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Wittstein, Metnmoqihiii, eh neues Alkaloid des Opiiims. 14 1 Ueber das Metamorpbin, ein neues Alkaloid des Opinms ; von G. C. \Vittstcin. - In dem Opium sind bis jetzt nicht weniger :ils aclit Alkaloide nachgewiesen worden, nanilich : Aequivalcn t Rlorphin ............. C34H19XO6 ‘$562 28.5 Formel 0=100 II=1 Nnrcotin. ............ C46H25XO14 5337 42‘7 Codei’n.. ............ C361121Ko6 3737 “‘3‘3 Theba’in (Paramorphin) C38 1121 KO6 3887 311 Narcei‘n ............. C46Hf?gN01* 5787 403 Opianin ............. C66H36Nf?021 $850 ti28 l’seudomorphin ....... C27 H9 NO7 3012 211 Papaverin ........... C40H21K09 4437 339. Diese Liste scheint aber noeli keineswegs geschlos- sen zu sein; wcnigstens habe ich aus dem Opiuni eineii organischen Kijrper von basischen Eigenschafteii erhal- ten, welcher mit kcinem jener acht Alkaloide ganx iiber- einstitnmt und dahcr als n e u n t e s O p i ~ m - ~ 4 l k a l o i d betrachtet werden muss. Da es sich in seinein Verhalten am meisten dein Morphin nahcrt, so schlage ich dafur den Nanien M e t a m o r p h i n vor. Xoch mehr wiirde dieser Name gerechtfertigt eracheinen, wenn es sich, wie icli zu vermuthen Ursache habe, bcstiitigen sollte, dass das neue Alkaloid ein Product der Uinsetzung des Norphins ist; aber wenn diese Voraussetzung auch irrig wLre, SO diirfte der fur dasselbe proponirte h’ame darum doch wobl beizubehalten sein. Anlass zur Entdeckung dieser neuen Opiunibase gab folgender Umstand. Herr Apo theker S ch a r f in Miinchen (Vorstadt Naidhausen) hatte eine Portion Hiickstiinde von der Hereitung der Opiumtinctur nach der 11 oh r ’sclien Metliode mit Kalk hehandelt und dabei eine Krystalli-

Ueber das Metamorphin, ein neues Alkaloid des Opiums

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Wittstein, Metnmoqihiii, e h neues Alkaloid des Opiiims. 14 1

Ueber das Metamorpbin, ein neues Alkaloid des Opinms ;

von

G. C. \V i t t s t c in . -

In dem Opium sind bis jetzt nicht weniger :ils aclit Alkaloide nachgewiesen worden, nanilich :

Aequivalcn t

Rlorphin . . . . . . . . . . . . . C34H19XO6 ‘$562 28.5 Formel 0=100 I I = 1

Nnrcotin. . . . . . . . . . . . . C46H25XO14 5337 42‘7 Codei’n.. . . . . . . . . . . . . C361121Ko6 3737 “‘3‘3 Theba’in (Paramorphin) C38 1121 KO6 3887 311 Narcei‘n . . . . . . . . . . . . . C46Hf?gN01* 5787 403

Opianin . . . . . . . . . . . . . C66H36Nf?021 $850 ti28 l’seudomorphin . . . . . . . C27 H9 NO7 3012 211

Papaverin . . . . . . . . . . . C40H21K09 4437 339. Diese Liste scheint aber noeli keineswegs geschlos-

sen zu sein; wcnigstens habe ich aus dem Opiuni eineii organischen Kijrper von basischen Eigenschafteii erhal- ten, welcher mit kcinem jener acht Alkaloide ganx iiber- einstitnmt und dahcr als n e u n t e s O p i ~ m - ~ 4 l k a l o i d betrachtet werden muss. Da es sich in seinein Verhalten am meisten dein Morphin nahcrt, so schlage ich dafur den Nanien M e t a m o r p h i n vor. Xoch mehr wiirde dieser Name gerechtfertigt eracheinen, wenn es sich, wie icli zu vermuthen Ursache habe, bcstiitigen sollte, dass das neue Alkaloid ein Product der Uinsetzung des Norphins ist; aber wenn diese Voraussetzung auch irrig wLre, S O

diirfte der fur dasselbe proponirte h’ame darum doch wobl beizubehalten sein.

