.

Bei den genannten Begleiterkrankungen überwog Nikotinabusus, aber auch Tumorleiden und Herz-Kreislauf-Erkrankungen wurden häufig genannt. Insbesondere der Anteil der alko-hol- und drogenabhängigen Patienten zeigt die schwierigen sozialen Rahmenbedingungen, die bei der Erkennung, Behandlung und Überwachung der Tuberkulose eine nicht zu unter-schätzende Rolle spielen (Abb. 18).

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

An

teil

Wie

de

rerk

ran

kun

gen

Meldejahr

Page 28: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

27

Abbildung 18: Art und Anzahl der angegebenen Begleiterkrankungen (n=68, Mehrfachnennungen möglich) bei 39 Patienten mit Tuberkulose in Thüringen, 2018

3.10 Aktive und passive Fallfindung

Für alle in Thüringen erfassten Tuberkulose-Fälle wurde der Anlass der Untersuchung erho-ben, der zur entsprechenden Diagnosestellung führte. Dabei wurde zwischen aktiver und passiver Fallfindung differenziert. Bei der aktiven Fallsuche handelt es sich um gezielte Maßnahmen der Gesundheitsämter wie Umgebungsuntersuchungen im Umfeld eines Er-krankten, Screening-Untersuchungen (Aufnahme in Gemeinschaftseinrichtungen wie Asyl-bewerberheime, Obdachlosenunterkünfte, Alten- und Pflegeheime, Justizvollzugsanstalten) oder die Überwachung gesunder Befundträger. Die passive Fallfindung umfasst die Abklä-rung tuberkulosebedingter Symptome und anderer Beschwerden sowie bei Obduktionen erhobene Befunde. Eine detaillierte Übersicht über die Anlässe der Diagnosen ist in Tabel-le 9 ersichtlich.

0 2 4 6 8 10 12 14 16

Nikotinabusus

Tumorleiden

Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Alkoholabusus

COPD

Drogenkonsum

Erkrankungen der Leber incl. Hepatitis B

Diabetes mellitus

sonstige Erkrankungen

HIV

Erkrankungen der Nieren

Anzahl der Erkrankungen

Page 29: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

28

Tabelle 9: Tuberkulose-Fälle: Anzahl und Anteil in % nach Anlass der Diagnose in Thüringen, 2018

aktive Fallfindung passive Fallfindung

Anlass der Diagnose Anzahl Anteil in %

Umgebungsuntersuchung 11 11,2

Überwachung gesunder Befundträger nach früherer Tuberkulose 0 0,0

Aufnahme in ein Alten- oder Pflegeheim 0 0,0

Aufnahme in ein Obdachlosenheim 0 0,0

Aufnahme in eine Justizvollzugsanstalt 0 0,0

Aufenthaltsberechtigung für ausländische Staatsbürger 1 1,0

Asylbewerber, Aufnahme in eine Gemeinschaftsunterkunft 4 4,1

Aussiedler, Aufnahme in eine Gemeinschaftsunterkunft 0 0,0

Abklärung tuberkulosebedingter Symptome 67 68,4

Abklärung sonstiger Symptome 15 15,3

Obduktion oder andere postmortale Untersuchung 0 0,0

Von den Thüringer Gesundheitsämtern wurden im Rahmen von Umgebungsuntersuchungen bei Kontaktpersonen zu an Tuberkulose Erkrankten im Jahr 2018 insgesamt 1.012 Thorax-röntgenuntersuchungen veranlasst. Weiterhin erfolgten aus demselben Anlass 1.919 Interfe-ron-Gamma-Release-Assays (IGRA), 130 Tuberkulin-Hauttests sowie 249 Sputumuntersu-chungen.

Gemäß § 36 (4) IfSG ist bei Aufnahme in eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge und Asylbewerber bei allen Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, eine Röntgenauf-nahme der Lunge zwecks Ausschluss einer Lungentuberkulose gesetzlich vorgeschrieben. Auf Grundlage des § 69 (1) IfSG wurden 2018 im TLV insgesamt 1.705 Thoraxröntgenunter-suchungen bei Asylbewerbern abgerechnet.

Bei Kindern und Schwangeren, bei denen keine röntgenologische Untersuchung der Lunge durchgeführt wird, erfolgte ein Tuberkulin-Hauttest bzw. ein IGRA.

