3
1Jber den Jordan-HSlderschen Satz. Von OTTO SCHREIER in Hamburg. In dieser Note soll ein Satz ffir beliebige Gruppen bewiesen werden, der sowohl den Satz yon JORDAN-HOLDER fiber die Kompositionsreihen einer Gruppe, als auch einen zweiten Satz 1) fiber gewisse Gruppen, die keine ~ompositionsreihe zu besitzen brauchen, als spezielle Fitlle ent- halt. Einer anatogen Verallgemeinerung sind auch die Siitze fiber die Hauptreihen und die charakteristischen Reihen einer Gruppe fi~hig; doch soU hier nicht niiher darauf eingegangen werden, da die Beweise auf dieselbe Art geftihrt werden kClnnen~). Sei (~ eine Gruppe und K eine Kette yon Untergruppen 9~o, 9~1, -.., ~s, die von (~ ~ ~o zum Einheitselement (z ~s) fiihrt und bei der ~i stets Normalteiler von ~i-1 ist. (i ~ 1, 2, ..., s.) Eine solche Kette nennen wir eine Normalkette yon (~. Die Faktorgruppen ~i-1/~i heifien Faktoren, die Zahl s die Li~nge von K. Eine Normalkette yon (~, in der alle Glieder yon K vorkommen, aber eventuell noch weitere, soll als Ver- feinerung von K bezeichnet werden. Zwei Normalketten yon (~, die -- abgesehen yon der Reihenfolge -- isomorphe s) Faktoren besitzen, heiBen isomorph (~). Sind zwei Normalketten von (~ isomorph, so ist offenbar auch jede Verfeinerung der einen isomorph mit einer geeigneten Verfeinerung der andern. Der zu beweisende Satz lautet nun: Satz 1. Sind K und L Normalketten yon q~, so besitzen K und L isomorphe Verfeinerungen. Wir bezeichnen mit s und t die Litngen yon K und L. Ffir s ~- 1 und beliebiges t ist die Behauptung trivial. Sei also s ~ 1 und der Satz bereits bewiesen ffir die Paare (s', t'), wo s'~ s und t' beliebig. Da der Fall (s, 1) wieder trivial ist, sei t ~ 1 und der Satz auch bewiesen ftir die Paare (s, t'), wo t'~ t. Es sei nun K die Kette (~ ~ 91o, ~, ..., ~s ~ {1} und L die Kette (~ = ~o, ~, ..', ~t : {1}. Wir setzen {~, !~} = ~, 1) Dieser Satz finder in der nachstehenden Arbeit .Die Automorphismen der projektiven Gruppen" yon 0. SCHREIERund B. L. VANDER WAERDENAnwendung. 2) hllgemeiner lassen sich Satz und Beweis mfihelos auf ,,Gruppen mit 0peratoren" iibertragen. (t~ber diesen Begriff vgl. W. KRULL,Math. Zeitschr. 23 (1925), S. 161 ft.; W. KRULL,Heidelberger Berichte 1926, 1. hbh.; 0. SC~MIDT, Math. Zeitschr. 29 (1928), S. 34ff. 3) Isomorph verwenden wir in der Bedeutung yon einstufig-isomorph.

Über den jordan-hölderschen satz

Embed Size (px)

Citation preview

1Jber den Jordan-HSlderschen Satz.

Von OTTO SCHREIER in Hamburg.

In dieser Note soll ein Satz ffir beliebige Gruppen bewiesen werden, der sowohl den Satz yon JORDAN-HOLDER fiber die Kompositionsreihen einer Gruppe, als auch einen zweiten Satz 1) fiber gewisse Gruppen, die keine ~ompositionsreihe zu besitzen brauchen, als spezielle Fitlle ent- halt. Einer anatogen Verallgemeinerung sind auch die Siitze fiber die Hauptreihen und die charakteristischen Reihen einer Gruppe fi~hig; doch soU hier nicht niiher darauf eingegangen werden, da die Beweise auf dieselbe Art geftihrt werden kClnnen~).

Sei (~ eine Gruppe und K eine Kette yon Untergruppen 9~o, 9~1, -.., ~s, die von (~ ~ ~o zum Einheitselement ( z ~s) fiihrt und bei der ~ i stets Normalteiler von ~i-1 ist. (i ~ 1, 2, . . . , s.) Eine solche Kette nennen wir eine N o r m a l k e t t e yon (~. Die Faktorgruppen ~ i - 1 / ~ i heifien F a k t o r e n , die Zahl s die Li~nge von K. Eine Normalkette yon (~, in der alle Glieder yon K vorkommen, aber eventuell noch weitere, soll als Ver - f e i n e r u n g von K bezeichnet werden. Zwei Normalketten yon (~, die - - abgesehen yon der Reihenfolge - - isomorphe s) Faktoren besitzen, heiBen i s o m o r p h (~). Sind zwei Normalketten von (~ isomorph, so ist offenbar auch jede Verfeinerung der einen isomorph mit einer geeigneten Verfeinerung der andern. Der zu beweisende Satz lautet nun:

S a t z 1. Sind K und L Normalketten yon q~, so besitzen K und L isomorphe Verfeinerungen.

Wir bezeichnen mit s und t die Litngen yon K und L . Ffir s ~- 1 und beliebiges t ist die Behauptung trivial. Sei also s ~ 1 und der Satz bereits bewiesen ffir die Paare (s', t'), wo s ' ~ s und t' beliebig. Da der Fal l (s, 1) wieder trivial ist, sei t ~ 1 und der Satz auch bewiesen ftir die Paare (s, t'), wo t ' ~ t. Es sei nun K die Kette (~ ~ 91o, ~ , . . . , ~s ~ {1} und L die Kette (~ = ~o, ~ , . . ' , ~t : {1}. Wir setzen { ~ , !~} = ~,

1) Dieser Satz finder in der nachstehenden Arbeit .Die Automorphismen der projektiven Gruppen" yon 0. SCHREIER und B. L. VAN DER WAERDEN Anwendung.

