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FORUM Forschung 2003/2004 In der chemischen Industrie und in angrenzen- den ingenieurtechnischen Disziplinen spielt die Partikeltechnologie traditionell eine sehr große Rolle. Da die mechanische Zerkleinerung von makro- skopischen Körpern an na- türliche untere Grenzen stößt, die nicht unter- schritten werden können, ist die Erzeugung von Na- nopartikeln auf dem Weg chemischer oder physikali- scher Reaktionen mit gut definierten Eigenschaften schon früh ins Auge ge- fasst worden. Sie kann prinzipiell auf zwei unter- schiedlichen Wegen erfol- gen. Einerseits stehen nass- chemische Verfahren zur Verfügung, bei denen die Partikelbildung durch Fäl- lung oder Kristallisation er- folgt. Andererseits gibt es eine Vielzahl von trocke- nen Verfahren zur Produk- tion nanogroßer Pulver, bei denen je nach Phasenzu- stand der Ausgangsproduk- te (Precursoren) zwischen der Droplet-to-Particle-Conver- sion (droplet = Tröpfchen) und der Gas-to-Particle-Con- version unterschieden wird. Die Gas-to-Particle-Conversion wird bereits seit langem im industriellen Maßstab zur Erzeu- gung von Siliziumdioxid (Quarz), Alumini- umoxid und Titandioxid eingesetzt. Dagegen konnte die Droplet-to-Particle-Conversion, die prin- zipiell ein viel weiteres Spektrum von Produkten und Kompositen zugänglich machen würde, bisher nicht zur Erzeugung von Nanoma- terialien in einem technischen Maßstab genutzt werden. Denn das größte Problem bei diesem Verfahren ist, dass die erzeugten Partikel einen hohen Aggregationsgrad aufweisen – also sehr stark miteinander verbunden sind – und daher die gewünschten anwendungstechnischen Eigen- schaften nicht erzielt werden können. Dies ist insbesondere im Bereich von multifunktiona- len nanogroßen Partikeln ein Problem, da diese Funktionalität zumeist nur durch die Verwen- dung von mehren Substanzen in einem Partikel erzielt werden kann. Zwar erlauben nasschemische Verfahren vielfach eine bessere Zugänglichkeit zu solchen Mehr- komponenten-Partikeln, jedoch sind sie in groß- technischem Maßstab häufig erheblich teurer. Die Gasphasenverfahren besitzen daher gegen- über den nasschemischen Verfahren generell den Vorteil, dass die Produktpulver trocken ge- wonnen werden, reiner sind und billiger her- gestellt werden können. So besteht auf diesem Feld besonderer Forschungs- und Handlungs- bedarf. uch Zwerge haben mal klein angefangen … Nano-Partikel werden zum multifunktionalen Produkt Dass diese Ausgabe des FORUM Forschung in der Größe ihren Vorgängern gleichkommt, ist gemessen an den meisten technischen Entwicklungen ein Anachronismus. Denn alles wird kleiner: Videokameras, Computer, elektronische Bauteile. Darum hat in den letzten 10 bis 15 Jahren die Nanotechnologie viel Aufmerksamkeit erfahren. Strukturen, die einen Größenbereich von Moleküldimensionen bis etwa 100 nm umfassen, werden Nanopartikel genannt. Ihre Besonderheit besteht darin, dass die physikalischen und chemischen Eigen- schaften größenabhängig werden. Solche size effects führen zum Beispiel zu einer Absenkung der Schmelztemperatur bei abnehmender Partikelgröße und beeinflussen bei halbleitenden oder magnetischen Partikeln deren Struktur-Eigenschaftsrelationen. Pulver aus Nanoparti- keln sind die Basis für Materialien wie neue keramische Werkstoffe oder neue elektrische und magnetische Bauelemente. Die Eigenschaften solcher Nano-Materialien hängen sehr wesentlich von der Partikelgröße ab. Damit kommt der Erzeugung und Charakterisierung von Nanopartikeln eine große Bedeutung zu. A Abbildung 1: Schematische Zeichnung eines Gaspha- senreaktors zur Erzeugung von Nano-Partikeln. Gasför- mige Ausgangsprodukte werden von oben in den Reaktor eingedüst und thermisch zu Nano-Partikeln umgesetzt. Eine aufwändige Lasermesstechnik am Reaktorausgang ermöglicht Partikel-Größenmessungen mit hoher Zeit- auflösung. 74

uch Zwerge haben mal klein angefangen - uni-due.debys007/ssc/forum-forschung/2003/...Teilprojekt C1 Nanostrukturierte Funktions-materialien für Sensoren (Fissan/Kruis) Teilprojekt

