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Aus der Orthopädischen Klinik des
St. Josef-Hospital Bochum
Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum
Direktor: Prof. Dr. med. J. Krämer
Topographische Anatomie der zervikalen
Nervenwurzelabgänge unter spezieller Berücksichtigung der zervikalen Injektionsbehandlung
Inaugural-Dissertation
zur
Erlangung des Doktorgrades der Medizin
einer
Hohen Medizinischen Fakultät
der Ruhr-Universität Bochum
vorgelegt von
Jörn Heinze
Aus Hagen
2003
II
Dekan: Prof. Dr. med. G. Muhr
Referent: Prof. Dr. med. J. Krämer
Korreferent: Prof. Dr. med. R. Smektala
Tag der mündlichen Prüfung: 20.07.2004
III
Meiner Familie in Dankbarkeit
gewidmet
IV
INHALTSVERZEICHNIS Seite
1. Einleitung 1
1.1 Anatomie 2
1.1.2 Einteilung des Zervikalsyndroms 11
1.1.3 Lokales Zervikalsyndrom 11
1.1.4 Zervikobrachiales Syndrom (CBS) 12
1.1.5 Zervikozephales Syndrom 14
1.1.6 Zervikomedulläres Syndrom 15
1.2 Diagnostik 17
1.2.1 Differentialdiagnosen 17
1.2.2 Klinische Untersuchung 20
1.2.3 Bildgebende Diagnostik 22
1.3 Therapie 24
1.3.1 Konservative Therapie 24
1.3.2 Physikalische Behandlung 24
1.3.3 Thermotherapie 24
1.3.4 Massage und Manuelle Therapie 26
1.3.5 Halskrawatte und Glisson-Extension 27
1.3.6 Elektrotherapie 29
1.3.7 Medikamentöse Behandlung 30
1.3.8 Injektionstherapie 30
1.3.9 Die Zervikale-Spinalnerv-Analgesie (CSPA) 37
1.4 Fragestellung 42
V
INHALTSVERZEICHNIS Seite
2. Material und Methoden 44
2.1 Ethische Grundlagen 44
2.2 Voruntersuchungen und Einschlusskriterien 44
2.3 Formalinfixierung 45
2.4 Präparation und Entnahme der Halswirbelsäulen 45
2.5 Methylenblau Färbung 48
2.6 Röntgendarstellung 49
2.7 Sondenmessung und Präparation 52
2.8 Präsentation der Daten und Statistik 56
3. Ergebnisse 57
3.1 Ergebnisse der Sondenmessung und 57
mikroskopischen Präparation
3.2 Ergebnisse der Röntgendarstellung 62
3.3 Ergebnisse der Methylenblau Färbung 62
4. Diskussion 63 4.1 Klinische Bedeutung 63
4.2 Konsequenzen für die Zervikale-Spinalnerv- 66
Analgesie
4.3 Mögliche Limitierung der Untersuchung 68
5. Zusammenfassung 70
VI
6. Literaturverzeichnis 72
Danksagung 80 Lebenslauf 81
VII
VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN Seite
Abb.1: Topografische Beziehung zwischen Processus uncinatus, 4
Arteria vertebralis, Spinalnerv und Wirbelgelenk.
Abb.2: Häufigste Lokalisationen von degenerativen Prozessen 7
im Bereich der Wirbelsäule: Facettengelenksarthrose
und Bandscheibendegeneration
Abb.3: Verlauf und segmentale Austrittspunkte der zervikalen 9
Spinalnerven in Beziehung zu den Wirbelkörpern
der HWS.
Abb.4: Nervale, postganglionäre Aufteilung eines Spinalnerven 10
in seine sensiblen und motorischen Endäste.
Abb.5: Klinische Zeichen eines C6-Syndroms 13
Abb.6: Klinische Zeichen eines C7-Syndroms 13
Abb.7: Klinische Zeichen eines C8-Syndroms 14
Abb.8: Zervikale Distraktionsbehandlung mittels einer 29
Glisson-Schlinge.
Abb.9: Anatomie und Injektionsrichtung bei zervikaler epiduraler 35
Injektion an einem HWS-Modell in lateraler Ansicht.
Abb.10: Darstellung einer Epidurographie bei zervikaler epiduraler 36
Injektion.
Abb.11: Landmarks zum Auffinden der Injektionspunkte der 40 der CSPA
VIII
VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN Seite Abb.12: Anatomie und Injektionstechnik bei der zervikalen 40
Spinalnervanalgesie (CSPA) am Skelettmodell in
dorsaler Ansicht.
Abb.13: Anatomie und Injektionstechnik bei der zervikalen 41
Spinalnervanalgesie (CSPA) am Skelettmodell in
lateraler Ansicht.
Abb.14: Von den Weichteilen befreite Halswirbelsäule von dorsal. 46
Abb.15: Darstellung einer Halswirbelsäule mit ventral 46
abgehenden Nn.spinales.
Abb.16: Halswirbelsäule nach kompletter Präparation von lateral 47
mit Markierung der Spinalnerven am Austrittspunkt des
Foramen intervertebrale.
Abb.17: Markierter Spinalnerv am Foramen intervertebrale. 48
Abb.18: Radiologische Darstellung des cervikalen Intrathekal- 49
raumes durch Röntgenkontrastmittel zur Ermittlung
und Beurteilung des Liquor umspülten Raums.
Abb.19: Radiologische Darstellung des cervikalen Intrathekal- 50
raumes durch Röntgenkontrastmittel zur Ermittlung
und Beurteilung des Liquor umspülten Raums.
Abb.20: Radiologische Darstellung des cervikalen Intrathekal- 50
raumes durch Röntgenkontrastmittel zur Ermittlung
und Beurteilung des Liquor umspülten Raums.
IX
VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN Seite Abb.21: Radiologische Darstellung des cervikalen Intrathekal- 51
raumes durch Röntgenkontrastmittel zur Ermittlung
und Beurteilung des Liquor umspülten Raums.
Abb.22: Radiologische Darstellung des cervikalen Intrathekal- 51
raumes durch Röntgenkontrastmittel zur Ermittlung
und Beurteilung des Liquor umspülten Raums.
Abb.23: Radiologische Darstellung des cervikalen Intrathekal- 52
raumes durch Röntgenkontrastmittel zur Ermittlung
und Beurteilung des Liquor umspülten Raums.
Abb.24: Laminektomierte Halswirbelsäule in dorsaler Ansicht 53
Abb.25: Präparierter Duraschlauch mit Spinalnerven von dorsal 53 gesehen.
Abb.26: Längs eröffneter Duraschlauch mit Sicht auf das 54
Rückenmark und die abgehenden Nervenwurzeln, die
Radix dorsalis.
Abb.27: Sondierung einer komplett präparierten 55 Nervenwurzeltasche.
Abb.28: Seitengetrennte Darstellung der Sondenmesswerte 61
in (mm) für die Nervenwurzeln C5 bis C8.
X
VERZEICHNIS DER TABELLEN Seite
Tab. 1: Seitengetrennter Vergleich der Nervenwurzeltaschentiefe 57
(in mm) innerhalb der vier untersuchten Segmente.
Tab. 2: Geschlechtsspezifischer Vergleich der Nervenwurzel- 57 taschentiefe (in mm) in den vier Bewegungssegmenten.
Tab. 3: Seitenvergleich der gemessenen Nervenwurzel- 58 taschentiefe (in mm) innerhalb der einzelnen
Bewegungssegmente.
Tab. 4: Individuelle Messwerte bei jedem einzelnen Präparat. 59 Messdistanz vom lateralsten Punkt der Wurzeltasche
bis zum Austrittspunkt des Spinalnerven aus dem
Foramen intervertebrale in (mm).
Tab. 5: Individuelle Wurzeltaschentiefe bei jedem einzelnen 60 Präparat.
Tab. 6: Radiologischer Vergleich der Wurzeltaschentiefe 62
(in mm) innerhalb der vier untersuchten
Nervenwuzeletagen.
XI
VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN
Abb. Abbildung
a.p. Anterior – posterion (Strahlengang beim Röntgen)
C1-8 Halswirbel 1 – 8
CBS Zervikobrachialsyndrom
CCS Zervikozephales Syndrom
CEK Zervikogener Kopfschmerz
COX Cyclooxygenase
CRP C-reaktives Protein
CSPA Zervikale Spinalnerv Analgesie
CT Computertomographie
EMG Elektromyogramm
HWS Halswirbelsäule
MRT Magnetresonanztomographie
PTT Partielle Thromboplastinzeit
SEM Standardfehler des Mittelwertes
Tab. Tabelle
1
I. Einleitung
Nacken- und Kopfschmerzen sind ein häufiges Problem, welches nicht selten
von pathologischen Prozessen der Halswirbelsäule ausgeht. Jeder
kopfschmerzerfahrene Arzt ist mit der häufigen Vor- und Fehldiagnose
„HWS-bedingter Kopfschmerz“ vertraut. Die Tatsache, dass Schmerzen im
Nacken oder Hinterkopf empfunden werden oder, wie oft bei der Migräne,
dort einsetzen und nach frontal ausstrahlen, bedeutet nicht, dass sie auch
dort entstehen. Der zervikogene Kopfschmerz (CEK) umfasst
„symptomatische“ und „idiopathische“ Fälle. Er ist dementsprechend nicht als
solitäres von der HWS ausgehendes Kopfschmerzsyndrom anzusehen.
Bovim et al [Bovim, Schrader et al. (1994)] gehen davon aus, dass
Schmerzreize unterschiedlicher anatomischer Provenienz in eine
„gemeinsame Endstrecke“ münden und das uniforme Bild des CEK
bewirken.
Der spezielle Ablauf der degenerativen Veränderungen im Bereich der
Halswirbelsäule wird teilweise durch die besonderen anatomischen
Verhältnisse, aber auch durch die aufrechte Körperhaltung bedingt. Durch
tägliche Arbeiten oder sportliche Freizeitaktivitäten kommt die
Halswirbelsäule oft in unphysiologische Stellungen und erfährt übermäßige
Belastungen die eine Degeneration und Abnutzung fördern.
Fundamentale Kenntnisse der Mechanik und der Anatomie sind
Vorraussetzung für eine adäquate Behandlung. Es gibt eine Vielzahl von
Behandlungsmöglichkeiten, von medikamentöser Behandlung, Massagen,
Krankengymnastik und minimalinvasiven paravertebralen Injektionen in die
Umgebung des Foramen intervertebrale bis hin zu operativen Maßnahmen.
Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass die bandscheibenbedingten
Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule nach denen der
Lendenwirbelsäule die häufigsten sind, wohingegen Thorakalsyndrome eine
untergeordnete Rolle spielen. Zervikale Radikulopathien haben in Europa
eine Inzidenz von 3,5/1000 [Salemi et al. (1996)] und machen etwa 30% aller
Wirbelsäulenpatienten aus [Krämer (1997) (II.)].
2
Statistiken der Krankenkassen und Rentenversicherungsanstalten der
Bundesrepublik Deutschland weisen einen hohen Prozentsatz von
bandscheibenbedingten Erkrankungen auf [Krämer (1996)]. Etwa 20% aller
von niedergelassenen Ärzten ausgestellten Arbeitsunfähigkeit-
Bescheinigungen sind auf Bandscheibenerkrankungen zurückzuführen. Bei
den vorzeitig gestellten Rentenanträgen liegt die Zahl sogar über 50%.
1.1 Anatomie
Nach der Form der einzelnen Wirbel, der Orientierung der Gelenkflächen und
der Funktion kann die Halswirbelsäule in drei Bereiche unterteilt werden,
[Mumenthaler and Schliack et al. (1993)], [Dvorák et al. (1999)]
- obere Halswirbelsäule: Okziput, Atlas, Axis
- untere Halswirbelsäule: von C3 bis C6
- zerviko-thorakaler Übergang: von C7 bis Th3
Den ersten Abschnitt bilden die Gelenkflächen von Okziput, Atlas und Axis.
Man unterscheidet die paarigen Articulationes atlantooccipitales und die
Articulationes atlantoaxialis laterales sowie die unpaare Articulatio
atlantoaxialis mediana. Die sechs anatomisch getrennten Gelenke sind
mechanisch kombinierte Gelenke und bilden in ihrer Kinematik eine
Funktionsgemeinschaft. Das erste Kopfgelenk, Articulatio atlantooccipitalis
wird von den beiden Condyli occipitales und den Foveae articulares atlantis
gebildet. Die beiden Gelenkpartner artikulieren mit ihren Längsachsen nach
vorn. Jeder Condylus besitzt eine schuhsohlenförmige, bikonvexe
Gelenkfläche. Die Oberflächenkrümmung beider Gelenkflächen ergibt einen
quergestellten, eiförmigen Gelenkkörper. Die beiden oberen Halswirbel
haben sich zu Drehwirbeln spezialisiert. Im Gelenk zwischen Atlas und
Episropheus (C1/C2) findet etwa die Hälfte der Rotationsbewegungen der
HWS statt, indem sich der Atlas um den Dens dreht. Die beiden kranialen
Halswirbelkörper weichen in ihrer Gestalt vom Bauplan der übrigen Wirbel ab
und bilden miteinander sowie mit dem Schädel die Kopfgelenke, [Dvorák et
al. (1988)], [Töndury and Tillmann (1987)].
3
Die Halswirbel C3 – C6 sind durch einen breiten Wirbelbogen mit kurzem, an
der Spitze zweigeteiltem Dornfortsatz, die Processus transversi durch ein
weites, gelegentlich ein- oder beidseitig geteiltes Foramen processus
transversi gekennzeichnet. Die Gelenkflächen sind breitflächig und flach, die
Unci corporis steil gestellt. Ihnen entsprechen abgerundete Seitenkanten an
der Unterfläche des kranial folgenden Wirbels. Im Gegensatz dazu sind die
Unci corporis des 7. Halswirbels kurz und die Gelenkflächen nähern sich in
Form und Stellung den Gelenkflächen der Brustwirbelsäule. Die untere
Halswirbelsäule ist eher besser beweglich als ihr mittlerer Abschnitt.
Frakturen, Instabilitäten und degenerative Veränderungen sind hier häufiger.
Der lange Processus spinosus des 7. Halswirbels ist der erste sicht- und
deutlich tastbare Dornfortsatz der Halswirbelsäule.
Die Foramina intervertebralia werden von kranial nach kaudal schmaler und
entsprechend der Verbreiterung der Unci corporis in der Mitte sanduhrförmig
eingedellt.
Trotz funktioneller Untersuchung der einzelnen Abschnitte muss die
Halswirbelsäule mit ihren komplexen Bewegungsabläufen als Ganzes
betrachtet werden. Eine funktionelle Störung am zervikothorakalen Übergang
kann durchaus über die lange, mehrsegmentale, paravertebrale Muskulatur
die Funktion der oberen Halswirbelsäule beeinflussen. Es ist Aufgabe des
Klinikers, mittels funktioneller segmentaler oder regionaler Untersuchung
nach der ursächlichen Funktionsstörung zu suchen und diese gegebenenfalls
mit apparativer Hilfe zu dokumentieren.
Durch die komplexen anatomischen Gegebenheiten der Halswirbelsäule sind
detaillierte anatomische Kenntnisse Vorraussetzungen für eine adäquate und
gezielte Therapie der HWS Syndrome. Das Rückenmark und die Nn.spinales
stehen in enger Beziehung zum Wirbelkanal und den Foramina
intervertebrales. Diese Nähe kommt vor allem mit zunehmendem Alter und
progredient degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule und ihrer
Gelenke zum Ausdruck. Mit steigendem Alter der Patienten oder nach
Halswirbelsäulenverletzungen gewinnt diese Beziehung immer mehr an
Bedeutung. Ebenfalls sollte den großen Halsgefäßen besondere Beachtung
geschenkt werden. Die A. vertebralis verläuft durch einen osteofibrösen
Kanal in den Foramina transversalia und liegt damit in enger topographischer
4
Beziehung der Nervenwurzeln und des Halssympatikus. Daher ist gerade bei
der zervikalen Spinalnerv Analgesie (CSPA) Vorsicht geboten (siehe Abb.1).
Abb. 1: Topografische Beziehung zwischen Processus uncinatus, Arteria Vertebralis,
Spinalnerv und Wirbelgelenk. (Modifiziert nach) [Krämer and Nentwig (1999)].
