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190 Annulen der PhZgsik. 5. Folye. Band 32. 1938 Uber dem Einflup eines Magnetfeldes auf die Brownsche Molekularbeweguny Von Cleinens Schnefer Herr The Svedberg hat in seinein Buche ,,Die Existenz der Molekiile(( l) lrurz einen Versuch beschrieben, aus dem der Verf. schliefit: .,huch starke Magnetfelder sind auf die Rr o w n sche Molekular- bewegung ohne EinflulS:' Genaueres wird iiber den Versuch nicht angegeben, weder die Starke des Magnetfeldes, noch die GrOBe der metallischen kolloidalen Teichen, die die Brown sche Bewegung aus- fiihrten. Er scheint sonst ubelhaupt nicht veroffentlicht zu sein. Er ist aber iibergegangen in die Monographic von d e Haas- Loren tz2), in der er zustimniend zitiert wird. Sonstige veriiffent- lichte Untersuchungen iiber diese Frage sind mir nicht bekannt. Es ist nun leicht zu zeigen, daB die Behauptung The Sved- bergs in ilirer Bllgemeinheit unmoglich richtig sein kann; es ist der Zweck dieser Zeilen, dies darzulegen und auf eine eventuelle Beob- achtungsmoglichkeit hinzum eisen. - In cler Tat: wenn sich kugel- formige metallische Teile in einein Magnetfeld bewegen, so wird im allgemeinen in ihnen eine elektromotorische Kraft induziei t, die zu Wirbelstromen und daniit zur Entstehnng Joule scher RBrme Ver- anlassung gibt. Diese Wiirmeproduktion geschieht aber auf Kosten der Bewegungsenergie des Teilchens, das somit eine Bremsung er- fahrt: Die Erscheinung verbiilt sich so, als ob die Zahigkeit des Mediums, in den1 die Brownsche Rewegung vor sich geht, vcrgrobert worden ware. In speziellen Fallen kann der Effekt auch ausbleiben; naturlich fragt es sich, oh er auch unter giinstigen Bedingungen groB genug ist, urn beobachtet zu werden. Zur Berechnung hat man die elektrodynamischen Gleichungen fur bewegte Korper (bei kleinen Geschwindigkeiten) zugrunde zu legen, die wir etwa Plancks Vodesungen 7 entuehmen: 88 - + rot [%, c] = - rot E, at I) Leipzig 1912. Akademische Verlagsgesellscbaft. S. 9Sff. 3) Die Brownsche Mol. Beweg. Braunschweig 1913. S. 64; dort wird ubrigens irrtumlich yon ,,elektrischem" statt ,,magnetischem" Feld gesprochen. 3) Einfuhrung in die Theorie der Elektrizitat und des Magnetismus. Leipzig 1022. S. 196. Forinel (460).

Über den Einfluß eines Magnetfeldes auf die Brownsche Molekularbewegung

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Page 1: Über den Einfluß eines Magnetfeldes auf die Brownsche Molekularbewegung

190 Annulen der PhZgsik. 5. Folye. Band 32. 1938

Uber dem Einflup eines Magnetfeldes auf d i e B r o w n s c h e Molekularbeweguny

Von C l e i n e n s S c h n e f e r

Herr T h e S v e d b e r g hat in seinein Buche ,,Die Existenz der Molekiile(( l) lrurz einen Versuch beschrieben, aus dem der Verf. schliefit: .,huch starke Magnetfelder sind auf die R r o w n sche Molekular- bewegung ohne EinflulS:' Genaueres wird iiber den Versuch nicht angegeben, weder die Starke des Magnetfeldes, noch die GrOBe der metallischen kolloidalen Teichen, die die B r o w n sche Bewegung aus- fiihrten. Er scheint sonst ubelhaupt nicht veroffentlicht zu sein. Er ist aber iibergegangen in die Monographic von d e Haas- L o r e n tz2), in der er zustimniend zitiert wird. Sonstige veriiffent- lichte Untersuchungen iiber diese Frage sind mir nicht bekannt.

