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490 J. Tar c h a n off: Verschiedenheiten etc. In tier That iiberzeugte ich reich, dass das Filtrat, welches nach der Ausscheidung des Lehmaun'schcn Eiweisses erhalten wird, beim Kochen sogleich eine weissliche Trtibung giebt, was in fl'isehen, nieht bebriiteten Kornkriiheneiern hie beobaehtet wird. Nach der Condensation dieses Filtrats bis zum urspriingliehen Vo- lumen der zur Experimentation genommenen Menge, bildete sieh beim Koehen ein Coagulum, das sieh durch niehts yon dem ge- wShniiehen undurehsichtigen Coagulum des Hiihnereieralbumins unterschied. Es ist somit klar, dass die Undurchsichtig'keit and die milch- weisse Farbe der unter dem Einfiusse der Hitze geronnenen gier- eiweisse yon bebrtiteten NesthSckereien gar nicht yon der knwesen. heit des Globulins, sondern aussehtiesstich yon der Verwandlung des Tataalbumins in eine beim Koehen undurehsichtige und milch- weisse Modification des Htihnereieralbumins abh~tngt. Alle Thatsaehen, die hier angeftihrt sind, best~itigen zusammen- genommen die sehon frtther yon mir ausgesprochene Meinung, dass das durchsiehtige glasartige Tataeiweiss meistentheils nt~r in den Eiern der NesthSeker sich vorfindet and dass in den Eiern der Nestfitiehter, die sowohl in ihrem Baue als aueh in ihrer Zusam- mensetzung auf einer hSheren Entw[ekehmgsstufe stehen, w[r so- gleich auf weitere Modificationen des Tataeiweisses stossen. Die Eier der Nestflttehter und folglieh aueh der Htihner enthalten ~ar kein Tataeiweiss, oder richtiger Tataalbumin. (Aus dem physiologischen Institut zu KSnigsberg i. Pr.). Ueber den Lgngs- und Querwiderstand der l!/fuskeln. Von L. Hermann. In der physiologisehen Section der Naturforseherversammlung zu Berlin, am 23. September 1886, hat Herr J. Rosenthal die Mittheilung gemaeht, dass der von mir vor 15 Jahren entdeckte Untersehied im L~ngs- und Querwiderstande der Muskelnl), wenn er tiberhaupt existire, unvergleiehlicb kleiner sei als ich angegeben 1) Vgl. dies ArchiV. Bd. u S. 223.

Ueber den Längs- und Querwiderstand der Muskeln

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490 J. Tar c h a n off: Verschiedenheiten etc.

In tier That iiberzeugte ich reich, dass das Filtrat, welches nach der Ausscheidung des Lehmaun'schcn Eiweisses erhalten wird, beim Kochen sogleich eine weissliche Trtibung giebt, was in fl'isehen, nieht bebriiteten Kornkriiheneiern hie beobaehtet wird. Nach der Condensation dieses Filtrats bis zum urspriingliehen Vo- lumen der zur Experimentation genommenen Menge, bildete sieh beim Koehen ein Coagulum, das sieh durch niehts yon dem ge- wShniiehen undurehsichtigen Coagulum des Hiihnereieralbumins unterschied.

Es ist somit klar, dass die Undurchsichtig'keit and die milch- weisse Farbe der unter dem Einfiusse der Hitze geronnenen gier- eiweisse yon bebrtiteten NesthSckereien gar nicht yon der knwesen. heit des Globulins, sondern aussehtiesstich y o n der Verwandlung des Tataalbumins in eine beim Koehen undurehsichtige und milch- weisse Modification des Htihnereieralbumins abh~tngt.