Die Zwischenwirbelscheiben, Disci intervertebrales, sind wesentlicher
Bestandteil des Bewegungssegmentes, und sie haben in diesem
Zusammenhang großen Einfluss auf die Beanspruchung und Beweglichkeit
der Wirbelsäule. Die Bandscheibe besteht aus dem Faserring, Anulus
fibrosus, und dem Gallertkern, Nucleus pulposus. Die hyalinen
Knorpelplatten, Laminae cartilagineae corporis vertebrarum, müssen
funktionell zu den Zwischenwirbelscheiben gerechnet werden, obwohl sie,
entwicklungsgeschichtlich betrachtet, Teile der ursprünglich knorpeligen
Wirbelkörper sind. Zwischenwirbelscheiben und Knorpelplatten bilden
funktionell und unter pathologisch-anatomischen Gesichtspunkten eine
Einheit [Töndury and Tillmann (1987)]. Die äußere Zone des Anulus fibrosus
besteht aus Lamellen straffen Bindegewebes. Die Innenzone gleicht einem
faserknorpeligen Gewebe und geht ohne scharfe Grenze in den Nucleus
pulposus über. Die Fasern sind innerhalb der einzelnen Lamellen in
gegensinnig verlaufende Schraubentouren ausgerichtet. Ventral und lateral
sind sie am besten ausgebildet [Krämer (1997) (II.)]. Die sich
5
überkreuzenden Fasersysteme in der Außenzone verbinden die Randleisten
zweier benachbarter Wirbel miteinander. Diese Fasern sind
pathomechanisch für die Entstehung degenerativer Veränderungen an den
Wirbelkörpern (Spondylosis deformans) von Bedeutung. Durch die
Anordnung der Fasern in den Lamellen des Anulus fibrosus werden vor allem
Schubkräfte aufgenommen. Weiterhin bewirkt diese Art der Faserarchitektur,
dass die vom Nucleus pulposus übertragenen Kräfte sowohl bei zentrischer
und exzentrischer Richtung der Kraftwirkungslinie als auch bei wechselnder
Höhe der Zwischenwirbelscheibe aufgenommen werden können. Aufgrund
des hohen Gehaltes an Glycosaminglykanen hat der Nucleus pulposus
hydrophile Fähigkeiten und hat so die Möglichkeit reichlich Wasser zu
binden. Er erfüllt damit mechanisch die Funktion eines „Wasserkissens“.
Wird die Bandscheibe zentrisch belastet, überträgt sich der Druck von Seiten
des Nucleus pulposus gleichmäßig auf die angrenzenden Strukturen des
Anulus fibrosus und der Knorpeldeckplatten. Bei einseitiger Belastung weicht
der Nucleus pulposus zur weniger stark belasteten Seite aus.
An der Bandscheibe kann man infolge druckabhängiger
Flüssigkeitsverschiebungen reversible Höhenänderungen beobachten. Die
Körperlänge nimmt im Laufe eines Tages um etwa 1,1% der Ausgangslänge
ab, wobei die Differenz mit zunehmendem Alter geringer wird [Töndury and
Tillmann (1987)]. Die Höhenzunahme des Discus intervertebralis bei
Entlastung beruht auf einer Flüssigkeitsaufnahme des Gewebes. Das
Eindringen von Flüssigkeit in die Bandscheibe hat jedoch nicht nur
mechanische, sondern auch ernährungsphysiologische Bedeutung.
Eine Bandscheibenerniedrigung führt zu einem Stabilitätsverlust im
Bewegungssegment. Normalerweise hat dieser funktionell solange keine
Bedeutung, wie die autochthonen Rückenmuskeln die Insuffizienz der
passiven Verspannungsstrukturen kompensieren können. Ist ein Ausgleich
der Stabilität durch die Muskulatur nicht zu erreichen, kann ein
Bandscheibenschaden die Folge sein. Im höheren Alter kommt es zu
regressiven Veränderungen am Gewebe der Zwischenwirbelscheiben, die
mit einer Abnahme des Wassergehaltes und mit einer Verringerung des
Wasseraufnahmevermögens einhergehen. Infolge Schrumpfung der
Gallertkerne wird die Intervertebralregion schmaler. Stöße können folglich
6
nicht mehr weich aufgefangen werden und das unelastische Gewebe der
Faserringe reißt ein. Es entstehen radiäre Risse, die nach und nach zu
Spalten zusammenfließen.
Die Zwischenwirbelscheiben der Halswirbelsäule sind schmal und haben
beim Erwachsenen ohne Ausnahme seitliche Spalten, die mehr oder weniger
tief in den Anulus fibrosus eindringen. Bei diesen seitlichen Spalten handelt
es sich um sekundäre Rissbildungen in ansonsten normalen Bandscheiben.
Im Gegensatz zu anderen Wirbelsäulenregionen, in denen Risse nur in
alternden Zwischenwirbelscheiben oder in unmittelbarer Nähe ihrer
Verankerung in den knöchernen Randleisten und in den Knorpelplatten
beobachtet werden, halten diese Risse im Halsbereich genau die
Bandscheibenmitte ein. Sie treten immer in gesundem Gewebe auf. Diese
Spalten wurden erstmals 1958 von Luschka beschrieben [Luschka (1958)].
Er sah darin primäre Einrichtungen, welche die Beweglichkeit der
Halswirbelsäule begünstigen. Die Bezeichnung „Uncovertebralgelenke“
wurde 1893 von Trolard eingeführt. Diese durchgerissenen Lamellen des
Faserringes werden im Bereich der Spalten nach außen verlagert. Dadurch
erhalten die Unci corporis und ihre Gegenpole einen aus
übereinandergeschichteten Bindegewebslamellen bestehenden Belag. Die
Lamellenenden legen sich dicht aneinander, und die einander zugekehrten
Flächen bekommen ein gelenkähnliches Aussehen. Durch seitliche
Anlagerung von Bindegewebe entsteht eine Art Gelenkkapsel, die den Spalt
nach außen abschließt. Zwischen Unkovertebralspalten und echten
Gelenken besteht allerdings ein grundsätzlicher Unterschied, und sie
besitzen auch keinen Gelenkcharakter [Töndury et al. (1943)]. Über den
Mechanismus der Rissbildungen ist wenig bekannt. Sie entstehen
offensichtlich durch Kompression und gleichzeitige Scherung der seitlichen
Diskusanteile zwischen Unci corporum und den kranial entsprechenden
Wirbelkörperbereichen. Sie sind Ausdruck einer schon sehr frühzeitig
einsetzenden Alterung der Bandscheiben und können einen Prolaps des
Nucleus pulposus begünstigen. Der stärkste Krümmungsradius der Lordose,
und damit der am stärksten belastete Abschnitt der Halswirbelsäule, liegt in
Höhe des 3. bis 5. Halswirbels. Die Orte größter Beweglichkeit sind oberes
und unteres Ende der Halswirbelsäule. Die seitlichen Einrisse treten zuerst in
7
den am meisten belasteten oberen Zwischenwirbelscheiben auf. Die Bildung
von Rissen, die den Discus intervertebralis quer durchtrennen führt zu einer
Lockerung der Bewegungssegmente, die dann vorwiegend durch die
Längsbänder und durch die Bänder im Bereich der Wirbelbögen stabilisiert
werden. Die durchgehende Spalte schafft eine Kommunikation zwischen
Nucleus pulposus und paravertebralem Gewebe. Kommt es unter Belastung
zur Verlagerung des Gallertkerns in die Peripherie, können dabei
Spinalwurzeln oder die A. vertebralis komprimiert werden.
Abb. 2: Häufigste Lokalisationen von degenerativen Prozessen im Bereich der Wirbelsäule:
Facettengelenksarthrose und Bandscheibendegeneration
Das Rückenmark, Medulla spinalis, bildet den spinalen Teil des
Zentralnervensystems. Beim Erwachsenen reicht es vom Foramen magnum
bis in Höhe des zweiten Lendenwirbels, wo es sich in das Filum terminale
fortsetzt. Die obersten Wurzelfäden des ersten Halsnerven (N. suboccipitalis)
stellen die Grenze zwischen Medulla oblongata und Medulla spinalis dar.
Entlang dem ganzen Rückenmark entspringen beidseits, in zwei Längsreihen
angeordnet, die Wurzelfäden, Fila radicularia, der Rückenmarksnerven. An
der Halswirbelsäule unterscheidet man acht Halsnervenpaare, die aus der
Vereinigung der vorderen Wurzeln, Radices ventrales, mit den hinteren
Wurzeln, Radices dorsales, entstehen. Eine Wurzel besteht aus mehreren
8
Fila radicularia. Im Halsbereich bestehen zwischen den randständigen Filia
radicularia zu proximal und distal liegenden Wurzeln Anastomosen. [Marzo,
Simmons et al. et al. (1987)]. Die Anastomosen ziehen zu den nächst oberen
und nächst unteren Wurzeln.
Infolge Wachstumsverschiebung liegen Bewegungs- und
Rückenmarkssegmente nicht immer auf gleicher Höhe. Die von kranial nach
kaudal zunehmende Verschiebung ist bereits in den unteren zervikalen
Segmenten deutlich. Auf die Dornfortsätze bezogen liegen die
Rückenmarkssegmente im unteren Halsbereich einen Wirbel höher. Die
erste zervikale Wurzel tritt zwischen dem Atlas und dem Okziput aus, alle
übrigen durch die jeweiligen Foramen intervertebrale. Im Gegensatz zu allen
anderen, liegt das Ganglion des zweiten Spinalnerven direkt der Massa
lateralis an. Im Foramen intervertebrale liegen ventrale und dorsale Anteile
der Nervenwurzel noch weitgehend von einander getrennt. Der ventrale,
motorische Anteil der Nervenwurzel muss dabei die engste Stelle des
Foramens durchdringen [Tsuzuki et al. (1993)]. Die vordere und die hintere
Wurzel unterscheiden sich funktionell und morphologisch. Die Radices
ventrales entspringen den efferenten motorischen Vorderhornzellen und
bestehen vorwiegend aus dick myelinisierten Nervenfasern. Die dorsalen
Radices bestehen aus afferenten, oft in zwei Bündel zusammengefassten
zentralen Fortsätzen der Spinalganglienzellen. Die markhaltigen Fasern
stammen aus Muskel- und Sehnenspindeln, die dünn myelinisierten und
marklosen von den Schmerz- und Temperaturrezeptoren sowie von den
viszeralen Organen.
Infolge des Ascensus medullae und des damit verbundenen Unterschiedes
zwischen Länge des Rückenmarkes und Länge der Wirbelsäule (45:70)
müssen die Spinalnervenwurzeln einen kaudal gerichteten Verlauf nehmen
um das jeweilige Foramen intervertebrale zu erreichen [Töndury and
Tillmann et al. (1987)]. Das erste Spinalnervenpaar hat noch einen
horizontalen, oder sogar einen leicht ansteigenden Verlauf. Die folgenden
Wurzelpaare werden länger und sind in ihrem Verlauf immer kaudaler
gerichtet. Segmentale Syndrome werden nach den Spinalnervenwurzeln
bezeichnet. Die Zahl kennzeichnet dabei gleichzeitig den unteren
Wirbelkörper des lädierten Bewegungssegmentes. Bei einem C6-Syndrom ist
9
zum Beispiel die Bandscheibe C5 / C6, beim C7-Syndrom die Bandscheibe
C6 / C7 betroffen.
Abb. 3: Verlauf und segmentale Austrittspunkte der zervikalen Spinalnerven in Beziehung
zu den Wirbelkörpern der HWS. (Abbildung aus) [Krämer and Nentwig (1999)].
Die spinalen Nervenwurzeln liegen zum größten Teil intradural. Seitliche
kleine Ausstülpungen der harten Rückenmarkshaut, Dura mater spinalis,
begleiten die Nervenwurzeln in das Foramen intervertebrale und gehen in die
Spinalnervenscheiden über. Die weiche Rückenmarkshaut, Pia mater
spinalis, bedeckt die Anfangsstrecke, die Arachnoidea begleitet die Wurzel in
den von der Dura mater spinalis gebildeten Trichter. Die Dura geht dann in
das Epineurium, die Arachnoidea in das Perineurium der Spinalnerven über.
Die trichterförmigen Wurzeltaschen enthalten in ihrem proximalen Anteil noch
Liquor [Dvorák et al. (1999)]. Eine für die Schmerzentstehung
bedeutungsvolle Region im Bewegungssegment stellt die Gegend um das
Foramen intervertebrale dar. Der aus motorischen, sensiblen und
10
sympathischen Bestandteilen gemischte Spinalnerv teilt sich unmittelbar
nach Durchtritt durch das Foramen intervertebrale in vier Äste:
- Ramus dorsalis
- Ramus ventralis
- Ramus communicans
- Ramus meningeus
Abb. 4 Nervale, postganglionäre Aufteilung eines Spinalnerven in seine sensiblen und
motorischen Endäste. (Modifiziert nach [Dvorák et al. (1999)])
Der Ramus meningeus des Spinalnervs verzweigt sich bei Wiedereintritt in
den Wirbelkanal und versorgt die inneren Anteile der Wirbelgelenkkapseln,
Wirbelperiost, hinteres Längsband, sowie Hüllen des Rückenmarks mit
efferenten, afferenten und sympathischen Fasern. Der ventrale Ast stellt den
umfangreichen Teil des Spinalnervs dar. Er versorgt die vordere
Körperregion und die Gliedmaßen. Der dorsale Ast zieht zur Haut und den
Rückenmuskeln. Außerdem gibt er Zweige an die äußere Facette des
Wirbelgelenks und dessen Kapsel ab. Takahashi et al konnten Verbindungen
zwischen Rami communicantes, Facetten und dorsalen
Bandscheibenanteilen nachweisen [Takahshi, Morinaga et al. (1996)].
11
1.1.2 Einteilung des Zervikalsyndroms
Das Zervikalsyndrom beschreibt all die Krankheitszustände, die direkt oder
indirekt auf degenerative Veränderungen der zervikalen Wirbelsäule
zurückzuführen sind. Hierzu zählen schmerzhafte Bewegungs-
einschränkungen der Halswirbelsäule und Muskelverspannungen im
Schulter-Nackenbereich. Außerdem zählen Fehlhaltungen, radikuläre und
pseudoradikuläre Ausstrahlungen an der oberen Extremität, Kopfschmerzen,
Schwindelanfälle und einige vegetative Symptome dazu [Gerstenbrand,
Tilscher et al. (1979)]. Das Zervikalsyndrom ist ein undifferenzierter
Sammelbegriff ohne Hinweis auf Äthiologie oder Pathogenese [Schöps,
Siebert et al. (2000)]. Durch die Vielzahl der klinischen Erscheinungsbilder
unterscheidet man mehrere Untergruppen.
1.1.3 Lokales Zervikalsyndrom
Das lokale Zervikalsyndrom tritt unter den bandscheibenbedingten
Erkrankungen am häufigsten auf. Eine genaue Statistik der
Beschwerdesymptomatik ist jedoch wegen der Geringfügigkeit der
Beschwerden kaum möglich, da der Arzt nur bei stärkerer Symptomatik
konsultiert wird [Krämer and Nentwig (1999)]. Dieses Krankheitsbild
beschreibt eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung mit Verspannung
der Schulter-Nacken-Muskulatur und Fehlhaltung der HWS.
Als Leitsymptome sind
I. haltungsabhängige Schulter-Nacken-Schmerzen
II. schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Halsmuskulatur
und
III. Verspannungen der Nacken-Schultergürtel-Muskulatur anzusehen.
Sowohl Plötzliche Kopfbewegungen als auch längeres Sitzen in
vornübergebeugter Haltung, wie zum Beispiel bei Büroarbeit, können die
12
Symptome des lokalen Zervikalsyndroms verursachen. Außerdem sind
häufig Zuglufteinwirkung und Unterkühlung in der Anamnese zu finden.
Meist muss bei dem lokalen Zervikalsyndrom mit einem chronisch
rezidivierenden Verlauf gerechnet werden. [Dvorák et al. (1999)]
1.1.4 Zervikobrachiales Syndrom (CBS)
Unter dem Begriff zervikobrachiales Syndrom werden Schmerzen und
Sensibilitätsstörungen der oberen Extremität zusammengefasst, die indirekt
oder direkt auf degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule
zurückzuführen sind. Ursächlich kommen vor allem
Nervenwurzelkompressionen im Bereich der Foramina intervertebralia in
Betracht. Eine lokale Entzündungsreaktion in der foramino-artikulären Region
mit entsprechender Freisetzung von Entzündungsmediatoren und einer
daraus resultierenden Arachnoiditis konnte ebenfalls als Ursache für
zervikale Wurzelreizsyndrome nachgewiesen werden [Frank (1995)]. Die
daraus resultierenden klinischen Erscheinungen sind zum Teil klar segmental
einzuordnen, jedoch sind häufig Mischbilder festzustellen. Einer der Gründe
hierfür ist die polyradikuläre Versorgung der sensiblen Dermatome und der
Muskeln mit den zugehörigen Reflexen. Am häufigsten sind die unteren
zervikalen Bewegungssegmente betroffen. Wesentlich häufiger als die
Beschwerden auf Grund einer Wurzelirritation durch Kompression von
Bandscheibengewebe oder knöcherner Enge, sind die pseudoradikulären
Syndrome der zervikobrachialen Muskulatur, bei denen stets eine
neurologische Minussymptomatik fehlt. Diese Erscheinungsbilder werden
meist durch fortgeleiteten Schmerz durch den Ramus dorsalis bei Affektion
der Intervertebralgelenke vermittelt [Bogduk (1982)]. Charakteristisch ist
allerdings unter anderem die Angabe von akut auftretendem Tonus und
Kraftverlust. Aufgrund einer möglichen Hypersympahtikotonie finden sich
gelegentlich vegetativ dominierte Zustände.
