7
H. Hertz. 279 des elastischen Verhaltens ein Mittel, auch die Formen, die ausserlich von holoedrischen nicht unterschieden werden konnen, von solchen zu unterscheiden, und es scheint gewiss die Frage interessant, ob iliejenigen Mineralien, die man bis- her als holoedrische ansah, sich auch durch ihr elastisches Verhalten als solche erweisen. Schliesslich will ich bemerken, dass man, insbesondere mit Hulfe des hier bewiesenen Satzes : Zwei Symmetriebenen konnen sich nur unter 90°, unter 45O oder 60°, resp. deren ganzzahligen Multiplen schneiden, auch umgekehrt beweisen kann, class keine anderen als die entwickelten Kry- s t ;t 11 system e ex i s tir en k onn e n. Berlin, im .Tuni 1853. VII. reber Czus Verhulten cles Benzins ccls Isolator uncl uls Riickstundsbilclnet*; urn Heinrich Hertx. (Hierzu Tot'. 1 Fig. 6-6.) Die Herren Rowland uncl Nichols') haben gezeigt, dass in gewissen isolirenden Krystallen die dielectrische Polarisation nicht von electrischer Nachwirkung oder Ruck- standsbildung begleitet ist; sie haben dieses Resultat ge- deutet als gunstig fur diejenige Ansicht, nach welcher die Riickstandsbildung uberhaupt nus eine not hwendige Folge mnngelhafter Homogene'itat der Isolatoren darstellt. Vor einigen Jahren hatte ich in dem Wunsche, Riickstandsbil- dung in einem sicher homogenen Leiter nachzuweisen, ver- schiedene Blussigkeiten darauf hin gepruft. Die meisten derselben erwiesen sich als vie1 zu gut leitend fur solche Versuche, das kaufliche reine Benzin aber zeigte hinreichen- den Widerstand und liess gleichzeitig einen nicht unbe- trachtlichen Ruckstand bemerken. Bei naerer Untersuchung ergab sich dann das im Folgenden beschriebene eigenthiim- liche Verhalten des Benzins, welches wohl in gleicher Weise wie das Verhalten der Krystalle ausgelegt werden kann. Ich 1) H. A. Rowland und E. H. Nichols, Phil. Mag. (5) 11. p. 414.1881.

Ueber das Verhalten des Benzins als Isolator und als Rückstandsbildner

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Ueber das Verhalten des Benzins als Isolator und als Rückstandsbildner

H. Hertz. 279

des elastischen Verhaltens ein Mittel, auch die Formen, die ausserlich von holoedrischen nicht unterschieden werden konnen, von solchen zu unterscheiden, und es scheint gewiss die Frage interessant, ob iliejenigen Mineralien, die man bis- her als holoedrische ansah, sich auch durch ihr elastisches Verhalten als solche erweisen.

Schliesslich will ich bemerken, dass man, insbesondere mit Hulfe des hier bewiesenen Satzes : Zwei Symmetriebenen konnen sich nur unter 90°, unter 45O oder 60°, resp. deren ganzzahligen Multiplen schneiden, auch umgekehrt beweisen kann, class k e i n e a n d e r e n a l s d i e en twicke l t en K r y - s t ;t 11 sys t em e ex i s tir e n k onn e n.

B e r l i n , im .Tuni 1853.

VII . reber Czus Verhulten cles Benzins ccls Isolator uncl uls Riickstundsbilclnet*;

urn H e i n r i c h Hertx. (Hierzu Tot'. 1 Fig. 6-6.)

Die Herren R o w l a n d uncl N icho l s ' ) haben gezeigt, dass in gewissen isolirenden Krystallen die dielectrische Polarisation nicht von electrischer Nachwirkung oder Ruck- standsbildung begleitet ist; sie haben dieses Resultat ge- deutet als gunstig fur diejenige Ansicht, nach welcher die Riickstandsbildung uberhaupt nus eine not hwendige Folge mnngelhafter Homogene'itat der Isolatoren darstellt. Vor einigen Jahren hatte ich in dem Wunsche, Riickstandsbil- dung in einem sicher homogenen Leiter nachzuweisen, ver- schiedene Blussigkeiten darauf hin gepruft. Die meisten derselben erwiesen sich als vie1 zu gut leitend fur solche Versuche, das kaufliche reine Benzin aber zeigte hinreichen- den Widerstand und liess gleichzeitig einen nicht unbe- trachtlichen Ruckstand bemerken. Bei n a e r e r Untersuchung ergab sich dann das im Folgenden beschriebene eigenthiim- liche Verhalten des Benzins, welches wohl in gleicher Weise wie das Verhalten der Krystalle ausgelegt werden kann. Ich

1) H. A. Rowland und E. H. Nichols , Phil. Mag. (5) 11. p. 414.1881.

