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42 Bev ille u. Troost, ii6er das spec. Gewicht Ueber das specifische Gewicht von Dampfen bei sehr hohen Temperaturen ; yon H. Sainte-Claire Deville und L. Troost*). Die Bestimmung des specifischen Gewichtes von Dampfen scliwerfluchtiger Iiiirper ist fur die Hiiifsmittel, welche die Physik bis jelzt bot, fast unmoglich; doch ist sie von grofsem Interesse fur die Chemiker, welchcn sic Beweise dafur ab- geben konnte, dafs gcwisse allgemeine Gesetze fur alle Tem- peraturen als geltend angesehen werden.konnen. Die hochsten Temperaturen, fur welclie man das spec. Gewicht yon Dampfen bestinimt hat, ubersteigen nicht vie1 500O; solche Temperaturen wurdcn in den Untersuchungen von D u III a s und Mi t s c h e r- 1 i c h angewendet **). Es ist uns, nach sehr vielen Versuchen, gelungen, die drei grofsen Schwierigkeiten , welche unsere Vorgiinger hinderten fiir hohere Temperaturen Bestimmungen auszufuhren, zu ubcrwinden ; diese Schwierigkeiten liegen in der Wahl des Materials der Gefafse, in der Erzielung einer constanten Temperatur fur die Dauer des Versuches , und endlich in der Bestimmung der Temperatur selbst. *) C!ompt. rend. XLIX, 239. **) In Malaguti's Trnitd dc chimie findet sich die Angabe, dafs B i n e a u das spec. Gewicht des Schwefeldainpfes bei 1000° = 2,218 gefunden. Wir habcn fast alle wissenschaftlichen Zeitschriften nnd dns genannte Bnch selbst diirchsucht , um die ~ebehrcibung dcr yon Bin c au aiigewendeten Appratc und Vcrfahrungsweisen lrennen zu lerneii, doch olinc Erfolg. Wir miissen es somit auf- richtig bedancrn, weiter Niclits uber cine Untersuchung sagen au kijnnen, deren Genauigkeit durch den Namexi des Urliebers ver- biirgt wird; wir sind selbst auf die Vermuthung gelrommen, Bineau miige nur aus den fiir niediigere Temperatmen gefun- denen Resultaten die richtigo Zahl 2,218 fur 1000° gefolgert haben.

Ueber das specifische Gewicht von Dämpfen bei sehr hohen Temperaturen

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42 B e v i l l e u. T r o o s t , ii6er das spec. Gewicht

Ueber das specifische Gewicht von Dampfen bei sehr hohen Temperaturen ;

yon H. Sainte-Claire Deville und L. Troost*).

Die Bestimmung des specifischen Gewichtes von Dampfen scliwerfluchtiger Iiiirper ist fur die Hiiifsmittel, welche die Physik bis jelzt bot, fast unmoglich; doch ist sie von grofsem Interesse fur die Chemiker, welchcn sic Beweise dafur ab- geben konnte, dafs gcwisse allgemeine Gesetze fur alle Tem- peraturen als geltend angesehen werden.konnen. Die hochsten Temperaturen, fur welclie man das spec. Gewicht yon Dampfen bestinimt hat, ubersteigen nicht vie1 500O; solche Temperaturen wurdcn i n den Untersuchungen von D u III a s und Mi t s c h e r- 1 i c h angewendet **). Es ist uns, nach sehr vielen Versuchen, gelungen, die drei grofsen Schwierigkeiten , welche unsere Vorgiinger hinderten fiir hohere Temperaturen Bestimmungen auszufuhren, zu ubcrwinden ; diese Schwierigkeiten liegen in der Wahl des Materials der Gefafse, in der Erzielung einer constanten Temperatur fur die Dauer des Versuches , und endlich in der Bestimmung der Temperatur selbst.

*) C!ompt. rend. XLIX, 239. **) In Malagut i ' s Trnitd dc chimie findet sich die Angabe, dafs

B i n e a u das spec. Gewicht des Schwefeldainpfes bei 1000° = 2,218 gefunden. Wir habcn fast alle wissenschaftlichen Zeitschriften nnd dns genannte Bnch selbst diirchsucht , um die ~ebehrcibung dcr yon B i n c a u aiigewendeten Appra tc und Vcrfahrungsweisen lrennen zu lerneii, doch olinc Erfolg. Wir miissen es somit auf- richtig bedancrn, weiter Niclits uber cine Untersuchung sagen au kijnnen, deren Genauigkeit durch den Namexi des Urliebers ver- biirgt wird; wir sind selbst auf die Vermuthung gelrommen, B i n e a u miige nur aus den fiir niediigere Temperatmen gefun- denen Resultaten die richtigo Zahl 2,218 fur 1000° gefolgert haben.