Bei klarer segmentaler Zuordbarkeit unterscheidet man:
13
1. Das C-6-Syndrom mit Schmerz und Hypästhesiefeld im Daumen-
Zeigefingerbereich, mit Einschränkung der groben Kraft bei
Ellenbogenbeugung und Abschwächung des Bizepsreflexes. (s. Abb. 5)
Abb. 5: Klinische Zeichen eines C6-Syndroms (Krämer, 1989)
In dem mit a) gekennzeichneten Teil der Abbildung ist das Schmerz- und Hypästhesiefeld
bei einem C6-Syndrom gezeigt. Abschnitt b) zeigt die Einschränkung der groben Kraft bei
Ellenbeugung und Abbildung c) zeigt die Abschwächung des Bizepssehnenreflexes.
2. Das C-7-Syndrom mit Schmerz und Hypästhesiefeld im
Mittelfingerbereich, mit Reduktion der groben Kraft bei der
Ellenbogenstreckung, Abschwächung des Trizepsreflexes und Atrophie
der Daumenballenmuskulatur. (s. Abb. 6)
Abb. 6: Klinische Zeichen eines C7-Syndroms (Krämer, 1989)
In dem mit a) gekennzeichneten Teil der Abbildung ist das Schmerz- und Hypästhesiefeld
bei einem C7-Syndrom gezeigt. Abschnitt b) zeigt die Einschränkung der groben Kraft bei
Ellenbogenstreckung und Abbildung c) zeigt die Abschwächung des Trizepssehnenreflexes.
Bei d) ist die Atrophie der Daumenballenmuskulatur dargestellt.
14
3. Das C-8-Syndrom mit Schmerz und Hypästhesiefeld im Kleinfinger-
bereich, Einschränkung der groben Kraft bei der Fingerbeugung und
Atrophie der Kleinfingerballenmuskulatur. (s. Abb. 7)
Abb. 7: Klinische Zeichen eines C8-Syndroms (Krämer, 1989)
In dem mit a) gekennzeichneten Teil der Abbildung ist das Schmerz- und Hypästhesiefeld
bei einem C8-Syndrom gezeigt. Abschnitt b) zeigt die Einschränkung der groben Kraft bei
Fingerbeugung und Abbildung c) stellt eine Atrophie der Kleinfingerballenmuskulatur dar.
1.1.5 Zervikozephales Syndrom (CCS)
Die Symptome eines vertebragenen Kopfschmerzes sind in der Regel
bewegungsabhängig. Als Symptome treten Kopfschmerzen, meistens
seitenbetont, Schwindelanfälle, Gehör- und Sehstörungen und auch
Schluckbeschwerden auf. In einigen Fällen werden auch psychische
Beeinträchtigungen beobachtet. Die Symptome werden ausgelöst durch
Hyperextension und Rotation der Halswirbelsäule. In vielen Fällen ist das
gleichzeitige Bestehen eines lokalen Zervikalsyndroms zu beobachten. Wie
bei den lokalen und brachialen Zervikalsyndromen zeigen die zephalen
Syndrome oft einen Verlauf bei denen Phasen schwerster
Krankheitszustände sich mit Zeiten völliger Beschwerdefreiheit abwechseln.
15
Pathogenetisch kommt es zu einer Bedrängung der Arteria vertebralis und
des Halssympathikus [Bogduk (1992)]. Außerdem kommt es zu einer
Stimulation von Nozizeptoren im Bereich der Wirbelgelenke, Kopfgelenke
und Muskelansätze, [Greiner-Perth, Neubauer et al. (1999)], [Commitee of
the International Headache Society (1988)].
Des Weiteren wird eine erhöhte Inzidenz von Zervikozehalgiesyndromen bei
Patienten mit zervikalen Distorsionen im Sinne von Rasanztraumen berichtet
[Pöllmann, et al. (1996)].
1.1.6 Zervikomedulläres Syndrom
Beim Zervikomedullären Syndrom wird das Rückenmark durch degenerative
Veränderungen der Halswirbelsäule wie Bandscheibengewebe und
Osteophyten bedrängt und es kommt zu einer partiellen
Querschnittssymptomatik. Die Diagnose kann mit Hilfe eines HWS-MRT´s
gestellt werden. Häufig finden sich funktionell unbedeutende Läsionen des
Rückenmarks bei großen medialen oder mediolateralen zervikalen
Diskushernien. Derartige Läsionen äußern sich z.B. durch die dorsale
Tendenz des homolateralen Fußsohlenreflexes, eine leichte Steigerung der
gleichseitigen Muskeleigenreflexe der Beine oder durch Abschwächung der
homolateralen Bauchhautreflexe. Eine unvollständige oder vollständige
Halsmarkquerschnittsymptomatik bei einer zervikalen Diskushernie ist sehr
selten [Lourie et al. (1973)]. Da bei einer Rückenmarkskompression auch oft
eine Nervenwurzel des betroffenen Bewegungssegmentes in Mitleidenschaft
gezogen wird, findet sich daher auch z.T. eine radikuläre Symptomatik. Die
Schwere der Rückenmarkskompressionssymptomatik hängt sowohl mit dem
Volumen der prolabierten Masse als auch mit den Dimensionen des
Spinalkanals zusammen.
Die zervikale Myelopathie ist die häufigste Ursache einer
Rückenmarksstörung. Sie wird häufig nicht diagnostiziert und somit auch
nicht adäquat behandelt [White (1988)]. Die zervikale Myelopathie beginnt
schleichend. In der Anamnese findet sich oft eine lange Vorgeschichte von
Nackenschmerzen mit radikulären Beschwerden wie Parästhesien und
16
Unsicherheit oder Schwäche der Hände und Schweregefühl der Beine z.B.
beim Treppensteigen. Das Schweregefühl und die Steifheit der Beine
verbunden mit zunehmender Gangunsicherheit können die ersten
Symptome sein und auch später dominant bleiben. Ursächlich für die
Schädigung des Rückenmarks ist in erster Linie die mechanische
Kompression, allerdings wird auch die vaskuläre Versorgung des
Rückenmarks bei den mechanischen Einengungen prekär und kann
zusätzlich zur Infarzierung führen [Bohlmann et al. (1988)].
Nach Benini werden folgende Befunde gefordert um die Diagnose der
zervikalen Myelopathie zu stellen: [Benini (1996)]
- Symptome und Zeichen der Rückenmarkskompression mit
motorischen Zeichen wie Beuge- und Streckspastiken,
Schädigungszeichen der Sensibilitätsbahnen und ein vermindertes
oder aufgehobenes Vibrationsempfinden.
- Beschwerden der Wurzelkompression wie Parästhesien,
Taubheitsgefühl, Abnahme der Fingerfertigkeit und Hypotrophien.
Diese Beschwerden sind für die Diagnosestellung entscheidend.
- Lokale Beschwerden der deformen Spondylose mit nächtlichen
Nackenschmerzen und HWS Bewegungseinschränkungen.
In einer Post mortem Studie [Ono et al. (1987)] konnte die Beobachtung
gemacht werden, dass im Hinblick auf die Störung der motorischen Funktion
entweder die Demyelinisierung der kortikospinalen Bahnen oder die
Degeneration der motorischen Vorderhornzellen verantwortlich gemacht
werden kann. Bei Patienten mit spastischen Zeichen wie Hyperreflexie,
positiven Babinski Zeichen und Paresen, zeigte sich post mortem
histopathologisch eine hochgradige Demyelinisation des Tractus
corticospinalis lateralis.
Bei Patienten, wo die Atrophie der Hand- und Vorderarmmuskeln mit
hypotonen Reflexen in allen Extremitäten ohne sensible Defizite im
Vordergrund stand, zeigte sich post mortem eine Infarzierung der grauen
Substanz mit Degeneration der motorischen Vorderhornzellen [Ebara,
Yonenobu et al. (1988)].
17
Mit einer MRT Untersuchung bietet sich eine diagnostische Möglichkeit zur
Früherfassung von kompressionsbedingten Rückenmarksveränderungen.
Dort zeigt sich eine abnorme Signalintensität, die zu histopathologischen
Veränderungen ein Korrelat zeigt [Ohshio et al. (1993)]. Gegenwärtig gibt es
keine klare Auskunft über die prognostischen Parameter bei diagnostizierter
zervikaler Spondylose mit Kompression des Rückenmarks [LaRocca et al.
(1988)]. Eines ist jedoch älteren wie auch neueren Studien zu entnehmen,
dass wenn klinische Zeichen einer Myelopathie nachgewiesen und
neurophysiologisch mit Hilfe der motorisch evozierten Potentiale bestätigt
werden, auch eine zeitig durchgeführte Dekompression des Spinalkanals nur
selten eine Erholung des Rückenmarks zur Folge hat, bzw. von diesem
Eingriff höchstens ein konstanter Verlauf zu erwarten ist, obwohl die
Patienten zuweilen über eine klinische Besserung berichten.
1.2 Diagnostik 1.2.1 Differentialdiagnosen
Da die Diagnose Zervikalsyndrom per exclusionem gestellt werden sollte,
ergeben sich aufgrund der Vielfalt der Symptome zahlreiche Erkrankungen
die in die differentialdiagnostischen Überlegungen mit einbezogen werden
müssen. Tumore und Entzündungen können ähnliche Beschwerdebilder wie
Zervikalsyndrome erzeugen. Wegen der Häufigkeit der
bandscheibenbedingten Halswirbelsyndrome sollten diese nicht ohne
genauere Untersuchung diagnostiziert werden. Bei der Primärdiagnostik
sollten neben eingehender klinischer Untersuchung eine
Röntgenübersichtsaufnahme und Entzündungsparameter stehen. Mit einer
gezielten Anamnese (Alter, plötzlicher Beginn, Lageabhängigkeit) und
klinischen Tests ist dann meist eine gesicherte Diagnose zu stellen. Bei
abweichenden Befunden sind als weiterführende diagnostische Maßnahmen
eine Kernspintomographie, gegebenenfalls mit Kontrastmittel, ein
18
Elektromyogramm (EMG) mit elektrosensibler Diagnostik und in seltenen
Fällen die zervikale Myelographie anzuschließen.
Allgemeine Standard-Tests zur Diagnose und Differentialdiagnose:
• Inspektion, Auskleiden und Ankleiden
• Habitus
• Kopfhaltung, Kopfsymmetrie
• Schulterstand, Nacken- und Schultermuskulatur
• Schlüsselbeinkontur
• Horner-Syndrom (Lidspaltverengung, Miose, Enophthalmus)
• Stauchungsschmerz
• Druck- /Klopf- /Rüttelschmerz, Fersenfallschmerz
• Segmentale Irritationspunkte
• Muskulatur: Myogelosen, Muskelhartspann
• Bewegungsprüfung: Kinn-Sternum-Abstand bei Flexion und Extension
Seitneigung, Rotation in Flexion, Extension und
Normalstellung
• Neurostatus: Sensibilität, Motorik
• Reflexstatus
• Pulsstatus: Periphere Pulse bei Verdacht auf Thoracic outlet syndrom,
Adson-Test
• Manualmedizinische Untersuchung
Bei Zervikalsyndromen kommen neben den relativ seltenen primären
Tumoren wie Neurinome und Meningiome vor allem Metastasen in Betracht.
Destruktionen im Röntgenbild, schleichender Beginn, höheres Alter und
schlechter Allgemeinzustand deuten auf maligne Prozesse hin. Durch
Schichtaufnahmen, Szintigraphie, Computertomographie oder MRT und
laborchemische Untersuchungen kann die Diagnose dann gestellt werden.
Erhöhte Temperaturen neben erhöhten Entzündungswerten im Blut deuten
auf entzündliche Prozesse, wie bei der Spondylitis hin.
19
Das Zervikobrachiale Syndrom kann leicht mit Kompressionssyndromen des
Plexus brachialis und der peripheren Armnerven verwechselt werden.
Aufschluss ergeben spezielle neurologische Untersuchungsmethoden wie
das EMG und die Prüfung der Nervenleitgeschwindigkeit.
Das Skalenussyndrom beschreibt eine Einengung des Plexus brachialis und
der A.subclavia durch die vordere Skalenuslücke zwischen M.scalenus
anterior und M.scalenus medius. Meist wird diese Enge durch einen
verbreiterten Ansatz des M.scalenus anterior oder durch eine Halsrippe
verursacht. In seltenen Fällen kann eine Kompression des
Gefäßnervenstranges durch tumoröse Veränderungen (Pancoast-Tumor)
oder durch in Fehlstellung mit ausgeprägter Kallusbildung verheilten
Klavikulafrakturen auftreten.
Das durch Discusprotrusion hervorgerufene Syndrom tritt plötzlich auf und
zeigt ein Häufigkeitsmaximum zwischen der dritten und vierten
Lebensdekade.
Die durch unkovertebrale Osteophyten bedingte Zervikobrachialgie tritt
hingegen meist erst nach der fünften Lebensdekade auf und ist durch einen
allmählichen Beginn und chronischen Verlauf gekennzeichnet.
In einigen Fällen ist eine klare Unterteilung in segmentale Syndrome möglich.
Als Leitsymptome sind Schmerzen und Parästhesien der entsprechenden
Dermatome zu beobachten. Meist sind jedoch Überschneidungen und
Mischsymptome festzustellen, die auf die Anastomosen unter den
Spinalnerven, oder mehrerer Nervenwurzeln zurückzuführen sind. Am
häufigsten treten C6 – Syndrome, dann C7, C8, und am seltensten auf Höhe
von C5 auf.
Die Kopfschmerzen als Leitsymptom beim Zervikozephalen Syndrom, sollten
zunächst von den häufigen Kopfschmerzursachen wie Bluthochdruck,
Stoffwechselerkrankungen, Hör- und Sehstörungen abgegrenzt werden. Die
Unterscheidung von der echten Migräne ist nicht immer leicht. Zwar treten
bei der Migräne spontan Kopfschmerzen auf, diese sind aber durch
20
Haltungsänderungen nicht beeinflussbar und sind von Übelkeit und
Erbrechen begleitet. Da sich diese Symptome nicht immer klassisch zeigen,
bestehen oft Überschneidungen mit den zervikalen Kopfschmerzen. Als
mögliches Unterscheidungsmerkmal ist der zervikale Nystagmus zu nennen.
1.2.2 Klinische Untersuchung
Vor der eigentlichen Untersuchung sollte ein ausführliches
Anamnesegespräch stattfinden, denn daraus lassen sich häufig
Rückschlüsse auf die ursächlich gestörte Funktion ziehen. Bei den Fragen
sollte dem Beginn und dem zeitlichen Zusammenhang der Beschwerden
Beachtung geschenkt werden. Die klinische Untersuchung beginnt bereits
wenn der Patient den Untersuchungsraum betreten hat. Zu diesem Zeitpunkt
hat man noch die Möglichkeit die Bewegungen und die Haltung des
Patienten vor der eigentlichen Untersuchungssituation zu sehen.
Grundsätzlich gliedert sich die Untersuchung in vier Teile: Inspektion,
Palpation, Funktionsprüfung und spezielle Untersuchungsmethoden.
Die Inspektion der Halswirbelsäule beginnt zunächst mit der Betrachtung von
hinten. Dabei wird die Kopfhaltung, Schulterstellung und Form und Lage der
Schulterblätter beurteilt. Bei einer Seitverbiegung ist ein
Schulterblatthochstand oder eine asymmetrische Ausbildung der Schulter-
Nackenmuskulatur zu erkennen. Bei der Betrachtung von der Seite lässt sich
die physiologische Krümmung der Wirbelsäule kontrollieren. Die dann
folgende Palpation richtet sich vor allem auf die Dornfortsätze und
Nackenmuskulatur. Dabei weist eine umschriebene Druckschmerzhaftigkeit
auf ein lokales Geschehen hin, wohingegen ein diffuser Klopfschmerz auf ein
die ganze Halswirbelsäule betreffendes degeneratives oder entzündliches
Geschehen hindeutet.
Die Bewegungsprüfung der Halswirbelsäule wird nach der Neutral-Null-
Methode durchgeführt. Dabei ist es von großer Bedeutung die aktive und die
passive Beweglichkeit miteinander zu vergleichen. Entscheidend sind nicht
die absoluten Werte, sondern Seitendifferenzen und deutliche
Bewegungseinschränkungen. Aktives Vorwärts- und Rückwärtsneigen sowie
21
Rotation aus maximaler Flexion dienen der Beurteilung der oberen
Halswirbelsäule. Die Beweglichkeitsbeurteilung der unteren Halswirbelsäule
wird mit Rotation aus maximaler Extension untersucht. Der
Bewegungsumfang nimmt bis auf die Rotation in Flexion, die im höheren
Alter eher zunimmt, kontinuierlich ab. Grund hierfür können die atlanto-
axialen Gelenke sein, die bekanntlicherweise am wenigsten den
degenerativen Veränderungen unterliegen und somit die abnehmende
Bewegung der mittleren und unteren Halswirbelsäule zu kompensieren
versuchen.
Der Bewegungsstopp am Ende der Bewegungsgrenze kann weich elastisch
sein, bedingt durch die Dehnung der Muskulatur und die Anspannung der
Bänder, oder hart durch ossäre Strukturen. Die Verminderung und die Art
des Anschlags sind im Hinblick auf die spätere Therapie von größter
Bedeutung.
Weiterhin ist auf das Vorhandensein von Bewegungsschmerzen zu achten.
Dabei sollte man registrieren, ob der Schmerz zu Beginn, während, oder erst
am Ende der Bewegung auftritt. Der Schmerz kann dabei lokal sein, oder es
wird ein fortgeleiteter, pseudoradikulärer, oder ein radikulärer Schmerz
ausgelöst.