Page 2: Ueber das Verhalten des Benzins als Isolator und als Rückstandsbildner

280 H. Hertz.

hatte die numerischen Resnltate meiner Versuche nicht auf- bewahrt ; Hr. E. H e i n s hat nun die Freundlichkeit gehabt, diese Versuche zu wiederholen und mir die Benutznng seiner Resultate gutigst zu gestatten. Die numerischen Xngaben des Folgenden sind den Versuchen Hi-n. H e i n s entlehnt.

1. Die Methode ist einer von Hrn W. Giese') benutzten nachgebildet. Das Benzin befand sich in einer Cuvette ron Zink (B Fig. 5); in ihm und ganz von ihm umgeben hing an zwei Drahten eine Platte von Zinkblech von ca. 12 cm Lange und 8 cm Breite; diese Platte bildete die innere, die Cuvette selbst die aussere Belegung einer Leydener Flasche, deren isolirendes Medium das Benzin war. Die innere Be- legung war mit dem nicht abgeleiteten Quadranten eines Electrometers verbunden und konnte durch den Unterbrecher a zur Erde abgeleitet wcrden; die aussere Belegung konnte entweder durch y gleichfalls mit der Erde oder durch b mit dein Pol einer sehr constanten Kette von 100 kleinen Da- niells verbunden werden, deren anderer Pol durch Ablei- tung auf dem Potential Null gehalten wurde. Gesetzt, es seien die Leitnngen bei a und ,4 geschlossen, bei y unter- brochen , so steht offcnbar die Electrometernadel in ihrer Ruhelage, und ein je nach dem Widerstande des Benzins mehr oder xeniger starker Strom circulirt in der Leitung. Wird alsdann die Leitung bei c1 unterbrochen, so strebt die innere Relegung, sich auf das Potential der ausseren zu laden, und die Electrometernadel macht daher einen Ausschlag nach derjenigen Richtung, nach welcher sie sich bewegen wiirde, wenn der nicht abgeleitete Quadrant direct mit dem isolirten Pol der Batterie verbunden wurde; diese Richtung sol1 die positive heissen. Die Geschwindigkeit, mit welcher die Nadel ausweicht, gibt offenbar ein passendes Maass fur den Widerstand des Benzins. Das Verhhltniss der Capacitat des Electrometers zu der des Benzincondensators war gleich 4,5 : la), das volle Potential der Batterie wurde das Electro- meter urn 5500 Scalentheile aus seiner Rnhelage entfernt

1) W. Giese. Wied Ann. 0. p. 160. 1880. 2) Die scheinbare Capacittit der Quadranten ist so gross infolge der

Wirkung der stark geladenen Electrometernadel.

Page 3: Ueber das Verhalten des Benzins als Isolator und als Rückstandsbildner

H Hertz. 281

haben; angenommen nun? man hatte eine Secunde nach cler Unterbrechung bei cc die Electrometerleitung bei 13 aufge- hoben und in dem Electrometer einen Ausschlag von a Sca- lentheilen vorgefunden, so mare also in einer Secunde die Potentialdifferenz der Belegungen um a/5500 ifires Werthes herabgesunken, ohne das Electrometer ware dieselbe (4,5 + 1)- ma1 so schnell, oder um a/1000 in einer Secunde, oder auch auf ihren e4--ten Theil in 452.1000/a Secunden abgefallen. Diese letztere Zeit hatten wir dann nur noch durch die Dielectricitatsconstante des Benzins zu dividiren, um den in absoluteni electrostatischen Maass gernessenen specifischen Widerstand zu erhalten. Auf diese Weise also konnte der Widerstand gemessen werden; um den Ruckstand zu beob- achten, hob man durch p die aussere Belegung von der Batterie ab und verband sie durch y mit der Erde; immer genau eine Secunde nach dem Ychluss vou y murde dann die Leitung bei u aufgehoben. Der noch vorhandeneRiick- stand gab d m n einen negrttiven Ausschlag des Electrometers, der schnell wuchs, einen Maximalmerth erreichte und nun, indern die entstandene Ladung durch Leitung rernichtet wurde, langsam abfiel. Aus dem Verlauf der Ablenkung ware ein exactes Maass des Riickstandes nur durch com- plicirte Rechnungen zu gewinnen, eine Schatzung uber die Grosse desselben aber ergibt der erlangte $Casimalwerth unmittelbar.