Alle Thatsaehen, die hier angeftihrt sind, best~itigen zusammen- genommen die sehon frtther yon mir ausgesprochene Meinung, dass das durchsiehtige glasartige Tataeiweiss meistentheils nt~r in den Eiern der NesthSeker sich vorfindet and dass in den Eiern der Nestfitiehter, die sowohl in ihrem Baue als aueh in ihrer Zusam- mensetzung auf einer hSheren Entw[ekehmgsstufe stehen, w[r so- gleich auf weitere Modificationen des Tataeiweisses stossen. Die Eier der Nestflttehter und folglieh aueh der Htihner enthalten ~ar kein Tataeiweiss, oder richtiger Tataalbumin.

(Aus dem physiologischen Institut zu KSnigsberg i. Pr.).

U e b e r d e n L g n g s - u n d Q u e r w i d e r s t a n d d e r l ! / fuskeln .

Von

L . H e r m a n n .

In der physiologisehen Section der Naturforseherversammlung zu Berlin, am 23. September 1886, hat Herr J. R o s e n t h a l die Mittheilung gemaeht, dass der von mir vor 15 Jahren entdeckte Untersehied im L~ngs- und Querwiderstande der Muskelnl), wenn er tiberhaupt existire, unvergleiehlicb kleiner sei als ich angegeben

1) Vgl. dies ArchiV. Bd. u S. 223.

L. H e r m a n n : Ueber den L~ings- und Querwiderstand der Muskeln. 49i

babe, and in Wahrheit bezweifelt werden masse; in der That kommen die yon ihm in der Sitzung mitgetheilten Zahlen der Gleiehheit sehr nahe. Seinen Angaben naeh bediente er sich der Wh eats to n e'sehen Methode, unter Anwendung mbgliehst kurzer Schliessungen des Messstromes. Die Ungleiehartigkeiten der thierisehen Theile com- pensirte er, was er ffir vbllig zul~ssig erkl~irte.

Der Vortragende war auch nieht in Verlegenheit, wie mein Resultat zu erkl~ren sei. Er suchte den yon mir vermein~lieh ge- maehten Fehler in dem Umstande, dass ieh eine Anzabl Sartorien neben einander in meinen Plattenquadraten anordnen masste; die geg'enseitige Bert~hrung derselben sei nieht innig genug gewesen, wodurch bei QuerdurchstrUmung ein besonderer Widerstand ent- standen sei.

Ieh musste in der Sitzung reich damit begn~igen, die Unmbg- liehkeit der letzteren grklarung nachzuweisen, welcbe sebon da- durcb sieh yon selbst riehtete, dass das yon mir beobachtete Wi- derstandsverhgltniss fast 1:10 erreiehte. Jede Lfieke in der Be- riihrung der Muskeln war aasgeschlossen, da dieselbe sieh dutch Luftblasen h~itte za erkennen geben mtissen. Die Fltissigkeit, welche sich einschieben konnte, war verdtinnte Salzlbsang, welehe besser leitet als die Maskelsubstanz, also den Querwiderstand hatte verringern mtissen. Herr R o s e n t h a l meinte, dass auch bei inniger Bertihrung yon Muskeln ein besonderer Uebergangswiderstand an- zunehmen sei, eine Behauptung, fiir welehe ieh nicht allein jede theoretische oder experimentelle Begrtindung, sondern anch jede Wahrscheinlichkeit vermisste, da ja die Oberfi~che keine principiell anderen Structurverh~ltnisse darbietet als das Innere des Muskels. Auch wies ich darauf hin, dass ich an starren Muskeln keinen Un- terschied im L~ngs- und Querwiderstand gefunden babe, obgIeich diese sich sicherlich nicht inniger zasammenlegen lassen als le- bende. Ich hiitte noch hinzuftigen kOnnen, dass an N e rven , wo der R o s e n t hal 'sche Einwand der nicht innigen Zusammenlegbarkeit eher begreifiich und yon mir selber seiner Zeit schon berticksich- tigt war1), meine Versuche grade eine geringere Ungleiehheit des L~tngs- und Querwiderstandes ergeben haben, and dass vollends an S e h n e n , welche sich doch gewiss schwerer innig an einander legen lassen als die weichen Muskeln, der Untersehied in Litngs-

1) A. ~. O. S. 229 Anm.