Anschließend erfolgt die orientierende neurologische Untersuchung. Am
Anfang sollten zunächst die Hirnnerven systematisch beurteilt werden, da
eine enge Korrelation mit Zervikalsyndromen und Gleichgewichtsstörungen
bestehen kann. Außerdem klagen Patienten mit Erkrankungen der
Halswirbelsäule häufig über gelegentlich auftretende Parästhesien im
Trigeminusbereich.
An den oberen Extremitäten und am Schulter-Nacken-Bereich sollte man
entsprechend der Dermatome die Sensibilität und im Verlauf der Myotome
die grobe Kraft der einzelnen Muskelgruppen im Seitenvergleich prüfen, um
Rückschlüsse auf die genaue Lokalisation des Geschehens ziehen zu
können. Die Prüfung des Muskeltonus, des Vibrationsempfindens, sowie die
pyramidalen Zeichen der unteren Extremität dürfen bei hochgradig
degenerativen Veränderungen und Verdacht auf eine zervikale Myelopathie
nicht vergessen werden.
22
1.2.3 Bildgebende Diagnostik
Die Röntgenübersichtaufnahmen der Halswirbelsäule in zwei oder vier
Ebenen dienen als Routineuntersuchung um Tumore, Metastasen und
Entzündungen (Spondylitis) vom HWS-Syndrom abzugrenzen. Als spezielle
Untersuchungsmethode, etwa zur genauen Bestimmung des betreffenden
Bewegungssegmentes, sollte das Röntgenbild nicht überbewertet werden.
So finden sich z.B. Zeichen einer Spondylose oder Osteochondrose auch bei
völlig beschwerdefreien Patienten.
Die Zwischenwirbelscheiben sind in gewöhnlichen Röntgenbildern nicht zu
erkennen. Aus der Distanz zweier aufeinander folgender Wirbelkörper kann
auf ihre Höhe geschlossen werden. Die durchschnittliche Höhe der
Zwischenwirbelscheiben beträgt in der Hals- und oberen Brustregion 4-5mm.
Zur Diagnostik von Bandscheibenschäden, die mit einer Protrusion oder mit
einem Prolaps von Bandscheibengewebe einhergehen und zur Einengung
des Wirbelkanals oder eines Zwischenwirbelloches führen, eignen sich
Magnetische Resonanz-Tomographie und Computertomographie.
Neben der a.-p. Aufnahme, welche Aussagen über die Achsenverhältnisse in
der Frontalebene und den Processus uncinati zulässt, ist die Seitaufnahme
von großer Bedeutung. Mit ihr lassen sich Entzündungen und Metastasen
der Wirbelkörper sowie Verschmälerungen der Zwischenwirbelabschnitte
neben Sklerosierungen der Deck- und Bodenplatten am besten abgrenzen.
Die Wirbelkörper erscheinen in der a.-p. Aufnahme symmetrisch, haben eine
gleichmäßig dichte und eine scharf begrenzte Corticalis, sowie eine lockere
Spongiosa. In der lateralen Ansicht stellen sind die Wirbelkörper mehr oder
weniger rechteckig dar. Deck- und Bodenplatten verlaufen parallel
zueinander und lassen die Randleisten erkennen. Die Wurzeln der
Wirbelbögen sind nur in a.-p. Aufnahmen zu sehen. Sie erscheinen orthograd
als längsovale, scharf begrenzte Ellipsen. Sie liegen symmetrisch, etwas
lateral von der Mittellinie. Aus dem seitlichen Abstand zweier Bogenwurzeln
kann auf die Weite des Spinalkanals geschlossen werden. Die Processus
articulares sind am besten in lateralen Aufnahmen oder in Schrägaufnahmen
zu beurteilen.
23
Die Schrägaufnahmen dienen der Beurteilung der Größe und der
Durchgängigkeit der Foramina intervertebralia und verschaffen einen
besseren Einblick in die Uncovertebralgelenke.
Bei den Funktionsaufnahmen in Anteflexion und Retroflexion kann der
Bewegungsablauf segmentweise und die gleichgerichtete Bewegung aller
Wirbelkörper betrachtet werden. Es zeigt sich das physiologische
Treppenphänomen der Wirbelkörperhinterkanten bei Anteflexion, sowie
Ventral- und Dorsalverschiebungen einzelner Wirbelkörper. Bei einem akuten
Bandscheibensyndrom zeigen die Funktionsaufnahmen ein Bestehenbleiben
der Streckstellung und segmentalen Kyphose. Diese Aufnahmen können bei
einem posttraumatischen Zervikalsyndrom Hinweise auf Frakturen oder
Bänderzerrungen geben.
Die Indikation zur zervikalen Myelographie kann nach unklarem CT Befund
bei Bandscheiben-Prolaps, spinalen Tumoren, Trauma, Entzündungen,
Fehlbildungen und knöcherner Enge gestellt werden. Als Normalbefund zeigt
sich eine unbehinderte Kontrastmittelpassage mit homogener Kontrastierung
des regelrecht geformten und weiten Durasackes. Als Normvariante kann es
selten zum Austritt von Kontrastmittel aus den Wurzeltaschen in die
umgebenden Weichteile und zu sackförmigen Ausweitungen der
Wurzeltaschenenden kommen.
Ein Prolaps oder eine Protrusion imponiert durch eine charakteristische
Eindellung des Kontrastmittel-Schattens. Wellenförmige Eindellungen der
Kontrastmittel-Säule über mehrere Etagen sind in höherem Alter
physiologisch.
Die a.p.-Aufnahme zeigt die Abgangsstellen und den Verlauf der
Wurzeltaschen.
24
1.3 Therapie
1.3.1 Konservative Therapie
In Anbetracht der Vielfalt der Beschwerdebilder steht eine breite
Behandlungspalette zur Verfügung. Es müssen die primären mechanischen
Komponenten neben den sekundären Krankheitsbildern wie Fehlhaltung
aufgrund von Muskelverspannungen und nicht zuletzt psychische Folgen
behandelt werden.
Als erstes Ziel der Therapie ist die Wiederherstellung oder Verbesserung der
subjektiven Lebensqualität anzusehen. Dazu muss zunächst einmal der
„circulus vitiosus“, bestehend aus Schmerzen die einen erhöhten
Muskeltonus bedingen, die seinerseits zur Fehlhaltung führen und wiederum
die Schmerzen verstärken, durchbrochen werden. Um dieses Vorhaben
verwirklichen zu können, gibt es eine Vielzahl von Behandlungsansätzen, die
häufig in Kombination angewendet werden.
1.3.2 Physikalische Behandlung
An erster Stelle der Behandlung stehen zunächst die konservativen
Maßnahmen. Neben Krankengymnastik sind Zervikalstützen, Massagen,
Wärmeapplikationen und Elektrotherapie zu nennen.
1.3.3 Thermotherapie
Wärme- und Kältebehandlung haben aus physikalischer Sicht dieselben
Angriffspunkte. Ihre Wirkung ist von der Intensität und der Dauer des
einwirkenden Reizes abhängig. Ihre Wirkmechanismen sind zum einen auf
neurophysiologischer Ebene, wobei Wärme und Kälte von den
25
Temperaturrezeptoren der Haut registriert werden und über den Tractus
spinothalamicus nach zentral weitergeleitet werden. Durch einen Zustrom
afferenter Impulse ist eine Hemmung nozizeptiver Afferenzen möglich. Zum
anderen besteht eine vasomotorische Wirkung.
1. Wärmezufuhr
Das alte Hausrezept „Wärme“ findet in vielen Formen Anwendung. Eine
starke und anhaltende Wärmezufuhr, zumeist lokal appliziert, führt über
Hauterwärmung zu einer Richtungsumkehr des Wärmestroms vom Gewebe
zum Körperkern hin. Dadurch kommt es zu einer Muskeltonussenkung mit
Durchblutungssteigerung und Beschleunigung des lokalen Stoffwechsels.
Weitere Wirkungen sind beschleunigte Wundheilung, Erhöhung der
Dehnfähigkeit von Kapseln und Bändern, Entzündungshemmung,
Schmerzlinderung und Ödemrückbildung. Außerdem wird die Phagozytose
und Diffusion gesteigert.
Zu früh oder falsch eingesetzte Wärme kann aber auch zur Produktion
schmerzerzeugender Substanzen mit entsprechend mehr Schmerzen und
zur Vermehrung der interstitiellen Flüssigkeit führen.
Hauptindikationen für Wärmeapplikationen sind starke Verspannungen und
Schmerzen wie sie bei der Lumboischialgie oder dem Zervikalsyndrom
auftreten.
Als Kontraindikationen gelten Herz- Kreislaufinsuffizienz, Verbrennungen,
Wundinfektionen, Thrombosen und Phlebitiden. Bei Patienten mit
Sensibilitäts- oder Thermoregulationsstörungen ist Vorsicht geboten. Keine
Wärme, wenn der Patient dies ablehnt, keine Dehnungen, Friktionen o.ä.
nach heißer Rolle in der Akutphase. Wegen erhöhter Reizschwelle werden
zu starke Reize nicht wahrgenommen, erhöhte Schmerzen sind die Folge.
2. Wärmeentzug (Kälte)
Bei akuten Erkrankungen des Bewegungsapparates bewirkt eine adäquate
Kälteeinwirkung einen guten analgetischen Effekt. Der Wärmeentzug
hyperämisierter Gewebe wirkt entzündungshemmend und ödemvermindernd.
Die analgetische Wirkung kann neurophysiologisch durch Erregung der
Kaltrezeptoren mit Afferenzstimulation und Aktivierung der spinalen
26
Eingangskontrolle sowie absteigender Endorphin ausschüttender Strukturen
mit sekundärer Schmerzlinderung erklärt werden. Dabei gilt es, mit genügend
intensiver Kälte einen ausreichenden Reiz zu setzen, damit das
Regulationsvermögen des Körpers entsprechende Reaktionen aktivieren
kann. Dies bedeutet aber nicht, je kälter desto mehr analgetische Wirkung.
Am besten wirkt die Schmelztemperatur des Eiswürfels aus dem Tiefkühler.
Die kühlenden Maßnahmen sollten nur über Minuten angewendet werden,
sonst besteht Unterkühlungsgefahr für die Haut.
1.3.4 Massage und manuelle Therapie
Die Massage hat direkte und indirekte Wirkungen auf Haut, Muskulatur,
Bandapparat und Nerven. Sie wirkt aber auch auf den Blut- und Lymphstrom,
auf die Drüsenfunktion und das Herz-Kreislaufsystem.
Die Wirkung der Massage lässt sich dabei überwiegend auf
neurophysiologische Phänomene zurückführen. Durch den starken Einstrom
afferenter Impulse aus Druckrezeptoren der Haut lässt sich die Afferenz aus
Nozizeptoren blockieren.
Massagen haben sich bei der Behandlung zervikal bedingter
Muskelverspannungen bewährt, jedoch ist bei akutem Schmerzzustand
Vorsicht geboten, da eine Verstärkung der Schmerzen in diesem Stadium
häufig beobachtet wird.
Spezielle Formen der Massage sind die Reflexzonenmassage, die
Bindegewebemassage nach [Dicke, Schliak et al. (1968)] und die
Segmentmassage nach [Künzler (1952)]. Das Prinzip ist in einer
mechanischen Reizsetzung auf die sensiblen Rezeptoren in den
verschiedenen Gewebeschichten zu sehen, um auf reflektorischem Weg
regulierend in das pathologische Geschehen im Bereich der
segmentzugehörigen Organsysteme einzugreifen [Kohlrausch (1959)].
Bei entzündlichen Prozessen sowie malignen Geschwulsten ist eine
Massage kontraindiziert.
27
Zur Manuellen Therapie stehen unterschiedliche Techniken zur Verfügung
[Schneider and Dvorák et al. (1996)].
- Mobilisation ohne Impuls (MOI)
- Mobilisation mit Impuls (MMI)
- Neuromuskuläre Therapie (NMT)
Je nach klinischem Erscheinungsbild und gestützt auf die funktionelle
Diagnostik werden eine oder mehrere dieser Therapieansätze angewandt.
Bei der Mobilisation mit Impuls handelt es sich um die klassische
Manipulation. Bei der neuromuskulären Therapie werden physiologische
Mechanismen wie direkte Muskelkraft, postisometrische Relaxation der
Antagonisten, sowie die reziproke Innervation der Agonisten zur Mobilisation
genutzt. Bei der Behandlung der Halswirbelsäule wird in der Regel mit der
Mobilisation ohne Impuls begonnen.
1.3.5 Halskrawatte und Glisson-Extension
Mit Hilfe einer Halskrawatte kann man ohne großen Aufwand die
Halswirbelsäule abstützen und ruhigstellen. Die Ruhigstellung ist die
hauptsächlichste Indikation zur Orthesenversorgung der HWS. Je nach
Schweregrad der Verletzung stehen verschiedenste Halskrawatten mit
großen quantitativen Unterschieden der Ruhigstellung zur Verfügung. Zum
einen unterscheiden sie sich durch das verwendete Material, z.B. sind sie
aus Textilgewebe mit Schaumgummieinlage oder mit fester Fassung der
Orthese aus Kunststoff. Zum anderen besteht der Unterschied in Größe und
Umfang, z.B. mit Einschluss des Kopfes oder der Schulter-Thorax-Partien.
Die anatomischen und physiologischen Verhältnisse der Hals-Schulter-
Region sind für die Orthesenversorgung äußerst kompliziert. Die
individuellen Unterschiede variieren sehr, und die Orthese sollte möglichst
nicht die Bewegungen des Schultergürtels behindern. Die Schlüsselbeine,
Schulterblätter und Oberarme müssen freigehalten werden. Besondere
Beachtung ist der Druckentlastung der Region des Kehlkopfes zu schenken.
Dasselbe gilt für den Dornfortsatz des siebten Halswirbels.
28
Durch eine Stabilisierung der HWS mit einer Halskrawatte lassen sich
schmerzauslösende Kopfhaltungen, auch des Nachts unterdrücken.
Besonders beim Posttraumatischen Zervikalsyndrom ist eine Ruhigstellung
der gezerrten Muskeln und Bänder ein wesentlicher Bestandteil der
Therapie.
Im Wesentlichen lassen sich bei einer korrekt angelegten Halskrawatte drei
therapeutische Wirkungen erzielen:
1. Immobilisation
2. Wärme
3. Entlastung
Eine messbare Distraktion mit Orthesen ist kaum zu erreichen.
Nach längerem Tragen einer Halskrawatte ist eine gewisse
Immobilisationsatrophie der Schulter-Nacken-Muskulatur zu erwarten.
Deshalb sollte die Halsmuskulatur durch krankengymnastische
Übungsbehandlung und durch isometrische Muskelübungen auftrainiert
werden.
In der Literatur sind verschiedene Angaben betreffend Wirkungsgrad der
Bewegungseinschränkung von Orthesen auf die Halswirbelsäule zu finden.
Die Erfahrung zeigt, dass Patienten bereits auf leichte, flexible Halskrawatten
mit einer psychologischen Bewegungseinschränkung reagieren, welche die
effektive Bewegungsmöglichkeit durch die Orthese übertrifft.
Da Höhenänderungen der Zwischenwirbelabschnitte für die Entstehung
bandscheibenbedingter Beschwerden von entscheidender Bedeutung sind,
spielen Extensionen als Therapie für das Zervikalsyndrom eine große Rolle
[Krämer (1997) (II.)].
Vor einer Extensionstherapie sollte ein positiver Extensionstest stehen.
Dieser lässt sich leicht manuell bei der ersten Untersuchung durchführen.
Durch Extensionsgeräte sind kontrollierte intermittierende Distraktionen
möglich. Hier hat sich die Glisson-Schlinge in der Praxis und Klinik seit
langem bewährt. Hierbei wird die Halswirbelsäule kontinuierlich mittels
Gewichtes gestreckt. Eine Distraktion und leichte Flexionshaltung der
Halswirbelsäule erweitert die Neuroforamina so, dass es zu einer deutlichen
Reduktion der Beschwerdesymptomatik kommen kann
29
Abb. 8: Zervikale Distraktionsbehandlung mittels einer Glisson-Schlinge.
(Modifiziert nach [Krämer (1997) (II.)])
Von Chiropraktikern hingegen wird mit sog.-Sprenggriffen kurzzeitig die
Halswirbelsäule extrahiert [Bäcker (1951)]. Hierdurch sollen
Bewegungssperren und Blockierungen der Wirbelgelenke gelöst werden.
Trotz zum Teil erstaunlicher Therapieerfolge gilt diese Form der manuellen
Therapie als umstritten [Krämer (1997) (II.)].
Bei älteren Patienten ist jede Form der Extension und Mobilisation
kontraindiziert, da die altersbedingte Teilversteifung gestört werden könnte
[Idelberger et al. (1984)].
1.3.6 Elektrotherapie
Nach technischen und physiologischen Gesichtspunkten werden in der
Elektrotherapie die Gleichstrom oder Galvanisationen ohne
Schwingungstendenz von den Wechselströmen mit Niederfrequenz-,
Mittelfrequenz- und Hochfrequenzbehandlung unterschieden. Der
therapeutische Einsatz der Elektrotherapie hat in den letzten Jahren stark an
Bedeutung verloren, obgleich eine Reihe von Wirkungen erreicht werden
kann: Hyperämie, Resorptionsförderung, Ödemhemmung, Verbesserung der
Trophik und antiphlogistische Wirkung.