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  • FORUM Forschung 2003/2004

    In der chemischen Industrie und in angrenzen-den ingenieurtechnischen Disziplinen spielt diePartikeltechnologie traditionell eine sehr große

    Rolle. Da die mechanischeZerkleinerung von makro-skopischen Körpern an na-türliche untere Grenzenstößt, die nicht unter-schritten werden können,ist die Erzeugung von Na-nopartikeln auf dem Wegchemischer oder physikali-scher Reaktionen mit gutdefinierten Eigenschaftenschon früh ins Auge ge-fasst worden. Sie kannprinzipiell auf zwei unter-schiedlichen Wegen erfol-gen. Einerseits stehen nass-chemische Verfahren zurVerfügung, bei denen diePartikelbildung durch Fäl-lung oder Kristallisation er-folgt. Andererseits gibt eseine Vielzahl von trocke-nen Verfahren zur Produk-tion nanogroßer Pulver,bei denen je nach Phasenzu-stand der Ausgangsproduk-te (Precursoren) zwischender Droplet-to-Particle-Conver-sion (droplet = Tröpfchen)und der Gas-to-Particle-Con-version unterschieden wird.

    Die Gas-to-Particle-Conversion wird bereits seitlangem im industriellen Maßstab zur Erzeu-gung von Siliziumdioxid (Quarz), Alumini-umoxid und Titandioxid eingesetzt. Dagegenkonnte die Droplet-to-Particle-Conversion, die prin-zipiell ein viel weiteres Spektrum von Produktenund Kompositen zugänglich machen würde,bisher nicht zur Erzeugung von Nanoma-terialien in einem technischen Maßstab genutztwerden.

    Denn das größte Problem bei diesem Verfahrenist, dass die erzeugten Partikel einen hohen Aggregationsgrad aufweisen – also sehr starkmiteinander verbunden sind – und daher diegewünschten anwendungstechnischen Eigen-schaften nicht erzielt werden können. Dies istinsbesondere im Bereich von multifunktiona-len nanogroßen Partikeln ein Problem, da dieseFunktionalität zumeist nur durch die Verwen-dung von mehren Substanzen in einem Partikelerzielt werden kann.

    Zwar erlauben nasschemische Verfahren vielfacheine bessere Zugänglichkeit zu solchen Mehr-komponenten-Partikeln, jedoch sind sie in groß-technischem Maßstab häufig erheblich teurer.Die Gasphasenverfahren besitzen daher gegen-über den nasschemischen Verfahren generellden Vorteil, dass die Produktpulver trocken ge-wonnen werden, reiner sind und billiger her-gestellt werden können. So besteht auf diesemFeld besonderer Forschungs- und Handlungs-bedarf.

    uch Zwerge haben malklein angefangen …

    Nano-Partikel werden zum multifunktionalen Produkt

    Dass diese Ausgabe des FORUM Forschung in der Größe ihren Vorgängern gleichkommt,ist gemessen an den meisten technischen Entwicklungen ein Anachronismus. Denn alleswird kleiner: Videokameras, Computer, elektronische Bauteile. Darum hat in den letzten10 bis 15 Jahren die Nanotechnologie viel Aufmerksamkeit erfahren. Strukturen, die einenGrößenbereich von Moleküldimensionen bis etwa 100 nm umfassen, werden Nanopartikelgenannt. Ihre Besonderheit besteht darin, dass die physikalischen und chemischen Eigen-schaften größenabhängig werden. Solche size effects führen zum Beispiel zu einer Absenkungder Schmelztemperatur bei abnehmender Partikelgröße und beeinflussen bei halbleitendenoder magnetischen Partikeln deren Struktur-Eigenschaftsrelationen. Pulver aus Nanoparti-keln sind die Basis für Materialien wie neue keramische Werkstoffe oder neue elektrischeund magnetische Bauelemente. Die Eigenschaften solcher Nano-Materialien hängen sehrwesentlich von der Partikelgröße ab. Damit kommt der Erzeugung und Charakterisierungvon Nanopartikeln eine große Bedeutung zu.