2. Wurde nun kaufliches Benzin in die Flasche gefullt, der Strom im allgemeinen geschlossen gehalten und nur von Zeit z u Zeit Widerstand uad Ruckstand gepriift, so ergab sich das Folgende: Zunachst war der Widerstand so klein, dass in wenigen Augenblicken nach Oeffnung von cc die Scala aus dem Gesichtsfelde verschwand; der Ruckstand mar gleich- zeitig ziemlich betrechtlich , sein Maximalwerth erreichte mehr als loo/, der ursprunglichen Ladung, er verschwand infolge der starken Leitung verhaltnissmassig schnell. Prufte man nach 1/3-1/2 Stunde wieder, so fand man den Wider- stand bequem messbar I), gleichzeitig war d a m der Ruckstand

1) Und mar hatte derselbe abgenominen fir beide Richtungen des Stromes.

Page 4: Ueber das Verhalten des Benzins als Isolator und als Rückstandsbildner

282 H Hertz.

vie1 kleiner geworden. I n gleichem Sinne anderten sich beide Eigenschaften unausgesetzt weiter, nach 24 Stunden war das Benzin fast vollig isolirend geworden, Ruckstands- bildung war kaum noch wahrzunehmen. Big. 6 stellt nume- risch richtig einen bestimmten Versuch dar; in die Abscis- Senaxe sind in Stunden und Ninuten nach dem Beginn die Zeiten eingetragen ; die senkrechten Orclinaten geben das zu den entsprechenden Zeiten aufgefundene Leitungsver- mogen; die Curven geben den Verlanf der Ruckstandsbil- dung, soweit dieselbe jedesmal verfolgt wurde. Die Maasse sind nur relative, die Leitungsfahigkeit zur Zeit 0 war zu gross, um gemessen zu werden.')

3. Die anfangliche Leitung und Ruckstandsbildung be- ruht sicher auf Verunreinigungen. Denn einerseits kann die- selbe, nachdem sie verschwunden, dnrch alles dasjenige wieder hervorgerufen werden, was eine erneuerte Verunreinigung herbeifuhren kann , also durch Umgiessen cles Benzins in andere Gefasse, Umriihren desselben, Einblasen von feuchter Luft , Eintauchen eines Drahtes von oxydirbarem Metall, Einmischen geringer Nengen irgend eines Pulvers etc. Die so erneuerte Wirksamkeit wird dann ebenso zerstort wie das erste mal. Auf der anderen Seite konnte man ein sehr gut leitencles Benzin auch dadurch zu einem sehr schlecht lei- tenden machen, d ~ s s man es sehr sorgfaltig uber Chlorcal- cium destillirte und nur mit solchen Gefassen in Beruhrung kommen liess, welche schon mit gereinigtem Benzin ausge- spult waren. Aber niemals w u d e auf diese Weise der hachste Grad des Isolationsvermogens erreicht.

4. Die Abnahme der Wirksamkeit ist wenigstens zum Theil eine Wirkung des Stromes. Zwtlr nahm dieselbe auch bei ruhigem Stehen cles Benzins in dem Gefhsse ab, aber meder so schnell, noch so weit, als wenn die Belegungen des

1) Man wird in Fig. 6 bemerken, dass nach jeder lingeren Unter- brechung die Stromung zum Condeneator wieder grosser ist, als sie vor- her schon gewesen WRP. Diese Erscheinnng beruht jedenlfalls nur zum kleinsten Theile in einer erneuerten Abnahme des Widerstandes, vielmehr ist sie der Ausdruck der Thatsache, dass kurze Zeit nach jeder Unter- brechung zu der eigentlichen Stromung die riickEtnndsbildende sich addirt.

Page 5: Ueber das Verhalten des Benzins als Isolator und als Rückstandsbildner

H. Hertz. 283

Gefasses mit den Polen der Batterie in Verbindung waren. Es scheint sich verschiedenes Benzin in dieser Richtung ver. schieden zu verhalten. Das von mir selbst untersuchte anderte ohne Stromwirkung seinen Widerstand nur sehr wenig, TvLhrend die Leitungsfihigkeit des von Hrn. H e i n s benutz- ten schon durch ruhiges Stehen auf sehr kleine Werthe ab. fiel. Es kann sein, dass im ersteren Falle das Benzin mehr durch gelijste, im letzteren mehr durch suspendirte Substan- zen verunreinigt war. Versuche, welche die besondere Natur der wirksamen Verunreinigungen ermitteln sollten, blieben erfolglos, ich bemerke in Bezug auf dieselben nur, dass dabei das Benzin zwischen Glaselectroden gepriift werden konnte, da der Widerstand cler letzteren gegen den des Benzins verschwand.