30
1.3.7 Medikamentöse Behandlung
In der Akutphase wird vor allem mit einer symptomatischen Therapie und
Bekämpfung der Schmerzen begonnen. Bewährt haben sich solche
Analgetika dessen antiphlogistische Komponenten die sekundär
entzündlichen Veränderungen günstig beeinflussen. Verstärkt wird diese
Wirkung durch Kortisonpräparate, wobei wegen der zahlreichen
Nebenwirkungen nur eine kurze Behandlungsdauer angestrebt werden sollte
und eine strenge Indikation gestellt werden muss. Bei schwereren
Schmerzzuständen können auch Opioide eingesetzt werden. Zusätzlich
können die Schmerzverarbeitung beeinflussende Antidepressiva eingesetzt
werden. Als weiteren Therapieansatz können Muskelrelaxantien und
Benzodiazepine durch ihre tonuserniedrigende Wirkung günstig das
Geschehen beeinflussen und den Circulus vitiosus Schmerz -
Muskelverspannung - Schmerz unterbrechen. Zusätzlich können wegen der
psychischen Belastung der zum Teil doch schon sehr lange bestehenden,
vor allem nächtlichen Schmerzzustände, Sedativa und Tranquilizer
eingesetzt werden.
1.3.8 Injektionstherapie
Eine lokale Injektionsbehandlung wird heute bei akuten zervikalen
Syndromen häufig an den Anfang der Therapie gesetzt, da man hierdurch
wesentlich gezielter und effektiver therapieren kann. Infiltrationen sind
sowohl bei unspezifischen Beschwerden die beispielsweise
sympathikusbedingt sein können als auch bei einer radikulären Symptomatik
indiziert [Grifka (1996)]. Die therapeutische lokale Injektionsbehandlung
gehört zu den wirkungsvollsten Behandlungsverfahren akuter und
chronischer Wirbelsäulensyndrome, [Krämer (1997) (I.)], [Tilscher et al.
(1989)].
Trotz der breiten Anwendungsmöglichkeit sollte man vor der Injektion die
differentialdiagnostischen Möglichkeiten in Erwägung ziehen. Auch wenn es
31
sich dabei meist um seltene Krankheitsbilder wie Neurinome, spinale
Meningeome oder auch Metastasen handelt.
Die Wirkung der Injektionen beruht hauptsächlich auf der Unterbrechung des
Circulus vitiosus mit der Kaskade Schmerz-Fehlhaltung-Verspannung-
Schmerz.
Grundsätzlich kann bei den verschiedenen Infiltrationstechniken das
Komplikationsrisiko in sehr engen Grenzen gehalten werden. Vor jeder
Injektionstherapie sollte anamnestisch nach Allergien und
Begleiterkrankungen, insbesondere Erkrankungen des Herz- und
Kreislaufsystems gefragt werden. Als absolute Kontraindikationen für eine
Infiltrationstherapie gelten AV-Blöcke höheren Grades, Bradykardien und
Blutgerinnungsstörungen. Daher ist zu Beginn eine serologische
Untersuchung mit Erfassung der Werte für Natrium, Kalium, PTT, Quick und
CRP unabdingbar. Wenn es trotz aller Kautelen zu einem
Injektionszwischenfall kommt, müssen daher die Voraussetzungen für einen
venösen Zugang, Infusionen, Sauerstoffgabe und sogar bis hin zur
Reanimation gegeben sein [Bernau and Kotter et al. (1990)]. Während der
Injektionen wird der Patient durch Pulsoximetrie und verbales Monitoring
überwacht.
Vor jeder Injektion sollte mit dem Patienten ein ausführliches
Aufklärungsgespräch geführt werden, in dem der Arzt die häufigsten
Komplikationen aufzeigt und in einfachen Worten die Infiltrationstechnik
erklärt.
Direkte Infiltration schmerzhafter Muskelareale, subkutanes Quaddeln,
selektives Ausschalten einzelner Nervenäste, Facetteninfiltration, Zervikale
Spinalnerven-analgesie und epidurale Injektionen stehen als
Behandlungsmaßnahmen zur Verfügung. Appliziert werden meist
Lokalanästhetika vom Aminoamidtyps (z.B. Lidocain), da diese im Gegensatz
zu denen mit einem Esteranteil (z.B. Procain) eine deutlich niedrigere
allergische Potenz besitzen. Je nach Art und Indikation der Infiltration kann
es sich auch um andere Substanzen oder Substanzgemische handeln.
Häufig wird dem Lokalanästhetikum ein Kortisonpräparat beigefügt (z.B.
Triamcinolon). Kortisonpräparate sollten, vor allem wenn sie in kristalliner
32
Form vorliegen nur wenige Male und in geringer Dosierung eingesetzt
werden.
Triggerpunktinjektion Die schmerzhaften Myogelosen lassen sich am besten durch leichte
Palpation aufspüren. Häufig sind sie supraskapulär im Trapeziusbereich zu
finden. Ursächlich kommen vor allen Dingen Dauerbeanspruchungen der
Muskulatur mit den Folgen einer lokalen Ischämie und
Stoffwechselstörungen in Frage. Sie kommen aber auch bei
Gelenkerkrankungen mit einem reflektorisch bedingten Dauertonus vor.
Dabei kommt es durch Anhäufung von Laktat zunächst zu einer
Muskelfaserschwellung. Bei länger anhaltender Ischämie atrophieren die
Muskelfibrillen mit hyaliner und wachsartiger Faserdegeneration und
Vakatfettbildung.
Die Triggerpunkte im oberen Thorakal- und Zervikalbereich sind in der Regel
in Segmenthöhe kontralateral versetzt. Die Lokalanästhetika-Injektion in die
schmerzhaften Areale nutzt einerseits die nozizeptive Schmerzausschaltung,
andererseits die Wirkung über die afferenten Fasern des Ramus dorsalis
zum Hinterhorn [Schneider and Dvorák et al. (1996)].
Im praktischen Vorgehen wird die lokale Verhärtung zwischen zwei Fingern
fixiert und mit einer feinen Nadel angespritzt. Appliziert wird etwa 1-2ml
Lokalanästhetikum.
Quaddeln
Beim intrakutanen Quaddeln wird der Cuti-viszerale-Reflexweg genutzt, um
über die afferenten Fasern zum Hinterhorn und das Gate-control-System die
im Hautbereich auftretenden Schmerzsensationen zu unterdrücken, [Melzack
and Wall et al. (1965)], [Melzack et al. (1982)]. Zum anderen wird der
intrakutanen Infiltration eine reflektorische Wirkung zugeschrieben, die über
den Therapieansatz am Zielorgan eine Besserung der Schmerzursache
bewirkt [Dosch and Dosch (1990)], [Schmid et al. (1988)].
Die Nadel wird fast parallel zur Haut, mit der angeschliffenen Öffnung nach
oben eingestochen. Die Applikationsmenge liegt deutlich unter 0,5ml.
33
Nervus occipitalis-major-Infiltation
Eine Infiltration des N.occipitalis major kann vor allem bei einem einseitig
betonten zervikogenen Kopfschmerz zur Beschwerdebesserung führen.
Infiltriert wird mit einer schräg gebogenen Spinocan-Kanüle. Diese wird
unterhalb vom Haaransatz streng oberflächlich bis zu dem
druckempfindlichen Bereich oberhalb der Hinterhauptkalotte, etwa zwei
Querfinger paramedian der Protuberantia occipitalis externa vorgeschoben.
Es wird etwa eine Menge von 3ml appliziert [Grifka (1996)].
Nervus suprascarpularis-Blockade
Indiziert ist eine N.supraspinatus Blockade bei anhaltenden
zervikobrachialen Syndromen, dessen Schmerzband im C4-C6 Band liegt.
Nach palpatorischer Orientierung erfolgt die Blockade im lateralen
Spinaanteil mit Stichrichtung auf die Spina scapulae.
Stellatumblockade Die Blockade des inferioren zervikalen Ganglions ist bei allen zervikalen
Syndromen indiziert. Die Wirkung erklärt sich daraus, dass das Ganglion
stellatum ein Zusammenschluss aus mehreren Zervikalwurzeln ist, und es
damit über die gegebene Rückkopplung zu einer über das Segment
hinausgehenden Wirkung kommt. Neben Injektionsrichtungen von ventral
[Herget et al. (1943)] und ventrolateral [Lériche and Fontaine et al. (1934)]
hat sich zunehmend die modifizierte Technik der Reischauer-Blockade
[Reischauer et al. (1956)] durchgesetzt. Allen Techniken gemein ist die
Gefahr der Pleurapunktion mit der Folge eines Pneumothorax gegeben.
Reischauer berichtet von 0,165% Pleurapunktionen mit Pneumothorax bei
über 20000 Injektionen. Da das Ganglion stellatum ventral unmittelbar von
Pleura bedeckt ist, wird ein Pneumothorax mit keiner Technik absolut
vermeidbar sein. Beim anterioren und ventrolateralen Zugang kann es als
Komplikation zu einer Gefäßpunktion mit Hämatomfolge, einer Parese des
Nervus laryngeus recurrens, einer intravaskulären Injektion, einer hohen
epiduralen oder intrathekalen Anästhesie oder gar zu einer Perforation des
34
Oesophagus kommen [Raj, Nolte et al.(1988)]. Der große Vorteil der
dorsalen Injektionstechnik modifiziert nach Reischauer ist, dass es praktisch
zu keiner Verletzung von ventral der Wirbelsäule gelegenen Strukturen
kommen kann.
Der Einstich erfolgt in Höhe C6/7 und wird 3,5cm paramedian zwischen den
Dornfortsätzen gewählt. Die Kanüle wird dabei senkrecht zur Haut unter
ständiger Aspiration bis zum Knochenkontakt auf dem Proc. transversus
vorgeschoben. Danach wird die Nadelspitze etwas zurückgezogen, nach
cranial und lateral am Proc. transversus vorbei dirigiert, ca. 0,5 bis 1cm
vorgeschoben und das Lokalanästhetikumdepot gesetzt.
Facetteninfiltration Facetteninfiltrationen sind vor allem bei pseudoradikulären
Zervikalsyndromen und bei degenerativen Veränderungen der
Halswirbelsäule mit Bandscheibenhöhenminderung, subchondralen
Sklerosierungen der Facetten und bei verstärkter Lordosierung mit erhöhter
Druckbelastung der kleinen Gelenke [Yoganandan, Pintar et al.(1991)]
indiziert.
Die Facetteninfiltration erfolgt nach dem Prinzip der Ausschaltung sensibler
Fasern in der Wirbelgelenkkapsel durch Lokalanästhetikum. Dabei ist eine
intraartikuläre Nadellage nicht erforderlich, eine perikapsuläre Infiltration
genügt. Die Injektion erfolgt in Bauchlage oder am sitzenden Patienten und
kann auch unter sonografischer Kontrolle durchgeführt werden [Grifka
(1996)]. Bei der Injektion sollte die Halswirbelsäule nicht zu stark flektiert
werden, da sich dadurch das interlaminäre Fenster zu weit öffnet und die
Gefahr der intrathekalen Applikation besteht. Die Wirbelgelenke erreicht
man, indem man auf halber Strecke zwischen zwei Dornfortsätzen in der
Medianlinie 2cm nach lateral geht, die Kanüle senkrecht zur Hautoberfläche
einsticht und unter ständiger Aspiration die Nadel bis zum Knochenkontakt
vorschiebt. Beschwerden durch degenerative Veränderungen der Facetten
sind unmittelbar nach Infiltration gelindert. Aufgrund der Nozizeption der
Gelenkkapsel wird gleichzeitig der diffus in den Arm strahlende Schmerz
therapiert.
35
Zervikale-Epidurale-Injektion Die zervikale-epidurale Injektion ist wie die CSPA bei zervikobrachialen
Syndromen anzuwenden. Da hierbei die Medikamentenapplikation in den
Epiduralraum geschieht, ist es mit dieser Injektionstechnik möglich mehrere
Nervenwurzeln gleichzeitig zu erreichen. Die Nervenwurzel, die durch
disloziertes Bandscheibengewebe oder degenerative knöcherne Prozesse
gereizt und ödematös aufgequollen ist, wird dabei von dem applizierten
Medikament umspült. Durch die Wurzelabschwellung wird die relative
Raumenge, die für die Beschwerden maßgeblich ist, beseitigt. Da bei der
epiduralen Injektion meist Kortison appliziert wird, wird sie nur selten und in
größeren Abständen durchgeführt. Diese Injektion wird im OP in
Bauchlagerung und unter Röntgenkontrolle durchgeführt. Nach Palpation
wird die Nadel (Spinocan 0,75 (22G) x 70mm) zwischen zwei Dornfortsätzen
der unteren Halswirbelsäule auf den Bogenfortsatz zu eingebracht. Das
Vorschieben der Kanüle erfolgt mit einer 10ml NaCL 0,9% Spritze mit leichter
Neigung nach cranial. Am besten erreicht man den Epiduralraum zwischen
C6 und C7.
Abb. 9 : Anatomie und Injektionsrichtung bei zervikaler epiduraler Injektion an einem HWS-
Modell in lateraler Ansicht.
Nach erfolgter Lagekontrolle mit dem Bildwandler wird die Nadel unter
leichtem Injektionsdruck vorgeschoben. Nach Penetration des Ligamentum
Flavum nimmt der Injektionswiderstand stark ab „loss of resistance“. Danach
erfolgt die Aspiration zum Ausschluss der intrathekalen Kanülenlage. Dann
36
wird eine Epidurografie mit Sulotrast® durchgeführt und bei Bestätigung der
epiduralen Verteilung werden dann 2-3ml NaCl 0,9% mit 10mg Triamcinolon
appliziert. Anschließend sollte sich der Patient auf die schmerzhafte Seite
legen, damit sich die injizierte Lösung seitlich zu den Nervenwurzeltaschen
verteilt.
Im Rahmen der minimalinvasiven Infiltrationstherapie stellt die epidurale
Injektion die „letzte Stufe“ dar. Die Indikation hierzu ist gerade wegen ihrer
Effektivität bei hartnäckigen Fällen und diffuser Beschwerdeausstrahlung zu
stellen [Ferrante, Wilson et al. (1993)]. Eine schmerzreduzierende Wirkung
tritt meist erst am Folgetag ein. Bei einem Behandlungszyklus von 14 Tagen
werden 1-2 epidurale Injektionen durchgeführt.
Abb. 10: Diese Abbildung zeigt den typischen, bandförmigen Kontrastmittelverlauf einer
Epidurographie bei zervikaler epiduraler Injektion.
37
1.3.9 Die Zervikale-Spinalnerv-Analgesie (CSPA) Die CSPA leitet sich von der Injektionstechnik nach Reischauer ab und dient
der gezielten Wurzelblockade bei einer radikulären Beschwerdesymptomatik
wie sie beispielsweise bei einer Bandscheiben-protrusion auftritt. Dabei wird
ein Lokalanästhetikum, ggf. im Gemisch mit Steroiden, in die foramino-
artikuläre Region der unteren Bewegungssegmente injiziert. Mit dieser
Methode erreicht man neben dem aus dem Foramen intervertebrale
austretenden Spinalnerv auch den Ramus meningeus, der wieder in den
Wirbelkanal zurückzieht. Außerdem kann über den Ramus dorsalis die
sensible Innervation der Wirbelgelenkskapseln und die segmental
angeordnete Rückenmuskulatur beeinflusst werden. Über den Ramus
meningeus kann man damit auch Nozizeptoren am hinteren Längsband, im
dorsalen Anulus fibrosus und in der Wirbelgelenkkapsel erreichen. Somit ist
die CSPA eine therapeutische Möglichkeit Einfluss auf diskogene,
arthrogene und radikuläre Schmerzzustände zu nehmen. Es wird eine
Desensibilisierung der gereizten Spinalnervenwurzel und die
vorrübergehende Ausschaltung von Teilen des Halssympathikus mit seinen
vielfältigen Verflechtungen in der Umgebung der A.vertebralis erreicht. Mit
der Scandicainumflutung will man die mechanisch irritierten, überempfindlich
gewordenen Nervenstrukturen desensibilisieren und ihre Erregbarkeit
herabsetzen [Krämer (1997) (I.)]. Es hat sich gezeigt, dass die
Neuralgiebereitschaft zervikaler Spinalnervenwurzeln, ja sogar ihre
Ausfallsymptome, durch Sympathikusblockaden in weitem Maße zu
beeinflussen ist. Nach Schmitt [Schmitt et al. (1955)] und Reischauer
[Reischauer et al. (1953)], [Reischauer et al. (1961)] ist im zervikalen Bereich
der Spinalnerv als ein wesentliches Erfolgsorgan des Sympathikus
anzusehen. Dementsprechend ist die Indikation zur CSPA bei
zervikobrachialen, zervikozephalen und lokalen Zervikalsyndromen zu
stellen.
Im praktischen Vorgehen der CSPA sitzt der Patient mit locker
herabhängenden Armen und leicht nach vorne gebeugtem Kopf auf einem
Stuhl. Zur Überwachung der Vitalfunktionen ist ein Pulsoxymeter
ausreichend. Zur Orientierung der Einstichstelle dienen die Dornfortsätze.