E s ist nun leicht zu zeigen, daB die Behauptung T h e S v e d - b e r g s in ilirer Bllgemeinheit unmoglich richtig sein kann; es ist der Zweck dieser Zeilen, dies darzulegen und auf eine eventuelle Beob- achtungsmoglichkeit hinzum eisen. - In cler Tat: wenn sich kugel- formige metallische Teile in einein Magnetfeld bewegen, so wird im allgemeinen in ihnen eine elektromotorische Kraft induziei t, die zu Wirbelstromen und daniit zur Entstehnng J o u l e scher RBrme Ver- anlassung gibt. Diese Wiirmeproduktion geschieht aber auf Kosten der Bewegungsenergie des Teilchens, das somit eine Bremsung er- fahrt: Die Erscheinung verbiilt sich so, als ob die Zahigkeit des Mediums, in den1 die Brownsche Rewegung vor sich geht, vcrgrobert worden ware. I n speziellen Fallen kann der Effekt auch ausbleiben; naturlich fragt es sich, oh er auch unter giinstigen Bedingungen groB genug ist, urn beobachtet zu werden.

Zur Berechnung hat man die elektrodynamischen Gleichungen fur bewegte Korper (bei kleinen Geschwindigkeiten) zugrunde zu legen, die wir etwa P l a n c k s Vodesungen 7 entuehmen:

8 8 - + rot [%, c] = - rot E, a t

I) Leipzig 1912. Akademische Verlagsgesellscbaft. S. 9Sff. 3) Die B r o w n s c h e Mol. Beweg. Braunschweig 1913. S. 64; dort wird

ubrigens irrtumlich yon ,,elektrischem" statt ,,magnetischem" Feld gesprochen. 3) Einfuhrung in die Theorie der Elektrizitat und des Magnetismus.

Leipzig 1022. S. 196. Forinel (460).

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die sich fur deu stationaren Zustand reduziert auf:

(1 4 rot Q = - rot [% c] = rot [c 231 I ) ,

oder, unter Benutzung einer bekannten Formel der Vektoranalysis :

rot Q = (‘23 grad) c - ( C grad) 23 + c div % - B div c ,

und diese reduziert sich wegen div B = 0 auf:

(2) rot Q = [B grad) c - (c grad) B - 23 div c. Haben wir es, was hier der Fall ist, mit der Bewegung eines starren Korpers zu tun, so fallt noch das dritte Glied fort, und es folg t endgultig :

(3) rot Q = (% grad) c - (c grad) 8, ein Ausdruck, der im allgemeinen naturlich nicht verschwindet, womit unsere obige Behauptung im Prinzip bewiesen ist.

Es lassen sich allerdings spezielle Falle angeben, in denen keinerlei Effekt des Magnetfeldes vorhanden ist: Wenn namlich das auBere E’eld zeitlich konstant und raumlich homogen ist, und wenn die kleine Metallkugel entweder eine gleichmaBige Translation am- fiihrt oder aber eine Rotation urn eine zum Felde parallele Achse. I n den anderen Fallen jedoch mu6 eine Wirkung des Magnetfeldes eintreten.

Theoretisch untersucht von H. H e r t z 2 ) ist der Fall einer i n einem homogenen Magnetfeld rotierenden Kugel. wobei die Rotations- achse senkrecht zur E’eldrichtung steht. Rotiert die Kugel mit der Winkelgeschwindigkeit w urn die z-Achse und ist das HuBere Magnet- feld H parallel der %-Achse, so erhalt man nach H e r t z f u r die induzierten Stromkomponenten:

1 . 1 2 Y 2 2

i c = - - m ( T z H , i = o , 1 =-cicr,ozH,

o u H ____ I i I = 7 vzz + zz , ( D = Leitvermogen), (4)

wonach die Stromung in Parallelkreisen zirkuliert, deren gemeinsame Achse senkrecht sowohl zu H (z-Richtung) als zur Rotationsachse (2-Richtung) steht. F u r die pro Sekunde erzeugte J o u 1 e sche Warme Q findet man den Ausdruck

1) Es ist elektromagnetisches Ma8 zugrunde gelegt. 2) H. Hertz , Gesammelte Abhandlungen Bd. I. S. 37 ff.

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wobei das Integral iiber das Kugelvolumen zu erstrecken ist; hat das Teilchen den Radius R, so erhalt man:

(5) 15

in Ubereinstimmung mit H e r t z I). Wir wollen uns im folgenden auf die Betrachtung dieses Falles

beschranken: Es handelt sich also urn den EinfluB des Magnetfeldes auf die Brownsche Molekularbewegung der Rotation.