Anlass zur Entdeckung dieser neuen Opiunibase gab folgender Umstand. Herr Apo theker S ch a r f in Miinchen (Vorstadt Naidhausen) hatte eine Portion Hiickstiinde von der Hereitung der Opiumtinctur nach der 11 o h r ’sclien Metliode mit Kalk hehandelt und dabei eine Krystalli-

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sation von rnuthmaasslichem Morphin erhalten, wclche fiber, in Slurcn gelost, mit Ammoniak keinen Nicder- schlag gab. Herr S c h a r f trug daher Bedenken, das l'roduct als Morphin anzusehcn und nrzneilich zu dis- pensircn, uncl stellte es Behufs einer nahcren Priifung zu meiner Verfiigung. Dics geschah schon vor zwei Jahren, aber erst in diesem Sommer fand ich Zeit, mich damit zu beschaftigen.

Die mir iibergebene Substanz, nicht ganz 1 Drachme, bildete ein schmutziggelbes lockeres Haufwerk von feiner. Nadeln, schmecktc intcnsiv, aber nicht widrig bitter, lostc sich in der Wiirme sehr leicht in Wasser ulid diese Losung rcagirte neutral. Anf Platinblech schniolz clieselbe etwas schwer unter Schwiirzung und Ausstossung von fast bitter- inandclartig riechendcn, alkalisch reagirendcn D5mpfeii ; dic entstandene Kohle verbrannte sehr langsam und zu- lctzt blicben einige weissliche Flockchcn Asche, welche fcuchtes Curcumapapier stark briiunten und aim Kalk bestanden.

Die wasserige Losung reagirte mit salpetersaurem Silberoxyd sehr stark auf Chlor, und da Priifungen auf andere Sauren ncgativ ausficlen, SO war die Substanz im Wesentlichen clas chlorwasserstoffsaure Salz ciner or- ganischen Base.

Urn zunachst das Salz rein - frei yon Kalk und Farbestoff - zu erhalten, 1b;stc ich es in so wenig als miiglich' kochendem Wasser auf, filtrirte die Losung heiss und stellte sie in die Kiilte. Es schieden sich wciche Maspen von weissen, feinen, seidenglknzenden Nadeln in Wawellitform aue, welche abgcpresst und noch einmal umkrystallisirt wurden. Da die Krystalle jctzt vollstiindig weiss erschiencn und sich ganz frei von Kalk erwiesen, so unterliess ich ein drittes Umkrystdli- siren und lcgte sie zum Trocknen an die Luft. Ihr Gewicht bctrug 35 Gran.

Um das in die gelben Mutterlaugen iibcrgegangene Alkaloid wo moglich noch zu gewinnen, versetzte ich

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sie mit Kalkhydrat im Ueberschuss, kochte ein Paar Ma1 anf, filtrirte und verdunstete daEi Filtrat. Dasselbe farbte sich indessen wiihrend clein so auffallend braun, dass von einer weiteren Behandlung Umgang genommen werden inusste.

ch l o r w a s s e r - R t o f f s a u r e n S a 1 z e s. Es lost sich bei gewohnlicher Temperatur in 25 Th. Wasser auf; die Liisung schtncckt stark und rein bitter nnd reagirt neutral. Von kochen- den1 Wasscr bedarf es kauni 2 Th. zur Losung.

Alliohol von 90 Proc. Trallcs lost bci gewohnlicher Temperatur etwa nur halb so vie1 Salz auf als das Was- ser, 1 Th. erfordert n%imlicli 48 Th.; wlihrend kochender Alkohol eben so liiscnd wirkt wie kocliendes Wasser.

E i g e n s ch a f t e n d e s r e i n e n

In Rcther ist es unloslich. Ammoniakliqnor lost das Salz rasch und vollsthdig

auf. Ebenso verhalten sich Auflasungcn von Aetzkali, kohlensaurem Ammoniak und kohlensaurem Kali.

SelLstversthdlich wird daher die wiisserige Losung des Salzes von reinen und kohlensauren Alkalien, auch wenn man sie verdunnt und alliniilig hinzufugt, nicht im RIindesten getrubt.

Eisenchlorid fiirbt die wasserige Losung blnu, etwas ins Grave spielend.

Qoldchlorid erzeugt in der concentrirten wasserigen Losung cinen rothlichgelben flockigen Niederschlag, der aber aiif Zusatz von mehr Wasscr leicht wieder ver- schwindet.

Platinchlorid giebt einen hellgelben flockigen Nie- derschlag, der ebenfalls in einer grosseren Mcnge Was- scr loslich ist.

