software kaufberatung

104 tastenwelt 1/2011

Gut und günstigWer mit einer Software ein Audio-Demo erstellen oder einen Live-Mit-schnitt bearbei-ten will, muss dafür nicht tief in die Tasche grei fen. Im Inter-net kursieren viele Sequencer-Programme, die gratis oder für wenig Geld er hältlich sind und einen guten Job machen. Hier eine Auswahl.

freeware-seQUeNCer

Eine Digital Audio Workstation (= DAW) ist die umfassendste Lösung fürs eigene portable Studio. DAWs haben alles unter einem Dach,

was fürs Musikproduzieren benötigt wird: Instru-mente, Audio-Spuren, Effekte sowie einen Mischer. Häufi ger als auf DAWs stößt man bei der Recherche im Internet allerdings auf Audio-Sequencer, mit de-nen man Gesang und Keyboard, Drums und andere Live-Instrumente aufnehmen und mischen kann. Fürs DJ-ing oder zur Bearbeitung von MIDI-Dateien gibt es Spezialisten, die unter den Sammelbegriffen DJ-Software und MIDI-File-Player fi rmieren.

Nicht nur aus Kostengründen sind diese Program-me einen Blick wert. Wer etwa für sein Netbook mit Betriebssystem Linux einen Sequencer sucht, muss auf die etablierten Audio-Workstations wie Cubase, Logic oder Live verzichten, denn diese laufen nur unter Windows oder Mac OSX. Allzu hohe Erwartun-gen sollte man an die kostenfreien Sequencer aber nicht haben, denn so schnell und komfortabel wie bei Logic Express 9 oder Steinberg Cubase Essen-

tial 5 kann man mit diesen Freeware-Programmen nicht arrangieren. Das liegt nicht zuletzt an der Sound-Bibliothek, die bei kommerziellen Produkten sehr umfangreich und qualitativ auch überlegen ist.

Bei den ersten Schritten zum Produzieren von Play backs für die Bühne oder die Audio-Demo-Er-stellung leisten die kostenfreien Programm allerdings gute Dienste. Wer gute Klangerzeuger für seinen Sequencer benötigt, sollte einen Blick in Ausgabe 5/2010 werfen: Im ersten Beitrag über Freeware für Musiker wurden hier einige Pianos, Orgeln und Syn-thesizer vorgestellt, die sich vor manchen kommer-ziellen Software-Produkten nicht verstecken müssen. Ein praktischer Allrounder für den wachsenden Sound-Hunger ist übrigens die UVI-Workstation – mehr dazu im Kasten auf Seite 106.

Digital audio workstations:allrounder bei der MusikproduktionEinen guten Eindruck als Digital Audio Workstation macht die Software MU.LAB 3 von Mutools mit ih-

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rer klar strukturierten Oberfläche sowie den ge-schmackvoll erstellten Demo-Songs. Neben der kostenfreien Version für Windows und Mac OSX ist MU.LAB in zwei größeren Versionen (MU.LAB XT für 25 Euro und MU.LAB UL für 75 Euro) zu ha-ben. So kann man bei Gefallen am Produzieren wei-ter bei diesem Programm bleiben und muss sich nicht in ein anderes System (wie Cubase oder Logic) einarbeiten. MIDI-Dateien lassen sich importieren und exportieren. Zwar können nicht mehr als vier Spuren (Audio oder Instrument) pro Song verwendet werden, mit der Mixdown-Funktion lässt sich aber tricksen, indem bereits fertige Teile auf eine Audio-Spur zusammen gemischt werden. Das schafft freie Spuren für weitere Aufnahmen. Einzelne Parts lassen sich flexibel routen auf Effekte und Klangerzeuger, die als Racks organisiert sind. Die internen Klang-erzeuger des Programms heißen Synthia und Mu-Synth (beides Synthesizer), Sampla (Sampler) und MultiSampla (Sampler für Drumkits etc.). Alle sind für moderne Popmusik oder Dance gerüstet und können wie die internen Effekte (Hall, Delay, Cho-rus, Filter) bearbeitet und als neue Presets gespei-chert werden. Wenn das gebotene Arsenal an Instru-menten und Effekten nicht ausreicht, können bis zu acht unterschiedliche VST-Plug-ins hinzugezogen werden.