492 L. H e r m a ~ i n :

und Querwiderstand unvergleichlich gering sieh ergabl). Auch hat Herr R o s e n t h a l del.~ yon mir hervorgehobenen und erkl~rten Umstand iibersehen, dass grade der Qtlerwiderstand in den ver- sehiedenen Versuchen iibereinstimmender war als der Langswider- stand ~).

So ungemein leieht widerlegbar hiernach die R o s e n t h a 1' sche Zurtiekfiihrung meines Ergebnisses auf eine vermeintliche Fehler- quelle bet n~herer Prtifung sieh erwies, und so nahe es lag, die Ursaehe der Niehtbest~ttigung meines Resultates "dureh Herrn Ro- s e n t h a l in Versuchsfehlern des letzteren zu suehen, enthielt ieh mich doch in der Sitzung ether Kritik des Rosen tha l ' sehen Verfahrens, weil ich beabsiehtigte, vor Allem mein Ergebniss noehmals zu prttfen, unter Umst~tnden wo yon einem Einwande, wie ihn Herr R o s e n t h a l versucht hat, yon vorn herein nieht die Rede sein konnte. Diese Prtii'ung habe ieh nunmehr ausgeftihrt.

Anstatt wie vor 15 Jahren ein quadratisehes Feld mit Mus- keln auszuftillen, schnitt ieh ganz einfaeh aus einem e i n z e t n e n Muskel ein quadratisehes StUck aus und brachte es abwechselnd in L~ngs- und Querrichtung zwisehen zwei B~usehe.

Die letzteren bestanden aus diinnen Fliesspapiereompressen (16 fach) yon 60 mm L~nge und 35 mm Breite, welehe mit 0,6 pro- centiger Koehsalzlgsung durehtr~nkt waren, und auf ethel: Glas- platte lagen, so class sich ihre inneren Schmalseiten (das Papier bildet hier keinen Schnittrand, sondern einen Umsehlagsrand) ge- nau bertlhrten. Auf die Mitte ihrer Oberfl~ehen wurden die Zink- sulphat-Thonspitzen gewShnlicher R~hreneleetroden aufgesetzt. Es zeigte sieh in besonderen Vorversuehen, dass der Widerstand dieses Systems ausreiehend constant war, dass namentlich die Art des Aufsetzens der Thonspitzen; kleine Versehiebungen ihres Ortes, Auseinanderziehen und Wiederzusammensehieben der Bausehr~nder nur so kleine Variationen des Widerstandes hervorbraehten, dass sie gegeniiber den wesentlichen Widerst~nden nicht in Betracht kommen. Dies zeigte sieh auch bet der Vergleichung des Wider- standes der B~iusehe am Anfang und am Schluss des Versuches, w}ihrend dessen sie zur Zwischenlagerung" des Muskelquadrates yon einander entfernt, und die Thonspitzen abgenommen werden mussten.

1) A. u. O. S. 264.

2) A. a. O. S. 227 f.

Ueber den L~ngs- und Querwiderstand der Muskeln. 493

Als Muskeln dienten Sartorius und Gracilis grosser FrSsehe,

beide gleich gut geeignet. DiG Quadrate wurden aus dem mittel-

sten Theile herausgeschnitten, und absichtlich wurde start eines

genauen Quadrates immer ein Reehteck genommen~ dessen l~ingere

Dimension in der Faserriehtung lag'; es sollte damit Einwttnden,

welehe etwa yon zufiilligem Ueberwiegen der Querdimension herge-

nommen wtirden, yon vornherein begegnet werden und das Resultat

a f o r t i o r i beweisend sein.

Ieh ftihre nun einige Beispiele an.

1. B e i s p i e l : Sartoriussttiek.

Widerstand tier Papierb~insche sammt

R~Shreneleetroden ftir sich . . . . 2556 Einh.