Appliziert werden mit einer 0,6 (23G) x 80mm Sterican Kanüle etwa 5-10ml
38
Scandicain® 0,5% (Mepivacain) und gegebenenfalls 10-20mg Triamcinolon.
Nach ausgiebiger Sprühdesinfektion und ausreichender Einwirkzeit wird die
Nadel 3,5-4cm lateral der markierten medialen Linie und auf der halben
Distanz zwischen zwei Dornfortsätzen senkrecht zur Haut eingebracht.
Danach wird unter ständiger Aspiration und Applikation die Kanüle bis zum
Knochenkontakt auf die sich hier dachziegelförmig überdeckenden
Seitenmassen der Halswirbelbögen vorgeschoben. Dabei ist streng darauf zu
achten, dass man die Stichrichtung nicht medialisiert, da sonst die Gefahr
der intrathekalen Applikation besteht [Haaker, Bernsmann (1995)], [Grifka
(1996)]. Nach Knochenkontakt wird die Nadel etwas zurückgezogen und
über die Massa lateralis ca. 0,5-1cm nach cranial-lateral dirigiert und ein
Depot von etwa 5ml Lokalanästhetikum gesetzt. Auch wenn die
Nervenwurzel nicht genau angespritzt wird, reicht diese Applikationsmenge
aus um per diffusionem den Spinalnerven zu umspülen. Das Ziel der CSPA
ist nicht die vollständige Anästhesie und Lähmung der vom dem Segment
versorgten Muskelgruppen, sondern eine Schmerzreduktion und
Desensibilisierung gereizter neuraler Strukturen im Bewegungssegment. Die
CSPA hat aber neben der symptomatischen auch noch eine kausale
Wirkung. Es kommt zu einer Reduktion des Wurzelödems, zur lokalen
Entzündungshemmung und durch die Umspülung der Nervenwurzel zu
einem Verdünnungseffekt der Entzündungsmediatoren. Zur Ermittlung der
Effektivität der CSPA wurde eine Doppelblindstudie von Scandicain gegen
Kochsalzlösung durchgeführt [Rubenthaler et al. (2000)]. Es zeigte sich, dass
die Behandlung mit Lokalanästhetika in der akuten Schmerzphase signifikant
bessere Erfolge als die mit Kochsalzlösung bietet. Aufgrund der guten
Behandlungserfolge stellt die CSPA trotz ihrer Invasivität eine der
effektivsten Standardtherapien bei allen Zervikalsyndromen dar [Krämer
(1997) (II.)]. In einer Nachuntersuchung von 142 stationär konservativ
behandelten Patienten mit Zervikobrachialgien mussten nach erfolgter
konservativer Behandlung nur 0,7% einer Operation zugeführt werden
[Lepper (2001)].
Ernste Komplikationen treten bei den Stellatum- und zervikalen
Nervenwurzelblockaden relativ selten auf. In seltenen Fällen wird von so
genannten „Reflextodesfällen“ berichtet [Schmitt et al. (1955)], [Pieper et al.
39
(1950)], [Mandl et al. (1953)], [Reischauer et al. (1956)]. Die wesentlichste
Komplikation bei den Wurzelblockaden von C7 und C8 ist die Pleurapunktion
mit Ausbildung eines Pneumothorax [Krämer (1997) (II.)]. Klinisch verraten
sich Pleura- und Lungenverletzungen sofort durch stechende Schmerzen,
Atemnot und Hustenreiz. Ein Hustenreiz kann schon durch die einfache
Berührung der Pleura ausgelöst werden. Akute Lebensgefahr besteht dabei
in den allerseltensten Fällen. Die Punktion der Lungenspitze führt für
gewöhnlich nicht zu einem Pneumothorax, da sich die Einstichstelle sofort
wieder schließt. Nur bei Punktion von randständigen Alveolen oder größeren
Emphysemblasen könnte Luft in den Pleuraspalt gelangen. Die Behandlung
des entstandenen Pneumothorax richtet sich ganz nach den klinischen
Symptomen. Solange keine Spannungszeichen auftreten, wird
symptomatisch konservativ therapiert. Die eingedrungene Luft resorbiert sich
in 10-14 Tagen von selbst. Es ist jedoch ratsam diesen Patienten in dieser
Zeit klinisch zu überwachen. Häufigste Erscheinungen nach Stellatum- und
Wurzelblockaden sind Kollapszustände, die man nicht als eigentliche
Komplikation bezeichnen darf, da einige Patienten schon vor dem Eingriff,
wie auch vor anderen Injektionen, einen Kollaps erleiden. Intravasale
Injektionen mit massiven Kreislaufreaktionen sollte man durch Aspiration vor
der Injektion vermeiden. Intravenöse oder intraarterielle Injektionen wässriger
Scandicainlösung in periphere Gefäße werden zwar prinzipiell vom
Organismus toleriert, können aber bei der hirnwärts gerichteten A.vertebralis
vorübergehend zu bedrohlichen Reiz- und Lähmungserscheinungen führen
[Krämer (1997) (II.)]. Eine Progredienz der eigentlichen Beschwerden nach
einer zervikalen Wurzelblockade ist meistens auf ein paravertebrales
Hämatom durch Anstechen auf dem Wege liegender arterieller Gefäße,
meistens in Periostnähe, zurückzuführen. Diese Beschwerden bilden sich
meist innerhalb von 1-2 Tagen spontan zurück.
Weitestgehend ungeklärt ist die Frage, ob im Rahmen der Zervikalen-
Spinalnerv-Analgesie eine Punktion der liquorhaltigen Nervenwurzeltasche
erfolgen kann.
40
Abb. 11: Landmarks zum Auffinden der Inkektionspunkte der CSPA
Abb. 12 : Anatomie und Injektionstechnik bei der zervikalen Spinalnervanalgesie (CSPA) am
Skelettmodell in dorsaler Ansicht.
41
Abb. 13 : Anatomie und Injektionstechnik bei der zervikalen Spinalnervanalgesie (CSPA) am
Skelettmodell in lateraler Ansicht.
42
1.4 Fragestellung
Chronische Schmerzen an der Halswirbelsäule gehen in erster Linie von den
unteren zervikalen Bewegungssegmenten C5 bis TH1 aus [Krämer (1997)
(II.)]. Hier finden sich einerseits die stärksten pathologischen Veränderungen
aufgrund der besonderen Belastungssituation an der Biegungsstelle des
zerviko-thorakalen Überganges, und andererseits liegen Spinalnerven,
Sympathikusgeflecht und Arteria vertebralis in unmittelbarer Nachbarschaft
zu den Form- und Funktionsstörungen des Bewegungssegmentes [Dvorák et
al. (1999)]. Ausgangspunkt für chronische Kopfschmerzen und
Schwindelerscheinungen sind häufig Gelenkkapselreizungen,
Funktionsstörungen und Formveränderungen im Bereich der atlanto-
occipitalen und Atlas- und Axisgelenke. Ursächlich für Zervikalsyndrome auf
degenerativer Basis sind primär mechanische Ereignisse, wie Bandscheiben-
oder Knochenvorwölbungen, [Krämer (1997) (II.)], [Krämer and Nentwig
(1999)].
Eine wirkungsvolle Therapiemöglichkeit bei Zervikalsyndromen ist die
zervikale Spinalnervenanalgesie (CSPA) [Grifka (1996)]. Dabei handelt es
sich um eine posterolaterale Injektion eines Lokalanästhetikums, ggf. im
Gemisch mit Steroiden, bei der man mit der Nadelspitze an die abgehende
Nervenwurzel heran reicht. Der Spinalnerv wird hier von der Massa lateralis
des Wirbelkörpers überdacht. Neben einer Pleurapunktion mit Ausbildung
eines Pneumothorax besteht die Gefahr einer endo-duralen Injektion durch
Punktion einer durch die Dura mater spinalis gebildeten Wurzeltasche
[Haaker, Bernsmann (1995)]. Bei einer intrathekalen Applikation eines
Lokalanästhetikums dieser Menge, kann es durch Aszension zu
Atemlähmung mit Todesfolge kommen [Höer, Schregel et al. (1996)].
Bisher liegen keine Untersuchungen darüber vor, wie weit die Dura spinalis
die Spinalnerven begleitet, um dann nahtlos in das Epineurium überzugehen.
Eine weitere schwerwiegende Komplikation bei einer Durapunktion ist eine
Verletzung subdural gelegener Gefäße. Bei einer solchen iatrogenen
Gefäßpunktion käme es dann zu einem intraduralen Hämatom mit infauster
Prognose [Höer, Schregel et al.(1996)], [Inoue, Yokohama et al. (2002)].
43
Um das Risiko dieser schwerwiegenden Komplikationen bei zervikalen
Wurzelblockaden genauer abschätzen zu können, sollen im Rahmen der
vorliegenden Untersuchung Halswirbelsäulen präpariert und die
Wurzeltaschen der Dura mater spinalis an den Segmenten C5 bis C8
ausgemessen und in Beziehung zu den knöchernen Strukturen der
Halswirbelsäule gesetzt werden. Diese knöchernen Wirbelbegrenzungen
sind die einzigen topographischen Punkte zur Auffindung des genauen
Einstichpunktes und der Stichrichtung. Daher ist es von äußerster
Wichtigkeit, die anatomischen Ausmaße der verschiedenen
Gewebsstrukturen zu kennen, um die speziellen Risiken besser abschätzen
zu können.
44
II. Material und Methoden 2.1 Ethische Grundlagen
Die in der vorliegenden Untersuchung präparierten Halswirbelsäulen
stammen von Menschen, die sich zu Lebzeiten dazu entschlossen haben,
mit ihrem Körper post mortem der Anatomie und der Wissenschaft zu dienen.
Laut Patientenverfügung und Vertrag mit dem anatomischen Institut der
Ruhr-Universität Bochum wurden sämtliche Daten des Patienten
anonymisiert. Daher lagen keine Krankengeschichten vor, die auf
Beschwerden oder Erkrankungen im Bereich der Wirbelsäule hätten
hinweisen können. Bekannt waren lediglich das Alter und das Geschlecht der
jeweiligen Spender.
Die Untersuchung wurde von der Ethikkommission der Ruhr-Universität
Bochum genehmigt.
2.2 Voruntersuchungen und Einschlusskriterien
Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Halswirbelsäulen von 19
formalinfixierten Leichen entnommen und präpariert, um die anatomischen
Verhältnisse der zervikalen Spinalnervenabgänge genauer zu untersuchen
und in topographische Beziehung zu den knöchernen Strukturen zu bringen.
Es wurden nur Halswirbelsäulen in die Untersuchung einbezogen, die noch
nicht durch Präparation im Rahmen des studentischen Anatomiekurses
verändert waren, da Nerven- und Duraverletzungen dann nicht sicher
auszuschließen gewesen wären. Insgesamt wurden 152
Spinalnervenwurzeln ausgemessen. Im Einzelnen entfielen von den 19
Halswirbelsäulenpräparaten 10 auf das weibliche und 9 auf das männliche
Geschlecht. Das mittlere Alter der Spender betrug 78 ± SD Jahre.
45
Da die Nervenwurzeln C6 – C8 am häufigsten von HWS-Syndromen
betroffen sind, [Krämer (1997) (II.)], [Dvorák et al. (1999)] beschränkten wir
uns auf die Untersuchung von vier Spinalnervenpaaren (C5 – C8). Um die
Nervenwurzeltaschen möglichst genau untersuchen und vermessen zu
können, wurden vier Verfahren für die Markierung bzw. Vermessung
entwickelt. Zur Beurteilung der Ausdehnung der von der Dura mater spinalis
gebildeten Tasche wurden 1. ein Messverfahren mit einer kleinen
anatomischen Sonde, 2. eine Präparation unter einem Operationsmikroskop
in 16-facher Vergrößerung, 3. eine Röntgenkontrastdarstellung des
Intrathekalraumes und 4. Injektionen mit einer kontrastreichen Flüssigkeit in
den Spinalnerven eingesetzt. Vor Beginn der eigentlichen Untersuchung
wurde die Praktikabilität der eingesetzten Techniken an zwei HWS
Präparaten untersucht, die aufgrund von präparatorischen Vorarbeiten durch
die studentischen Kurse für die weiterführenden Untersuchungen nicht
geeignet erschienen.
2.3 Formalinfixierung
Die Leichen wurden durch eine Lösung aus Formalin, Phenol und Wasser
dauerhaft so konserviert, dass keine Verwesungs- oder Zerfallsprozesse
eintreten konnten. Nach dem Auffüllen der Körper mit der Lösung über die
A .femoralis wurden die Körper 1 bis 1 ½ Jahre in dieser Flüssigkeit gelagert,
bis sie für den Präparierkurs freigegeben werden konnten.
2.4 Präparation und Entnahme der Halswirbelsäulen
Im Vorfeld der Messungen standen zahlreiche präparatorische Arbeiten, um
die Halswirbelsäulen für die Untersuchungen vorzubereiten. Zuerst wurden
die paravertebralen suboccipitalen Weichteile und der Schädel unter Erhalt
der nervalen Strukturen vorsichtig entfernt, bevor die Halswirbelsäulen
entnommen werden konnten. Im folgenden wurden die kurzen Nacken- und
46
Rückenmuskeln entfernt, so dass die Nervenwurzelabgänge freigelegt
werden konnten (siehe Abb. 13 und 14).
Abb. 14: Von den Weichteilen befreite Halswirbelsäule von dorsal
Abb. 15: Halswirbelsäule von ventral mit abgehenden Nn. spinales
47
Der nächste Arbeitsschritt bestand darin, die Spinalnerven an dem Punkt, an
dem sie aus dem Foramen intervertebrale austreten, farbig zu markieren. Mit
dieser Markierung sollte dann später eindeutig der Punkt am Spinalnerven
bestimmt werden, an dem er das schützende knöcherne Massiv verlässt
(siehe Abb. 15 und 16). Bei diesem Punkt handelt es sich um die Stelle, an
die man bei einer zervikalen Wurzelblockade mit der Nadelspitze heranreicht.
Abb. 16: Halswirbelsäule von Lateral mit Markierung der Spinalnerven am Austrittspunkt des
Foramen intervertebrale.
48
Abb. 17: Markierter Spinalnerv am Foramen intervertebrale.
2.5 Methylen-Blau Färbung
Bei nun freiliegenden anatomischen Strukturen war es möglich, eine
Injektionsnadel an diejenige Stelle des Spinalnervs zu positionieren, an die
man bei einer zervikalen Wurzelblockade heranreicht. Zur Simulation der
Komplikation einer möglichen Durapunktion wurde der Nerv mit der Kanüle
am Knochenaustrittspunkt punktiert. Um den Ausbreitungsverlauf der
infiltrierten Flüssigkeit genau verfolgen zu können, wurde eine stark
färbende, kontrastreiche Flüssigkeit, Methylenblau, verwendet. Diese
Infiltrationen wurden mit hohem Injektionsdruck über eine Minute direkt an
zuvor markierten Punkten an der Oberfläche der Spinalnerven durchgeführt.
Mit diesem Verfahren hatte man nun die Möglichkeit, nachzuweisen, ob eine
in den Nerv injizierte Flüssigkeit auf direktem Wege in den liquorumspülten
Raum gelangen kann und somit eine intrathekale Medikamentenapplikation
möglich wäre. Dieses Testverfahren wurde bei zehn Halswirbelsäulen an den
Etagen C5 – C8 durchgeführt.
49
2.6 Röntgendarstellung
Als weiteres Verfahren zur Darstellung des Intrathekalraumes kam eine
Röntgendarstellung zur Anwendung. Dabei wurde bei sechs
Halswirbelsäulen die Dura mater distal und kranial mit Ligaturen dicht
verschlossen und über einen zuvor eingesetzten Drainageschlauch mit
Kontrastmittel (Solutrast ©) gefüllt. Im anschließenden Röntgenbild konnten
dann die Wurzeltaschen radiologisch dargestellt und in Beziehung zu den
knöchernen Strukturen gesetzt werden.
Abb. 18: Radiologische Darstellung des cervikalen Intrathekalraumes durch
Röntgenkontrastmittel zur Ermittlung und Beurteilung des Liquor umspülten Raums.
50
Abb. 19: Radiologische Darstellung des cervikalen Intrathekalraumes durch
Röntgenkontrastmittel zur Ermittlung und Beurteilung des Liquor umspülten Raums.
Abb. 20: Radiologische Darstellung des cervikalen Intrathekalraumes durch
Röntgenkontrastmittel zur Ermittlung und Beurteilung des Liquor umspülten Raums.
51
Abb. 21: Radiologische Darstellung des cervikalen Intrathekalraumes durch
Röntgenkontrastmittel zur Ermittlung und Beurteilung des Liquor umspülten Raums.
Abb. 22: Radiologische Darstellung des cervikalen Intrathekalraumes durch
Röntgenkontrastmittel zur Ermittlung und Beurteilung des Liquor umspülten Raums.
52
Abb. 23: Radiologische Darstellung des cervikalen Intrathekalraumes durch
Röntgenkontrastmittel zur Ermittlung und Beurteilung des Liquor umspülten Raums.