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    Abbildung 1: Schematische Zeichnung eines Gaspha-senreaktors zur Erzeugung von Nano-Partikeln. Gasför-mige Ausgangsprodukte werden von oben in den Reaktoreingedüst und thermisch zu Nano-Partikeln umgesetzt.Eine aufwändige Lasermesstechnik am Reaktorausgangermöglicht Partikel-Größenmessungen mit hoher Zeit-auf lösung.

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  • Universität Duisburg–Essen

    Rasante ReaktionenBei der reaktiven Gas-to-Particle-Conversion, dieauch als Chemical Vapor Synthesis (CVS, chemischeDampfsynthese) bezeichnet wird, ist der Parti-kelerzeugung immer ein Reaktions- und/oderTransportprozess von Gasphasenspezies vorge-schaltet. Dabei reagieren die Ausgangsproduktein thermisch-sauerstofffreien so genannten Pyro-lyse-Mechanismen oder in Oxidations-Mecha-nismen unter Beteiligung von Sauerstoff, wobeidiese Mechanismen die nachfolgenden Nuklea-tions- und Partikelwachstumsprozesse maßgeb-lich mitbestimmen.

    Um den Gesamtablauf richtig verstehen, mo-dellieren und optimieren zu können, ist dieKenntnis der elementaren Kinetik der Gaspha-senreaktionen, die schließlich zu den partikel-bildenden Komponenten führen, äußerst wich-tig. Unter Kinetik ist hier das Zeitverhalten derReaktionen zu verstehen. Der chemischen Re-aktion und dem Nukleationsprozess folgt dieeigentliche Partikelbildung, welche nach demheutigen Stand des Wissens durch folgende Bil-dungsmechanismen geprägt ist: Koagulation,Oberf lächenwachstum, volumenreduzierendeSekundärreaktionen und Koaleszenz. Die Koagu-lation (Vergröberung) beschreibt das Partikel-wachstum durch Kollision von bereits vorhande-nen Molekültrauben bzw. Partikeln und führtzu größeren und, sofern keine anschließendeKoaleszenz auftritt, zu unregelmäßigen Zusam-menballungen. Darüber hinaus erfolgt das Par-tikelwachstum auch durch chemische Reaktion

    der Ausgangsprodukte an der Partikeloberfläche,das heißt durch Oberf lächenwachstum. In die-sem Fall kann die disperse Oberf läche eine au-tokatalytische Wirkung auf die Reaktion derAusgangsstoffe zum Produkt ausüben. UnterAutokatalyse versteht man einen Reaktionspro-zess, bei dem der Katalysator erst während derReaktion entsteht. Dieser Mechanismus ist starkvom Stoffsystem und den Prozessparameternabhängig. Es fehlen jedoch zuverlässige experi-mentelle Daten, die eine wissenschaftlich fundier-te Quantifizierung des Einflusses dieser Autoka-talyse erlauben. Während die bisher genanntenMechanismen eine Volumenveränderung be-dingen, wirkt sich die Koaleszenz allein auf diePartikelmorphologie, also die Form der Teilchenaus. So wandeln sich unregelmäßige, aus mehre-ren Primärpartikeln bestehende Zusammenbal-lungen zum Beispiel bei hohen Temperaturenzu kompakten, kugelförmigen Partikeln um.

    Es ist verständlich, dass je nach Dominanz deraufgeführten Bildungsmechanismen Partikelsys-teme mit völlig unterschiedlichen Eigenschaf-ten entstehen. Die Aufklärung all dieser Vor-gänge, das Verständnis der Reaktionskinetikenund der Partikeldynamik sind notwendige Vo-raussetzungen, um verlässliche Vorhersagen überdie Entwicklung der jeweiligen Partikeleigen-schaften zu liefern. Nur durch die gezielte Beein-f lussung der Mechanismen ist die Produktionmaßgeschneiderter funktionaler Nanomateria-lien zu erreichen.

    Abbildung 2: Bildung von Nano-Partikeln ineinem Plasmareaktor. Das gelbliche Leuchten imoberen Bereich der Plasmafackel wird durch dieheißen Partikel hervorgerufen.

    Abbildung 3: Nanometergroße Eisenoxid-Kristalle,räumlich getrennt und eingebettet in eine Hülle ausamorphem Siliziumdioxid (Einzelpartikel hervorgehoben).

