4
217 Uber das Rutheniumtetroxyd. Von F. KRAUSS. Die in die 8. Gruppe des Periodischen Systems eingereihbn Tetroxyde des Osminms und Rutheniums, OsO, und RuO,, wurden bisher fiir koordinativ gesattigt und nicht befaigt angesehen, Ver- bindungen einzugehen. WE INLAND^) hat es daher als moglich bezeichnet, da6 die ge- mnnten Stde Komplexe vom Typus der Nichtelektrolg te darstellen, deuen dann die Formulierung zu geben wiire. Diese Ansichten lassen sich nicht aufrecht erhalten. Vor eini- ger Zeit hat TSCEUC+AJEW mit Osmiumtetroxyd Versuche angestellt und gefnnden, da8 das Osmiumtetroxyd befahigt ist, mit Alkali- hydroxyden die Verbindungen: OSO, * 2KOH; OSO, * RbOH; 080, CsOH; 20~0, * CsOH; einzugehen und daB es mit Pyridin ein Yalz bildet, das sich von der Shre herleitet. 2 OSO, - H,O Leider fehlen in der Abhandlung nijlhere Versuchsangaben und Analysenergebniase, so da6 ein klares Bild nicht gewonnen werden kann. Bei einer Arbeit uber Ruthenium und seine Verbindungen hsbe ich nun das Rutheniumtetroxyd untersucht und dabei Beob- achtungen gemacht, die mit den bisherigen Ansichten fiber das Verbalten dieses merkwiirdigen StoEes nicht iibereinstimmen und zeigen, da6 auch das Rutheniumtetrosyd koordinativ ungesattigt ist. J) WSIXLIND, Einfihrung in die Komplexverbindungen 1919, S. 218. *) Cmpf. rmd. 167 (1918), 162; Chmt. Zsnffalbl. 1919, I, 81.

Über das Rutheniumtetroxyd

Embed Size (px)

Citation preview

217

Uber das Rutheniumtetroxyd. Von F. KRAUSS.

Die in die 8. Gruppe des Periodischen Systems eingereihbn Tetroxyde des Osminms und Rutheniums, OsO, und RuO,, wurden bisher fiir koordinativ gesattigt und nicht befaigt angesehen, Ver- bindungen einzugehen.

WE INLAND^) hat es daher als moglich bezeichnet, da6 die ge- mnnten S t d e Komplexe vom Typus der Nichtelektrolg te darstellen, deuen dann die Formulierung

zu geben wiire. Diese Ansichten lassen sich nicht aufrecht erhalten. Vor eini-

ger Zeit hat TSCEUC+AJEW mit Osmiumtetroxyd Versuche angestellt und gefnnden, da8 das Osmiumtetroxyd befahigt ist, mit Alkali- hydroxyden die Verbindungen:

OSO, * 2KOH; OSO, * RbOH; 080, CsOH; 20~0 , * CsOH; einzugehen und daB es mit Pyridin ein Yalz bildet, das sich von der S h r e herleitet.

2 OSO, - H,O Leider fehlen in der Abhandlung nijlhere Versuchsangaben

und Analysenergebniase, so da6 ein klares Bild nicht gewonnen werden kann.

Bei einer Arbeit uber Ruthenium und seine Verbindungen hsbe ich nun das Rutheniumtetroxyd untersucht und dabei Beob- achtungen gemacht, die mit den bisherigen Ansichten fiber das Verbalten dieses merkwiirdigen StoEes nicht iibereinstimmen und zeigen, da6 auch das Rutheniumtetrosyd koordinativ ungesattigt ist.

J ) WSIXLIND, Einfihrung in die Komplexverbindungen 1919, S. 218. *) Cmpf. rmd. 167 (1918), 162; Chmt. Zsnffalbl. 1919, I, 81.

218 El Kraup.

Das Rutheniumtetroxyd habe ich auf bekannte Weise l) durch Einleiten von Chlor in eine wiisserige Losung von Kaliumruthenat dargestellt und im Chlorstrom in einem stark gekiihlten Kolben zur Kondensation gebracht.

Die so gewonnene Verbindung stellt, wie bekannt, goldgelbe Kristalle dar, die sich entgegen verschiedenen bisherigen Sngaben *) in Wasser leicht losen. Aus der so entstandenen prachtvoll gold- gelben Fliissigkeit verfiiichtigt sich das Rutheniumtetroxyd beim Kochen schnell; bei Zimmertemperatur gibt sie ebenfalls Ruthenium- tetroxyd ab. Beim Aufbewahren in einer Flasche mit Glasstopfen tritt nach einigen Tagen Zersetzung ein, wobei die ganze innere Oberflache der Flasche einen schwarzen Anflug bekommt.

Auch beim ObergieBen mit Losungen von Kalium-, Rubidium-, Cilsiumhydroxyd oder verdunntem Ammoniak lost sich Ruthenium- tetroxyd leicht, wahrend beim Hinzufdgen von konzentriertem Ammo- niak unter Feuererscheinung Zersetzung eintritt.

Mit der beschriebenen wasserigen Losung, die sich leicht und gefahrlos handhaben la&, habe ich die weiteren Versuche angestellt.

Die Reaktion dieser Losung scheint schwach sauer zu sein; die Feststellung macht Schwierigkeiten und ist nur bai groBer Ver- dannung moglich, da Farbstoffe durch sie zerstort werden. Diese und andere Versuche zeigen, da0 in dieser Losung ein starkes Oxydationsmittel vorliegt, dessen Reaktionsfahigkeit naher untersucht werden soll.