Im TLV, Abt. Gesundheitsschutz, wurden im Auftrag der Gesundheitsämter bzw. im Rahmen der o. g. Screeninguntersuchungen bei Asylbewerbern 2.777 IGRAs durchgeführt, von de-nen 325 (11,7 %) positiv ausfielen. Im Vorjahr waren im TLV 2.602 IGRAs erfolgt, wobei der Anteil positiver Ergebnisse mit 8,5 % niedriger ausgefallen war (Abb. 18).

Nur 6 % der im TLV durchgeführten IGRAs (163 von 2.777 IGRAs) entfielen dabei auf Asyl-bewerber der EAE Suhl. In 42 Fällen (26 %) erbrachte der Test ein positives Ergebnis. Der

Page 30: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

29

überwiegende Teil der Untersuchungen (2.614; 94 %) erfolgte im Auftrag der Thüringer Ge-sundheitsämter. Hier betrug der Anteil positiver Tests 11 % (283 positive Ergebnisse).

Tabelle 10: Anzahl der 2018 im TLV durchgeführten Interferon-Gamma Release Assays (IGRA, gesamt und Anzahl der Positiven)

2018 Anzahl der Untersuchungen

Anzahl positiver Ergebnisse

Anteil positiver Ergebnisse in %

Asylbewerber in Erstaufnah-meeinrichtung (EAE Suhl)

163 42 25,8 %

alle Einsender ohne Asylbe-werber aus EAE Suhl

2614 283 10,8 %

alle Einsender des TLV gesamt

2777 325 11,7 %

Abbildung 19: Anzahl der im TLV durchgeführten Interferon-Gamma Release Assays (IGRA, gesamt und Anzahl der Positiven) in den Jahren 2009 – 2018

Durch aktive Fallfindung wurden im Jahr 2018 insgesamt 16 Erkrankungen (16 % der ge-meldeten Tuberkulose-Fälle) ermittelt. Auf Umgebungsuntersuchungen entfielen 11 Neuerkrankungen. Dabei wurde ein Erkrankungscluster mit insgesamt 5 Fällen im Land-kreis Nordhausen detektiert (siehe Kapitel 3.11).

Vier weitere Fälle wurden anlässlich von Screening-Untersuchungen bei Aufnahme in eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber gemäß § 36 (4) IfSG erfasst. In einem weiteren

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

An

zah

l de

r IG

RA

s im

TLV

Meldejahre

Anzahl davon positiv

Page 31: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

30

Fall war die Fallfindung in einer Angebotsuntersuchung des Gesundheitsamtes für Personen, die aufgrund eines Familiennachzugs in Deutschland eingereist sind, begründet.

In all diesen Fällen waren röntgenologische Lungenbefunde bzw. positive Interferon-Gamma-Tests oder Tuberkulin-Hauttests der Anlass für eine weiterführende Diagnostik.

Der Anteil der durch aktive Fallfindung, insbesondere durch Screeninguntersuchungen von Asylsuchenden, diagnostizierten Tuberkulosen hatte in den letzten Jahren bis einschließlich 2017 deutlich zugenommen. Im aktuellen Berichtsjahr war deren Anteil jedoch wieder rück-läufig.

Trotzdem kommt der aktiven Fallfindung eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu, was die Identifizierung des nachstehend beschriebenen Tuberkuloseclusters eindrucksvoll unter-streicht.

Der Großteil der Erkrankungen (82 E; 84 % der Tuberkulose-Fälle) wurde im Berichtsjahr wiederum im Rahmen der passiven Fallfindung von niedergelassenen Ärzten und in Kran-kenhäusern diagnostiziert. Anlass der Diagnosestellung waren dabei hauptsächlich die Ab-klärung tuberkulosebedingter Symptome, aber auch differenzialdiagnostische Untersuchun-gen bei bestehenden Grundleiden.