Muskelsttick longitudinal . . . . . 4995 ,,

, , transversal . . . . . 26982 ,,

Wieder E!eetroden etc. ftir sich. 2571 ,,

Hieraus ergiebt sieh als Widerstand des Muskelquadrates ftir siehl)

longitudinal 2432 Einh.

transversal . . . . 24419 ,,

Verhaltniss beider Widerstli.nde ca. 1:10.

2. B e i s p i e I (unmittelbar an den vorigen Versueh ansehlies-

send). Anderes Sartoriussttiek.

Electroden etc. far sieh . . . . 2571 Einh.

Muskelsttiek longitudinal 5451 ,,

,, transversal . . . . 29098 ,,

Eleetroden etc. ftir sich . . . . 2475

Hieraus ergiebt sich als Widerstand des Muskelquadrates fth- sich:

longitudinal 2928 Einb.

transversal . . . . 26575 ,,

Verhaltniss beider 1 : 9,07.

3. B e i s p i e 1. Gracilisstiick.

Electroden etc. fttr sich . . . . 2530 Einh.

Muskelsttick longitudinal 4452 ,,

, transversal . . . . 12734 ,,

Electroden etc. far sich . . . . 2440 ,,

Hieraus ergiebt sich als Widerstand des Muskelquadrates fttr sich:

1) Als Widerstartd tier Electroden ist hierbei das Mittel aus Anfangs- und Endwerth in l~echnung gezogen.

49~: L. H e ~ ' m ~ n n :

longitudinal. . 1967 Einh. transversal . 10249 ,,

Verhliltniss beider 1 : 5,21. 4. B e i s p i e l . T o d t e n s t a r r e r Muskel . Sartoriussttick, einem wiirmestarren, und vSllig wieder abge-

ktthlten Schenkel entnemmen. Eleetroden etc. ftir sieh . . . . 2331 Einh. Muskelsttiek longitudinal 6212 ,,

,, transversal 6237 ,, Hieraus ergiebt sieh als Widerstand des Muskelquadrates ftir sich:

longitudinal 3881 Einh. transversal . . . . 3906 ,,

Verhi~ltniss beider fast genau 1:1. Das friihere Resultat zeigt sieh also auch an Muskelquadraten,

welche einem e inz igen Muskel entnommen sind, auf das Gl~in- zendste besti~ti~t. Auch in allen iibrigen Versueheu bewegte sich das Widerstandsverhiiltniss in iihnlichen Grenzen, wie vet 15 Jahren. Der Querwiderstand kann bis zum Zehnfaehen und dariiber des Li~ngswiderstandes betragen; die gewonnenen Zahlen sind wie man leicht sieht Minima, denn die Rechteeke sind so gesehnitten, dass bei gleichem Liings- und Querwiderstand der Widerstand bei Liings- lagerung etwas gr~isser hiitte erseheinen mtissen als bei Querla- gerung.

Bei meinen Versuehen babe ieh aus naheliegenden Grtinden die RoUen meiner gusserst empfindliehen Spiegelboussole sehr weir zurtickgezogen, da der Compensationspunct bei geringerer Empfind- liehkeit ebenso genau und viel beqt~emer festzustellen ist. Herr Ro- s e n t h a l hat seinen Angaben nach mit m~gliehst grosser Empfind- liehkeit gearbeitet, was ieh nur so verstehen kann, dass er sieh dadureh den Gebraueh reeht sehwaeher Messstr~me erm~gliehen wollte. Obgleieh mir dies letztere irrelevant erscheint, habe ieh doeh nieht unterlassen, die Versuehe auch mit den sehw~tehsten MessstrSmen zu wiederholen (1 Dan ie l l mit einer bTebensehliessung yon 0,1 bis 0,5 Siem. Einh.), und hierzu meinem Galvanometer die volle Empfindliehkeit zu geben (es handelt sieh um ein Instrument, bei welehem der lqervenstrom Ablenkungen yon 400--500 se. giebt). Aueh so ergaben sieh ganz die gew~hnliehen Resultate, und zwar aueh dann, wenn ieh, wie im folgenden Beispiel, den Messstrom stets nut momentan sehloss.