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von Damgfen hei sehr holien Temperaturen. 43

Die G e h t e , deren wir uns bedienen, bestehen aus Por- cellan, und sie hahen die Form eines Ballons von 280 CC. Inhalt und mit engern Hals; Herr G o sse , von Bayeux, hat sie uns mit grofser Zuvorkommenheit in der sorgfaltigsten Weise anfertigen lassen. Ein solcher Ballon l e k t sich in unvollkommener Weise miltelst eines kleinen , aus Porcellan bestehenden Cylinders von 1 bis 2"" Durchmesser verschliefsen, welcher sich in den engen Hals des Ballons fest einstecken liifst. Am Schlufs des Versuches bringt man das hervor- stehende Ende dieses Cylinders mittelst des Knallgasgeblases Zuni Schmelzen, wodurch e r an das Ende des Halses an- schmilzt und dieser vollslandig und luftdicht abgeschlossen wird.

Der Porcellanballon wird in einem eisernen Destillations- gefals erhitzt , dessen Einriclitung wir schon fruher*) be- schrieben haben und in welchcm man niiltelst Meialldainpfen eine constante Temperatur hervorbringt, gerade so wie wtwn man einen ahgeschlossenen Raurn mittelst Wasserdtimpfen auf 100° erhitzen wollte , oder wie wir fruher**) mittelst der Dampfe aus siedendem Quecksilber oder siedendem Schwefel die constanten Temperaturen 350° oder 440° er- hielten. Bei den Versuchcn, deren Resultate wir jetzt mil- theilen, mendeten wir die Diimpfe aus siedendem Cadmium (SSOO) oder siedendem Zink (1040°) an. W i r haben in dieser Weise ganz constante Teinperaturen erhalten, wie wir uns durch die empfindlichsten Hulfsmittel uberzeugen konnten.

W i r haben uns davon, die Tcmperaturen ganz scharf zu bestimmen, in der Weise frei gemacht, d a k wir immer mit Geflfsen aus derselben Substanz und von deniselben Inhalt

*) Vgl, diese Annalen CV, 213. *+) Vgl. daselbst.

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operirten, in welchen wir nacheinander Joddarnpf *) und dann den Dampf des zu untersuchenden Korpers enthalt.en sein liefsen. Wir erhalten auf diese Art mit grofser Scharfe das Verhaltnifs der spec. Gewichte dieser beiden Dampfe, fur deren einen, den Joddarupf, das spec. Gewicht von unseren Vorglngern und von uns selhst rnit grofser Genauigkeit fest- gestellt ist. Durch diesen Iiunstgriff wird es ganz unnothig gemacht, die Temperatur zu beslimmen.

Wir konnen in dieser kurzen Mittheilung weder unsere Apparate noch unsere Operationsmethoden beschreiben ; wir miissen uns mit d e r Bemerkung begnugen, dafs wir moglichst bei D u m a s ' Verfahrungsweise s tehen geblieben sind und nur da uns Abweichungen erlauhten, wo die besonderen Urnstiinde, Linter welchen unsere Versuche angestellt wurden, diese nothwendig machten.

Wir theilen hier einige der hauptsachlichsten Zahlenre- sultate unserer Versuche mit.

Schwefel, - Bei 860°**) ist das spec. Gewicht seines Danipfes schon = 2,2; aber damit diese Zahl definitiv ange- nommen werden kiinne, murste nachgewiesen werden , dafs sie bei noch hoherer Steigerung der Ternperatur sich nicht rnehr iindert**+c). Letzteres ist nun in der That der Fall;

*) Joddanipf wcntletcn wir fiir diese Art von thcrmoinctrischen Be- stimmiuigen an der Stelle yon atiiiosphlirischer Luft an, weil der erstcre etwa 0 ma1 dichtcr als dic lctztcrc ist iind die Wiigungs- fehler soinit weiiiger einflufsrcich sind.

* + j Dicsc Znlileii sinit berechnet a n y dcr schciiibnrcn A~isdchnui~g, wclche die Lnft oder dcr Jodilninpf in den1 Porcelbngcfafse zeigt ; das Volum dcs letzteren nimmt niicli bei den hiichstcn Tempera- tnren kaum merldich zu.

*+*) Wir schliefsen nus den schiinen Untersnchungen von C a h o II r s, clds niaii die Bestimmnng des spec. Gcwichtes eincs Dsinpfcs iiiir ditiin als eiiie defiiiitiv giiltige bctrachten kana, wenn zwei l'iir liinreichend weit uiiter einander abstehende Temperaturen

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von Dampfen 6ei sehr hohen Temperatwen. 45

denn wir haben fur 1040O dieselbe Zahl gefunden, welche durch mehr als 12 iibereinstimmende Versuche feslgestellt ist. Man kann somit mit aller Sicherheit sagen, d d s 1 Aeq. Schwefel (16) denselben Raum im Dampfzustand erfiillt, wie i Aeq. Sauerstoff (8).