2.7 Sondenmessung und Präparation unter 16-facher Vergrößerung
Zur Vermessung der Wurzeltaschentiefe wurden zunächst sämtliche
Halswirbelsäulen laminektomiert (siehe Abb. 23). Anschließend wurde das
Rückenmark mit der Dura mater spinalis aus den ossären Strukturen
freipräpariert. Eine besondere Schwierigkeit bestand darin, die Dura vor
allem an den feinen und empfindlichen Nervenabgängen nicht zu verletzen,
um die spätere Beurteilbarkeit nicht zu erschweren oder sogar unmöglich zu
machen (siehe Abb. 24).
53
Abb. 24: Laminektomierte Halswirbelsäule in dorsaler Ansicht
Abb. 25: Duraschlauch mit Spinalnerven von dorsal gesehen.
54
Bei dem nun herausgelösten Rückenmark, wurde die Dura dann medial
längs eröffnet (siehe Abb. 25). Bei freier Sicht auf die Nervenwurzeln, ergab
sich die Möglichkeit zur freien Sondierung der Wurzeltaschen, um den
Intrathekalraum durch die zuvor angebrachte Markierung in Beziehung zu
dem Punkt zu bringen, wo der Spinalnerv das Foramen intervertebrale
verlässt (siehe Abb. 26).
Abb. 26: Längs eröffneter Duraschlauch mit Sicht auf das Rückenmark und die abgehenden
Nervenwurzeln, die Radix dorsalis.
55
Abb. 27: Präparierter Spinalnerv mit roter Markierung am lateralen Knochenaustrittspunkt,
Sondierung der Spinalnervenwurzeltasche und Vermessung der Strecke von der lateralen
Markierung bis zur Sondenspitze.
Für die Messung wurde eine Rundkopfsonde mit einem Durchmesser von
1mm benutzt, um die Tiefe der Wurzeltaschen möglichst gut beurteilen zu
können. Zur Kontrolle der Messergebnisse mit der Sonde, wurde die Dura
von der Wurzeltasche bis zu ihrer lateralsten Ausprägung an 24
Nervenabgängen von drei Halswirbelsäulen unter einem Mikroskop mit
16facher Vergrößerung feinpräpariert. Auch diese Messergebnisse wurden in
Beziehung zu der Markierung gesetzt.
56
2.8 Präsentation der Daten und Statistik
Die verfügbaren Charakteristika der Spender wurden als Mittelwerte ergänzt
durch die Standardabweichung (SD) angegeben. Ergebnisse wurden als
Mittelwerte ergänzt durch den Standardfehler des Mittelwertes (SEM)
dargestellt. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Messwerten
wurden mit einer einfachen Varianzanalyse für Messwiederholungen
(„repeated measures“ – ANOVA) bestimmt. Bei signifikanten Ergebnissen (p
< 0,05) wurde für jeden einzelnen Wert eine einfache Varianzanalyse
(ANOVA; ein parametrischer Signifikanztest für drei oder mehr voneinander
unabhängige Wahrscheinlichkeitsverteilungen) durchgeführt. Das
Berechnungsverfahren testet über die Analyse der einzelnen Varianzen, ob
die Wahrscheinlichkeitsverteilungen, aus denen die Stichproben stammen,
alle den gleichen Erwartungswert besitzen oder nicht. Ein Wert unterhalb des
Signifikanzniveaus besagt, dass mindestens zwei der Erwartungswerte der
Wahrscheinlichkeitsverteilung unterschiedlich sind. Bei Vorliegen
signifikanter Unterschiede (p < 0,05) wurden die Werte mit einem
ungepaarten t-Test mit jeweils zwei Untersuchungsgruppen in allen
möglichen Kombinationen der Gruppen untereinander verglichen.
Signifikante Unterschiede wurden immer angenommen wenn p < 0,05 war.
Alle Daten wurden mit dem Programm MS-EXCEL, Version 2000 berechnet.
Statistische Analysen erfolgten mit der Software STATISTICA für Windows,
StatSoft, Inc. (1998).
57
III. Ergebnisse
3.1 Ergebnisse der Sondenmessung und mikroskopischen Präparation
Bei den Messungen mit der Knopfsonde konnten knöcherne
Überdachungsstrecken der Wurzeltaschen von 15mm bis 22mm ermittelt
werden. In einem durchgeführten Vergleich der vier untersuchten Etagen
fanden sich keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf die
Wurzeltaschentiefe (siehe Tab. 1).
Tabelle 1: Seitengetrennter Vergleich der Nervenwurzeltaschentiefe (in mm) innerhalb der
vier untersuchten Segmente.
Parameter C5 C6 C7 C8 p-Wert
rechts 17,9 ± 0,3 18,8 ± 0,2 18,3 ± 0,2 18,5 ± 0,3 0,11
links 17,8 ± 0,3 18,4 ± 0,2 17,8 ± 0,3 17,6 ± 0,2 0,17
Mittelwert ± SEM; p-Werte: ANOVA
Ebenso konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden
Geschlechtern in Bezug auf die Tiefe der Wurzeltaschen festgestellt werden
(siehe Tab. 2).
Tabelle 2: Geschlechtsspezifischer Vergleich der Nervenwurzeltaschentiefe (in mm) in den
vier Bewegungssegmenten.
Parameter C5 re C5 li C6 re C6 li C7 re C7 li C8 re C8 li
Männlich 18,0 17,7 19,0 18,3 18,1 18,0 18,7 17,9
± 0,4 ± 0,4 ± 0,3 ± 0,4 ± 0,4 ± 0,4 ± 0,3 ± 0,4
Weiblich 17,9 18,0 18,7 18,4 18,5 17,7 18,3 17,3
± 0,3 ± 0,3 ± 0,4 ± 0,3 ± 0,3 ± 0,4 ± 0,5 ± 0,3
P-Wert 0,85 0,53 0,56 0,9 0,41 0,59 0,54 0,22
Mittelwert ± SEM, p-Werte: ANOVA
58
Bei Betrachtung der einzelnen Segmente im Seitenvergleich fiel in der
Nervenwurzel Etage C-8 im ANOVA Test mit einem p-Wert von 0.021 ein
signifikanter Unterschied auf (siehe Tab. 3).
Tabelle 3: Seitenvergleich der Wurzeltaschentiefe (in mm) innerhalb der einzelnen
Nervenwuzeletagen.
Parameter C5 C6 C7 C8
Rechts 17,9 ± 0,3 18,8 ± 0,2 18,3 ± 0,2 18,5 ± 0,3
Links 17,8 ± 0,3 18,4 ± 0,2 17,8 ± 0,3 17,6 ± 0,2
p-Wert 0,77 0,18 0,19 0,021
Mittelwert ± SEM; p-Werte: ANOVA
Im Folgenden werden tabellarisch die individuellen Werte bei jedem
einzelnen Präparat aufgelistet, die durch die Messungen mit der Sonde vom
lateralsten Punkt der Wurzeltasche bis zur Markierung am
Nervenaustrittspunkt im Foramen intervertebrale erhoben wurden. Wie in der
folgenden Tabelle zu sehen, lagen die Messwerte in allen untersuchten
spinalen Etagen sehr dicht beieinander (s. Tab. 4).
Bei der mikroskopischen Feinpräparation ließ sich die Dura mater spinalis bei
allen untersuchten Nervenwurzelabgängen bis zum ersten Drittel des
Ganglion spinale differenzieren. Bereits im mittleren Drittel des Ganglions
bestand ein fließender Übergang in das perineurale Bindegewebe. Bei
keinem Spinalnerven ließ sich die Dura mater spinalis weiter als 3 mm distal
des Sondenmesspunktes präparieren. Aufgrund der kleinen
Messunterschiede war eine Darstellung der einzelnen Werte nicht möglich.
59
Tabelle 4: Individuelle Messwerte bei jedem einzelnen Präparat. Gemessene Werte vom
lateralsten Punkt der Wurzeltasche bis zum Austrittspunkt des Spinalnerven aus dem
Foramen Intervertebrale bei 19 Halswirbelsäulen in (mm)
Präparat Alter Geschlecht C5 rechts C5 links C6 rechts C6 links
(Jahre) (mm) (mm) (mm) (mm)
31/98 66 w 18 17 19 19
20/98 70 w 17 18 18 18
06/99 85 m 19 18 19 19
27/98 56 w 17 18 18 18
29/98 73 m 20 19 18 18
14/97 91 m 16 15 20 20
11/98 64 w 19 20 21 21
12/96 81 m 17 17 20 20
26/98 88 w 17 17 19 19
19/98 84 m 19 19 19 19
14/98 92 m 18 17 20 20
23/98 88 m 17 18 17 17
22/98 84 w 18 18 17 17
07/99 78 w 20 19 20 20
08/98 73 w 19 18 19 19
24/98 86 w 17 18 18 18
05/97 66 m 18 17 19 19
15/98 75 w 17 17 18 18
28/98 90 m 18 19 19 19
m= männlich; w= weiblich
60
Tabelle 5: Individuelle Messwerte bei jedem einzelnen Präparat. Gemessene Werte vom
lateralsten Punkt der Wurzeltasche bis zum Austrittspunkt des Spinalnerven aus dem
Foramen Intervertebrale bei 19 Halswirbelsäulen in (mm)
Präperat Alter Geschlecht C7 rechts C7 links C8 rechts C8 links
(mm) (mm) (mm) (mm)
31/98 66 w 19 18 18 16
20/98 70 w 17 16 16 17
06/99 85 m 18 19 19 17
27/98 56 w 18 19 17 18
29/98 73 m 18 18 19 19
14/97 91 m 19 19 18 19
11/98 64 w 20 19 19 19
12/96 81 m 20 18 19 18
26/98 88 w 19 18 18 17
19/98 84 m 18 20 20 19
14/98 92 m 19 17 19 18
23/98 88 m 16 16 17 16
22/98 84 w 18 17 19 17
07/99 78 w 19 17 18 17
08/98 73 w 18 16 22 16
24/98 86 w 18 18 18 18
05/97 66 m 18 18 19 18
15/98 75 w 19 19 18 18
28/98 90 m 17 17 18 17
61
0
5
10
15
20
25
0
5
10
15
20
25
Rechts
ANOVA:p = 0.77
Links
Wur
zelta
sche
n-Ti
efe
[mm
]
C 5
0
5
10
15
20
25
0
5
10
15
20
25
Rechts
ANOVA:p = 0.18
Links
C 6
Wur
zelta
sche
n-Ti
efe
[mm
]
0
5
10
15
20
25
0
5
10
15
20
25
Rechts
ANOVA:p = 0.19
Links
C 7
Wur
zelta
sche
n-Ti
efe
[mm
]
0
5
10
15
20
25
0
5
10
15
20
25
Rechts
ANOVA:p = 0.021
Links
C 8
Wur
zelta
sche
n-Ti
efe
[mm
]
Abb. 28: Seitengetrennte Darstellung der Wurzeltaschentiefe in (mm) für die Nervenwurzeln
C5 bis C8. Die Kreise zeigen die Messwerte der linken Körperhälfte, die Dreiecke die
rechten. p-Werte: ANOVA.
62
3.2 Ergebnisse der Röntgendarstellung
Bei den Röntgenuntersuchungen zeigte sich ein Kontrastmittelverlauf,
dessen lateralste Ausprägung im Mittel 25 mm medial der lateralen
Wirbelkörperbegrenzung zur Darstellung kam. Bei allen sechs
Röntgenbildern waren die Nervenwurzelabgänge mit den Wurzeltaschen und
die knöchernen Strukturen sehr gut beurteilbar. In keinem Röntgenbild ließ
sich Kontrastmittel distal des Ganglion spinale nachweisen.
Tabelle 6: Vergleich der bei den Röntgenuntersuchungen gemessenen Wurzeltaschentiefe
(in mm) innerhalb der vier untersuchten Nervenwuzeletagen.
Parameter C5 C6 C7 C8
24,0 ± 0,9 25,6 ± 0,8 24,7 ± 0,8 23,2 ± 0,7
p-Wert 0,19 0,19 0,19 0,19
Mittelwert ± SEM; p-Werte: ANOVA
3.3 Ergebnisse der Methylen-Blau Färbung
Bei den Messversuchen mit der Blaufärbung durch direkte Injektion in den
Spinalnerven zeigte sich bei allen untersuchten Spinalnerven ein
einheitliches Bild. Selbst bei sehr starkem und lange andauerndem
Injektionsdruck ließ sich nur sehr wenig Volumen applizieren und es zeigte
sich nur ein lokal begrenzter Ausbreitungsverlauf der Flüssigkeit. Bei keinem
Spinalnerven zeigte sich eine größere Penetrationsstrecke als 3mm um die
Einstichstelle. Da die erhobenen Werte im Bereich der unteren Grenze der
Messgenauigkeit lagen, war eine genaue Darstellung der einzelnen
Messwerte nicht möglich.
63
IV. Diskussion 4.1 Klinische Bedeutung Nacken- und Kopfschmerzen sind ein häufiges Problem, welches nicht selten
von pathologischen Prozessen der Halswirbelsäule ausgeht. Oft ist auch eine
radikuläre Symptomatik vorhanden. Für den Kliniker gilt es nun unter der
Vielzahl der möglichen Therapieansätze die wirkungsvollste und risikoärmste
Behandlungsmethode auszuwählen. Eine dieser Methoden ist die Zervikale-
Spinalnervanalgesie (CSPA). Blockaden von Nervenwurzeln, sowohl zu
diagnostischen und prognostischen, als auch zu therapeutischen Zwecken
sind ein häufiger Bestandteil schmerztherapeutischer Interventionen [Bonica
and Buckley et al. (1990)], [Killian et al. (1973)], [Wildsmith and Armitage et
al. (1991)].
Ziel dieser Untersuchung war die genauere Evaluierung der
minimalinvasiven Infiltrationstherapie (CSPA) bei Zervikalsyndromen.
Besondere Beachtung wurde der Frage einer möglichen intrathekalen
Injektion von Lokalanästhetikum in die Wurzeltaschen geschenkt. In einem
sochen Falle käme es dann durch Aszension zu einer hohen
Spinalanästhesie mit Atemlähmung, die im schwersten Falle zum Tode
führen könnte [Haaker, Bernsmann (1995)], [Stannard, Glynn et al. (1990)].
Falls eine Durapunktion im Rahmen von zervikalen Wurzelblockaden möglich
wäre, würde sich die Frage anschließen, ob auch subdural gelegene Gefäße
punktiert werden könnten. In diesem Falle könnte es dann zur Ausbildung
eines subduralen Hämatoms kommen, bei dem mit infauster Prognose zu
rechnen ist [Höer, Schregel et al. (1996)]. Viel zu häufig wird die zervikale
Spinalnervanalgesie aus Angst vor möglichen Komplikationen, allen voran
die Wurzeltaschenpunktion, vermieden und durch oberflächliche Infiltrationen
ersetzt.
Bislang liegen keine Untersuchungen über die Größe und Ausdehnung der
zervikalen Wurzeltaschentiefen vor. In anatomischen Lehrbüchern findet sich
die Aussage, dass kleine Ausstülpungen des Durasackes die Nervenwurzeln
über eine geringe Distanz in das Foramen intervertebrale begleiten und
dann fließend in die Spinalnervenscheiden übergehen [Töndury and Tillmann
et al. (1987)], [Putz et al. (1985)].
64
Obwohl sich in der Fachliteratur keine Beschreibung einer endo-duralen
Applikation von Lokalanästhetikum durch dorsale zervikale
Nervenwurzelblockaden findet, wird doch in seltenen Fällen von „Reflex-
Todesfällen“ berichtet [Mandl et al. (1953)], [Pieper et al. (1950)],
[Reischauer et al. (1956)], [Schmitt et al. (1955)]. Eine mögliche Ursache
dieser Todesfälle könnte in einer intrathekalen Applikation von
Lokalanästhetikum bei einer technisch nicht korrekt durchgeführten
zervikalen Wurzelblockade liegen. Eine zweite denkbare Ursache wäre die
Induktion eines vaso-vagalen Reflexes im Bereich des Sinus caroticus bei
forcierter Injektion [Topalov, Radisic et al. (1999)], [Masuda, Fujiki et al.
(1995)].
Ebenso sind akzidentelle Spinalanästhesien und Blutungskomplikationen,
insbesondere bei Vorliegen hämostaseologischer Störungen, keinesfalls
ausgeschlossen, [Tryba et al. (1989)], [Inoue, Yokohama et al. (2002)]
wenngleich sich hierzu nur wenige Fallberichte finden lassen. Höer et al.
Berichteten 1996 über einen Fall eines intraspinalen Hämatoms nach
zervikaler Wurzelblockade bei Brachialgie [Höer, Schregel et al. (1996)],
[Refisch et al. (1997)]. In diesem Falle wurde unter Bildwandlerkontrolle eine
Lokalanästhetikainjektion (1ml Scandicain) in Höhe von C6/C7 von rechts
dorso-lateral durchgeführt. Nach wenigen Minuten traten heftigste
Schmerzen im Nacken auf. Daraufhin erfolgte die sofortige stationäre
Aufnahme. Am nächsten Morgen zeigte sich eine inkomplette Tetraparese
von Segment C6 nach kaudal, rechts mit Betonung der oberen Extremität,
links mit Betonung der unteren Extremität. Im CT der HWS fanden sich
Anzeichen einer frischen Blutung ventral des Rückenmarkes in Höhe C6/C7.