Ueber den Lgngs- and Querwiderstand der Muskelm 495

5. Beisp ie l . SartoriusstUek. (Sehw~tehster Messstrom, momen- tuner Sehluss.)

Eleetroden etc. ftir sieh . . . . 2837,5 Einh. Muskelsttiek longitudinal 5869,5 ,,

,, transversal . . . . 21900,5 ,, Eleetroden etc. ftir sieh . . . . 2704,5 ,,

tlieraus ergiebt sieh als Widerstand des Muskelquadrates flit sieh: longitudinal 3098,5 Einh. transversal . . . . 19129,5 ,,

VerhNtniss be ider 1:6. Es bleibt also in jeder Hinsieht bei dem yon mir aufg'estell-

ten Satze; es bleibt ebenso bei dem yon I-Ierrn R o s e n t h a l eben- falls bestrittenen R a n k e ' s e h e n Resultat, dass die Starre den Wi- derstand der Muskeln bedentend vermindertl), und zwar mit dem yon mir vor 15 Jahren gemaehten Zusatze, dass diese Verminde- rung wesentlieh nut den Querwiderstand betrifft 3), was Herrn Ran k e entgehen musste, weil er die Muskeln ohne Rticksieht auf die La- gernng in ein Olasrohr stopfte, ein Verfahren, zu welehem Herr g o s e n t h a l jetzt zurt~ekzukehren Nr gut findet.

Ieh habe die nenerliehe Gelegenheit benutzt, um eine kleine Ltieke der alten Untersuehung auszuftillen, ngmlieh den Liings- und Querwiderstand aneh an gebrUhten, also nieht ges~uerten Muskeln zu vergleiehen. Aueh bier ist der Untersehied beseitigt, grade wie bei starren Muskeln, wie tblgendes Beispiel zeigt.

6. B ei s piel. Sartoriusquadrat yon einem in siedendes Wasser geworfenen und gut wieder abgektihlten Sehenkel.

Eleetroden etc. fiir sieh . . . . 2032,5 Einh. Muskelstt~ek longitudinal 5000 ,,

,, transversal . . . . 5122,5 ,, Hieraus ergiebt sieh als Muskelwiderstand:

longitudinal . 2967,5 Einh. transversal . . . . 3090,0 ,,

also beide nahezu gleieh.

l) Dies ergeben auch die obigen ]3eispiele~ obgleieh darauf hingewiesen werden muss, dass die u unter einander nicht ohne Weiteres vergleich- bar sind, da Seite und Dicke des Muskelquadrates gore Muskelindividuum ab- hiingen. Bei meinen alten Versuehen war stets derselbe Raum mit Muskelsub- stanz erfiill~, die Result~ate also direct verglclchbar.

2) Vgl. a. a. O. S. 228.