3.11 Erkrankungshäufung im Landkreis Nordhausen

Ein 43-jähriger Mann aus dem Landkreis Nordhausen wurde im Januar 2018 mit ausgepräg-ter Dyspnoe hospitalisiert. Die Thoraxröntgenaufnahme zeigte Infiltrate im rechten Oberlap-pen der Lunge. Noch am selben Tag erfolgte eine Oberlappen-Keilresektion. Molekularbiolo-gisch wurde M. tuberculosis-Komplex in einer Gewebeprobe des Oberlappens detektiert. Nachfolgend wurde aus Bronchialsekret M. tuberculosis isoliert. Anlässlich der Umgebungsuntersuchungen zu dieser Erkrankung wurden nachfolgend 3 wei-tere Fälle identifiziert, die im epidemiologischen Zusammenhang standen. Dabei wurde be-kannt, dass alle Erkrankten Kontakt hatten zu einem bereits im Jahr 2016 aufgetretenen Fall, der als Indexfall für diese Häufung gewertet wird. Bei diesem ersten Fall wurden zwar auch Umgebungsuntersuchungen durch das zuständige Gesundheitsamt durchgeführt, allerdings wurden von dem damals Betroffenen nicht alle Kontaktpersonen benannt. Bei den insgesamt 5 Erkrankten dieses Clusters handelte es sich um Männer im Alter zwischen 26 und 57 Jah-ren und ausschließlich um deutsche Staatsbürger mit Geburtsland Deutschland. In allen Fäl-len wurde aus Sputum oder Bronchialsekret M. tuberculosis isoliert. Die am Nationalen Refe-renzzentrum für Mykobakterien Borstel erfolgte Erreger-Feintypisierung erbrachte für alle Stämme eine Übereinstimmung. Zwei Patienten im Alter von 36 und 43 Jahren verstarben infolge der Tuberkulose. Allen Erkrankten war ein schwieriges soziales Umfeld, teilweise mit Drogen- und Alkoholabusus, gemein.

Page 32: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

31

3.12 Behandlungsergebnisse und Letalität

Aufgrund der sehr langen Behandlungsdauer einer Tuberkulose kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abschließend über den Behandlungserfolg der im Jahr 2018 erfassten Tuberkulose-Erkrankungen entschieden werden, da bei mehr als einem Drittel der Erkrank-ten (n=40) die Therapie noch nicht abgeschlossen ist. Die in Tabelle 10 enthaltenen Anga-ben für das Berichtsjahr sind daher als vorläufig zu betrachten.

Tabelle 10: Behandlungsergebnisse der Tuberkuloseerkrankungen in Thüringen im Jahr 2018 (vorläufig) im Vergleich zum Vorjahr

Behandlungsergebnis 2018 2017

Anzahl % Anzahl %

Abschluss der Behandlung mit Nachweis einer negativen Kultur 13 13,3 33 30,0

Abschluss der Behandlung ohne Nachweis einer negativen Kultur 27 27,6 56 50,9

Abbruch der Behandlung 1 1,0 5 4,5

Fortführung der Behandlung länger als 12 Monate 1 1,0 2 1,8

Tod an TB vor Beginn oder während der Behandlung 6 6,1 2 1,8

Tod anderer Ursache 5 5,1 3 2,7

Versagen der Behandlung 0 0,0 0 0,0

Standardtherapie noch nicht abgeschlos-sen 39 39,8 0,0

unbekannt, da Patient unbekannt oder ins Ausland verzogen 6 6,1 9 8,2

Bisher wurde bei 40 Erkrankten (41 % der Tuberkulose-Patienten des aktuellen Berichtsjah-res) die antituberkulöse Behandlung erfolgreich abgeschlossen, davon in 13 Fällen mit Nachweis einer negativen Kultur im letzten Behandlungsmonat. Unter einer erfolgreichen Behandlung ist dabei eine Heilung oder die vollständige Durchführung der Behandlung zu verstehen. 40 Patienten werden momentan noch therapiert. In 39 Fällen ist die Standardtherapie noch nicht abgeschlossen, bei einem weiteren Patienten muss die Behandlung länger als 12 Mo-nate fortgeführt werden.

Besorgniserregend ist die hohe Zahl der Erkrankungen, für die kein erfolgreicher Behand-lungsabschluss erreicht wurde (n=18; 18 % der aktuellen Tuberkulosefälle). Ursache für die-sen hohen Anteil waren 11 Sterbefälle sowie ein Therapieabbruch, der in einer massiven Medikamentenunverträglichkeit begründet ist. Für weitere 6 Fälle konnte kein Behandlungs-erfolg dokumentiert werden, da die betreffenden Patienten noch während der Behandlung in ihr Heimatland zurückkehrten (3 EU-Bürger aus Bulgarien, Portugal bzw. Rumänien sowie eine indische Staatsbürgerin) bzw. ihr derzeitiger Aufenthaltsort unbekannt ist. Bei den Letztgenannten handelt es sich um 2 Asylbewerber aus Mazedonien und Syrien, die unbe-

Page 33: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

32

kannt verzogen sind, weshalb davon ausgegangen werden muss, dass keine Medikation mehr erfolgt.

