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travel Kleine Fluchten PALACE HOTEL Tokio, Japan Tokio rast. Nicht wie ein betrunkener Autofahrer, eher wie ein ferngelenkter Schnellzug: präzise, kalt, fast geräusch- los. Ein Gefühl für diese Hyperstadt zu bekommen, mit Umland die Heimat von rund 38 Millionen Menschen – das kann dauern. Besser, der Reisende weiß einen luxuriösen Rückzugsort. Das Palace Hotel Tokio zum Beispiel. Ich entspanne auf dem Balkon meines Club Deluxe Room, nippe grünen Tee im 20. Stock, mein Kopf wird zum Zen-Garten. Was für ein Privileg. Balkone? In Tokio kaum vorhanden, hier muss eine vierköpfige Fa- milie im Schnitt mit 30 Quadratmetern aus- kommen. Mein Zimmer hat 45. Dazu eine Aussicht, die nie verbaut wird: das Hotel grenzt an das kaiserliche Palastgelände. Kaiser Akihito, 82 Jahre alt, ist ein scheuer Monarch. Nur zweimal im Jahr zeigt sich der Tennō seinen Untertanen, dann winkt er hinter einer Scheibe aus Panzerglas. Seine vielköpfige Familie ist da umtriebiger, sie gehe gerne, so flüstert es über die Flure, im Palace Hotel essen. Deshalb frage ich mich, während ich im Hausrestaurant Wadakura feinste Kaiseki- Küche über meine Stäbchen balanciere: ist der gutgekleidete Herr am Nachbartisch etwa ein Kaiser in spe? 2009 wurde das alte Palace Hotel abgerissen. Drei Jahre lang wurde neu gebaut, die Zimmer- und Suitenzahl um 160 auf 290 reduziert. Während des Umbaus bekam das Stamm- personal weiter das volle Gehalt – der Geist des Traditionshauses sollte bewahrt werden. Das sagt viel über die Haltung der Besitzer aus: Sich Zeit zu nehmen gilt als lohnendes Investment. Gerade in einer Stadt, wo alles rast. TIPP: Nur 25 Minuten vom Hotel entfernt liegt im Stadtviertel Ginza der noble Dover Street Market, einer der besten Concept Stores der Welt. palacehoteltokyo.com Traumpaar in Tokio: Geist und Luxus TEXT ADRIAN PICKSHAUS 74

Traumpaar in okio: T Geist und Luxus - Palace Hotel, Tokyo · 2019. 6. 25. · okio: T Geist und Luxus TEXT ADRIAN PICKSHAUS 74. Title: 801_2016_006_0_074_0_KleineFluchten.indd Created

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  • t r a v e l Kleine Fluchten

    PA L A C E H O T E LTokio, Japan

    Tokio rast. Nicht wie ein betrunkener Autofahrer, eher wie ein ferngelenkter Schnellzug: präzise, kalt, fast geräusch-los. Ein Gefühl für diese Hyperstadt zu bekommen, mit Umland die Heimat von rund 38 Millionen Menschen – das kann dauern. Besser, der Reisende weiß einen luxuriösen Rückzugsort. Das Palace Hotel Tokio zum Beispiel. Ich entspanne auf dem Balkon meines Club Deluxe Room, nippe grünen Tee im 20. Stock, mein Kopf wird zum Zen-Garten. Was für ein Privileg. Balkone? In Tokio kaum

    vorhanden, hier muss eine vierköpfige Fa-milie im Schnitt mit 30 Quadratmetern aus-kommen. Mein Zimmer hat 45. Dazu eine Aussicht, die nie verbaut wird: das Hotel grenzt an das kaiserliche Palastgelände. Kaiser Akihito, 82 Jahre alt, ist ein scheuer Monarch. Nur zweimal im Jahr zeigt sich der Tennō seinen Untertanen, dann winkt er hinter einer Scheibe aus Panzerglas. Seine vielköpfige Familie ist da umtriebiger, sie gehe gerne, so flüstert es über die Flure, im Palace Hotel essen. Deshalb frage ich mich, während ich im Hausrestaurant Wadakura feinste Kaiseki-Küche über meine Stäbchen balanciere: ist der gutgekleidete Herr am Nachbartisch

    etwa ein Kaiser in spe? 2009 wurde das alte Palace Hotel abgerissen. Drei Jahre lang wurde neu gebaut, die Zimmer- und Suitenzahl um 160 auf 290 reduziert. Während des Umbaus bekam das Stamm-personal weiter das volle Gehalt – der Geist des Traditionshauses sollte bewahrt werden. Das sagt viel über die Haltung der Besitzer aus: Sich Zeit zu nehmen gilt als lohnendes Investment. Gerade in einer Stadt, wo alles rast.T I P P : Nur 25 Minuten vom Hotel entfernt liegt im Stadtviertel Ginza der noble Dover Street Market, einer der besten Concept Stores der Welt.palacehoteltokyo.com

    Traumpaar in Tokio: Geist und LuxusT E X T A D R I A N P I C K S H A U S

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