496 L. H e r m a n n :

Es bliebe nun noch die Frage zu beantwortcn, welebe Ursaehe Herrn R o s e n t h a l verhindert hat, eine so pr~gnante Thatsache zu best~itigen. Man kSnnte, wie ich sehon in der Sitzung anftihrte, auf den Gedanken kommen, dass Herr R o s e n t h a l dutch die An- wendung yon MomentanstrSmon den yon I)olarisation herrtihrenden Antheil des Widerstandes, welcher, wie ich gezeigt babe, den Un- terschied des Quer- und L~ngswiderstandes wesentlieh bedingt, eliminirt babe. Allein ich musste sofort hinzuftigen~ dass wie ich schon vor 15 Jahren gefunden 1) und neuerdings noch viel sch~rfer nachgewiesen babe2), die Polarisation der thierischen Theile sich mit fast unmessbal-er Geschwindigkeit sofort bei der Sehliessung entwickelt. Es bleibt also leider niehts Anderes tibrig, als die Ursache in Fehlern des Rosen tha l ' s chen Verfahrens zu suchen. Ich will nicht untersuehen, wieweit Herr R o s e n t h a l die Erregung mit ihren complieirten Einfliissen auf den Widerstand ausgeschlossen hat, wovon er niehts erwiihnt hat; class unbewegliehe Lagerung hierzu nicht ausreieht, liegt auf der Hand. Man braucht abet naeh solchen Feinheiten nieht zu suchen; denn eine ungleieh ernstere Fehlerquelle liegt in dem Umstande, dass Herr R o s e n t h a 1 seine Muskeln in quadratisehe TrSgehen legte, deren Seitenborde aus mit SalzlSsung getr~nktem Gips bestanden. Er hatte also sowohl bei Liings- wie bei QuerdnrehstrSmung eine aus zweien dieser Seitenborde bestehende bT e b e n s e h 1 i e s s u n g zum Muskelpr~parat. Kein Wunder, dass er so yon dem Unterschiede zwischen L~ngs- and Querwiderstand, und yon dem Untersehied im (Quer-) Wider- stand lebender und starrer Muskeln wenig oder Niehts zu sehen bekam. Eine einfache Reelmung lehrt, class, wenn z. B. tier Li~ngs- und Querwiderstand des Muskels sieh wie 1:8 verh~lt, die Wider- st~nde des geftillten Troges beiLangs- and Querstellung sich nur verhalten wie

1 :.1,5 fiir w = 0,61 W 1 : 2 ,, w : l , 3 8 W

1:3 ,, w-----3,2 W 1:4 , w - - 6 W

ll. S. W.~

worin w der L~ngswiderstand zweier neben einander leitender Sei- tenborde, and W derjenige der Muskelsubstanz bei L~ingsdurch-

1) A. a. 0. S. 238.

2) Vgl. meine demniichst zu publieirende Arbei t fiber die Polarisut;ion

der Muskeln und l~'erven.

Ueber den Li~ngs- und Querwiderstand der Muskeln. 497

strbmung (also 8 W bei QuerdurehstrOmung) ist. Ieh weiss nieht, wie gut Herrn R o sen t hal 's Gipswande im Verh altniss zum muscularen Troginhalt leiteten, bis zn welehem Grade sic also das zu untersuchende Verh~ltniss verwisehten. Verwisehen mussten sie es abet jedenfalls.

Aber aueh dieser reeht verhiingnissvolle Umstand seheint mir doeh nieht v@ig hinzureiehen, nm Herrn R o s e n t h a l ' s Misserfolg zu erkl~iren; denn alas yon ihm gefundene VerhNtniss war noeh geringer als 1:1,5, und ieh glaube nieht, class seine Gipsw~inde bessere Leiter waren a!s die Muskeln. Sollte er vielleieht noeh bes se r leitende Nebensehliessungen zum Muskel gehabt haben? Er hat mitgetheilt, dass er die Unffleiehartigkeiten der Muskeln e o m p e n s i r t babe. Ieh weiss night, wie er das zu Stande gebraeht hat, in einer mit tier Wh e a t s ton e 'sehen Methode vereinbaren Weise; er ging in seinem Vortrage tiber diesen heiklen Punkt leicht hin- weg. Die einzige bier zul~issige Art der Compensirung seheint mir unausftihrbar, und andrerseits die gewbhnliehe Compensationsme- thode absolut unzulassig, resp. zu ungeheuren Fehlern ftihrend.