2) hllgemeiner lassen sich Satz und Beweis mfihelos auf ,,Gruppen mit 0peratoren" iibertragen. (t~ber diesen Begriff vgl. W. KRULL, Math. Zeitschr. 23 (1925), S. 161 ft.; W. KRULL, Heidelberger Berichte 1926, 1. hbh.; 0. SC~MIDT, Math. Zeitschr. 29 (1928), S. 34ff.

3) Isomorph verwenden wir in der Bedeutung yon einstufig-isomorph.

Uber den Jordan-H~ilderschen Saiz. 301

~1, i~] = ~)') und bilden die Ketten K~: ~ , !~, ~ , ~ , {1} und Zl: (~, !~, ~ , ~), {1}. Es ist

(l) ~/~l~ _-__ ~ , / ~ ; ~ / ~ ~ ~l~/~.

Auf die beiden Normalketten ~ i , ~), {1} und ~1, . - . , !~t yon ~1 dtirfen wir unsere Induktionsannahme anwenden, da ja die erste die Lange 2 __< s, die zweite aber die Li~nge t - - 1 besitzt. Wir bilden also isomorphe Verfeinerungen dieser Ketten und setzen vorn noch $ , !~ an; so erhalten wir isomorphe Verfeinerungen L[ und L ' von LI und L. Die Normal- kette L~ laute (~, !~, ~ , I, ~), II, {1}, wobei die Zeichen I, II andeuten sollen, dab an den betreffenden Stellen ,,verfeinert" wurde. Wegen (1) ktinnen wir eine mit L~ isomorphe Verfeinerung K~ yon K1 bilden: (~, ~, I, ~ , ~), II, { 1 }. Jetzt betrachten wir die beiden Normalketten 9~x, ..., 9~s und 9~1, ~ , II, {1} yon 9~; die erste besitzt die Liinge s - - 1, also k0nnen wir abermals unsere Induktionsannahme verwenden und isomorphe Ver- feinerungen hi]den. Setzen wir vorn noch (~, !8, I an, so haben wir demnach isomorphe Verfeinerungen K' und K~' yon K und K~. Nun war aber L' ~ L~ ~ K~. Darum besitzt L ' eine mit K~' also auch mit K' isomorphe Verfeinerung. Damit ist unser Satz bewiesen.

Eine Kompositionsreihe ist eine Normalkette mit einfachen Faktoren einer Ordnung > 1. Eine solche Kette kann nur in der trivialen Weise verfeinert werden, dab man gewisse yon ihren Gliedern wiederholt; dabei bleiben die ursp~tinglichen Faktoren ungeiindert. Damit haben wir

Sa tz 2. Je zwei Kompositionsreihen einer Gruppe besitzen - - yon der Reihenfolge abgesehen - - isomorphe Faktoren. (Satz yon JORDAN- HOLDER.)

Ebenso erhalten wir aus Satz 1 unmittelbar den bekanaten Sa tz 3. Besitzt die Gruppe (~ eine Kompositionsreihe, so kann jede

Normalkette von ~ zu einer Kompositionsreihe von (~ verfeinert werden. Wir definieren jetzt: Eine Gruppe heifit au f l t i sba r , wenn sie eine

Normalkette mit lauter ABELschen Faktoren b~sitzt~). Satz 1 lehrt, daft jede Normalkette einer aufl(~sbaren Gruppe nur aufl(Isbare Faktoren besitzt. Eine einfache, aber nicht aufl0sbare Gruppe nennen wir e i g e n t l i c h - einfach6). Endlich wollen wir eine Normalkette, in der nur aufl(isbare

4) {~t, D} bedeutet die yon ~I und ~ erzeugte Gruppe, [~, ~] den Durchsehnitt yon ~t und ~.

5) Ftir endliche Gruppen reduziert sieh diese. Definition auf die iibliche. Satz 4 bliebe auch richtig, wenn wir die weitere Definition zugrunde legten: Eine Gruppe heiflt aufl6sbar, wenn keiner ihrer Teiler auger {1} mit seiner Kommutatorgruppe identiseh ist.

6) Einfach und aufl6sbar zugleich sind blofi die Gruppen, deren 0rdnung 1 oder eine Primzahl ist.

302 O. Schreier.

und eigentlich-einfache Faktoren auftreten, als Quasikompositionsreihe bezeichnen. Bei jeder Verfeinerung einer Quasikompositionsreihe bleiben die eigentlich-einfachen Faktoren ungei~ndert. Also haben wir

Satz 4. Ye zwei Quasikompositionsreihen einer Gruppe besitzen - - yon der Reihenfolge abgesehen - - isomorphe eigentlich-einf ache .Faktoren.

Natiirlich gibt es Gruppen, die zwar Quasikompositionsreihen, aber keine Kompositionsreihen besitzen; daher ist Satz 4 keine unmittelbare Folge yon Satz 2.

In Analogie zu Satz 3 gilt noch Satz 5. Besitzt die Gruppe (~ eine Quasikompositionsreihe, so kann

]ede Normalkette yon q~ zu einer Quasikompositionsreihe yon (~ verfeinert werden.

Hamburg , Mathematisches Seminar, im Juli 1928.