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ARCHIV DER PHARRIACIE. ___- CXI. Baiides zweites Heft. Erste Abtheituung. I. Physfk, Chemie und praktische Pharmacie, Ueber Cyanjod oder Jodcyan ; von Dr. C. I-Ierzog, - Das von W o h l e r 1821 entdeckte Cyanjod haite bis zum Jahre 1847, wo P. Mey e r in Hannover (s. dies. Arch. Bd. 51. p. 29.1 dessen Gegenwart in einem aus dem Han- del bezogenen Jod nachwies, nur ein theoretisches Inter- esse fur den Pharmaceuten. Hierdurch bekam es prak- tisclie Bedeutung, und M e y e r zog aus den damit ange- stellten Versuchen den Schluss, dass ein nach der Pharm. Hannov. mit Cyanjod-haltendem Jod bereitctes Jodkalium Cyanlialium enthalten wurde. Vor Kurzem wurde nun hier in demLaboratorio der K a h l e r t’schen Drogueriehandlung bei der Raffination einer sehr grossen Menge von Jod im Anfange ein Anflug von Jodkrystallen erhalten, welcher untermischt war niit einer MenSe klciner nadelformiger, hriiunlich gefarhter Krystalle, die man bei oberflachlicher Untersuchung zuerst fur Brom- jod zu balten geneigt war. Durch die genauere Analyse, welche Herr K 1 o b a ch damit vornahm, stellte es sich jedoch heraus, dass es Cyanjod sei, und gelang es der Umsicht dieses Herrn, das Jodcyan von dem anhangen- den Jod durch Mischen mit metallischem Quecksilber und gelinde Erwarmung in farblosen weissen Nadeln zu sub- iimiren. Arch. d. Pharm, CXI. Bds. 2. Hft. 9

Ueber Cyanjod oder Jodcyan

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Page 1: Ueber Cyanjod oder Jodcyan

ARCHIV DER PHARRIACIE. ___-

CXI. Baiides zweites Heft.

Erste Abtheituung.

I. Physfk, Chemie und praktische Pharmacie,

Ueber Cyanjod oder Jodcyan ; von

Dr. C. I -Ierzog, -

Das von W o h l e r 1821 entdeckte Cyanjod haite bis zum Jahre 1847, wo P. Mey e r in Hannover (s. dies. Arch. Bd. 51. p . 29.1 dessen Gegenwart in einem aus dem Han- del bezogenen Jod nachwies, nur ein theoretisches Inter- esse fur den Pharmaceuten. Hierdurch bekam es prak- tisclie Bedeutung, und M e y e r zog aus den damit ange- stellten Versuchen den Schluss, dass ein nach der Pharm. Hannov. mit Cyanjod-haltendem Jod bereitctes Jodkalium Cyanlialium enthalten wurde.

Vor Kurzem wurde nun hier in demLaboratorio der K a h l e r t’schen Drogueriehandlung bei der Raffination einer sehr grossen Menge von Jod im Anfange ein Anflug von Jodkrystallen erhalten, welcher untermischt war niit einer MenSe klciner nadelformiger, hriiunlich gefarhter Krystalle, die man bei oberflachlicher Untersuchung zuerst fur Brom- jod zu balten geneigt war. Durch die genauere Analyse, welche Herr K 1 o b a ch damit vornahm, stellte es sich jedoch heraus, dass es Cyanjod sei, und gelang es der Umsicht dieses Herrn, das Jodcyan von dem anhangen- den Jod durch Mischen mit metallischem Quecksilber und gelinde Erwarmung in farblosen weissen Nadeln zu sub- iimiren.

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Einige Notizen hieriiber theilte ich in der General- Yersammlung zu Dessau am 42. September 4849 mit, und steht inzwischen auch von Herrn K 1 o b a ch in dies. Arch. Bd. 60. p. 34. eine kurze briefliche Mittheilung uber Cyanjod.

I m Folgenden erlaube ich mir die von inir uber die- sen Korper gemachten Erfahrungen mitzutheilen.

Das Jodcyan bildete farblose, seidenartige, fast glas- gliinzendc, hiegsame, zarte, dem aus Alkohol krystallisir- ten Caffeein gleiohende Nadeln, von durchdringendem, dem Chlor sehr Bhnlichem, hinterher sehr schwach an Cyan er- innerndem Geruch und ungemein beissendem Ceschmack. Um den Ietzleren zu priifen, braucht man nur mit einer feinen Krystallnadel eben vorn die Zunge zu beriihren, urn das Gefiihl wie heirn Senfol zu bekommen. - Dem Lichle, namentlich dem Sonnenlichte ausgesetzt, fiirbt es sich allmSlig briiunlich. Es ist bei 10° C. fluchtig, in kal- ten1 Wasser schwer loslich, leicht loslich in heissem Was- ser, Alkohol, Weingeist und Aether.

Lijslman esin Aellier oder absolutein Alkohol auf, so kry- stallisirt bei dem Verdunsten desselben ein Theil des Cyanjods in kleinen vierseitigen Tafeln ; aus 80 $ Weingeist krystal- lisirt es jedoch in langen schonen Nadeln, welche den Fasern einer Federfahne gleichen. In den meisten Sau- ren, auch Schwefelsaure, Salzsaure, Salpetersiiure hei ge- wohnlicher Temperatur ohne Zersetzung liislich. Chlor- w w e r wirkt ebenfalls nicht zersetzcnd, und lost sich das Cyanjod zu einer vollig farblosen Flussigkeil darin auf.