Ieh mbehte bei dieser Gelegenheit hervorbeben, class ieh sel- bet zur Compensirung nie Anlass gefunden babe. Sowohl bei Litngs- wie bei Querdurehstrbmung kommen die thierisehen Theile in strom- loser Anordnuvg in den Kreis. (Bei Herrn R o s e n t h a l ' s Verfabren, bei welehem die Muskeln in einen Trog einzuftigen waren, maff eine so gena, ue Lagerung vielMeht nieht m~glieh gewesen sein, wie sie mein Verfahren mit naehtr~igliehem Absehneiden des tiber die Glasrander ttinausragenden 1) zuliess.) Wo. trotzdem eine Un- gleiehartigkeit besteht, giebt es mehrere einfaehe Mittel dieselbe unsehi~dlieb zu maeben. Das erste ist folgendes: man beobaehtet die kleine Ablenkung, welehe die Ungleiehartigkeit vor Sehluss des Messstromes am Galvanometer hervorbringt (dieselbe ist sehwaeh wegen din: Nebensehliessung zum Galvanometer, welehe das W h e a t- st on e'sche System mit sieh bringt, und ist bei wenig empfindliehem Galvanometer versehwindend klein), und betraehtet die abgelenkte Stellung des Magneten als Nullpunet flir die Widerstandsmessnng. Der Pehler weleher hierbei gemaeht wird, ist ~tusserst gering; er besteht namlieh nur darin, dass dureh Sehluss des Messstromes noeh eine weitere Nebensehliessung zum Galvanometer eingeftihrt wird; der Widerstand im Kettenkreise wird also hierbei zweek-

l) Vergl. a . . a . O . S . 224.

oi98 L. H e r m a ~ n : Ueber den L[tngs- und Querwiderstand der Muskeln.

m~ssig reeht gross genommen; ware er unendlieh, so ware der Fehler genau Null. Das zweite Mittel besteht darin, dass man auf die dnrch die Ungleiehartigkeit bedingte Ablenkung keine Rtiek- sieht nimmt, also bei der Widerstandsmessung auf den wirkliehen Nullpunet einstellt, den Messstrom aber in zwei Riehtungen anwen- det (oder bequemer die thieriseheu Theile umsehaltet) und aus bei- den Resultaten das Nittel nimmtl); der hierbei gemaehte Fehler ist ebenfalls versehwindend klein. Ganz und gar aber entgeht man dieser Sorge, wenn man ein So wenig empfindliehes Galvanometer anwendet, dass die Ungleiehartigkeiten dureh die Nebensehliessung hindureh gar nieht auf dasselbe einwirken; dann k~nnen sic na- ttirlieh aueh das auf Compensation der Galvanometerablenkung be- ruhende Resultat der Widerstandsmessung nieht beeinitussen, dessen Genauigkeit man trotz des unempfindliehen Galvanometers dureh Verstarkung des Messstromes beliebig welt treiben kann. Das dureh diese einfaehe Betrachtung gewonnene Resultat, dass ftir den Fall yon Ungleichartigkeiten ein unempfindliehes Galvanometer und ein starker Messstrom das Zweekm~tssigste sind, l~tsst sieh leieht aueh auf analytisehem Wege besttttigen, was dem Leser tiberlassen bleiben kann.

Ieh sehliesse mit dem Ausdrnck des Bedauerns, dass eine so eklatante und leieht zu bestatigende Thatsaebe bestritten worden ist. Da diese Thatsaehe fttr mieh die Grundlage eines 15jahrigen Weiter- bauens und der Ausgangspunkt meiner Erkl~rung des Electrotonus war, so wird man es mir nieht verargen dtirfen, dass ieh den vor den versammelten Physiologen Deutsehlands erfblgten Angriff, naeh noehmaliger Prtifung des Sachverhalts, so bald wie mSglich zurUek- gewiesen und nieht auf unabsehbare Zeit bin die ausftihrliehe Publication des Angreifers abgewartet habe. Ueberhaupt existirt meinem Geftthle naeh ftir Angriffe auf thatsaehliehe Ergebnisse das Benefieium der vorlaufigen Mittheilung niehto

1) Dies u h~tbe ich sehr oft angewcndet, ohne es ausdrScklieh

zu erw~hnen; vgl. die Andeutungen a. a. O. S. 223.