Ferner habe ich festgestellt, da6 die Liisung den elektrischen Strom gut leitet; bei der Elektrolyse tritt nnch kurzer Zeit unter Griinfhbung Zersetzung ein. Leitfahigkeitsmessungen bieten wegen der Eigenschaften des Rutheniumtetroxydes Schwierigkeiten , sollen jedoch versucht werden.

Weitere Untersuchungen haben ergeben, dab die Liisung be- f&igt ist, mit Hydroxyden Salze zu bilden. Beim Versetzen mit Losungen von Cjisium-, Rubidium-, Kalium-, Lithiumhydroxyd oder Ammoniak in Wasser tritt Farbenumschlag ein und beim Ein- dampfen hinterbleiben schwarze Salze.

1) Niiheres aiehe: A. GUTBIEB, 2. mgew. Chem. 2i2 (L909), 492: C h . ZentraZbL 1909, I, 1386 und ,,Studien fiber dss Ruthenium", Diseertation von F. Kuuaa, Erlangen 1914.

a) Vgl. z. B. B. A. HOFXANN, Lehrbuch der snorganiachen Chemie 1920, S. 650; auf Grund der Arbeiten von CLaus, Chsna. Zmtralbl. 1869, 961, SWITE-CLAIPE DEVILLE und DPBBIIY, Compt. rend, 80 (1875), 457 und HOWE, Jarrr. Amsr. Chm. Soc. 23 (1901), 765.

Rutheniunatetroqd. 219

Wiihrend es bieher beim Casium, Rubidium, Kalium und Li- thium nicht gelungen ist, die entstehenden Verbindungen rein dar- zustellen, was bei systematischem Aufsuchen giinstiger Versuchs- bedingungen sicher moglich sein wird , haben die Analysen der Ammoniumsalze l) klare Resultate ergeben.

Um festzustellen , welche Salze sich bilden kijunen , wurden Ldsungen verschiedener Konzentration von Rutheniumtetroxyd in W asser mit konzentriertem Ammoniak zusammengebracht und die Mischungen eingedampft.

Gibt man zu einer konzentrierten Liisung von Ruthenium- tetroxyd in Wasser so lange konzentriertes Ammoniak , bis der Farbenumschlag in graubraun eingetreten ist, so erbalt man beim Eindampfen ein Salz von der Formel

das eindeutig bestimmt werden konnte. Verwendet man konzentriertes Ammoniak und verdiinnte L&

sungen von Rutheniumtetroxyd in Wasser, so entstehen zwei weitere Salze, die sich von dem ersten dadurch unterscheiden, daS me 1 bezw. 2 Mol Wasser mehr enthdten.

Die Verbindungen wurden verschiedene Male wieder erhalten und analysiert, doch habe ich die Bedingungen, unter denen das Monohydrat oder das Dihydrat entsteht, bisher noch nicht in der Hand. Mit einer eingehenden Untersuchung der Salze bin ich beschliftigt.

Analysen: 0,1758 g Substanz ergaben 0,0820 g Ru 0,0413 ,, 1 9 1 , 0,0193 7, 7,

0,0290 ,, 9 , 9 , 0,0136 7, >, 0,0210 ,, I , 9 7 0,0098 1,

0,1081 ,, 1, 0,01652 ,, ,, 0,0972 ,, 77 ,, 0,01460 ,, i H 8

Berechuet fdr (NH,ARu06: Gefunden : Ru: 46,’i0°//0 ; 46,64; 46,73; 46,90; 4(i,67°/, NH,: 15,64°/0; 15,OZ; 15,28°/0

Durch die bei der vorliegenden Arbeit gemachten Ekfahrungen ist es auch moglich geworden, eine Bestimrnung des Ruthenium- tetroxydes, die ofters vergeblich versucht worden ist, ? auszuflihren.

I) Auch von den Ruthenaten lE6t sich, wic ich epster zeigen werde, dse

*J Vgl. 2. arrorg. C h . 45 (1905), 260; Chem. Zcnfmlbl. 1906, 11, 107; Ammoniumsalz leicht darstellen.

2. a q m . C h . 22 (l909), 492; Chem. ZmtraZbl. 1904, I, 1388.

220 E: Riaup. &tk?ait~ntetroxyd.

Zn diesem Zwecke wurde das Rutheniumtetroxyd bei + 15O C. im trockenen Luftstrom in eine kleine, besonders konstruierte Wasch- flasohe, die vorher gewogen war, iiberdestilliert und dann eine be- kannte Menge Wasser zugegeben. Nachdem das Rutheniumtetroxyd aich geloat batte, wurde der Apparat gewogen, denn die Losung mit Alkohol reduziert, mit verdiinnter Salzshure eingedampft und nach dem Glluhen im Wnsserstoffstrom das Ruthenium gewogen.

A n a l y e e n : 0,2395 g Subsbnz ergaben 0,1456 g Ru 1,3824 ,, 99 19 0,2317 9 , 7,

Berechnet fiir RuO,: Oefunden : Ru: 61,38°/0; 60,79; 60,59O/O.

Es sei noch erwiihnt, da6 bei der Darstellung des Ruthenium- tetroxydea a u k der hellgelben Verbindung gelegentlich das Ent- stehen eines briiunlich-roten Stoffes beobachtet w d e , der in Wasser schwerer ldslich ist, als die gelbe Verbindung. Eine Gtewinnung in gr8Berer Menge gelang noch nicht.

Die Untersuchung uber das Rutheniumtetroxyd und seine Ver- bindungen wird fortgesetzt.

B r a w w c h d g , iZemisches Institut der Technischm Hochschule. Bug& 1921.

Bei der Redaktion eingegangen am 10. August 1921.