Gemäß der Definition der WHO werden Sterbefälle vor Beginn oder während der antituber-kulösen Behandlung als Versagen der Therapie gewertet. Das betrifft sowohl Todesfälle an Tuberkulose als auch solche an einer anderen Ursache. So verstarben im Berichtsjahr 11 der 98 Tuberkulose-Patienten (11 %) vor Beginn oder während der Behandlung, 5 davon an ihren Grundleiden und 6 ursächlich an ihrer Tuberkuloseerkrankung. Der hohe Anteil der Sterbefälle in Thüringen war hauptsächlich bedingt durch die Altersstruktur der Patienten und der oftmals damit verbundenen Multimorbidität.

Sechs Verstorbene gehörten der Altersgruppe der über 70-Jährigen an, 3 Sterbefälle wurden in der Altersgruppe der 60- bis 70-Jährigen registriert. Zwei weitere Erkrankte verstarben im Alter von 36 bzw. 43 Jahren (siehe Kapitel 3.11). Von den 11 im Jahr 2018 Verstorbenen war der Tod in 5 Fällen nicht durch die Tuberkulose bedingt, sondern trat infolge bestehender Grunderkrankungen ein. Dabei handelte es sich um 3 deutsche Staatsbürger mit Geburts-land Deutschland im Alter zwischen 67 und 88 Jahren, einen 61-jährigen EU-Bürger aus Rumänien sowie einen 67-jährigen Vietnamesen.

Alle 6 infolge der Tuberkulose Verstorbenen waren ausschließlich deutsche Staatsbürger im Alter von 36, 43, 73, 83 und 87 (2x) Jahren. Fünf Patienten waren in Deutschland geboren. In einem weiteren Fall handelte es sich um einen aus Kasachstan stammenden Mann mit deutscher Staatsangehörigkeit.

Die Letalität betrug 6,1 % und fiel somit deutlich höher aus als im Vorjahr, in dem mit 1,8 % der niedrigste Wert in den vergangenen 10 Jahren in Thüringen erreicht worden war (Tab. 11, Abb. 19). Im Jahr 2014 lag die Letalität in Thüringen erstmals nicht über dem bun-desweiten Vergleichswert, nachdem in den Vorjahren die für Deutschland registrierten Werte immer deutlich überschritten worden waren. Bei weiter sinkender Letalität in Deutschland wurden jedoch 2015 und 2016 die bundesweiten Vergleichswerte bereits wieder überschrit-ten. 2017 befand sich der Wert der Letalität in Thüringen erstmals unter dem bundesweiten Vergleichswert. Für das aktuelle Berichtsjahr sind noch keine endgültigen Zahlen für Deutschland verfügbar.

Tabelle 11: Letalität der Tuberkulose-Erkrankungen in Thüringen, 2009 – 2018

Jahr

an Tuberkulose Verstorbene in Thüringen

absolut Letalität

(Anteil in %)

2009 7 6,8

2010 7 7,4

2011 4 5,7

2012 5 6,7

2013 4 6,0

2014 2 2,3

2015 3 2,5

2016 5 4,4

2017 2 1,8

2018 6 6,1

Page 34: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

33

Abbildung 20: Letalität der Tuberkulose-Erkrankungen (in Prozent) in Thüringen 2009 – 2018 und

Deutschland 2009 – 2017

Für das Jahr 2017, in dem 110 Tuberkulose-Erkrankungen übermittelt worden waren, lagen zum Stichtag 28.02.2019 nahezu alle Behandlungsergebnisse vor, sodass eine Aktualisie-rung der vorjährigen Angaben in Tabelle 10 möglich war.

So wurde bei 89 Tuberkulose-Erkrankungen (81 %) die Behandlung erfolgreich abgeschlos-sen, davon in 33 Fällen mit Nachweis einer negativen Kultur im letzten Behandlungsmonat. Bei 2 Patienten, die länger als 12 Monate behandelt werden mussten, wurde die Therapie bisher noch nicht beendet.