Selen. - Der Selendampf zeigt dieselben Anomalien wie der Schwefeldampf. Das spec. Gewicht des Selendampfes ist bei 860° = 8,2, bei 1040° nur = 6,37; erst iiber 1200 oder i400° darf man hoffen es constant zu finden. Neue , auf andere Principien gegriindete Apparate, die bis fur die hoch- sten Temperaturen sich brauchen lassen und mi& deren Con- struction wir eben beschaffigt sind, werden uns ohne Zweifel gestatten, zur Zahl 5,44 zu kommen, welche die Theorie und die Analogie des Selens mit dem Schwefel erwnrten lirst.

Phosphor. - Das spec. Gewicht des Phosphordarnpfes ist bei 1040O = 4,5 (es berechnet sich zu 4,4), entsprecliend i Volum fur das allgemein angenommene Aequivalentgewicht dieses Korpers.

ausgefiihrtc Versuche iibereinstimnicndc Resultate geben. Soinit ist eiii einzelncr Versuch unzurcichend; d. h. man kann das spec. Gewicht eines Dampfes iiur d a m als festgestellt betrachten, wcnn es oberlialb der Tcinpcratur bcstiniint wiirdc, yon mclcher a11 der Dampf sich wit: uin Gas ausdehnt nnd den Ausdehlltulgs- co5fficienten 0,00367 besitzt. Nnr dam sind die Zahlcn ver- gloichbar und k6nncn sie zur Prufung des G a y - L u s s a c'schen Voluingesetzes angeweiidet werden. Wir iriusscii indcssen hier zuhlrcicher Versuche erwiihneu , wo sich allerdings ein con- stanter st6rcnder Umstand geltentl niaclite, der fur das Quccksilbcr einc sunderbare Ausiiahrne von dicser Regel darthut. Veranlafst, fiir dcii Augenblick unsere Versuche zii unterbrecheii , wollen wir dieses, in der Folge xich vicllcicht iiicht beststjgcndc, Ilesul- tat hicr anfiihren, nni UIIS zu entschiildigen, dafs wir fiir diesen so wichtigen Kijrpcr hiur noch kcinc Znhlcn gcgcben haben. Wir belialten uiis vor, dicse Untersuchungen nachsteiis wieder anfzuiieliinen.

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Cadmium. - Das spec. Gewicht des Danipfes wurde fur i040° = 3,94 gefunden; fur eine Condensation auf 2 Volume berechnet es sich zu 3,87.

Chlorammonizmt. - Fur iO4O0 wurde das spec. Gewicht des Dampfes = 1,Oi gefunden; eine Condcnsation auf 8 Vo- lume entsprache 0,92.

B~oma!unainiicrn : Beobachtotes spec. Gewicht des Danipfes: 18,62; fur eine Condensation auf 2Volume berechnctes : 18,51.

Jodalwninium : Beobachtetes spec. Gewicht des Darnpfes : 27,O; fur eine Condensakion auf 2 Volume berechnetes : 27,8.

Die spec. Gewichte der Dampfe der beiden letztercn Substanzen sind abgelcitet aus Versuchen, die iin Darnpf yon siedendem Schwefcl angestellt wurden. Uas Jodaluniinium besilzt eine sonderbare Eigenschaft, aus welcher hervorgeht, dafs die zwei es zusanimensetzenden Elcmente nur durch sehr schwache Verwandtschaft zusammengclialten werden. Es schrnilzt bci 125O und siedet bei 350O. Bei der letzteren Temperatur verhiilt sicli sein Dampf so, wic wenn e r freies Aluminium in einern besonderen Zustande cnthielte; e r ent- ziindet sich an der Luft in Beriihrung mit einem brennenden Korper, und giebt dabei Jod und Thonerde. Mit Sauerstoff in einem starken Gefiilse gemengt , detonirt dieser Dampf lebhaft, wenn man einen electrisclien Funkcn diirchschlagen Iafst oder bei Anniiherung einer Kerzenflamme , iihnlich wie es ein Gemenge eines brennbaren Gases mit Sauerstoff thut. Es ist klar, dafs die Elemente des Jodaluminiurns hier in diesen besonderen Zustand iibergefiihrt sind, welcher fur alle zusammengesetzten Korper bei der Einwirkung einer hin- reichend hohen Temperatur eintrilt und welchen der Eine von uns als das Zerfallen chemischer Vcrbindungen in der Warme bezcichnet hal").

*) Vgl. diesc Aniialen C V , 383. D. R.