Man kanu in Ergiinzung der oben gemachten allgemeinen Dar- legung die Energiegleichung eines rotierenden Teilchens folgender- maBen ansetzen: J sei das Triigheitsmoment der Kugel urn einen Durchmesser, o = + ihre Drehungsgeschwindigkeit. D a m lautet die Energiegleichung unter Berucksichtigung von (5) offenbar:

Q=" m2H2crR5,

S +z at = Const, - + z + - ? i H " 5 J 2 (6) 2 15

ganz analog, wie sie fur eine rotierende Kugel in einer roibenden Flussigkeit lauten wiirde:

J (7) 3 @' + F J dt = Const,

wo nach S t o k e s und K i r c h h o f f 2 ) :

(11 = Zahigkeit) ist. sammen, so erhalten wir statt (6) und (7) die Gleichung:

J - cj? + 8% q' R3

wo nunmehr g' definiert ist durch:

(8) F = 8nR3r1 Wirken also Magnetfeld H und Zahigkeit zu-

s (Fz d t = Const, (9) 2

E s findet also, wie schon oben gesagt, eine scheinbare Vermehrung der Zahigkeit statt, wenn die Rotationsachse und die Richtung des Feldes H gekreuxt sind.

Zum UberfluB wollen wir noch explizite zeigen, wie die Formel fur die B r o wnsche Molekularbewegung der Rotation in dem hier betrachteten Falle aussieht. Die Bewegungsgleichung der Kugel ist, wenn D das Moment der auBeren, von den StoBen der Fliissigkeits- molekiile herriihrenden Krafte ist:

(1 1) J $ =-PI@+ D,

1) H. H e r t z , a. a. 0. S. 132 oben. 2) Vgl. z. B. G. Ki rchhof f , Mechanik 4. Aufl. S. 376.

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wo nach (8) und (10):

ist. Erweitert man (11) mit y , so kann man schreiben: (12) J‘= 8nR3q’

bzw. wenn man das Zeitmittel nimmt, da r y = 0 ist:

(14) Nach dem Aquipartitionstheorem ist aber

J+’=-T R N

( R Gaskonstante, N Avogadrosche Zahl); also mit

Integriert man diese Gleichung zwischen zwei Zeiten 0 und t, so haben wir:

2 R T - - y a - y a=.--. __

r 0 .E” 1v t, -

oder, indem - = A y 2 gesetzt wird:

Sind Rotationsachse und Feld H einander parallel, so verschwindet das Zusatzglied zur Reibung; der EinfluB des Magnetfeldes auf die Brownsche Molekularbewegung der Rotation kann also so be- schrieben werden, dab man sagt, die scheinbare Ziihigkeit verhalte sich nicht wie ein Skalar, sondern wie ein Tensor.

Man sieht aus (16), daB der Effekt urn so groWer ist, je grober B ,

H und R sind, und es wird zweckmaBig sein, sich an zwei nume- rischen Beispielen zu iiberzeugen, wann man eine Moglichkeit hat, den Effekt zu beobachtea.

Annalen der Physik. 5. Folge. 3’7. 13

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Wir nehmen als Material Kupfer an, dessen Leitvermogen im elektromagnetischen Ma8 rund a = G O . ist. Kiigelchen von einem Radius R gleich 100 mp = cm in einem Felde H gleich lo4 Oe wiirden dann einer scheinbaren Reibungskraft unterliegen, da das Produkt H R = 10-l ist:

71’ = + z. 10-2 = + 10-7, 60

d. h. da fur Rasser 7 = 1,05.

Das heiBt, dieser Effekt wiirde viillig unbemerkbar sein. cm,

wie sie z. B. P e r r i n bei seinen Untersuchungen iiber Brownsche Rewegung der Rotation angewendet hat, und H = 2 . loa Oe, was im Bereich der Moglichkeit liegt, so ist H R = 12, also nach (10):

ist: 91‘ = 10-2{1,05 +

Nehmen wir dagegen Kugeln voni Radius R = Gp = 6 .

7’ = 71 + 2- 60 144 = loF2 (1,05 + 0,144);

d. h. hier wurde man eine scheinbare VergroBerung der Zahigkeit von mehr als loo/,, finden; es sollte durchaus moglich sein, diesen Effekt zu beobachten. DaB T h e Svedberg keinerlei EinfluB des Magnetfeldes konstatiert hat beweist wohl, daB er erstens un- giinstige Bedingungen (kleines a und kleines R) gewahlt hatte, und zweitens wohl iiberhaupt nicht auf die Rotation der Teilchen, sondern nur auf ihre Translation geachtet hat.

Bres l au , Physikalisches Institut der Universitat, im Januar 1938.

(Eingegangen 15. Jannar 1938)