Quecksilberchlorid vcrursacht einen weissen flocki- gen Nicderschlag, der auf Zusatz einer grosseren Menge Wasser nicht merklich geringer wird.

Gerbskure triibt die Losling gelblichweiss, jedoch nicht bedeutend.

Concentrirte Schw efelsiiure entbindet aus dem Salze

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vie1 chlorwasserstoffsauren Dampf, ohne es aber zu far- ben; erst beiln ErwLrmen entsteht eine schinutzigrothe Fiirbung.

salpeters8ure von 1,33 lost das Salz sofort mit roth- gclber Farbc, die aber bald gelb wird.

Z u s a m in e n B e t z u n g d e s r e i n e n ch 1 o r wa s - s e r s t o f f s a u r e n S a l z e s . 5 Gran des lufttrocknen Salzes wurdeti so lange einer Teniperatur von 1000 C. ausgesetzt, bis kein Gewichtsverlust inehr erfolgte. Sie wogen jetzt 4,422 &an. Diese loste man in Wasser, fiillte die Lijsung mit salpetersaurcm Silberoxyd und er- hiclt 2,125 Gran Chlorsilber *), welche 0,525 Gran Chlor enthalten und 0,540 Gran Chlorwasserstoff entsprechen.

Das neutrale chlorwasserstoffsa~~re Morphin hat be- kanntlicli die Forinel C34 H19NO6 + HCI + ci 110, en th 51 t also folgen de Q c w icli ts i n en gcn :

In Ac~uivaleiitgewiclitcii 111 loo bforphin . . . . . , . 3562,5 75,911 C'hlorwaaserstoff 455,5 9,706 Wasskr.. . . . . . . G75,O 14,383

4693,O 100,000. Wenn nun das fragliche Salz dieses neutrale chlor-

wasserstoffsaure Morphin oder vielniehr dumit isomer wKre, 60 mussten 100 Gewichtstheile desselben 9,706 Ge- wichtstheile Chlorwasserstoff, odcr 4,422 inussten 0,4232 Clilormasserstoff geliefert haben. Statt dcssen erhielt icli aber 0,540 oder 12,211 Proc. Chlorwasserstoff; das Salz hat niithin keinenfalls die Zusaniniensetzung des chlor- wasserstoEsauren Morphins.

Von den chlorwnsserstoffsauI.en Saleen der ubrigen Opium-Alkaloide wbe hier zur Vcrgleichung hiichstens noch das Code'insalz herbcizuziehcn, da manche der Eigen- schaftcii des Codci'ns auch das neue Alkaloid besitzt. Das c~ilorwasserstoffsaure CodeYn = C36 Hz I KO6 + H C1 +

*) Rwci wciter uuten fulgende, gelegcntliche Chlwbestimmungen - . - - - - __

gaben gcnau dmeclbe liesultat.

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Metainosphin, e b neves Alkaloid des Opium. 145

4 HO enthalt aber auch nur 9,810 I'roc. Chlorwasserstoff; das Salz hat also auch nicht die Zusaininensetzung des chlorwasserstoflsauren Codeins.

Unter der Vornussetzung, dass das Salz kein Was- ser gebunden enthieltc, wurde sich das Aequivalent des darin befindlichen neuen Alkaloids nach der Gleichung

HC1 Alkaloid HC1 12,211 : 87,789 = 465,5 : x

auf die Zahl 3274 berechnen. Mit Ausnahnie des Pseudo- niorphins (welches cbenfalls rnchrerc Eigenschaften mit dem neuen Alkaloide theilt, z.B. die Loslichkeit in fixen Alkalicn, die Blauung durch Eisenoxydsalze, das aber von Ammoniak gefallt wird und dessen Zusammensctzung wohl noch nicht hinrcichend fcstgestellt ist) hat kein Opium- Alkaloid ein so niedriges Aequivalcnt. Wenn aber das Salz Wasser enthalt, so muss das Aequivalcnt seiner Basc natiir- lich noch kleiner warden, und es durfte wenigstens als fest- stehend zu betrachten sein, dass unter dcn Opium-Alkaloi- den dns Metnmorphin das kleinste Aequivalcnt besitzt.