Fünf an Tuberkulose erkrankte Personen verstarben vor Beginn oder während der Behand-lung, davon war bei 2 Patienten die Tuberkulose die unmittelbare Todesursache gewesen.

In 14 Fällen konnte kein Behandlungsabschluss dokumentiert werden. In 5 Fällen wurde die Therapie aufgrund von Noncompliance durch die Patienten abgebrochen. In 9 weiteren Fäl-len waren die betroffenen ausländischen Patienten noch während der Therapie in ihr Heimat-land zurückgekehrt bzw. ihr derzeitiger Aufenthaltsort ist unbekannt (Abb. 21).

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

8,0

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

Leta

litä

t in

%

Meldejahre

Deutschland

Thüringen

Page 35: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

34

Abbildung 21: Behandlungsergebnisse der 2017 in Thüringen erfassten Tuberkulose-Fälle

Die Daten zu den Behandlungsergebnissen, die für Deutschland zum gegenwärtigen Zeit-punkt vorliegen, basieren auf den Zahlen für 2016, die bis zum Stichtag 01.03.2018 vorla-gen. Für 5.025 Fälle, das entspricht 84 % der insgesamt 5.949 übermittelten Erkrankungen, waren Angaben zum Behandlungsergebnis verfügbar. Für die übrigen 924 Fälle (16 %) wa-ren von den Gesundheitsämtern keine entsprechenden Daten übermittelt worden. Das ist auf bundesweiter Ebene hinsichtlich der Datenqualität und -vollständigkeit ein völlig unbefriedi-gendes Ergebnis.

Die für 2016 vorliegenden Daten weisen in Deutschland einen Behandlungserfolg von 81 % aus mit einer deutlichen Schwankungsbreite zwischen den einzelnen Bundesländern. In Thü-ringen war mit 88 % der größte Anteil erfolgreich beendeter Behandlungen zu verzeichnen, während in Mecklenburg-Vorpommern nur ein Anteil von 71 % erreicht wurde.

Wie in Thüringen ist auch bundesweit die Hauptursache für eine nicht erfolgreich abge-schlossene Tuberkulose-Behandlung in der Altersstruktur der Patienten zu sehen. Vor allem in den höheren Altersgruppen machte der Tod an Tuberkulose und auch Sterbefälle auf-grund anderer Ursachen während der Tuberkulose-Therapie einen hohen Anteil dieser Fälle aus.

Das Ziel der WHO, das bis zum Jahr 2025 einen 90-prozentigen Behandlungserfolg vorsieht, wurde somit deutschlandweit im Jahr 2016 mit einem Behandlungserfolg von nur 81 % nicht erreicht. Auch in Thüringen wurde trotz des im Bundesvergleich größten Anteils erfolgreich beendeter Behandlungen die Zielvorgabe der WHO verfehlt.

Fortführung der Behandlung > 12

Monate

Abbruch der Behandlung

Tod anderer Ursache

Tod an TB vor Beginn oder während der Behandlung

unbekannt, da Patient unbekannt oder ins Ausland

verzogen

Abschluss der Behandlung mit

Nachweis einer negativen

Kultur

Abschluss der Behandlung ohne

Nachweis einer negativen

Kultur

Page 36: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

35

4 Zusammenfassung

Im Jahr 2018 wurden in Thüringen 98 Neuerkrankungen an Tuberkulose gemeldet. Damit befanden sich die Fallzahlen zwar unter dem Niveau der vergangenen 3 Jahre, in denen 115 (2015), 112 (2016) und 110 Erkrankungen (2017) zur Meldung gelangt waren, aber immer noch über dem Wert des Jahres 2014 mit 88 Fällen.

Der Anteil der in Deutschland geborenen Patienten betrug 39 % (n=38). Bei 3 dieser Fälle handelte es sich um Kinder von Eltern ausländischer Herkunft. Somit lag der Anteil von Er-krankten mit Migrationshintergrund bei 64 % (n=63) und damit unter dem Wert des Vorjahres mit 79 % (n=87). Bei der Mehrzahl dieser Fälle (n=44) handelte es sich um Asylbewerber. Diese kamen, wie schon in den Jahren 2015, 2016 und 2017, am häufigsten aus Eritrea und Somalia.