Das Handling ist gut und nur an manchen Stellen etwas umständlich. Im Noten-Editor, dargestellt als Pianorolle, erklingen Noten nicht beim Anklicken per Maus. Das Programm ist schnell heruntergela-den und installiert. Für sequencer-erfahrene Musi-ker ist die Einarbeitung unproblematisch. Wer zudem Englisch versteht, bekommt mittels Tutorials schnell Einblicke in die Praxis mit diesem Programm.

Eine echte Alternative zum Arrangieren von MIDI- und Audio-Spuren für alle, denen Oberfläche und Ausstattung von MU.LAB 3 nicht zusagen, ist die Software Podium von Zynewave. Sie läuft nur unter Windows (XP, Vista, Windows 7), und Soft-ware-Instrumente sind nicht im Programm enthal-ten. Podium Free weist einige Einschränkungen ge genüber der Vollversion auf, die 50 US-Dollar kostet. Gravierend ist lediglich das nicht-unter-stützte Multiprocessing. Bei einem Computer mit Dual-Core-CPU kann somit nur die Hälfte der Re-chenleistung genutzt werden. Die deutsche Anlei-tung ist leider nicht ganz vollständig; für Detailfra-gen muss man den englischsprachigen Online-Guide kon sultieren.

Anvil Studio ist ein weiterer MIDI-Audio-Sequen-cer, der unter Windows läuft. Gegenüber MU.LAB 3 und Podium wartet er mit einer sinnvollen Option auf: Alle MIDI-Events können in Standard-Notation

Anvil Studio bietet einen Sequencer inklusive Notation für Keyboarder und Gitarristen.

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sowie in Form von Gitarren-Tabulaturen dargestellt werden. Das ist für Live-Musiker sehr praktisch, die Stücke heraushören, transkribieren und sich be-stimmte Parts notieren oder komplette Leadsheets erstellen möchten. Die Software ist modular aufge-baut, das heißt, zusätzlich benötigte Funktionen kön-nen nach träglich zur kostenfreien Basis-Ausstat-tung hinzugekauft werden. Zwar stehen beliebig viele MIDI-Spuren zur Auswahl, es kann aber nur ein ein-minütiger Audio-Track erzeugt werden. Mit der Opti-on „Multi-Audio 1/8“ (19 US-Dollar) können bis zu acht Audio-Spuren angelegt werden. Für ein hoch-aufgelöstes Notenbild gibt’s das Zusatzmodul „Print-Sheet“ (29 US-Dollar), ohne das die Noten gar nicht gedruckt werden können.

audio-sequencer: Mehrere spuren aufnehmen und mischenWer keine Software-Instrumente benötigt, begnügt sich mit einem Audio-Sequencer, der sich meist et-was einfacher handhaben lässt als MU.LAB 3 oder Podium. Eines dieser Programme ist der Gungirl Sequencer, der unter Windows und Linux läuft. Mit einem File-Manager lassen sich Audio-Dateien ein-fach in ein Song-Arrangement ziehen. Optisch an-sprechender und funktionell etwas aufwändiger ist das Mehrspur-Studio Jokosher, das ebenfalls für Windows und Linux zu haben ist. Allerdings sollten

Sie sich nicht täuschen lassen: Die Instrumente sind keine Plug-ins, sondern Audio-Spuren. Die Audio-Files können im WAV- oder MP3-Format ein-geladen und exportiert werden. Mixing ist möglich, es fehlen aber gute Equalizer und Effekte.