Dic Frage, ob das Salz Wasser enthglt, konnte nur durch die Elementar - Analyse genau cntschiedeii werdcn, von deren Ausfulirung ich aber bei der geringen RIenge des Materials vorlaufig abstehen musstc, und es schien mir dieses Unistandes wegen intcressanter, zunachst das Alkaloid in freiem Zustsnde lrennen zu lcrnen.

D a r s t e l l u n g d e s r e i n e n A l k a l o i d s . Da das- selbe durch directe Fiillung niit einer starkeren Base nicht erhalten werden konnte, so versuchte ich zuerst folgenden Weg.

1) 5 &an salpetersaures Silberoxyd wurden in1 Was- ser gelost, die LZisung rnit reincm kohlensaurem Rali WE-

gefallt, der Niederschlag von kohlensaurem Silberoxyd voll- stiindig ausgewaechen und noch feucht zu einer Losung von 5 Uran des chlorwasserstoffsaurcn Alkaloids in 1 Unze Was- ser gesetzt. Das gelbliche Silbercarbonat nahm sofort eine aschgrauc Farbe an) und bei ruhigem Stehen sctzte sich ein graues und ein weisses Pulver ab. Nachdem das Ganze

Arch. d. Phxrm. CLV. Bds. 2. Hfk 11

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unter flcissigeni Uniruhren zwei Tage bei gewijhnlicher Temperatur gestanden hatte, wurde filtrirt.

a) Den grauen Filterinhalt digerirte man, nach ge- horigem Auswaschen mit Wasser und Trocknen, init Alkohol, und schied ihn dann wieder durchs Filtrum. Der alkoholische Auszug war fast farblos, geschmacklos nnd hinterliess beim Verdnnsten eincn ganz unbedeutenden gelben Ruckstand, der Busserst schwach bitter schmeck.te.

b) Das Filtrat war citronengelb, schwach opalisirend, reagirte neutral, schmcckte schwach metallisch, nicht bit- ter. Eine Probe davon mit einigen Tropfen Salpetersaure versetzt, wurde ganz klar, und salpetersaures Silberoxyd vernrsachte darin kcine weitere Trubung.

Der grossere Rest des Filtrats wurde zum Verdnn- sten in gelinde W#rme gcstellt; die Flussigkeit trubte sich bald braun, schied erdfarbige Flocken ab, verhnn- kelte sich immer mchr, und schnicckte nun nuch nicht mchr metallisch, kaum ein wenig bitterlich.

Dnrch dae Schutteln der Allsaloidsalzlosung niit Eoli- lensaurem Silberoxyd war also allerdings das Chlor voll- stnndig auf das Silber iibergetragen, aber durch den Uebcrschuss des Silbercarbonats zugleich eine fast tctale Zersetzung, resp. Oxydation des Alkaloids herbeigefiihrt worden. Dieser Zersetzung wiirde sich vielleicht vor- bengen lassen, wenn man nur cine dem Chlorwasser- stoffgehalte des Salzes entsprechende Menge Silbercar- bonat anwendetc, abcr moglicher Wcise konnte ja die h’eigiing des letzteren, zersetzend auf das Alkaloid ein- zuwirken, eben SO gross sein, als seine Neigung, das Chlor zu binden, und SO in jedem Fallc gleich von Torn- herein beiderlei Affinitgtswirkung Platz greifen. Einem solchen moglichen JIisslingen durfte ich eine neuc Qunn- titit des schon auf die Neige gehenden Salzes nicht aus- setzen, musste daher ein nndercs Mittel zur Erreichung meines Zweckes ausfindig ZU machen suchen.

2) Von einer Urnwandlung des chlorwasserstoffsaurcn Salzes in schwefelsaures Salz und Zersetzung des letzteren

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Metuinot.phin, ein tieties Alknloid des Opiums. 147

mit kohlensaurem Baryt versprach ich mir einen giinsti- geren Erfolg, und im entgegengesetzten Falle konnte doch wenigstens das Alkaloid selbst nicht verloren gehen.

]>em gemass 18ste ich wieder 6 Gran (lufttrocken) Salz in Wasser, setzte dazu cine den friiher gefundenen 0,525 Gran Chlor entsprechende Menge schwcfelsnures Silberoxyd (2,311 Qran) in wiisseriger Liisung und fil- trirte das nusgeschiedene Chlorsilber ab. Dasselbe wog 8,125 Gran (wie oben).