Die wasscrige Losung des Cyanjods wirkt auf Metall- losungen von Kupfer, Eisen, Zink, Blei, Silber, Gold und Platin gar nicht ein; mit gediegenen hlelallen Iangere Zeit gerieben oder geschiittelt, bilden sich Jodmetalle, Spuren von Cyanmetallen und Cyan wird frei.

In der Hitze zerlegt die Schwefelsaure das Cyanjod, es scheidct sich Jod in krystallinischem Zustande ab, un- ter Entwickelung von Cyanwasserstoffsaure. - Salzsaure wirkt sehr langsam in der Siedhitze darauf ein, dieselbe farbt sich jedoch dabei schwach gelb. - Salpetersaure

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bringt auch selbst beim Kochen keine sichtbare Veran- derung hervor und die Flussigkeit bleibt vollig farhlos.

Irn wasserigen Ammoniak lost es sich anfanglich ohne scheinbare Veranderung auf, ungleich rascher aber in dem spirituosen Ammoniakgeist (Liq. ammon. Dzond.), aus wel- chem letzteren nach Kurzem schone Krystalle von Jod- cyan - Ammoniak anschiessen. Nach Verlauf von zwolf Stunden sind aber bei einer Temperaiur von 1OoC. die Krystalle verschwunden und noch wenig gelbgefarbte Tropf'en auf dem Uhrglase zuruckgeblieben. Die Auflosung des Cyanjods im wasserigen Ammoniakgeist ist in genann- ter Zeit gelb gefarbt, ohne Krystalle abgesetzt zu baben.

In Aetzkali lost sich das Cyanjod unler Bildung von Cyankaliurn, jodsaurem Kali und Jodkalium. Dass Jod- kalium sich gleichzeitig bildet, ersieht man sogleich an der braungelben Farbung der Flussigkeit auf Zusatz von Salzsaure, wobei namlich Jodwasserstoffsaure und Jod- saure sich gegenseilig zersetzen und Jod frei wird. Um dem Einwurf zu begegnen, dass sich auch bei Gegenwart von JodsCure und Cyanwasserstoffsaure vielleicht Jod ab- scheide, habe ich einen direclen Versuch mit Cyankalium und reinem jodsaurem Kali angestellt, wobei auf Zusatz von Salzsaure die Flussigkeit vollkommen farblos blieb.

Setzt man zu der Losung des Cyanjods in Kali Eisen- chlorurchlorid und dann etwas Salzsaure, so enlsteht ein grunlich-blauer Niederschlag von Eisencyanurcyanid.

Behandell man Jod, dem man elwas Cyanjod zuge- selzt hat, mit metallischern Eisen, so findet sich in der Flussigkeit neben Eisenjodur auch etwas Eisencyanur, welches sich in dem erstern aufgelosb haben muss. Fiillt man dann, selbst wenn man zuvor noch etwas Cyanjod- hallendes Jod hinzugefugt, mittelst kohlensaurem Kali das Eisen heraus, so ist in der Flussigkeit kein Cyan mehr zu entdecken, wohl aber findet sich das Cyaneisen in dern Niederschlage, wenn man solchen mit Salzsaure be- handelt.

Hieraus geht hervor, dass, wenn man das Jodkalium nach der Hannoverschen orler alteren Preussischen Phar-

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132 Notiz iiber Chinoidin.

makopoe nur mit Kali bereitet und das angewandte Jod Jodcyan enthalt, sich Cyankalium in dem Salze befinden muss; sobald das Jodkalium aber aus Jodeisen wie nach der Hessischen und neuen Preussisclien Pharmakopoe dar- gestellt ist, dieses nie Cyankalium enthalten kann.

Um das Jodcyan hinsichtlich der Zusammensetzuns zu analysiren, wurde dasselbe in Aetzkali gelost, sodann so lange Schwefelwasserstoff durchgeleitet, bis dass die Flussigkeit stark danach roch und sich kein Schwefel mehr abschied ; liierauf gelinde erwarmt, mit Essigsaure schwach sauer gemacht und zu der verdunnten Losung so vie1 salpe~ersaures Silberoxyd gesetzt, bis kein Nieder- schlag mebr entstand ; dieser mit nicht zu concentrirter Ammoniakflussigkeit behandelt , wurde auf einem Filter gesammelt, mit ammoniakhaltigem Wasser ausgewaschen und bei 100° C . getrocknet.

Das Resultat zweier Analysen betrug im Mitbel: von 400 CyJ nacli der Berechnung

Jod 81,87 - 82,90. Berucksiehtigt man die grosse Fliichtigkeit des Jod-

cyans, bei welcher es so sehwierig ist, die etwa vorhan- dene hygroskopische Feuchtigkeit zu entfernen, so ist das Resultat der Analyse wohl annahernd genug, urn die For- me1 CyJ zu rechtfertigen.

Notiz uber Chinoldin. (Briefliche Mittheilung y o n R . L e h m a n n , z. 2. in Prenzlau,

an Dr. Bley.)

Da schon oft uber das verschiedene Vorkommen und die Verfdschungen des Chinoidins geschrieben worden ist, so zog cs langst mein Augenmerk auf sich, und bei dem ungemein starken Verbrauch desselben bot sich oft Gele- genheit, dieses so verschiedene Chinoidin zu untersuclien und im aussern Ansehen viele Sorten zu vergleichen. Im Augusthefie des Archivs fand ich darauf die Mitlheilung,