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  • FORUM Forschung 2003/2004

    Der Sonderforschungsbereich SFB 445 wurde imJahr 1999 gegründet und hat sich zum Ziel gesetzt,die Entstehungsvorgänge von Nano-Partikeln ausder Gasphase im Experiment und in Computersi-mulationen und Modellrechnungen zu untersuchen,sie hinsichtlich ihrer Morphologie und ihres physi-kalischen und chemischen Verhaltens zu charakteri-sieren und die Beziehungen zwischen Partikelstruk-tur und Partikeleigenschaften herauszuarbeiten. Umdieses Ziel zu erreichen, führt er fachbereichs- undfächerübergreifend verschiedene Forschergruppenzusammen, die über die notwendigen experimen-tellen und theoretischen Erfahrungen verfügen unddie apparativen Voraussetzungen erfüllen.

    Der SFB Nano-Partikel strukturiert sein Arbeitspro-gramm nach Projektbereichen:

    Im Projektbereich A Entstehungsvorgänge sind die-jenigen Projekte zusammengefasst, die sich sowohlexperimentell als auch theoretisch mit den Bildungs-vorgängen von Nano-Partikeln in der Gasphase be-schäftigen. Die Arbeiten reichen von Experimen-ten zur Kinetik von Precursorreaktionen über diereaktive Erzeugung von Nano-Partikeln in Flammen,Plasmen und Laserreaktoren bis zur nicht-reakti-ven Partikelgenerierung. Sie werden durch Model-lierungsprojekte basierend auf Kontinuumsansätzensowie von Molekulardynamik-Simulationen unter-stützt.

    Teilprojekt A1 Untersuchungen zur Kinetikder Partikelbildung (Herzler)

    Teilprojekt A2 Flammensynthese von Nano-Partikeln bei reduziertemDruck (Roth)

    Teilprojekt A4 Erzeugung von Nano-Partikelnin Reaktoren (Roth)

    Teilprojekt A5 Modellierung der Partikelbil-dung (Hänel)

    Teilprojekt A6 Molekulardynamik-Simulation(Entel)

    Teilprojekt A7 Herstellung von monodisper-sen halbleitenden Nano-Partikeln (Kruis)

    Hauptanliegen des Projektbereichs B Struktur undEigenschaften ist die Erarbeitung der Wechselbezie-hung zwischen der Struktur von Nano-Partikelnund deren Eigenschaften. Die in A erzeugten Ma-terialien werden nach entsprechender Depositionhinsichtlich ihrer physikalischen und chemischenEigenschaften charakterisiert und die size-effects he-rausgearbeitet. Weiterhin werden die typischenWechselwirkungen, die im Partikelverbund auftre-ten, untersucht.

    Teilprojekt B1 Physikalische und chemischeCharakterisierung (Dum-pich/Kästner)

    Teilprojekt B2 Simulation der strukturellenund magnetischen Eigenschaf-ten (Entel)

    Teilprojekt B4 Theorie und Computersimula-tion (Wolf)

    Teilprojekt B6 Online-Bestimmung desmagnetischen Moments(Kauffeldt)

    Teilprojekt B9 Spektroskopische Charakteri-sierung von Nano-Partikeln(Lorke/Nienhaus)

    Teilprojekt B10 In situ-Untersuchungen zuLadungstransportprozessen inNano-Partikeln und Nano-Composits (Wiggers/Lorke)

    Der Projektbereich C Anwendungen umfasst zurZeit vier Teilprojekte, die sich mit Funktionsmate-rialien für Sensoren sowie mit der wichtigen Frageder Umhüllung und Abscheidung von Nano-Parti-keln aus der Gasphase beschäftigen, die bei ver-schiedenen Teilprojekten von Bedeutung ist.