Eine Probe tlavon init Chlorwasserstoffsiiwe versetzt, blieb volllrom- inen klar. Eine andere Probe mit sehwefelsaurer Silber- losung versetzt, veriinderte sich anfangs auch nicht j bald nber entstand eine graue Triibang, die inimcr inchr zu- nahni, indessen durch Zusatz von Salpetersiiure und Er- wariuen wieder ganz verschwand, mithin kein Chlorsilber, sondern reducirtes Silbcr war. 2,311 Qran schwcfclsaures Silberosyd hattcn denmaeh genau ausgereicht, 6 Gran (luft- trocken) chlorwasserstoffsaures Alknloidsalz in schwefel- saures umeuwandeln.

Die ubrige voni Chlorsilber abfiltrirtc Fliissigkeit ward mit 5 Gran reinem kohlensaurem Baryt abgerie- ben und einen Tag lang damit kalt digerirt. Eine nun abfiltrirtc Probe erlitt diirch Uaryumchlorid keine, durch verdunnte Schwefelsaure allmalig einc ganz schwache Trubung. Miin filtrirto jetzt das Ganze und wuscli niit Wasser aus.

a) Der Filterinhalt wurde nach Clem Trocknen mit Alkohol behandelt und der Auszug verdunstct. Es sehos- sen allrnalig kleine Gruppen von farblosen Krystallen an, die sich in der Hitze unter Entwickelung alkalisch rea- girender Diimpfc zersetztcn und endlich vollstsndig I er- brannten.

b) Das Filtrat hinterliess beim Verdunsten einen alkalisch reagirenden und schwach bitterlich achmeeken- den krystallinischen Riickstand, anscheinend eine Ver-

Die abfiltrirtc Fliissigkeit war farblos.

Dies musste also das reine Alkaloid sein.

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148 TVittstein,

bindung des Alkaloids niit Baryt, der aber so wenig betrug, dass man ihn nicht weiter beriicksichtigte.

Nachdem sicli somit das zweite Verfahren zur ISO- lirung des Alkaloids als brauchbar erwiesen hatte, unter- warf ich nochmals 10 Gran (lufttrocken) Salz dersclben Behandlung und erhielt dabei wieder, den friiheren Ue- wiclitsmengen entsprechend, 4,240 Chlorsilber. Die ganze, aus 15 Gran (lufttrocken) salzsaurem Salz gcwonnene Mengc rcinen Alkaloids betrug nicht ganz 8 Gran.

E i g e n s c h a f t c n d c s r e i i i c n A l k a l o i d s . Es Irrystallisirt aus dcr alkoholischen Losung in hicist stcrn- formig vercinigtcn plattgedrucktcn, etwa I,', Linie dicken, ziemlich hartcn Prisnicn. Geschniack entwickelt es an- fangs lreinen, bei langerem Verweilon ini Rlunde glaube icli ein sehr schwaches Beissen bemcrlrt zu haben, nber ohnc alle Hitterlreit.

In einer unten gcschlossenen Glasrohre iiber dcr IVeingeistlampe erhitzt, schmilzt es zu eiiiciii farbloscn Liquiduni, das sicli rasch briiunt, scliwiirzt und stark allialisch rcagirendc Diiinpfc ausstijsst. - Ktwas anders verliiilt sich aber das Alkaloid, wcnn man es, iini seinen Scmnelzpunct ZII bcstimroen, sehr allmiilig crhitzt. Noch vor 1000 C. iiehmen die Krystalle ein mattes Ansehen an ; ist die Teniperatur hei etwa 1300 angelangt, so wer- den sie missfarbig, graubraun, was mit der Steigerung der Hitze immer mehr zunimmt. Bei 2 W C . sehen sie schwlrzlich -braun aus, zeigcn indessen noch keine Spur von Sclmelzung, sonderri noch vollstandig die urspriing- lichen scharfkantigen Conturen. Hiilt man nun die sic einschliessende Glasrijhre direct uber die Weingeist- flamme, so konimeii sie allerdings zum Schinelzen, aber natiirlich sogleich mit dunkelbrauner Farbe.

Wasser nimmt von dem Alkaloide iiur ausserst geringe Mengen anf; uni 1 Gewichtstheil desselben zu losen, sind gegen 6000 'J'heile Wssser von gewohnliclier Temperatur crfordorlich. Diese Losung entwickelt kei- nen merklichen Geschniack und verandert Curcuma- und

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Metamorphiii, ein neues Alkaloid des Opizims. 1'1 9

gerothetes Lackmnspapier nicht. Von kochendem Was- scr sind aber schon 70 Theile liinreichend, um 1 Theil Slkaloid aufzulosen.