Ausgereifter und technisch auch etwas umfang-reicher ist die modular aufgebaute Kristal Audio Engine für Windows. Das Hauptprogramm ist ein Mischpult, in das Audio-Sequencer, Effekte und Live-Audio-Eingänge als Plug-ins geladen werden können. Bei den 16 Audio-Spuren können jeweils VST-Plug-ins eingebunden werden, fürs Mastering (Summenbearbei tung) stehen drei weitere Slots für Plug-ins zur Auswahl.

Die Software Traverso DAW (traverso-daw.org) für Windows, OSX und Linux fällt durch ihr Bedienkon-zept der so genannten „weichen Selektion“ auf, das die Vorteile analoger Aufnahmestudios und digitaler Audio-Workstations miteinander kombinieren will. Bei Traverso wird der Mauszeiger auf ein Objekt gelegt, zum Beispiel eine Audio-Spur, und die ge-wünschte Funktion, etwa Stumm- oder Soloschal-ten, über die PC-Tastatur bestimmt.

Die gute deutsch sprachige Anleitung als PDF ist jedoch erforderlich, um den Bedienansatz von Tra-verso zu verstehen. Gerade am Anfang ist die Lern-kurve steil, denn idealerweise lernen Sie Funktio-nen und Tasten auswendig, um mit dem Programm flüssig arbeiten und die erste Projekte auf CD bren-nen zu können.

Auf den Betriebssystemen Mac OSX und Linux läuft Ardour, das sich am Tonstudio-Standard Digi-design ProTools orientiert. Ardour ist keine klassi-sche Freeware, da der Interessent hier um eine Spen-de gebeten wird. Falls Sie den Entwickler finanziell nicht unterstützen wollen, kann Ihre Adour-Version keine Plug-in-Einstellungen speichern und keine Presets für Plug-ins verwenden. Zum ersten Probie-ren, ob Sie mit diesem System überhaupt klar kom-men, sind diese Einschränkungen aber zu ver-schmerzen. Mit der kommenden Version 3 werden sich hoffentlich MIDI-Spuren einbinden lassen, wo-durch das Programm deutlich an Attraktivität ge-winnen dürfte.

MIDI-file-Player und DJ software:spezialisten für die Live-PerformanceWer öfter mit MIDI-Files arbeitet, findet mit Synth-Font passende Hilfe für den Windows-PC. Die Soft-ware spielt MIDI-Dateien mit Soundfonts (Dateien im SF2-Format, das E-mu/Ensoniq entwickelte) als Klangquelle an und rendert die MIDI-Daten schließ-lich als Audio-Dateien in gängigen Formaten wie WAV oder MP3. Das Ergebnis klingt zunächst er-nüchternd, wenn man den Klang hochwertiger Ar-ranger-Keyboards wie Yamaha Tyros gewohnt ist. Allerdings lassen sich anstelle der Soundfonts, die Samples und Klangeinstellungen enthalten, auch beliebige VSTi-Plug-ins und Effekt-Plug-ins anderer Hersteller verwenden. Das macht die Arbeit mit SynthFont klanglich sehr reizvoll, auch wenn das

Mit Jackson kann man sich auf dem PC kostenfrei im DJ-ing probieren.

Der modern ausgestattete MIDI-Audio-Sequencer Mulab 3 vereint alle wichtigen Funktionen unter einem Dach.

Der Sound-Partner: UVI WorkstationFür die Erstellung von Playbacks oder zum Instrumentieren von MIDI-Files benötigen Sie ei ne vielseitige Basis an Brot- und Butter-Sounds. Ein guter Tipp ist die UVI-Workstation. Dieses Plug-in- und Standalone-Programm bietet, ähnlich einer klassischen Synthesizer-Workstation, mehrere Sounds auf bis zu 64 unterschiedlichen Kanälen samt Faltungshall, Delay und vielen Multieffekten an. Sowohl Klänge als auch Effekte lassen sich ausführlich bearbeiten. Ein programmierbarer Arpeggiator, Audio-Dateien-Import (REX, WAV, AIFF, etc.), der Sound-Browser oder auch die relativ einfache Bedienung sind Stärken der UVI-Work-station. Eigentlich ist das Sound-Angebot als Eigenwerbung gedacht. Es enthält Auszüge der UVI-Soundcards, die Sie einzeln kaufen und die Workstation systematisch erweitern kön-nen. Konzert flügel, E-Piano, Drumkit oder Gitarre und viele Loops sind enthalten, aber keine GM-Patches. Die aktuelle Version 1.1.7 (ca. 190 MB) und das UVI-Demo-Soundpack (ca. 715 MB) können Sie für PC und Mac herunterladen. Mehr unter www.uvisoundsource.com