Wie in den Vorjahren war überwiegend das männliche Geschlecht betroffen (70 %). Auf-grund der hohen Anzahl jüngerer Asylbewerber verschob sich seit dem Jahr 2014 die Alters-struktur der Erkrankten von Älteren hin zu einem größeren Anteil in der Altersgruppe zwi-schen 15 und 29 Jahren (n=41; 42 %). Unter den Erkrankten befanden sich auch 7 Kinder im Alter von 0 bis 10 Jahren. In 73 % aller Fälle trat die Tuberkulose als Lungentuberkulose auf, davon in 65 % in der offenen Form. Bei älteren Patienten wurde häufig von Begleiterkran-kungen berichtet.

Lediglich 4 Tuberkulosefälle (4 %) wurden im aktuellen Berichtsjahr durch die nach § 36 In-fektionsschutzgesetz vorgeschriebene Röntgenuntersuchung bei Asylbewerbern ab 15 Jah-ren bzw. durch Screeninguntersuchungen mittels Interferon-Gamma-Tests oder Tuberkulin-Hauttests bei Kindern unter 15 Jahren sowie bei Schwangeren anlässlich der Aufnahme in eine Gemeinschaftsunterkunft entdeckt. Damit ging der Anteil der Fallfindung aufgrund die-ser gesetzlichen Bestimmung im Vergleich zum Vorjahr (16 Fälle; 15%) deutlich zurück.

In diesem Jahr wurden 4 Fälle mit Monoresistenz und 2 Fälle mit einer Mehrfachresistenz registriert. Multiresistente Stämme wurden in diesem Berichtsjahr in Thüringen nicht identifi-ziert.

Bei bisher 40 Erkrankten (41 %) wurde die antituberkulöse Therapie erfolgreich abgeschlos-sen. Elf Patienten verstarben, darunter 6 ursächlich an ihrer Tuberkuloseerkrankung (Letali-tät 6,1 %). Weitere 40 Patienten werden momentan noch therapiert. Für 6 Erkrankte konnte kein Behandlungsergebnis dokumentiert werden, da 4 der betreffenden Patienten noch wäh-rend der Behandlung in ihre Heimatländer zurückkehrten bzw. in 2 weiteren Fällen der der-zeitige Aufenthaltsort unbekannt ist und daher davon ausgegangen werden muss, dass kei-ne Medikation mehr erfolgt. In einem weiteren Fall wurde aufgrund einer massiven Medikamentenunverträglichkeit ein Behandlungsabbruch dokumentiert.

Die Behandlungsergebnisse der Erkrankten aus dem Jahr 2017 liegen jetzt nahezu vollstän-dig vor. Bei 81 % der Erkrankten aus dem Vorjahr wurde die Behandlung erfolgreich abge-schlossen. Zwei Patienten werden länger als 12 Monate therapiert, sodass in diesen Fällen noch kein Behandlungsergebnis vorliegt.

Der Tuberkulose und ihrer Bekämpfung kommt weiterhin eine hohe Bedeutung zu. Wach-samkeit ist besonders bei älteren und sozial schwachen Menschen sowie bei Personen mit Migrationshintergrund geboten.

Die Auswertungen und Analysen der Tuberkulose-Erkrankungen in Thüringen lassen keinen Hinweis auf ein steigendes Infektionsrisiko für die einheimische Bevölkerung erkennen.

Von der für Niedriginzidenzländer angestrebten Prä-Elimination der Tuberkulose bis 2035, das bedeutet weniger als eine Tuberkulose-Erkrankung pro 100.000 Einwohner, ist auch Deutschland gegenwärtig weit entfernt. Um dieses Ziel zu erreichen, ist ein jährlicher Rück-gang der Fallzahlen um 10 % erforderlich.

Page 37: TLV Jahresbericht Tuberkulose 2018 · tuberculosis-Komplexes mit Ausnahme von Mycobacterium bovis BCG (Impfstamm). Außer-dem sind vorab der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen

Tuberkulose in Thüringen - Jahresbericht 2018

36

Herausgeber: Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz Tennstedter Str. 8/9, 99947 Bad Langensalza

Kontakt: [email protected]

Verantwortlich: Verena Meyer, Leiterin des Präsidialstabs

Internet: www.verbraucherschutz-thueringen.de

Autorinnen: Regina Reinke Dr. Sabine Schroeder

Stand: August 2019