Alkohol von 90 Proccnt Tralles lost bei gewijhn- licher Teniperntur des Alkaloids anf; cliese Losung schmeckt sehr scharf bitter and reagirt sehr schwnch slkalisch. Von kochendem Alkohol Ledarf cs nus das !,fachc zur vollstandigen Losung

I n Aether ist das Alkaloid so gut wic unloslich; 1 Gewichtstheil mit 6000 Gewichtstheilen Aether meh- rerc Tage in Beriihrnng gelassen, zeigte nkmlich keine merkliche Abnahme seines Volnms.

In Kalilauge lost sicli das Alkaloid rasch auf. In Ammoniakliquor erfolgt die Liisung etwas langsamcr. hnch Atiflosungen von kohlcnsaureni Kali und von Iroh- lensanrem Ammoniak wirkcn Ifisend, iii der K"lt n e zwar weniger, mit Unterstutzung von Wiirme aber besser.

Concentrirte Schwefelsiiurc liist das Alkaloid leicht anter sehr schwncher und vorubergehender Farbung auf; die Losung sicht schliesslich schr schwach graubriinn- lich nus.

Salpetcrsnure von 1,33 f6rbt das Alkaloid sofort orangeroth und lost es dann rasch mit gelber Farbe auf.

Eine concentrirte Losung von Jodsaure zur wiisseri- gen Losung des Alkaloids gesetzt, rnft allnialig eine gelbliche Fiirbung hervor, und ein uber diese Mischung aufgehlngtes Kleistertapier Mrbt sich nach und nach violett.

Eisenchlorid bringt in der wnsscrigen Losung kcinc Verandcrung hervor.

Goldchlorid erzengt in dcr wiisserigen Losung all- malip; eine gelhliche Trubung (kcine blaue Farbung, wie in der w#sserigen Losung des Norphins), die spater star- ker wird, nnd es setzt sich d a m ein braunlicher flocki- ger Niederschlag ab.

Salpetersaures Silberoxyd triibt die wasserige L8sung bald gsuschwarz.

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150 Uebei. eirze beliaulitete Vergiftung d w c h Coniiti.

Von dem reinen Alkaloicle sowohl, mie von d e q chlor- wasserstoffsauren Salze waren jetzt noch etwa 4 Gran ubrig geblieben. Ich hatte daniit zur Soth Eine Kohlen- und Wasserstoff- und Eine Stickstoff - Uestimmung anstellen konnen; aber in ErwKgung, dass solchen Analysen erst dnnn ein Werth beizulegen ist, wenn sie wiederholt das- selbe Resultat gegeben haben, unterliess ich es, um nicht die kleinen Proben des interessanten Stoffes unniitz zu opfern.

Damit also auch die Zusanimensetzung und Consti- tution des Metamorphins ermittelt wcrden k6nne, ist einc grossere Menge davon erforderlich, als inir jetzt noch zu Qebote steht. In1 enipfehle dnher das neue Alkaloid der Aufinerksamkeit der Herren Morphinfabrikanten, und bitte sic, falls es ihnen in ihrer Praxis aufstossen solltc, mich davon in Kenntniss setzen zu wollen.

Mittheilnog fiber eine behauptete Vergiftnng dnrch Coniin.

Auflclu~zmy des Fulles. llcfercnlcn JI i t s c h c I ' 1 i cli riiiil C a s p cb 1'. -

Die unterzeichncte wissenschaftliche Deputation glaubt sich in Eetreff des voin Koniglichen Kreisgcricht zu L. gewiinschten Super aTbitrii in obcn bezcichnetcr Unter- suchungssachc niit nnchstehcndcr kurzcn gutaclitlichen Acusserung bcgniigcn zu konneii, da durch die diesseitige Untersuchung der zum Zweclre derselben eingesandtcn Substanzen die ganze Sache in eine vijllig veriinderte Lage gekommen ist und die Differenzcn der Gutachten der Obducentcn und des Koniglichen N. N.'schen Medi- cinal - Collegii, welche zu loscn wir aufgefordert worden sind, sich bei der jetzigen Sachlage von selbst aus- gleichen.

Der Fuhrknccht Heinrich N. zu L. war in der Nacht vom G . Zuni 7. August 1856, nachdem er noch wcnige Stun-