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Ausprobieren der vielen klanglichen Möglichkeiten einen Arbeitstag auf den Kopf stellen kann. Wer mit der leider etwas unaufgeräumten Oberfläche dieses MIDI-File-Players klar kommt, sollte einmal probie-ren, ein MIDI-File mit SynthFont klanglich aufzu-peppen und es als MP3-Datei zu exportieren.

In jedem Fall stellt SynthFont ein herkömmliches Song-MIDI-File anwendungsspezifischer dar als ein herkömmlicher MIDI-Sequencer: Hier sehen Sie MIDI-Kanäle, Bank- und Programm-Nummern und andere Einstellungen tabellarisch auf einen Blick. Bei Bedarf lassen sich auch einzelne Noten oder Phrasen in einer Pianorolle verändern. Für Karaoke kann in einem separaten Fenster der Liedtext zwei-farbig angezeigt werden, so dass man den momen-tan zu singenden Text immer direkt vor Augen hat. Zum Einüben neuer Titel ist dieses Programm auch für Sänger hilfreich.

Wer Musikstücke wie ein DJ mixen können möch-te, sollte einen Blick auf die Software Jackson (Win-dows) werfen. Anders als Traktor, die beliebte kom-merzielle DJ Software von Native Instruments, versucht Jackson nicht ein traditionelles DJ-Setup aus zwei Plattenspielen und einem Mischpult zu simulieren. Vielmehr soll das Potenzial moderner Computer genutzt werden. Es verfolgt ein ähnlich zeitgemäßes Konzept wie Ableton Live, bietet sich dabei aber verstärkt zum Mixing kompletter Stücke an. Zur Wiedergabe von Audio-Tracks müssen diese erst analysiert werden – zumindest muss Jackson das jeweilige Songtempo kennen. Die rhythmische Struktur lässt sich speziell mit dem Tool „BeatMap-per“ ermitteln. Wie das funktioniert, zeigen Tutorials auf Englisch. Praktisch ist es, ausgewählte Songteile wiederholen, überspringen oder anhalten zu können. Wer nebenbei DJ-ing mit seinem Notebook betreiben möchten, sollte Jackson einmal selber testen und

sich nicht durch die verblüffende Funktionalität ent mutigen lassen.

fazit: Ideal, um wichtige erfahrungen zu sammelnDie kostenfreien Sequencer sind gut zum Schnup-pern. Ein Favorit zum Erstellen modern klingender Playbacks ist MU.LAB 3, als weitere Soundquelle zum Arrangieren ist die UVI Workstation ein guter Download-Tipp. Wer ernsthaft arrangieren, kompo-nieren oder etwas notieren möchte, sollte sich besser direkt für einen professionellen Sequencer wie Steinberg Cubase, Ableton Live oder Apple Logic entscheiden, da diese bereits in der Einsteigerversion mehr Bedienkomfort sowie interne Klänge oder Loops bieten. Zudem lassen sich die eigenen Einspielun-gen oder Songs einfacher mit Kollegen austau-schen, die bereits mit diesen Program men arbeiten. Alle Links zu weiteren Informationen sowie zum Herunterladen der vorgestellten Produkte finden Sie unter www.tastenwelt.de. Matthias Sauer tw

Umfangreiche Sound-Bearbeitung und indi-viudell erweiterbar: Die UVI-Workstation liefert Sounds und Loops für viele Musikstile.

Der Assistent zur Bearbeitung von MIDI-Files und Darstellung von Karaoke-Texten: SynthFont.

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