5. Das electrisch gereinigte Benzin kommt in seinem Verhdten dem eines idealen fliissigen Isolators ganz ausser- ordentlich nahe. Von Riickstandsbilclung ist kaum eine Spur mahrzunehmen, das Isolationsvermogen steht dem unserer besten Isolatoren nicht viel nach. Die Versuche konnten wegen der eingetrctenen Verdunstung nicht viel iiber 24 Stunden ausgedehnt werden, in dieser Zeit war eine feste Grenze noch nicht erreicht, doch war die Isolationsfahigkeit schon so gross geworden, dass beispielsweise in einer Xinute nach Unterbrechung der Erdleitung in a die Nadel des Electrometers nur um 6 Scalentheile aus ihrer Ruhelage gemichen war. Hieraus und aus dem angegebenen Verhiilt- niss der Capacitiiten berechnet man leicht, dass eine Ley- dener Plasche mit Clem betreEenden Benzin als Isolator erst in ungefghr zwei Stunden die Hiilfte ihrer Laclung verloren haben miirde.

6. Der in unreinem Benzin auftretende Riickstand be- ruht auf einer nachwirkenden Polarisation (welcher Natur auch immer) und nicht auf einem Eindringen freier Elec- tricitiit. Dies kann durch die folgenden Versuche gezeigt werden. Lasst man in dem Augenblick, wo nach Unter- brechung yon cc der Ruckstand eben hervonutreten beginnt, das Benzin dnrch eine Oeffnung des Bodens moglichst schnell nnd ruhig ab, so tritt der Ruckstand plotzlich hervor, und

Page 6: Ueber das Verhalten des Benzins als Isolator und als Rückstandsbildner

284 H. Hertz.

zwar rnit de~n gleichen Vorzeichen, welches er ohne das Ab- lassen gehabt haben wiirde. Beruhte der Ruckst,and auf &em Eindringen der Electricitat in den Isolator, so hiitte die Entfernung dieses Isolators zmar ebenfalls einen pl6tz- lichen Ausschlag zur Folge haben mussen, aber derselbe wurde das entgegengesetzte Vorzeichen, wie die mit dem Isolator entfernte Electricitat, also mie der eigentliche Ruck- stand, gehabt haben. I n einem anderen Versuche polarisirte ich unreines Benzin in einem grasseren Gefiiss zwischen zwei Platten A und B, die mehrere Centimeter Abstand hatten. A nnd B murden dann auf dns Potential Null ge- bracht und sogleich in ihren Zwischenranm ein System von drei anderen Platten, 1, 2, 3, eingeschoben. Die ausseren Platten 1 und 3 waren zur Erde und zu einem Quadranten eines Electrometers abgeleitet; Platte 2 , welche mit dem anderen Quadranten in Verbindung stand, war isolirt dicht auf 3 befestigt, derart, dass zwischen 2 und 3 kein Benziii eintrat, wiihrend zwischen 1 und 2 eine Schicht von einigen Centimetern Dicke sich befand. Sogleich beim Einschieben dieses Sgstemes erhielt man dann im Electrometer einen .4usschlag, dessen Richtung mit cler Richtung der Poiari- sation des Benzins wechselte, und welclier einem Theil des Riickstandes entsprach, der sonst auf den Platten A und B sich entwickelt h&tte. Es ist sber leicht einznsehen, dass das Vorzeichen dieses Ausschlages das entgegengesetzte sein muss, jenachdem im Benzin noch nachwirkende Polarisation vorhanden ist, oder von den Platten aus eingedrungene Elec- tricitat, denn die electrische Doppelschicht, melche zwischen die Platten 1 und 2 gelangt, mird in diesen Fiillen entgegen- gesetz tes Vorzeichen hsben. Der Erfolg des Versuches zeigte nachwirkende Polarisation an. Da bei diesen Versuchen Rei- bung und unregelmiissige Bewegungen, also Verwerfung der polarisirten Elemente unvcrmeidlich ist, so kann es nicht ver- wunderu, menu dieselben nicht sehr regelmiissig verlaufen. I n der That war der Ausschlag von sehr variabler GrZisse, und hin und mieder gab s61bst ein Versuch ein entgegengesetztes Resul- tat, doch rechtfertigte der Verlauf der weitaus Uberaiegenden Mehrzahl die ausgesproohene Behauptung.

Page 7: Ueber das Verhalten des Benzins als Isolator und als Rückstandsbildner