    Teilprojekt C1 Nanostrukturierte Funktions-materialien für Sensoren(Fissan/Kruis)

    Teilprojekt C2 Numerische Simulation vonPartikeltransport und Depositi-on (Hänel)

    Teilprojekt C3 Nano-Partikel auf/in epitakti-schen Heterostrukturschichten(Tegude/Prost)

    Teilprojekt C4 Oberflächenmodifikation vonNano-Partikeln (Meyer/Acet)

    Sonderforschungsbereich SFB 445

    „Nano-Partikel aus der Gasphase: Entstehung, Struktur, Eigenschaften“

    Sprecher: Prof. Dr.-Ing. Paul Roth

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  • Universität Duisburg–Essen

    Obwohl es sich bei der Gasphasensynthese zumTeil um etablierte Technologien handelt, ist dieWeiterentwicklung in Richtung kleinerer Partikel-größen mit genauer spezifizierten Eigenschaf-ten sehr schwierig. Dies ist darauf zurückzufüh-ren, dass die mit sehr hoher Geschwindigkeitablaufenden Detailvorgänge bisher nicht ausrei-chend verstanden sind. Bei den Hochtemperatur-Syntheseprozessen finden sämtliche Reaktionenund Partikelprozesse eng gekoppelt in einemStrömungsfeld statt. Will man eine Produktver-besserung oder eine bessere Voraussage der Pro-dukteigenschaften erreichen, so ist dies nur aufder Basis eines tiefgreifenderen Verständnissesdes zugrunde liegenden chemischen und ver-fahrenstechnischen Geschehens möglich.

    Forschung am Standort DuisburgDas Duisburger Institut für Verbrennung undGasdynamik liefert seit vielen Jahren Forschungs-beiträge zu den Themen Erzeugung und Cha-rakterisierung von Nano-Partikeln. Die verschie-denen Arbeitsgruppen beschäftigen sich damit,

    die experimentellen Grundlagen für die reak-tive Erzeugung von Nanopartikeln (Kinetikvon Precursor-Reaktionen, Partikelsynthese inunterschiedlichen Reaktoren, Entwicklungneuer Messverfahren für Partikel) und

    die Modellierung von Partikelprozessen undderen Computersimulation zusammen mitden Strömungsprozessen (Reaktionsmodelle,Sinter- und Koagulationsmodelle)

    zu verbessern.

    Die Arbeiten sind eingebettet in den Duisbur-ger Sonderforschungsbereich Nanopartikel ausder Gasphase: Entstehung, Struktur, Eigenschaften(vgl. Kasten links) und zugleich Teil eines DFG-Schwerpunktprogramms sowie des DFG-geför-derten Projekthauses Nanomaterialien. Sie werdenaber auch vom Land NRW sowie von der DFGim Normalverfahren finanziell unterstützt. DieFörderung und Mitarbeit der Firmen DEGUSSAund CREAVIS stellen die Umsetzung der wis-senschaftlichen Ergebnisse im Hinblick auf dietechnische Machbarkeit unter Berücksichtigungder notwendigen wirtschaftlichen Erfolgsfakto-ren sicher.

    Die Partikelsynthese in der Gasphase findet ty-pischerweise bei hohen Temperaturen statt. Etliche Forschungsergebnisse der DuisburgerWissenschaftler um Paul Roth sind zum Bei-spiel an Stoßwellenreaktoren gewonnen worden,wo unter klar definierten Reaktionsbedingungenverschiedene Spezies-Konzentrationen zeitenauf-gelöst mit Hilfe verschiedener Lasermesstechni-ken bestimmt und in ihrem Zeitablauf interpre-tiert worden sind. Andere Experimente galtender Erzeugung von oxidischen Nanopartikeln inH2/O2/Ar-Niederdruckflammen unter Zugabeentsprechender Ausgangsprodukte. So konntenPartikel in einem Größenbereich von 2 bis10 nm, bestehend aus den Materialien Silizium-dioxid, Aluminiumoxid, Eisenoxid, Zinkoxidund Zinnoxid ebenso erfolgreich synthetisiertwerden, wie es gelang, nicht-oxidische Nanopar-tikel in Mikrowellenreaktoren, Laserreaktorenund wandbeheizten Rohrreaktoren zu erzeugen.Dazu werden gasförmige Ausgangsstoffe inStrömungsreaktoren vermischt und auf Reakti-

    Abbildung 4: Nano-Ketten aus magnetischenEisenpartikeln, aufgebaut aus 25 nm großenEisenkristallen.

    Abbildung 5: Nano-Partikelkönnen zu porösen, abermechanisch festen Formkör-pern verarbeitet werden. Weildadurch die große Oberf lächeder Materialien erhaltenbleibt, eignen sie sich zumBeispiel hervorragend für denEinsatz als Gassensor.