Sowohl bei Subokzipial- als auch bei Lumbalpunktion entleerte sich blutiger
Liquor. Unter der Diagnose eines intraduralen, raumfordernden Hämatoms
wurde eine operative Entlastung durchgeführt. Intraoperativ fand sich ein
vorwiegend ventral ausgedehntes, intraspinales, subarachnoidales
Hämatom. Die Prognose epi- und subduraler Blutungen ist abhängig von der
Zeit zwischen dem Auftreten neurologischer Symptome und der operativen
Entlastung [Reith et al. (1989)].
Im Rahmen der unter Bildwandlerkontrolle durchgeführten Wurzelblockade
muss es zu einer Dura- und Gefäßverletzung gekommen sein mit
65
konsekutiver Ausbildung eines intraduralen Hämatoms und resultierender
inkompletter Paraplegie. Für diese Interpretation spricht der enge zeitliche
Zusammenhang zwischen Injektion und dem Auftreten stärkster zervikaler
Schmerzen mit der kurz danach aufgetretenen neurologischen Symptomatik.
Sehr wahrscheinlich wurde das Lokalanästhetikum schon frühzeitig im
Verlauf der Wurzelblockade appliziert, so dass es zu keiner intrathekalen
Injektion kommen konnte. In diesem Falle wären akute Symptome einer
hohen Spinalanästhesie aufgetreten. Zwar ist auch das spontane Auftreten
einer intraduralen Blutung denkbar, derartige Ereignisse sind jedoch eine
Rarität [Metzger and Singbartl et al. (1991)]. Im Falle der oben skizzierten
Kasuistik muss daher von einer iatrogenen Genese ausgeganen werden.
Bei dieser offensichtlichen Durapunktion im Rahmen einer
Spinalnervenwurzelblockade ist trotz Röntgenkontrolle davon auszugehen,
dass die Stichrichtung nicht streng saggital geführt und lateral an der Massa
lateralis vorbei gestochen wurde. Denn in diesem Falle wäre eine
Durapunktion nicht möglich gewesen. Denkbar wäre, dass die
Injektionsnadel bei Knochenkontakt zur Medianlinie abgewichen ist und auf
direktem Wege durch die Wirbelbögen in den Spinalkanal gelangt ist. Ebenso
erscheint es möglich, dass der Einstich von so weit lateral erfolgte, dass die
Injektionsnadel tief in das Foramen intervertebrale vorgeschoben wurde.
Schlussfolgernd muss gesagt werden, dass selbst „Injektionshilfen“ wie
Röntgendurchleuchtung keinen sicheren Schutz vor schwerwiegenden
Komplikationen darstellen, sondern lediglich die möglichen Fehlerquellen
reduzieren können. Bei Injektionstechniken von ventral, wie häufig zum
Zwecke der Stellatum Blockade eingesetzt, ist eine Punktion der Dura
durchaus möglich [Stannard, Glynn et al. (1990)].
66
4.2 Konsequenzen für die zervikale Spinalnerv-Analgesie
Um die Frage zu klären, ob eine Wurzeltaschen Punktion im Rahmen einer
zervikalen Spinalnerv-Analgesie erfolgen kann, wurden 19 Halswirbelsäulen
auf diese besondere Fragestellung hin untersucht und präpariert. Wie in
führenden anatomisch experimentellen Studien von Shin, Panjabi und Miura,
[Shin, Panjabi et al. (2000)], [Panjabi MM. et al. (1998)], [Miura, Panjabi et al.
(2002)] gezeigt, sind Präparatemengen von n=19 ausreichend um statistisch
valide und anatomisch aussagekräftige Werte zu erzielen.
Mit den Ergebnissen dieser Arbeit kann gezeigt werden, dass bei korrekt
durchgeführter dorsaler Injektionstechnik modifiziert nach Reischauer im
Rahmen einer zervikalen Spinalnerv-Analgesie keine direkte Applikation in
den Intrathekalraum erfolgen kann. Obwohl die Resultate der Messungen
eindeutig sind, bleibt das Risiko der Durapunktion bei einer CSPA weiterhin
als schwerwiegende Komplikation bestehen [Höer, Schregel et al. (1996)].
Sobald die Stichrichtung um nur wenige Grad zur Medianlinie divergiert,
kann die Kanüle durch die bei Flexion der HWS geöffnete Massa lateralis
oder zwischen zwei Wirbelbögen auf unmittelbarem Wege zur Dura mater
spinalis gelangen. In diesem Falle ist dann eine
Nervenwurzeltaschenpunktion oder direkte endo-durale Injektion nicht
auszuschließen [Haaker, Bernsmann (1995)].
Die bei dieser Untersuchung erhobenen Messwerte lagen bei allen vier
untersuchten Wurzeletagen relativ eng beieinander. So wurden knöcherne
Überdachungsstrecken von 15mm bis 21mm gemessen. Eine mögliche
Ursache dieser Unterschiede können individuelle Unterschiede in der
Körpergröße der Spender und die anatomische Variabilität sein. Bei den
Messungen von medial mit der Knopfsonde zeigte sich, dass die
Wurzeltasche ein nur wenige Millimeter in die tiefe reichender Raum ist. Vom
Beginn des Ganglion spinale an, existiert kein sondierbarer Raum mehr. An
diesem Punkt besteht schon ein fließender Übergang in das bindegewebige
Epineurium. Diese dünne Schicht ist reich an Fibroblasten, kollagenen und
elastischen Fasern. Sie liegt dem Ganglion spinale eng
67
auf und ist mit dem darunter liegenden Perineurium durch lockeres
Bindegewebe verbunden [Ross, Rohen et al.(1995)], [Schiebler and
Schneider et al. (1991)]. Selbst bei feiner Präparation unter einem
Operationsmikroskop mit 16-facher Vergrößerung ließ sich die äußere
Schicht nur bedingt vom Spinalganglion trennen. Diese Schicht konnte nur
scharf mit einem feinen Skalpell abgelöst werden. Die Dura war an diesem
Punkt schon durch Bindegewebe mit dem darunter liegenden Ganglion
verbunden. Lateral des Ganglions ließ sich selbst durch die Präparation
mit dem Messer keine abgrenzbare Schicht vom Nerven mehr
abpräparieren. Da der Spinalnerv erst distal des Ganglion spinale das
Foramen intervertebrale verlässt, ergibt sich die Schlussfolgerung, dass
es eine „sichere Zone“ von der äußeren Markierung bis zur sondierbaren
Wurzeltasche gibt, in der keine direkte intrathekale Lokalanästhetika
Applikation erfolgen kann. Diese These wurde auch durch die
Injektionsversuche in den Spinalnerven mit Methylenblau bestätigt. Selbst
bei sehr starkem und lange andauerndem Injektionsdruck ließ sich nur
sehr wenig Volumen applizieren und es zeigte sich nur ein lokal
begrenzter Ausbreitungsverlauf der Flüssigkeit. Bei keinem Spinalnerven
zeigte sich eine größere Penetrationsstrecke als 3mm um die
Einstichstelle.
Die Auswertung der Röntgenergebnisse der mit Kontrastmittel gefüllten
Halswirbelsäulen erlauben die gleichen Schlussfolgerungen wie die
übrigen Messungen. Bei allen Röntgenbildern waren die Wurzeltaschen
und die knöchernen Strukturen gut beurteilbar. Wie bei der Sondierung
der Wurzeltaschen mit Hilfe einer Knopfsonde zeigte sich auch hier eine
ausreichende knöcherne Überdachung. In keinem der Röntgenbilder
konnte Kontrastmittel distal des Ganglion spinale nachgewiesen werden.
Bei Messungen der radiologisch dargestellten Wurzeltaschen zeigte sich
eine tendenziell größere „sichere Zone“ als bei denen mit der Knopfsonde.
Der stets größere Abstand von lateraler Knochenkante bis zur
Wurzeltasche ist wahrscheinlich auf die stumpfe Präparation mit der
Sonde zurückzuführen, bei der man am Übergang zum Ganglion spinale
die ersten bindegewebigen Verankerungen mit dem Perineurium löste. Die
statistische Auswertung der Messwerte ergab im Seitenvergleich der
68
Wurzeltasche C8 einen signifikanten Unterschied mit einem p-Wert von
0,021. Diesem Ergebnis scheint jedoch keine klinische Relevanz
zuzukommen. In anbetracht der Homogenität der Messwerte in den
übrigen Bewegungssegmenten ist dieser Wert am ehesten auf die
eingeschränkte Messgenauigkeit sowie auf die individuelle anatomische
Variabilität zurückzuführen.
Vergleichende Studien an der Lendenwirbelsäule zeigten, dass die
liquorumspülten Nervenwurzeltaschen hier tiefer in das im Verhältnis zur
HWS viel größere Foramen intervertebrale hineinragen [Krämer (1997)
(II.)]. Aufgrund der differenten Anatomie zwischen HWS und LWS, sowie
durch die deutlich schräger verlaufende Injektionstechnik von lateral nach
medial, wird im Rahmen einer lumbalen Spinalnervanalgesie mit
Scandicain selten eine Spinalanästhesie beobachtet, [Krämer (1997) (I.)],
[Krämer (1996)], [Krämer (1997) (II.)]. Die Patienten beschreiben dann
eine Kraft- und Gefühllosigkeit in beiden Beinen.
4.3 Mögliche Limitierung der Untersuchung
Ein Schwachpunkt der vorliegenden Arbeit kann darin gesehen werden,
dass die verwendeten Halswirbelsäulenpräparate zuvor ein bis zwei Jahre
in Formalinlösung gelagert waren. Die dabei entstandenen
Schrumpfungsprozesse könnten sich also auch auf die Spinalnerven und
die Wurzeltaschen ausgewirkt haben. Ein möglicher Schritt zur
Umgehung dieser Fehlerquelle wäre die Vermessung von frischen, nicht
fixierten menschlichen Präparaten.
Weiterhin bleibt noch zu klären, ob es in vivo zu einem Übertritt von
Lokalanästhetikum in pharmakologisch wirksamer Menge per diffusionem
in den Liquorraum kommen kann. In diesem Fall könnte es dann durch
das Applizieren eines größeren Lokalanästhetikadepots an der foramino-
artikulären Region zum intrathekalen Übertritt kommen [Grond and
Hankemeier et al. (2001)].
69
Eine weitere Limitierung der erhobenen Daten wäre noch direkt bei den
technischen Möglichkeiten der Messungen zu suchen. Da sich die Werte
im Bereich von wenigen Millimetern bewegen, die zu untersuchenden
Strukturen geweblich sehr fein sind und zudem noch fließende
Gewebsübergänge vorliegen, sind auch kleinste Messfehler denkbar. Eine
höhere Genauigkeit ließe sich sicherlich mit einer histologischen
Untersuchung der Präparate erzielen. Mikroskopisch ließe sich wesentlich
genauer die Stelle bestimmen, an der die Dura mater spinalis in das
Perineurium übergeht.
Insgesamt erscheinen die eingesetzten makroskopischen Techniken
jedoch durchaus geeignet, um die zugrunde liegende Frage der möglichen
intrathekalen Applikation von Lokalanästhetikum zu untersuchen.
In anbetracht der Eindeutigkeit der mit unterschiedlichen Verfahren
erhobenen Messwerte erscheint daher die Schlussfolgerung gerechtfertigt,
dass eine intrathekale Applikation von Lokalanästhetikum im Rahmen
einer technisch korrekt durchgeführten zervikalen Spinalnerv-Analgesie
nicht möglich ist.
70
V. Zusammenfassung Einleitung, Fragestellung: Vereinzelte Fallberichte schildern das Auftreten von Durapunktionen mit
der Folge von zum Teil tödlichen Blutungskomplikationen nach einer
zervikalen Injektionstherapie. Unklar ist jedoch ob diese Komplikationen
auf eine möglicherweise unsachgemäße Injektiostechnik oder die
besonderen anatomischen Gegebenheiten der Halswirbelsäule
zurückzuführen sind. Ziel der vorliegenden Untersuchung war daher die
anatomische Darstellung der Nervenwurzeltaschen an der Halswirbelsäule
unter besonderer Berücksichtigung einer möglichen intrathekalen Injektion
von Lokalanästhetikum im Rahmen einer zervikalen Spinalnerv-Analgesie.
Material, Methoden: Untersucht wurden 19 menschliche Halswirbelsäulen nach ein bis
zweijähriger Fixierung in Formalinlösung. An diesen wurden beidseits die
Spinalnervenabgänge von C5 - C8 präpariert, die Nervenaustrittsstelle
markiert und die Wurzeltaschen dargestellt. Danach wurden sie
vermessen und in Beziehung zu der knöchernen Überdachungen durch
die Foramina intervertebralia gesetzt. Hierzu wurden 1. die
Wurzeltaschentiefen mit Hilfe einer Knopfsonde sondiert und vermessen,
2. die Wurzeltaschen unter 16-facher Vergrößerung präpariert, um den
Übergang ins perineurale Bindegewebe zur erfassen, 3. die Spinalnerven
an ihrem knöchernen Austrittspunkt mit einer Kanüle punktiert und unter
hohem Injektionsdruck mit Methylenblau markiert und 4. erfolgte eine
Röntgendarstellung des Intrathekalraumes nach Instillation eines
Kontrastmittels (Solutrast ©). Die Ergebnisse wurden als Mittelwert ±
Standardfehler des Mittelwertes angebeben; Statistik: ANOVA.
71
Ergebnisse: Bei Sondierung der Nervenwurzeltaschen zeigte sich eine
durchschnittliche Tiefe von 18,1± SEM mm. Zwischen den einzelnen
Bewegungssegmenten zeigten sich keinerlei signifikante Unterschiede
hinsichtlich der Wurzeltaschentiefe. Ein signifikanter Unterschied
zwischen der linken und rechten Körperhälfte zeigte sich lediglich in Höhe
des Segmentes C8 (p=0,021).
Die mikroskopische Präparation der Wurzeltaschen konnte die Ergebnisse
der Sondenmessung Bestätigen. Bei keiner der untersuchten
Nervenwurzeln konnte die Dura mater spinalis mehr als 3mm distal des
Sondenmesspunktes dargestellt werden.
Die Injektion von Methylenblau in den Spinalnerven an seinem
Austrittspunkt führte zu keiner messbaren Infiltration des
Intrathekalraumes.
Ebenso ließ sich mit Hilfe der Röntgendarstellung keine
Kontrastmittelanreicherung distal des Ganglion spinale nachweisen.
Schlussfolgerung: Anhand der vorliegenden Daten wird deutlich, dass eine intrathekale
Applikation durch Punktion der Wurzeltaschen bei technisch korrekter
Durchführung einer Zervikalen-Spinalnerv-Analgesie nicht möglich ist. Das
Auftreten von Blutungen oder hohen Spinalanästhesien nach Zervikaler
Spinalnerv-Analgesie ist daher am ehesten Folge einer unsachgemäßen
Injektionstechnik.
72
VI. Literaturverzeichnis
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Bandscheibenprolaps. Z. Rheumaforschung. 10, 209-218
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80
Danksagungen
Von ganzem Herzen gilt mein Dank Herrn Professor Dr. med. Jürgen
Krämer für die großzügige Überlassung und Betreuung des interessanten
Themas.
Herrn Dr. med. Frank Rubenthaler danke ich für die Unterstützung und
Förderung der Untersuchung.
Herrn Dr. med. Juris Meier danke ich besonders für die vielen
motivierenden Gespräche und für die unermüdliche Hilfe bei den
statistischen Auswertungen.
Herzlichen Dank an meine Familie, für ihre Unterstützung und ihr
Durchhaltevermögen mit mir, während dieser Zeit.
Herzlichen Dank an Frau Claudia Schneider für ihre Hilfe während der
präparatorischen Arbeiten.
Nicht zuletzt gilt mein Dank den 19 Menschen, die ihren Körper der
Wissenschaft zur Verfügung gestellt haben und dadurch diese Studie erst
ermöglicht haben.
81
Lebenslauf
Persönliche Daten Name Jörn Heinze,
Geboren am 26.10.1970 in Hagen
Eltern Klaus Dieter Heinze
Sigrid Heinze, geb. Bludau
Schulbildung 1977-1989 Rudolf-Steiner Schule Witten
Abschluss: Fachoberschulreife
1991-1992 Rudolf-Steiner Schule Witten
Abschluss: Allgemeine
Hochschulreife
Grundwehrdienst 1990 in Lüneburg
Studium 1992-1994 Ruhr-Universität-Bochum
Sekundarstufe II
Sport und Geographie
1994-1995 Universität Essen
Sekundarstufe II
Sport, Geographie und Latein
1995 Krankenpflegepraktikum
Gemeinschaftskrankenhaus
Herdecke
1995-1996 Humbold-Universität Berlin
Medizinische Fakultät
1996-2001 Ruhr-Universität-Bochum
Medizinische Fakultät
82
November 2001 III. Staatsexamen
Berufliche Tätigkeit Januar 2002 – Juni 2003 Arzt im Praktikum in der
Orthopädischen Klinik im
St. Josef-Hospital Bochum
Seit Juli 2003 Assistenzarzt in der chirurgischen
Abteilung des Gertrudis-Hospitals
Herten-Westerholt