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  • FORUM Forschung 2003/2004

    onstemperatur gebracht. Durch eine Kaskadevon Reaktions- und Wachstumsprozessen ent-stehen die Nanopartikel in der Gasströmung,können zum Beispiel dort in situ charakterisiertund durch geeignete Abscheideverfahren etwain Form von Pulvern entnommen werden. Beider in situ-Charakterisierung selbst mussten zu-sätzlich neue Wege in der Nanopartikel-Mess-technik beschritten werden. So ist im Institut einPartikelmassenspektrometer (PMS) entwickeltworden, mit dessen Hilfe eine kalibrierungsfreieGrößenmessung im Bereich von 1-10 nm mög-lich ist. Aber auch ein laserbasiertes Messverfahren(TR-LII time-resolved laser-induced incandescence),mit dem Partikel-Größenmessungen mit sehrhoher Zeitauflösung möglich sind, gehört zurErfolgsgeschichte des Instituts.

    Multifunktionalitätals Schlüssel zum ErfolgDie Hochtechnologie, die hinter den wenigenaufgeführten Beispielen steckt, eröffnet dieMöglichkeit zur Herstellung von mehrkom-ponentigen, nanogroßen Partikeln, die erst deneigentlichen Schlüssel zum Erfolg der Nanoma-terialien als Wegbereiter moderner multifunk-tionaler Systeme darstellen. Solche Nano-in-Nano-Systeme zeichnen sich dadurch aus, dassnanogroße Domänen einer reinen Substanzoder einer Mischung in eine feste, ebenfalls nano-große Matrix eingebettet sind. Die in Duisburgentwickelte Technologie überzeugt einerseitsdurch ihre Ausbaufähigkeit bis hin zum in-dustriellen Pilotmaßstab. Andererseits doku-

    mentiert sie einen Vorstoß in einevöllig neue Dimension hinsichtlichder Bereitstellung von schaltbaren bi-und trifunktionalen dispersen Mate-rialien. Potenzielle Anwendungen fürdiese neue Technologie ergeben sichimmer dort, wo das Bedürfnis derAnwender durch Multifunktionalitätbestimmt wird. Ein Beispiel dafürsind stabile superparamagnetischeDispersionen für eine Vielzahl vontechnischen und medizinischen An-wendungen. Unter Superparamagne-tismus versteht man das Phänomen,dass bestimmte Stoffe erst unter demEinfluss eines äußeren Magnetfeldesihrerseits magnetisch werden, ge-wissermaßen also eine an- und ab-schaltbare Stoffeigenschaft. Anderepotenzielle Anwendungsfelder sindkombinierte UV- und IR-Schutz-Syste-me für Lacke und Kunststoffe im Be-reich Automobil und Konstruktion.

    Weitere Beispiele für hoch interes-sante Nano-Materialien made in Duisburg sindzum Beispiel Eisenpartikel, die mit einer oxida-tionsdichten Kohlenstoffhülle umgeben sindund für die eine ganze Reihe von Anwendungen– insbesondere im Bereich der Medizin – denk-bar sind. Auf dem Feld der Solartechnik bzw. derElektronik sind nanokristalline Siliziumpartikelzu nennen, die sich in geeigneter Weise für ver-schiedene Anwendungen im Herstellungsprozesseinbringen lassen. Und sehr langkettige Eisen-partikel schließlich, die beim Syntheseprozessin der Gasphase entstehen und aus Primärpar-tikeln von etwa 25 nm Durchmesser bestehenund sich zu Ketten von mehreren µm Längezusammentun, zeigen überdeutlich, welche Po-tenziale in diesem Forschungsfeld stecken –lässt sich doch über Anwendungen für dieseMaterialien bzw. über eine Übertragbarkeit desPhänomens auf andere Materialien treff lichspekulieren.

    Ko n t a k tProf. Dr.-Ing. Paul Roth

    Institut für Verbrennung und Gasdynamik

    Tel. 02 03/3 79-34 26Fax 02 03/3 79-30 [email protected]://www.vug.uni-duisburg.de/

    Abbildung 6: Herstellungvon Eisenoxid-Nano-Partikelnin einem Niederdruck-Flam-menreaktor. Das so hergestelltePulver kann als Ausgangsver-bindung in der Krebstherapiemittels Hyperthermie verwen-det werden.

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